Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 09, 1898, Sonntags-Blatt., Image 13

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    fDssenet Schreibebrief von Phi
lip Sauetampfet’s Bettet,
John Stemper.
Mu- n« es s. s. wes-»An
- - -—----.----------.-----.
Sau Juan de Potttkicm -2.4·..Nov. '98.
l Mk. Editor
Daß unfeteBeus
« hier net mit die
Rätin fertig wer
denskönne, is got
sei Wunder net.
Diese Fellohs birr
in Pottokim scis
ebaut die schlimm- «
sie Fremd-J, wo m
die aanze Welt zu sinne seie. Sie sei-.
immer poleit and äkie immer. als ob
sie es for tie otößtc Honnot hope
fiyäte, wenn die Americanos nur zu sie
fchpkeche thue, bist wenn einer Büsinef3
mit sie thue will, denn thue se en alle
Mal übt die Löffel balbieke. Last Wiet
sein der Körnel and ich in e Boot siichc
gegange and lskn ein Nätiv mitgenom
me, um die Fisch zu tänie, wo wir
Wische niirde, böt wir hen nix ge
kätschi. Ich ben zwei Bottels Whistie
Initpenonxme, damit tret nei verdutschie
thöte, böt der Körnel and mei Nätiv
wake mit die zwei Bottelg fertig, beka
mer e ßingel Fisch oetätschj hatte and
denn hat der Körnel gemeint. es wär
Zeit, home zu gehe. Well ich wollt
das Boot denn an die Schoht zurück
vulle, böt weil des e heiße Dschob war,
so thue ich mei West augziehe and da
bei thut mei Watsch aus mei Pocket
sglxe and ins Wasser. Ich pen e schöne
Schreck aetrtegt, wo meine seine Marias
beim Daibel war, bot der Körnel
meinte, sie werte wohl mit der Teid ar.
Schohr treibe an wenn net, so könnt
ich e Watfch billig laufe, er hätt in der
Ciiiie e Dichullerie Sein-ihr gesehe, wo
se die Wattches ahlmost for nix ver
tanfe thötr. Weil mei Watsch is net
ntit der Teid an Schohr qetornme and
so bin ich nach e paar Tag mit met
Rätiv zu dem Dichullerie Schtohr, tvn
der Körnel saate, man tönnt eWatfsh
hillia laufe. Ich hen c Watskh ausge
tsictt, wo mir ßnhte that and hen denn
ren Dieler gedzlt was er vor se han
sven wollt. Sr änßert er: »Zwan3ia
ekelt-ZU ,,No äußere ich, so viel will
ich net bezahle, böt ebaut l« Veso-i
thiite ich für se gewe«, and hen qedentt
-er swird mich auslache· Bot infted thut
er sei Pudel lrumm mache wieeFtntz
and äußert: »Jn Konßideräschön, daß
Sie en Ameritaner seie, wo uns ron
dein spanischen Joch liberiitds hatt-we,
feie wir kUiörtschantz von Portorike
Willens, einiges iiir Ihne zn thue. Ich
thue an die Watsch 8 Pesos verliess-,
biit um Jhne zn vliese. will ich te Jhne
iiir 10 Pelor-, lasse. Welt ich hen ne
denlt, des is e Bargin, so hen ich die
Watsch qenornmc nnd hen mich beßeidz
noch bei ihm bedankt fiir die Konfzide
riifchön, wo er die Anieritanog zeig-:
thiit·
Störßlie hen ich die Watsch e paar .
Teig aehett, wen ich gesehe hab, dafz se !
nix werth ieie thei. Von Teimliepen
war gar tei Red net and die Händz
seit bald rechts and bald links herum
aelosse, als ob der alte Iiirt in die ver:
dammte Watlch stecke that. So sag ich
zu mei Nätiv: »Das thut-Z nimmer.
der Stanndrel bat uns mit die alt-.
Kartoffel fein geschickt bot wir wolle
mal zu ern hingebe and ihm e Vieh
rot-. unsere Meind aebe and ihm seine,
daß er die Watich ertfchändtche müßt.
Well, wo wir hinlomme, hen wer en
denn untere Schtrsrie erzählt and ich
hen ein gesagt, er miißt wir ne annere
Watsch gewinn oder wir thäte ihm
tortmurschalle lasse wean Leib-Trie
ion an die Jnhneited Schtäteg. Weil
der Felle-h hört nnser Kompliihnt an,
Inccht wieder e Pudel to trnnnn wie e
Rat-, and äußert: ,,Dfchentelmiin, die
Watfch is ahlreiht, hist ich feh, Sie
thue noch net änderfchtände, mit e spa
txiiche Teiwpieß unizuaenr. Diese
Watsch is tei tonnnon Watich, wo Ze
alle Töa taufe könne, böt e feine Rom-—
binäfchön Wirtsch, wo besser Zeit halte
thut, wie der feinfchte Chronoineter·
Beßeids hat se auch ein Attachinerit.
