Der Todte von Horror Island. Zum-n von HIW MI. (7. FortsekungJ Jth stand ich am Scheidewegr. Nannte ich.ihm meinen . Namen» so wandelte icki selbst die sliichtige Begeg nuna in eine Bekanntschaft uni. Ich neigte daher grüßend das Haupt nnd wandte mich mit einem leisen »Leben Sie wohl, Heer Baron,« zum Gehen. Da rief er in leidenschaftlich erreg tem, beinahe slehentlich bittenden Ton: »Nein. gehen Sie nicht so von mir, Fräulein. Lassen Sie mich wes nigstens, wenn ich mich dieser Stunde erinnere, wissen. mit wem ich sie ver lebt habe. Jch gab Ihnen meinen Ra men und bitte recht herzlich um den Ihrigen« Aber ich blieb fest. »Es ist besser, Herr Baron,« rief ich, »daß ich Jhnen unbekannt bleibe.« Und ich eilte da von. Er aber blieb sieben und schaute mir lange, lange nach.« »Also ein Baron?« sagte Frau Sirohbach nachdenklich. »Hast klug und recht gethan, Tänzchen daß du die Sache kurz abgebrochen basi. So ein vornehmer Herr — was tann der von einem armen Möbel wollen? Da ist ein Unaliick immer nat-U «Siehst Du, Mutter, etwas-. Aehn liches habe ich mir auch gedacht. Zwar, er sah nicht aus, als ob ersschlecht und herzlos sein tönne, dafür hatte er viel zu gute, treue Augen, aber wozu sollte es führen? Der Ruf eines alleinsiehen den Mädchens ist schnell dahin und der Seelenfrieden noch rascher. Und trag hätte nnr Doktor Gallus gesagt, zvenn er jemals erfahren k— —-- nein, nein, es ift so am besten! Aber einer großen Gefahr bin ich dabei entgangen.« »Einer Gefahr?« fragte die Greisin. »Ja, Mutter, denn um ein Haar hätte der Baron meinen Namen erfah ren. Nur ein Zufall hat das verbin dcet. Denn, denke Dir, der Herr muß mir an jenem Sonntag, nachdem wir von einander geschieden, gefolgt fein und zwar so weit, daß er meine Woh nung ermitteln konnte-. Ich habe ihn nicht hinter mir gesehen und Vermag mir kaum zu erklären. wie er es an gefangen. A·)er ec- ift Thatsache, daß zwei Taae später ein eleaanter Herr meinen Wirth, den Schneidermeifter Grün, besuchte, einen tbeuren Anzug bei ihm bestellte, und dabei den kleinen Mann fo ganz unter der band über mich auszufragen suchte. Der lleine Herr Grün — ich habe itm Dir ja ( schon beschrieben: er ist tauni größer ; als ein zwölfjähriger Junge unt da: bei von urkrmifcher Gelenligteit ——— - loar zunächst aufs höchste entzückt ikber J den so ganz von ungefähr in’5 Haus gefchneiten Kunden, dem nur das Zein- » tte gut genug war, der aar nicht den Preis zu hoch fand und sofort tm vor aus erlegte, aber als er merkte, wo- . ran der vornehme Herr hinaus wollte, da wurde der gespriichige Herr Grün doch fehr zugelnöpft und— —fchickte fei nen faknofen Kunden mit einer anstän digen Luge heim.'· Gott verzeih sie dem braven Mann, er»wurde in Deinem Interesse zum Lugner.« I »Ja, er ift ein braver Mann, der kleiner Schneider-: wag er mir beim Vermiethen seines Zimmers versprach, das hat er redlich gehalten. Damalg erzählte ich ihm auf Deinem Rath, Mutter-, offen und frei meineFamiliem verhältnisse, und gestand ihm den Grund, der mich aus«- dern Haufe mei nes Bruders fortzugehen veranlaßte. Da ich nun von William und feinem Weibe nicht aufgefunden werden woll te, jedoch sicher war, daf-. sie mir nach fviiren würden, bat ich Herrn Grün, niemand, der nach mir fragen würde, ohne meine vorherige Einwilligung meinen wahren Ranken zu· nennen. Und das hat mein vortreffliches Schneiderlein auch ftreng durchgeführt Ali der here Baron von ihm fortging wußte er nur, daß ich Hedwig Sehn heiße und in einer Blumenfabrit au? der Iriedrichstraße beschäftigt fei.« « »Wie dera aber lügen kann. der kleine wundert «Er that es, wei! er und feine Frau mich qern haben.