Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 21, 1898, Sonntags-Blatt., Image 12
Kajljlrru nun Jijllurnru Csiue Geschichte aus Eiland Von Johanna F lna ( FFFFFFFFFFFF »O, still, still, Any-heilige Mut tergottes. wie danke ich Dir, daß Du mem Gebet erhört haft!« Schluchzend birgt sie das erglähende Antlitz an feiner treuen Brust. 2.Capiiel. Eine Stunde ist verronnen, seitdem Kathleen und Larry sich gefunden ha ben. Glücklicher aiedt es keine zwei Menschen in der ganzen weiten Welt Und feiern wollen sie ihre Ver eini ung, ist doch heute der wahre Ho eitstag Kathleen hat die Küche zu besorgen und lachend und scherzend leistet Larrn ihr Hülfe. Selbst holt er den rosigen Schinken vorn Dorf und irische Eier und ein großes Weisenbrod Es gilt ja, ein Hochzeitsmahl zu rüsten. ,,Vergiß nicht den Tabak fiir den Vater und eine neue Thonpieife!« ruft ihm Kathleen nach. Er wendet sich uni. Wie ihre Augen ineinander strahlen! Luftig knistert das Feuer in der klei nen, verräncherten Küche. die zugleich als Wohnstübchen dient. Hier deckt Kathleen den Tisch mit dein roth und blau gewürfelten Tuche uno setzt einen Strauß Nefeda darauf, wälzt-end Lar ry für den kleinen Tim ein Boot auz dem Zeitungspapier faltet, in welches das Brod gewickelt war. Larrh setzt Kathleen sehr in Erstaunen-, denn er kann jetzt ganz fließend lesen, der Steuermann auf der »Manquecn« nat es ihn gelehrt. »Es sieht doch rechl traurig ans im lieben Vaterland,« faai Darm indem fein Blick auf eine Zeitunasnachricist fällt. »Mord nnd Mdlschlag rhnc Ende.« »Das kommt ocni vielen Lesen, sagt Vater Mulligan, mein Beichtiger; Einer ahmt oan Anderen das Böse nach, wenn man so viel Geschrei davon in den Zeitungen macht. Die Bose tvichter kommen sich trir Helden vor — doch thu mir den Gefallen und sprich Leute nicht davon mit dem Vater, »arm« Und Kathleen stößt mit dem Schür eisen in die glühenden Kohlen, daß eine praffelnde Flamme hell auflodekt. Wie seine mächtige Gestalt mit dem markigen Gesich: den lleinen Raum zu füllen scheint, als er daiitzt, vom Feuer umstrahlt. die glitzernde Scheere in der einen, das Zeitunasblait in der ande ren Hand. »Stoß die Decke nicht ein. wenn Du aufsehstf faqt Kathlcen lachend, in dem sie in der Arbeit inne häu, Ver loren in seinen Anblick. Sogleich springt er auf und reckt die Arme empor-, den Ballen der Decke fasse-nd. » »Ein Ana, Hain-kein uns Das aanze Nest fällt ein; aber warte wenn ni) erst als Steuermann fahre-, dann sollst Du auch besser wohnen« »Der Vater der-lässt die Zchmiere nicht —- wir müssen es hier schon aus halten, Larrn —-—« Dann zögernd: »Welch’ ein Glück, das-. Du da List, vielleicht übst Du mebr Einfluss aus den Vater als ich —-— immer mehr er iedt er sich dem Trunk. und er führt solclf entsetzlich wilde Reden gegen die Engländer. O, Latr-» wenn er sich mit den Feniern einließel Mir graut bei dem Gedanten —« »Hier ist doch Alles rubiak« fragte Larry gespannt. Kathleen schaut sich änastlich um« als könnten die Wände Ohren traben. »Siehst Du dort das Haus mit der bläulich aufwirbelnden Raucl)sanle?« fragte sie, nach einem besvaldeteu Berge jenseits des Dorfes deutend. »Das ist ja der Goldene Anker; weißt Du denn nicht mehr. wie oft wir dort den Jia zusammen aetanzt"t« »Man tanzt noch immer.« sagt sie kaum vernehmdar, »aber man trinkt noch mehr; und da kommt einer Von Dublin und wieaelt die Leute auf und erzählt ihnen, wie schlecht sie es aus der Welt haben im Veraleich zu den Reichen. Ja, wenn es damit besser würde! Ach, Larry, wenn der Vater nur nicht immer in halbtruntenem Muthe die schlimmen Redensarten wie derholen wollte!