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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 12, 1898)
1848 Ein weltgeschichtliches Dramay Von Johannes schen-. (Fortseßung.) T Es be ann: »Meine Aufruse vom 12. und . März fußen auf deinGliicl, ie ich mich damals ausdrückte, so gute. brave Landsleute in denLandleu ten zu beitzem Jn jenen Ausrufen, in en Ma regeln seitdem ist allen An rderungen die äußerst-: Rechnug ge tragen und sonach imHinblick aus Jenes glückliche Berbältniß der Grundsatz an die Spitze gestellt, daß wir Hand in Hand in die Umgestaltuna treten woll ten. Mein ganzes Leben giebt übrigens Bürsschastx dasz Volleswohl und Fort Zeitt mir nicht blos leere Worte ind. ( ie Verhältnisse haben sieh aeän vert. Auf das fkkchste ist jedes Band zwischen uns zerrissen-Der schändlichste Undanl aus, ich darf es sagen, unschul diges Haupt gehäuft« ri. s. w. Hierauf erklärte er, abdanlen zu wollen, um »in irgend einem fernen Ort iiber den Wechsel menschlicher Dinge nachzuden len«, und ließ folgende Begründung -diese5 Entschlusses folgen: »Nicht das Aus-erstehen Deutschlands, sondern die Otasse von Erbärmlichteit. die in der Flachsenfingerei eines kleinen Staates mit dem März auftauchte, hat mich vertrieben. Jm Anfange aänzliche Un lund und Schwäche der Civilbehörden, durch-die die Wühlerei erst arbszgezogen ward und natürlich weiterfraß und alles ansteckte. Mein im Kleinen auss gebildetes Wehrsyftem unbenuszi. Da ist mein Bleiben unmöglich, weil ich nichts halb sein will und überhaupt da Deutschland eine Einheit fein soll und die kleinen errscher ein Unmöglichkeit Mein Ents luß, die Regierung nieder zulegen, wird um so eiferner, als die bekannte infame Sturmvetition bei Gera unser ältestes Schloß entwur Hgtr. Dort dieselbe Trauri leit der pehötderk die Burgerwebr. 1 . Mann stark. liesz Mich tm Stich. Heinrich der Zweiundsiebziaste.« ch Nur-Ema Sein Ulag an die getleue Rassen. , « - « l «s. I Vom lächerlichen bis zum erhabenen ist mitunter auch nur ein Schritt, ge rade wie umgekehrt. Der Miniatur Selbstherrscher von Neusz entfloh vor einer Sturmpetition, der Folio Selbstherrscher aller Neusien stand in der revolutionären Brandung Euro ra’g wie ein unerschütterlicher Leucht thurm des Absolutismus. Am ZEI. März erließ For Nikolaus einen Ulas an die russisåye Nation, in welchem er mit einem oerachtunqsvollen Seiten blick auf die der Nebolution erleaenen Regt-erringen von Oesterreich und Preus kcnckseinem Machtgesiihle stolzestenAI:s tu verlieh und seinen Entschluß cundgab, jedem auffälligen Heriibers areisenwollen des Revolutinngaeistes nach dem ,,heiligen« thuszland mit Uns erlittlichkeit entgegenzutreten und eben so jedem etwaigen Angriss aus die Grenzen des Reiche-Z mit volle-m Ver: trauen aus seine treuen Unterthanen. »Wir sind überzeugt —- schlosz er daß unser alter Ariegsrust Für Glaube, Zar und Vaterland! auch jetzt uns zum Siege führen wird. Dann rufen wir im Gesiihle der Dankbarkeit nie jetzt im Gesiihle des Vertrauen-Z aus Gott« einstimmig: Gott mit uns! Ver nehmt es, ihr Heiden Cihr fremden Völ ker), und untertverset euch, denn mit uns ist Gott!