1848 Ein weltgeschichtliches Drama Von Johannes Ich-tu GottfeßunsJ Diese Zurückaabe der diltatorischen Allgewalt an die Nationalvertretung hat dann am 28. Juni wirklich stattge funden. Die Nationalversarnmlnng beschloß daraus, zu erklären, daß der General urn das Vaterland sich wohl verdient gemacht habe, und erniinnte ihn sofort zum »Chef der Vollzieh ungsgewalt«,— ein weicherer Ausdruck für Dictator. Der General setzte fein Ministerium der Mehrzahl nach aus »konetten« Republitanern zufammen. So waren denn die Rollen ans-getheilt und war Alles wohlbestellt. d. h. ein Regiment der lieben lahmen langweili gen Mittelmiißi keit errichtet, welches, unfruchtbar im Innern. nach außen in wahrhaft ftupider Weise nicht nur geisgah sondern auch mitverrathen « s . . . Zuvörderst lastete auf Paris eine unermeßliche Trauer. Die Zahl der in der Junischlacht Getödteten und Verwundeten ist nie aenau erhoben worden. Einem im October vorn Po lizeipräselten erstatteten Bericht «ufolge betrug die Gesammtheit der odten . 1460, wovon zwei Drittel der Armee rrnd Nationalgarde angehörtm Sechs Generalc waren gefallen und sechs Ge nerale hatten Wunden dsarsxngetzagew Jn die verschiedenen Spithler der Stadt wurden 2529 Verwundete ge bracht, aber man darf mit Bestimmt heit annehmen, daß eine meer als dop pelt so große Anzahl von Berwundeten » in Privathäusern gepflegt worden ist. Der Anaade des Generals Lamoriciere zufolge sind zur Junifchlacht 2,100,- ; 000 Gewehrpatronen an die Soldaten ! ausgetheilt und während der Kampf tage ungefähr 3800 Kanoncnfchiisse gethan worden. —- l Va: victis ! Und es that die Republil denletztenAthemzug. Mit der siebenten Abendstunde vom 26. Juni, wo die letzte Barrilade ge nommen wurde, verschwand das fran zösische Proletariat von der Bühne der Revolutionsgeschichte des Jahres 1848. Die Bourgeoisie hatte vollständig ob gcsiegt und nur sie war es, welche die weitere Entwickelung der Dinge be stimmte. Nach etsochtenem Siege begann das ! Rachewerk, wie das so herkömmlich un ter Menschen. »Wehe den Besiegten!« Am 273 Juni und noch etliche Tage länger hatte Paris ganz das Aussehen einer von Feindeshand mit Sturm ges- » nommenen Stadt. Ueberall rauchende » Trümmerstätten, in der Eite, beim Pantheon, in den Zugängen zum Stadthause, bei der Porte Samt-De nis. Die Faubourgs Saint-Anto3ne und du Temple, tvo das Geschützseuer am ärgsten gewüthet, glichen vom Erd beben geschüttelten Städten. Während der Schlachttage hatte Pa ris trotz des schrecklichen Getöses den Charakter einer unheimlichen Ver ödung getragen, weil die ganze Bewoh nerschast, die Kämpfenden ausgenom men, in die Häuser versperrt war. Auch fest noch wagten sich erst nur ein zelne Neugierige hervor und sah man aus den Straßen und Plänen nichts als Reiterharste, Geschützziige, Infan terielolonnen, Bürgermehrbataillone und dazwischen Hausen von hunderten, von tausenden von Gefangenen. Ueberall war an Mauern und Wände folgendes Protlam angellebt: Der Chef der Vollziehungsgewalt an ·e Rationakgarde und die Armee. Bürgert Soldaten! Die heilige Sache der Republit hat triumphirt. Euer Eifer-, Euer unerschiitterlicher Muth hat schuldvolle Absichten vereitelt und traurigcn Jrrthümern ihr Recht ange than. Im Namen des Vaterlandes, im Namen der Menschheit habt Dank für Eure Anstrengungcn und seid ge segnet für diesen nothwendigen Sieg! Während des Kampfes war Euer Zorn rechtmäßig und unvermeidlich; jetzo seid ebenso groß in der Selbstbeherr fchung, wie Jht es in der Tapferkeit gewesen. Jn diesem Paris sehe ich Sieger und Besiegte; sei mein Name verflucht, so ich darein