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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Oct. 14, 1898)
Majhlrrn 111111Kjlla111r11. · Eine Geschichte ans Inland Von Johanna Feilmann - 1. K a d i t e l. « De: alte Mike O'Donnell steht an einem Amt-Iß und schmiedet. Wuchtig iillt der Hammer nieder aus das weiß gliihende Eisen. Wie die rathe Flamme die breitschulterige Gestalt mit dein braunen, saltigen Gesicht beleuchtet und-) » die ausstiebcndcn Funken den sehnigen Arm iimsprühcn! » « Lan e hat der Herd der Schmiede alt gestanden; aber heute hat es JJiile gepackt mit wingender Gewalt. Ihm - ist, als mii e er auf's Neue die alte Kraft des Armes erproben. Plötzlich hält er inne nnd lauscht kHorch — Was ist das? Musik? Sie nähert sich; noch einiae rasch aufein ander folgende Hammerschlage—---dann tritt er hinaus in’H Freie· Da kommt es herangezoaen aus dem s Wege von Kenmarr. Ein langer, unab sehbarer Zug mit wehenden Banne-n und den schrillen Tönen der » seisen und lustigem Getrommel. Es titd tie F- Orangisten aus den benachbartenStäd ; ten und Marttsleclen. Die qehen, den «- Sir Harold Norton zu beariiszen, der L heute aus das Schloß seiner Väter « heimgelehrt ist mit der schönen jungen Gemahlin Miriam, der Tochter des s Gutsherrn von Dante Vate. . Den Hammer in der gebobenenxdand, . , schaut der Alte diisteren Blickes dem c Zug entgegen. Wie er sie haßt, diese englischen Blutsauger und ihre prote ’ stantischen Anhängen die Verräther an der heiligen Sache des Vaterlandes! Immer deutlicher hebt es sich cus den auiwirvelnden Staubwolten her vor. Glitzernde Messinainstrumente, gelbe Gürtel, gelbe Roletten mit flat ternden Bändern werden sichtbar, als wolle es tein Ende nehmen. Eine grosze «J«It·:nschenmenqe aus den umliegenden Lrtschasten hat sich ange- J . schlossen, Männer und Frauen, Greise l und Kinder. Die Alten schleppen sich « mühsam hinterdrein mit sorgenvollen ! i i i , abgeniirmten Gesichtern. in schlottern den, zerlurnpten Kleidern: larmeno, jauchzend, tanzend folgen die Jungen, wie elettrisirt durch die lustigen-klange. » Jm Herzen All-er aliiht der Haß, ; aber in den Beinen zuctt es ihnen mäch- ; tig, denn leicht beweglich ist das Blut i keJ Jrlandersz schnell wallt es hoch » .- vor Freude, aber auch vor Zorn. , Brohend schwinlt Mite -L’Donnell sten Hamm:r. den Blick aui das Schloß - gerichtet, das mit in der Sonne fun telnden Scheiben aus dem bewaldeten Hügel jenseits des Flusses liegt, der die beiden Rachbargüter trennt. Es steigt in ihm die Erinneruna aus an die Schmach, oie der Vater Miriams vor vielen, vielen Jahren seiner schönen Schwester angetlian. Ja. dasiir besitzt er ein gutes Gedächtnisz, wenn ihm auch sonst der Whisty das Hirn ausbrennt. Aus dem sich schlänarlnden Weae bat sich der Zug ganz nahe herange —«4valzt; oer Larm tvirtt betäubend; die seiser spielen die englische Garbe uadrille, die Menge sinat das Shams rocklied tJrisches Ytationallied). eyt wird auch Mite O’Donnell von dem allgemeinen Taumel ergriffen. Er — muß die Tochter rufen. damit sie den kleinen Tim. seinen Entei, heraus bringe. Jn dem mit Kartoffeln bepslanzten Vordergiirtchen steht vor einer morschen Bank ein wackeliger Tisch und daraus, umsummt von Fliegen. der unentbehr liche Whistytrua. Mike O’Donnell tann nicht vorüber, ohne sich den klei nen Rest des Geträntes einzuschentem denn die Kehle ist ian bei der heißen thelt lkoueii usw«-in »Rntt,-leen,« ruft er daraus, ,,brin·qe »das Rindchen heraus, schnell, schnell’.