Der Todte von Hnrrnr Island. MWW yamxm von MIW MI. (8. Fortsetzung) «Jch muß Sie unterbrechen,« fuhr die Gräfin auf. »Es waren erbarm liche Coulissenintriguen, denen die Künstlerin weichen mußte." » «Nehnien wir es immerhin an,« la chelte der Hofrath bloaft, »Und be dauern wir heute noch- daß jenes Ta lent der Kunst Terpsichores verloren gegangen ist. Uebrigens besasi die junge Polin werthvollen Talente als ihre Fähigkeit, einen Fußspitzengang um die Bühne zu unternehmen oder die Tarantella iunstgerecht durchzu fiihren —- sie war schön, den vorlie genden Berichten zufolge sogar sehr schön. Leider verpfuschte sie sich fur einige Jahre ihre Carriere durch einen dummen Streich ---«— eine Theaterhei reib-« Natalie seufzte und neigte bestäti gend das Haupt. »Ja Wien war es wohl -— wo sie einen jungen Musiker kennen lernte. Er war ein Kapellmeister ohne Kapelle, ein Componist mehrerer unaufgefiihr ter Obern und ein Klaviervirtuose, der kaum ein eigenes Klavier besaß, dage gen bedutende Virtuosität im Schul denniachen an den Tag legte. Dieser Künstler errang die Liebe der reisenden Tänzerin, und sie beging die unge heure Dummheit, in aller Form seine Frau zu werden. —- Jn aller Form, Frau Gräfin — ich bitte Sie, diesen drei Worten giitigft die gebührende Be achtng schenken zu wollen« Rataliens dunkle Brauen zogen fich zu einer düsteren Linie zusammen »Das junge Paar führte drei Jahre lang —- verzeihen Sie den harten Ausdruck — ein Hundeleben Hunger, Zank. Schläge, gegenseitige Vorwürfe waren an der Tagesordnung Da, gerade als dieses unerträgliche Ber hiiltniß seinen Höhepunkt erreicht hatte —- erschien der rettende Engel in Ge stalt des alten Reichsgrafen v. Fels. Der vornehme Herr efand sich auf Reisen. Jn einein Balllokal Wiens er blickte er Natalie v. Krakowsta —- sie hatte trotz ihrer Ehe ihren Künstler rsamen beibehalten und tanzte damals wacker in der vierten Quadrille — ver liebte sich in sie und zwar so gründlich, daß er ihr sogar seine Hand antrug. Mit dem ehrenwerthen Maestro wurde man bald handelsein5, einige tausend Gulden genügten, ihn höchst gefügig und zu einer Trennung genit zu ma chen. Wiederum muß ich åie jedoch bitten, Frau Grösin, davon Notiz nehmen zu wollen, daß eine gesetzliche Scheidung nicht erfolgte, wenn auch in London eine Eheschließung zwischen dem Grafen und der Tänzerin statt gefunden hatte.« »Schon gut —- nur weiter-, wenn es beliebt.« »Ich bin eigentlich zu Ende, denn eg eriibrigt nur noch, festzustellen, daß die Neigung des alten Herrn zu der schö nen Dame viele Jahre hindurch an dauerte, ja sogar bis zu seinem plötz lich erfolgten Tode, daß er sich in die len Dingen von ihr beeinflussen und leiten ließ, und daß sie wiederum klug genug war, von gefchiiststundigen und welterfahrenen Männern Rath anzu nehmen« »Sie umschreiben sehr fein, mein lieber here Hofeath,« lachte die Grä fin auf, »daß schon kurze Zeit nach meiner Bekanntschaft mit dem Reichs gtafen das »Syndikat« mit seinen Borschliigen an mich herantrat und mit mir einen, wenn auch ungeschriebenen Contrakt zum Zwecke der Nutzbarma chung meines Einflusses auf den Eraer abschlosz. Gemäß dieses Ver trages garantirte man mir, das-, ich nach seinem Tode in den theilweisen Besitz des ungeheuren Vermögens tre ten solle.« — »Seit man Ihnen nicht erfüllt, was man versprach?