« Man hatte in Deutschland teine Zeit, aus diese grollenden und drohenden arenworte zu achten, welche der Reak tion zuert wieder Halt und Richtung gaben. an hatte auch keine Zett, zu ahnen, wo der Zar in übermitthigster WeiLe über die Geschicke Deutschkands Wie Zrichterlich entscheiden würde. an hatte nur Zeit und Lust, stir die ,,Konstitutionelle Monarchie auf brei tetter demokratischer Grundlage« zu s wärmen und zu lärmen. Dieser Spielball site die öffentliche Meinung war vom zur Scheinmacht gelangten zäheralismus auslfeworsen worden und Z konstitutione e Ballspiel, das un ittlichste aller Spiele, wurde insbeson ere von den osdeniotraten eisrigst empfohlen und überschwänglich geprie en. Heideinokmteu. Nach der Entwicklung die Vermittlung Diese »Hofdernoktaien" dürfen nn ier» den Figuren des historischen Ge rnaldes vom »iollen« Jahr nicht fehlen. Es waren Schößlinge nnd Nachschöß linge vom weilend »Jungen Deutsch land«, hold oder ganz ums und abge änndene Literatem welche da und dort i Hofe unterzuducken versucht und gewußt hatten. Schon lange vor 1848. Jn dem großen Sturmjahre kamen aber solche Hofdemoiraien an den deut schen Höer förmlich in die Mode. Wie man sich früher einen Zwerg, einen Mohren, einen Affen oder Papagei von felienerer Art gehalten hatte, so hielt rsan sich jetzt einen Haidemoiraiem Im Uebrigen hat schon Lord Byton in der »Vision des Gerichts« das Lob dieser Herren gesungen: — ItSie haben Königsmördern Ruhm verlieh’n Und später alle Könige gelobt; Sie haben »Hoch die Nepuhlii!« gefchrie’n Und später gegen Republtk getobt. Nun sind fie liberal, doch stets erbdtig, Teu Jiiael zu wechseln und « die Haut, wenn nöthig Der Konstitutionalismus hatte Lein Spiel leicht zu ewinnen. Der A so lutismus hielt ·ich ja in Deutschland vorderhand miiuschenstill und der Re puhlikanismus hatte ztvar etliche Pre diger, aber teine Gemeinde Die ton stitutionelle Monarchie war wenigstens eine bestimmte Losung, ein Pro ramm, etwas vorstellbares, während die Jdee der Republik nnsafzbar in dem blauen sPimmel des Vertrauenfchwindels um serflatterte und für blöde Philister augen auch unsichtbar. Außerdem ver- " sprach der Konstitutionalismus bal t-i«ft »Ruhe und Ordnung« urückzu füåren und nach Ruhe und - rdnung le zte die ungeheure Mehrzahl der Na tion. Sehr begreiflich und sehr ver zeihlichl Leben muß und will man und in unferer modernen Gesellschaft ift ,,Leben« und »Geschäft« gleichbedeu tend, das Gefchith aber ohne Ruhe und Ordnung unden bar. Die Wahrheit frei heraus-zusagen auch abgesehen von den ttnliebfainen Störungen und schweren Einbußem nelche der Frühlingsanfaug von 1848 siir Handel und Wandel mit sich brachte und noch in Aussicht stellte, konnte und nufzte es richtigen deutschen Untertha nen ungemüthlkch, unlustig und un heimlich werden in diesem habhlonifcheu Wirrwarr des März und April. was nat sccy damals nicht alles laut ge·ma t, als die vormärzlichen Vor hange chlosser von den Lippen der Men schen und die Knebel und Klammern von den Pressen geffallen waren! Es regnete Zeitungen, chneite Flugslätier hagelte arrrtaturen. Unendliche site dentataralte drohten die ganze Welt unter Wasser u seyen. Der eine sprach vom Elsa , Dänemarl, von den russrschen Ostseeprovinzen, als hätte man sie bereits in der Tasche. Ein »in derer ließ ein Memorial drucken, wie die Schweiz wieder zum »Reiche« zu ruckzubrtngen sei. Ein dritter ,,etra sirte'« den Zaren, ein vierter civilisirte den Sultan, ein fünfter proieftantirte den Papst. Ein