« »Nun, und beruhigte sich der Herr Baron mit dieser Auskunft-« »Nein, er kam vor drei Tagen wie der und bestellte einen Uebekrock. Na sittlich hatte er es so einqerich.c"., daß et gerade Um die Zeit, in wlecher Ar beiterinnen heimzutommen pflegen, in der Werkstatt des Meister-.- fc.s-3. Der arme gute Herr mußte sich jedoch mit der Gesellschaft des Grünichen Ehepaa res begnügen, denn ich tam erst gegen neun Uhr aus dem Bureau. Jetzt aber habe ich beschlossen, um den Nachftels langen des Barong zu entqehew die Wohnung zu wechseln, wovon die Grüns natürlich nichts hören wollen. Ich bin ganz unglücklich, daß ein sol cher hochstehender Mann millionen retchk Bankier nichts Besseres zu thun wei als ein armes Mädchen is einen allchen Verdacht nnd um ihr bischen Ruf und Ansehen Zu brin gen-Wem weißt Du denn. daß Herr It — pe— Use-S ergänzte Susanne schnell, HGB-etc- urlno IXM M Hat er Dir das auch im Thiergarten J erzählt-P Das junge Mädchen erröthete bis unsers-die Haaresurzeinxs »Aber Mut ter,« schmollte sie, »dari man denn nicht ein ganz klein wenig neugierig sein? Es war mir doch im Bureau des Doctors Galluzz ein Leichtes. das ganz unauffällig zu erfragen. -·— Und nun gute Nacht, liebe Mutter. ich muß fort, sonst bin ich vor Jelm Uhr nicht zu hausc.·' »Gott schätze Dich. mein Kind. Wann werde ich Dich wiederscoenZ« »Bald, bald! Und Du schreibt-, so bald Du meiner bedarfst." Sie umarmten sich und küßten sich wieder und immer wieder. dann öffnete Susgnne die Ttür und durchschritt das größere Zimmer mit kurzem Gruß und ohne auszudiicken Der Litho groph und sein Weib saßen am Tisch und ließen sich eine große warme Wurst vortrefflich schmecken. wobei sie nicht versäumten, den .Made1ra« aus einem großen Wassergtase zu trin ten. »Komm her, Suse··, rief William der Enteilenden nach, »frische Wurst und ein guter Schluck —- Du bist dazu ein geladen.« Aber Susanne schloß schon dieTlsisr hinter sich und schickte sich an. die dunk len Treppen vorsichtig dinunterzuge ben. Sie hatte taum einige Schritte hinuntergethan, als ein großer, in ei nen weiten Mantel gehüllter Mann ihr entgegentam. »Wohnt da oben der Lithograph Strohbach?« fragte der Fremde. »Ja, es ist die nächste Tini-XI lau tete Susannes Auskunft Der Fremde brummte einen kurzen Dank und schritt an ihr vorüber, so dicht. daß tscö Mädchen genau seine Gesichtsziige er kennen konnte, obwohl er den Kragen seines Mantels hoch heraufgeschlagen hatte. Und während des ganzen Abends, ja sogar noch, als sie schon ihr Lager ausgesucht hatte, fragte sich Su sanne vergeblich. wo ihr schon einmal dieses isagere, spitze Gesicht mit den tefliegenden, listigen Augen flüchtig begegnet sei. 9. C a v i te l. Jn einem der elegantesten schmä cher des Hotels Kaiserhos Zu Berlin s saßen an demselben Abend die Gräfin Natalie Fesg - Kratowåta und ein etwa dierzigjiihriaer Herr beim Sou pet Unter dem vielarrnigen crnstallenen artige Gemach bis in die fernsten Win tel hinein erhellte, stand der sti: die beiden Theilnehiner an dem intirnen Mahl reich und geschmactvoll gedeckte Tisch, der unter der Last des Silber aeschirrs und des seinen Meißener Porzellans fast zu brechen schien. Der s servirende Kellner hatte soeben die Eis T speise und das Dessert, bestehend in ei » ausgetragen, und wurde nun von der I l« Kraut-achten dessen Licht dxg san-( l l ner Pyramide einladender Siidsriichtr. Grafin bedeutet« daß man seiner l Dienste vorläufig nicht mehr bedürfe. ; »Es sei denn, mein Privatseeretär, Monsieur Gersaut, habe Ihnen noch einen Befehl zu ertheilen,« siigte diet Gräsin hinzu, auf den ihr geqeniibe: s«t3enden Herrn deutend. T Keltner zog sich unhörbaren Schrittes ; zunut i Dieser lehnte dankend ab, und derj »Und nun sind wir endlich allein, H Andre,« ries die Gräsin, »schnell erzäh ; len Sie mir, was Sie aus-gerichtet . ist ausgestihrt,« erwiderte Gerfaut, sich ! natürlich von unserer Ankunft in Ber E Ihrs-usw . « · haben.