« »Doch nicht so ganz. Jch bin no minell zwar Besitzes-in des Vermögens, aberthatsächlich schalten und Walten cndere darüber, und ich empfange von meinen Einkünften nur das, wag man jiiir gut hält, mir zukommen zu las ein« Fähre Revenuen sind fürstlich,« man ie der bosrath ein. »Daß Sie ungewöhnlich kostspielige Passionen baben und daß Jhr Lieblingsaufent halt Monte Carlo ist —- daslir vermö gen wir nicht aufzukommen. Uebrigens Tonnen Sie sich bezüglich der Verwal tung Jbres Vermögens beruhigen, sie geht in musiergiiliiger Weise von stat ien, der nnveriiußerliche Grundbesitz, aus welchem das vom Reichzgrasen elassene Vermögen ja hauptsäch lich steht, ist noch nicht angeiastet und theilweise sogar ver rö t worden. Man bat viel, sehr vel ür Sie ge than, denken Sie aber stets daran, baß die Macht, welche Sie zu dieser Höhe emporgieebobem Sie in jedem Augen blick to der hinabstürzen kann. Erin nern Sie sich immer, Frau Gräsm« —- der hofrath legte einen sonderbaren Ton ans die Jiiulaiur —- ,,daß es zwei Arten von Purpur iebt: den e - ten. der sich um die Sehn tern des wa - s l« t d i - Z Bitt-HÄLFTE Exukztisäim ur ne, m em rächwa UUWIICIY M er aber hübsch in der Theatergarderobe abzulegen hat —- wenn der Mummen schanz vorüber." » Der Heirath hatte leise, aber mit ei sernem Nachdruck gesprochen und hin ter seinen Brillengläsern blitzten die Augen dabei aus. —- Jetzt wurde er wieder völlig ruhig und kalt, indem er hinzusetztu »Das war es, was ich Ihn nen einzuprägen hatte, und ferner sol gende Vorschriften: Sie haben sich, wie Sie bereits wissen, bis auf weiteres in Berlin aufzuhalten, nichts zu unter nehmen. was Sie nicht vorher mit mir besprochen hätten und was nicht meine Billigung erhält. Sie diirsen Gerfaut nur das mittheilen, was in meinen Intentionen liegt, und baben im übri gen aus das Strengste alles zu vermei den, was irgendwie Aufsehen erregen j tönnte.« - » Die Grösin hatte sich sür den Heim « weg gerüstet. »Ich weiß also nun, » was ich zu thun babe,« sagte sie weit ; weniger selbstbewußt als vorber; »ich » denke. man wird mit mir zufrieden ein.« ; Dann reichte sie dem osratb die Hand, der sie galant an eine Lippen ; führte. s »Gute Nacht, schöne Frau,'« scherzte ; er in leichtern Gesprächstom »ich hasse, ; Sie wissen den Mann von seinem Amt l Zu unterscheiden und machen mich nicht persönlich sitt diese Gewissens ; predigt verantwortlich. Lieber Gott, . wenn es nach mir ginge, ich wüßte inir , eine bessere Unterhaltung mit der im F mer noch reisenden Natalie v. Kra [ lowsla.« »Schmeichler,« lachte die Grösin, »was meine Schönheit anbelangt, da « kann selbst Ihre Beredsamleit nicht » die meines Spiegels auH dem Felde » schlagen. Da? ungalante Glas sagt mir täglich, daß es nur noch die Erinnerungen sind, die mir geblie but-« - »Nun, auch Erinnerungen haben ost hohen Reiz —- von den Ihrigen dür- - sen Sie getrost noch lcnge zehren. Tars ich Sie jetzt zum Wagen gelei ten?« « Und der Hosratb eriiillte auch diese i Nitterpslicht in tadellos cheoaleregier« Weise. Sobald die Gräsin das Haus ver lassen hatte, um in demselben Wagen, ( nsorin sie gekommen war, nach dem ! »Kaiserhos« zurückzukehren, zog sich ; Schaller in sein Schlaszimmer zurück. Hier kleidete er sich hastig um und ver truschte seinen eleganten schwarzen Anzug mit einem recht sadenscheinigen unmodernen, dann wars er einen alten grauen Radmantel darüber und stülpte einen breitrandigen Hut aus den Kopf. Ein dicker Stock mit einem großen neu J silbernen Knopf vervollständigte diese l Toilette, in welcher der Heirath beson . ders bei Nacht, toobl kaum von einem seiner vornehmen Bekannten ertannt werden konnte. Vorsichtig verließ er das Haus und gelangte, sich vorsichtig im Dunkel der Häuser haltend, zum nächsten Brosch ienplatz. Hier bestieg er einen geschlos senen Wagen. »Brunnenstraße 62,·· befahl er, als er den Kutschenschlag schon hinter sich geschlossen hatte. Dann lehnte er sich behaglich in eine Ecke