Klüfte und Ebenen Roman von Herman Heiberg. lsckLIcIUIICJ Daß er viellei t bewußt schlecht ge handelt hade, da er täglich ein Dieb ewesen war, während man ihm das öchste Vertrauen geschenlt, daß er sich in allen Unterredun en nur als ein lrasser und efiihllo er Nützlichkeits mensch erwie en hatte, daß er jetzt die Situation in gemeiner Weise zu nähen trachtete, tam ihr wohl in den Sinn. Aber lonnte sie sich nicht doch irren, und wenn sie sich nicht irrte, hatte nicht jeder seine Fehler und hatten ihn nicht die Verhältnisse getrieben, das zu wer den, was er geworden? Zigte sich ihr eigener Vater nicht in einem weit un vortheilhaftereren Bilde? Wenn sie verglich, wer in ihren Augen der Schuldigere, wer schlechter ei, dann zitterte ihr Herz, das so gern ijr den Partei genommen hätte, dem te ihr Leben verdanlte. Gleich einer Nachtwandlerin schritt sie durch das Dorf, achtete nicht aui den Gruß einiger Spätlinge und hörte nicht einmal, dafz sie dnr das Ge räusch ihrer Schritte die Deshaeri aus cheuchtr. . s Aber die Augen schlu sie zum dnnl- l len Himmel empor und suchte den Gott s til-er den Sternen. l »Muß es so sein« Ewigen daf; Deine Geschöpfe sich in Qual verzehren, das-, « selbst die Annahme ihrer Buße nichtj .cher, daß auch sie dem Zufall anheim gestellt sind? »O Herr, gieb mir ein ruhiges Herz; ich leide namenlos!« So jammerte die Versagte und da ihr teine Antwort von oben wurde, da sie sie suchen mußte, in ibrer eigenen Brust, und nun auch das Auge wieder berabwandte, ward sie erinnert. wo sie sich befand, raffte sich aus und nahm den Weg zurück. Und während sie dir mondbefchienes nen Dorfwege durchschritt, ihreGedani len hin und her flogen, und fie nun auch die Vorbereitungen fiir ihre Reise nach Briinde überfann, saß Heinrich Bce voll Liebesgliici in feinem Zimmer und schrieb einen fehnfiichtig-i·c1rtlichen Brief an Asta: »Wie anderer Gliictsempfindnngen waren, als sie zum ersten Mal lichten. tveifz ich nicht, ich weiß aber, mein süßes Mädchen, daf; ich mich in einein ortwödrenden Rausch tust-de Jn ihm ift alles-, was mich nntgiedt, nur vor handen-, um einem seligen Gefiidl Vor fchub zu leisten; tritt ein Widerstand entgegen, fo schelte ich den Menschen und die Din e gefühllos. Wie ift cis möglich, daß te mir nicht ansehen, daf; Du mein eigen geworden bist, daß nteine Seel-: sich in der Wonne wiegt, von Dir geliebt zu werdens »Und toenn ich auch niichtern inich aufzuraffen und iiber rnir zu stehen uche, mich selbst belächelte, mich gar chelte, fo den Verftand gefangen zu geben, —- im nächsten Augenblick erfaßt mein Jnnereg doch wieder ein feliges, meine Liebe allein zum Mittelpunkt aller meiner Gedanken machendes Be hegen. »in’S ein Maßstab fiir die Stärke dieser Liebes Ja! Denn wenn ich Deiner weniger gedachte, würdest Du doch mein Herz nicht so ausfüllen! «Wann fehe ich Dich denn nun, meine Aitai Mit Ungeduld erwarte ich die Nachricht, daß auch Deine Mutter zuftimmt, dafz ich Euch einige Tage be fuchen darf. Welch ein Tag wird das sein! Wie werde ich Dich an mich zie den in lsliiaseligteitk Und Du? Haft Du auch ein wenig Sehnsucht nach dem unrubiaen. Dich mit Frauen und Bitten quälenden clltenfchcni Stuf-« tnir immer wieder, daf; Du mich liebst, lasse eg mich fühlen, daf-, auch Du mir ganz gehörftk Nun sind auch bald ie Tage in Kalthof getähln ich must dann nach Hannover zurückkehren und mich an meine iibrigen Aufgaben ma chen. Aber nicht wahr, wenn etwas dazwischen kommen sollte, sehen wir uns heimlich dort? Jch metde Dir dann meine Ankunft. Und noch eing: Wer ift Frau von Abertron, die sich fo leb haft fiir uns interefsirt? Meinst Du, daß ich sie besuche, ihr erz zu