« »Mus, was Sie mir ausgetragen tvie die Gräsin der französischen Sprache bedienend. «lee Hauptsache — Herr Hosrath er —- « »Ich habe ihn ausgesucht. Er war tin bereits unterrichtet und überhaupt in alle Einzelheiten unserer —- oder rielrnehr Jhrer Angelegenheit aus das Genaueste eingeweiht.« »Warum verbessern Sie sieh, Andre? Sind meine Interessen nicht auch die »Dost) nicht so ganz," erwiderte oet Fienzose mit verbindlichein Lächeln, »ich bin jci nur Ihrer Exceilenz untre tlzänigee und dienstbeiciter Privat secretär.« »Im Ernst, Sie weiden mich ei- ät nen, Andre, Sie wissen doch ani besten, daß Sie mir der liebste Mensch aui der Welt sind, und daß, wenn zwischen uns wirklich von Heu-schen und Dienen die Rede sein könnte ich die Beherrsch ie weite, die alles für Sie in thun be reit ist. « »Bis- auf eines. « »Ich weiß, worauf Sie ansp .elei:-— unsere Heimath Glauben Sie mir, ich eifehne diesem-Zeitpunkt nicht weni er wie Sie, aber Sie wissen ja, daß ich nicht io selbstständig Handeln dari, wie es vielleicht den Anschein hat, daß ich mich dein Willen anderer Perso nen beugen muß —- wenigstens voi- - läniigk S»Wei- sind die anderen von denen schont-) ofttm in ugeheimnisvoller i i l Bame Jledeti es noch einer l Erklärung? Diejenigen. die mich zu dem gemacht haben, was ich bin —- die große, weitverziveiate Gesellschasi. wel cher nichts unmöglich zu sein scheint, welche alles durchse t, was iie will und ernstlich in Angris nimmt.'· .Namen, wenn ich bitten darf — d qroße Unbekannte ist siir mich nicht be weistriistia.« » »Wie soll ich Ihnen Namen anae- H ben?« sliisterte die Griisin. »taum weiß ich sie selbst. —Die Leute, mit de nen ich zu thun hatte, waren ja stets nur Vertreter dieser weitverzweigten Vereinigung, wenn auch vielleicht ihre hervorragendsten Repräsentanten Jene Gesellschast ist in allen Weltstadten vertreten und schlinat ihr sieh Um die ganze Erde. Ueberall siihri sie eine andere Bezeichnung, hier zeigt sie sich als eine Compaanie, dort als cine ein sache Privatperson, in Paris nennt sie sich »Bureau des Jniormaiions«, in London Newport Coinvanv'·, in New York wird sie durch einen einflußrei chen Polititer vertreten, und hier in Berlin ist es dieser Hosrath Schaller, scheinbar ein Mäcen der schönen stün ste und selbst ein Gelehrter. der ihren Zwecken dient. ---— Ich bitte Eie, ich flehe Sie an, Adre — fragen Sie mich nicht mehr, sorschen Sie nicht. Ich habe Ihnen schon so viel gesagt, und meine Mittheilunaen könnten mir theuer zu stehen tonnnen. wenn-« »Wenn ich nicht verschwiean wäre«, : eraänzte der Franzose. »Ich glaube, ; Ihnen in dieser Beziehnnn Bewekse ge- ; arben zu haben.« »Es bedarf keiner Beweile mehr sur ! mich, daß Sie mir treu eraeben sind-— wie ich Ihnen. ——Seit ienem Tage, da . Sie zu mir lamen, um iiiir die Brief tasche und ihren Inhalt zum Kauf anzubieten, jene Papiere des Todten von Hort-or - Island --—— seit jenem Tage sind wir treue Freund-e gewesen« Wieder huschte jenes Lächeln iiber Andres Züge, welches unentschieden ließ, oh die Worte-. deren Begleiter es war, scherzhast oder ernst gesprochen wurden· »Sie thaten damali- das tiliigste, meine liebe Natalta. was Sie unter den obwaltenden Verhältnissen thun konnten. Jch forderte zweihunderltmsp send Franken für die Auslieferung je- J ner Auszeichnungen, welche Ihnen ei- « nen höchst satalen Erhschajtsprorefj ? auf den Hals laden und in aeschickter Hand ihnen oen größten Theil des vom I Reichsgrafen ererbten Vermögens tr: ; sten konnten. Sie überlegten einen Tag, dann sagten Sie zu mir: »Sie fordern zweihunderttauscnd Franten -— wohlan, ich hewillige Ihnen die doppelte Summe unter der Bedingung, daß Sie die Zahlung in zehn Jahres raten zu vierzigtausend Franken ges nehmigen und mir während dieserZeit die Dienste eines- Privatsrcretärrs lei sien.