— Rath sonnenunterqana Eine Stiandgeschichte von R e i n - h old O r t m a n n. , Zwei Tage lang hatte der wilde "J.-.-;I.sr - Sturm mit ungebrochener He-,ugteit getobt, hatte die dunkle See bis in die Tiefen ausgewählt und die schaumgetrrknten Brandungswellen so machtzg aegen das Pfahltoert der Stranbprrmenade geschleudert, als sollten si- den leichten Bau durchaus m tausend Trümmer schlagen Von ihrJn sicheren Beobachtunggposten aus hatte-n die Badegäste das grandiose Naturschauspiel mit mohligern Er fchauern wie eine eigen-Z fiir sie erson nene Veranstaltung genossen, und ein müthig waren sie der Ansicht gewesen, daß es am Ende gar keine angenehmere und ersrischendere Abwechslung geben könne als solchen Sturm. Am Abend des zweiten Tages aber war von dern nahen Fischerdorf. Sakrau die Kunde ekommen, daß ein heimlehrendesBoot m der Brandung gekentert, und daß von seinen neun Jnsassen nicht einer gerettet worden sei. Wacker hatten die rmen bis zuletzt um ihr elendes Da sein gekämmt, das sicheres Gestade vor Augen, wo ihre Väter und Weiber und Kinder ohnmächtig dern verzweifelten Ringen zusahen, und schon hatten sie vielleicht das Schlimmste überstanden gäglaubi. als eine gewaltige Sturzsee s morsche alte Fahrzeug unter sich begrub und die harrenden Weiber und Kinder zu Wittwe-n und Waisen mach te. Der Wittwen und Waisen aber gab es in Sakrau schon genug und der Noth und des Elendes nicht minder, so daß zugleich mit dir erschütternden Kunde auch ein gellender Schrei um Erbarmen zu dem eleganten Badeorte hinübertlana. Und er verhallte nicht ungehört. Mächtig regte sich in allen Herzen die aus ihrem Schlummer geweckte Men schenliebe. Jn der Frühe des nächsten Tages schon trat ein aus den hervor raaendften Perösnlichkeiten der Gesell schaft gebildeten Komite im Curthause u einer langen Frühstückssitzung zu sammen Viele gute und schöne Worte mußten da gesprochen, viel guter und theurer Rothwein mußte getrunken werden, ehe man dahin übereingekvm seien war, daß der beste und sicherste Weg, den armen Hinterbliebenen zu lfen, die Veranstaltung eines großen ohlthäti keitsfeftes mit Cvnzert, Ball und z euerweri sein würde. Baron Ewald v. Rittberg, der ein hellig erwählte Präsident des Comites, erhielt den ehrenvollen Auftrag, die erforderlichen Vorbereitungen zu tref gh Als reicherGroßgrundbesitzer und itglied des Hereenhauses war er da ohne Zweifel die geeignetste Per sänlichkeit Nachdem seine bescheidene Einwendung, daß er von künstlerischen Dingen ganz und gar nichts verstande, allseitig zurückgewiesen worden war, nahm er die ihm zu edachte Würde im Interesse der guten åache um so bereit williger an, als er gewiß sein konnte, in seinem Neffen, dem Lieutenant Kurt v. Alberslebm einen eifrigen und ge schickten Gehilfen zu finden. Diese Zuversicht hatte ihn denn auch nicht getäuscht. Der hübsche Lieute nant, der als slotterTänzer und schnei diger Lawntennisspieler die mannich fachsten und angenehmsten Beziehun en zu den besseren Kreisen der Ba gesellschaft unterhielt, stellte sich fiir das große Werk der Menschenliebe so fort mir Leib und Seele zur Verfü Hung. ,, ch bringe Euch einConcert zusam men, wie es hier noch tein Mensch ge hört hat,« erklärte er. »Die Erste aber, deren Mitwirkung wir uns sichern seitissem ist Fräulein Helga v. Marti tn .« »So?« fängte odårf szaron »Und warum qra e die« t te eine so « roße Künstlerin?« q «Phänomenal, lieber Onel —- ein fach phänomenal! Eine Stimme wie ein Engel! Jch habe sie nur ein einziges Mal gehört, aber —- mein Wort draqu —- es war die reine Sphärenmusik.« »Na, aus Deine Verantwortung al so! Und wie kann man dieser Sphären Msikantin habhaft werden?« F »O, nichts einfacher als das! Du Wirsst Dich in Gala und machst ders 'Uama in der Ban Quisisana Deinej i In- wartung. Mit Rücksicht aus den; Ioblthiitigen Zweck wird sie ihre Ein-» Anat ung gewiß nicht veriagen." ist Du mit der Dame bekannt?