getoin nen trachtet — Zielp, Zlfta, wenn ich ein Linpitnl zur Verfügung hätte, würde ich mich als Architekt tn han« nover niederlassen, wir wiirden dann bald am Ziel unserer Wünsche fein. ,,Eine inctxtdiolc deren scharfer Duft mich vorher tiefer in den Garten .ockte, lege ich diesen Zeilen bei. Jch be sie geküßt und diesen Ruft bringt e Deinen Lippen, mein liebes, mein schönes, mein einziges Liliiidchenk Heinrich. -,Eben schiebt sich jemand mühsam die Treppe hinaus. Es ist Fräulein Kardelt Es ist berz erreifzend, den Kummer des armen Fittidcheno anzu sehen- D. Q« Angelika gelangte am folgendenTag noch nicht zur til-reife Der Pastor lief; fich, wenn er die Vorbereitung fiir seine Sonntagöpredigt zu treffen hatt-, nicht sprechen, und gerade heute war der Vormittag, an dem er sich ein-» lchloß· i othun dem sie ohnehin schon fo viel" Laft auflud, irgendwie eine Störung sie bereiten, lehnte sie, obschon e sich vor Angst und Drang nach Aus prache verzehrte, ängstlich ab. Aber mit derPastorin zu reden, sand sie Gelegenheit. Jhr erzählte Angelica, während sie nach dem riihstiiet durch den Pastorengarten chritten, alles was sich am gestrigen Tage in ihr ge staltet hatte, und schloß mit den Wor en: ,.Mißliugt auch dieser Schritt, habe icks wenigstens ein ruhige-H Gewissen. Jch darf mir dann sagen, daß ich nichts unversucht ließ, alle Betheiligten Von dem Druck zu lösen und Schwere res auch Von meinen Eltern abzuwen den, zu denen ich doch nun einmal ge höre, und die mich so lieben, wieeg ihre Naturen zulassen. »Ich hoffe auf ein Gelingen, obschon mir vor der Zukunft schaudert. Weist mich Legardug dennoch ad, so will ich zu meinen Eltern zurückkehren und sie helehreu, wie unendlich viel ich Ihnen gnäberrn Doetor Gaarz zu oerdanten a »Ja, thun Sie’s, mein Kind, wenn Sie dadurch Ruhe gewinnen. Jhr Entschluß tann Jhnen nur ur Ehre gereichen; er beweist, wie ernft Sie es mit Ihren Pflichten nehmen. Ein Bei spiel können Sie den meisten sein! Die wenigsten thun das Gute um des Gu ten toillen! Durch ein mildthätiges Wert hoffen sie, den Himmel leichter zu versöhnen, eine größere Anwartschaft darauf zu haben, ohne Folgen ihren Lebenswandel fortzusetzen —- Aber ich rathe nicht auf Grund solcher Betrach tungen zu, sondern weil ich von gan ,.«·«(ni Herzen wünsche, dasi Sie dadurch die rechte Harmonie Jhres Innern wiederfinden. Ich liebe Sie, mein Kind, wie meine Tochter, und sorge mich mehr um Sic, als Sie glauben töisnen!« Und als Angelika nach diesen Wor xen geriihrt emporschath fuhr sie sanft ert: »Sie sagten, daß Sie bei Misklingen Jhres Schrittes zu Ihren Eltern zu » rücktehren wollten. Ich find-: das auch richtig, aber halten Sie sest, das-, Sie jeder Zeit eine Heixnath auch in unse« « rein Haus-. sindent« Das war süe ein empfänglicheis Ge miith fast W viel! Was Angelica eben gehört hatte, oewies eine Gefühls-: » wärme, die ihre-. lätleichen suchte. So viel wußte sie von der Welt: Für den i Unglüalichen gab’—:, teine ossene Thü ren, er tonnle sricrend draus-en stehen und mochte sich sogar freuen, wenn nicht die Hunde auf ihn gehetzt war den. Aber gerade diese ihr von Gaarz und Thadens entgegencebrachte Liebe weckte auch wieder den Glauben, daß ihr doch noch einmal die Sonne wieder nürde scheinen tünnenk Wenigstens zeitweilig kam über dies junge Ge schöpf die Oossnuna ans ein neues Glück in späterer Zeit. Angelica hatte Ihrem Beter damals nach des Pastors Rückkehr nur wenige Worte geschrieben: »Ich bitte, daß Jhr knickt noch einige Tage hier laßt. Ich bin törperlich nnd geistig so mitgenommen, daß ich erst Kräfte sammeln mus-» —— Jch werde Euch melden, wann ich eintreffe. Angelica.