« Dass war, wie gesaat, recht ge scheit, meine theure Nataltn, nnd fast möchte ich glauben, das-. ein geriebener Geschäftårtiann Ihnen diesen guten Rath ertheilt hat, denn auf diese Weise hatten Sie jeder Nachforderung vorge beugt und sich fiir ein Jahr-lehnt meine Vetschwieaenheit gesichert. Ich er tärte mein Einverständnis-; und liber gab Ihnen die Briestasche mit ihrem werthvollen Inhalt. —--- Leider hatten Sie nichts Eiligeres zu thun, als- th ren Hintermännerm jenen geheimniß vollen Gewaltigen, von denen Sie sich als Marionette brauchen lassen, die » Doeumente zu übergeben.« s »Ich war dazu verpflichten egs wäre » gefährlich gewesen, es zu unterlassen.« i »Wir wollen darüber nicht mehr j streiten. Aber nicht ich beiserrsche Sie, ; Natalta, wie Sie vorhin behaupteten, j sondern jene. Mag es sein. menn ro - sehnen so gefällt nur iu. Aber er- ! l l ottern wir die rein qeschiiftliche Seite s der Angelegenheit W.-:.t haben sie » wahrend der sieben Jahre- wiiljrend . ,oelcher die Documente in ihren Archi Yen ruhen« unternommen un! die Ge- » Iahr abzuwenden, welche Ihnen durch » die austauchenden tlErheit, durch die » Frau des auf jener weltiernen Insel s Begrabenem drohte» ——- Nichts-, gar » nichts! Erst jetzt, da diese Gefahr in ; unmittelbare Nähe gerückt ist« da man ; festgestellt hat, daß die Wittwe jenes Eldor v. Fels ais Gattin des Geheim raths Busch in Berlin lebt und tur aus fast unbegreiflichen Gründen ver- ’ läufig nicht ihre Rechte geltend gemacht hat — erst ·ett beginnen diese treffli chen Geschä tsleute, sich zu riihrerk und ihre Vorkehrungen u treffen.« Die Grösin wur für den Augen blick der Antwort überhoben, da der Kellner eintrat und meldete, daß ein junger Mann die Gräsin zu sprechen wünscht »Ah. ich erinnere mich -- — der Diener dei-2 Geheimraths. Lieber Gersaut, bringen Sie dem Mann das Empfeh lungsschreibem welches für ihn ans meinem Schreibtisch bereit liegt, und übergeben Sie es ihm nebst einem Trinkgeld-« Gerfaut verließ mit dem Kellner den Satan. Die Griifin vertrieb sich ihr Alleinsein damit,sich eine Cigarette an zuziinden Als Andre wieder eintrat, sand er sie ini Schaulelstuhl am La rnin lehnend, und blaugraue Rauch irsöllchen wirbelten lustig iiber ihrem Haupt. »Sie haben diesen jungen Mann an den Hosrath Schaller empfohlen?« »Ia, er scheint ein geschmeidiger Mensch zu sein, und vielleicht kann der Heirath durch ihn Nachrichten ans dem HausedeiZ Geheimraths erhalten. — Doch Jetzt folgen Sie meinem Beispiel und winden Sie sich eine Cigarette an. s-— Wann, sagte Ihnen der Hosrath, wolle er mich sehen?« »Noch ute. Von elf Uhr an wird Sie ein iethiwagen an der Ecke der Wilhelm- und Leipziger - Straße er - W. Er.rneinte,'es:fei eint-Mietsl werthen Sie tiimen bei Macht« damit Sie niemand sein Haus betreten sieht." »Dann muß ich wohl sogleich ans brechen?« » »Sie haben noch eine halbe Stunde Zeit. — Die Wohnung habe ich Jhnen » gemiethet, sie steht von morgen an zu Ihrer Ver ugunä Ein allerliebstes tieines Haus in hatlottenburgX »Ich danke Ihnen. Werden Sie in diesem Hotel wohnen dleiben?« «Bis aus weiteres —- ja. Sie dage gen sahren morgen scheinbar zum Bahnhos, in Wirtlichleit aber nach Charlottenburg in Jhr Logis, es ist elegant möblirt, und ich habe siir Ver trauenswiirdige Leute gesorgt, welche die Jnstandhaltnng des Hauses und die Küche beim-ten wer-sen siir Ihre« iserfönliche Bedienung haben Sie ja die Zofe." »Ich dante Ihnen, mein Freund, iiir Ihre Fürsorge. O, ich wiinschte, wir dürften Berlin erst wieder verlas sen. Sie werden mich thöricht nennen, cber es ist mir immer. als drohte mir hier ein Unglück. —- Jn Paris fühle ich mich stei. Und zudem ist es auch die einzige Stadt, in der es sich wirt lich leben läßt. —— Sind Sie nicht nich am liebsten in Paris?