« Gleich erscheint eine bishe, schlanke eauenaestclt in einein die schöne Büste eng umschließenden Kleide ron grobem, blaiiern Wollstoss. Sie mus-. sich bilden, » uiii durch den schiefen Thürratsinen ,iii,ee die eingesunlene Schwelle in’sz Freie zu treten. »Bei Sankt Patrick,« schreit der Alte bei ihrem Anblick, »Du sielist ja aus wie die Getreu-irrte von Wachs Du weißt. ich tann es nicht leiden, dies KEPLER-einen und Zeuszen Was gibt es n wieder « » er Kleine sit-läst,« stainnielte sic; »ich toeide ilin nicht weiten« »Dann thue ich eS.« Tit breite nerdiae Hand des Man Hier- saht die Schulter der Tochter, welche ihn: den Weg versperren mitt, und stößt sie rauh zuiiicL dass iie qeqen « den Tisch taunielt isnd Krua und Hin-: llirrend uinsallen. Wie immer- lößt sich Kanne-n :»i«. Phheit des Vaters stillschweigend q iallen, denn die Tochterpslicht legt rot ilir innewohnenden Kraft starte Fesseln an. Seufzend läßt sie es geschehen, das er den Meinen holt. Aber auch ihre .-tiiae beleben sich bei den Tdnen der Musit. Hoch ausge tichtet steht sie, mit vorgebeugtein Antlitz. Wie die Flüael der leicht aus gestiilpten Rose vor Etreaung zittern nnd die diintelblanen Auan iinter den schwarzen, dichten Wimpern sprühen. Ists lehrt der Alte zuructz aus deni rittm trägt er einen blondaelocltem · linhrigen final-ein Sein Gesicht ist Jgewandelt, als wäre die weiche Kinde-band lieb-tosend über seine tahlc Stirn gefahren, alsbätteiie die tiefen Intchen geglättet und die drehenden Schatten weggewischL Alle auf dem Felde haben die Rechen und Senfen bei Seite geworfen; man springt umle und tanzt auf dem frisch gemähten Felde, die Hände in die Seite gestemmt und die Füße an einan der schlagend. Auch der alte Mike O’Donnell kann der Tanzlust nicht widerstehen; er wir belt sich um und um und hebt die gro ßen Füße in den näaelbeschlagenen Stiefeln, dann den einen, dann den andern und läßt ihn stampfend nieder fallen. Hoch hebt et den Enkel mit beiden Armen empor. damit ihn ein Jeder sehe, feinen Stolz. sein Gold lind. Jauchzend schlägt der Kleine in die Hande uno strampelt mit den Beinen; er will hinab von dein Arm des Groß vaters, er .vill die gelben flatternden Bänder areifen. Und Kathleen steht. an die bröckelnde Mauer des Häuschen gelehnt, als be dürfe sie einer Stütze. Dann, einer plötzlichen Eingebung folgend, eilt sie dem Vater nach. der schon dasGärtcheii durchschritten hat. »Nein, nein, Vater, ich leide es nie und iiimmer!« Mit wildem Ausdruck in den Zügen, den der Vater sonst nicht an ihr lennr, entreißt sie ihm den Knaben. Ueberrascht, wie angeivurzelt steht Mike Q’Donnell. Was ist iiber Kath leen geloniinenZ Gleich einein Raub vogel mit seiner Beute, so stürzt sie niit ihm in das Häuschen. Drinnen in der tleinen Kammer beruhigt sie das weinende Kind, esJ aus den Knieen schanlelnd nnd leise eine irische Ballade sunimend. während die Musik von draußen immer schwächer zu ihr dringt und endlich ganz erstirbt. Vriitend fieszt jetzt der Alte auf der Bont, das struppige Haupt mit dein Kranz struopige:i, lang herabhängen den Haarec auf die Hand gestütztSeine Aufregung ift verslogen wie der Schaum einer Welle. Der Krug ist leer; nicht ein Tropfen läßt sich mehr herausschiittelm und wie die groben Finger auch den abgenützten Lederbeutel und die Taschen des viel fach geflickten Wamrnseg durchsnchen, es findet sich nichts, nicht ein Pfennig. Doch drüben auf dein Schlosse da gebt itz- lustig ter, da lebt man in Saus und Braus. Zir Haroldg Börse iiIllt sich stets aufs Neue mit deinGolde. das ihin der irische Boden nnd der Schweiß der irischsen Arbeit einträgt. » Aber bald, bald soll es anders werden. Wohnt nicht er, Mile -O’Donnell, seit seiner Geburt aus dein Gute der Nortong? Waren nicht seine Vorfah ren, die ODoiinrllg v·.