zu rück, und während das Gefährt davon rollte. murmelte er: , »Ein unangenehmer, wohl gar ge fährlicher Weg, aber um unserem dro bendsten Gegner« diesem geriebenen Galluz. beizukommen, bedars es eines » entgischen Schachzuges« sonst kann die ganze Partie leicht in die Brilche geben. ’ Noch hält dieser scharfsinnige Bucklige gute Figuren in der Hand, aber ichs will ihm Schach ansagen und wieder j Schach und —ihn mattsenen Was gilts, mein herr Friedrich Gallus ——— ich gewinne das Spiell« I 10.Capitcl. j « Das Haus Brunnenstraße 62 er ( freute sich keineswegs des Wohlwol j lens seiner Nachbarn. Er bildete in ’ der ganzen Gegend gewissermaßen den Stein deH Anstoßes, wofür am besten die zahlloer Klagen zeugten, die fei tens der Besitzer der angrenzenden · Grundstücke bei dem Lieutenant Lsesz Polizeirevierg gegen die Bewohner nnd Gäste von «Dechter5 Hotel und Reftau- 1 rant« einliefen. «Decherts hotel und Reftaurant« — tie Worte pranaten in freundlich grü nen Lettern über dem Hauseingann, während die Seitenfelder rechts und links von der Thür zwei verschiedene Anliindigungen enthielten —— ersten-, daß hier « immer für Wochen, Tage und Sinn n vermietbet würden. Und zweitens, daß jeden Abend von neun llbr ab »sechs Votal- und nttrn mentalconrert«« bei freiem Lintritt tiatfindk Dieser lehte Hinweis war es, der den Unmuth der Nachbarn Esel sonders erregte, denn diese Volal- und Jnstrumentalconcerte, die immer weit über dieMitternachtssiunde hinaus an dauerten und von dem Brüllen der Gäste, sowie von gelegentlichen Prit el- und Stechassairen be leitet wur -en, raubten den friedlie den Be wohnern der Nebenbäuser die Nacht rube. Das m te sie« zu erbitterten Feinden des fon so ovialen Wen Brunno Dechett, des s hauset Aber die geplagten Anwohner hat ten seit einger Zeit alle Hoffnung aus gegeben, in dem Kampfe gegen Dechett als Sieger hervor ugehen. Der Poli Heilieutenant des eviers beantworten clle ihre Beschwerden nur noch mit ei nem geheimnißvollen Achselzuckem und nun hatte sich Dechert noch obendrein seinen eigenen Rechtsbeifmnd ins aus genommen, gewiß nur, um der pli zei und dem Gesetz mit desto größerer Sicherheit ein Schnippchen sch agen zu können. eSit eingen Monaten hatte sich nämlich zu den anderen Antündigun gen an dem Haufe noch ein kleines, einfaches Schild eingefunden, das fol gendeWorte enthielt: «Gottfried Höhn chen, Rechtsconfulent und Privatdetec tier. Klagen, Austünfte, Beobachtun gen. DiscretI Jntassodureau. Zim mer 14.« Es hatte nur kurze Zeit gedauert, da ircr Herr Häkknchen berits eine in je-v ner Stadtgegen recht ketannte Per sönlichteit Schon seit auffallendes Bleußerh seine unendlich langen und diirren Beine sein nach oben spitz z : laufender Kopf mit dem listigen Rat tengesicht und den kleinen, ewig beweg lichen Augen trugen dazu hei, den Mann im Gedächtnisz zu behalten, wenn man ihn einmal gesehen. Dann aber versicherten auch diejenigen, wel c-,e mit ihm geschäftlich u thun oder auch nur eine längere nierlzaltung mit ihm gepflogen hatten, daß er ein äußerst geriebener, gefetzestundiner Lkursche sei, einer von denen, welche aus Schwarz Weiß und aus Unrecht Recht machen können, selbst wenn man Zinsen noch so scharf auf die Finger is . . Dieser Wundermann war nicht nur ein Miether des Hausbesitzers Dechert, sondern die beiden Männer standen seit langen Jahren auch auf freundschaftli etkem Fuß. Dechert sah mit einer ge wissen Bewunderung zu seinemFreund Hähnchen auf, und versicherte denen, die es hören wollten, dasz dem Gott fiied Hähnchen nichts unmöglich sei, denn der stecke zehn Rechtsanwälte in die Tasche. Kein Wunder, er sei ja auch bis vor