Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 18, 1898, Sonntags-Blatt., Image 14

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Wer Todte non Hnrrnr
Iyland
THE-man von Häka Theil
(4. Fortfetzung).
Davis riß ein Blatt aus feinem No
tizbuch und übergab es dem Franzo
sen. »Wie Sie sehen, lautet vie Des
pesche folgendermaßen:
Baron Rheden, Aftorl)ouse, New
York.
Habe gewünschte Information vor
sichtig bei Justizrath Galluzz eingezo
gen Reichsng v. Fels ist seit zwei
Jahren todt Da einziger Sohn vor
her gestorben, ist efammtes Vermögen
an des Reichsgracfsen zweite Gemahlin,
gebotene Ratalie v. Kraiowsia, über
gegangen. Die Ehe war bei Lebzeiten
des Grafen geheim gehalten worden
Die Dame lebt gegenwärtig in Paris.
Hier alles in bester Ordnung. Haben
mit drei anderen Banken tiirtische An
leihe gewinnt-ringend durchgeführt
Freuen uns auf Jhr Eintreffen
Grüße. Oberländer.«
Es wäre mir kaum möglich gove
sein« nahm D..·ois seinen Bericht wie
der aus, »diese ziemlich umfangreich-:
Kabeldepesche meinem Gedächtniß so
schnell einzuprägen, aber itsr Empfän
ger selbst ließ mir Zeit, einige Worte
und besonders die Namen aus meiner
Manschette zu notiren. Er schien näm
lich von dem Inhalt des Telegrammg
aufs Höchste und zwar nicht gerade in
.in»a,enel)mster Weise überrascht zu sein.
Minutenlang starrte er aus dass Pa
pier, als könne er das, was er da las-,
tat-m fassen. dann erhielt er die Num
mer seines Zimmcrs und verließ das
Bureau, um sich nach dem Elevator zu
begeben, der ihn in eines der oberen
Etockwerte binaussiihren sollte.«
»Ich bitte um Vergebung, dass id:
Sie unterbreche,« sagte Gersaut, »aber
eine Frage von Bedeutung Hatte
Rinden das Telegranimm nicht vor-Her
eingesteckt?«
,,Nur Geduld, mein Herr. Sie »er
den es sogleich hören. Der Clert l::iite
mich inzwischen mit der Antwor: av
gesertigt, dasz ein Herr Emmet wah
rend der letzten Wochen nicht im Aitorg
Louse abgestiegen sei, ich verließ nun
ebenfalls das- Bureau und kam aerade
noch zurecht, um gemeinsam mit dein
deutschen herrn den Fahrstubl zu be
treten. Außer ucz beiden befand sich
nur noch der Schwarze, der als Ele
vatrrrnann sungirte, in deni elegant
eingerichteten kleinen Raum, der lang
sam nach oben schwebte Der Baron
hatte aus dein Diwan Plas genom
men, er zog eine lederneBriestasche aus
der Jnnenseite seiner Weste, verbarg
das Telegramm darin und steckte dann
das Poeteseuille wieder in die Weste,
deren Geheinitasche zwischen Futter
und Tuch er durch drei Knöpse ver
schlvß-« -
Der Franzose sprang aus« er ver
mochte seine Erregung nicht länger zu
bemeistern.
»Diese Brieftasche,« stieß er hervor,
»war alt und abgegrissen-——ist es so?«
»So ist es, ihre braune Farbe war
stark verblieben, das Leder schadbast.
Alles in allein sab sie nicht aus, als sei
sie siir den täglichen Gebrauch eines
Herrn v. Rheden bestimmt.«
»Und Sie glauben, Mk. Dank-, das;
der Deutsche diese Tasche beständig bei
sich trägt, dort trägt, wo Sie ihn die
selbe verbergen sahen?«
»Sie scheinen mich für allwissenb zu
halten, Mr. Gersaut,« lachte der De
tettive, indem er die Asche seiner Ci
garre aus einem kleinen japanischen
Porzellanteller abstrich, »doch in die
sem Fall irren Sie nicht· Jch glaube
ihatsächlich mit Bestimmtheit behaup
ten zu dürfen, daß unser Mann sich in
den letzten zwei Tagen nicht von der
Vejestaiche getrennt hat. zch beweise
es Ihnen bald. Hören Sie mich nn.«
»Ich höre, doch nicht ohne Ihnen
vorhsr gesagt zu haben, daß ich Sie de
wundete,« rief der Franzose, »was Sie
erreicht haben, hätte ich niemals-« von
Ihr-en erwartet.«
»Ich habe meine Pfiicht gethan, und
Sie bezahlen mich,« entgegnete Davi5.