willigte, auch Opfer zu sehen. Die Gerechtigkeit wird ihren Lan haben. Sie handle! Das ist Euer, das ist mein Wille! General C. Cavaianae. Wie stimmte, was in Paris am 27. Juni und ten zunächst folgenden Ta gen geschah, zu diesen Worten? Wie die Rache zur Versöhnung stimmt. Ob Cavaignac seine Worte nicht zurWabt heit machen konnte, ist fraglich; denn der Angstphilister, bekanntlich eine der grausamsten Bestim, war los und sollte sich für die ausgestandene Furcht rächen. Daß der General seine Worte sägt zur Wahrheit gemacht hat, ist ge w Wenn, wie gar nicht zu bestreiten, während der Hitze und Wirth der Straßenschlacht mindestens 150 gefan gene ocnsurgenten von den Truppen, der Mobilaarde Und Bürgerwehr so fort erschossen, wenn sogar in diese-n gräßlichenRiMen Frauen, welche ihren lämpsenden ännern Brod zutrugcn, und Töchter, welche für ihre verwun deten Väter Charpie zupften, scho nungslos nieder-gemacht wurden, so ist das zwar scheusalig genug, aber doch dem Kampfrausch aus Rechnung zu schreiben. Was soll man jedoch dazu segen, daß auch nach beendigtemgamps das Erfchießen von Gefangenen in der Ebene von Grenelle, auf dem Kirchhofe Mont Parnasse, in den Steinbriichen des Montmartre und lbeim Kloster Saint Benoit seinen Fortgang hatte? Was dazu, daß man 500 Gefangene in ein mit flüssigern Koth angefüllte Kelleraewölde auf der Wasserfeite der Tuilerien zusammenstopfte und daß die draußen postirten Schildwachen, wenn die dem Ersticken nahen Einge pferchten sich zu den vergitterten Oeff ru:ngen drängten, um nach Lust zu schnappem ohne Weiter-es ihr-: Gewehr-c in den unterirdischenMarterraum hin ein losfeuertenZ Was endlich dazu, daß arn 27. Juni, also irn ersten Eie gestaumel und heissesten Rachegrimm, die Nationalversamrnlung den Be schluß faßte, es seien alle der Betheili gung an dem Ausstand »überwiesenen« Gefangenen —- es lagen deren nicht weniger als 25,000 in den Kafemattcn der Pariser i orts —- okyne Procefz und Urtheil in asse nach Cayenne zu de x·ortiren, und daß dieser von wahrhaft ungeheuerlicher Rechtsoerachtung nnd Unmenschlichteit zeugende Beschluß an nahezu 10,000 Gefangenen wirklich » vollstreclt worden ist? Was man zu aueoein sagen fou- . »Vae dictis!« Sonst nichts-. Die ; Bourgeoisie vermochte das rebellifche s Proletariat zu besigen und zu bestra: s fen; folglich fühlte sie sich im Rechte. Es ist immer so gewesen und wird immer so fein. Auf den 6. Juli veranstaltete die Regierung ein poinphaftes Bestat tisngsfest für die gefallenen Bertheidi ger der »Sache der Ordnung«. Die Cerernonie war steif, gezwungen und lalt. Die Bourgeoisie mußte ihre Sie gesfeier fiir sich und in fast unheim licher Stille begehen, denn das Voll glänzte durch seine Abwesenheit. Ja, sie war todt, die Republit, obzwar die Parteien noch eine Weile mit der Mu mie spielten, als wäre sie lebend, bis nachher aus den Wickelbändern dersel ben der Bonapartismug sich einen Kai serrnantel zurechtgeschneidert hat Die Sache der Voller war verspielt. Zwei Ereignisse vertiindeten dag- sehens den Augen und börenden Ohren un widersprechlich. Die Pariser Juni schlacht und die Niedcrroerfung des ita lischcn Nationalbanners durch die zweiundachtzi jährige Greisenhand Radetz!y’5. seicht war es dem alten T Feldtnarschall nicht aeworden, den dsterreichischen Doppelaoler wieder nach Mailand urückzutragen und den persönlich tapferm aber planlosen Sardentönig Karl Albert in denStauv zu werfen, nein, leicht ganz gewiß nicht« wer fragt indessen noch vie nach den Opfern, wenn der gewollte Zweit einmal erreicht worden iftP Und doch wäre eine ernste Frage hier nur