-n Rillariieh, Nachtociiinen dei Häsiotlinge voi: Thrronnell nnd Besitzer dieses Grund und Bodens, den die Engländer ge raubt? llnd basin, Zahlt er nicht redlich seinen Miethszini während doch die ineiiten Pächter sich weigerlich stellen’ Ja, dafür mus; sich der Gutsherr er ; tenntlich zeigen, er lann nnd darf ihn J sa nicht uintoiiimen lassen vor Hunger und vor Durst· So schnell wie ein Gedanke in sei nein verworrenen Hirn entspringt, so schnell drängt es ihn zu dessen Aug siihrniig. Weh, wenn sich Mike ODonnell Hindernisse in den Weg stellen! Ur tritt m das Haus-nein ova) auf der Schwelle ber Aammertbiir bleibt er einen Augenblick steben da liegtaus dem roihgewurfelten Rissen in der Holzwiege der kleine Tim, siiß ent-: schlummert. Noch glänzt ibm eine Tbräne auf der Wange und die rosigen Fäusiclsen sind tro ig geballt. De: Großvater vergißt eim Anblick feines Liebling-J fast die Absicht, um derent toillen er gekommen ist. denn seit oim Tor-e seines Weibes tennt Mike ODonnell nur noch zwei Dinge, fiir die es sich der Mühe lohnt. zu leben: das Kind und den Wbioknkrug. Ueber dem Enkel siebt er selbst Rath leen nicht, die auf dem holperigen Lehmboden kniet und tnit emporger benen händen zu dem Muttergottes bilde an der oerräucherten Wand betu. »Bei Sankt Patria. das Beten wird Dir recht viel helfen!« ruft er, als sein Auge aus sie fällt. »Komm heraus-, ich habe Wichtiges rnit Dir zu sprechen.« stathleen erschrickt vor dem sinsteren Blick des Alten«-ihre Gedanten ivarexi so weit, weit fort — doch schnell fclgL sie ihm und hört ruhig zu, wie er, ne ten ihr auf der Bank sitzend, in den krassesten Farben seine Armuth schil bett. Ra« sce weiß eg; auch ihre lleine Ko e ist erschöpft; aber noch heute will sie nach Flillarnets Es mögen dort es nige Sommergäste eingetroffen sein« die ihre geklöppelten Spißen kaufen werden. Sie hat ja kiirzlich die halben Nächte durchgearbeitet. und ein ganz-c Haufen mit dem beliebten Rotemnuster lässt fertig in der Schublade. so sein, so s n! Vielleicht kommt auch noch berste der längst erwartete Käufer aus Dab n. Aathleens Hoffnung belebt sich, die blasse Wan e rötlfet sich und ibr Auge strahlt· Ja, re ist tolz aus ihre Spitzen, me im ganzen Dorfe Niemand keiner ilöppelt als sie. »Aber wenn keiner Deine Spitzen will? Nein, wir haben es besser und näher-.Miriam Layton von tsastle Dale wird als Herrin von Castle Glxna ihre Spielgesähttin nicht darben lass-In Du nimmst den kleinen Tim auf den Arm--«—« »Vater, still, nicht iveiter!« Sie legt die schlanlen Finger auf seine rauhe Hand, die sich bei ihrer unerwarteten Widerrede gleich zur Faust ballt. »Du gehst« sage ich Dir! Wer tönnte das Grsldlind sehen, ohne Daß ihm i Echt das Herz vor Mitleid thinijtze wie Schnee vor der Sonne. Es thut Noth, dasz sie dort oben einmal ein Einsehen bekommen von dem Elend hier unt-n im Dorf.« »Und ich, Deine Tochter, sollte um Almosen betteln?« « »Almosen nennst Du dag? Ha, ha, ha, unser gutes tttecht fordern wir.« Da springt Rathleen auf. »Vate: —« »Du gehst, Du gede noch heute, oder bei allen Heiligen-»ich --« »Die Tochter von Mike O’Donnell geht nicht betteln; noch weniger das Weib von Larry O’Brien. und müßte ich sammt meinem Kinde verhungern mein Fuß »—'· »Ha, ,F, ha, Larrti O’Bris:u, ein fchöner ann, auf den Du stolz fern kannst-Erst macht er Dich ium Gegen ftand des Spottes und derSchJade und dann verläßt er Dich gleich nach der Hochzeit, um nicht« wieder «u kommen —- der T—eufel »Du haft von Larrns Geld, von fei nem fauer erworbenen Matrofer.lohn, gelebt — Vater, schäme Dich ----- « »Du »b« nicht-— Du wagst esi , Dich Deinem greifen Vater zu wider fetzen—«« »Eher fpringc ich in den tiefsten See,« entgegnete sie leidenschaftlich mit flammendeni Auge, »als dier ich bettelnd den Fuß über Sir Harold Nortong Schwelle setze. Wo ist Dein Haß gegen die EnalönderZ Wie kann man Wohlthaten annehmen von ihm, den man verabscheut? Das ist niedriger denn niedria.