»Gut, daßSie es erwähnen,« hüpf
te Geksaut an, »Sie fanden doch in
meinem Briefe den Chcct über zwei
hundert Dollaes beigefügt?«
»Gewiß, besten Dant. Sie werden
mir den Rest zahlen, wenn ich nett mei
nem Bericht zu Ende bin.«
»Nein, ich werde mit erlauben. Ih
nen die restlichen hundert Dollars auf
der Stelle zu zahlen«
Getfaut entnahm seinem elegcnten
Poetefeuille eine hundeetdollarz note
und händigte kie dem Detettive mit
verbindlichem Lächeln ein. »Wir blei
ben in Geschäftsvetbitcdung,« sagte ek,
»nur bewahren Sie Discketion.«
Bat-is hatte die Banlnote mit tue
zem Denk an sich genommen nnd hielt
sie eine Selunde lang gegen das Licht.
»Auf-L ich glaube gar, Sie zwei
feln en der Echtheit der Bantnvte,«
tief der Franz-est mit grelleen Aufla
Mrkieht im Geringsten -— nachdem
G mich soeben von ihrerschtheit über
zeugt habe. Sie verübt- enit das ge
wiß nicht, Mr. Gersaut. Seit Ent
deckung der internationalen Falsch
niiinzerdande, deren geistiger Leiter
aus Paris vor etwa vier Jahren flüch
tig wurde, nachdem er die Tänzerin
Lorisson, von welcher er sich verrathen
glaubte, ermordet, dän ich in der Ent
gegennahme von Bantbillets ein wenig
vorsichtig geworden, besonders da ich
weiß, daß der Bursche sich irgendwo in
Amerika umhertreibt.«·
«Jn der — Thai,« stotterie Ger
saut, »es ist —- es ist Jhnen nicht übel
zu nehmen«
Jede Spur von Farbe war ans-· sei
nen Wangen gewichen, seine Arme hin-·
gen schlaff herab und scheu blickte er zu
dem kleinen brertschulterigen Mann
hinüber, der, sein glattrasirtes Gesicht
itreichend, gleichgültig hinzufügte:
»Dekl- was interessiri uns dieser fran
zösische Mörder und Falschmünzer
schließlich? Jhr Geld ist gut, Mr.
GersaisL Darf ich in meine-n Bericht
sortsahren?«
.,Thun Sie es, Mr. Davts ——-- ta
bittc darumk
Gersaut schöpfte ties Atdem und
während der Ameriianer in geschösts
mäßigem Ton weiter zx ils-n sprach,
w ch die Unruhe allmählich wieder von
ihm
»Herr v Rheden verließ an diesem
Abend nicht mehr das Astorhousef
subr der Deteltive fort, »e: war offen
bar ermüdet von der Reise, denn auch
am nächsten Morgen kam er ziemlich
sdät zur Frühstückstasel hinunter.
Während der Nacht wachte einer mei
ner Leute in der Nähe des Hotels nnd
überzeugte sich davon, daß der Deutsche
nicht mehr ausging. Gestern um zwöis
Uhr Mittags wurde er aus der Straße
sichtbar-, ich selbst stand bereits- Posten
nnd folgte ihm. Rheden ging bis zur
Citn Hall und bestieg dort die Rahel
straßenbahn, ich sub-r mit ihm in dem
selben Wagen."
Erkannte er Sie denn nicht« Da er
Sie den Tag vorher im Hotel gese
hen?«
»Ich war ein anderer. Während ich
am Tage seines Eintresseng in New
York als elegant gelleideter blonder
Stutzer neben ihm stand, saß ich jetzt
an seinerSeite in ab»tragenem Ueber
rock. schmuyigem braunen Filzhut und
abgetretenen hosen. Eine dunlellsaa
rige Perücke veränderte mich überdies
vollkommen«
Und wohin ging diesmal die Fahrt
des Herrn Baron-Z ?«
»Ja eine Gegend, in welche sich so
seine herren sonst selten verirren. Jch
)
war erstaunt, als ich bemerlte, das-;
Rheden in das »duntelste New Vorl«
hineinirrtr. Jch meine damit jenen
Theil der unteren Stadt welcher Liver
iviegend von den eingewanderten russis
schen Juden bewohnt wird. und der
mit Recht in dem Nase steht, nicht nur
die elendsten, schmutzigsten und verpe
stetsten Stätten der Armuth, sondern
auch eine große Anzahl von notorischen
Berbrecherlneipen und Losterhiihlen
einzuschließen Sind Sie dort be
tannt, Mr. Gersirut?«
Es lag eine verletzende Ironie in
dieser Frage, dem Franzosen stieg das
Blut ins Gesicht und er antwortete mit
einem rauh hervorgestoßenen »Nein!«
»Dann werden Sie einen annähern
den Begriff von dieser Gegend der
Stadt New Yorl bekommen wenn ich
Jhnen das Haus beschreibe, in welches