zu sebr am Platze gewesen, hub doch dieGlocke der Jahresuhr die Stunde zu schlagen an, welche den Anfang des Endeg, und welch eines Endeö, bezeichnete. Es soll keineswegs behauptet werden, daß denkende Demokraten in Deutschland dieses nicht fühlten. Wenn sie trotzdem weiterhin rasch mitthaten, so geschah es nur der eigenen und der Ehre derPar tei wegen, sie fanden es unfchictlich, einer halb oder ganz verlorenen Sache den Rücken zu lebten. Was oie Redenrasveler und Para graphenhaspeler betraf, die merlten natürlich nicht« was die Glocke geschla gen hatte, sondern rasvelten und hag pelten emsig weiter, als wäre nichts geschehen- « Drunten m der Donaufmdt war es nach den Maitummulten zeitweilig leidlich ruhig geworden· Die Anschl iratie hatte sich heiser uelchrieen und die Lumpagogre mußte sich auf Bier biinken und in Schnavsbuden erst zu neuen Großthaten störten. Beide Sorten von unheiliger Kanaille, von Hundepack im verwegensten Wortsinne, duckten einstweilen unter, maßen das feste Zusammenhalten von Aula und Garde, d. h. von Studentenlegion und Bürgermehr, die Aufrechtbultung der Ordnung verbürgte. Unter diese-n Schutze regierte der gute Herr von Pillersdorss weiter, so gut - es eben Ihm wollte, indem er seinen Collegen obl fs an das kaiserliche Hoflager nach nnsbruck sandtse. damit derselbe so zu sagen ein Kleister wäre, welcher das dermalen «in partic-us sideliurn« teiidirende so zu sogen Staatsober haupt mit der Centralreaieruna in Wien zusammenleimte. Selbstver ständlich» hatte Herr von Doblhosf die Reben-, d. h. die Hauptaufgade, in der Tiroler Hofbueg darüber zu ina chen, daß die theuten »Märzertungen schaften« keinen Schaden litten. Ach, diese Errungenschaften hatten eine be denkliche Aehnlichkeit mit der »schuld sen Brut«, welche in des altero pra tius Epode von »Schlan,1-:n« be royt wird. Auch in der Weihtaiichsatmos phäre der Jnnssbrucket Burq war an solchen Reptilien keineswegs Mangel, nur daß sie auf zwei Beinen fchtichern spitzenbesetzte Unterröcke. auch General c djutantenhosen, Divlornatenfräcke und Kammerhertnschliissel trugen, und der atmeDIblhvff bätte zu dem guten Blumenziichtek Ferdinand sagen iönnen wie der römisch: Poet zum Mäcenas: Zur Seite dir bin minder ich in Sorg’ und Angst, Tie den Entfernten starker plagt, Tein Vogel gleich, ver bei der federioien Brut Ter Schlangen Anschlich iiirchtend sit;t, Und wenn er fern ist, mehr sich iinnfiigi, ob er gleich Lufle sklllcl chklllUIlls Ollujs I,IIII. Herr von Doblhoff hat sicherlich das Schlangengezische nicht ganz überhört, aber den wirklichen und vollen Sinn . desselben hat er nicht verstanden. Es gab ja Angenehmeres für ihn zu hö ren, wie z. B· jenes aus der Tiroler Hosburg ergangene kaiserliche Mani fest vom Z. Juni, welches den Kaiser erklären lief-» daß er zwar durch die Art und Weise, wie er zur Gewährung eines »constituirenden« Reichstags der anlaßt worden, «tief verletzt« sei, daß er aber trotzdem »die Sache selbst fest halten« werde und daß es sein »schu lichftes Verlangen, die baldige Eröff nung des Reichstags in Wien möglich ) zu seh-en.