xchster erörterte mit ftaatsmännifcher · iefe, tvie die drei Farben auf der Nationalflaage zu ord nen wären und wie das lünftigetlieickxd siegelgestochen werden mü ie. Der ie bente erfand bochiönende amen fiir die erogschigk der künftigen deutschen Flotte. r achte sprach nur in Aus drücken des engliscl n « arlament45, der neunte radebrach die Tiraden des fran zdsisxhen Konvent5. Der zehnte ent warf eine Reichs-verfassung, der elfte eine männliche und weibliche Muster tracht; der zwölfte schrie, man müßte var allem die Frauen emancipiren. Der dreizehnte stiftete einen Hutnichtabzieh unggvereim der vierzelznte tonstruirte Dampfguillotinen. Der fünfzehnte pflanzte sich altdeutsche Bartwälder ins Gesicht, der sechszehnte neufranzösi ch: Rothfedern auf den Schlapvhut. » er siebzehnte verspürte in sich das verei nigte Felthenntalent Cäsars und Na poleons, der acht-zehnte weissagte den ewigen Völkerfrieden. Und das alles schwirrte, klirrte, schimmerte, flim nurte, sluniertc, llunlerte, phantasirte, n«anifestirte, protlamirte, faselirte, ran dalirte, Polulirte, toastirte, glorisizirte. letzenmusizirte, über-. unter und durch einander — »aus breitester Grund lage«! unserer we tgeschichtlichen omödie. Mißtönig genug, ohne Zweifel. Und dcch ist es nur wie ein s iichternes R strumentestimmen qewe en, vergli n mit der höllischen Kalophonie, welche die »Peripetie« uns vorsiihren wird. Mit dem März von 1848 war die Ent nickeluna des aroszen Dra!na’e zu Ende, mit drin April hob die Vermitte lung an. Als am 20. März von 1848 die Biirger von Köln die schwarzrothgol dene Fahne aus den Dom ihrer Stadt steckten, da mochte der alte Geselle sich erinnern, dasz er vor Zeiten ja auch die französische Tricolore getragen. De corationen und Costiime wechseln, das Spiel ist immer das gleiche: —- Sisys plzuöarbeii. Danaidengeschäsi, Schat tenspiel an der Wand. Wir stoßen und quälen uns eine Weile herum aus die ser schönen Erde, und nachdem wir das bischen Leben einander möglichst sauer gemacht haben, wischt uns der Tod alle mitsammen weg, wie man Miill mea tehrt. Milliarden haben es so vor uns getrieben, Milliarden werden es nach uns so treiben, bis einmal etwa ein unversehens unseren Ball antaumeln der Komet das kleine Erdennichts im » großen Universalnichts verschwinden E macht . . . . " ! Vorderhand jedoch laßt uns den ! Vorschritt unseres weltgeschichtlichen l Dramaö mit an eben. Die gute Sta t Köln am Rhein ist Also das « inale der »Ex osition« i von jeher ein bevorzugter Raritäten tusten gewesen. Sind darin doch nicht nur drei heilige Könige, sondern auch elstausend heilige Jungfrauen und zwar auf einem Hausen zu sehen ge wesen. Eine richtige Raritiit tonnte man in Köln auch am 22. März 1848 erblicken, falls man sich mit den beiden neuestgebackenen Besehligern der neu gehackenen Bürgerwehr der Stadt, mit den Herren Wittgenstein und Raveaux in das ,,Commandantur ebäude« be- s gab, allwo der Herr Gra , Divisions- ; aeneral und Festungscommandant von Kanitz residirte. Die beiden kamen, den General zu er'suchc.n, daß er besähle, die Bürgerwehr mit Gewehren aus dem Staatszeughause zu versehen — ein ungeheuerliches Gesuch in den Oh ren eines Generals des absoluten Sol ! datenstaates Preußen. Die Gesuch ’ steller fanden das Haus öde und ver lassen und hatten Mühe, Jemand