« »Bestean Wohlthaten? Ich, Mike O’Doiiiiell, will ich betteln ?« Ihre Worte sind wie Funken in Stroh gefallen, hell entbrenni fein Zorn und macht sich in wilden Aus driiclen Lust. Stolz hebt sich der große Kopf aus, dem kurzen stierartigen Nacken, und sich init der flachen Hand auf die Brust schlagend, ruft ertrotziac »Nein, wir verlangen nur unseren rechtmäßigen Antheil an dein Boden, aus dem wir geboren find, der uns von Rechts-wegen zukommt. und aus dem wir arbeiten und hungern.« Genau hat Mike QIDnnell behal ten, was er in den stiirmischen Ver san-Iiilungen hundertmal gehört hat. Das sind die Worte, die Gesten, dass ist die Betonung des Mr. Donegal, gerade fo hat er tiirzlich oft im »Gei denen Anker« gesprochen, umringt von Männern, Weibern und Kindern. Wie ein Strom stuthet eZ Von Mike Oc Donnell’5 Lippen. liathleen weis-« was sie von diesen wilden Reden ihres Vater-·- zu halt-In hat, sie weiß auch, das-, er es in der nachsten halben Stunde iiir eine Un möglichkeit erklären wird. das-, er sie hat aus das Schloß schicken ivollen - - ein leerer Whigthkrua und keine Aug ficht, ihn zu stillen, ja. Das allein tonnte die Ursache dieses entsetzlichen Gedankens werden. »Ich will schon dafiir for-ren, Vater, daß es Dir an nichts inanaelr, so lange ich noch einen Finger riihren kann Da, nimm dies-, ei, ioird is norgen reichen« Gierig ergreift er daH Silbe:ftiick, das Rathleen aus der Schürzentasche gezogen hat« dann gleitet ein Freuden strahl iiber das rauhe. vom Trunk ent itellte Gesicht und die zitterndei Fing ger können taum den Beutel öffnen. »Ach. mein Herzen-ständ, nein Juwel, die Heiligen segnen Dich! Gibt es noch eine zweite Tochter gleich Dir aus der ganzen arii: sen Jnfelf Nein, es soll mir einer kommen und sagen - » den Schädel -- s« »Vater, ich befchwöre Dich, kein Wort mehrt-« « »«3a,1a, ich wem — Un - Yu - Seine Stimme wird sinnt heiser vor Rührung und versagt ihm. Mit der Kehrseite der Hand eine Tdräne ab wischend, schlägt er den nächsten Weg nach der Dorsschente ein« unbarmherzig die Reseda niedertretend. die Aathleen mühsam unter ihrem Fensterchxsn zieht stathleen ist in das Häuschen zuriirt getreten und beugt sich iider den schlummernden Knaben. der ruhig ath mend daliegt wie ein kleiner Ungel. Doch in ihr wogt und stürmt es, als müsse die unterdrückte Beweaung ihr die Brust zersprengen Zum zweiten Male packt sie heute eine entsetzliche Angst; fort, fort von hier. ruft eine ivarnende Stimme: aber sie kann, sie . darf ja nicht; ein heiliaet Schwur bin det sie an den Vater, und der wird nie die Scholle verlassen, auf der er gedo ren ward und ivo sein Weib begraben liegt. Die Hände im Schooß aefaliet, sitzt Kathleen aus den: niedriaen Stroh scheniel neben der Wiege. die Augen aus das schnale Bett aerichtet. Aus der bunten Decke, die sie aus hundert Stückchen satbiacn statt-anr als Kind schon mühsam zusammen gesetzt, flimmern die Sonnenstrahlen Flimmernde, ioebende Strahlen! Sie zaudern Gestalten hervor aus der Ver gangenheit. Dort aus dem Kissen ruht ein blasses Frauenantlitz mit brechen I den Augen. Eine wachsbleiche Hand legt sich segnend aus den Scheitel der Tochter, die von Dublin heimqelchr t ist Und wie ist sie heimkehrt! Kalt und schwer wird die Hand. Immer tiefer und tieser senkt sich das schuld beladene Haupt. Kathleen bedeckt sich wie damals die Augen mit der Hand. als überwältige sie-noch heute, nach fast drei Jahren, die Scham über die unausldschliche