« Jetzt aber hatte sie teinen Brief wie derabgesandL Sie wollte es- von dem Ausgang der Unterredung mit Le ar dus abhängig machen, ob sie glei zn ihren Eltern oder noch erst wieder nach Kalthos ztzrücktehrtr. Dagegen war Legardus von ihr he nachrichtigt worden. »Ich metne," hatte ne ihm aeschrie ben, »daß es noch einen Weg qiebt, Deine materiellen Wünsche zu erfiillen. Doch darüber muß ich mit Dir münd lich mich unterhalten. Sei also in Deiner Wohnung, wenn ich toinmex lass mich nicht umsonst die Reife unter nehmen« - Und wirklich war Anaelica ein Gei i danke getonnnen, an dessenAusfiihrung sie noch Hoffnungen tniipstr. Sie wagte ihn aber nicht, ihren Freunden mitzu T theilen; sie stand unter dem Eindruck, dafi man ihr abrathen, ihn sogar miß billiaen würde. —-— — tttm folgenden Nachmittag reiste Ariaelica mit der Post nach Bründe ab unt schlith dort anaetommen, einein Tiebe alei(t), durch Hinter-gossen in die Rramstrafic Aber als sie um die letzte Este bog, siutzte sie und hielt erschrocken inne. Eben trat Doktor Gaarz, den Blick in ein Notizbuch werfend und dann wieder emporschauend aus einem nie-« trtaen hause. Noch wenige Augen«-« blbicth und sie standen einander gegen u er. »Ah« mein liebes Fräulein! Welche Ueberraschung! Wasri führt Sie bier ber? Ich vermuthete Sie noch in Kaltbos. Gerade wollte ich an Thaan schreiben und hören, was es Neues, hoffentlich Gitnstiges gäbe.« Nachdem Angelika Gaarz durch ei nen bittenden Blick oeranlaszt hatte, seitab mit ihr zu treten, berichtete sie ihm alles, was geschehen war und was sie zu thun im Beqrisf stand. Als sie geendigt hatte, ging em Laut tiefer Theilnahme über feine Lippen, dann sagte er nach turzern Besinnem »Ja, gewiß, auch ich kann nur billi gen, was Sie thun wollen. Aber ich möchte Ihnen gleich ans Herz legen, sich keinen Illusionen hinzugeben. Wenn Sie —- es steht für micl jetzt außer Frage — nicht etwas a tterielles zu bieten vermögen, werden Sie ihn zu nichts bewegen. Und was haben Sie —?« Einen Augenblick schwankte Ange lica, dann sagte sie, ihre Augen ans seine bereits etwas Unruhe wiederspie gelnden Züge richtend: »Ich will ihm versprechen, daß mein i Mund über feinen Diebstahl fiir im mer still fein foll, daß ich auch Sie ver anlassen will, darauf Jhr Wort zu her pfänden Vielleicht genügt ilnn diese Summe. — - ! Gaarz sah Angelika groß an· Dann f schüttelte er den Kopf. »Nein, nein, thun Sie das n. chi. i Sie geben alle Waffen aus den Han- J den, auch widerstrebt es meinem Ge J fiihl, daß Sie mit solchen Mitteln einen ’ Tauschhandel treiben wollen. lan endlich und zuletzt: Können Sie sich denn wirklich auf die Dauer Jeniandetn zueignen, von dem Sie wissen, das; er Lin ?solches Vergehen zu verheiinlichen at « »Ja, ich kann Alles-, gegenüber dein Schweren wag sich meinem Gewissen anfdrängtk Ach bitte, machen Sie mitt, Hnicht wieder wankend. Was soll ich I armes Geschöpf anfangen?« Gaarz blickte unwillkürlich um sich. Tiefer Herzensjammer hier ans der Gasse! Und nicht helfen zu tönnenl All das mußte doch noch sorgfältig überlegt werden; sie aber ward von Legardng erwartet, sie würde einem Aufschub flicht betpfllchten. Dennoch sprach er in diesem Sinne auf sie ein. »Ich muß jetzt fort. Jch kann nicht bleiben. Meine Kranken warten. Aber ich muß Sie noch sprechen, noch mit Ihnen iiberle en, Fräulein Angelika. Jedenfalls fassen Sie Jhr Anerbieten noch nicht als ein desinitioes; sagen Sie, daß Sie meine und Thaden’s Zu stimmung einholern müßten.« So standen sie beide schwankend. Aber diesmal gab Angelica die Ent scheidung. Sie bei-mochte die Unge wißheit nicht mehr zu ertragen: es trieb sie ein fieberndes Verlangen, diese letzte ljrntscheidung herbeizuführen »Na, Gott befohlen denn, mein lie bes Mädchen!