was die Seht-Ade schlage thut, wenn
Se uss den Botton presse thue. Sie
iniisse die Leim nur richtig ablete tön
nen. Wenn for Instanz der große
Seiner ufi 12 ichteht and der lleine
Zeiger uss m and sie schtkeiii Z, denn
is es exeiilie ZU Minniis nach T Um «
nnd so is eg- mii die onnern Zchkun
ten anch.« »Weil, Linszere ich, wer Zum
Tribel soll sich dem-. »in- so en Zeit-i
iierinn zurecht sinne, ich den Sei Asirus I
Isvtnie net cieichtksoiez ier allei-, was
ich will, ig e WITH-, wo man wiss-!
ibui, was die Kind geictkiaae hat« So
sagt er. et trolli sie iixe. das; ie den
cmtikanischen Wen gelie ils-Lit. Eis
äußere ich »Am teihi« ano lieu eni die
Watsch dagelasse, um se zu site ans
nach e paar Tiig hen ich se wiedcrne
isoli. Weil se is denn auch e Wiei th
teihi qeiosse, denn is se schiehe gebliebe
cndqvollt net-mehr gehe· Welljch bin
denn iuchiia gewotde and zu em hin
and hen em gesagt, daß er e istan
iväk, Ivo sei Kosiiimets ischieie ihiit
and das; kie Waisch net e Mal e Wiei
aelrsse and denn schiehe qeblielse wär.
Bist der Felloh ließ sich gar net aus
sei Kaunieniinz bringe and sagt: »Ich
weiß gar net, was diese Amerika-ins
wolle. Sie ionipliihne, dass die Uhr
nur e Woch gelosse and dann schiill
Mit-staune is? Laufe Sie doch eMai
e Woch and sehe Se zu, ob Se denn
net schiills ehe bleiwe!« Well, i
hin den Fe oh angeiucki, ob et mi
fuhle wollt, bist er hat e ganz fziriiiö
Fähß gemacht and hat refjuhjd, die
Watfch bact zu nehme.
Jch bin dann zmn Körnel and hen
en mässi· ob er den Felloh net wri
niarschalle losse könnt, böt der Körnel
meint, des thäie net anaehe and wenn
ich en in der Kort szuhe thäi, so werd
ich doch lei Reiht net kriege. Well,
äußere ich, denn thu ich die 810 ans
seiner Haut herausfchlage, böt der Kör
nel meinte, des wär dänscherös, weil
der Dfchencral net gleiche ihäie, wenn
nir· mit die Näiivs feihte thiiir. Wo
mer noch über die "G’fchicht dispjuhied
halt-we, lomrne zweiBensvom erschie
Tklspv in mei Schöntie and wo die ne
ljsiiri hawwe, was die Matiek war, Eli-M
der Eine Von sie äsle, ob der Fellnlk
Glich r Puhnfchopp hätt. »Sehnhr,«
aaner ich, ,,er hat nhl Keindö Von alte
Tröck da and sei Schapp thut angsehe
wie e Räuberhöhl’.« »Mell,« faqtder
Eine da, .,John, wenn Du uns e Bokiel
Von Deine beichte Whigtie iriete
willicht, denn wolle wir treie, Dei 810
est-Es dem Felloh wieder heraus zu
trieae.« »Ah( reiht, änßere ich, des is
e Bargän«, and se seie denn los. Der
eine von He Fellohg bat en alten Bin
ael sichert, wo einer von die Troineich
ilnn neqetm bat and wo nix mehr
nerth war. Mit sei Bin-Fiel is er denn
lcs zu dem Storetieper and hat ihm
gestat, er wollW pohne nur uff ne
Schlund und was er ehin druff lebne
wollt Well feinellie hat er em en halbe
Zieso drnff geliehe and der Felloh is
os·
Nach e Weil tommt der annere Fel
loh herein, macht e stäred Fähß and
sagt, ob er ern net a alte Bjugel ver-«
taufe könnt. Er hätt sein-Es oerlore and
wenn er lei ander Bitigel kriege thät,
so wiird er tortmarschalld and todt
gesehossr. Er tbäte 20 Dollars gewe,
wenn er nur e anner Bjugel tritt-«
tiinnt. Dabei thnt er in sei Pocket
lanae and holt des Monnie heraus-.
Well derStorelieper sagt. er hätt ein-ts,
böt des wär nur gepahnt and er
könnts net vertause, böt er sollt in e
ner Schlund wiederkomme, denn wollt
er sehe, was er thue könnt.