der Baron v. Rheden eintrat, nachdem
er allerdings erst einige Male überle
gend durch den Straßenbloet gegangen
war, und sich sein varsiirnirtes Ta
: schentuch als Schutz gegen die üblen
Geriiche ror die aristolratische Nase ge
halten hatte. Es wer das Hang 3547
Eldridcxesirscet Es ist dies ein soge
nanntes Tenementhau5, besitzt fünf
Stockwerte, zwei Vertauizladem vor
denen noch sogenannte »Stand"g« er
richtet sind, das heißt Tische, hinter de
nen Straßztibändler ihre Waaren seit-«
» halten« außerdem versügt das Gebäude
über einen Kell—:i,,der theiiweise auch
noch für Wobnzwecte benutzt wird Zu
jedem Stockwerk wohnen vier Fami
lien, von denen fast jede noch mehrere
Schlasburschen bei sich beherbergt. Die
Leute gehören hier fast ausschließlich
der Klasse der aus Rußland eingemau
derten Juden an, doch sind auch Je
länder, Jtalienet und verarmte Deut
sche anzutreffen. Jn den auch am Tage
stockduntlen Treppensluren muß man
scharf acht geben, daß man nicht eines
· der halt-nackten Kinder todt tritt, die
hier spielen oder schlafen. Jtn Som
Met sind die Thüren der Wohnungen
weit geöffnet, da sonst die Hiae uner
träglich wäre.« «
«Und in ein solches Haus sahen Sie
Rheden wirklich eintreten-P fragte
Getfaut erstaunt.
»Er blieb sogar eine Stunde darin-«
«Wen besuchte er dort, oder was be
absichtigte er?«
·Dariiber habe ich, sobald et sort
war, Jnsormationen ein ezoaen. Er
ertundiate fiel- bei sast a en Einwoh
—
nern des Hauses nach einer Frau und
einem Kinde, die dort vor einiger Zeit
qewobnt haben. HGewohnF ixr ein
wenig zu viel gesagt tue beiden sen
fchen loqirten in einem abscheulichen
« Kwrllerloch n:an zeigte es mir, und ich
versichere Hie, es weite mir fiik meinen
ff-- nd zu schlecht Es waren Deutsche.
»s. III-. -ft unbekannt. Die Frau
erkrankte — —- und das ist nicht zu ver
wundern, wenn man bedenkt daß fiie
Unglüetlichen, die wie es scheint, zur-«
Betteln zu stolz waren,. nach Aussage
der Mitbewohner oft tagelang nichts
als Brod und Kaiser genossen, nnd da
sich bei ihr Ers intengen von Gei stec
3 nmncchtung eint t,ellten brachte man sie
nach dem Bellevue Hospital zur Beob
c.chtuna.«
! »und das Kinde-«
i
!
»Ja das ist eine gani eigenartiie »
Geschichte Kein Mensch we s-» soo
das Kind ein hübsches-, rothblondes
Mädchen von vier Jahren, gebliebens
isi. Ein Ehepaar, das in diesem Hause l
einen Handel mit geschlachteteu Gän
ien und Hiihnern betreibt und selbst
tinterlos ist, hatte die Kleine vorläufig
zu sich genommen. Aber die Frau ver
sicherte mir, es sei lein Wort aus dem
Kinde berauszulocken gewesen« es habe
unaufhörlich leise vor sich hingen-eint
« i nd gegen Abend als die Leute reide
in ihrem Laden beschäftigt waren habe
’ es sich aus die Straße geschlichen und
—- — — fort war e5.«
Andre Gerfaut dachte einie Augen
blicke nach »Welches Jnteresqfe Rbeden ;
an diesen Leuten nimmt, hat er natür
lich dort nicht ausgesprochen?«
»Natürlich nicht. Aber es must nicht
1·nerbeblich sein, das Interesse des Ba
iong siir die hungernde Frau und Ie. s ?
Kind denn ehe ich nach ihm das aus ;
betrat. ftellte ich zuerst seinen nii sten j
Weg fest und da ich hörte was er an l
ter Ecke der Coleridae- und Grand- l
- Street einem oorbeisahrenden Miethsss
wagentutscher l-:urief, so weiß ich. daß
er sich nach dein Bhllevue Hospital be- l
gab Dorthin folgte ich ihm natürlich ,
i-.,icht aber um suns Uhr Nachmittags
sab ich ihn nach dem Aftor House zu- l
rücktehren Er nahm sein Dinner und s
frbr um acht Uhr nach dein Metropolis
ten-Opernhaus, isoo et allein, also ohne i
Begleitung einer Ausführung der Z
»Tradiata« beiwohnte. Nach Schluß
der Vorstellung begab er sich aus der i
Stelle nach Hause. Heute besorgte er ;
rerschiedene Eintiiuse, stattete ·i.em !
