Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 02, 1898, Sonntags-Blatt., Image 14

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    Tis
Ein weltgeschichtlichcs Drmna.
Von Johannes Srherr.
McrtsetzungJ
Da spielte das Eingreifen Struve’s
dem Freifchaarengeneral einen üblen
Streich. Sei er von der fier Jdee »
befangen, auch in ihm ftäte ein ver
kanntes Feldberrngenie, fei er von der
noch fixeren beherrfcht, mittels Par
lamentirens zum Fraternisiren mit i
den zweierleituchenen ,,lieben Brü- :
dem« zu gelangen, genug, der gute ;
Fleifchlostverächtet gab dem Vor
ttuppbanner Marfchbefehl und un
glücklichet Weise fand er Gehorsam
So führte er das Banner mitten im
Thale auf offenet Straße gegen Frei
burg zu. Die unausweichlichen Fol
gen dieses Geniestreiches traten sofort
ein. An der Mündung des Thales,
beim Gasthanfe zum Waldhorn, fiiefz
die Schaut auf die in Schlachtotdnung
aufgestellten Truppen, badifche Jn
fanterie und hessksche Artillerie.
Dem armen Strude, der heftig fein «
weißes Tuch schwenkte, wurde nicht
einmal gegönnt, feine Bruderfchafts
litanei herzufagen. Der badifche Ge
neral Hoffmann jagte den von Sttnve
dorgesandten Parlamentär Kuenzer
zurück mit den Worten: »Fort« du
Handl« und gleich darauf prasselten
die hessischen Kartätfchen in die Reihen
der Freischärler.
Das Banner stob auseinander, nnt
Ausnahme der Schützencompagnic,
welche, am Saume des Sternenwaldes
Stellung nehmend, die Flucht der
Sensenmänner zu decken suchte. Ge
neral Hoffmann siihrte seine Truppen
bis Günthersthal vor, hier aber wurde
er durch den« inzwischen mit einem
frischen Banner herangetommenen
Sigel, welcher das Gefecht herzhaft
aufnahm, im weiteren Vordringen ge
hemmt und fand für gut, den Rück
zug nach St. Georgen anzutreten.
Derweil ist auch ein schwächlicher Ver
such der Republicaner in der Stadt,
aus dieser hervorzubrechen und den
Truppen in den Rücken zu fallen, miß
lungen. Struve’s verkanntes Feld
herrngenie hatte allen Plan und Zu
sammenhang in den Operationen der
Republicaner zerstört.
Sigel verbrachte die Nacht in dem
Dorfe Horden rückwärts von Günters
that, um den Zuzug Möglings abzu
warten, welcher dann auch richtig da
selbst eintraf. Die ganze Freischaar
betrug jetzt aber kaum noch ein Sechstel
ihres gestrigen Bestandes. Trotzdem
unternahmen Sigel und Mögling am
folgenden Morgen (24. April) noch
das Wagniß, ihren Partei-genossen in
Freiburg, welches an diesem Tage von s
den fürstlichen Truppen berannt wur
de, Hülfe zu bringen. Es gelang ih
nen, in Horden 5000 bis 6000 Mann
zusammenzurafsen. Damit drangen
sie durch den Sternenwald bis-» vor das
Schwabenthor der Stadt. Allein diese
war nach einem von der Handvoll frei
ourgucher meouvucanee unter oem
Eommando deg StudentenLangIborif
sehr wacker, besonders am Zähringers
thor und am Breifacherthor wacker ge
töinpsten Barrikadentampfe von den
Truppen genommen worden und so
wurde die anrücken » Sigel’sche
Schaar vom Schwaden or aug mit
fürstlichen Kartätschen- Und Muste
tentugeln begrüßt. Sie trat unter
der Führung von Doll den Rückzug
an und verlies sich dann im Gebirge.
Sigel, Mögiing und vier ihrer Leutc,
konnten, zu tveit vorgedrungen und
abgeschnitten, diesem Rückzuge sich
nicht anschließen und hätten schlechter
dings gefangen werden müssen, falls
die Führung der Truppen nicht auch
an diesem Ostermontag, wie überhaupt
im ganzen Feldzug, eine so erbärm
liche gewesen wäre, wie sie war. Mög
ling und Sigel konnten es sogar wa
gen, über die unbewachte Stadtmauer
zu klettern, um, wie der tapfere
«hanne« sich ausdrückte, »zu sehen,
ob in der Stadt nicht vielleicht noch
etwas zu machen sei.« Da drinnen
war aber schlechterdings nichts mehr
zu machen und die Freunde mußten
froh sein« mit heiler haut wieder her
auszutornmen. Sie wandten sich in
die Berge, um die herwegkfsche Co
lonne aufzusnchen, von deren Rhein
übergang sie hörten. Es gelang aber
nicht und nach Bestehung von aller
hand Nöthen und Gefahren retteten
sich die beiden auf einem Schmuggler
lahn über den Rhein an das französi
Xche Ufer.
c.