auf zufinden, welcher sie dem Festunas commandanten meldete. Endlich trat der Herr Graf in voller Uniform in das Zimmer, wo die zwei Bürgermeist offiziere seiner harrten. Gegenseitige stumme Begriißung. Der Herr Graf und General scheint nur für etwas Ge sicht und Sinn zu haben: für das schwarzrothgoldene Band, welches die Besucher im Knopfloche tragen. Was die Farben der Revolution, das Or densband der Rebellion so zu agen, so gar hier, im Quartiere des Umwan danten einer königlich preußischen Stadt und Festung offen zur Schau getragen? Spiegelsechterei der Hölle! Tie hochbeleidigten, acradezu attentä terisch behelligten Augen des Generals wollen vor Verwunderung und Ent setzen schier aus ihren Höhlen springen. Er lehnt sich mit dem Rücken an eine Spiegelconsole und stützt sich dabei mit den flachen Händen aus dieselbe. Die Beiden beginnen ihren Sermon. »Als neugewählte Befehliger der neuen Bürgerwehr kommen wir, Sie, Herr General, aufzufordern, uns etwa 4000 Gewehre aus dem Zeughause verabfol gen zu lassen.« De er arme Herr von Kanitz, stupi sicirt, petreficirt, schnappt nach Lust. »So? So? Ja wohl! So? So?« stößt er endlich muhsam heraus. Der Blick, womit er unverwandt auf die schreck lichen dreisarbi en Banoer starrt, wird stier, fahle Blii e überzieht sein Gesicht, trampshast klammern sich beide Hände an die Console; dann bricht er plötzlich zusammen und stürzt lautlos der gan sen Länge nach rücklings zu o,den türzt zu Boden, wie eine an die and gelehnte Mumie, welche unversehens ein heftiger Windstoß getroffen hat« Die Mumie war die deutsche Für stenmacht, welche der Marzsturm von 1848 umgeworfen hatte Starrkrampf gelähmt, wehrlos lag sie am Boden Der Liberalismus ho sie aus, bestrich ihr die Schleifen mit ,,Eau de mille ser vilites«, brachte sie wieder in eine an ständige Stellung,· leimte ihr die Ma schine der constitutionellen Doktrin an die Hinterseite und setzte diese Ma schine mit Vertrauensdampf in Bewe gung. Etliche Monate darauf war die Mumie glücklich wieder zu solcher Le benskraft gelan t, daß sie hoch herab zum dienstbefli enen liberalen Muley Hassan sagen konnte: »Erinnern Sie sich gefälligst, daß es in Deutschland noch Fürsten giebt!« Das ist eben der große Jammer von 1848 gewesen, daß nirgends ein Held nnd Heiland aufstandx weder in Deutschland, noch m Frankreich, noch in Italien, nirgends! Die liberaleDoc trin hatte ihre demoralisirende Wir kung gethan: der feige, blasirte, impo tente Ungeist der Mittelniäfziaieit, Philisterei und Biedermaierei hielt alles in seinem Bann und wang. Nir gends ein Nummer Eins kann, nir gends ein souveräner Geni115, nir aends ein überwältigender Rolosz. Ue berall nur Mittelgut und ordinärer Zuschnitt. Die wunderbar große Gele genheit fand erschreckend kleine Men schen vor. hu — Das Vorpnrlament. LetzterMärztraum des-tol lenJahres. Der deutsche Liberalisnius hatte am 5. März von 1848, wo er, durch seine Spiken vertreten, in Heidelberg die Zeit age verhandelte und zuvdrderst ein ,,Vorparlament« zu berufen be chloß, sehr merklich mit der nicht hof ähigen Frau Revolution totettirt. Ober so ein Kotettiren paßte even da mals in seinen Kram und verhals auch nebenbei zum Karrieremachm Das le tere den liberalen Matadoren ver ü eln zu wollen, wäre anz einfsältizp Warum ollten sie, na em sie ich