, deutschen Consul einen Besuch ab und i
l
« - ----- das dürfte Sie wiederum interessi- «
" ren —-— sprach im Bureau der Cunard- E
7 Linie voi. auf deren am Freitag nach1
l
l
. Liverpool abgebendem Tarni-fees
I
l
« auch t: enn Sie in einigen Tagen den«
»Campania" er Passaae nahm. Unds
damit. Mr. Gerfaut, glaube ich meine »
Pflicht. die darin bestand, den deut
schen Baron v. Rheden bi I zu Ihre-n
persönlichen Eintrefsen in New York
scharf zu beobachten, erfüllt zu hat-ein«
»Ich danke Ihnen, Mr. Dame-, ich
dcnte Jhnens rief der Austr.ggeber
der Detective. »Sie haben weit mehr
cethan als Jhre Pflicht, und Sie ge
statten mir wohl Jhnen diese Bant
note als Ertrapriimie zu überreichen.
Doch lniipse ich eine Bitte an dieses
Präsent Daß Sie iiber Ihren Aus
trag selbst zu Niemand sprechen wer
den, liegt in der Natur der Sache, aber
ich möchte. daß Sie den Namen dieses
Deutschen überhaupt nicht erwähnen.
lselben in irgend einer Verbindung in
den Zeitungen finden sollten. »- Ver
sieben Sie mich?«
»Ich oerstehef gab Davis langsam
sur Antwort nnd schlug die kleinen
erauen Augen aus« die er einen Mo
inent nachdenkend geschlossen hatte.
Dann nahm er seinen Chlinderhut und
empfahl lich.
»Nun einen «.tlugenblicl.'« rief ihm
Gerfaut zu, als er die Schwelle beinahe
erreicht hatte. »Sie sind bestimmt der
Meinung, daß Rheden jene alte Brief
tasche immer bei sich trägt?«
»Richtig. das vergaß ich Ihnen zu
sagen. Er hatte sie auch in der El- ;
rridgestreet bei s-.,ch zogi sie hervor und i
entnahm ihr eine Photographie, welche· ·
er die Leute sehen liess «
»Und wen stellte diese Photographie I
der?«
»Jene Ungliielliche die man in das ·
Bellevue- Hospital gebracht, freilich war i
das Bild Jahre vorher und sicherlich s
unter glücklicheren Verhältnissen ange- «
fertigt.«
»Ich danle eIhnen —- Wann, sagten
Sie, reift der aron?
»Am Freitag« mit der »CampaniaM.
,,·Alio übermorgen. —- Jetzt, Mk.
Divis, halte ich Sie nicht mehr tu
ru "
Der Ameriraner verliess das Zimmer
und während er die teppi legten
Treppen hinabschritt, sagte er zu
sellst: Ei ist gut daß ich tnich dur
diese Glase veränderte und bedeutend
älter erschien. So wird mich der
Saärle wenigstens nicht auf den er ten
Bitt Fritz-irrem täennlzgjsætter einänal
m eine nge t wen get
freundlicher Natur zu erledigen habe
lind das tpnnnt doch-— früher oder
»Amt« »
4. C a v i te l.
»Wer hat Ihnen diesen Brief fiir
mich übergeben?« fragte Baron Hans
einen Angestellten des Aitor dense, der
Ihn- auf einer silbernen Piatte ein Pier
liebes Billet überreichte, während der
junge Mann nach einqenommenem
Dinner aus einer chinesischen Minis
iuttasse den dufienden Mokla schlürfte.
»Ehe Dame. Sir,« erwiderte der
dienstbake Geist, indem et seine Lippen
ein klein wenig zum Lächeln verzog.
Hans war aufs "chste erstaunt,
Er besaß überhaupt o qui wie keine
Tamenbeinnnischcsten in New York,
nnd ftckttlich war keine darunter. die
irgend eine Veranlassung gehabt hiiite,
s ihm zu schreiben
»Eine Dame?« wiederholte-: er leise
um die anderen irn Speisesaal versam
nselten Gäste des Hotels nicht aus dies
Gespräch aufmerksam zu machen.
»Jenaer oder alt?'
«Jch denle die Dame war jung,'«
ar. twortete der Bedienstetr.