« »Mit der Mama — nein. Sie führt ein sehr eingezogcneg Leben, und ich weiß nur, daß sie die Wittwe eines österreichischen Offizierg ist. Fräulein helga war ein paar Mal meine Part serin beim Tennis. Sie ist übrigens ein reizendes Mädchen, und Du wirst entzückt fein, wenn Du sie siehst.« »Spi« —Der Baron streifte seinen Ichmucken Neffen mit einem etwas miß ttanifchen Blick . »Hin mal, Junge — Xnnsnmchft mit da doch keine Geschich .Gewiß nicht, Onkelchen!« versicherte der Lieutenant mit ver treuherzigsten - Miene von der Welt. Und der Baron Im te wohl beruhigt werden, denn er chte nicht weiter. Eine Stunde ««ter schon —- denn es galt ja, keine ät n verlieren — gab er in der Ban i- ema feine Karte ab und Ivurve Gott empfangen Zum· Schutz gegen grellen Sonnenschein waren die usien vor denfenftern des kleinen lvnz herabgela en worden und der sur-n sah in dem matten Dämmer - W deshalb unächft nicht viel mehr Its die Umrt e einer hen fchlanten is« Umgestalt, die ihm mnnh d mit see etwas befremdlichen Lehhaft steif der Bewegungen um eini e Schritte entgegenkam. Da er nirgt zweifeln ,lonnte, Frau von Martinitz vor sich «zu haben, machte er seine artige Ber beugung und eröffnete ihr in wohlge setzten Worten seine Wünsche. Wäh (rend er sprach, gewohnten seine Augen "sich allgemach so weit an die im Ge mache herrschende Dunkelheit, daß er auch die Einzelheiten in der Erschei nung der vor ihm stebenden Dame wahrnehmen konnte. Und je länger er sie ansah, desto unsicherer wurde seine anfangs so leicht sließende Rede. Nicht daß ihreSchönheit ihn verwirrt und ge blendet hätte. Frau v. Martinitz stand ja gewiß schon in der zweitenHälfte der Vierzig —- und wie wohlgebildet auch knoch immer ihre Figur, wie anmuthig loer Schnitt ihres feinen ovalen An slitzes sein mochte, jener sinnbethörende «3auber, den nur die holde Jugend zu verleihen vermag, war doch längst da hin. Was den Baron bei ihrem An t-lick verwirrt und befangen machte, fiwar etwas Anderes, war die Wahr lnebmung einer merkwürdigenAehnlich-s Ekeit, nnd mit ihr zugleich ein wunder sames Erklinge-. süßer alter Erinne rungen in den Tiefen seiner Seele. F Recht unbeholfen kam er mit seinem lAnliegen zu Ende, und dann gab es seine sonderbare kleine Pause, bis die lDame, die ihr Gesicht halb von ihm Habgewendet hatte, leise sagte: s »Da bleibt mir wohl nichts Anderes kubrig als meine Zustimmung zu geben F— wäre ei- auch nur um unserer alten jBelanntfchaft willen, Herr Baron! Nun war er es. der mit beinahe ju laendlichern Ungestüm aus sie zueiltr. »So ist es Wahrheit! — Jch habe mich nicht getäuscht! Sie sind es wirt lich, Helene! —- Mein Gott, welche Ue berraschung und welche Freude!« ; Er druckte die schmale und noch im mer wunderhiibsche Hand, die sie ihm daraeboten hatte, wiederholt an seine Lippen, und ohne Widerstreben ließ sie es geschehen. - z «Sie wußten also gar nicht, HerrJ Baron. zu wem Sie da gingen?'« i »Bei meiner Ehre, ich hatte keinel Ahnung! —- Woder hätte ich es denn auch wissen sollen? Seitdem Jhr herr Vater dem meinigen jenen unbarm-’ herzigen Brief geschrieben, der alle mei ne Hoffnungen so grausam zerstörte,s gabe ich ja nichts mehr von Jhnen ge-l ört.« « »Das heißt, Sie wollten nichts mehr! von mir hören — und das ist begreif-I lich genug. — Lassen Sie uns dennl auch nicht weiter von diesen alten Ge-! schichten reden! Jch freue mich, wennl die dreißig Jahre, die seitdem bergan-; gen sind, Jhren Groll eingeschlaferti haben, und ich möchte ihn nicht gern· aus seinem Schlummer wecken.'