« Das steigerte noch die Sehnsucht der Wiener Bürgerschaft nach der Rück tehr des Kaisers. Da aber einflußrei che Damen die Sommerfrische im Thal des Jnn begreiflicher Weise erquickli cher fanden, als die Heimtehr in die schwiile Donauniederung so verzögerte sich die kaiserliche Wiederiibersiedelung nach Wien so sehr, daß Pillersdorf und Doblhofs höchst dringend anriethen, wenigstens einen Stellvertreter der Person des Kaisers zu ernennen, um den Reichstag zu eröffnen und über haupt der Centralregierung durch seine Anwesenheit mehr Halt und Gewicht zu geben« Der Passendste Stellvertre ter, riethen die Minister weiter, wäre der Erzherzog Johann, welcher, auch seiner Wahl zum deutschen Reichsver weser schon gewiß, dazumal so recht »Hans Dampf in allen Gassen« gewe sen ist, freilich ohne in irgend-einer Gasse etwas zu thun als biedermän nisch schwatzen. Die lentenden Hände in der Jnnsbrucker Burg ließen dein zufolge den willigen Ferdinand am 15. Juni ein Patent unterzeichnen, kraft dessen der Erzherzog zu seinem Stell vertreter ernannt wurde, um »alle ihm als constitutionellem Kaiser zustehen den Regierungsgeschäfte zu leiten«. « Der Erzherzog nahm an. und da er wenige Tage- darauf auch die ihm zu - gefallene deutsche Reichsvrrwesung an nahm, so hansdainpfte er eine Weile » wie ein Weberschifilein zwischen Wien » und Frankfurt und Frankfurt und » Wien hin und het, obzwar ohne etwas zu weben, was sich sehen lassen konnte. s Noch bevor jedoch der Erzherzoa bei der Etksffnung des Reichstags als Alterego des Kaisers fiauriren konnte, brach das Ministerium Pillersdorf unter der Wucht eines vom «Sicherheitsaus schuß« und vom »Demokratischen Ver ein«gemeinsam gegen dasselbe geschleu derten Mißtrauenvotums zusammen, hauptsächlich, weil sich in den Weis-fel zopf seiner Verlegenheiten noch em neuer Strana eingeflochten hatte, der slavische Aufstandsversuch inPrag und dessen Folgen. ,,Vivat der Wirtschaft Der crzlyerzoalichs bang Dampf läßt 1 von sich hören. z Die Bevölkerung von Wien, d. h. t die beweglicher-en Element: derselben " fanden nnd fühlten sich den Sommer » von 1848 über in der Lage und Stirn niung eines Menschen« welchem dar- Be lrußtsein, etwa-, was er ganz hätte thun können und sollen, nur halb ge than zu haben, leine Ruhe läßt und lser dem unablässig iuelenden Reize preisge geben ist, das Versäumte nahznholem ohne doch wirklich die Kraft zu be sitzen, das unerquicklichr Halb: zu ei nem runden Ganzen zu machen· Unmittelbar vor der Erdiinung des Reichstag-s explodirte die wivrrpillers. drrffssche Mine, nachdem der arsne Mann von Minister das laue Wasser grmiithlicher Beschwörungen erfolglos auf den brennenden Leitstrick gegossen hatte. Arn 8. « i:li faßte derSicherljeit5 ausschuß die esrlutivm »Die Träger des alten Systems-·- lind unbedingt aus dem Cabinette zu entfernen. Dobllivff ist mit der Bildung eines neuen Mini sreriums zu betrauen, in welchem an ßer Wesseiiberg kein Mitglied beiz- ietzis gen sitzen soll.« Noch irn Juli von 1848, wunderlich zu sagen, hatten derartige Resolutio nen etwas zu bedeuten, viel sogar. Wenn man unwidersprochenen Berich ten von demokratifcher Seite glauben darf, hat der kaiserliche Alterego und ers zogliche Hans Dampf in allen Ga en in di er Angelegenheit eine sehr zrveideuttge alle espielt. Er sagte zu einer Ell-ordnung es Demokratenvm eins, welche gekommen war, die Forde rung bei Sickxrbeitsausichusses zu un terstrihem »Auch ich bin von ver Unzu länglichleit des Ministeriumö vollkom men überzeugt und werde das Mithige versitgen.« Noch am selbigen Tag nahm er die angebotene Entlassung Pillersdorsfs an, mit welchem Sommaruga und Baumgartner ausschiedem und im Be i grisse, zur Uebernahme der Rächst-er ung nach « rantsurt abzufahren, be au tragte er errn Doblhoss, ein neues Cabinett zu ilden. Am 19. Juli trat dasselbe in’s Amt, sür sliichtig blickende Augen ganz so gebildet, wie die Be wegungspartei es wünschen mochte, sitt scharssehende nicht. Denn die Resolution desSicherheits ; ausschusses war mit nichten vollständig I ersiillt worden. Zwar tonnte es für ’ cleichgiltig gelten. daß der