etliche a erdings unan tändi plöylich —---- entschlossen hatten, as «ied der Monarchiemzzu singen, nicht auch das Brod der onarchie essen? Die Heidel berger Versamrnlun hatte einen Aus-· u von Sieben be tellt, um ihre Be 1 lusse zur Aussiibrun zu bringen« und von diesen Sieben fanden drei so sort Gnade vor allerhöchsten Augen; rr von Ga ern wurde noch am ö. ärz selbst armhessischer, "err Rö mer am 8. Württembergis r inister, herr Welcker am 14. Badi cher Bun destagsgesandter. Der Siebener - Ausschuß also ließ die Einladungen zu einein ,,Vorparla ment«, welches u Frankfsurt a. M. zu sammentreten ollte, au Ende März ergeben. Sie sollten zunächst an solche gerichtet werden, die Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung waren oder ewesen waren. Da asber gerade in den "lden deutschen Großstaaten his lang gesetzgebende Versammlungen nicht bestanden hatten —- den Vereinig ten Landtag in Preußen wird wohl Niemand eine solche nennen wollen — so ergab sich schon hieraus, daß die Zu ainmensetzung des sogenannten Vor parlaments eine ganz willkürliche sein mußte und war. Haben doch Herr von Gagem und seine Handlunger schließ lich ·anze Schocks beliebi er Philister aus armhessen und Rai au verschrie ben, um mittels olcher Stimmen die consiitutionellen schliisse in der Ver sammlung durchzudritcken. Daß von einem nationalen Mandat dieser Ver sammlun "gar keine Rede sein konnte, beweisen fchon die Ziffern ihrer ; u ammenseszung: — es waren da 2 e terreicher, aber 141 Preußen lder ehrzabl nach Rheinländer und ,,Stadtverordnete«); 9 Hannoveraner aber 84 Darmbessem aus dem König reiche Sachsen und aus den sächsischen Herzo thiimern mitsammen 47, aber aus « aden 72, aus den vier »freien« Städten 26, aus Würtiemberg 52, aus Schleswig-Holstein 7, ans Kur liessen 26, aus Bayern 44, u. s. w. Summa: 574. Der Zusammentritt des Vorparlaments war ganz unzwei Lellxast ein revolutionärer Art. Die Jersaminlung hatte «ar leine Voll macht außer der, wel sie selber sich gab. Man konnte als Abgeordnete-c von Ständen, von Vereinen, von Vollsversammlungen, mnn konnte auch als sein eigener Abgeordneter am Vorparlamente sich betl)eiligen. Es war nichts als eine Volksversamm lungim Cylinder statt in der Miitze und im Schlapphut. Zwei Gegensätze von iibler Vorbe deutung klassien dabei sogleich aus: der Gegensatz zwischen Liberaligmug und Radicalismus und der zwischen Süd- und Norddeutschen. Jener hätte s:ch von geschickten Händen —- wenn welche da gewesen wären -—— noch leich ter iiberbrucken und übertünchen lassen als dieser. Es stellte sich alz eine leidige Thatsache heraus-, daß die Norddeut Lchen in politischer Anschauung und ildung unverhältnißmafziz weit din ter den Süddeutschen zuructgeblieben waren· Diese schleppten freilich noch auf Schritt und Tritt die Eierschalen des zerbrochenen Polizeistaaieg mit sich herum, aber "ene das Holseisen desz Feudalisinus. as Volls- und Frei beitsbewußtsein in Süddeutschland war erst ein Kind, aber iiiNorddeiitsch land war es noch ein Embryo. Aber die aute Stadt Frankfurt, die es in ihrer Art recht ehrlich mit der na tirnalen Sache meinte —— diese alte Kaiserstadt mit ihrer intelli enten, thätigen und gastfreien Bevöl erung, ·n der n Bitte die erste Landsgemeinde misngH ation tagen sollte, schwamm in J ergriin und FescjnbeL Ueberall