« »Du hast es getroffen. Redensarten sind es beim Vater,« sagt Larry lachend; »ich kenne ihn ja! Und was sagt er ietzt von uns?« »Sein le tes Wort war· aus der anzen rün n Jnsel aiibe es teine bei ere T er als ich bin — und Du — nun, Du ——-" »Ich weiß, ich weiß, er ist meines Lobes voll,« und lachend hält sich Larrn die Ohren zu. »Du solltest nur hören. welch« wun dersame Abenteuer, die Du erlebt, von Mund zu Mund nehmt Unstaunen wird man Dich hier im Dorf, Larry, P werden Dich als den Helden von » Zwan Hund« Meine Abenteuer zur See? Jch Ho Ja kein Wort darüber geschrie M «liqen, wie einfältig Du ! M Du fee denn v stät-as M erste-den es i M M »die we Bee seh und lass Miit- m « »Vielleicht ist er in der Schmiede," denkt Larry und tritt hinein. Die Schmiede ist leer; Alles ist gerade so wie vor zwei Jahren, nur noch verfal lener, schwärzer. Die Scheiben des Fenstetchens schillern in allen Regen bogenfarben, und davor steht derselbe mit Nägeln und Hufeisen aesiillte Ka sten, der schon in Larrtfs Knabenjah ren dagestanden. Der Herd ist kalt. Nur einige Funken alimrnen noch in der Asche; auf einem hausen Koh!en staub liegt ein anaebranntes Stück Holz. »Daraus schniJe ich ein Boot für unseren lleinen Tim." Und Larry legt es auf den Amboß. Wo mag nur der Vater seine Geräthschaften haben? Richtig — dort — in dem Eckschränt chen. Larrh öffnet es und schaut hin ein —- nichts —- nur ein großer Ka sten voll blutroth angelaufener Dasei sen und Nägel. Er hebt ihn heraus und stiilpt ihn auf dem Amboß um; viel leicht liegen die Geräthschaften darun ter· Die Nägel rollen und kollern nach allen Seiten. Doch was ist das? Klirrend fallen drei neue Pistolen mit blitzhlaniem Lauf auf den Amboß. Wie Larry er schrickt! Sollte sich Mike O’Donnell wirklich mit den Verschwörern einge lassen haben? Woher die Waffen und warum sie verbergen, wenn sie nicht zu heimlichen Zwecken dienen sollen? Und wie so unvorsichtig trotz Allem! - Gewiß hat er sie hier in halbtrunkenern Muthe verwahrt. Gerade ift er im Begriff, sie Kath leen zu übergeben, da wird es auf dem Wege von Killarney her laut. Ein Schreien, Rufen, Lärmen; ein großer schwarzer Menschenkniiuel, dicht am Rande des Flusses. Die Waffe in der Hand, stürzt Larry hinaus. »Jesus und Maria!" schreit Kath leen, die mit rothgliihenden Wangen vom Herde an das Fenster gelaufen. »Larrh, Larrh, wo mag derVater sein? Sie sind aneinander gerathen, die Un sern und die Organisten; o weh, o weh!« Sie ringt die Hände vor Angst, denn sie ist sicher, der Vater ist mitten drun ter. »Bleibe heim Kinde,« fleht Lar:y, als sie enteilen will. »Nein, ne-n, der Vater — o, es gibt ; ein Unglück — wenn die Polizei ihn I reden hörte — er weiß ja nicht, was ; er sagt, wenn er trunken —« i Er preßt Kathleen an sich und küßt ; sie voll Leidenschaft s »Geh hinein, Kathleen, ein Kampf ; ist nichts fiir Weiden« , Schon will sie dein Davoneilenden nechstiirzen, da ruft der kleine Tim ängstlich: »Mcuna, Mama!" Eine glühende Kohle ist vom Herde gerollt, ihre Schürze liegt dicht dane bc-n: schon brennt der Zipfel, und da kriecht der kleine Tim aus dem Lehm horen, das Papierboot in den Händ chen — einen Schritt von der Gefahr. Mit Blitzesschnelle ergreift fie die hell slainmende Schürze und schleudert sie auf den Herd. Dann steht sie wie er starrt, überwältigt von dern Gedan ten, was hätte geschehen können, wenn Larrv sie nicht zurückgehalten »Geh hinein, ein Kampf ist nichts siir Weiber!