« stieß Gaarz heraus. »Und wie ist«s? Sehen wir uns noch? Gehen Sie zu Ihren Eltern oder nach Flalthof?« »Ich weiß nicht. Jedenfalls lehre ich noch einmal zu Thadens zurück. Na tiirlich spräche ich Sie sehr gern vor der teil-fahrt Aber es ist unbescheiden und wo sollte es geschehen?« »Ja allerdings wird das schwer bal ten! Aber ein anderer Vorschlag! Ich werde, da ich in der nächsten Zeit doch iiler Land fahren muß, nach Kalthof kommen! Da werden wir uns dann sehen! Lhnedies war·s wegen anderer wichtiger Dinge meine Absicht.« Und dann ein Händedruck und beide schieden. Langsam ftiea Angelica die Treppen Fu Legardus’ « ohnung empor. Zweimal blieb sie stehen, um Athem zu holen und während sie erschöpft da stc.nd, kam ihr derGedanke, wie schwach ihr Körper geworden, wie Sorgen und die wachen Nächte sie beeinträchtigt, sie ihrer Reize entkleidet hatten, wie sie nichts Anderes mehr sei als ein schwa ches, abgezehrtes Geschöpf. Und wozu all die Qual? Wieder erfaßte sie grenzenloser Lebens-über deuß; auch die unschöne, karge Umge bung wirkte auf ihre Sinne, die unfau bere Treppe, die der Farbe entblößten Wände, der ausgebrochene Märtel, die bestäubten Aufgangsenfter. Im Begriff, sich ihrer Lethargie zu entreißen, hörte sie Geräusch über sich. Es tam Jemand die Treppe hinab. Nun raffte s·:e sich auf und erhob den Blict « Leaardus stand vor ihr! »Ah «- Du!« betonte er sichtlich enttäuscht, »ich nahm an, das-. Du nicht mehr tommen würdest. Die Zeit ist zange verftrichen. Eben wollte ich mich in Geschäften fortbegeben.« Und offenbar nur gezwungen schlosr Legardus: »Ja, denn tomm’ gefälliast, aber etwas rasch-« Er fah nach der Uhr. -—— »Ich bin zufällig dringend besetzt-« Angelika hörte die Worte nnd glaubte in die Tiefe sinken zu sollen. Ihre Pulse hämmerten, ihr Ferz stockte Sie hätte einen Verzweif ungsschrei aus ihrer Brust lösen mögen. So »se aeanete ihr der Mann, der einst iaacnd im Hause ihrer Eltern um sie geivor len, der ihr Mitleid und ihre Liebe an gefleht und dem sie die höchsten Beweise ihrer Liebe gegeben hatte. Wo es sich um daH VornehmstJ handelte, um Namen, Ehre und Zu tnnft, hatte er Anderes zu thun und fiigte sich nur halb willig in eine Unter redung. Rein Willkommen, kein Händedruck tein Wort des Antheils, geschweige — Liebr. Schauer flogen durch ihre Seele. Ja, fa, Gaarz hatte recht. Es war umsonst! Und diese Begegnunq wollte denn auch die letzte Runeigung die sie noch für ihn empfan , tödten. Worte fand nur noch ihr Pflichtgefühl, Eckel und Abscheu erhoben ihre Stimmen und riefen: »Gehe fort, ohne zu reden. erniedrige Dich nicht; Du weißt ja, das-, es ohne Erfolg ift.« Er schritt voran, öffnete mit einem Schlüssel, machte eine halbe Bewegung, ihr den Vortritt zu lassen, und tastete sich dann, von ihr gefolgt, bis an fein dunkles Zimmer-. Hier angekommen, bot er ihr einen Platz im Sopha, dann sagte er kurz und kalt: »Du schreibst mir, daß Du vielleicht einen Weg gefunden hättest, meine ma teriellen Ansprüche zu befriedigen? Jch bitte —— also —?« Und Angelika Kardel hub an: »Du haft erklärt, daß Du nur noch gegen die Gewährung der von Dir ge forderten Entschädigung mir die Hand reichen willst. Jch komme, um Dich noch einmal zu bitten, darauf nicht zu bestehen.