unvermeid liche Finanzminister Krausz aus dem alten ins neue Ministerium herüber-ge nommen war; aber von ganz anderer Bedeutung ist es gewesen, daß das glei che mit dem Kriegsminister Latour ge schah. Dieser Punct war offenbar siir den Hof bei der neuen Cabinettsbii dung der wesentlichste, der einzig we sentliche Mcchten die halbliberalen oder ganzliberalen Minister schwatzen und Gesetze sabriziren, wenn nur die Armeeleitung in den Händen eines ge treuesten Schwarzgelben blieb. Sicherlich hat der Erst-erzog Johann die Sache ebenso angesehen und in die sem Sinne geleitet. Denn der Prinz war keineswegs ein Dummrian, wosiir man ibn verschrieen hat, sondern viel mehr ein Psissitus Schmerle. Wenn Heine ihn sagen ließ: »Nicht mit demVerstand, nein. mit dem Momiiqi Will ich mein Volk regieren. ich bin kein Diplomatilus Und kann nicht politisiren—« so war das sehlgesckpssen, weit fehlge schossenL Der Erzbcrzog hatte freilich weder das Zeug noch auch nur den Willen, groß zu handeln und bedeutendes zu thun; aber was sich mit kleinen Mitteln mit Listen und Pfifsen sür das Haus Lothringen-Habsburg thun ließ, das hat er in Wien wie in Frankfurt rich tig gethan. Neben Wessenberg, Latone, Krausz und Doblhoss traten neu ins Ministe rium der vulgärliberale Fabrikant HornbostL der unbedeutende Journa list Schwarzrr und der von Pinseln demolratisch angemalte Advolat Bach, jedenfalls der zeitgemiiszeste seiner Col legen. Ob er damals schon förmlich in den Dienst und Sold des Hofes getre ten war und allerhöchsten Frauenzim mern das Gnadensutter aus der Band sraß, ist ungewiß und sogar zweifel hast Die Waare mußte doch erst im Ministersclnstsschausenster steben und die Wünschbarleit ihrer Erwerbung ad oiulos demonstriren. Im Uebriaen ge bärte herr Bach dem heiligen Bahn lon der Kautschultniinner an, welches sich Anno 1848 und nachher aus allen Parteien und Frartionen relrutirte isnd zur Grösie einer Armee anschwoll Noch hatte das neue Minsterium ficht zu amten begonnen, als der »inn stituirende Reichstag in Wien zusam mentrat. Die Zahl von 383 Abgeord neten, welche — mit Ausschluß lin aarng und seiner »Nebenländer« »- die Völker Oesterreichs nach der Haupt siadt entsenden sollten, ist nie ganz Voll gewesen. Zum Sitzun« slocale war die taiserliche Reitbahn bei der Hosburg hergerichtet worden, aber es wurde daraus teine Manege wie jene bei den Tuilerien, in welcher die Constituante, die Legislatioe und die Convention de battirt haben, so debattirt haben, daß ihr»J-!)ebattiren Handeln war. « sum i. Juki versammelte-r im me Ilieicbcstagcsmänner zu einer ersten vor bereitenden Sitzung. Es lief-· sich nicht rettufchen, daß nicht die Hälfte der Ltltitglieder des Reichztags der deutscken Sprache kundig war. Der Wunsch der Deutschen ging natürlich auf Erklä rung ihrer Sprache zur Geschäfte-spra ck.e der Versammlung: aber sie wagten ers doch nicht, ibren Wunsch in Form eines Beschlusses durchzudriidem und sc überließ man die-Verhandlungen von vornherein allen Zufällen eines bedu lr-nischen«3prachenwirrsals. Zehn Tage nachher bestellte der Reichstag seinen Vorstand und die Majorität machte der Stadt Wien dasCompliment, einen ih rer Vertreter, den Advocaten Schmut, eine Null im Frack, zum Präsidenten zu wählen. Dieser Strobpräsrdent ver schwand gänzlich vor dem ersten Vice präsidenten Striobach, einem Asche-dem welcher abwechselnd mit dem zweiten Vier-Präsidenten Smolta, einem Po len, die Verhandlungen des Reichstags vem Anfang bis zum Ende geleitet bat. Arn 22. Juli las der wieder aus Frankfurt nach Wien zuruergerannte Stellvertreter des Kaisers die Thron