Freiheitsbaumq Ehren - Pforten, chwarzgoldene Fahnen und Flaggen, ijberall Vaterlandsworte, hoc-sin nige Lvsungen, hoffnungsvolle Bis gruszungen, Freudenschiisse, frei lzeitlicher San und patrioti scher Klang. Durch die Strasken der Stadt wandelnd, befeuert durch die lfreudestrahlenden Blicke schöner i rauen- und Madchenaugen, mittrun len in der allgemeinen Trunkenheit, konnte man wenigstens für Au« enblicte wähnen, alles mußte und wiir e gut gib-en. Es war der letzte Llltärztranm I Republik oder MduarchieTD Eine Reichs - Verfassung ohne Fundament. Dieser Traum mußte schon in den Vorversammlungen zum Voroarlip nente zerrinnem wenigstens bei allen, welche überhaupt den Willen und die Kraft hatten, sich die Träume aus den Augen und den Rausch aus oem Schä del zu wischen. Denn die seit einem Mcnat bis zum Ekel hergeleierte Li tanei von der deutschen Einigkeit und Brüderlichlcit verschwand wie Rauch und unter schneidenden Dissonanzen hob der Babelthurmdau des deutschen Verfassunggwerleg an. Die Frage, die auf allen Zungen zitterte, spran« sofort hervor: — Re Pudlit oder scltjtoncrrchiex2 Heutzutaqe muß es uns wunderlich, ja urtomisch erscheinen, daß sie überhaupt noch aus geworfen werden konnte; Denn sie war ja thatsächlich bereits entschieden. Der Heidelberqer Sreoener-Ausschs.iß hatte sie zum Voraus zur Entscheidung ge bracht, indem er als Wegleitung für das Borparlament ein Programm mit nach s ranlsurt nahm, worin die Grund inien der späteren Reiche-ver fassung mehr oder weniger deutlich rorgezeichnet waren. Nur vom Kaiser thum oder gar vom preußischen Kai serthum war darin noch leineRede. Die künftige VerfassungDeutschlands sollte diesem Programm zufolge den lockeren deutschen Staatenbund in einen festge gliederten Bundesstaat umwandelu, an dessen Spitze ein , «Bund«eg«o-ber haupt« mit verantwortlichen Wiinistern gestellt würde. Die Nation sollte ihre constitutionellen Rechte ausüben mit telg- eines Parlainentg in zwei Kain tnirn (Senat der Einzelstaaten nnd Voltshausz letzteres durch Urwahlen zu bestellen, so das-, je auf 7(),0()U See len 1 Abgeordneter iän1e). Die einzel nen Staaten sollten durch die Verzicht leistung auf die meisten ihrer Sonnen-i-v nitätsrechte die Bundesmaht und Reichs ewalt erhöhen Und kräftigen, so zwar, aß Deutschland fortan nur ein erwesen, nur eine Vertretung gegen über dein Auslande, ein nationales System des Hande15, des Verkehrs und Zolltvesens, der Wasserstraßen.E-L senbahnen Und Posten, ferner die Ein heit von Maß, Gewicht nnd Münze he sä e. Ebenso müßte die gesainmte Ci vi - und Strafgesecgebnng, sammt dem Gericht-verfahren oereinbeitlicht und ein höchster Nationalgerichtshos («Bundesgcricht«) geschaffen werden. »Die Freibeitsrechte« der Nation müßten mit festen Bürgschasten ver sehen werden —- (aus welcher Redens W I s art dann die unendliche Schraube der s Grundrechtedebatte l)ervorwuchs). sSchließlich zeichnete das Programm « dein Vorparlamente dessen Bestim s mung und Aufgabe vor· Diese follte sein, auf Grundlage der angegebenen Bestimmungen die Einberufung einer( constituirenden Nationalversauunlung zu beschließen. Man wird zugeben müssen, daß der Grund-, Um- und Aufriß des habh lrnischen Thurmes, d. h. das Pro gramm der Sieben, gar nicht übel sich ansah. Leider hatte das Ding die be denklichste