Schande, die sie der sterbenden Mutter nicht cssenbaren kann. Erinnerung tnijpst sich an Erinne rung. Ein Tag taucht vor ihr aus, Ies sen Andenken sie mit Grausen füllt. Der Vater hat errathen. was ge schehen, wenn auch nicht die Volle Wahrheit Händeringend lieat sie vor ihm; hier in dieser Kammer droht er, sie tnit dem Hammer niederzuschmetterm wenn sie ihm den Verfiihrer nicht nennt, der ihr die Ehre wiedergebsn soll »Aber Kathlecn weiß, das-. die Ent hullung in dieser Zeit des Aufruhrs Brand und Mord nach sich Ziehen wird ——nein, lieber Alles ertragen, als den Boden der Heimath durch ihre Schuld Hur Statte der Verschwörung und des Berbrechens machen. Da erscheint Larry ·O’Brien, er, den die Braut verrathen um des schönen und vorneh men Sir Harold willen: er erscheint und reitet sie aus ihrer Noth. Leise rinnen Thränen über ihre bleiche Wange. Wie edel. wie groß muthig Larry gehandelt! ijr allein weiß um ihre Schuld und er verzeiht. » Jetzt beugt sich Kathleen wieder uber die-Wiege, ängstliche Spannung in allen Zügen. Ja, das ist Sir HI roldg Ebenbild. Das ist seine schmale, hohe Stirn, das isi seine seingebogene Nase, das ist der tiefe Einschnitt, der das Kinn spaltet. Und wenn er die Augen ausschlägt, da schauen sie Sir Haroldg Augen an, runde lichtblauc Augen. Warum nur muß jeder Blick aus ihr Kind eine Erinnerung an ihre rinnt-e gegen Larrh sein? Der Knabe ist Eng länder, keine Spur trägt er von ihr noch von den Großeltern. als ob lein Tropfen gälischen Blute-Z in seinen Adern rinne. Es überrieselt Kathleen eisig bei oerr Gedanten, daß sich dem Vater eineg Tages ihr Geheimnis enthüllen tot-ne Tödten würde er sie und das Kind und Rache nehmen an dem englischen Ver führen Wie Schneeslorten im Sturm, s: wirbeln ihre Gedanken durcheinander bis ihr einfällt, daß lein Brod in Hause. Da verdrängt die augenblick liche Noth die übrigen Sorgen und Be furchtungen. Sie schaut usn sieh. Was läßt siei zunächst veränfiern? Jn der Schublgde liegt noch eir alter silberner Löffel: ——- er ist düm und verbogen--—vrüfend wägt sie ihn ii der Hand-- nein, noch nicht-— den nocl nicht«-die Mutter hielt ihn so ioerth— mit zitternden Fingern legt sie iin hastig zurück, alsZ hätte sie ein-In Dieb stahl begehen wollen« Aber da ist etwas, das gehört ihi · ganz allein. An dem Pfloike rebei dem inuttergotteöbilde hängt ihr sehar lachrother Tuchmantel mit der großer Agrasfe von getriebenem Silber. Di kxgt ihr Larrh geschenkt, lange, lange bevor sie nach Dublin gegangen Sie nimmt den Mantel von der Wand und setzt sich damit sieben den Kleinen, der Zeichen des Erwacheni gibt. Die Scheere in der Hand, hält sie inne. Jn bunten Bildern zieht die Siinderzeit an ihr vorüber. Sie unt Larrn, unzertrennlich streifen sie um her, gleich Bruder und Schwester Zieh, da spiegeln sich zwei Köpfchen wieder im klaren Bache. Wange an Wange gedrängt- da fahren zwei sein » der auf dem mondumglänzten See » horch, das- Echo trägt die Namen — Fiattileen und Lgrrh — — von Fels zi Fels · Da tanzen Laer und Kathleen den Jig auf dein kleinen Breite. schneller immer schneller, bis die Stirnen aliihen und derAthem ausgeht---sktrnel ler, schneller — Der Mantel sinkt Kathleen in der Schodsi. Sie fühlt den ersten heissen Kuß Larrhg aus ihren Lippen brennen s ietzt ist sie Barth Braut aber er must fort zur See; die Agrasse gibt er ihr zum Angebinde nnd den silbernen Tlting mit dem Herzen Mit raschem Schnitt trennt Rath leen die Vlgraffe von dem Mantel. Eine schwereThräne trvpft glänzend ruf das rothe Tuch. » —.—-— .———- --—-— -—.