« »Gewiß, ich.war’s, welche den Ring zurücksandte, aber vergiß nicht, Rochus. unter welchen schweren Eindrücken ich stand, daß ich für Deine Handlungs tveise keine Entschuldigung fand, und wie schroff Du mir bei unserer letzter-. Unterredung begegnetest· Jch lernte inzwischen anders darüber denken. Das Unglück hat mich weich und demüthig gemacht. »Also höre: Tritt mit mir an den Altar, damit Alles werde, wie wir es einst erhofften. »Und was ferner gesechhen soll, niagft Du bestimmen! »Ich will gegenwärtig und zuiiinftia nur an Dich denken. Und ferner-: Jch schwöre Dir, daß nie ein Wort über Dein Vergehen über meineLiPpen kom men soll, daß ich —- fofern ich ein Reckt dazu habe -—— den Rechtsanspruch an dieses Geld auf Dich zu übertragen be reit bin. Behalte, verwende es, ich will Dein Hehler sein, mit Dir die Fol gcn auf mich nehmen!. »Daß mein Vater nicht giebt, weißt Du, Rochus. So begnüge Dich mit diesem Antheili Jch weiß nicht, wie viel die Beutel enthalten. Es wird aber wenig nicht fein. Und nun rede! Vergiß Alleg, was mein Mund früher sprach; oie Tabel, die ich mir erlaubte die schroffen Erklärungen, die ich gabl Nimm an, daß wir uns geqenüber stehen wie damals in Deinem Zimmer im elterlichen Hause, wo Du mich küß test und mich fühlen ließest, daß Dein Herz für mich schlug. Und denle nicht. daß ich irgend einen Vorwurf gegen Dich in meinem Jnnern berge, daß ich qar als Richter über Dir siehe! Nein, nimm an, ich sei zu deu Ueberzeuguns aelanqt, ich allein sei die Schuldige, i i sei blind und verworren ·ewesen, als ich auch Dir Schuld beiniafz! —« Das Mädchen hielt inne und ihre Filicte hinakn an des Abgewendeten Ge talt. Einen Teufel selbst mußte eine solche Sprache erweichen! Aber sie wollte noch mehr thun! Da er nicht aleich antwortete, schleppte sie sich auf den Knieen zu ihm, umtlammerte sie, obschon er finster ab wehrte, und blieb in dieser Stellung unter vertehrendem Schluchzen Und nun sprach der Mann, aber ohne ihre Hand zu fassen, vielmehr durchZuriickweichen sich von ihr lösend: »Ich will mir’5 iiberleaen und Dir moraen schreiben. Jetzt, in diesem Auaenblict, bermaa ich Dir teine Ant wort zu geben. »Die Gründe kann ich Dir nicht mit theilen. Und nun erhebe Dich, mach keine Scenen Woer soll dag- nützen?" Langsam, schlotterud, mit den letzten Kräften that sie, was er ihr befahl. Und noch einmal nahm sie daSWort: »Mit mir wird auch Dottor Gaarzz seine Uliitwissenschaft über Dein Ver-— gehen in sich verschließen Ich hoffe, dafür aufkommen zu können. Auch das wollte ich Dir noch saaen.« Er war im Begriff, aufzubrausem er wollte ihr zurufen: Ich verstehe nicht. Ich lehne mich daqeaen aus, daß im mer wieder von einern Vergehen die Rede ist. Aber er Unterdrückte die Worte. -—— Noch einmal ergänzte rr kurz und ge fxrmftginäßia das Gesaate. »Svätesteng iibermorarn früh haft Du in Kalthof meine Ulniiv.)rt. Ich werde thun, wag ich must, aber auch mich Deiner Ertlärunaeii erinnern. Also, bitte, wir sind ii nun am linde. --— Willst Du Dich hier noch erholenP Jch muß mich entfernen, eg· handelt sich um eine Stelluna für mich, -- - um Brod. ———— Ich habe nichts, nichts lzum Leben.« — Ein mit tiefem Haß vermischter’3lus« druct floa über die finsteren Züge-. Und da faßte sie nach ihrer Börse und rich teie einen flehenden Blick aus ihn, von ihr zu nehmen. Doch er schüttelte den Tropf, niclte kurz und verließ das »ii1niner! Ange lica aber sant, von allen Kräften ver lassen, wie gebrochen Zusammen, und erst nach arrauiner Zeit vermochte sie sich die Treppe hinabzuschlevpen Ernst Gaarz befand sich in einer sehr startcn seelischen Erreauna lLr wußte nicht« wag er beainncn solle uni in Ninus Nähe Zu gehinan nnd wenn er sich vorstellte, daf; es ihin dennole ask qliidt sei, sah et zwar das schöne, un berechenbarelitefchöpfe inn freundlich anlächelin aber nichts verrieth doch, daß sie sich ernstlicher mit ihm beschiis tiqte. Freilich sprachen manche Einzel heiten ieder daqeaen Hatte fie nicht aufgehorcht, als er auf sie einaercdet, hatten nicht ihre Iluqen aesnntelt, nnd hatte sie nicht aerade dann ungeftiim nachaefraat, wenn Wom. die feine göttlichen Gefühle für sie verriethen, über seine Lippen acaannen waren? Und ihre vorsorglich-.