« Jn den Ohren und im Herzen hallt es wieder: »Ein Kampf ist nichts fiir Weiber!« Das waren Larrtfs letzte Worte. Auf dem Wege von Killarnen hat : sich eine große Menschenmenqe zusam- I :nengerottet, man hat den ganzen Nach-—- « Inittag gefeiert, getan3t, getrunken und i sich das Blut erhitzt; in der Mitte ei ner Gruppe schreiender Männer und« Weiber steht Mite O’Donnell gestim lircnd und den mit Shamrock, dem iri schen Dreiblatt, desteckten Hut schwen tend. ,,Nieder mit den englischen hunden,« schreit er, ,,nieder mit den Protest-rn ten, sie wollen uns unseren Glauben nehmen, wie sie unser Land genommen haben, nieder, niedert« Das Geschrei wächst zum Geheul; vergebens bemühen sich zwei Kunstw ler mit ihren turzen Stöcken Ruhe zu stisten. Wohl trisst auch hier und da ein Schlag; aber was schadet ein blaues Auge, eine blutende Stirn. Rausen will sich der Jrländer, wenn in ihm der Zorn entbrennt. ! Schon schwirren Steine hin und! wider, schon umklammern sich die » Streitenden und ringen mit einander in wüthendem Kampf, da zertheilt Larrh die Menge· hoch aufgerichtet er scheint er unter ih n, sie Alle überra gend. Mit gebieten cher Stimme ruft er: Mhaltet ein« Ruhe, Ruhe!« Er hätte ebensogut einer sich über schlagenden Welle gebieten können, zu rücksuweichen Einen Augenblick wenden sich ihm die Gesichter zu; wilde, vom Zorn ent stellte Züge, blutgetriintte Augen, flet ichkude Zähne- sitt-ppng Muh- Köpfe, gesellte Fäuste — die entfesselte Lei denfchaft zu einem wirren Knäuel zu fammengedrängt. Sein donnerndes Machtwort: »Ruhe, Rahel« wirkt nur eine Secunde; mit erneuter Wuth fal len sie einander an gleich wilden Thie ren, wuthfchnaubend Und heulend. s Mike O’Donnell hat Larry erkannt, " obgleich er auf einem kleinen Sandhiiz rzl ziemlich entfernt von ihm steht. Bei feinem Anvlick reißt er sich das bunte Tuch vorn hals und läßt es flattern. »Er kommt, er kommt,« schreit er mit heiserer Stimme, »er kommt, der Befreier von Jrlandl Seht meinen Sohn Larry O’Brien! Hoch, hoch, er ift heimgetehrt! Hört, er wird sprechen, er wird Euch von den Ländern der Freiheit erzählen —- hoch, hoch, Larry O’Brien!« Ungeachtet der Gefahr bricht sich Larry Bahn durch die tobenden, sich schlagenden Gruppen. Er muß hin zum trunkenen Schwiegervater, er muß ver suchen, ihn heimzuführen, wenn nicht ein Unglück geschehen foll. H ,,Zuriict,« donnert er, »zuriid! Jm ; Namen der Königin haltet ein mit dem ’ Werfen der Steine!« ----. Plan ankkalkl tylll mll poqruuuyru und Grinsen. Wer ist es, der wagt, ihnen mit der Pistole in der HandRuhe zu gebieten? Aber auch Angst und Furcht malt sich in vielen Gesichtern. Erschrocken weicht der Eine und der Andere zurück und tommt zur Besinnung. Mike O’Donnell aber ist noch immer nicht erniichtert. Endlich, endlich er wacht man auch in Killarney zum Be wußtsein der Schmach, welche die Eng länder den Jrliindern seit Jahrhunder ten anthun. Ha, welche Augenweide für Mike O’D:snnell. Wie man die aelben Bänder zerreißt und die qelben Nosetten der Orangisten in den Staub tritt! Der Alte ist jetzt ganz ansier sich: seine Stimme übertiint den Lärm. Die Oranaisten versuchen, ihn zu um zinaeln, aber sie sind machtlos gegen die erbittert tömpsenden Jrliinder nnd ihre überwiegende Zahl. »Vater, Vater. balt einl« Man versteht nicht, was Larrh ruft: das Geheul derWuthentbrannten übe-: tönt jeden artitulirten Laut. Hoch hebt er die Pistole »Er schießt, er schießt!