————. cie sieht na) auecn im »Von; Uaxsrr ist zur See gegangen; da leidet es auch sie nicht länger in der Heisnatl); es- ist ja Alles so traurig, so still, so arm. Die Gespielinnen ziehen fort in die große Stadt sie kommen heim zum Besuch mit schönen bunten Kleine-tu mit Allgetvalt treibt es sie hinweg - - sie weis; ja selbst nicht es rst rug Fremde, rag Unbelannte. bog Gehe-m iiißvolle das ertraumte Glück. Und oann kommt die Reit, oie sie auslösusen möchte mit ihren Theiirisn und an die sie Tag nnd Nacht erinnert wird. Ein tiefer Seufzer entrinqt sich ihrer Brust -- « nein, Larrn wird ihr vie und nimmer seine Liebe wieder zum-gn den können. Wie heiß sich auch ihr Herz nach ihm sehnt, in ihm ist Alle-« erstorben· Wird sie es ertraaen tönnen« wenn er wiederkehrt und Ehr talt be ge« net? ie erhebt sich nnd nimmt einen alten oft aelesenen Brief ans der Lade Mit großen, unaeschietten Buchstaben steht darin geschrieben. daß Larrtj glücklich in Honolnlu gebaut-et ist unt daß et hoffe, es gehe ihr und dem Vater gut. Kein Liebeswort, nur die Angabe einer kleinen Summe, die er sendet. Wie oft hat Kathleen den Brief gelesen und doch bohrt sich ihr Au e hinein, als müsse noch zwischen den Zeilen ein kleines Wort versteckt liegen, ein klei nes Wort mit bedeutungsvollem Simi, ; Glück und Liebe verheißend! Nein, ; auch der zweite Brief enthält nichts-, s nur eine kurze Anzeige seiner baldigen s Rückkehr ! Sorgfäiltiq legt Katbleen beide I Briefe wieder in die Lade, dann nimmt sie die Spitzenarbeit zur Hand. Keine i Minute sollte sie mit bloßem Träumen s virbrinqen. Schnell und schneller fliegen die i Garntnäuel um die blinkenden Nadeln des silöppellisseiis. Noch ein Viertel stündchen und die Spitze ist fertig· Schrag Lallen die Sonnenstrahlen durch das- Fensterchen, dem sie de Rücken zuwendet, damit das Licht sie nicht blende. Vertieft in ihre Arbeit, bemerkt sie den Schatten nicht, der auf die weiß getüuchie Wand ihr gegenüber so ll»t. i Zwei große braune Augen spayens hinein. Wie arm und dürftig Alle-J, einige binsengeflochtene Stiihle, ein tcnnener Tisch, ein schmale-Z Bett! » »Ja, sie ist dieselbe, gut, fleißig s und fromm,« denkt Larrh, sein breite-J ; Gesicht gegen die Scheibe drückend und gan verloren in dem Anblick der schmiegsanien Gestalt. Wie ihr schwar zes Haar glänzt, wie schneeig weiß der Scheitel isnd wie voll und schwer der Knoten im Nacken! Jetzt wendet sie den « -ps der Wiege zu und scheucht eine Fliege fort. Schnell duckt er sich nieder, klopft aber dabei an das Fenster. »Was war das-I« — Erschrocken springt Kathleen aus. Der Topf mit dem rothen Geraniuin ist vom Sims;v gefallen. Während sie betrübt die Scherben ausliest, stößt Lary die Kainmerthiir auf. Und da steht er n it dem olanken Südwester aui dem röthlichlrausen Haar, den kräftigen Hals entblößt. keines Wortes mächtig —- nur die beiden Arme hält er ausge streckt. »Kathleen,« stammelt er. Da fährt sie sich mit den Händen an die Stirn, todtenbleich, als sähe sie eine Erscheinung, und einen kurzen Schrei augstofiend taumelt sie zurück. Schlasf fallen Larry die Arme me der, er fühlt sein Herz erbeben —- nein, Kathleen liebt ihn ja nicht, er hat sich ja nur einen Augenblick ein Glück er träumt, das zerrinnt, wie er es fassen trill. Gleich einem großen Schatten siellt sich das Bild Sir Harold’5 zwi schen ihn und sie, die er soeben alg sein Weib hatte an die Brust ziehen wollen. Jetzt reicht ihm Kathleen die zit rernde Hand zum Willkommen. Ge-. senkten Hauptes, alJ wollte sie die in ihrem Antlitz aufflaminende Röthe der . bergen, so sieht sie vor ihm und ihm klopft und häminert daz- Heri in der Brust er weiß kein Wort zu finden. Ta wendet sie sich plötzlich ab. ,..5tathleen!