Sie denken? Haben Sie denn die
Dame nicht selbst gesehen, ihr Iris-or
selbst den Bries aus der Hand genom-· .
nich«
»Seht wohl doch die Dame trua ei
nen dunkelgrünen Schleier, so das; ich
ihre Kiiqe nnr errathen konnte Aber
nach der Fiaur zu urtheilen, nur sie
jUUCY
»Wünschte sie mich persönlich ;n
sehen oder zu sprechen?«
»Nein, mein Herr. Sie fragte nur,
ob Herr d Rdeden noch biet ivorne
ich bejahte die Franc und sijate lxinsn
daß Sie geaenwärtia im Speisesa«l
das Dinner einneihrnen sie möge im
Parlor warten, tig die Mahlzeit vor
itter sei.«
»Nun, nnd was erwiderte die Dame
ruf diesen Vorschlag?«
.Sie übergab mir den Brief zur Be
stelluna nnd machte mich darauf auf
n ertsarn, daß es sür Herrn v. Rheden
von einiger Wichtiateit wäre ibn noch
heute zu empfangen
»Glauben Sie beurtheilen zu tön
nen. ob die Dame den besseren Stän- »
den angehörte?«
,.Sie zeigte das Benehmen einer
Ladh.«
»Gut. ich danke Jhnen.——— Halt. noch
eins. Mein Gepäck wird nachher, etwa
in zwei Stunden, abgeholt werden, es
«geht nach der »Campania«. mit der ich
norgen reise. Sollte ich nicht anwe
send sein. so besorgen Sie das Nöthige.
Nur die Ledertasche und das Futteral
mit Schirm und Stocl bleiipen bis
rikraen früh zurück.«
»Sehr wohl, es wird alles besorgt
werden«
Der Anaestellte des Hotelg zog sich
zurück. während Hans prüfend den
noch nicht geöffneten Brief betrachtete
»Das ist doch fonderbar,« rnurcnelte
er. «eine Dame schreibt an mich? Wer
tann denn überhaupt eine Ahnung da
von haben, daß ich mich in New Yort
aufhalte. Jch ftattete doch nnr kam
Conful einen Besuch ab. und der war »
auch halb und halb geschäftlicher Ita- »
tur. Nun, wir wollen sehen.'« »
Hang erariii ein kleines Dessertmes «
ier und schnitt den Umschlag auf.
Unwilltiirlieh stieß er einen leichten J
Ruf der Ueberraschung aus, als cr, 1
von seiner Frauenhand geschrieben
folaende Zeilen als den Inhalt dieses !
ihm so geheimniszooll zugestellten Vrie Z
fes-. vorfand: i
»Geehrier Herr! Z
Durch eine im Hause 347 Eldridae «
ftreet wohnendezarnitie erfuhr ich, daß i
Sie Nachforschunaen nach der ungliick Z
lichen Frau und ihremsiinde angestellt, i
die dort eine Fett lang sich aufhietten.
Wenn Ihnen o viel daran aelegen ist, i
dass- Sie einen längeren Weg nicht ;
scheuen, so kommen Sie heute Abend 1
Zwischen acht und zehn Uhr zu n·" «
Ich bin in der Laae. Ihnen bezusiichi
des Ver-bleibe der Leute einiae wich-Im
Fingerzeige zu geben. Es geschiegt I
dies völlig felbstlocz ohne daß irgend i
trelche Ansprüche oder Belohnung b:.
absichtigt sind. Ich hätte Sievin Ieh
rem hotel ausgesucht. aber ich bin wäh
rend des Taaes beschäftiat. s
Achtunasooll i
Magaie Brown, d
No. 38 126. Straße. hartean ·
»Das ist ja ein höchst willkommen-r l
Zufall« dachte Rbeden, als er sich ei «
niae Minuten später aus seinem Zinrs 4
mer befand und den Brief noch einmal
durchaelesen hatte. »Vielleicht vermag i
diese Maggie Brown einiges Licht in s
das Dunkel zu bringen, welches dieses
Familientragiidie bedeckt.·' i
Rheden hatte die Ledertasche hervor- I
gezogen und ihr die Photographie Bea-— «
tens entnommen. Und wieder, wie er .
es seitdem unzählige Mal gethan, ver-« «
senkte er sich in das Studium dieser "
holden Züge und nahm den Anblick
dreer nradonnenhaft schönen Weibe-Z
m sich aus« -
»Ich musz sie finden nnd ich werde
e9!" rief er von seinem Sessel aus
sprinaend und mit großen Schritten
durch das Zimmer wandernd, .,eg ist
ein Ziel, das ich mir gesteckt und das
ich erreichen werde. Was ich visliesz
erreicht und in Erfahrung gebracht. ist
Her-or mehr entmutbigend als auspar
ner:d, aber mich soll tein Hindernis;
von der Erfüllung meines Gelöbnissez
abbrinqen. Es ist ganz t!ar, daß bie:
eine Macht im Spiele ist« welche. vor
leinem Mittel zurückschreckend tilde-r
v. Fels, fein Weib und sein Kind lang«
sam, aber sicher dem Untergang ent—
gearngeiiihrt hat.