« trcischt man. Da slieaen und schwirren von allen Seiten Steine durch die Lust, die alle sich auf Lnrry richten. »Hört aus — im Namen aller bei ligen!« schreien einige Stimmen. Zu spat! Ein schwerer, wohlgeztelter Stein saust heran — der letzte —- er trifst Larrn an der Stirn -— einen Augenblick schwankt die hohe, möchtkae Gestalt wie ein Mast, den der Sturm geknickt, dann sinlt sie lautlos zur Erde. Als wäre eine Kirche vor ihren Bli cken niedergeitiirzt, so stoßen Alle einen gellenden Schrei des Entsetzens aus. Dann verstummen die Stimmen. Die eben wie wuthschnaubende Thiere ein ander hatten zerfleischen mögen. sie ste hen starr, die hervorquellenden Augen aus den Sterbenden gerichtet. —— Der Finger der Barmherzigkeit fährt über die noch eben ver errtrn Züge —-— sie glätten sich, und XI itleid spiegelt sich in den leichenblassen Mienen. Wer hat den todtbringenden Wurf gethan? Der Obergärtner Sir Harolds? Scheuen Blickes steht er abseits vom Wege, as ch sc ht, am anzen Leibe zitternd. Doch I jemand denlt diesen Augen blick daran, wer der Thäter war. Wo ist der Haß, der Groll, der die beiden Parteien noch eben entzweit hats Ver schwunden, verflogen vor dem grauen vollen Ereianiß. Mike O«Donneli lniet deren-cis lunggonll neben dem bemußtlssenLarry und versucht mit seinem Tudxe da: der Schläfe entströmende Blut zu stillen, dann wieder streckt er die Hände gen Himmel und betet laut: « »Heiliger Sankt Patria, erlauoe tii.i)t, daß er stirbt. Larrn, Larrt), mach-e aus!" Man hebt den regungslosen Körper Lug dem Sande des Wege-·- und legt ibn aus das Graf-, während einige nach Rillarney enteiiten, um amtliche Hütte zu holen Wer ist Freund, wer iit Feind, man weiß eg- nicht man weis; selbst nicht« warum sich der lslntig endende Streit erhoben und wer die Gemüther gegen einander gereizt liat. Da liegt jetzt, von Allen beweint, das unschuldige Opfer der Parteirviitd. Ueber das todtenbleiche Antlitz rieselt Blut und fließt langsam aus das grüne Gras des Rad-ex Weiber und Kinder umringen den Sterbenden, wehklagen und lassen, Ge bete murmelnd, den Rosentranz durch die Hände gleiten. Die Seele entflieht· s »Er ist todt, er ist todt," schluclizt i man ringsum. I Dunkelroth steht die Sonne am rrizont, gleich einem Feuerhaupt mit «· trahlenglanz. Und dunkelroth stirbt sich der ganze Himmel und der See und der Fluß und die Felsen und dieBe: gesspitzen — Alles ist von rather Son nengluth umflossen. se- i- « Sieh das Auge mit der Hand schützend, steht Kathleen vor der Thitr und schaut den Weg hinab, welchen der Vater und Lorry kommen müssen. . Wie der Abend stille zu stehen scheint, wie die Minuten schleichen! Der Lärm aus der Landstraße ist verstummt; nur noch eine kleine Men schengruppe steht, dicht zu einem Knäuel zusammengedrängt, am Flu ; da wo der Weg nach Killarne a - weist, bewegen sich viele segtoarze Eintrete, die bald dem Auge entschwin en. Keine Spur von den Beiden. Doch was bedeutet das? Warum kommt Norah O’Reilly mit solch’ dü sterem Antlitz näher? So verkündet sich tsur das Unheil. Ban e Ahnung er greift Kathleen und chniirt ihr den Athem an, wie die Alte, aus den Stab gestii t, in ihrem rothen Mantel durch das ärtchen schreitet. »Alle heiligen, Norah, was gibt es?« Die Alte hebt die braune, tunzelige Hand und wiegt das Haupt. »Die gebenedeite Muttergottes er l barme sich Dein, Kathleen O’Brien; ’ ein schweres Gewitter hat sich über Dir entladen; der zängelnde litz trisst den Gerechten wie den Ungerech ten.