« überwindet er sich zu sagen. »Dir ist eH nicht recht, Rath leen, das, ich heimgekommen bin aber sieh, ex- zog mich stark hierher uud was niirde die Verwandtf hft denken. wenn E « ich nicht bei Dir eintehrte sei ai:,t ich bleibe nur einige Tage ——- es- wird sich « irrhl schon irgend wo ein Plättchen fin E den lassen — - in der Schmiede, im l t 1 i l t t . i E Dachsiiibcheu beim Vater --—« Sie ivantt und hiilt sich mit der Hand am Rand des Tisctseg seit, liisj in I tie Lippen erbleichend ,,Maria und Jesu-:»« bist Du kra:il!«· schreit er auf. »Es ist nick)tg,« entgegnet fic, sich i an’5 Herz greiseuo; »Du hast mich iiberrascht, Larrh.« »Ich schrieb Dir doch Der Schweif-« perlt ihm auf der iStern vor uiitirdriictter Bewegung, denn Kathleen scheint ihin schiiner als ie« trotz der großen Blässe - — sie ist sein ihm angetrautes Weib aber ihre Liebe er«zii)ingeii, ihr die seine ausbedu gen, nein, nie und nimmer. Er nimmt den Hut ab. »Wie schlviil lind dumpf es is Mit gewaltigem Stoß öffnet er oaJ tlirrendereusterchen Ein erfrisehen der Lustzug streicht herein, Voll köst Reiediidiiftes. Die Reseda dringt allerlei Erinne i risngen; es drängt Rathleein Larry zu i umschlingen, aber wie, wenn er sie zu i» riickstieße? Kalt ist er fortgegangen, i tölter heimgetehrtx ja, er hat sich in seiner schwachen Stunde vom Mitleid . s linreißen lassen, Fch ihr geopfert nnd jetzt siihlt er gewiss Reue, sich siir sei-i Leben gefesselt zu haben. »Was macht der Vater?« fragt er, indem seine Finger mit der Agrasse spielen »Es giebt keine Arbeit,« entgegnet sie zöaernd »Du weißt, was: daJ in bedeuten hat. « Sosort durchblitzt ihn die Wahrheit. »Und Du wolltest dies vertausen, weil Du lein Geld mehr hast.« Sie nickte stumm, eine Thriine hin i:nterschluckend. Daran löste er den Ledergurt mit dem Messinabeschlaa und schüttete den tlingenden Inhalt aus den Tisch, blitz lslanke halbe Kronen. »Sieh, Kathlcen siir den Augenblick sind wir reich; Dein Brautgeschent brauchst Du noch nicht zu veräußert-J die Heiligen seien aelobt!« »Ich nehme nichts,« sagte sie, ihtn das Geld zuschiebendz »ich habe einen Hausen Spitzen fertig, der Erlös wird uns vor Mangel schützen« »Ah «--— ich verstehe --— ich bin Dir ein Fremder --- ich bin nicht Dein Mann, der sür Dich zu sorgen hat« Seine Stimme bebt nnd ein schmerz — hastes Zucken nmsliegt seine Lippen. »Du sollst frei sein und es bleiben, Larrn, so weit meine Macht reicht. Du hast Dich mir georpsert—daf1ir danke ich Dir meinLeben lang-Pflicky ten hast Du keine gegen mich-, was Du verdienst, das gehört Dir. Dir ganz allein-« »Du bist mein Weib-—« »Vor der Welt,« entgegnet sie tod tenhlaß, »nichts bindet uns zusammen cls der Segen des Priesters —— ich darf nichts von Dir geschenkt nehmen. Larrn —- ich habe auch meinen Stolz-« »Geschentt? Kathleen, es komnst Dir ja zu —- es ist Dein gutes Litrtht.« »Recht? Recht? Nein, nein —- o Darm wenn Du noch ein Fünf-feil Mitleid mit mir hast, dann geh. gek, noch heute wieder fort — geh-—« Flehend, mit verzerrten Zügen. hebt sie die Hände zu ihm empor. Er mißversteht ihre Worte. ,,Fiirchte nichts von mir,« sagte er, sich über die Stirn fahrend, »ich !veis;, ex: kann nie zwischen uns sein, wie Zwi schen Zweien, die sich lieb haben — aber daß ich fiir Dich sorge, das snusxt Du mir schon erlauben, thbleen —-« ,,Nein,« sagt sie dumpf, ,,es kann nie zwischen uns sein, wie zwischen Zweiem die sich lieb haben.« Larry springt auf und sieht, wie sie nach der Thüre wankt und in der Küche verschwindet Alle Muskeln seines Gesichte-J arbei ten; die Agrafse hält er in der Hamps hast geschlossenen Hand. So steht er eine Minute, dann wirft er sie mit er tscm Fluch auf den Tisch, daß sie klir rend aus die Silberstiicle fällt. »Warum bin ich wiedergelogumeu, um alle Qualen der Hölle aufs Neue zu leiden! Ver-« Er spricht das Wort nicht aus, denn eine Kinder-stimme wird laut —- das Geräusch hat den kleinen Tim in der Wiege geweckt. Weinend tust er: »Ma ma. Mama!