Well nach e halbe Schlund tonunt
der erschte Felloh ritour, legt sei halbe
Veso uss den Kaunter and will sei Bin
ael wieder hatt-we. So äslt ihm der
E-chtohrlieper, ob er’.- net verlanse
wollt, er wollt ihm zwei Pesos dafür
getre. Böt der Felloh äußert, er thäte
net töhre, es zu vertause, ercept er
that e gute Preis dasor kriege. Well
le hen denn gediclert and gediclert, bi-:
der Schtohrlieper seinellie 10 Pesos ge
ossert hat. Dann hats der Felloh ihn-.
iseilaust and is mit sei Monnie los-. E
Viertelschtund später thut er in met
Schäntie komme, legt mir des Monuie
uss den Kaunter and wollt vor Lache
den-lang wie se den alte Frohd anrie
siihrt hätte. Jch hen die Beus reiiellie
actrieted and ihne noch jede e Pesc
eitra geaewe and der smarte Schwun
her thut noch immer uss den annern
Beu warte, wo ihm des alte verbeulie
Bjuael sor 20 Dollar5 abtause soll.
Jht
John Stramch
— .- —
Unter Ainoro Muste.
Eine lustige Gaunergeschichte von
Paul Blisz.
Man weiß ja: Jst die Katze nieht
daheim, dann tanzen die Mäuse aus
Tisch und Stühlen herum.
Als der Justizrath Lehmann ab.
fuhr, prägte er es dem kleinen seschen
Dienstmädel noch extra ein, daß sie
gut Acht geben solle auf die Wohnung
und seinem fremden Menschen den
Eintritt gestatten dürfe
Kaum aber war der alte Herr abge
fahren, da hatte die tleine Lotte, die
so lange das unschuldigste Gesicht von
der Welt gemacht, auch schon wieder
alles vergessen, was sie dem Herrn Ju
stizrath gelobt hatte.
Dar- ledengtrlle kleine Möbel that
einen lustigen Jauchzen nahm dass
Häubchen vom Haar, band die weiße
Schürze ab und machte dann sorgfäl
tig Toilette, indem sie sieh mit ihrem
neuesten Kleide schmückte.
Als dies geschehen war, trat sie mu
sternd vor den großen Spiegel -- oh,
sie konnte zufrieden sein.
Da schlug die Uhr neun, und da er
schrak sie, denn jetzt mußte »er« ja bald
kommen.
Schnell lief fie in tie Speitetariuner
und truq anf, was fie vorfand; dann
trol:e sie eine Flasche Wein nerani.
legte die beiden Servietten tunftvoll
Haku-unrein stellte frische Blumen nui,
und nach wenigen Minuten fal) der
Titch so einl.rdcnd ans-, daf-, jedes der
ivöynte Aqu feine Freude daran ha
lsxn tonute.
Plötzlich schlug die Glocke au.
Lette fuhr niit freudigem Schreck
zufammen, —- das konnte »er« nur
fein! — ichnell lief sie hinaus-Z um ihn
einzulassen
Aber »er« war es nicht, foudetn die
Bertba war es, eine Freundin, die sie
vor einigen Wochen auf dem Tanzbo
den tennen gelernt nnd mit der sie sich
dann nach und nach enger befreundet
hatte, weil fie ein folides gebildetes
Mädchen war.
»Du mußt mir einen Gefallen er
weisen, Lotte,« bat die Eintretendr.
»Wenn ich es kann, herzlich gern,«
antwortete Lotte ein wenig tieinlaut
und verbarg ihre Enttäufchung über
den unerwarteten-Besuch so gut es
exian
,, u mußt mir für heute Nacht ;
Quartier get-ein« - « «
, Erschrocken fuhr Lotte zusammen
'und«statrte·die Freundin an.
»Du darfst mich nicht abweisen,
Lotte!« bat die Andere weiter, »ich
habe mich mit meiner Herrschaft er
ziirnt und bin sofort abgegangen; ich
habe hier teine Verwandten oder Be
kannten, bei denen ich bleiben könnte,
und in einen Gasthof allein zu gehen,
getraue ich mich nicht; also sei so gut
und gewähre mir bis morgen früh
Pbdach dann fahre ich zu meinen El
ern.« ;
Ein wenig verle en antwortete «
Lotte: »Ich möchte ir gar zu gern »
gefällig sein liebe Bertha, nur trifft
eH sich gerade heute rerbt ungünstig,
— meine Herrschaft ist nämlich ver
reist« -——
»Aber um so l)esser!« rief die An
dere und tam obne Weetires näher,
»du mußt Du mich unter allen Um
« standen hier behalten!«
Und Lotte, die jetzt nicht mehr gut
nein sagm konnte, wurde immer ver
legener und folgte besorgt der voran
gehenden Freundin.