Her-two Legioie
Sah-at erscheint sie auf
dem Kampsplatz.
s!
Die deutschen Republicaner vom
April 1848 machten es in Baden ge
niert so wie die Preußen Anno 1806
Hei na. Sie griffen mit einem ihrer
Ren menter nach dem anderen an, statt
ihre sämmtlichen Kräfte zu Massen
stößen zusammenzuthun, und darum
ist es ihnen gerade so ergangen wie
weiland den Preußen bei Jena.
Von dem Standpunkt eines »Re
bellen« toar es thöricht gehandelt, daß
Hecker nicht bei guter Zeit und mög
lichst rasch die Herroegh’sche Legion
aus Straßburg rheiniibet berufen
hatte. Jn solchen Fällen auf die An
schauungen der Philister Rücksicht
nehmen, heißt seine Unsähigkeit zum
Revolutioniren und Redelliren glän
zend darthun.Weil einDutzend franzö
sischer Blasen in der Herwegh’schen
Kolonne mitmarschirten, wurde die
rechtzeitige rbei iehung dieser Ver
stärkung ver chmäzh
Als endlich am 28. April eine von
Si gel und Möglin erlassene direkte
Aufforderung zum uzug nach Straß
burg gelangte, war es zu spät; es
tcnnte der Herwegh schen Schaar nur
beschieden sein, was zuvor dem
Hecker’schen, dem Weishaar’schen, dem
Sige1’schen ffarste nacheinander be
schieden gewe en. Sie konnte, wie die
Umstände lagen, nur noch den letzten
Att des in’s tragische gewendeten
Putfckdeylls abspielen.
Jn der Nacht vorn Ostersonntag aus
den Ostermontag qina die Legion auf
Käbnen über den Rhein und betrat das
deutsche Ufer zwischen den Dörfern
Rheinweiler und Kieinlenibs. Sie
zählte, als sie nach der Landung in
Reis und Glied trat, nicht mehr als
ungefähr 650 Mann, sehr ungleich und
unzulänglich bewaffnet und überhaupt
schlecht ausgerüstet Börnstein und
Kot-bin sollten, quasi als General und
Generalstabschef die militärische Ober
lcitung ben. Das »Negiment« be
fehligte öwenfels und die 4 «Batail
lone'« commandirten Schimmelpennint,
Bornstedt, Hörter und Delaporte (ein
Fran se). rwegh war »vorläufig
politi cher ifsionar ohne Beschäfti
gung«. Was bei Kandern vorgefallen
war, wußten die Führer bereits; von
den Vorgän en bei Güntersthal und in
Freiburg er ielten sie später Kunde.
Als die Schaar, nothdürftiq geordnet,
ausbrach, um so rasch wie möglich quer
durch die Rheinebene in die Schwarz
waldberge hinüberzulommem fügte es
der Zufall, daß der Freischarley wel
cher an der Spi e der Vorhut mat
fchirte, Herrgott ieß. Das wurde als
ein gutes Vorzeichen begrüßt, erwies
sich aber so trügerisch wie nur jemals
irgend ein Omen.
Durch die Marschftrapazen bei
schlechter Witterung arq mitgenommen
und mit schon beträchtlich gelockerter
Ordnung elangte die Schaar von
Mutten n Wieden, wo sie unwider
sprrchlich vergewissert wurde, dafz sie
ganz und gar auf sich selbst angewiesen
sei, weil die anderen Freiharfte Völlig
Zersprengt waren. Die republitanische
Fahne konnte nicht länger im Felde ge
halten werden, das war tlar; wenig
stens-für—ieden mit fjinf gesunden Sin
nen Berienenen »Bei unserer nun-e
rkschen Schwache dem nrangelhaften
Zustande der Blukriiitung und dem
Geier der Unordnung, die in der Ue
gion eingerissen war -— berichtet Fior
din —- tonnte es rnir nicht entfernt in
den Sinn kommen, ein Gefecht herbei:
fuhren zu wollen. Tie Aufgabe, die
ich mir stellte, war irn Geaentheil diese.
die Legion durch alle Feinde hindurch
über die Schmizer Grenze zu bringen,
cvne mit den Truvven einen Schuß zu
wechseln. Diese Ausgabe war um so
schwieriger, als das lljiilitiir, unsere
Schwäche je i sicherlich kennend, uns
aufsuchte un , nicht mehr durch andere
Jnsurgkxitenschaaren qehindert, in grö
ßeren « assen ge en uns anrücten
ionnte«. Demna Beschluß, iiber den
Belchen nach Zell im Wiesentthe zu
marschiren, um sich den Weg nach der
Schweiz zu öffnen.