« »O, damit hat es teine Noth. Wenn man erst einmal graue Haare hat wiel ich und wenn —- —« l Er unterbrach sich, denn er merkte« daß etwas Ungeschicktes herauskommen1 würde, und es war ihm jetzt ganz recht, i daß Frau v. Mariinitz wieder von dem? Wohlthätigkeitsconcert zu sprechen be-’ gann. »Ich kann meiner Tochter natürlich nicht besehlen, öffentlich auszutretenfz sagte sie, »und Sie thun wohl am be-« sten, ihre Zustimmung selbst einzuho-; llen. Augenblicklich ist Helga leider im« Bade, aber wenn Sie mir die Freude l machen wollen, am Nachmittag eine Tasse Kassee bei mir zu nehmen, wer-i den Sie sie sinden.« Der Baron ging aus die Einladung »mit Freuden ein und bat nur um diei Erlaubniß, auch feinen Neffen als den« einentlichen Regisseur des Concerts mitbringen zu dürfen. Als er dann ein paarMinuten späte-r aus der trau-s lichen Dämmerung wieder in den hellen? Sonnenschein hinaustrat, war ein« ganz eigenes-, stillvergnügtes Lächeln aus seinem Gesicht, und er schritt so leicht und elastisch dahin, als hätte ihm das alte Familienleiden der Rittber , das Poda ra, noch niemals zu scha - sen gema t. Und wie er dann am späten Nach mitta mit Frau v· Martinin aus der« dem eere zugekehrten Veranda der« Van Quisisana sak, da geschah es tro aller guten Vor ätze doch, daß ihrs Ge präch sich ganz sacht und unmerklich von den gegenwärtigen Dingen weiter und weiter in die Ver angenheit zu rück verlor bis u jenen ernen Juwnd tagen, da sie ’de geglaubt hatten, nimmermehr ohne einander leben zu tönnen. Sie waren allein und hattent tein Laufcherahr zu fürchten, denn die« blonde Helaa, die mit dem süßen Lieb-s teiz ihrer siebzehn Jahre ganz darnach; angetlzan war, ein Männerauge zu cui-H zücken, hatte sich mit dem Lieutenant v.1 Albersleben in das Musilzimmet u-«l rückgezvgen, um eine lleine Probe fürs das Concert abzuhalten. Der Baron; »l)c:tte die jungen Leute vorher sehr auf linertsam beobachtet Und gefunden, daß» Isie in der That ganz hatmlog und un befangen mit einander verkehrten· Er hatte gegen ihr Alleinfein also keine Bedenken gehe t, um fo weniges-, als sie doch fchließ ich seiner Meinung nach noch halbe Kinder waren. Helga’s weiche Stimme llan durch das geb · nete Fenster u den eiden heraus, ten zu ihren üßen liebtoften mit fan - 4tem Raufchen die Wogen des ewigen tMeeres den weißen Strand, und die sinkende Sonne warf einen breiten jStteifen flüssigen Geldes über die lei ife bewegte, dunkelblaue Fluch. . Jhte Unterhaltung war in’s Stocken ,gerathen, aber sie empfunden das einke tretene Schme nicht wie etwas · ibehagliches un Bedrückendes, «dennJe .des von ihnen war gan nnt lernen Ge .danten beschäftigt nd sie dachten Beide an einen weit hinter ihnen lee genden Brennus-abend der lind nnd Ysonnig gewesen war, wie der, den sie heute erledien Sie dachten an die Terrasse im Pakt des hochgelegenen Herrenhauses, von der aus man einen so herrlichen Nundblick hatte über das umliegende Gelände —- und sce gedach ten, wie sie Beide an jenem Abend dort gestanden, innig umschlungen und mit «·einer Welt von Glück und Weh in ihren Iiungen berzem Denn ioonnevolle himmlische Tage iwcsren es, die mit diesem Abend zu kEnde gehen sollten ——- die iöstlichen, seligen Tage der ersten Liebe Wenn die Sonne, die sich dort im Westen ih rein Untergange zuneigte, wieder über den Horizont emporstieg, war die JStunde der Trennunc gekommen. Dann sollten Heime und ihr Vater kdas Haus verlwrfsen dessen Gäste sie iseii ein paar Wochen hindurch gewesen knaren, und das Wiedersekien lag in unbestimmten nebelnder Ferne. Aber ;n·-ie auch ihre Seelen eriiiterten im derben Adschiedsleid — — das Glück und die Hoffnung waren dich viel, viel stärker. Und während sie eng aneinan der geschmiegt dem druntenden Schau spiel des in goldfuntelnder Herrlichkeit :versinienden Tagcågestirng zusahen, tauschten sie heiße Schwüre und dau ten schimmernde Luftschlösser, darin-l nen es aleißte und alitzerte und strahl- i te wie hinter ihnen die Fenster des ai ten Herrenhauses im Widerschein der connenglorie strahlt en. »Eine kurze Nacht nur, mein Lieb, und die Sonne unseres Glückes geht wieder auf, tausend mal schöner und mächtiger, ais sie uns dort entschwin det!