Diese iinstere Macht begann ihre
Wirksamkeit keineswegs erst, alr- El
dor mit seiner jungen Frau nach Ame
rira geslüchtet war sie war im Ge
heimen schon ihätig, als er noch im
hause seines Vaters weilte. sast möchre
ich annehmen, daß seine Kindheit, seine
Jugend schon durch diese elenden Ma
chinationen veraistet wurden.
Das Gisi dieses im Staube triechen
den Gezücht-s hatte bereits seine Wir
tung gethan, das Schlangengist der
Verleurndung hatte die Ehrbegrisse
eines sonst maiellosen Mannes durch
seucht, so daß er sich iiir berechtigt
bieli, dem eigenen Sohn. dessen An
schauungen und Thaten ihm absonder
lich vortamern das Brandmal der Un
zurechnungisiihigteit auszudrücken
Und wie tödtlich hat dieses Schlan
gengist in Amerika »us Eldor gewirkt!
—- - ———
Man bat ilzn nicht selten Fuß fassen
lalsen man bat ibn geber und ver-«
solt, bis er vor dein unsich barenFeind
« Tod geflohen war.
nAber auch sein Verschwinden hat
den unbekannten Bei-folget, welcher
seia genufi war. sein Gift nur aus aern
hinterba t zu spritzem nicht berul;iqen
lönnen, und nachdem er selbst bexeitigt
war wars sich der Winzer un dass
Weib und Kind des ilnaliiclzicheii nnd
versuchte, ihnen den letzten Relt Les
kensodem hinzunehmen
Rbeden wußte aus denBelenntnissen
des Todten von Horror Island, daß
Beate von ihrem scheidenden Gatten die
Issiittel erhalten hatte, ein halbes Jale
etwa soraenfrei zu leben sie war jedoch
nachweislicb schon etwa drei Monate ;
nach Eldor’ s Abreise nach Alagla in .
littere Noth gerathen. j
Wie war dies zugeganaen7 Rbeden i
lsatte eine Erklärung dafür im Beile s
ne Hospital empfangen dessen Ober i
arzt ihm in der zuvor lomrnendsteni
Weise zumal er einc warme Empieh .
luna des deutschen Coniulgi vorzeigen «
lcnnte, Auslunit über die Patientin ’
gegeben hatte · i
Der Doktor erinnerte sich ihrer ge ;
nan. die Schönheit der Frau, welche 1
sogar von Gram, Entbehrungen und I
Krankheit kaum beeinträchtiat worden
war, hatte bei ihrer Einlieferuna in .
das Kranken aus sofort Aufmerksam- »
tiit erregt. ie Frau war keineswegs ·
peistestranh nur hatten sie Elend und i
Sehnsucht nach ihrem Gatten in einen J
Zustand hochgradiaer Nerveniiberrei- ’
zuna versetzt« der sich von Zeit zu Zeit
in Weinkriimvfen, ssarrer Apathie nnd
in der kranlhaften Idee, sie habe ihren
Mann und ihr Kind soeben begraben
nnd in ein gemeinsames Grab gefentt,
äußerte. Sobald diese Anfiille jedoch
vorüber waren, sprach sie vollkommen
ruhig, verlangte nach ihrem Töchter
chen, von welchem man ihr sagte. es sei
bei ihren dermaligen Nachbarn gut
untergebracht, und erzählte dem Ober
arit aus sein Besteigen, sie heiße Beste
Fels und ihr Mann befinde sich im
Westen, wo er in den Miit-n arbeite.
Schon nach zwei Wrchen haite sich ihr
Zustain soweit gebessert, das; sie ent
lassen werden konnte. Als sie sich non
dein Arzt verabschiedete, fragte er sie,
ob sie irgend welche Mittel besiifie,
Hierauf derichtete sie. daß ihr Mann
ihr sür seche Monate Geld bei seiner
Abreise gelassen, das-. Lieie Stimme ihr
jedoch schon acht Jqu nach seiner
Abreise ans iiiirrklarliche Weise aus
rerschloffeneni Zimmer gestohlen trot
teri sei. Sie hat-e ihrem Mann, nin
ihn nicht zu betrüben, nichts darüber
geschrieben, vielmehr versucht, duiis
Arbeit iiir seh und das Iiind dir-«- »
Nothwendigfie zu verdienen, ansnngs
mit einigem Erfolg, dann aber hat-e
man sie aus jeder Stelluna soriaei
schickt. weil böse Menschen, die sie fe
doch nicht kannte. Verlenmdungen Eiber
sie ausgestreut Jetzt aber werde sie
mit ihrem Kinde, wenn nicht bald eine
Nachricht von ihrem Manne einträie
nach Deutschland zurückkehren, wozu ’
ein deutscher Verein ihr wohl behilflich
iein würde. Der Oberamt hatte sie in
:e:7i Entschlusse, die alte Heimattx auf
.:uiucheii, bestörlt. und ihr eine Fiinss »
donarnote zuoesteckt, welche sie nur im
Hinweis auf ihr Kind unter Bankk
thriinen angenommen
So hatte sie das hospitol verlassen »
und- ----- hier endete Nbedens Kenntniß "
ihres Schicksals.