kurzem die rechte hand des bekannten Geheimen Justizraths Friedrich Gallus gewesen. An jenem Abend, da Hosrath Schal ler nach der Brunnenftrasze fuhr, war Gottfried Hähnchen gegen elf Uhr nach hause gekommen und von dem Haus knecht im Flur mit der Nachricht em pfangen worden« daß zwei seine Herren schon über eine halbe Stunde in seinem Eimer ihn erwarteten. »Haben sie nicht gesangt, in welcher Angelegenheit?" forschte der Rechtsstan sulent. »Nein, ich habe ihnen eingeredet, daß Sie ganz in der Nähe seien und jeden Augenblick zurückkommen müßten,sonst wären sie wieder abgeschwommen. -—— Und sie sehen aus« als ob was von innen zu holen fei.« Hälmchen nickte demHaqunecht dan kend zu und schritt die erleuchtete Treppe empor. Aus dem Hinterbeinfe, we sich der Concertsaal befand, drang Klavierspiel und vielltirnmiges Mur meln zu ihm und das Geräusch klirren der und klapernder Biergläfer, das Mufpen der Kellner. »Verwünschter Tingeltangel,« schrie Hälmchen »was sollen meine Clienten denken? Wenn ich dem Dechert nicht so nahe sein wollte — ich hielt eH keinen Tag in der Bude aus.« Als er die Thür seines Zimmers geöffnet hatte und seinen Gästen sie genüberstand, wurde fein Bedauern iiber die Unzulänglichkeit seines Bu reaus noch gesteigert, denn er sah auf den ersten Blick, daß er es mit zwei Felsen der besten Gesellschaft zu thun a . »Bitte tausendmal um Entschuldi gung, dafz ich warten ließ,« besann er. »dringende Geschäfte -—— wichtige Gan ferenz — mit wem babe ich die (71«re.« »Baron v. Rheden.« »Oberliinder! Jch habe diefen Herrn nur bealeitet.« »Aufzerordentlich erfreut. meine Her :en· — Haben Sie die Giite, Plat,1 zu nehmen. Wer ich bin, wissen Sie lqer nsuthlich Gottfried-Zähnchen Rechts consulent und Privatdetectide, frijher Vureauvorfteher beim Geheimen Ju sxizratb Gallus —- der Herr ist Ihnen vermutblich betannt?« »Sei-en Sie, ich wußte doch sogleich. slg Sie bereintraten, daß ich Sie schon irgendwo einmal gesehen haben müß te,« rief Oberländer. »Ja — ja, da war es, beim Rechtsanwalt Gallus Es sind zwar schon zwölf oder dreizehn Jahre seitdem derstrichen, aber Sie ba. ben sich wenig verändert« »Und ich erinnere mich ziemlich ne nau, was Sie damals öfter zu ung führte,« erwiderte Hälmchen »Sie in teressirten sich für den gräflichffelsschen Erbschaftsproceß oder wenigstens fiir den Berbleib des verschollenen Eldor v Fels. —- Jst es dieselbe Angelegenheit, welche rnir heute das Vergnügen ver schasiii« «Keine6wegö«" unterbrach Baron band den Sprechenden. »ich komme, weil ich in der Zeitung bin und wieder Jbr Jnseeat gelesen habe. worin Sie sich als Privatdeteetive anpreisen und sch speziell- ur die Beobachtun von Ver onen eni fehlen. — Jch rnii te ie doch durcha»us Ihrer Diseretion ver sichert fein.« »Das können Sie. Dieser here wird Ihnen bestätigen, daß ich nicht so lange die Bertrauenösiellung bei Galluö ein genommen hätte. wenn ich nii jemals eines Vertrauensbruchez fchul ig ge macht hätte Baron piheden schaute seinen Ver trauten fragend an, und detalte here winkte ihm mit den sugenhäih als kenne et diese html-Ums halbwegs MS tin-w »Wohlan, hören Sie, um was es Z dandelt,« nahm band das Wort. » g habe ves- einrgen Wochen eine «unge Dame kennen getrent, ein Zufall iihrte uns im Thiergartenckusammem ch hatte eine besiimmte rsache, mich r sie zu interessiren. und bestieg, als sie sich damals von mir trennte, ohne mir ihren Namen nennen zu wollen« eine gerade des Weges daherlommende Droschle, in der ich ihr nachsuhr. Beim Bahnhos Thiergarten stieg ich aus, da . mir eine Ahnung sagte. daß sie die ; Stadtbahn benutzen werde. Jch hatte s mich nicht getäuscht Sie tam, löste ein ; Billet dritter Klasse und suhr mit mir s in demselben Zuge bis zum Bahnhvse Alexanderplatz. Als sie den Zug ver ) ließ, that ich, immer unbemerkt, das : Gleiche, und es gelang mir, festzustel L len, daß die junge Dame in dem Hause , Firenzlauer Allee sechs toobne.