« Aber die weitere Rede erstirbt selbst der Wortgewandten aus der Zunge. Wie abgehärtet sie, die Klage frau des Dorfes, auch gegen die-Schreck nisse des Todes sein mag, in diesem Ackgenblick erweicht ihr Herz vor Mit lei . »Maria und Josef, sprecht, sprecht, der Vater —" »Nicht der Vater -——« Da hört Kathleen lein Wort weiter Alles zerfließt und zerrinnt vor ihren Blicken Der rothe Mantel O’Reillh’s wird zu Blut, ja, die Sonne selbst strömt Blut —— es strömt herab vom ganzen Himmel und siillt den See und den Fluß, und es überschwemmt die Wie sen und die Felder und its kommt heran in brausenden, Vnschenden Wogen, UVCkcIU, Voll Auen Ocllclh Wie eine Wahnsinniae starrt Kath leen mit weit ausgerissenen Augen um sich, die Arme ausgestreckt dann, das sxch angstlich an sie schmiea-:nde Kind bei Seite schied-end, entstiirzt sie mit chgeschrei. »Ha, Kathleen O’Brien!« Wie eine Schaar ausgeschreckter Bö ael, so stiebm die betenden, weinenden Zitånschen auseinander bei ihrem An i . Jst das Kathleen, die Sanste, die RuhiaeI Verzerrten Antlitzes wirst sie sich neben dem Todten nieder. »Es ist nicht möglich. es ist nicht nioglich, Du bist nicht todt, Larrh, sie lugen, sie liigenl Larrn, Larry, so wache doch aus« ich bin ja bei Dir, Dein Weib, Deine Katbleen!« Sie rüttelt den regunaslosem er starrten Körper, sie haucht ihm ihren Odem ein, sie bedeckt sein Gesicht, seine Hände mit Küssen« als müsse ihre Gluth den erloschenen Lebensfunten wieder ansachen. Dann springt sie aus, rauit sich das Haar und zerreißt ihre Kleider. »Was steht Ihr da und betet und heult! Fort, Jhr seiaen Memmen, die Jhr es habt geschehen lassen!«' Dro hend hebt sie die Hand. »Dein Blut tomme iiber Euch,« schreit sie, »Ihr Alle, Alle bat-i Theil an seinem To?!'« «Kathleen, besinne Dich doch,« bittet der Priester. »Ich mich besinnen? Woraus soll ich mich besinnen? Da lieat Larry todt, nnd nun ist es Nacht, Nacht —-— birq Dich, Sonne —« scheine nicht aui ähnl« treischt sie, sich die Hände vor die LET gen pressend. »O Vater i:n Himmel, wie tonntest Du esp- qeschehen l.r;.::·., wenn Du allmächtin bist!« »Beie, Kathleem bete!« fleht der Priester. besanstiaend seine Hand aus ihre Schulter leaend. »Ich beten? Zu wem?« lacht sie wild. »Die Heiliqen, sie haben ja lein Herz, sie wissen ja nicht, wies eg- hier drinnen qliiht und brennt —— seht, wie ich zu den Heiligen bete!« »Kathleen!« Doch bevor der entsefte Priester es rerhindern tann, hat ie den Rosen tranz vom Gürtel gerissen. Mit wil dem Fluche schleudert sie ihn den Ab hang hinunter. - Dann wirst sie sich iiber den Leich nam und umtlammert ihn. »Der Tod soll uns nicht trennen — nein. nein —- Larry —- ich bleibe bei Dir!« Mit übermenschlicher Kraft cnstrengnn« hebt sie ihn empor und hält ihn au recht in den Armen. »Hm nb, hinab!« Ein Augenblick und die schwantenden Gestalten rollen hinab in den gurgelnden Strom. dem sich unter ihrem Fuße lösenden Gerölle nach. Da rei t sie ein mächtiger Arm zu riick. «Kathleen!