- Llrtiqteit, «iir ihn einen Tanz aufzuheben! Aber auch das war vielleicht nur ein Att der Rücksicht aeweienl CZic wollte dadurch ihre dankbaren Empfindungen für die Familie Gaare an den Tag legen! Und wie sie mit ihm gewesen, so war sie doch auch anderen begegnet, nnd am Ende war sie sonar —— ohne Adieu —- davonqelaufen. Sie wollte ihm ein Nein sagen, da machte sie sich lieber davon. Gerad-: dieser Vorfall —- fo sprach eine gegen fie sich erhebende Stimme in feinem Innern —- oewies, welch’ ein unbe rechenbares. flüchtiges Geschöpf sie sci, wie wenig Verlaß auf sie wäret Und dann kamen auch noch andere natür liche Zweifel: in welch-e Familie er hin ein heirathen würde und wie die Ver mögensverbältnisse seien. Da er selbst gar nichts besaß, so mußte er auch diesen Umstand in Be tracht ziehen; es war jedenfalls wün schenswerth daß sie etwas mit in die Ehe brachte. Einmal kam Ernst der Gedanke, sei nen Vater ins Vertrauen zu ziehen. Aber er gab ihn auf, weil er fürchtete, daß dieser seine Neigung als eine sei ner früheren Unbesonnenheiten anse hen, daß er ihn davon zurückhalten würde. Sein Vater hatte schon hingeworfen, daß die Verhältnisse wenig durchsichtig seien, daß er noch gar keinen rechten Einblick gewonnen habe, wie eigentlich die Dinge ständen. Ja, sogar Miß trauen hatte er ausgesprochen; es woll te ihm vorkommen, als ob etwas mit dem Bruder nicht in Ordnung wäre. Nach allem Hin- und Herdenken ge langte Ernst Gaarz zu der Ueberzeu gung, daß es am richtigsten sei, sich in Paris nach demHerrn Telae zu erkun digen und nach dem Ausfall einenEnt schluß zu fassen. Da aber seine Ver nunft nur bis an das Ende dieses Ge dankens reichte, verwarf er den Plan doch wieder und beschloß —- es machte kommen, wie es wolle — an Nan zu schreiben und sie um eine geheime Un terredung zu bitten Daß sie antworten würde, erschien ihm zweifellos; geschabs aber nicht, dann blieb noch immer der Weg, ihr offen gegenüberzutreten und selbst ein gerades Wort zu reden, oder seinen Vater darum zu bitten. So kam es denn, daß zwei Tage nach dem Ball bei Frau von Aberkron die beiden Geschwister Gaarz sich glei chen Beschäftigungen hingaben. Afta schrieb einen langen zärtlichenBries an Heinrich Boye und meldete. daß ihr Vater in den nächsten Tagen nachKalt hof kommen werde, und Ernst setzte die nachfolgenden launigen Zeilen an Nan auf: »Mein sehr verehrtes Fräulein! Daß Sie mir einen Tanz aushoben, war so ungewöhnlich liebenswürdig, daß ich nochmals aus diesem Wege und in dieser Form Ihnen zu danken mich getrieben fühle. Dieser Alt Von Liebenswiirdigkeit beweist, wie rück sichtsvoll Sie geartet sind, wie zartfiih lend Sie denken. Hätte ich einen Schulaufsatz zu schreiben, der betitelt wäre: Schildere das Aeisßerse und Innere von Nan Telge, so wäre ich, nach den Stunden, die ich mit Ihnen verleben durfte, durchaus nicht verlegen, was ich sagen sollte. Ja, soviel hätte ich zu sagen, daß wohl an Umfang eine zweite Bibel zu stillen sein lönnte. Das alauben Sie nicht? Aber Sie dürfen mich ja auf die Probe stellen! Einen Satz aus dem Aussatz Darf ich Ihnen verrathen. Er lautet: So hat sie auch die Gewohnheit, Menschen nach Champagnerbowlen wegzuschiclen, um auf diese Weise siche rer ganz unerwartete Fluchtversuche zu oeranstalten. Daß gute, braoeLeu te, die teinen anderen Gedanken l,at- » ten, als sich mit ihr zu unterhalten, j von dein Zauber ihres Wesens berührt f werden dadurch in lebensgefährliche Zustände gerathen wie a