Unter allerlei Fährlichteiten ge
langte die Scham, sehr zusammenge
schrnolzen, am 26. April nach Zell und
von da mittels eines mühseligen, die
Leute bis zum Umsallen erschöpfenden
Nachtmarsches am folgenden Morgen
nach Niederdossenbach, welches Dorf
etwa eine Wegstunde weit vom Rhein
obliegt. Frau Emma Zerwegh hat in
ihrem Bericht über den u die Stirn
rnunq der Freischärler am - orgen des
27. April urz und ut so gezeichnet:
»Bei dem größten heil der Mann
schast hatte sich das Bedürfnis-z der
Ruhe biggu wahrer Leidenschaft e
steigert. ie wollten schlafen, n« is
als schlafen; alles andere war ihnen
im Moment völli einerlei«. Rot-vier
’edoch, von der Na e württembergischer
rapven unterrichtet, traute dem rie
den nicht und trieb energisch zum ie
derausbeuch, um den rettenden Grenz
strorn zu gewinnen.
»Die Wiirttemhetger sind dul«
JnBlutundSchreckenendet
das Putsch - delL
Ungefähr 10 Minuten hinter Dos
senbach beginnt ein· Wald. von wel
chem ein breiter Streifen bis an den
Rhein hinunterliiu . Als die Frei
sehar diesen Strei en pas sitt hatte,
liesz Korvin aus einer großen Lich
tung, an deren linker Seite der Fuhr
nseg sich hinzieht, Halt machen, um die
Rnchziigler heranzuziehen und den «
Weiterrnarfch zu ordnen. Die meisten
der Leute warfen sich auf den Boden
nieder, um sofort einzu chlusen, andere ;
zogen ihr zerfchlisfenes - htvert aus,
um ihre tranken Füße zu untersuchen.
Da trachten Schufse vom Dorfe her
und versprengte Blasen stürzten durch
das Gehölz auf die Lichtunq mit dem T
Rufe: »Die Württernberger find dat«
Dieser Ruf machte alle »nur zu le
bendig«, wie Korvin sich ausdrückt.
»Jeder vergaß seine wunden Füße,
seit-en Hunger und feine Müdigkeit,
um —- fortzulausen? Oh nein! Es
macht mir Freude, cnzuerlennen, dasz
trotz alt der niederdrüetenden Umstände
der Muth der Leute sich in diesem Au
gcnbliae bewährte. Mit lautem Jubel
geschrei griffen sie zu den Waffen und
stürzten durch den Waldftreifen, den
wir durchschritten hatten, auf das freie
Feld, dem von Dofsenbach anrüttenden
Feind entgegen. Alles- Rufcn war ver
axblichx die Leute waren so erbittert
und tampfbegierig, daß viele die Offi
ziere zu erschießen drohten. welche sie
aufzuhalten suchten, um Regel-mäßig
teit in die Vertheidtgung zu bringen«
Aber was konnte dieser ordnunqslose
Muth gegen einen Ueberfall ausrichten,
nselcher durch den Württenibergifchen
Hauptmann Lipp an der Spitze seiner
300 Mann starken, wohlausgeruhtem
utgeriifteten und gutdisciplinirten
rrnpagnie mit Eifer und Geschick ge
leitet tr-urde? Offenbar io viel wie
nichts. Dennoch hielten die Freiichär
ler, von denen etliche dreißig getödtet
oder tödttich verwundet wurden, das
Gefecht anderthaib Stunden lang, also
gerade su lang, als ihr Schick-bedarf
ausreichte Heldisch ftritt und starb vor
allen Andern Reinhart Von Schimmel
pennint. Einen Trupp von Sensen
männern geaen die Württeinberger
vorsührend, fah er sich, nur noch von
etlichen seiner Leute gefolgt, auf Ge
wehrlänge seinen Feinden gegenuver.