« »Vater, Vaterl« Und weithin dringt der gellende Schmerzensschrei —- tveit, weit —-· bis er erstirbt in der unendlichen Ferne der stummen, theilnahrnslosen Natur. ·- - s Voll Mitleid nimmt Norals QMeilln kan weinenden Knaben auf den Arm und wischt ihm mit den harten, bran nen Fingern die glänzenden Thriinen ron der Wange. Aber plötzlich malt sich das größte Erstaunen in dem von tausend lleinen Runzeln durchsnrchten Gesicht. Was ist das? Zauber? Blend werl? Sind die letzten dreißig Jahre ihres Lebens nur ein Traum? Das ist ja Hatold Norton, derselbe Knabe, dessen Wärterin sie gewesen. Mit welch’ schwarzem Undant doch seine Eltern . ihr die schlaslosen Nächte und all’ die lMiihe gebt-nd welche ihr jahrelanger Dienst au Castle Glena mit sich ge bracht. s Und während der lleine Tirn jauch zend nach der nickenden Spitzenkrause ihrer haube greift, weben sich schnell in diesem einen turzen Augenblick die Fäden der Gegenwart und Ver angen heit zusammen zu der verhängn ßvollen Grund-nasche seines Geschickeg. Argwohn und Verdacht werden le bendi in Not s grauem Haupte. Ja, Rath een Ost n hat es schon ali Lathleen O’Donnell besser gehabt als die Anderen im Dorfe. Neidisch schweift ihr roth umrandetes Auge durch den kleinen Küchenraurm Ein mit Blumen gedeckter Tisch, und auf der blanlen Zinnschiissel Schinten und Eier, und daneben ein großes Weizen brodl Welche Verschwendung. Und sieh! Aus dein Lehinboden ein glänzen des Silberstiick. Ha, wer in dieser Zeit des allgemeinen Elends und der Noth über solche Schätze verfüqt, der muß besondere Hülssquellen besitzen Aber nicht viele Minuten bleiben Norah, um ihre Schlüsse zu iehen. Bleich und scheu, als schäme ie sich ihrer boshasien Betrachtungen, zieht sie sich in die Ecke zurück. Sie tragen ihn herein, den Erschla genen, still und stumm, init ernsten, diisteren Gesichtern, wie betäubt von dem schrecklichen Ereiniszx nur Kath lken giebt sich ganz i rem wilden, an Wahnsinn grenzenden Schmerz hin. Sie llaqt den Himmel, die Heiligen en, daß sie es haben geschehen lassen, das Entsetzliche, das Grauenvolle. Wirt hängt ihr das schwarze Haar um das marmorbleiche Gesicht, und die Hand drohend erhoben, schreit sie: «Rache, Rache!« Sie muß ihn finden, ibn vor Gericht fordern, ihn, der das Blut ihres Larry veraossen, der sie zur Wittwe gemacht hat· Er ist ein Gualanden ein Protestant; Alle, Alle müssen sie weggesegt werden vom iri schen Boden. ,.Rache, Rache!« widerhallt es in den Herzen der Umsiehenden. 3.C.apitel. Groß und golden schwebt der Mond cm tiefblauen Abendhimmel. Auf der Veranda von Castle Glena steht Sir Harold Norton neben seiner schönen Gemahlin, an die Brüstung der ringsum laufendenGallerie gelehnt. Wie glücklich sich Miriam fühlt, nach den rauschenden Vetgnügungen der großen Welt sich hier des Stilllebens erfreuen zu lönnenl Jetzt erst scheinen die wahren Flitterwochen zu beginnen, kenn während der Hochzeitsreise in Frankreich und Jtalien und während der Saifon in London hatte der Gotte lnum Zeit gefunden, sich ihr so zu wid men, wie sie es gewünscht. Es war ge trsisz nicht seine Schuld, ganz gewiß nicht, aber traurig hatte es sie doch recht oft gestimmt. Nun sollte es schon anders werden! Mit Wonne schweift ihr Blick über die mondurnglänzte Landschaft, den See mit seinen Jnselchen, den Fluß der sich wie eine silbergeschuppte Schlange wischen den beiden Gütern windet. Ganz deutlich ertennt sie die lieine Holzbrücte. welche Sir Harold lürzlich hat bauen lassen gerade da, wo der Fluß sich einengt. Jetzt innn se :n wenigen Minuten hinüber nach lchtle Date, ohne dasz sie durch das Dorf zu gehen braucht. Wie gütig und aufmerksam von ih rem Gemahl! Alles stillt Kein Lüftchen regt lich —- die Vögel selbst sind zur Ruhe ge gangen —- nur über dem Gipfel des Lidlerberges, der sein nacktes-, sviies Haupt in den woltenlosenAbendhiinmel streckt, leeisen zwei Adler. »Sie suchen gewiß ihre Jungen,« i::,t Fliiriam »ich finde es so grausam, dcs; man sie ihnen raubt.