rede ab, ein seltsam Ding, worin im Oratelton de rebus omnibus et mitbetr dam liis gesprochen wurde, in einem Athemzuge von der Gleichberechtigung aller Nationalitäien des Kaiserstaats nnd von der Nothwendi teit eines fe sten Anschlusses an Deut chlcmd, ebenso von der Achtun vor den Freiheitsbe strebungen der . taliener und von der Behauptung der österreichischen Was ; senehre. Die Versammlung wurde sozu sagen nach Nebelheim versetzt mittels ; dieser nebulosen Phrase: »Der Reichs Hag ist berufen, das große Wert der l Wedergebur des Vaterland-es zu voll i bringen. Die Befestigung der erworbe nen Freiheit verlangt sein offenes, un abhän iges Zusammenwirken in der Festfte ung der Verfassung.« Nur nach einer Richtung hin sprach die Thronrede sehr deutlich, nach der Geldseitc hin: sie tiindigte »außer ordentliche finanzielle Maßregeln« an. Nun, das hieß unschst und hauptsäch I lich, die Anlei ptempy in welche die Mätzangst der Geldleute einen Leck ge- ’ macht hatte, wieder zu kalfatetn und in Thätigteit zu setzen. l l Bauen-beitritt Kndlich. i Das Beste, was der Reichs tagquegegebracht. Der Reichstag bemühte sich redlich, alle Register der Zeitphraseologie den guten Wienern vorzuorgeln; allein die große Frage für diese blieb doch immer: Kommt der Kaiser zurück oder bleibt er weg? So mußte sich denn auch das österreichische Parlament alles Ernsteö mit diesem Problem beschäftigen, def fen Lösung ja auch und zwar sehr, in seinem eigenen Jnteresse lag. Denn die Anwesenheit des Kaisers gab der Thätigleit des Reichstages doch erst die rechte Weihe und zugleich schien die Anwesenheit der laiseriichen Familie in Wien eine Bürgschaft zu bieten gegen die dunklen Machenschaften, die hinter den Coulissen spielten. Nach einer scheuderhaften, riesen bnndwurmartigen Schwäherei. welche sich darum drehte, ob man die Rückkehr des Kaisers »erbitten« oder aber »for dern" sollte — nebenbei wurde alles Ernstes auch darüber debattirt, ob man ten Kaiser mit »Euer Majestät" oder »Eure Maiestiit« anreden miisrte, ge . wann endlich das »Fordern« die Ober hand. Ob diese Forderung erfiillt worden wäre, falls nicht die günstige, schwarzgelbe Wendung der Dinge in Italien den Hof mit neuer Zuversicht erfüllt hätte, steht dahin. So aber ließen die Drahtsührer und Drahtsiih rerinnen des Hospuppenspiels den gu ten Ferdinand nach Wien zurücklehren und kehrten selber mit ihm zurück, am 12. August· Die Freude der Wiener war groß. Ter Reichstag seinerseits warf sich stolz in die Brust, der Welt gezeigt zu haben, daß er seine »Fort-e rringen« durchzusehen vermöge. Gerade in diesen Tagen that er das Beste, was ihm überhaupt zu thun ge lang. Schon am LET. Juli hatte sich eins der jüngsten Mitglieder dee Reichstags erhoben, um einen Antrag zu stellen, welcher diese gute That, die Emancipation der Bauern, einleitete. Ein junger Mann, gerade von der Hochschule gekommen, blond, blau iiugig. schmächtig ein verlörpertes Stück österreichischer Freiheit-sinnt Hans Kudlieh beantragte ans der Red nerbiihne: »Die Versammlung . möge erklären: Von nun an ist das Unter thiinigleitsverhältnisz sammt allen da raus entsprungenen Rechten und I Pflichten aufgehoben, vorbehaltlich der s Bestimmungen, ob und wie eine Lini s schädigung zu leisten sei«. Jubelnde sZuftimrnung von allen Seiten des-»F -Hauses, nur ganz wenige, gar nicht hört-are Stimmen ar»:-g:nkkn:nen. VII lein dieser Zustitnuiiinjoiubel iatte doch nicht die Energie jener glorreicheu Augustnacht von 17·8"-, welcfx das Mittelalter in Franlreich weaivisilztr. i i å ; f Kudlich und seine Parteigenessen lie: ! ßen sich in