« —- — Aber die turze Nacht hatte volle drei Jahrzehnte genährt —- ein gan zes Menschenalter. Jhre Wege waren weit auseinander gegangen. Sie hat ten sich gegrämt und gehärmt, hatten sich gegrollt und sich endlich vergessen. Die ranschende Fluth des- Lehena hatte die Erinnerung an die Jugendliebe hinweggeschwemmt, und nun, da ein Zufall sie wieder zusammengeführt, nun waren die heißen Flammen erlo schen und es war still und tiihl in ih ren Herzen. Nein, doch nicht ganz still. Diesen letzten goldigen Sonnenstrahlen, die das feine Gesicht der Frau v. Martinih mit einem zarten rosigen Schimmer wie mit einem trügerischen Schein der Ju gend überhauchten, ihnen mußte eine aunderbare Kraft innewohnen, Er sicrbeneg zu beleben und verstummte Accorde von Neuem erklingen zu las sen. Baron Ewald hatte eine Empfin dung, als drängen sie ihm erwärmend bis in’s innerfte Herz hinein, und ihm war, als seien diese dreißig Jahre mit all’ ihren Lasten und Freuden, mit all’ ihren Genüssen und Enttiiuschungen nichts Anderes gewesen als ein lan ger, wirket Traum. Mit einem Ruck richtete er sich plötzlich in seinem Stub le aus« und indem er sich zu der Ju gendgeliebten hini«berneigte, sagte er: »Er-innern Sie sich noch an Das, was wir damals miteinander sprachen, Helene? Es steht mir vor der Seele, wie wenn es gestern gewesen wäreDas Schicksal ist mit uns Beiden ja etwas wunderlich umgcst·rungen, und wir haben ein bischen lange warten müs sen, aber vielleicht ist es noch nicht zu »Mit — —« Sie hatte ihre Hand leicht auf sei nen Arm gelegt, um ihn verstummen zu machen. Mit einem Blick und einer Nkpfbewegung bedeutete sie ihm, sich dorthin zu wenden, wo sich das Fen ster des Musitzimmers auf die Veran da öffnete. Und er gehorchte dem stum men Befehl, wie verletzt und enttäufchr er sich auch grade jttzt durch ihn fühlen mrchte. Das aber, was er da drinnen sah, ließ ihn dann freilich ganz und gar vergessen, was er der Frau v. Marti nitz hatte sagen wollen. Die blonde Helga und der Lieutenant v. All-ers leben hatten ihre improvisirte Ton-rett vrobe abgebrochen, um sich ir end et nan sehr Wichtige-Z mitzuthei n. Die draußen Sidenden konnten nicht ver riet-mein was es war, denn die Beiden sagten es einander nicht mit den Lip pen, sondern nur mit den Augen. Aber sie sagten es sich trotzdem so deutlich, unl- die sinkende Sonne rserlliirte zwei so glückselige junge Gesichten daß Ba ron Ewald ihr sähe- Geheimniß viel leicht auch dann errathen haben Isr de, wenn ihm nicht eben i t die Er innerung an jenen andern - can-errun rcrgang von vor oremrcx Jahren w rev hast vor der Seele gestanden hätte. Er saß aanz starr, denn von den hei den großen Ueberraschunaen des heu tian Tages war diese ohne Zweifel die größere, und er lonnte nicht sogleich mit sich darüber ins-H Reine kommen, welche Haltung er ihr gegenliber ans zunehmen habe. So vergingen ein Paar 4 Minuten in tiefern Schweigen, und dies große, aliihende Srnnenscheibe tauchte unterdessen völlig in’s Meer hinab. Ein lühler Lustzug sirich iiber die weite Wasserfliiche daher, und Baron Ewald fühlte, wie die hand, die noch immer auf seinem Arm ruhte, in leisem Frösteln erzitterte. Er wandte sieh nass iFrau v. Martinih um und sagte rasch; »Wir wollen hinein gehen, denn es wird lalt.« Ein seines, etwas wehmüthiges Lä cheln husehte über ihr Gesicht, von den-. der trügerisch rosige Schein der Ju gend nun wieder ganz und gar ver schwunden war. »Ja, herr Baron. nach Sonnenun tergang wird es kühl-—- in der Natur wie im Menschenleben —- Doch ich habe Sie vorhin unterbrochen —- darf ich nun erfahren, was Sie mir sagen wollten?