Als sie im Speisezimmer waren,
lächelte Bertha schelmisch: »Ah, Du
hast ja für zwei Personen gedccttl —-——
nun verstehe ich auch, weshalb Du
mich zuerst abweisen wolltest! —— aber
sei außer Sorge ich störe Euch nicht. «
Erröthend entgegnete Lotte: »Du
kennst ihn ja auch, -—— der Mechaniker
ist es, den ich damals beim Tanz ken
nen lernte, — er wird mich heirathen.«
Die Andere nielte. »Du brauchst
auf mich keine Rücksicht zu nehmen,
—— zeig’ mir nur, too ich schlafen soll,
« —»- ich bin nämlich todtmiide.«
Nach und nach beruhigte sich Lotte,
weil sie zu der Freundin sestes Ver
trauen hatte. »Du schläfst wohl am
besten in dem Fremdenziminer,« sagte
sie, »da ist alles zurecht gemacht;
toinm’ nur.« Sie ging voran, und die
Freundin folgte ihr.
Zwei Minuten später rnar Lotte
wieder allein; es- war aber auch die
höchste Zeit, denn kaum eine Minute
später schan die Glocke wieder an.
Zaghast öffnete Lotte. Dies-mal
aber war es wirklich der Erwi:rtete.
Mit einer stiirmischen Umarinung be
grüßte sie ihn.
Lächelnd trat er näher. »Oh,
schon feierlich gedeckt! Jch hab-: auch
einen Bärenhunger mitgebracht! Sind
wir denn auch ganz ungestört?«
Lotte beruhigte ihn, verschwieg
aber die Anwesenheit der Frundin.
»Ihr wohnt recht hübsch,« sagte er.
indein er durch die Zimmer ging und
priifend seine Blicke umhersandte,
»alles geschmaetvoll und reich, das
muss man sageu.«
Mit Verminderung sah Lotte zu ihm
hin, -—— wie hübscher ist! dachte sie,
und was siir eine schöne traftvolle Fi
gur e-. hat!
Als er uiit seinem Rundaang zu
Ende war, kehrten sie zuriick in’5
Speisezimmer und setzten sich zum Es
sen nieder.
»Wie gut man es- doch haben kann,«
sagte er, indem er tapfer aß und
traut. »wenn man solch ein hübsches,
trautiches Heim bewohnt.«
,.Laß uur,« tröstete sie ihn, »auch
toir wollen uns ein gemiithlicheg Heim
einrichten, und dann toche ich Dir
alle Deine Lieblingsgerichte, so dass
Du Dich auch wohl zu Hause skihlen
sollst.«
Er lachte, uinfafite und tiifite sie,
so dass sie ganz gliicklich war und iu
seinen Armen alles vergaß.
Dann afien nud trauten sie, plan
derten und scherzten uud tiißteii sich
bei jeder Gelegenheit -
Plötzlich klagte sie-, dass ihr der
Kopf so schwer werde und eine stetig
zunehmende Miidigtcit sie befalle.
»Der Wein wird Dir wohl zu
sctioer sein,« tröstet-: er sie und sah sie
mit verstohtcnem Sachetti von der
Seite lauernd an.
Zie aber untie »in· nnd laut nnide
iu seine ·.)lriiie, an seine Brust.
Izu Demselben Augenblick :1res·;t: ei
sie an sich, und zwar so, dass er iuit
einer Hand iter beiden Vlrine fest zu
s.:iu«uenl)ielt, dann holte er niit der
anderen freien Hand einen stuebel aus
feiner Rocktusche und steclte itkr den in
dn Mund, alsdann preßt-: er ihre
beiden Hände durch eine Spange zu
sannnen, und ebenso dann auch ihre
Fiif3e, so daß iie eine Minute später
gefesselt und hiilflog dalag.
Mit entsetzten Augen starrte sie ihn
an; der Schreck hatte sie sogleich wie
der vsur Besinnung gebracht.
»Du brauchst gar nichts zu befürch
teu, mein Sclxit3,« tröstete er sie mit
diabolischeni Lächeln, »Dir geschieht
reiu gar nichts zu Leide, ich will nur«
Deiner Herrschaft ein wenig von dein
Ueberflufz wegnehmen, der sich hier so
proyenhast breit tnacht.«
Bittend hob sie beide Hände empor, «
so gut es eben die Fesseln gestattetn,
und mit bitt-idem Blick flehte sie ihn
an.
Er sagte hohnlächelnb: »Wer ich
bin, möchtest Du wissen? Das kann
Dir ja ganz gleich fein; jedenfalls bin
ich nicht der, siir den Du mich gehalten
hast. Und nun bleib’ hiibsch ruhig da
liegen, bis ich mit der Plünderung
fertig bin. Dann wirst Du mich auch
sofort los.« «
Er ließ sie liegen und machte sich
nun daran, Kisten und Kasten aus
zuzieheu und deren Inhalt durchzu
wühlen.