ihrem edlen Anlauf aushal ten dadurch. daß sie sich in die brichst weitichiclnigen und verwickelten trin Zelnheiteu der Robotirare hineiuisrm növriren liesien. Politisch tlua. ja an llixgsten wäre es gewesen, die Entschä digungsirage ungelöit iiber den lib psen der Bauern schweben zu leisem Damit bötte man den biiueriicheu Ei gennutz iorwälnrnd in sZpannuur und demnach fest an die Sache der Bewe gung geleitet erhalten. Es ist ja über fu«-und Un Aivnnkskclsp ist-v k«----· i g E i ten deutschen Revolution von 18t8 ac- i wesen, dasi sie der Selbstsucht der : Bauern viel zu frühe unr- riel Zu rriti ; » ständige Befriedigung geioihrte Stud J lich und seine Freunde erkannten dac auch, aber zu spät. Als der Antrag-· steller am Jl. August seinen F,t«.1em!al verbesserte-n und erweiterten Ylnrraq begründete, meinte cr, »mit der Ent scheidung der Entschädigungzsriae hat eq- leine Eile, da die Bauern gewiß zu siieden find, wenn sie auch erit nach Wochen erfahren, ob sie entichiidigen srllen«. Allein die Gegner der Linken nzertten die Absicht und wurden va durch teinestvegs verstimmt. Jin we gentyeil, sie waren sehr froh, daß in Gestalt der Entschädigungssrage ihnen eine ztveihenlelige Handhabe dazu ge boten wurde, erstens in den Augen der Bauern die Linle zu verdächtigen, als ob diese die genannte Frage iiir un toichtig ansähe, und zweitens durch eine rasche und billige Lösung dieser Frage die Mehrheit der Bauern der conservativen Partei Zu verpflichten Die lOigtvierige Debatte drehte sich auch nur noch um die Angel der Ent schädigungs- oder Nichtentschbidigiiiigs frage. Nun, das Ende vom Liede war, daß sich für Gewähruiu einer Entschädigng eine tomvatte Majori tät bildete. tinrtim und seine Genossen nahmen nun in ihren Antrag die Bestimmung Auf, das; die den Grund-Herren zu Die tendc Entschädigung der Staat zu tei sten unbe, und bei der artitekweisen Abstimmung gewann dieser Para graph eine Majorität von 48 Einn inen. Allein der Kuolich’sche TOka als ganzes wurde mit einer Msltvkztak von 4 Stimmen verworsem gegenuber einem durch Lasset sorrnulirtetn in wel chem die Leistung einer «billrgen Ent schädigung« an den gewesenen »Gute-, geknet- und Bogtherrn« dem neuen utöbesitzer zu ewiesen war. Am 7. Seinem-her sang die ganze Sache mit und durch Zustimmung der Regierung ihre volle Erledigung unv» diese »Er rungenschast« der österrerelnschen »Re vrlution«, die Bauerneinancrpxtiem die Entjochung der Bauerschast vom Mittelalter," war, wie die aröszte,· so auch eine bleibende. Selbst im Hoch stadium ihres Triumphdelirinmsz wagte nochmals die Gegenrevolution diese unberechcnbar wichtige Yteuerung nicht anzutastem indem sie sich noch immer mit Grauen der Blicke und Worte eines Kapuszczat und anderer Bauern erinnerte und es klüglich un terließ, den ans seiner Errungenschaft eingedäminerten Riesen-Tolpatsch wie der zu werten. In der That, er diimmerte, dulelte und schlief ein aus seiner Errungen schast. Bevor er das that, wollte er aber doch zeigen, daß auch er Lebensart hätte: —- am Abend des 24. Septem berö brachten 10,000 Bauern, aus al len Gegenden Oesterreichs gelom:nen. dem Hans Fiudlich einen Dantsactelzug dat. Damit aber hatten titudlich nnd die Revolution ihren Lohn dahin. Der dsterreichische Bauer machte es gerade so wie der baherische, schwäbische, bes sische usw. Er war fortan für Ruhe und Ordnung. Er hatte ja sein ,.Sächle«, indpste seine Tasche zu und that nicht mehr mit. Dank vom Men schen zu erwarten, ist Unverschämthklk Patnl vom Volke zu hoffen, ist Narr ,er . Ich-rn —-— Eljen und Z·vio. Der Krieg zwischen dem demhausehabsburgund