Aehnlichkeit mit dem be rühmten Pferde von Ariosto’s verrück t( m Roland, welches Pferd bekanntlich alle vortrefflichen Eigenschaften besaß, nur war es todt. Das Fundament von dem liberalen Reichsverfafsungsthurm srllte und mußte ja der gute Wille, der erleuchtete Freisinn, die patriotischc Oxfersreudigteit ter deutschen Fürsten sein. Auf was das in Wirklichkeit baler hieß, darüber konnten sich nur die »besten und edelsten« Männer deut scher Nation verblenden und täuschen. Soweit konnte man nur kommen, wenn man vor lauter Klugheit ganz dumm geworden war. Aber die Herren wollten ihren Willen haben. Strude, Hecken Blum. Die drei Führer der Demo lratir. Den armen Schluckern von Diplo maten muß, als sie die Frage: Mo narchie oderRepublil? in sehr undiplo matischen Tischreden, d. h. von den Ti schen herab erörtern hörten, ungefähr zu Muthe gewesen sein, als wandelten sie durch ein Märchen von CallotsHofF mann. Jn der Vorderreihe der Reim blicaner redeten Gustav von Struve und riedrich Hecken welche beide in den — ppositionskämpsen ihres Hei mcthlandes Baden sich die Sporen verdient hatten; jener mehr als Publi zist, dieser als Klub- und Kammer-« redner. Daß Struve und Heller Män iser von Aufrichtigkeit und Ueberzeu gurgstreue waren, haben selbst ihre giftigsten Feinde, d. h. ihre früheren badischen Mitrepublieaner und späte ren monarchischen Gegner nicht zu be streiten «ewagt. Beide waren aber auch was S iller’s Philipp von Spanien ,,sonderbare Schwärmer« zu nennen pflegte, obzwar sie auf verschiedenen Wegen zu ihrer Schwärmerei gelangt waren: Struve aus dem Wege logischer Alsiractiom ecker auf dem Ste e phantastischer ntuitiosi. Wunder l cher Weise überphantasirte der trockene Abstractor Struve, welcher von Pflan zentost lebte wie ein indischer ngi, dann doch wieder den Heißsposrn Hecken in welchem langen Menschen, physisch und moralisch angesehen, das Ideal eines flotten Burschen, der Ty pus eines Corpssenior vertörpert war. Seine Begeisterung für die Republit gab sich als eine glühende und sie war es; aber —— Und das vollendet das Bild des Romantikers — durch die rothen Phrasen seiner Rede schlängelte sich häufig und plötzlich die blaue Stepsis. Struve, welcher in dem Glauben n sein Ideal ganz aufging, bis zum Fanatismus ausging und bis in seine Fingerspitzen hinaus davon überzeugt war, daß das Borparlament die deut sche Republit nicht allein decretiren müßte, sondern auch mit vollem tsrfolge decretiren lüiinte, ist viel weniger auf der Erde und unter den Menschen heimisch gewesen als Hecken der aus eineni Lsürger voii LBolken luluksheim ohne allzu große Bemü hung initnnter wieder ein calculirens der Mannheimer Advoeat wurde, wel cher nicht anstand, zu sagen, daß es ein eüel und vergeblkh TBagen, den deutscan Philister zum Revnblicaner machen zu wollen. Er hat sich auch nnr so zwischenhinein der Illusion hin gegeben, daß vom Vorparlanient ein Wahrspruch zu Gunsten der Republit zu erwarten sei, oder der Hoffnung, daß jetzt, zu Ende März, in Deutsch land sih das upubllcanssckx Prüuip überhaupt noch etwas Belangreiches zu thun sei, Aber er hielt es für seine Pflicht, unter diesen und unter allen Umständen für sein Ideal einzutreten, und dieses Pflichtgefühl hat ihn dann zu jener verspäteten republieanischen Schilderhebung getrieben, deren Er solglosigteit