Mit der Geschicklichkeit eines Men
schen, der an solche Arbeit gewöhnt ist,
brach er Schlösser auf, hob Riegel hoch
und sägte die Charniere von Schrank
thiiren aus-, —- nichts hielt seinen
fixen und kräftigen Händen Stand,
mit Ausdauer und Geschick überwand
er jeden Widerstand; aber seine »Ar
beit« war auch von Erfolg gekrönt,
denn er fand reiche Beute, und nicht
nur Goldsachen nnd Juwelen, sondern
auch baares Geld in ziemlicher Menge,
so daß sich diese kleine Anstrengung
immerhin als sehr lohnend erwies.
Als er die Umschan siir vollendet
erachtete, packte er Alles geschickt zu
fammen, machte ein kleines, ganz
harmlos cussehendes Packetihen da
raus nnd ging dann zurück in dass
Speisezimmer, wo die arme Lotte
noch immer sichv vergeblich beiniil)te,.
die eFesseln zu lösen.
»So mein Schatz,« sagte cr lächelnd,
»nnn muß ich Dich verlassen. Wir
werden uns nun Adieu fiir immer sa
gen !niifsen, denn daß Du jetzt noch
darauf bestehen wirst, mich zu heira
then, das darf ich doch wohl kaum an
nehmen. Ich wünsche Dir also viel
Glück auf Deinen ferneren Lebens
wegen, und wenn Du Dir wieder ein
mal einen Bräutigam ans-suchst, wirst
Du wohl ein wenig vorsichtiger sein,«
—— er hob fein Päckchen, winkte ihr
noch einmal mit schadenfrohein L":
cheln zu und schritt dann nach der
Thür.
In diesem Augenblick erschien die
Freundin Bertha in der Thiir des
rFemdenzirntners; sie hielt einen klei
nen Revolver in dr Hand, zielte aus
den Gauner und sagte mit fester,
energischer Stimme-: »Halt! Noch
einen Schritt und ich schieße Sie nie
der.«
Der Spihbube war so betroffen,
das; er einen Augenblick rathlos da
stand; dann, um zunächst der Waffe
zu entkommen, trat er ein paar
Schritte zurück, so daß er das andere
Zimmer erreichte.
Kaum war er aber dort eingetreten,
als das muthige junge Mädchen so
fort die Thiir zuwarf und verschloß.
Alles das Wert einer Minute.
Nun war der Dieb gefangen. Das
Zimmer hatte nur den einen Ausgang
und aus dem Fenster konnte er nicht
fliehen, treil die Wohnung im zweiten
Stock lag.
Jetzt lief dae iunge Mädchen anke
Fenster, ließ ein Pfeisensignal ertö
nen, und im gleichen Augenblick er
schienen unten auf der Straße einige
Polizeibeamte, die in das Haus eilten
und die Treppenhinansstiårmten.
Zwei Minuten später war der Liber
listete Gauner in Fesseln und wurde
abgesiihrt.
Und nun erst machte sich das junge
Mädchen daran, der armen Lotte,
welche mehr todt als lebendig war,
die Fesseln zu lösen.
»L-, wie danke ich Dir! Das werde
ich Dir nie vergessen!« Mit schlach
under Stimme sank die befreite Lotto
der Anderen an die Brust.
Das junge Mädchen aber tröstete sie
und sprach: »Ich bin Geheimpolizi- ;
stin, und ich habe mich zu der Komö- i
die hergeqeben, weil eH meinen Ehr
geiz lockte, diesen höchst gefährlichen
Spitzbuben zu fangen, dem die Be
hörde schon lange vergeblich nach
sucht. Deshalb habe ich damals je
nes Balllotal besucht, wo wir unr- len
nen lernten, und da ich sah, das; der
Gauner mit Jhnen betannt war,
machte auch ich mich mit Ihnen be
kannt. Seit der Zeit habe ich Sie
Beide stets- im Auge gehabt, und ich
wußte, das; Sie heute den galanteis
Verbrecher empfangen wiirden nnd
vernuthetg oasi er heute den Dieb
stahl hier angsiihren würde. Danken
Sie Gott« das-; Sie diesmal mit dem
blossen Schreck davon gekommen sind
und machen Sie in Zukunft nicht wie
der so leichtsinnige Streiche, wenn
Ihre Herrschaft nicht daheim ist«
Damit ging sie.
Als Lotte allein war, ocgrisf sie erst
Alles-. lind nun freute sie sich wirt
lich, dass sie so mit oeni blsisien
Schreiten davon gekommen war, dann
aber tcm auch eit-. Gefiihl dec- Mit
leids und der Traurigkeit in«ihr ans,
denn sie hatte diesen TUianm der sie
betragen, doch recht gern gehabt.