Er schwankt einen Augenblick, ob er sich
wohl ergeben sollte, und ruft den Sol
daten zu: »Wird man nach Kriegsge
brauch mit mir verfahren?«
Schimpfworte und Schiifse antwor
teten ihm. Da stürzt er sich mit e
schtvungenem Säbel in die seindlicån
Reihen, den Anführer suchend. Der
auptrnann Lipp ist auch ein tapferer
Ziann und läßt sich gerne finden. Die .
beiden lreuzen zum Zweikampf-: die
Waffen. Schimmelpenninl ift aber der
Stärker-e und Gewandtere. Er Verwun
det seinen Ge ner an der Hand und ist
im Begriffe, enselben zusammenzu
hcuen, als ihm eine Muåletenlugel die
linke Brust durchbohrt. Er fällt und
dem im Todeskampf am Boden Zacken
den stößt ein Soldat das Bajonnett in
den Munde.
Korvin that das menscheninögliche,
die Verwundeten auf die Gepiickwaaen
schaffen zu lassen und dann, als das
Gefecht nicht mehr zu halten nar, einen
gecrdneten Rück ua in den Wald zu
veranstalten. A ein seine Bemühungen
kennten nur einen geringen Erfolg ha
ben, um so geringer, als die Württent
berger Verstärkung erhielten, worunter
auch Reiterei Das Loos der Freis ar
war entschieden. Sie wurde bei os
fenbach unrettbar zusprean ihre
Splittet gingen bei der Flucht unrett
bar zu Grunde, ertranlen irn Rhein
oder wurden gefangen. Nur einer
Minderzahl gelang eg, an das schwei
zerische Ufer sich hinüberzurettem zum
Theil unter Abenteuern, welche, obtec
tiv angesehen, lornifch genug aus-sc en,
subjectiv bestanden jedoch teinesstvegs
die Lachrnusleln reizten. Herwegh und
seine Frau enttarnen als Bauer und
Bäuerin, Korvin als Schmiedeaeselle
berileidet, andere in anderen Masken
über den Grenzstrom
FroschinWtriep
»Aber sagen’s. wo liegt
denn eigentlichbannæ
ver?«
Der schcvächlich begonncne nnd ener
gieloö geführte Versuch, auf deutschem
Boden das Banner der Revublit auf
zupflanzen, war also gescheitert. Der
Constitutionalismus nahm den wohi
fellen Sieg als sein specielles Verdienst
in Anspruch und brach in einen Jubel
aus-, welchen man mit angehdrr haben
muß, um sich eine Vorstellung machen
u können, bis u welcher Tiefe der Jn
Zamie die Menschen hinabzusteigen ver
mögen, wenn es gilt. eine verlorene
Sache zu schmähen
Sehende Augen mußten früh · ig
erkennen, da aus der llänlichen alb
heit, in we r die deutsche Bewegung
Hecken geblieben war, unmöglich etwas
echteö und Ganzes, unmöglich die
Wiedergeburt, Befreiung und Eini
ung der Nation hervorgehen könnte.
- ie Kleinheit der Anschauung und die
Labmbeit der Tbattrast setzten überall,
links und rechts, büben und drüben an
die Stelle der Revolution die Battacho
myoinachia, den Froschmäufelrieg, in
welchem Menschen und Parteten anz
in der Manier der pseudobomerifchen
selben Lautqualet und Lea-nann,
Tausback und Sumpfliely Vielscheei
und Kriechloch, rißlauch und Käsnag
einander belämb ten.
Au in Wien und Berlin wiithete
diese alrachomyomachia.
« n der hauptstabt der bunt zusam-v
niengesekten Despotie, welche man
Oesierreich nannte, währte der lind
liche, um nicht zu sagen tindische Jubel
über die gelungene Revolution, welche
gar keine war, den ganzen März hin
durch und bis in den April hinein spri.
Erreicht war im Grunde nichts als der
Sturz und die Flucht Metteriiich’i,
f
welchem seine zwei getreueiten Hand
lanfey ver Polizei-Commiss·a·r Sevi
nitz n und der Wiener Bürgermeister
« Czavta, nachgeschickt wurden.