« » s »Prenzlauer Allee sechs?« rief Hahn cfzen überrascht »Finden Sie darin etwas- Aussäili arg,« fragte ihn Hans, von dem Aus-— rus des Detectives eigenthiimlich tsc riihrt. »Das Haus ist, soviel ich weii3, durchaus anstödngi. und auch die Fa milie, von der die Dame ein Zimmer gemiethet —« «Schneidermeister Grün,« wars Oahnchen leicht hin. Der Baron und Oberländer wech selten Blicke höchster Ueberraschung, und hanö spran« von seinem Stuhl sus, um einige Schritte zurückzutres en. »Wie iste se möglich, herr,« stieß er hervor, »daß Sie den Namen nennen, den ich soeben aussprechen wollte. Ken nen Sie den Herrn Grüni« hähnchen lächelte überlegen. ,,Lieber Gott, meine Herren, Sie brauchen gar nicht so erstaunt zu sein. Unsereirer i::uß, um Erfolge zu erzielen, eine Art von wandelndem Adreszbuch sein.-Jst die junge Dame, um welche es sich han« delt, schlank und besitzt sehr reiche-, rotbblondes Haar?« Das Erstaunen des Barons wuchs, zugleich aber auch sein Vertrauen zu dem Mann, der in dem großen Berlin sofort eine Person zu bezeichnen wußte, welche man suchte. »Sie sind in der That der rechte Mann. dessen ich beniithige,« rief er, ,.oielleicht sind Sie in der Lage, .nir den Namen dieser Dame zu nennen — dann wäre ich am Ziele und bedürfte nicht mehr Ihrer ferneren Dienste." Das aber war es gerade, was der Telective nicht wollte. Schon schwebte ihm der gewünschte Name ans den Lip pen, aber er drängte ihn zurück und sagte, die spitzen Schultern sast bis zu denOliren empor iehend: »Damit kann ich dein Herrn aron leider nicht die nen, wenigstens nicht im Augenblick. Haben denn der Herr Baron, nachdem Sie die Wohnung der Dame ausfin dig gemacht, ihren Namen nicht ermit teln tönnen?« »Nein, man hat mir, wie es scheint absichtlich, einen falschen Namen ge nannt.« »An wen wandten Sie sich dieser halb?« »Ich liebe teine Wintel iige und wandte mich direkt an den c-chneid·.·r: meister, den Wirth des Fräuleins. Lei der muss ich annehmen, daß dieser mir —- wahrscheinlich im Austrage der Dame selbst —- salsche Angaben ge macht hat. Er nannte die Dame Hed wig Schuld und versicherte mir, sie sei in einer Blumensabrit aus der Frie drichstrasie beschäftigt. Jch habe in dessen sestgestellt, das; die letztere Angabe unbedingt eine Mystisitatioii ist. Hähnchen hatte smit geschlossenen Augen zugehöri, vor seinem Geist ent rollte sich, während der Baron sprach, das Bild eines höchst einträglichen Ge schäftes. »Und was soll ich nun thun?« fragte er. «Bor alled den Namen der Dame ermitteln, ihren Beruf und ihren GI lsiirtsort, den Stand ihrer Eltern, wel Ce ja nicht mehr zu leben scheinen, und ob die letztcren jemals in Amerika soc usn. Haben Sie verftanben?« »Gewiß, Herr Baron. Ich überneh me den Auftrag.« »Welche Anzahlung stoiinschen Sie, ehe Sie zu arbeiten beginnen ?« »Der Herr Baron werden mich be zahlen, wenn ich etwas geleistet habe.« So aeldgieriq Hälmchen sonst auch sein mochte —s- er verzichtete siir den Augenblick aus eine Einnahme, um das Vertrauen Rhedens zu befestigen «Wiinschen Sie meine Adresse?« »Die ist mir betannt, wer kennt den Chef der Firma Rheden cis Compognie nicht?« »Und wann werde ich Von Ihnen hören?'