Beate war nicht mehr nach Eldridge ;
Street .' 7 zurückgetehrt, sie hatte dort «
nicht nach ihrem Kinde geforscht, sie
hatte infolgedessen auch nicht erfahren.
daß ihr Töchterchen verschwunden sei
--— Niemand, weder die Polizei, noch
die Behörde einer Wohlthätigkeiieans
sialt, noch irgend ein deutscher Verein
tonnte auch nur die geringste Auåkunst
Eber ihren Berbleib ertheilen. Keine
Passagierlifte irgend einer Schiff
schrtssGesellschast führte seit jener
Reit ihren Namen aus. Rhederi hatte
in unglaubiich kurzer Zeit diese Nach
richten erhalten und zwar durch den
deutschen Consul selbst, der für ihn te
eeraphisch und telephonifch in Nord
und Süd. im Osten und Westen ange
sraat hatte. «
Mutter und Kind waren vers-holten
es schien, als hätten die Wogen des
rreltstkrdtischen Lebens sie erfaßt und
ir: Tiefen hinabgezogen, aus denen sie
niemals wieder auftauchen lönnten.
Und nun ganz unertvartet ein Licht
stahl, eine Hoffnung - s- dieser Briesl
Rheden nahm ihn noch einmal ruf
« und las ihn durch, jedes Wort auf
« nerlsam erwägend. Ja. das llanq
alles glaubtviirdig. Welche Absichten
hätte die Schreiberin dieser Zeilen sonst
auch verfolgen sollen? Er lat- e-( ja
schwarz aus weih, diese Maggie Brown
hatte in der Eldridgestreet von seinen
T Bemühungen um die arme Frau ge
s hort, und da sie mehr von ihr wußte,
als die anderen. lo wollte sie ihm am
Abend nach der Arbeit Mittheilunaen
wachen. Zwar, fo ganz unbedenllich
schien diese Einladung doch nicht, sie
zwang den jun n Mann, ein gänzlich
fremdes aus It betreten, und das bei
röMger rnle heit. Konnte man es
nicht aus einen diebischen Uebersall ab
gesehen liaben2 Wer lannte ihn denn
cter in New York, und tver wußte
überhaupt, daß er sich in der Stadt
aufhielt? ;"rmnerhin beschloß Haus«
auf seiner ut zu fein, teine grössere
Geldsurnrne rnit- sich zu nehmen, dage
gen seinen Taschenrevolver, den er stets
auf Reisen in der Hosentasckyitetig,
mit frischen Patronen zu versehen-—
Ed war acht Uhr, als Baron Rheden
sein immer verließ. Er begab sich zu
näch in das Bureau des Haut-, be
qlichseine Rechnung und ordnete an, »
daß man ihn amndfs sienvaÆ ZWJ
« fInf Uhr wese. ie »CCMPMM
dampfle um acht Uhr in See. dn IVIUM
e: bequem Tolleiie machen, frubstUckM
nnd nach dem Landungöplniz der »Eu
nard Linie« fahren. Sein nächltss
Weg galt dein »Verfchönernngslimn
ler«, der an der Froni des Astorhotels
einen eleganien Laden inne hatte, hie1;
ließ er sich srisiren, das leicht geivellte
Haar sorgsam scheiteln nnd den seiden
weichen, gepflegten Schnurrbari ein
Irtnig träufeln. Als er fich, nachdem
irr-set- ein stark dnfiendeö Parfiitn mii
ihn ausgefchiittet worden, im Spieqel
betend-leih bot er mit feiner schlanlen
nnd doch ikaftnoll gebauien Figur, sei :
nen llaten nennen Augen nnd dem
glänzenden blenden haupt- nnd Bart—
tmar ein echies Bild männlicher deui
schier Kraft und Schönheit
Jn dem Augenblick, als-«- er, niii An .
ziehen seiner Handschuhe beschäftigt
den Frisenrlndcn verließ, sprankr ein!
elegani gelleideler Herr, der bis dahin
mit dein Rücken zur Ladenlhük gefinn «
ten nnd den Eingang des Holels de
kbachtei hatte, blitzschnell zur Seite
iznd verlor sich im Gewühl.