« »Wie man es nehmen wtu." Gerfaut beugte sich, um die Asche seiner Cigarette in die Kaminöfsnung abzustreisem er bemerkte nicht den iro iischen und triumphirenden Blick, den die Griifin auf ihn richtete. Sie wußte, daß Andre Gerfaut nur sehr ungern in Paris weilte Hofrath Schaller bewohnte, obwohl er Junggeselle war und sogar seine Mahlzeiten im Restaurant einzuneh men pslegte, das ganze, höchst geräu tnige Gartenhaus eines stattlichen Ge bäudes in jenem Theil der in Moabit gelegenen Brückenstrasze, der demThier garten benachbart ist. Außer seinem Schlaf- und Arbeitszimrner, welche das Erdgeschoß einnahmen, verfügte er noch über einen im ersten Stockwerk be findlichen Solon, ein Bibliotheks- und Billardzimrner, während die alte, tanbe Haushälterim welcher die Reinigung und Jnstandbaltung des kleinen Haus standes oblag, in das Kellergeschoß verbannt war. Sämmtliche Räume boten in ihrer Augstattung das Bild gut bürgerlicher Behaglichteit und lie fien durch werthvolle Gemälde aner tannter Meister, Statuetten, Büsten, Nipves u· s. w. das lebhaste Interesse ihres Besitzers für Kunst und Wissen slmst ans den ersten Blick erkennen. Auch das Lleuszere des Hosraths, der an jenem Abend vor seinem Schreib tisch saß, deutete auf den Gelehrten, den Denker, den Schöngeist hin. Sein Kopf mußte entschieden bedeutend ge nannt werden. Dak- bolle schwarze FJaar,von einzelnen Silberfäden durch fogen, siel bis tief in den Nacken hinein in glatten, ungewellten Sträbnen, nnd ebenso üppig quoll der leicht ergraute Bart auf die Brust hinab, wo er in Zwei Spitzen auslief. Das regelmä ssig, durchaus gerrnanisch aezeichnete Gesicht wurde von lebhaften, hellenAu gen durchgeistigi, die hinter gros;en, scharsgeschlifienen Brillengläsern wohl mehr Schutz vor den sorschenden Bli clrn anderer Augen« als Verstärkung der Sehkraft suchten. Die Gestalt des Hosraths war nur von mittlerer Grö ße, aber sehnig und mustelträstig, sei ne aussallend kleinen Hände und Füße hätten saft einer Dame gehören tön nen. Schaller hatte soeben einen längeren Brief beendet, überlas noch einmal das Geschriebene und schien von dem Jn halt recht befriedigt, denn ein seines Lächeln umsbielte seine Lippen. »So, der Bericht nach Paris wäre fertig," überlegte er, die während der Arbeit erloschene Cigarre wieder in Brand sehend, »und was ich etwa heu e Nacht noch erfahren sollte, werde ich dann sofort ansügen. Jch deute· die Herren in Paris und London können mit der Art, wie ich in diesem Falle unsere Feinde beobachte nnd bekämpfe, recht zufrieden sein« Laß noch einmal sehen, gegen wen wir hier zu Felde zu ziehen haben, und welche Bortheile zu erwarten sind." Der hofrath erhob sich und durch schritt überlegend das Gemach. »Da sind zuerst der Geheimratls Busch und seine Frau. Die letztere -—— der Hauptseind. Sie muß gebrochen, unschädlich gemacht werden. Der Weg dazu ist vorgezeichnet. Nach den Mit tbeilungem die mir mein Neffe, Doktor Neumüller, in feiner Ahnungglosigteit ; gemacht hat, wird es ein Leichtes sein, i ihr beizukommen, und sie zu einem un » überlegten Schritt zu veranlassen. - ; Und ich deute, daß sie vorher auch in ; finanzieller hinsicht nützlich für uns i werden kontr. - - Wollen sehen. s i Weiter: Baron Tons v. Rinden. Es H ist festgestellt, da er sich noch immer für die verschollene Frau und das-lind Eidorb v. Fels interessirt, Man ver » mutbet, und unser New « orler Ge i