« Ehe der Rechtsconsulent antworten konnte, wurde an dieThiir aepocht, und Qiihnchen bat siir einige Minuten um Entschuldigung Die beiden Herren blieben allein. Der alte Oberliinder legte seinem jungen Chef die Hand auf die Schulter und schaute ihn zärtlich besorgt an. »O, mein lieber hans,« saate er, .ich wünschte, Sie hätten diesen Besuch und diesen Auftrag unterlassen-« »So mißtrauen Sie dem Deter tioei« fragte Nheden hast« . »Sa sent Sir mir rückhaltlos »Wede r .« , »Sie wissen, Hans, dass ich dies im mer thue, und deshalb gestehe ich sinnen, daß meine Seele tief betltmmeri it, Sie immer und« immer wieder ei nem Phantom nachjagen zu sehen. — Welch ein Unglück fiir Sie, die«es Abenteuer aufgener entlegenen Jn el, der verhanam volle Fund jener a viere und des Bildei, dessen Oe gi nal aufzufinden Sie ich nun einmal in den iton geseht ha n! Willen Sie auch, da an derartigen Ideen schon mancher t ttge Mann zu Grunde ge omet- tit » abe ich jemals meine Pflichken dar« der versäumt?« fragte der Baron ruhig. : »Gewiß nicht; es gibt keinen zielbe 7 wußtern Mann als Sie, aber das ist es ja eben, was mich tränkt, und was mir in Jhre Seele hinein wehe thut, daß Sie die schlinglen Stunden Jhres Leiens, Jhre Mu e, Ihre Erholung dieser planlosen Geschichte widmen. Wie sehr Jhre Gedanken davon be herrscht werden, das sehen Sie gerade an der Angelegenheit, die uns hierher geführt. Sie beäzgnen im Thier·ar ten einer jungen — ame, deren Ge icht zufällig einige Aehnlichkeit mit demje nigen des auf Horror Island gesunde nen und Ihnen einige Wochen später in New York wieder geraubten Bildes aufweist. Was thun? Sie verfolgen dieses Mädchen so hartnäckig. wie Sie zweifellos in Ihrem ganzen Leben noch keinem Menschenkinde folgten, nnd zwar bloß, weil Sie sich in den Acpf gesetzt haben, der Zufall habe Ihnen in der Unbekannten die Tochter keg Originals jener Photographie, mit einem Wort das Kind Eldots v. Fels, zugeführt. Jch als Ihr väterlicher eFreund halte es für meine Pflicht, Ihnen ein Halt zuzurufen Sie dür fen nicht Jhr ganzes Dasein an ein zusälliges Erlebnis der Vergangenheit hängen, das hieße in unter Gespenstern leben. Suchen Sie ein Glück in der Geaenwart." Rheden ergriff in tiefer Bewegung : die Hand des Freundes, seine breite, männliche Brust, auf welche der ge pflegte, dunkelblonde Vollbart herab wallte, hob und fenlte sich unter tiefen Athemziigen. »Und wenn es nun gerade dieer Glück wäre, dessen Spur ich versolqe?'« flüsterte et. »Wenn nun dieses Mäd chen schon nach einer flüchtigen Begegi nung meinem Herzen theuer geworden wäre und meine Bemühungen, ihre Herkunst, ihren wahren Namen zu er gründen, einem anderen, doch nicht we niger reinen Motiv entsprängen, als cllein der Erfüllung des Eides, den ich in die kalte band des Todten Von Honor-Island geschworen wird nein väterlicher Freund auch dann nrch den Eifer meiner Nachforschungen unbegreiflich finden?« Der alte herr zog plötzlich bang an seine Brust. »Besten« Ches, Freund —- herzensjunae,« stieß er mit einer rsor Glückseligkeit behenden Stimme hezdon »aus diese Mittheilunq warte » ich sa schon Jahre hindurch wie das « Kind aus den Weihnachtsabendl Du f liebsi ——— Du liebst wirklich? Denn eine ) tiefe, ehrliche Neigung muß es sein, » und ist es gewiß, sonst wär’ tein Wort davon über Deine Lippen gelommen. J Ja, dann werden die Kerzen wieder strahlen im Hause Rheden und das alte Glück wieder einziehen« »Sie sind zu schnell,« unterbrach ihn Hang lachend. »Noch vieles muß llar ; csestellt werden, bis es soweit kommen kann, wie Sie annehmen, und dann - — neiß ich denn, ob die Dame meine Ge iiihle erwiderte Fast scheint es nicht der Fall zu sein »s— sie wiirde sich nicht so zurückhalten, würde Inir meine Bemü hungen. sie wiederzusehen, nicht so ents schieden vereiteln.