den Magyaren. Derweil im Wiener Neichstage der nationale Gegensatz von Deutsch und Slavisch seine drohende Schrossheit vor der Hand noch zu der politischen Par teisotmel liberal und conservatio her abzumildern versuchte, hälelten hösischc Hände den nationalen Gegensatz zwi schen Magyarisch und Slavisch in der ,,-Osthälste« des Reiches glücklich in einen Knoten zusammen, welcher ge waltsam zerhauen werden mußte. Die schon früher zu Faden geschlagene Al Iianz des Hofes nut den Slaven wurde jetzt sestgenäht,nnd noch war das brau sende Eljen, womit der Amtsantritt deg- neuen ungarischen Ministeriums in Budapest begriiß wurde, nicht ver hallt, als schon vom Süden her zur Antwort bedeutungsooll das slavisck,c Zivio erscholl. Mit dem Zusammenprall dieser zwei nationalen Jauchzlaute und Bi vatschreie prallten zwei Nationalitäten, zweierlei Rassen wühend auf ein nnd-r Kossuth war in Ungarn der leitende Kopf geworden. Am 11. Juli zeigte er in einer großen Rede im ungarischen Jieichstage, wie Ungarn von den Shi ven im Blinde niit dein Hofe bedroht sei nnd seine Unabhängigkeit auf dem Spiele stehe. Er verlangte die Aus hebung von 200,000 Mann und einen Credit von 42 Millionen Gulden, ,,um einen ehrenhaften Frieden vermitteln oder einen ehrenhaften Kampf siihren zu lönnen.« Der Reichstag stimmte am 24. Juli in seiner Vegeisterung ein niiithig zu, aber die zweideutige Politik Tei Magharen trat dabei zu Tags-. Sie loolilen die Rolle der Slaveii übernehmen Wenn sieh der Flaisec ih nen in die Arme wars, so wollten sie ihm gegen alle seine Feind-e beistel;eii und wurden dann das dolninirende Element im Kaiserstaatx blieb der Mai-. srr mit den Slaven verbündet, so woll ten skch die Magharen ihre Unabhän gigleii ertiimvsen. Der Hof ging in dessen aus seinem alten Wege weiter und cknch der Beschlus-« Oesterreich in Italien zu unterstützen, lonnte ihn nicht davon abbringen. Jm Gegen theil wurde inzwischen das Bündnis mit dem abgesetzten und wieder in Gnaden aufgenommenen Van Jellacic erweitert und gefestigt. Der Hof schmeichelte den Kroaten und unter stiihte Jellacie, wo und wie er tonnte. Während der österreichische Reichstag in seiner Harmlosigleit sieh nur um die Abschassun der Feudallasten til-miter te, trat Je aeic immer provocirender gegen die Ungarn aus und geberdete sich als Vollstreeter des Willens des Kai sers, indem er verlangte, die Ungarn müßten ihreMärzerrungenschasten und ihre Selbstständigleit ausgeben. Nun, dies belehrte Jedermann dar iiber, wohin die Politik des hoses ging isnd der offene Kampf wurde unver meidlich. Er brach auch sogleich los-, denn am 11. September erschien Jella cic mit der lroatischen Streitmacht im Felde und siel ohne Weiteres in Un garn ein. Nunmehr flammte der Zorn der Magyaren lodernd anf, als sie erkann ten, welch schnödes Spiel der Hof mit ihnen getrieben hatte. Von edler Be geisterung für Freiheit und Unabhän gigleit ward das ganze Voll ergriffen und als das Ministerium am 14. Sep tember zu den Waffen ries wider den Kroaten Jellacic, da strömte die streit bare Jugend in Masse herbei. Ungarn glich bald einem Decktager. Der Pala tinns Stesan verließ Pest und ging nach Wien; der ungarische Reichstag aber sandte noch einmal eine Des-illa tion nach Wien, nnd zwar, wie Kossuth sagte, »nicht an den verrätherischen Hos, sondern an das Voll.« Allein die slavische Mehrheit des Neichstages ver eitelte mit großer Anstrengung den Versuch und nach langen und heftian Debatten wurde der Antrag, dies-illa gharen anzuhören, vorn österreichischen Reichstage mit 186 gegen 108 Stim men verworfen Gortsehung solgt.)