- —
Der Sehnt-euch
tiriablnna aus dem Spanischen Von i;
Don Pcdro A. de Alarcmn s
.1. i
»Am l. Mai tonimen die thnoalv l
ben,« so saat man in Spanien, so lanae
die Welt besteht. Aber was-; bisher not-)
Niemand acsaat liat nnd ich ans voller
Ueberieuauna lestiitiaen lann, ist, das-.
tie Schwalben noch niemals an einen-.
schöner-en Taae ilsre Nester wieder ans
gesucht haben, als am l. Mai des Jah
res 1814.
Aber das herrliche Friiblinagtveben
ioar nicht das einziae an diesem unt-ers
aeszlichen Tage. Seit kaum vierzehn
Taan herrschte nach sechsjährigcni,
ioiitlirnden Kainvs Friede in Spanien.
DerFreilseitstriea, dessen Helden unsere
Väter waren, hatte sein Ende erreicht
Napoleons Generäle waren tnit ihren
Truppen geflohen; schon qab es auf der
qankien Halbinsel nicht einen einzigen
fremden Soldaten niedr.
O
An jenem Tage traten ein hübscher
Bursche und ein schönes Mädchen, in
einfacher und aeschmackvoller Kleidung
aus der Kirche Von St. Dominao in
Tarraaona tvo sie soeben getraut wor
den waren.
Der Priester, der ihnen den Segen
ertheilt hatte, begleitete sie und schritt
so froh und glücklich zwischen den Bei-·
den einher, als ob sie ihm ihr Glück z
danken hätten. « »
Und sie verdanken ihm wahrlich viel.
Clara und Manuel, so hießen die bri
den jungen Leute-, hatten beide ihre An
gehörigen am 28. Juni 1811 verloren,
an jenem Tage, da der General Suchet
Tarragona imSturm genommen hatte.
Ausgang des 1818er Feldzuges tam
Manuel wieder in die Stadt. Mehr
als die Hälfte der Bewohner von Tar
ragona war umgekommen, so daß der
arme Verwajste, der zurückgekehrt war,
um sein Haus und seine Güter zu
suchen und sie den armen unglückljchen
Frauen anzubieten, nicht genügend le
gitimirt werden konnte, um fein Recht
auf die Erbschaft seiner Väter geltend
zu machen.
Jn der zerstörten Stadt erschien ca
inals jener elprlocxre Priester, mit dem
wir Manuel wiederfinden. und den er
seit der Geburt kannte, denn er war
seit vielen Jahren Priester dieser Ge
meinde, hatte Mcnuel getauft und ihm
den ersten Unterricht ertheilt. Dank sei
ner glaubwiirdiaen Aussage wurde der
Jüngling, welcher beinahe zum Bettler
geworden wäre, am nächsten Tage ein
reicher Mann.
Wenige Wochen später vollzoa sile
feine Ehe inii Clara.
« ..- .- .— ——-—-—-——-——--—
Z.
»Wahia wollt Ihr, Kinder? Sagt
mir, um was es sich handelt,« fragte
der Priester an der Kirchenthiire.
»Wir haben Jhnen ein Geheimnis;
initziitheilen,« sagte Clara niederge
schlagen.
»Ein Geheimnifi -—« mir? . .. Wa
rum habt Ihr es mir denn nicht heute
Morgen gebeichtet?'·
»Aber, Herr Psarrer,« entgegnete
Mariuel tiefernst, ,,unser Geheimniß ist
teine Sünde.«
»So, fo, das-ist etwas Andere-T
Laßt michs hören.«
»Sprich Du,« sagte Clara zu ihrem
Gatten.
Dieser beschränkte sieh darauf, hin
zuzufügen:
»Ich nein, kommen Sie nur, wir
wollen bei diesem herrlichen Wetter
einen Spaziergang machen, und an dein
was sich zugetragen hat.«
»An welchem Ort?«
»Koinnien Sie nur, sagte Clara, ihn
cni Arm fort-ziehend
Der Pfarrer beeilte sich, dein Wim
sche der Beiden zu entsprechen, und so
wanderten sie zusammen aus den Tin
ren der Stadt.
Nachdem sie einige tausend Schritt
zurückgelegt und an die Ufer des
Francoli gelangt waren. blieb Marinel
stehen und sagte:
»Hier war es!«
»Nein, nein,« erwiderte Clara, »auch
weiter.«
»Ja, wirklich, es war in jener Bucht.
wo jetzt eine Frau ziisainniengetauert
sitzt
»O still, jene Frau ist meine Mut
ter.«
»Wie, Deine Mutter?«
,,Gewif;,. . es ist kein Etweisell
Sie ging auch heute wieder Morgens
aus dem Hause, ohne zu erlauben, daß
man sie begleitete, und seht nur, wie
weit es mit der Armen gekommen ist ..