Während man auf den Straßen
Wiens die »Freiheit« in allen mög
lichen Tonarten« besana und be affen
hauerte, war man bei Hofe schlii ja ge
worden, ein »veraniwortliches« Mini
sterium einzusetzen. Aus der hochselis
gen »Staatsconferenz« nahm man den
Grafen Kolowrat herüber und machte
ihn zum Premierrninister, die Finan
zen übergab man bem Baron Lübect
die Justiz beni Grafen Taaffe, das
Uleußere dem Grafen Ficaneimont und
lsag Jnnere dem Freiherrn von Pil
lerådorff. Etwas später übertriin man
da: tlnterrichtgministerium dem Herrn
von Somniaruaa und das Kriegzmini
stcrium dem General Zanini. hinter
welchem Strohmann aber bald als
wirklicher Minister der Graf Latour l
hervortritt. ais es galt. vie inzwischen
gereiften Pläne des Hofes tu verwirk
lichen. Kolowrat und Rüben gingen
in Bälde ab und der letztere wurde
durch den Herrn von Krauß ersetzt,
welcher sehr geschickt auf feinem
fchwindeligen Posten balancirte, bis
der wieder zu Kräften gekommene Ab
solutismuz die constitutionelle Mario
nettenbude in Trümmer schlug.
Aber wer regierte denn eigentlich an
höchster Stelle Die Wahrheit zu fa
gen, in den ersten Taan und Wochen
nach dem 14. März eigentlich Niemand.
Von dem tranlen Epileotiler Indi
nand konnte natürlich teine Rede fein.
Der tranle Kaiser war nach den fieber
hasten Aufregungen der Marziage
in seinen gewohnten Dämmerzw
stand zurückgefallen und seine Gei
stes- oder Ungeiftesthätiqleit war
wieder so wie vor Jahren, als er zum
Professor Endlicher, welcher die kaiser
liche Ajtajeftiit mit Botanik von staats
ioegen »wissenschaftlich« behelligen
mußte, eines Tages ·esa t hatte:
»Schauens, der König Brut August
von Hannoder gefallt uns gar nit, gar
nit. Aber fagens, wo liegt denn ei
oentlich Hanner« Sel t der kühnste
Aufschwung des monarchi chen Köhlerspi
glaubens konnte sich demnach nicht bis
zu der Fiktion versteigen, daß Kaiser
Ferdinand regierte.
Es waren jedoch schon zwei hände
da, welche nach den obersten Enden deg
Staatsleitseiles be ierig langten,
Frauenhiinde. Die lgirzherzogjn So
rhie, eine entschlossene Dame, mußte es
als Mutter des präsumtioen Thron
erben in ihrem eigenften Jnteresse fin
den, die oberste Staatslettun an sich
zu brin en, und das ist ihr Hierin be
tanntli für eine gute Weile gelungen.
Die Erzherzogrm eine banertsche
Prinzessim fühlte als oie tlfatträftige,
mit einer zum Aus-theilen von Ohr
feigen sehr fähigen und willigen Hand
ausgestattete Hausfrau, welche sie war,
den Beruf in sich, die Donaftie Loth
ritsgenshabsburg auf alten Grund
lcgen neu zu befestigen. Sie hatte ten
Erphetzoq Ludwig und Metternich ge
haßt, nicht wegen ihres Ne ierungs
fyftems, sondern weil diefe Haaren te
gierten, statt sie, die Erzherzo in, re
gieren zu lassen. Jetzt, als i re Zeit
gekommen, griff sie rüstig die Ausgabe
art, das in allen seinen Planken ira
chende und zitternde Staatsfchiff
Oefterreichs über den tosenden Revo
lutionsftrudel hinwe und in den Hi
fen eines straften » iandarinenthumö
zurückzulenlen
Demzufolge fammelten sich um die
Crzherzogim als um ihre Seele und
«rnpulsgeberin« clle priefterlichen und
fåldatifchem alle ariftolraiischen und
hureaulratischen Elemente der Rück
niirtferei und versuchten utxd siärlten
ihre Kräfte vorderhand in einem wohl
oraanifirien Frofchtnäufetrieg gegen
das werdende neue, bi-.z die Zeit gekom
n en wäre, die dünne und doch fo icistige
Maske des Conftitutionaliomuz abzu
thun und bei Seite zu werfen.
»Wir sind Deutsche!«
»Abernursolangeesunsin
denKrampaszt.«
Am s. April ordnete das Ministe
riurn die Vornahme der Wahlen zum
deutschen Parlament in sämmtlichen
deutschen Bundesländern an. « reiiich
war das in der Boraussicht ge chehen,
das Dekret deg Bundesta es vom Zo.