« Er wars einen Blick auf ihr Antlih f und einen zweiten in das Musik im mer, wo der Lieutenant der erglii n den Helga soeben geheimnißvoll etwas in’s Ohr sliistertr. Die Beiden dadrin nrn empfanden offenbar nichts von der gefährlichen Kiihle, unter der Frau v. Martinitz erschauert war und deren Hauch ihn felbft in recht unerwiinfchter Weise an sein Podagra erinnert hatte. Sie hatten wahrscheinlich nicht ein mal bemerti, daß die Sonne unterge gcngen war, denn sie sahen ja die Welt mit den Augen der Jugend und des Glückes. - »Was ich sagen wollte, Frau Helene —-- ja so, ich wollte sagen. dasz es viel leicht doch noch nicht zu spät ist, an das abgerissene Ende des Fadens einen neuen anzutnüpsem Für uns Beide ist’s nach Sonnenuntergang, datin müssen wir uns wohl ergeben —- Denen da drinnen aber, die noch im ewigen Sonnenschein leben, sollten wir füglich ersparen, was wir selber haben leiden sniiissen Und wenn wir ietzt hinein ge hen, sie aus ihrer seligen Weltoerges fenheit aufzuftörem sollten wir ihnen nicht wie das grausame Schicksal, for dern nsie eine freundliche Vorsehung erscheinen. Das ist zwar eine andere Verwirtlichuna unserer Jugendträume, als wir sie einst erhofften, aber ich den te, die schlechteste ist es noch immer nicht« . Gliicklich und dankbar lächelte ihm Frau von Martinitz zu. »Gewiß nicht, Baron Ewaldl — Reichen Sie mir denn, bitte, Ihren Arm!« Wie schützt man sich nor’m früh zeitian eilte-rni Nicht die lange Dauer des Lebens ist siir die meisten Menschen wünschens werth, sondern die möglichst lange Er: haltung der Fähigkeit, geistig und tör perlich kräftig zu bleiben. Diese Fö higteit ist in manchen Familien erblich, es läßt sich aber viel thun. sie zu er langen, auch wo sie nicht erblich ist. Dr. Herinann Weber. tonsultirender Arzt am deutschen Hospital zu Lon don, hat sich jüngst über dieses Thema aus Grund einer mehr als »So-jährigen frztlichen Erfahrung vernehmen las en. Um gesund und kräftig zu bleiben, bedarf es der guten Ernährung der le lsenstvichtigen Organe, besonders der Organe des Kreislauseg vom Herzen bis in die feinsten Cavillaren und die Venen und Lymphgesiißr. So giebt es viele Familien, in wel chen die Gehirngefäsie sriih entgrten. Es hängt dies in vielen Fällen ab von zu reichlicher Nahrunasgufnahme, zu; geringer körperlicher und geistiger This-s tigteit oder zu viel Schlaf, nicht selten verbunden mit mehr als nöthigem Gesj nusz oon Nahrung und zuweilen demi geistiger Getränke und unmöszigem Ge brauche von Tabak. Die Verhütung liegt in großer Mäßigkeit. reichlicher; körperlicher Bewegung. vielfacher nichts einseitiger geistiger Thiitigkeit von fes selndem Interesse und womöglich mit Erheiterung des Gemüthes. Bei sehr mäßiger Nahrungsausnah me wird die Neigung zur Ablagerung in den seinen Blutgesößen vermindert, und die körperliche Bewegung in den feinen Blutaesäsien vermindert und die körperliche Bewegung wirtt durch Er zeugung von vermehrtern Blutzuslusz zu allen Organen nnd natürlich auch zum Gehirn: die seinenBlutgesöße wer den dgdurch mit in die Arbeit gezwun gen und so wird ihre Elastirität erhal ten. Zu gleicher Zeit wird der Stoff urnsatz im Gehirn gehoben und die Er nährung der Nervenzellen gebessert· Die geistige Thätigkeit erzeugt eben falls vermehrten Blutzuslusi zum Ge hirn und wirkt somit in erheblicher Weise. Leute mit regelmaßiger Be rnssthätigteit haben deshalb meist bes sere Aussicht, als diejenigen ohne eine solche. Gleich gut und siir viele besser ist natürlich anhaltende. selbst geschaf sene Thötigteit, unabhängig vom Ve gmten- und Geschöstslehem wie z. B. politische, literarische. vhilantrovische, antiguarische oder musikalische Beschäf tigung. Von Mßem Ruhen fiir dies meisten Mens , auch solche, welk-hel einen regelmäßigen Beruf haben, ist dies srithe Pslegung einer Nebenardeit, et-; nei sogenannten Steckenpserdesx denn die Berufsthätigteit kann durch Ver-? höltnisse abgeschnitten