« »Das beweist am Ende nur, daß sie ein braves- Miidchen ist, das nicht dein ersten, besten erlaubt, in ihre Nähe zu tommen.'« »Und dann der Altersunterschiedz vergessen Sie nicht« ich bin sechsund dreißig Jahre und sie -- nun sie mag achtzghnz zählen.« as ist besser, als wenn es umge lehrt wäre « lachte Oberliinder. »Daß Sie lein junger Fant mehr sind, mag ihr die beste Garantie siir ihr Lebens gliiet sein.« »Und wird sie Jhnen, mein F. eund, auch stets geeignet erscheinen Beronin Rheden zu werden? Beden ken Sie, die Dame ist arm ganz arm." »Das tann sich die iunitiqe Baronin siebet-en erlauben. Hans, machen Isre mich nicht wild! Jcb weiß, daß Sie das Geld in dieser Frage nicht metir achten, als das Spinnenaewebe dort oben an der Decke des Ziiiimers. Ja, bilden Sie sich vielleicht ein« das; ich teine Ideale mehr habe, dasz der Mit lionenschaiber. mit dein ich mich mein Leben lana fiir das haus Rinden ber urnaeschlaaen, inir schon ganz und gar die Sinne umnebelt dat? Obo, mein Freuan Wenn inir heute ein hüb sches braves Kind gefiele, und es be siisze teinen Heller Geld — — ich - ich --s Gott bewahre mich in Gnaden vor der Dummheit, die ich noch begehen konnte-. . . .« ,,Entschuldigen die Herren mein langes Augbleiben," platzte Hälmchen in das Zimmer hinein, »man meldete mir bie Antunit einer wichtigen Pers sönlichteit --- —---« »Wir wollen Sie aber auch nicht länger anshalten,« unterbrach ihn Hans, «bieten Sie alles auf. das Fräu lein u ermitteln und sehen Sie, was Sie in bisereter Weise iiber sie ersah ren können. Mein Name bleibt natür lich aus dem Spiel·« «Natiirlich,« vericherte "«hnchen. »nattirlizii. Ich f eibe J nen ein paar Zeilen· sobald ich Resultate habe Wiinschen Sie meinen Besuch in Ihrer Wesbnung't« »Verzeiben Sie, aber ich denke, es ist be er, wir treffen uns hier. — Mit F rein Honorar sollen Sie zufrieden hin — nur geschickt und diskut, auch s Fräulein darf nichts davon nier ten, will sie um alles in der Welt nicht verlegenf - »Versiche; verlassen Sie sich ganz auf Gottfried häbnchen Sie erreichen Ihren « weck, here Baron —- ich neb me die ache in die Saat-A han« sowohl wie sein alter Freund tvaren schon halb zur Thiir hinaus und beobachten nicht den, ennifchen Ge sichtsausdruck, mit dem Hälmchen diese letzte Aeusseruna dealeitete. Es hätte ihnen tvvhl soan um die disrrete Aus siihrung ihres delilaten Auftraqu at banan Mit einem tut-ten Gru ver-s abfchiedeten sie sich don dem Re Wun diaen, der es sich nicht nehmen ließ, ilknen das Geleit bis zur hausthiir zu neben. Hälmchen lehrte nicht in sein Zim mer zurück. sondern deaab sich durch den spärlich erleuchteten Hof nach dem Concertsaal Hier wurde das-; Fahl-« reich erschienene Publikum aerade durch — den Gesangsrortraa eines robusten Frauenzinuuers unterhalten. Sie und die fünf Colleainnen, die sich mit ihr auf dem fasmatetn rohaezimmerten Podium hehr-den« wurden Von ihren Verehrern und Freunden fortwährend mit einem aeniiaeuden Vorrath trint haren »Stoifes« versorat, den iie ihnen unt die Bretter iandten. Auch der Pianiss, dem die Aufaabe nistel, den Gesain tu begleiten und in den Bau sen die schwaseviem lärmenden ; lis rel durch den Vortraa von lustigen Tänzen und Quodlibets tu unterhal. ten, erhielt feinen Theil von den Lie besaaben Mit huldvoller Hecablass Luna, als erweise er den Spendern ruht- Entaeaennahme ihrer »fliifsige-r Aufmerlfamleiten« eine Ehre, naynr er die diverfen Gläser Bier. Wunsch ’ oder Wein entgegen oder schob die ihm cfferirten Ciaarren mit leichtem Nova nielen in seine Tasche unter dem faden scheiniaen schwarzen Salonroet. den er truq. Jm übrigen schien er sich un das wiifte Treiben um ihn her wenig zn tümmern, der herr .Professor«, wie man ihn hier allaemein nannte-, hielt sich offenbar fiir etwas Besseres als seine llmgebuna, und wenn er mit der abgezehrten Hand durch fein er araules Lockenbaar strich, oder hinter feinem Pincenez hervor beifalläduiftiqe Bticle auf die Menge warf, so verrieits jede seiner Mienen die Ueber.ieugurq: »Ich hin ein Riinftler und aehiire nicht in eure Mitte-, ihr Plebeier!