wäbrstnann vertbeidigt diese Auffas sung, da dieser Andre Gerfaut, durch ben die räfin in den Besitz der wich-— tiqen Papiere gelangte, sie ihm gestoh len bat. Gerfnut behauptet freilich,die » Brieftafche selbst bei dem Todten auf i Honor-Island gesunden und in Besitz l genommen zu haben. Doch wir wissen, daß Baron Rbeden im Jahre 1874 in New York auf igeheimnißvolle Weise beraubt und um Papiere bestolslen wurde, die man ihm trotz auggefetzter hoher Belohnung nicht zurückbrachte Jedenfalls weiß der Baron um die ganze Angelegenheit, er weiß zu viel — man muß ihn im Auge behalten — Und nun der dritte, der gefährlichste Gen net: der bucklige Advoeat Gallus. t die Nechtmai teit der irath eichcgrafen be r tten, als d Weit demT ode dedes alten deren mit ihren nsvrttchen aufleuchte, er Irg wohnt est noch, daß es bei der in Lon don geschlossenen Verbindung der ene maligen Tiin erin Ratalie v. Kralowz ta mit dem eichsgrasen v.Fels nicht init rechten Dingen zugegangen sei,und obwohl er einen langiahrigen Procesi . gegen die Gtäfin in drei Jnstanzen be- » reits verloren, sammelt er unter der Hand doch noch Material gegen sie und soll in letter Zeit nicht unwichtige Ent deckungen gemacht haben. —- Der T Mann ift ein eut chlossener Charakter. i » säh und verschlo en, also ein ni t zu ’ . unterschäpender k eind. —- Rur mittels E eineöGeivaltstreichs ioird man ihm bei H tomnien können —- auch das wird sich . bewerlsielligen lassen, ich hoffe heute Nacht noch eine Nachricht in dieser Be ziehung zu erhalten. -—— Ah; die Glocke ertönt. sollte es schon die Gräsin sein? » Nein, ein mäiinlicher Schritt, das ist « mein Neffe!« « Der Hosrath öffnete die Thiir und ries mit gutem Hunin aus.den Trep pcnflur hinaus-: »Nu: herein —— her ein, auf daß mein Haus voll werde! : Bist du es ivirtlich, mein Junge? So I spät noch — - da giebt esJ gewiß etwas J Neues!" « »Mein, etwas Altes, heiser Unterz- ; sagte Doktor Neumiiller, der Afsistenz- T arzt des Geheimraths Busch, eintre- ! tend und dem Hofrath die Hand rei- » chend, »du mußt mich wieder einmal i aus einer Berlegenheit erretten. Aber, ; mein Wort daraus, es wird das letzte ; Mal sein.« s »Bei einem Menschen der spielt, ist ; ed nie das letzte Mal,«« entgegnete ihm ! der Hosrath ernst, indem er die Tbür s schloß. »Schade um Dich, Georg; Du bist ein intelligenter und ——— wie deine : Laufbahn beweist —- in deinem Berufe « hervorragend tüchtiger Mann, und doch - wirst Du scheitern; ich habe noch keinen » t i i glücklich enden sehen, der die Leiden- ; schast des Spieles- nicht zügeln konn te." ,,Befter sOnleL thu’ mir die einzige Liebe und verschone mich mit deinen Borwiirsen. Jch brauche fünfhundert ; Mark — eine Ehrenfchuld muß gedeckt i werden, man erwartet mich im Club. J Ein andermal stehe ich Dir gern Rede ; und Antwort s-- nur heute halte rnich » tsicht auf. Gieb mir das Geld.« »Ich werde Dich natürlich nicht wortbriichig werden lassen,« sagte der Hofratlz ein Fach seines Schreihtifches öffnend. »Du bist der Sohn meiner Schwester, und wie ich Dich während Deiner Studienzeit unterstüht habe, so - will ich auch jetzt nicht die Hand von Dir abziehen, bis es Dir gelingt, Dein Eonto bei mir zu ordnen. Bilde Dir indessen nicht ein, daß meine Verhält nisse es mir gestatten-L Dir oft mit derartigen Summen zu Hilfe zu loms men — ich bin nicht reich.« Er reichte dem in Hut und Mantel dastehenden Arzt siinf blaue Scheine hin. »Ich bin Dir außerordentlich ver Pflichten Onlel Hofrath," rief Neu ’ miiller und verseulte das Geld nachlas fka in die Tasche seiner- Mantels, ,,lan ge werde ich übrigens fiir diese Summe nicht in DeinerSchuld zu bleiben brau . chen, ich habe heute einen sehr eintrag J sen, Georg. Wie Du weißt, habe ich ; hin und wieder meine Hand in tleinen -·’Fin«anzoperationen. Da tommt es oft « t lichen Auftrag erhalten« »Auf medizinischem Gebiet?