März, lrast dessen »die ahlen von
Nationalvertretern in allen deutschen
Bundesstaaten aus verfassungsmäßi
crn Wege vorygich gehen sollten«, und
ferner diese ationalvertreier »das
deutsche Versassungswert zwischen dein
Voll und den deutsapn Regierungen
vereinbaren sollten«, würde Geltung
erlangen und behalten
Das war aber nicht der Fall, weil der
Fünf igerausschusz, sein merkwürdies
Falsigspiel mit dern Dogma der Vol s
souveriinitiit, weiterspielend, dieses
Bundestagsdecret verwars und der
hierüber in Angsts eiß ausbrechende
Bundesta am 7. pril einen neuen
Beschluß Ia te, lrast dessen der con
stituirende haraeter des deutschen
Parlaments ausdrücklich anerkannt
und die Wahlherechtigung zur Natio
nalversammlung siir unabhängia von
sit-indischen Betrachten oder Censusbes
stimmungen erllärt war. »
Das österreichische Ministerium
konnte, wie die Sachen einmal lagen,
nicht umdin, in diesen sauren Apfel zu
beißen und se te die Wahlen zur deut
schen Nation-i versammlung aus den
29. April sest. Die um deutschen
Bunde gehörigen Prov nzen Oesteri
reichö sollten 190 A eordnete nach
Frant urt senden, wel e Zahl aber
nie erreicht wurde, Geh-In darum nicht«
iweil die Cze n in sinnen nicht nur
s der Wahl si weigerten, sondern auch
snier den Deutschbshmen das Mahnu
Tchäst vielsach zu vereiteln wußten.
Jm übrigen brachte die Wahlbenzn
aung es deutlich zu Tage, daß auch m
den Kreisen der österreichischen Libera
len das Schwarz elb vor demSchivarz
kothgold kam. sie weit überwiegende
Mehrzahl der Parlamentscandidaten
wollte von einem ausgehen Oesterreichs
in Deutschland schlechterdings nichts
wissen und bekannte sich szu dem Satze:
»Die Sonderänität und Jntecxritat
Qesterreichs kann und dars durch den
Anschluß an Deutschland nicht ausar
qeben werden«. Auf Grund dieses
Glaubensbekenntnisses wurde auch die
weit übertviegende Mehrheit der öster
reichischen leordnung zum Parlament
wirklich gewählt und dieser Ausfall
der Wahlen war mit solcher Bestimmt
heit vorherzusehen gewesen, daß das
Ministerium sich ermuthigt sühlte,schon
am 21. April in der ,,«1»53iener Zeitung«
amtlich zu erttarem »Von oem wun
sche des innigen Anschlusses an
cLeutschland durchdrungen, wird
Oksttkreich jeden Anlaß sreudig ergrei
fen. welcher seine Anhänglichteit an»dze
gemeinsame deutsche Sache zu heil-att
gen vermag. Es tann aber me ein
ganfljchesAusgeben der Sonderinteres
sen einer verschiedenem zum deutfcktp
Bunde gehörigen Gebietstheile mit set
ner Stellung oereinbarlich sinden und
MUß sich die besondere Zustimmung
zu jedem von der Bundesversammlnng
gefaßten Beschlusse unbedingt vorbehal
en.
Es ist leicht begreiflich, daß die öster
reichische Regierung im April von 1848
so sprechen tonnte, so sprechen mußte.
Aber ohne Phrase hieß das doch nur
erklären: Wir sind Deutsch und gehen
mi: Deutschland, so lange es in unse
ren österreichischen Kram paßt, teine s
Minute länger.
l
»Mir zu handeln?« i
Ein Geschöstchen ward ge
macht, aber wie?
Die »Eamarilla« in der Hosdurg
war mit jenen »Concessionen« noch tei
neswegs zufrieden. Deutsch und revo
lutioneir erschien ihr gleichbedeutend
und das Schwarzrothgold die Leib
saihe religiöser sowohl als politischer
Sieger-ei Aber man mußte sich vor
der and geduloen, selbst die fromme
Ungeduld der Erzherzogin Sophie und
der Kaiserin Anna mußten sich vorder
hand edulden. Lemhardo-Venetien
abgesa en, Ungarn nur noch durch ein
dünnes Band mit der Dynasrie ver
-tniipst, die Slaven mit der Rebellion
drohend, die Deutschösterreichei contri
tutionell —- in Wahrheit, die Sachiage
war nicht dazu an ethan, sich sosort
wieder aus den h« ten Gaul der tirch- ·
lschen und politischen Orttodoxie zu
setzen. Man mußte in Wien wie in
Pesth den verhaßten Constituiionalis
n:us einstweilen seine · ngwurstg
srriinge machen lassen und ich besche:: i
l
den« über ihn hinweg die Fäden der
Rückwärtserei da anzutniipsen, wo sich
die sichersten Hast- und Haltpuncte s
verboten. s
War ein solcher Hast- und Halte-—- :
winkt die Armee? Sie wurde im Ver- J
lause des Sommers in Folge der itali- l
schen Siege Raoetzth’«g Zum eriten und i
iestesten, allem im April und noch irn «
Mai schien auch sie ganz ausRand und (
Band gehen zu wollen« Es war noch ’
die Zeit etommen, wo der schwac»z- ;
aelde Grillparzer mit Fug dem greifen T
Marschall zusuheln tonnte: »Ja deinem »
Laaer iit Liteireiatl« Vorerit hielt er
sich, das ratblose EsJiiiiiiteriuni isin
LiltannschasL Waisen und Geld ke
siiirineno, nach seineniTDloziia aiiz Mai-s .