« »Es ist die Gefahr, welche reizt, ' en. «gegnet Sir Harold mit dem ihm igenthümlichen gleichgiltigen Ton in der Stimme; »ich habe als Knabe ja selbst der Versuchun, nicht widerstehen lonnen und den Fel en mehr als ein mal erllettert.« »Ja, ich erinnere mich dessen; e neå der Dorfmädchen hat es mir er Zählt: aber ich weiß, Du bist immer muthig und trotzest Schwierigkeitenf Mit Bewunderung und Stolz bangt ihr Blick an ihm Wie sehr hatten die Freunde und Bekannten Sir Harolds versucht, ihn durch Vorstellung der überall drohen den Gefahr von einer Rückkehr in die Heiinath abzuhalten Nein, nichts ver mochte ihn in dein einmal gefaßten Entschlusse wankend zu machen. Miriam war durch den vor einiaen Jahren erfolgten Tod ihres Vaters alleinige Erbin von Caftle Dale und ten umliegenden Ländereien geworden. th, so weit das Auge reicht, gehört ihr der Boden: aber es bedarf der persön lichen Anwesenheit des Besitzer-, um die Neigung der Pächter zu gewinnen. Oalsstarrig weigern sie den Pachtzino z: zahlen, was hilft da der große Besitz an Land? Miriani glaubt fich von ihrem Gab ten geliebt, denn wie lonnte das un schuldsvolle, der Welt unlundige Mäd chen ahnen, daf; nur ihr Reichthurn den tsiasirten Welttnann gelockt· ——-- Sir harold versteht eg ja meisterhaft, feine innere Kälte durch viele die junge Ge mahlin blendenden Aufmerlsainleitert zu verbergen. Für Mir-am ist Sir Oarold der Inbegriff alles Guten und Schönen, ein Mann ohne Flecken und Tadel, wie er sich nur in dein Gehirn einer unerfahrenen Frau spiegeln kann. »Harvld,« sagt sie, sich an ihn sitt-nirgend und ihre weier Hand auf die feine legend, »wir müssen recht gut fein und unser Glück auf unsere Um gebung ausftrahlen lassen. Morgen machen wir den Anfang und besuchen unsere Pächter und ihre Arbeiter. Und wo es Noth thut, da lassen wir frisch aufbauen. O, wie mich der Anblick des Elendes und der Armuth schmerzte, als ich diesen Morgen durch das Dorf ritt! Viele der Leute hausen ja, als wären sie Thiere. Die armen, bedauernswürdi gen Menschenl« »Schwärmerin,« lachte Sir harolr, Jerne sie kennen, diese Leute! Faulem Her sind es und Truntenbolde. die sich von den Prietern und den Wühlern aufwiegeln la en.« »Nein, nein, ich liebe die Jrliindee,« entgegnet sie warm, »meine ganze Sympathie gehört dem armen Polt Sieh doch nur, welche Wohnungen’ Jtt es da ein Wunder, daß sie die Schiinien aussuchent Müde von der Tagesarbeit tomnien dieMiinnet heim: was erwartet sie? Ein vereäuchertet Raum voll schreiendet Kinder-, taum ein Bläschen, wo sie der Ruhe genießen lönnen.« »Du wirst an diesem poetisch schönen s Abend doch wohl nicht politisitcn wol- - len, Miriam.« »Nein, gewiß nicht,« versetzte sie N lachend, »aber —-« » »Nein Aber — tot-nn, singe mir zur ( Harie.« - Sir Harold kennt seine Gemahlin Und weiß, daß er sie mit dem Aus spruch seines Wunsches beglückt. Wie : leicht ist eH ihm, diesen Abend den lie benswürdigen Gatten zu spielen. Es ist ja noch iein Gast auf Casile Glena, mit dem er sich beim Billard oder Kak tenspiel vergnüan kann. »Geliebter«, entgegnet sie, im über strömenden Gefühl der Dankbarkeit di beiden Arme um«ihn schlinqend, »soll ich Dir Kathleen vcn Killarnen singen? Du weißt doch, das hübsche Lied von Thomas Moore: - « wu from satt-leer« eser do its-. Iw- 0t most unlmly dine." »Gewiß, gewiß,« erwidert er zer streut, die Augen aus den See gerichtet. Jhm ist, als tauche aus dem silber sprrihenden Gewiissek