« »Verfteht sich. Er betrifft die Be obachtung eines Gemüthsleidenden.« »Eines reichen Manne5?« forschte ter Hosrath »Du wirft seinen Namen schon ge hört haben, ein Mitglied der höchsten Geldariftotratie Baron Hans v. Rheden.'« Der Hosrath wandte sich jäh um« lcum gelang es ihm, seine freudige Ue berraschung zu verbergen. »Ist der Baron geistestranl?« fragte er mit miihsam ertiinftelter Ruhe. »Seine Freunde befürchten es saft. Doch jetzt leb wohl, Onlelchen, ich muß fort, es ist die höchste Zeit« »Noch einen Augenblick. Du könn test mir eine große Gefälligleit erwei auf gute Jnformationen an. Rheden isi Chef eines einflußreichen Banthau see ssk wenn er ernstlich trank sein foll te, konnte das zu gewissen Verwicke lungen fuhren. Jch möchte mir selbst ein Urthet über seinen Zustand bilden, zum· mindesten aufGrun zuverlässiger Berichte, dte Du mir ja geben tannst. Ich wunsche, daß Du mir Deine ge fammten Beobachtungen bezüglich Rhe dens mittheilst.« »Weder nichts-Z « D sollst auf das Genaueste unterrichtet werden --- nn tiirlich gegenseitige Digcretion·« »Das ift selbstverständlich Mit der Zutritt-Zahlung der fünfhundert Matt bat es übrigens teine so große Eile. Jch höre die Glocke gehen Mwillst Du, bitte, den Weg durch mein Schlaszirn mer wählen und dann die lleine Trep pe hinuntergehen Du lennft ja den Ausgang« «Eine Dame in Sicht?" lachte der junge Arzt. »Ontel Hosratb, mache mir meinen tkrbschaftogeliisten leinen Strich durch die Rechnung -· Gute Nacht, ich sehe Dich in den nächsten Ta aen tvieder.« »Gute. Nacht, Georg. - — Olymp-K lsci Geheimratbg nichts älteries?« »Nichts. Die leben immer noch wie in den Mitte-worden« es ist fiir einen Dritten oft schettßlich langweilig — Noch einmal, gute Nachts« Neumüller verschwand in dem matt erleuchteten Schlafzimmer,und derHos rath blieb aus der Schwelle«stel1en, bis er sich versichert hatte, daß die Tapeten tbiir binterseinem Neffen feft geschlos sen hatte, erst dann trat er in fein Arbeitsgemach zurück. — Seine Züge Biegelten lebhafte Befriedigung tot r. Bortrefflich,«murmel e er, »der Zus tati gedenkt mir sehr kwnuscht in i - » · · dxe hande. Der Doctor kann Inn wettboolles Material liefern, diese sunshundert Mart werden gute Zinier tragen.« Die alte Mathilde, des Hofrath fast ganze taube haushiiltertm trat em. »Eine Dame,'« schrie sie mit der kautben Personen eigenen Ueberlant m . »Lassen Sie sie eintreten,« antwor- « tete Schulter, ohne die Stimme toesent-- ,' lich zu erheben. Die Alte las ihm, mit « dem sie schon sast wanzig Jahre ver-— , kehrte, die Worte Fast von den Lippen ab. Sie nickte und zog sich zurück; ei-.· nige Minuten später trat die Gräsins Natalie ein. Ein weiter, duntlerPtan-«r tel verbarg ihre hohe Gestalt, und ein« schwarzes Spitzentuch war maleeis T um Haupt und Hals ewunden. -— Der Hofrath begrüßte sie mit welt nlännischer Artigleit und war ihr beic. Ablegen der Ilmhiillungen behilili Dann liesz er die Dame aus demDitvan Platz nehmen und setzte sich selbst ihrs gegenüber. · »Ich bitte ucn Entschuldigung dass ich gezwungen war, Sie in so später Stunde zu bemiihen,« eröffnete er die Unterhaltung, »die Vorsicht gebot es. , - Sind Sie allein gekommen, wie ich bat?« I« »Ganz allein Gersaut wollte mich zwar begleiten aber ich lehnte es na türlich entschieden ab. Sie haben An dre Gerfaut heute selbst gesehen ich tam Jhrern Verlangen nach und sandt - « ihn mit einem Austrage zu Jhnen." , »Jch danle Ihnen, Frau Gräsin. M hatte Anweisung von unseren Parir Freunden erhalten, mir seine Physiog nomie einzuprägen. Man scheint die sz sein Herrn Gerfaut in Paris nicht son terlich zu trauen.