« Betroffen wendet sich Larrh der mit einem schwarzen Tülltuche verhängten Wiege zu. Soll er Kathleen rufenk — Nein —- vorsichtig lüstet er das Tuch, da streckt ihm ein kleiner blondJelockter Engel die Aermchen entgegen. thn ist, als ob der Johannisknade auf de..s! Bilde in der Capelle lebendig geworden wäre. Mit einer Scheu wie vor etwas Heiligem nimmt er ihn aus der Wiege und dabei ungeschickt, als ob er fürchte, dem Knaben weh zu thun oder ihn fal len zu lassen; er hat ja nie ein Kind auf dem Arm gehalten. Wie unbehol sen er sich selbst vorkommt! Aber sein aufwallender Zorn ist ver-flogen -— der kleine Tim lacht und jauchzt und greift ihm in den braunen Vollbari. Und da steht Kathleen mit roth ver weinten Augen und schaut durch die Thürfpalte in die Kammer luciein mit angehaltenem Athem und die Hand fest auf das Herz gepreßt. Die Sonnenstrahlen umspi::lten Larrh und Tim, der jauchzero dag- sil berne Kronenstiick zu haschen strebt, das Larrh aus demTische wirbeln laßt. Un ermiidlich erneuert Larrh dasJ S..7iel, und dazwischen küßt er das Kind und nennt eg seinen Engel, seinen Liebling. »Ist es möglich? Er liebloft das Lind, welches zwischen ihm und ihr steht! K, ihr Leben möchte sie darum geben, wenn er sie doch auch einmal wieder zärtlich umfangen wurde. Heiß wallt es in ihr auf. EH sauft und braust ihr im Kopf und Herzen, hastig reißt sie die Thüre auf. Ja, fie mus-, ihm sagen, was sie empfindet was sie leidet, wenn nicht der Wahns-un sie pa rjen soll. ( »Ich kanns- nicht ertragen, Lamm teine Minute länger, daß Du mir Wohlthaten anbietest und mik) doch so verachtest ——— warum bist Du nur wie dergetommen, wenn Du es nxis so schwer machen willst, o, so schwer, nas; mir ist, alLJ reifZe man mir das-·- Herz in Stücke ——« »Kathlcen, ich Dir —?« »Ja, Du mir! Wie ich Deine Briefe studirt, wie ich gelechzt habe nach einen quten, freundlichen Wort, send dabei die große, unauslöschliche Schuld, oon der mich ja doch kein Beichiikjer, die hei lige Muttergotteg selber .ict;t befreien kann, denn wie ich auch gebet-I und ge rungen habe, immer muß ich der-Sünde gedenken, wenn ich den Buben da im Arm halte und sehe die Augen drsn dem Vlnderen.« »Halt ein, Kathleen-——« »O, Larry, Du weißt nicht, was das 1 ist, lieb haben müssen, was uns zu gleich die Seele zernagt. Jesus und Maria, wäre er doch Dein, wäre er doch 1 Dein!« schreit sie aus, in wildem i Schmerz sich die Hände vor des Gesiht l schlagend. »Ich habe Dir ja längst verziehen, i Ziathlcen.« · »Nein, nein, ich will rich: Jseine I Vergebung, ich will nicht Lein taiieö . Mitleid; versuche eg, mich wieder lieh zu haben, trotz all’ dem Bösen, dass ich Dir zugesiigt.« Leidenschatttich um tlammert sie ihn, beide Arme um seinen Nacken schlingend. »Stoße mir lieber das Messer in das Herz, aLEJ uns-, Du von Vergehen sprichst — und Er läßt sie nicht weiter rede-U sie fest an sich ziehend, bedeckt er ihr flammen des Gesicht mit Küssen. ,,.L)eilige Muttergottes,« irsbetce er, ins loglassend und ihre beiden Hände erareifend, ,,.iiathleen, ist es nsquliih — lmst Du gezweifelt? Fühlst Du riss, weißt Du es denn nicht, dckiz Du die ikinzige bist aus dem ganzen weiten Erdenrund ——— siir mich gibt ci; ja nur eine --— Kathleen von Killaruey - « »Aber, Larrn—-—« »Sieh, weil ich Dich so lieb habe, wollte ich ja geduldig warten, bis Du den Anderen mehr vergessen hättest; ich hoffte fest, die Zeit werde kommen -— aber vorher — da glaubte ich-—" Entsetzung solgt.)