eine Gestalt empor mit bleichem Antlitz und korn blumenblauen, schwarz bewimperten Augen. Ein Schauer- iiberrieselt ihn. »Die-, ist der schönste Abend meines Lebens,« sagt Miriaxm indem ihre Finger Tiber die goldenen Saiten sah ren. Bei den vibrirenden Klängen schaut er sieh plötzlich uni. » Sir Hatold hat Mitiam von ihrer Kindheit an qetauntx die Eltern hat-en Beide fiir einander bestimmt nnd ohne gindernisse iit dic- reist-e Erbin seine emahlin geworxcm Jst Miriam schön, liebenswürdig-Z Er weis; es nicht --—- sie ist ihm gleichgstltig. Jn diesem Augenblick aber bleibt sein Blick überrascht un ihr t,?«ingen. Hell fällt das Mond-licht aus vie ccninuthige schlanke Gest-.il!, wie sie sich an die weiße, mit Elemaris um tcnlte Marmorsijnle lehnt. Die Strah len haschen ijver ihr blonoeg Zaatx sie flimmern aus dein lichtblauen ewande und brechen sich in den goldenen Schrauben und Saiten ver Harfe. Es liegt ein Zauber über sie gebreiiet, gegen welchen selbst Si: Hat-old nicht unempfindlich bleibt Und jetzt singt sie uiit ihrer vollen, schönen Altstinnne das Lied Rathleen von KilloknetH Weithin dringt der Ton; von Fels zu Fels trägt ihn das Echo ber- Adler verges bis es rings-Un widerhallt. »Kathleen,51ati,leen,« singt Miiiaim »Kathleen, Ratt)leen,« klingt es zu riick. Es schwebt herubsr und hinüber; es- lommt übe-: den See tote Geistes-ie sliistetz eH entfernt sich, um aufs Neue an uschwellen: es wird schwächer und leiser, bis eH in weiter, weiter sierne verklingt gleich einen eriterbendn Seufzer. Sie Harold sp:in«)t lein Wort. Warum muß Eritis-un gerade dieses Lied wählen und vie Geister der Ver gangenheit heraufbeschworenZ Was ist aus der blauäugigen Kathleen gewor den, als sie so pläzlich aus But-tin verschwunden tot-if Sollte sie tssirtlich ihre Drohung ausgeführt haben? Sir Hat-old fährt sich znit der Hand Eber die Stirn, als wollte er einen beliistigenden Gedanken verschenchenz dann springt er von seinem Sessel aus. as »So have Ich mr unsere Iloende in Rillceney gettZiri.ni,« sank :Utieiatci, die Harfe an die sanft lelxnexiox »wir « Beide ganz alle-n cnnc t«j:t«tc, ohne Angehörige.« ,,Lllbetntzeit!« schwebt Sie Hntold auf der Zunge; ilnn ist jede Statian talttöt verhaßt, doch unterdrückt er das Wort und sagt schnell: »Nun, lange wird unser einsames Gliiet nicht währen. Morgen schon tontmen die Gäste; ich kann nicht sagen, daß es mir leid thut; auch Tit mußte doch bald unser bestiintsiges Zit sommensein la!!.!·weili31 werden« »Es wird titl)l, H1r0!d, laß ums hineinqetxn,« sont fie, »wenn Du es wünschest, spiete ist init Dir Bizique.« Mikiam spielt nieldt gern Karten, aber sie will Immer Allei- tl)un· was-i dem Gemahl Freude macht und ihn zerstreut. »Ich tauche noch meine Cigarke liice darußen." Und Mittam begibt lich durch die otfenstehende Glastttiir in das on die Vgl-»und-: stußende Gemach. Wie trau li » Auf oem Tische brennt die rosa ver hän te Lampe. Ueber-all stehen -trische, duf ende Blumen in löstlichen Gefäßen· Neben den eitungen liegt ein Haufen unaufgefchn ttenek Monats-hefte, die fo eben eingetroffen sind. Mirtam sucht die »Quaktetly Re nten-« heraus, um tie aufzuschneiden, tenn drese liest ihr Gemahl stets zuerst und es ist Ihm lieb, sie ausgeschnitten zu finden. »Nimm Sie den Idee, Jamesi« tagt sie zum eintretenden Diener. »Z« Befehl, Mylad t« ent e net er. Aber an tatt sich zu egtfeenetsng bleibt er, die nd auf der Tbüxtltnle- Its hen. « « eh, Mqudy, der here veschittze ten-. Gott«-ums Mut-)