« »Man hat Sie auch zweifellos un terrichtet, wer Andre Gersaut ist und was für seine Vergangenheit verlatx « tei?« Hofrath Schaller ließ seine wohlge. pflegte, mit einem kostbaren Brillante geschtnückte Hand den Bart dur sur · el;r-n, eine Lieblingsbewegung des an ne5, die er besonders dann aussiihrte, wenn scharfe-s Nachdenten feinen Wor ten vorausging »Andre Gersaut«, tam es langsam ron seinen Lippen, »alias Alexandr Clairmont, alias Gaspard Prevoft, ist im Jahre 1869 vorn Geschwvrenenge richt zu Paris zu zehn Jahren Kerker tserurtheilt worden. Man hatte ihnd m: Verdacht, das Haupt einer interna tionalen Falschmünzerbande zu sein. In den Kriegswirren des Jahres 1870 gelang es ihm, aus seiner Hast zu ent siiehen. Er hielt sich noch einie Tag? in Paris verborgen und ermor ete eine, gewisse Marguerithe Lorrisson, welche während seines Processes gegen ihn! auggesazt hatte Er erwürgte die Un glückliche in einem Hausflur der Rne Lkoissonnierr. Dann entfloh er nach ten Vereinigten Staaten. Dort ers - warb er durch Schwindel und Gaune reien ein kleines Vermögen mit dem1 e:, alg der Boden ihm zu heiß wurde, nach Canada enttam. Später lehrte er ( aus kurze Zeit nach Ner York zurück, s ließ dort eine Frliinderim welche Jahre hindurch die Gehilfin des Verbrechen aewesen war, im Elend zurück, undhats tc die Frechheit, nach Paris zu gehen Ta er sich einen amerikanischen Pas; und einen Ausweig als Bürger der Vereinigten Staaten verschafft hatte, tii uschte er eine Zeitlang die Parise Polizei über seine Persönlichkeit, abe schon war tnan mißtrauisch geworde und begann ihn zu beobachten, als er mit Ihnen jenen Briestaschenhandel cibschloß, und unsere Pariser Freun de guten Grund hatten, diesen Herrn Gerfaut vor weiteren Beliistigungen zu bewahren. Dazu gehörte der gan e, recht bedeutende Einfluß der Pariser Abtheilungx eg tostete viel Geld, und nur durch Einwirkung eines Deputirs ten war es möglich, Ihren Privatseerei tiir von der Bekanntschaft mit der Guillotine zu erretten.« »Das alles war mir betannt«, nahm die Gräsin nach einer ileinen Pause das Wort. »Welche neue Mittheilun aen haben Sie mir über Gerfaut zu machen, Herr Hofrath?« »Ich habe den Auftrag, sie auf das « Rachdriietlichste vor dein Franzosen zu warnen. Man scheint in Paris zu » fürchten, dasz Sie in Ihrer Vertrauens seligteit ihm gegenüber bereits zu weit : gegangen seien, was für unser Ge chiift ; die unheilvollsten Folgen haben i ante ! Man weis; sehr nan, dasz Sie Ger ; saut im Privatlesen als oehren Verlob ; ten betrachten und allen Ernstes daran denken, diesen Menschen zu Jhrem ! Gatten zu machen« »Und wenn es so wore5"· rief die« Gkäsin, das Haupt zurucllehnend . Jdabe ich mich denn ganz und ae der T Genossenschaft verschriebenLYP gqu be, über inein Her im .ver ugen zu » dürfen. und nur neuescheiftlicher Be ziehung muß ich die Bevormundung der Herren dulden-« · »Jetzt sind wir aus dein Puntt, den i.f. llarzustellen habe, Frau Griifin,« sagte Schaller völlig gelassen. »Die Ansicht, welche Sie dn soeben zu äu szern die tiliite hatten, haben Sie in letzter Zeit durch gewisse Maßnahmen und selbstständinc Verfügungen« die Ihnen keineswegs into-um durchbli: neu lassen. Ich mus-, Ihnen daher Jhre Stellung zu unserer Gesellschaft ein wenig ins Gedächtnisz zweit-trafen und bitte von vorneverein um Vergebung, wenn ich dabei ziemlich deutlich werden muß. « Sie erinnern sich doch wohl noch der Tänzerin Natalie v. Ken lomäla, welche heimathsloö von Stadt zu Stadt, von Theater Plänen ter wanderte und nirgendwo e ne blei bende Stätte zu erringen vermochte, weil es mit ihrer Kunst eben nicht weit « leer war « s unsres-sung sorge) s