wesend i:m- i herwandeln, elfrnal in r Seunde s ihren Namen murmeln, nicht essen nnd i i schlafen können und fortwährend nach an der Wand hänaenden Pistolen schielen, das ist ihr gänzlich gleich gültig. Sollte ich mich in der letzteren An nahnie doch irren, so bitte, schreiben Sie mir recht bald. und wollen Sie Zugleich meinem zerrütteten Zustande etwas aufhelfen, dann fügen Sie gil tigsi hinzu: wann und wo ich Sie bald einmal allein und ungestört in aller Ehrerbietung sprechen darf. Jhr durch Sie in einen besinnungslosen Zustand net-setzten ergebener Ernst Gaar·3.« Der launige Inhalt dieses Schrei bens war ganz ungefährlich, es tonnte soaar der alten Martia in die Hände fallen. Hatte Icma den Wunsch, wieder mir ihm in Berührung zu treten, so wiirde sie aug dem Scherz schon denlfernst her aus-finden! Es entsprach ja ihrer eige nen Art und Weise, Zweifel zu lassen, dag- Gemessene in ein heiteres Gewand zu hüllcn und bei lustigen Einfällen ein ernstes Gsicht zu machen. Am folgenden Tage wußte Ernst den Postbotcn, der die Stadtvost drachtc, schon vorher aus der Treppe abzusas sen. Aber er hatte teinen Brief siir ihn. Das versetzte Ernst Garn-V Junereg von neuem in einen gewaltigen Auf ruhr und schuf die widersprechendsten Gedanken. — Am Ende war sie doch nicht so leicht zu nehmen, wie er erwar tet hatte. Unter diesem Gesichtspunkte wank ihnr sogar erfreulich, daß sie nicht ge schrieben hatte. Der Respekt vor ihr ward dadurch erhöht. Aber weil doch " zugleich daraus hervorging, daß sie sich nichts aus ihm machte, empfand er ans dererseitg wiederum höchste Enttäuschs ung über das Aue-bleiben einer Ant wort und zählte die Stunden bis zum Nachmittag, wo abermals eine Post ausgetragen ward. —— Er hörte auch gar nicht, was Mittags bei Tisch ge sprochen ward, daß sein Vater von Stioldks und von anderen Patienten erzahlte, daß von dem erfreulichen Wochenschulzeugniß der Kleinen die Rede war und welche Hoffnung seine Mutter daran knüpfte. Er sah nicht, wie Astas Augen glänzten, als sein Pater erttärte, nunmehr bestimmt am nachsten Tage nach Kalthof fahren zu wollen«-. und kam gar nicht zum Be wußtsein, wie gut nach aller Urtheilk die Kartoffelsuppe und der falsche Hast. diesmal gerathen war und wie vor trefflich beides schmeckte. Er dachte nur an Nina und war so zerstreut, daß Frau Doktor Gaarz in die Worte aus-bracht »Du mußt verliebt sein« Ernst. Schon heute Morgen fiel mir aus, daß Du DeineMorgenschuhe in denWäsches schrant und die gewaschen-en Kragen an das lStiefelbrett gelegt hattest. Fortsetzung folgt.) ———-.-—-—— Die Gefahr in den Fell-lagern Ter beschleunigten Rückkehr unserer Trupp-en aus Cuba sollte nun mit der angetündigteuAusmusterung von hun dertausend Mann der Freiwilligen Armee ebenso schnell die Rückberusung der Mannschaften aus den Feldlagern in Jacksonville und Chickamauga fol gen, wo die sanitären Zustände fast ebenso schlimm sind wie es die vorSan tiago waren oder in dem im Osten ge legenen Camv Alger,«dessen Verlegung schon vor Wochen hätte erfolgen sollen. Die Klagen aus dem Feldlager in Chickamauga Parl und vorn Cainp Cuba Libre sind wenig verschieden von denen, die von Santiaqo kommen. Die Lagerstätten sind zu Pesthöhlen gewor den, in denen zu verbleiben den Leuten nur unter den zwingendstenUmständen zugemuthet werden sollte. Der Kampf ist vorüber und kein Grund vorhanden, sie den gefährlichen Krankheiten aus zufegen, so wie den Zufälligkeiten des, wie es scheint vielfack sehr mangelhaf ten Hosvitaldienstes, betref s dessen Enthüllungen und Untersu ungen in Aussicht gestellt find. Es wird darüber Beschwerde ge führt, daß die Regierung über den Wunsch der Mannschasten. ob