« Als Hälmchen durch die hohe Glas thiir in den ecucherfiillten Saal trat, sam ihm sein Freund Bruno Zecher-L ein kleiner, dicker Mann mit lautem Schädel und schielendem Blick, entge cch »Er ift da, Gottfried." raunte er dem Rechtgtundiaen zu. »Meis; schon. ——- Wo sitzt er?« »Dort bei-» Professor am Klavier-. Werdet khcc deute abmachen?« »Da5 hoff-— ist-. von mir aus lann es losaelicn.« . »Bist du mi: heu: Lithoaraphen ei nie geworden-« »Jawotil, » wills für ein Butter-: drob machet-, or nnd seine Frau sind iren sort um Schnaps m laufen Ich habe sie iibriaeng für heute Nacht noch her-bestellt, weil ichibnen erst. nachdem ich mit «en1 Hosrath gespto eben, den sestcn Austrag aeben wallt-: Wenn sie tommen, setze sie möglichst r ( entfernt von uns-, damit sie nicht hören, « können, wag ich mit dem Herrn der handle. Und aieb ihnen zu trinten." ,,Verstee,t sichs Ich werde ihnen den Nordhäuser durch alle stnopslisscher einaießen- Du weißt Dechrt laßt sich nicht lumpen, wenn es sich um ein Geschäft han deli. « »Und das kann ein aazu nettes Ge fchäftchen werden," bemerkte Hälmchen, die tleinen Augen zutneisenv und die wirtlich an eine Ratte erinnernden Oh ren spitzend. »Natürlich! Aber wir miissen nicht nur den alten Attenararn iin Auge ba den, mn den es dein hasrath zu thun ist« sondern auch etwas anderes holen — na, Du weißt doch ——— etwas, was wr besser brauchen Iönnen.« »Das Gelt-! Der Justirrarh Gal lus hat beständia größere Summen iin Hause, er ordnet viele Erbschasten und zahlt manchen Nachlaß aus. Das tomnit bei ihm täglich var.« »Werden wir es fassen lönnen?" »Wenn wie erit «innial in seinem Privatzimrner sind —-— ohne Zweiei. Aber das ist nicht so leicht, wie u denten magst. Die hauptsache ist, daß wir ——- still der Hpsratli bat Michg e sehen ich muß zu ihm. Rufe site eine tnappe Viertelstunde den Pianiftm vom Instrument fort. damit er uns etwa nicht belauscht.« « »Der verriiette Aabellineilter?" lachte Bechern »du tnnnst Du ruhig sein, der denlt nur an seine Oper. an welcher ei nun schon Drei Jahre lana schreibt und comer t, der ist so unaesäbrlich wie ein n«naet«orenes«.« Kinbx deshalb behalte ich ihn nnch trotz seiner Tollheiten ini Hciise.?lbet ich kann ihn ia beiseite riski men« toenn Du es wünschest-« -· »Nein, lasi nur. Ich überiege eben-,v s« es ist vielleicht besser. wenn cr einen tüchtigen Marsch pautt -— da kann leiner der Natxsiyenpen aufsangerh weis ber Hosrath und ich verbandeln." Höhnchen verlies; seinen Freund Dechert nnd schritt auf ben H zu, der in seiner Vettleiduna sich lei nestvegs von ben anderen Besuchern des Conzectsaaleö unterschied, sein Bier bebautichschlurstc seine Cigarte tauchte und mit arosker Andacht dein Butter-reines Gassenhauer-s zu lau schen schien, dessen Restain, so ost er wiederkehrte, von beni Publikum viel stimmies mitgesungen wurde. »Sie haben mich lang: warten las sen,'« empsing Schaller n Rechtsinsti bigen ein weni übellaunig. »Der Ausenthalt in die er höhle ist sitt mich nicht nur unangenehm, sondern auch gesöbrlich.« »Ich war in unserer Angele enhett thötiti,« entschuldigte sich böslich-m indem et sich neben dem hofeath nie betlte , »und das hat länger gedauert, als dachte-« Cfsvttsefuaa splsy osratn C