werden, und die Gründung von neuen Interessen ist nicht siir Jeden in voraeschrittenem Al ter möglich. trenn man sie nicht früh besonnen hat. Ebenso wichtin ist es, der. entgegen gesetzt-en Einflüssen Aufmerksamkeit zu schenten Kummer und Hoffnungs losigkeit erzeuqen bei manchen Men schen solche Heraksdriicksmcz des Ge müthg, daß sie vollständia untbätig werden, daß ihnen Alles aleichgiiltig wird. Jn einigen Fällen bat man be obachtet, daß nach schweren Verlusten »die Herzthätigteit schwach und unregel finiißig wurde. Bis-weilen tam es dann zu dauernden Stumrsbeit. Vermin dertes Atlunen und ungenügender Blutzuslusz zum Gehirn mögen die hauptaaentien sein bei dem ungünsti gen Einslusz von physischer Depression Wir haben in unserer Zeit sür die Erhaltung der geistigen Fähigkeit im Alter manche Vorzüge ror unseren Voreltern in Verslossenen Jahrhunder ten. Durch Brillen zum Beispiel wird uns die Fähigkeit erdnlten unser Ge hirn auch im Alter Au beschäftigen: durch die großen Fortschritte in Reise gelegenheiten ist alten Leuten die Ge legenheit geboten, Neues zu sehen und A wechselung und Beschäftigung siir ihre Ideen zu finden Zerner giebt es Inmitten. in denen der Tod sast stets zwischen 50 und 60 Zahren ein utreten pflegt und das rz zuerst seinen Dienst versagt. Regelmäßige tägliche körperliche Be wegung, regelmäßige Athemiihungen, längere Bewegung bis pur Anstreng ung in gewissen Zwischenräumen mit beschränkter Nahrungsausnahme, Pe rioden von größeren Beratouren sind hier die vorbeugenden Mittel, die aber nicht siir ein paar Wochen oder Mo nate, sondern viele Jahre lang, ja das ganze Leben hindurch angewendet wer den müssen. Aus solche Weise ist es Weber in einer Reihe von Fällen ge lungen, die Herzthätigleit so zu heben und in solcher Energie zu erhalten, daß das Alter von etwa 70 Jahren erreicht worden ist, während Väter. Großvä ter, Brüder 15 bis 20 Jahre sriilier an Herzleiden zu Grunde gegangen waren. Ein wichtiges System zur längeren Erhaltung der körperlichen und gei sei-gen Energie ist der Verdauung-sap parat. Bei den meisten Menschen stellt sich nach dein 60.. bei vielen schon nach dem 50. Jahre und sriiber eine Ver lninderung der Verdauunassähigteit ein. Dem entsprechend must die Nah rungsausnahme eingerichtet werden. Es muß die Menge der Speisen abnehmen und die Natur derselben muß leichter verdanlich und weniger reizend sein. Bei großer lörvkrlicher und geistiger Thätigleit wird eine stärkere Zusnhr länger ertragen; bei geringerer Thätig leit und starler Nahrungsausnahme aber treten allmählich, friiber oder spä ter, Veränderungen verschiedener Art »ein. Sie tönnen in iibermäsiiger Fett :bildung, in Entartung des Herzen-Z Trind der Gefäße, in Bright·scher Krani ;heii, in Rheuniatismus, Gicht, Zucker lrantheit, chronischen Katarriren n. s. w. bestehen, und führen auf knannich fachen Wegen zum vorzeitigen Altern. Bei den meisten Menschen ist es im vor geschrittenen Alter richtig, wenig zu essen und zu trinken. s Weber hat Gelegenheit gehabt, meh rere Fälle genau zu beobachten, wo Männer zwischen 40 und 60 Jahren, bei im Vergleich zu anderen Menschen mäßig-m Genuss von Speisen und Ge tränken, an fortwährenden Verdau ungsstörungen litten. mit herrschend che, Gemüthsdepression Abmagerunq und einer Art vorzeitiaen Greisenal ters, so daß sie 15 bis 20 Jahren älter aussahen und deshalb von Lebensver sicherungs - Gesellschaften zurückgewteg sen wurden. Bei Beschränkung aus ei ne äußerst geringe Nahrungsmenget huptsächlich aus Milch, weißem Fisch, Kalbsgehirm Hühnerbrust und leichten Gemiisen bestehend. und vermehrter lörverlicher Betveguna wurden sie frei von Leiden, nahmen an Gewicht zu, wurden arbeitesähia und hatten ein so verfünates Aussehen. daß ihr Leben versichert werden konnte. « Bei vielen Menschen wird der frühe Verfall der aeistigen