sie aus gemustert werden sollen oder im Dien t« Verbleiben wollen, getauscht worden set. Es heißt, eine Anzahl von Offizieren harre, nm ihre Posten inne behalten zu können, die Leute eingeschüchtert oder die von ihnen in Umlauf aefetzten Ge fuche um Entlassung aus dem Dienste zu unterdrücken gewußt. In Wirklich keit seien mindestens 80 Prozent der Soldaten für baldige Ausmusterung und Heimlehr zu ihren früheren fried lichen Beschäftigunan. Es wird sie Niemand deshalb tadeln wollen. Als das Land ihrer bedurfte, haben sie ihre Schuldigkeit gethan, fich gemeldet und die Strapazen der vorbereitenden Gin übung für den aktiven Dienst gern ge tragen, um ihrem Lande im Kampf ge gen den Feind zu dienen. In der Angs siel)t, auf nutzlose Unthätigkeit, Feld dienstiibungenund bestenfalls Garin fondienft sind sie nicht zu den Waffen geeilt. Einige von ihnen, welche dieLust an Abenteuern oder nach Abwechselung und Erfahrungen in fremden Landen zu den Waffen getrieben. mögen wohl gern bei der Fahne bleiben, die große Mehrzahl aber fühlt, daß sie die über nommene Pflicht und Schuldigkeit ge than haben und die Dienste, welche die Regierung jetzt von der Armee zu ver langen hat, ganz wohl von Anderen versehen werden können, die dazu bereit sein mögen. Einige der Offiziere sollen den Leuten, welche Entlassungsgesnche unterzeichnest hatten, Feigheit vorge ivorfen haben. Davon hätte nur die Rede sein können, so lange der Krieg andauerte und die Möglichkeit des Ein greifens in die Kämpfe desselben vor lag, zum bloßen Gamaschendienst ge hört keine besondere Tapferkeit. Wie viele der Mannschaften im Dienst ver bleiben wollen, ließe sich bald feststellen. wenn nach dem Beispiel des fünften Regimentg von Illinois eine namentli che Abstimmung über Llusmufterung oder Verbleiben im Dienst voraenom men würde. Abgesehen von diesen fri williaen Erklärungen und den mit der angeordneten Ausmusteriing von hun derttausend Mann verbundenen Maß regeln aber sollte die Reaieruna zu nächst dafür sorgen, daß die Truppen aus den gegenwärtigen Lagern Juwel aezogen werden, in welchen Krankheiten täglich mehr Opfer fordern als sonst von feindlichen Kugeln fallen. Daß vom Gouverneur auf Grund» zahlreicher Zuschriften und Wa gen an die Vundesreaieruna uin Ur laub fiirdie Kranken und Verlegung « des Lagerplatzez gestellte Gesuch muß in Washington schleunig- Beachtung sinden. Die .i)eeresleit1:i.a sollte nicht ersinnt Untersuchungen iurFeststel lung des Thgxdcltandes Reit Verlieren. Wenn dein liebe-stand2 abgeholfen ist, mögen sich Unierjnchunggssidun issiw nen mit deren Studium desckzsxtigen,s wie nian in Ankunft bei der Anlage von Feldlaqeisii ten sanitären Anfor derungen «;lr-eeluiasii-:.er entsprechen t.rnn, als unsere Armee-leitng ev dies mal verstanden hat. Der Tszgcöbefehl hat jetzt zu lauten: Rücken-: vor dezn iiderlegcnen Feinde. der Matariz und dem Typhus. — .-.—-...--... Von den veränderten Ansichten, wel che die in Cuba gewesenen Soldaten ubr die Cubaner gewonnen haben, be richtet nach Aeußkrnnaen einer großen Anzahl der nach Montauk Point zu rückgekehrt-en die N. N. Staatsth.: »Wie aus- einern Munde wird die e berzeugung ausgesprochn daß jeder Tropfen Blut, dre veraosfen wurde, vergeudet worden ist, daß das ganze eubanische Volk nicht eines von den vie len Menschenleben, die wir verloren haben, werth ist.Als bezeichnend, gewis sermaßen das allgemeine Urtheil zu sammensassend, erwähnen wir folgende Ueuszerung eines hohen Offiziers des Shafter’schen Lords-: »Das erste Denk mal, das errichtet wird, sollte Wehlet gesetzt werden, denn-er war der einzige Mensch, der wußte, wie die Cubanek behandelt werden müssen.« t)