Nur eine Selunde hatte Hans die
Gestalt zu sehen GelegeiiFeit, aber so
fort wußte er, ein-wen re ihn erin-«
vierte. »Wenn ich nicht wüßte, dasti
Gersaut in Chirago sich befindet. so
würde ich glauben, ihn soeben gesehen
zu haben. Doch gleichviel, es ist gut.
daß er es nicht war und nicht sein
kann, denn er wiirde mich nur bei mei
nem heutigen Besuch stören, und im
Uebrigen ist er mir unsympathisch, und
ich bin zufrieden, daß ich ihn los bin.·'
Eine Stunde spiiter befand sich der
junge Deutsche in Harlem, wie der
nördliche Theil der Stadt New ort
genannt wird. Nur mühsam gerann
ei-« ihm, sich hier zurecht zu finden. Die
Straßen waren damals bei weitem
noch nicht volllommen bebaut, der
gcnze Stadttheil erst im Entstehen,und
mit-e Strecken laan noch wüst, dunkel
und unbeniitzt da. Die wenigen Fach
werlhäuser, dir er vorfand, waren ein
stkclige Gebäude, uier oder fiins neben
einander errichtet, und dann folgte bis-«
·,ur nächsten Gruppe wieder brachlie
send-es Gelände. Heute sind diese
Straßen und viele neuere, weiter hin-«
aus gelegene, in ununterbrochenerReihe
mit prachtvollen Wohnhäusern bedeckt,
aber damals benann erst die Des-ede
lung des zwischen hartem und Had
son Riper sich ausdehnenden Land
sirichs.
Rheden empfand etwas wie Unbe
lsaglichteiL als- er die schlecht deleueh
tete, ungepflasterte Straße durchschritt,
cxuf welcher ihm nur wenige Passan
ten zu Gesicht lamen. Ein feiner
Spriihregen schlug ihm in’s Gesicht
and eischiverte ihm noch seine Ausgabe«
auc- der Zahl der ganz unregelmäßi«
laufenden Hausnurnmern die aesukti
t,erauszufinden. Endlich gliickte es
ihm, er stand vor einem lleinen Hause-,
cr- dessen leiir ein Schild angebrachH
trat« mit den Worten: «Maggie
Biown, Kleiderinacherin." Das Haus«
chcn sah armselig genug aus, aber es
unterschied sich von manchem anderen
in diesem Straßengewirr in wohl
tl,i:ender Weise, da seine Fenster we
nigstens mit Gardinen und Vorhän
aen betteidet waren. hinter denen im
lfrdgeschosz freundlicher Lampenschein
riftrahlte.
Nachdem Rheoen eine Minute an der
Ihiir gelauscht und nichts vernomme
l«iatte, was ihn im Geringsten hätte be
fremden können, zog er die Glocke, d
mit schrilltm Ton seine Anweseiihei
meldete. Fast augenblicklich liefz sich
ein elastischer Schritt im Jnnern des
Hauses vernehmen, dann wurde ein
Rieael zurückgeschoben und die Thür
eröffnet. In ihrem Rahmen stand
eine junge Frauengestalt, hielt die
brennende Lampe in der Hand nnd
musterte mit sehn-»Nein Blick den vor
ihr stehenden jungen Mann.
»Mifr Maaaie Vrown?« fragte Rhe
ken verbindlich.
»Die bin ich. Und Sie der Heer
irelcher die Nachforschungen in 347
Eldridgestreet angestellt hat —- wie war
doch der Mantel-»
»Baron Hans v. Rinden-«
,.Ireten Sie ein, Herr Baron is
t«itte, aber Sie tönnen Ihren Begleiter
doch nicht ans der Straße lassen, der
n ag nur auch in das- Haug totnmen.«
»Meinen Beni-:iters« fragte Rheden,
ter den Flur betreten, erstaunt, »ich
besitze keinen, ich bin ganz allein.«
»Ist es möglich, sich so zu täuschean
lichte Magaie Brote-m »ich hätte ge
tchtroren, dass dort·driiben an dem
Bat-m noch ein here steht, aber seht
sehe ich, es ist nur der Schatten by
Baumes selbst· Auch erwartete
nicht, dasz Sie allein tonnnen würden,
diese Gegend ist so einsam ----- — hat man
Sie nicht gemarnt, hat man Ihnen
nicht abgerathem der Anssorderun
einer Undetannten zu entsprechen u
in der Nacht die Vorstadt auszu
suchen?«
Rheden und die Bewohnerin des
Hauses waren während dieses Gesprä
ches- in das Zimmer im Erdgeschosz ge
treten, das er vorher von der Straße
aus erleuchtet gesehen hatte. Y
, »Ich habe Niemand um Rath ge
ttOtIV. ob ich gehen solle oder nicht«
« erwiderte Rheden, »die Angelegenheit,
welche mich zu Jhnen geführt hat, Miß
Brown, bedingt gewisse Vorsicht und
Discretion, nnd Niemand außer mir
kennt den Inhalt Jhres Schreibens-«
tFortsehnng folgt.)
»Ausdehnler« nennt die Chiqucket
«Rundschau« aus gut Deutsch unsm
Expansionisten.
t