land mühsam hinter dem Minrio und »
der titsch, weit niehr noch als der eige- i
nen Geschicklichkeit und Standhiastiq- H
leit, weit inebr noch auch als rer J
Tabserteit und Bedarrlichteit seiner «
Trupoen der ossentundiaen lliisiibi.·4- l
teit und Energielosiateii des Sarden
tönigz Karl Albert eS verdantcnd,
daß die schwarzgelbe Fahne nicht ganz
lich aus Italien schwinden mußte. s
Mit dem Maanarentbum ivar
augenscheinlich oon seiten der Kaina
ri a nicht zu machenschaften. Das
tnußte man, sobald inan konnte, ciis
Leben und Tod betänipsem denn Un
aarn toar seit dein 1(). April tbatsiichs s
lich unabhängig und nur noch dy- i
nastich durch die Personalunion init ;
Oesterreich verbunden. z
Sollte vielleicht rnit oen Polen etwas
zu rnant chen oder zu oantschen sein?
ein! » iese Polen haben allzeit nur
die Wiederherstellung ihrer polnischen
Republit im Sinne und schon der bloße
Gedanke daran tönnte uns bei dein
Großnieister unserer und aller Petresi
eirungspolitit, bei dein Zarem in
üblen Geruch bringen«
Der große Petresicirer an der Nema,
der Hord und Heiland der Stabilitätås
religion, sah sreilich seine Stellung
und Ausgabe etwas anders an als die
Höhlerglaubigen des Zarisrnus in
Wien, Berlin und anderwärts in
Deutschland. Auch er nämlich fühlte
ich als Träger der ruisischen Staats
dee, ivie sie urch Peter den Ersten ge
schagen und duichKatharina diesiveite
. gro vezo en worden war: auch er
;glaubte ich berusen, an dein Werte
einer moitoroitischen Unioersaldeopotie
weiterzubauen. Darum schien ihm jetzt,
nachdem der ewaltige , rühlinga
orlan Mittel-, Heit- und üdeiiropa
in Verwirrung eworsen hatte, die
Gele enheit giinstil , von lanqe her vor
berei ete Ernten e n ulieimsen und ein
Geschäst im Stile eters und Katha
ein« zu machen.
Die österreichische Kamarilla ging
natürlich dein Zareri rnelir als halb
ioe s entgegen und so tam jener Bund
schöner Seelen zu Stande. welcher Izu
Fahre 1849 zur Jntervrntion Atti-;
lonW in Urzarn geführt W, Oliv
sur Rettun« stetreichs. welche Net
ung freili ni aus zarischer Groß
muth erslo en i ; sondern aus wider
deutschen otioen, verbunden mit der
in St. Petersburg sehr aefiitilten und
woblverstandenen Nothwendigleit, das
ungarische Feuer ersticken zu müssen,
damit dessen Flammen nicht über die
Karpaihen lieriiber nnd nach Polen, ja
in’s ,,l7eilige'· Rußlond selber zündeixd
hereinschluaen
Die Wiener Hosbura konnte lich zu
nächst auf die in der Wolle gesätdten
»Sch2varz«qelben« verlassen, welche m
Wien selbst ziemlich zahlreich vorhan
den, obzwar cor der Hand sehr still
waren. Sie waren aber dermalen nur
eine Hoffnung siir die Zukunft, noch
leine Stütze der Geaenwari. Mehr
schon versprochen dar- zu sein die vrn
der Pest des Denkens noch wenig oder
gar nicht heimgesuchten Tiroler, allzeit
bereit, ihren linllichen Glauben an die
rothen Hosen ihres «Roascrs« durch
Vioatjodeln und durch Schießen mit
dem Stoßen zu betbiitiaen. Allein man
bedurfte nicht nur defenswer Stößen,
man bedurfte einer offenbaren Macht,
um dem »Freiheit5schwindel« in
Deutsch-Oesterreich und der Selbst
standigteii Unaurns an Leib nnd Leben
gehen zu können.