und körperlichen Funktionen durch den überm-Eifrigen Genuß geistiger Getränke erreugt. Die meisten Menschen können ganz qui ohne Alkohol leben und thun wohl da ran, ihn zu vermeiden. J Was den Tabalsaenusa anlangt, so kennt Jeder Menschen, welche ihr gan zes Leben hindurch starke Raucher ge wesen sind und ein hohes Alter mit langer Erhaltung der Energie aller Funktionen erreicht lsaben. Es begra nen aus der anderen Seite aber auch viele Leute, bei welchen das Rauchen Schwäche der Berdauuna, des Herzens-,l des Rückenmarls und Gehirns erzeugt hat« das ganze Bild des vorzeitian Greisenalter-L und unter ihnen sind» solche, die durch das Wealassen der-« Rauchens von manchen Schwächen bes sreit sind und manche verlorenen Fä higkeiten wieder erlanat haben. Biel wird über den Schlaf aesprosi chen, aber sein Verhältniss zur längeren oder liirzeren Dauer des Lebens, oder zur längeren Erhaltuna der Energie der Funktionen der Oraanisrnus wird selten beobachtet« Es ist schwer ru sa gen, wie viel oder wie wenig Schlaf gut ist. Es wechselt dies sehr mit der Natur des Menschen, mit seiner Be schäftigung und natürlich mit dem Le bensalter. Kinder und iunge Men schen irn Wachsthum bedürfen viel Schlaf, auf der Höhe des Leben3»schon weniger und noch wentaer in spaterer Zeit. Ilir die grosre Mehrzahl sind nach dem Alter von 50 Jahren 6 bis 7 Stunden völlig hinreichend und eine größere Zahl ist meist zu viel. Lange-z Schleifen gehört sicher nicht tu den Ver hütungsrnttteln des vorzeittaenAltern;, eher sprechen manche Erfahrungen sur das Geaentbeii. Die Therorie, das-. durch reichliche geistige Thätialeii und körperliche Be lweguna das Leben verkürzt und dav Igeaebene Maß von Lebenslrait früher kverbrauchr wird, ilt nach Webers Er fahrung unrichiia. Ein aewisses Maß iit allerdings nötbia nnd Perioden der Ruhe sind aut: aber wir haben es sicher lich nicht mit einer adaemessenen Men ge von Malt zu thun· sondern das »Ein-as« in den Zellen nnd Geweben, das lebendige Material. welches oc-: Aeuhetuna der Kraft Zu Grunde liegt, soird durch reichliche Tbiitigkeit, so lange sie nicht nnmiißia ist, erhalten und fortwährend verjüngt Und im Ganzen lassen sich die Maß te eln Zur Verhütuna des vorzeitigen A teti in die Worte zulammenfassem Arbeit nnd Entdalifarnieiti —- Tsasselbe in Grün. »Sie habe doch studirt, Herr Bemer; wielo fix-« Sie jeht Weinreiiender aeworden? Dr dpreb sind Sie ia in Ihrer Karriere g - wiljcemaßen aeiunlen.« —- ..Jm Gegei ildetii Feiiber habe ich Bierreisen gi macht, und jetzt wache ich Weintrisen.· Die sei-muss der spread-Ilsen hat-m — Baron Ed. de Mandat-Gewinner ziihlt im Pariser »tharo,« es gäbe seht in Paris etwa 50 Personen, dar unter vin junge Damen, die ohne je des Ungemach 600 Kilometer (875 engl. Meilen) weit im dunlelsten Afri ta Stanleys Spuren gefolat sind und sammt der Seereise von Antwerpen aus fiir diesen »Ausflng« nicht mehr als 54 Tage gebraucht haben. Die Er öffnung der Komm-Eisenbahn bot die Gelegenheit zu dieser 8 eise. Der Er iihler schildert zunächst die Bauge schichte der Bahn. Sie soll ein ungeheu res Gebiet eröffnen, welches bisher wegen der Stromschnellen und der da durch verhinderten Dampsschisfahrt brach liegen mußte. Es ist dies das Gebiet in der kolossa len Kniebeuge des Kongo, etwa funf mal so groß. wie Franlreich, uno durchzogen von einer bedeutenden Menge von Zuflijssen des Haus-isten mes, die alle schissbar sind. Seit dem Jahre 1889 dauerten die Bemühungen fiir das Zustandekommen der Bahn; aber so groß waren anfänglich die Schwierigkeiten, dafz fiir den Bau der ersten sieben Kilometer (41« engl. Ml.) drei Jahre erforderlich waren. Jn Iweiteren zwei Jahren waren 135 Ki Ilometer fertig, 1897 hielt man bei 264 kund im Januar dieses Jahres hörten »die Fluszpferde von StanleysPool tzuw ersten Mal den Psiff einer Loto Tmotive.