Sie wundern sich wohl nicht darüber-,
lHerr Pfarrer, denn Sie wissen, das; die
llngliictliche wahnsinnig ist. Jn jener
entsetzlichen Nacht hat sie ihren Ver
stand verloren.«
Inzwischen hatten sieh die drei Pee
sonen jener Frau genähert, welche am
Ufer des Flusses hockte, die Augen sie-irr
auf das Wasser gerichtet
Sie war eine ehrwürdige Matroue
mit ernsten, abgehärmten seinen,
schwarzen Augen und weißem, wallen
dem Haar, eine echte Katalonieri:i.
»Was- für ein schöner Tag, Miit-s
cr « sagte Ciara sie iimarniend.
»O Kind, wag fiir eine entsetzliche
Nacht,« antwortete die arme Wahn
siniiiae.
»Und nun hören Sie, Herr Pfarrer-,
wie sich alles zugetragen hat,·' sag-je
Mannel.
»Hier,« fuhr er fort, während er auf
den Fluss. zeigte, »in diesen Wellen,
welelfe seit fünf Jahren fe- vicl Blut
hiiiineggespiilt haben, ruht ein siinfzetjn
Monate altes Opfer der spaniiitjenlln
abhiiiigigteit, . . . dein diese beiden
Herzen, welche Sie fiir immer vereint
h,abin Leben und Gliiet Jerdant en.
»Sie wissen, Herr Wams-, was siir
ein tranriaerT ’ aa der 28 znni 1811
siir Tarraaona Ivar trotzdemSie setlist
ttiesanaener waren iind das Elend ir
der Stadt nicht sahen. Sie s.1k,s-.-niiiil)t,
wie siinstansend Spanier in zehn
Stunden starben, wie Häuser nnd Fiir
rtzen in Flammen ansqinaesi, nie
tchmache nnd hilsiose Frauen acniordet
tinirden! Sie sahen nicht, wie Zitanlt
nnd Trnnlenheit, Leidenschaft nnd lite
::1etzel auseinander folgten. Sie salken
nicht eine der größten Heldenttxaten des
Welterobererg, des Halbaottesz Naiv
leon!
Mzcls sal) das aller-.
»An der rechten Hand verwundet
nno daher tcinpsunsäl)ia, floh ich in
das Haus von Clarag Mutter.
Nara stand ängstlich um rneinL eben
besorgt, blc ich und zitternd ruf dem
Ball-Im nnd ianchzte ans ilI sie mich
ans der Straße erblickte.
Ich trat ein; aber schon hatten meine -
Verfolger sie gesehen Unr- sie »
war so schön!
Mit roheni Gelächter und brutalem
Geschrei beariiszten sie die Schöne
Einen Auaenblick später stät-te nn
Axthieben der Feinde zusammen. Wir
waren verlorerit
Claras Mutter, welche das-«- unglück
liche Kind in ihieir Armen hielt, das
nun sanft inr Bette dieses Flu es
schlummert, floh mit uns in die t
s«
sterne des Hauses, welche sehr tief, und
da es schon seit Monaten nicht mehr
geregnets hatte, - völtig trocken-von «
Jene Cisterne, welche etwa acht Qua
dratmeter Fliicheninhalt hatte und nach
oben hin immer schmäler wurde, ver
tieste sich in unterirdischen Abstufungen
nnd bildete so eine Art Brunnenrohr,
welches ungefähr in der Mitte des-;
Hofes niiindete, wo an seinem Gelän
der ein eiserner Flaschenzua hing, ver
mittelst dessen dar; Wasser in zwei Ge
saßen geschöpft wurde.
MigueL so hieß das kleineKind, war
ein Bruder Clerus-H nnd der jüngste
Franzosen zur Wittwe aemacht hatten.
Jn jener Cisterne konnten wir uns
alle vier bequem demen, nnd so waren
wir gerettet Kein Mensch konnte
ahnen, dasz wir uns an diesem Ort
versteckt hatten, noch anch, daß dieser
Ort überhaupt existirtel lion oben ge
sehen, erschien die Cisterne wie ein ein
facher Brunnen. Die Franzosen glaub
ten, daß wir iilxser das Dach des: Hau
ses qesliichtet seien.
Ja . . .ivir waren gerettet!
Da hörten wir plötzlich, daß die
Franzosen halb verdurstet versuchten,
Wasfkr aus dem Brunnen zu schöpfen,
in dem wir uns- befanden.
Sie werden sich denken können, Herr
Pfarrer-, in welch' furchtbarer Todes
anast wir in jenem Augenblick schweb
tell! . . . . .
Wir drückten uns alle in eine Ecke,
während sie das Gefäß so tief hinun
terließen, oafk es auf den Boden stieß.
Wir wagten kaum zu athmen.
Der Eimer schnellte wieder hinauf.