Eine solche Macht war noch nicht an
kandx als Material aber boten sich der
amarrlla dar, die Czechen und die
Südflaven nnd das Werkzeuq, womit
sie dieses Material fiir ihres weite be
arbeitete. war der wilde Lzechenlpaß
aeaen das Deutschthum und der nicht
weniger wilde Südslavenlnsk gegen ten
UJlagnarizcnug. Die slaoischen Polititer
fühlten bald heraus, welcher einein
saine hafz sie mit der Wiener tgofburg
verbande, und mit der ganzen « zlaus
heit ihrer Rasse beschlossen sie das
zwischen der Kamman sich entspin
nende Bündniß zu benutzen. das Sta
venthum in dern ganzen Donaureiche
zur herrschenden Gewalt zu machen.
So tarn es, daß der dynastische Kul
turbaß Hochzeit feierte mit der Halb
darharei . . .
Ueber die Einleitunaen und An
schiaungen zu jenem Bunde liegt noch
tiefes Dunkel, das vielleicht nie ganz
aeliiftei werden kann. Thatsache ader
ist, daß Palackh, der anerkannte
oberste Häuptling der Czechen zu Prog,
iin hol-mischen Nationalausschukz die
Losuna »Schroarzaelb« auåqab, indem
er feierlich ert!«arte: »Wahrlich eristirte
der österreichische Kaiserstaat nikflsyt »- -
schon längst, man niüsite im Jntere e F
Europa’i— sich beeilen, ihn zu schaffen-«
Und zehn Taqe daraus wurde mittels
taiscrlichen Cabinetschreidengk der
Gränzer-:Odekit Josep Jellacic uin
Banns von Kroatien ernannt. san H.
begann in der Wiener Hosburg« in
Praa und in Aaram einander gegen
seitig zu verstehen.
Cynisimie ist Traun-s !
Und dieWieiier»Freiheit«
ein toller Fasching.
Tie Wahrheit zu saaen nnd gerecht
zu sein, tver im Mari, April und Mai
von IMH in der Lage gewesen ist. in
der Hoshura oon Wien wohnen u
müssen und zwar mit dem Bewußtsein
des Gotieganadenthurns im Leide, der
hatte ausreichende Gründe« sogar nach
Bohrnaten, Hannatem Zlooaten und
Kroaten als nach Heliern nnd Erlösernt -
die Händc auszustrecken F
Denn der revolutionäre Frosch
miinsetrieg nahm in der Donauftadt
allmälig sehr unerquickliche Formen an
und enthüllte die grüne politische Un
reife und Uiiliilduna der Bevölterung
in einer Weise, welche aus dem Fache
des Naioen sehr entschieden in das des
Absurden und Gemeinen hinüber-rnitle.
Freilich, wer warSchuld an dieser Un
reise und Unbilduna und allein hieraus
mit Nothioendi teit hervorgehend-en
Absurden und eineineni Doch gewiß
ohne rage das Negierunassystem der
Zads urger und Lothrinaer, welche seit
— alirhunderten ein autartiges, mit
trefflichen natürlichen Anlaaen aus e
stattetes ctWolltl meäholtdeisch Fintzr Er -
Zeitzurü e aten at n. «m-jrii -
jahr von 1848 sind in Oesterreich nur ?
die Saaten aufgegangen, welche das
»potriarchalische'· Reaiment ausgestreut
hatte.
Gortsetzung solgt.)
—.-.--—.».
Jn der Rechrnstundr. Lehrer: Ein
reicher Mann hinterläsit bei seinem
Tode 200,000 Mart und zwar: Ein
Fünftel seinem Sohne, ein Sochstel
der Tochter, ein Siebentel seiner Frau J
ein Mel seinem Bruder und den R II
einer milden Stiftung. Was hat jede
der Erben? — Schüler: Einen Rechts
anwalt!«
. e i e
J m Zweite l. « Gauner seinen
l Verlobunairing in seiner Westentasche
s mideckend): «sdonnertoet«ter, nu weis
ich nich, Hab- ich den Ring gestohlen
oder bin ich oerlobt'i«
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, kantiurtek Zahlen-System Ahn,- s
(eit?ek) un’ ahn, Czweij noch ahn, Drei-V
un’ noch ahn, (viek) un’ noch amal ahn,
(fünf) als noch ahn. Nicht-) un« als
noch ahn, tsiebem un’ als noch cnul
ahn, (acht).
VII
A n n o n c e.
Lebensgefälzktin gesucht Photong
phic und Prodegakdinenpredtgt unter
. . . . . etbeken
an d. Exp. d« M