« Die Kosten betragen 55 Mill. lFranlem also 155,000 Franken für Hden Kilometer. Die Waare, die von Antwerven zu Schiff abae«ht, wird in Maiadi (160 Kilometer (100 engl Ml.) flußaufwörts von der Komo miinduna) ausgeladen und dann von der Eisenbahn weiterbesördert. Man darf sich nicht vorstellen, daß man es hier mit einer großen Eisenbahn nach eurooäischem Muster zu thun hat; der Bau einer solchen hätte 200 Mill. Fr. und Zaum Menschenleben gero stet. Es waren ja geradezu phantasti-— sche Schwierigkeiten zu überwinden. Den Negern tonnte man wohl alle möalichen Lasten anvertrauen, die sie aus ihren Köpfen nach der Lastträger sitte dieser Weltgegend weiter beför derten, aber es war nicht daran zu denken, ihnen eine Spitzhaue in die Hand zu geben. Man liesz 500 Chine sen aus Maeao tomrnenx nach drei Monaten waren ihrer nur 160, alle übrigen waren estorben. Das Klirna war entsetzlich. « n den Bahneinschnit ten bei Matadi stieg das Thermometer mitunter bis aus 95 Grad Fahrenheit. Die Schwarzen von der Jnsel Barba dos und von Jamaita, welche die Ar beiten am Panania-Kanal nicht umge bracht haben, starben wie die Fliegen. Nur die Leute von der Westlüste Afri tas nnd besonders die Senegambier, zeigten sich widerstandsfähi . aber sie tosteten viel Geld. So ein enegambi seh-r Erdarbeiter verdiente bis zu ji) Fr. täglich. Man hat sich mit einer schmalspurigen Eisenbahn von nur 75 Zentimeter t2z Fuß) Schienen-— weite begnügt, alle tostspieligen Kunst-« banten vermieden und Steigungen und Kutven gewählt, die in Europa unerhört sind. Es giebt streckenweise Gesälle vi-: zu 4 Zentimeter aus den Meter und Kurven von 55 Meter UZZ Fuß) Rat-ius. Mrn söhrt ijber die Berge aus Serpentinen, die einander ungemein nahe gerückt sind. Man lann auch nicht mit sehr schweren Zügen fahren. Eine Lolontative von 30 Ton nen schlepvt It Wagen mit je 10 Ton nen Last. Mit euroväischen Tarifen wäre ein solcherBetrieb geradezu wahn witzig aber man muß sich erinnern, daß hier in Asrita der Lasttriiger das einzige bekannte Iransportmittel ist und daß er durchschnittlich tm Tages braucht, um 30 Kilograrnrn von Ma tadi bis Stanley-Pool auf seinem Kopse zu tragen. Unter solchen Be dingunaen lostet der Transport einer Tonne Waare 1500 Fr. und die Bahn thut es unr 1000 Fr. oder SM . — Eigengeruch der Menschen. Vor urtheilblose Physioloaen haben immer zugeben, daß die Beobachtungen res Wollaposiels Jäger nicht aus der Lust gegrissen sind, nenn sie auch mit dessen übertriebenen Folgerungen nicht ein verstanden waren. A. Betbe theilt im Archiv der gesammten Physiologie« Beobachtungen mit, welche Jägers An sichten bestätiaen und theilweise sogar erneuern. Mac- Betve nat ieer Zur-t vidnun seinen einenen Geruch, an sent ei- nicktt nur von Hunden, sondern auch von kMenschen mit empfindliche-n Ge ritchookaan erkannt werden kann. So tennt Betbe einen Herrn, der in einer Gesellschaft von »von-tin und melerers soncn jede einzelne mit verbundenen Augen sicher erkennt. der riecht, wenn Jena«-nd in seiner Abwesenheit im Zim mer oder bei Betannten war. Der Ei :gen;reruck: ist nicht anaeboren, sondern ;cnttvietelt sich allmählich. scheint in der isteit ter Pisteität seine volle Ausdü ’duno. zu erreichen und von da on gleich zu bleiben. Alle Mitaiieder einer Fa nxilie baten im Geruche etwas-s gemein Isarn Charakteristischrs, was ihnen er ltciten bleibt. treno sie auch an verschie ittnen Orten leben. was also nicht von ltser übereinstimmzzden Ernährung und Lebensweise bedizut sein kann. Ver muthiich beruht die Verschiedenartig keit der Eieenaeriiche auf einer verän sverlichen, aber siir jedes Individuum teitixndigen Zusammensetzung der Stoffweck,-selt:roduete, besonders per Fettsäuren. und diese Unterschiede nn Stosstvechsel können nur durch Keim roriation entstehen. arade so wie vie .verschiedenen Gesichttztine.