»Der Brunnen ist trocken!« riefen die
Franzosen aus.
»Weiter coben wirds Wasser gebeut«
fügte ein anderer hinzu.
»Nun gehen sie!« dachten Clara, ihre
« Mutter und ich.
»Wenn sie hier unten drin wäreii!«
rief einer in katalonischer Sprach-: .
»Es war ein Ueberläufer. HerrPsar
rer, ein Spanier verrieth unst«
»Wie dumn·-.!« antwortete der Fran
zose. »Sie hätten sich unmöglich so
rasch herunterlassen kännen.«
»Du haft Recht,« sagte Der Ueber
läuter.
Stellen Sie sich unser entsetzliche-1
Schioanken zwischen Furcht und Hoff
nung vor, während wir dies Gespräch
hörten. Von den Winkeln aus« in de
neii wir uns versteckt hielten. sahen wir
die Schatten ihrer Köpfe in dem hellen
Schein, den die Brunneiiöfsnung in
den Keller warf, hin und her haschen.
In diesem Augenblick sing Miguel
an zu weinen. «
Aber kaum hatte er den ersten Schrei
ausgestoßeii, als seine Mutter die
Stimme, welche uns verrathen sollte,
auch schon dadurch zu ersticken versuchte,
daß sie das zarte stind fest gegen ihre
Brust drückte.
»Habt Jhr’5 gehöri?« schrie einer
dort oben.
»Nein!« antwortete ein anderer.
,»Laßt uns horchen,« sagte Der lieber
t":iiifer.
So vergingen drei furchtbare Nei
nuten.
Miguel kämpfte noch iiiit dem Wei
- nen . . . und je mehr seine Mutter ihn
drückte, desto uiiriihiger toiirde das
Kind.
Aber man hörte auch nicht den leise
sten Schrei mehr.
»’H wird das Echo gewesen sein!«
riefen die Franzosen aug, sich langsam
entfernend.
»Das kann seiii, bestätigte Derileåer
läiiser.
Sie gingen dein Ausgang oeLs Hofes
zu, während dag ktlirreii ihrer Säbel
iiiid das Lärnien ihrer Tritte noch
lange widerhallte.
Die Gefahr ist voriiberk
Migucl weinte nicht mehr .
Er war todt!«
»Herr Pfarrer, Herr Pfarrer!« schrie
tslarag Mutter, Mann-di iiiiterbreckienZQ
»pli«·-szlicl;- aiif. »Sage-n Sie, daß ev
nicht wahr ist! Ich liaoe mein Kind
nicht getödtet, sie hab-ki: roj iiiiigebracht.
Lich, Herr Pfarrer, vergeben Sie mir,
- ich biii keine schlechte Mutter, ich bin
wahnsinnig geworden uni« uieiii Kind
iiiii iiieiiicii Sohns Ich bin keine
schlechte Mutter!«
»Herr Psa"crer!« sagte tslars.i, »wir
haben Sie hierher qefiihrL damit Sie
Das Wasser kennen, welches- dcn Leieh
iiaiii iiieineg kleinen Bruder-I birgt. Die
Gefahr lief-, uns-s keine Zeit ihn zu be
araben.«
»Nicht lval«,r, Herr Pfarrer-, Miguei
wird doch im Himmel feint« fragte
Manuel mit thränencriiicktcr Stimme
»Ja, meine ziinders saqte der Prie
ster, »ich aebe Euch Die Versicherung ins
Namen Gott«-g un-) ues Vaterland-Mk
Und Du, meine Silnvestcn meine nicht
uielsr!«' sum er fort, fiel) »Hu der alten
Mutter inentseuky »Gott frgue du«
Martmimm welche-:- Du leidest, wie ich
jetzt dies unschuldiue Feind segne, wel
ches-S es Dir auferlegt fein Himmel
wirst Du Dein Flind wiederfinden,
Ihr, rie Ihr its-used licht. vergeht nicht«
das; Jlsr Euer tttliick ertuuft habt mit
ver Qual andere-; Seid l;ilfsoereit
für Euere NächstenP
So sprach der Pfarrer, im Glanz
der Frül)titmszsin:ne. inmitten blühen
der Bl::m.»ii, deikn frökiiislyen Srna der
Vögel, und isqnecc die Ftnthen des
Francoli. in denen das unqliixttiche
Kind, der lleiue Schirmen-riet der kramen
Familie, rrii;t:.
Die Suluanseln, welche die Ver.
Staaten als Angabe zu den Philippi
neu erhandelt haben, befinden sich in
der Nähe jener Gruppe und sind kleine
qebirgige aber fruchtbare Inseln, noch
trenig erforscht nnd von ungefähr 140.
000 inossamedanischcn Malaien be
wohnt, die einst als kühne und gran
sarne Seeräuber beriichtigt waren.