er selber vielleicht so deut lich voraussah, wie irgendeinen Unmdtjcc Viel besser als Heckek Und Struve eignete sich zu einem Führer und Leiter der Demokratie auf parla mentarischem Boden Robert Blum ans Leipzig, der häßlichste Mann sei net Zeit und zweifelsohne einer der besien —— natürlich nicht im Sinn der Best- und Biedermeier. Diese haßten in Blum den gebotenen Tribun, haß ten ihn um so mehr, als sie wußten, daß er alle die liberalen Kniffe und Piifse aus dem Grunde kannte, nnd die »Besten und Edelsten« haben dann « auch bei seiner Ermordung ihre Befrie digung, ja ihr Entzücken nur schlecht oder gar nicht verhelt. Blum verband mit dem Aussehen und Gebahren des Proletariats die Anschauungen und Ueberzeugungen der demokratisch ges E stimmten Fraction des deutschen Bitt gerthums. Weber EllPas Durchschnitts maß, welches die enschen von 1848 s tennzeichnete, ragte auch Blum nicht empor; aber wenn man die herbeni Hindernisse bedenkt, welche sich diesem i Proletariertind aus seiner Lebens- nnd ( Bildungsbahn entgegengestellt hatten, so wird man namentlich den feinsiihli- ( gen und feinhörigen Takt bewundern ( müssen, womit er ich in dem Getriebe der Politik zurecht and. Seine Red nergabe war sehr bedeutend; nicht anz phrasenlos, aber doch immer so, da sie ein gebildete-P Ohr ansprach, den er sahrenen Verstand beschäftigte und su gleich das Vollsherz sympathisch be rührte.« Republiraner aus Jieigung und Ueberzeugung, glaubte er den. Constitutionellen von vornherein das Zugeständniß machen zu müssen, daß die Revublik, wenn überhaupt errci bar, nur aus constitutionelbmonar - schen Umwegen zu erreichen sei. Für seinen Werth als Mensch und Bürger-, sur seine Treue und Hingebun zeugt unwideisvrechlich sein Grab n der Brigittenau. Selbst Fürst « Windisely grätz, welcher doch gar nicht nahe dabei gestanden, als das Pulver erfunden worden, begriff, daß er in der Person Blums einen Hauptmann umbriugen zu lassen Gelegenheit hätte. Wie die drei genannten radicalen Führer redliche Männer waren. so könnte nur die Parteiverbohrrheit be streiten wollen, das; auch die Führer der Liberalen der Mehrzahl nach red lich und uneigennützig gesinnt gewesen seien. Der Mehrzahl nach! Denn es aab solche darunter, welche ihre Staatsmännischkcit doch sehr privat geichäftmacherisch betrieben und es sehr gut verstanden, die arme Patria. zu einer volleuterigen Privatmilchkuh zu machen. Auf den Platz ch ersten Führers der Constitutionellen haben beim Zusammentreten des Vorparla ments die Umstände den Herrn Hein rich von Gagern gestellt, Sohn jenes Herrn Hans von Gage-rn, welcher als ,,deutscher Patriot« berühmt gewor rsen, weil er beim Wiener Congresse seinem damaligen Dienstherrn, dem Könige von Holland, möglichst viel deutsches Land zuzuschaufeln eisrigst beflissen-gewesen war. Herr Heinrich von Gagern tonnte nach Begabung, Bildung, Stimmung und Haltung alg der vollendete Ausdruck des va tentirten Liberalismus gelten, welchen er aber vornehm zu repräsentiren ver siand Die ganze Kunst, Men then zu beherrschen, besteht darin, den - ow mandostab mit einer Zuversichtlichkeit zur Hand zu nehmen, als sei die Be rechtigung dazu selbstverständlich Diese Kunst Verstand Herr von Gagern aus dem Fundamentr. Im »milden« Parlament KalteSWasserfürrepubli eanische Hitzlöpfe. Jm Kaisersaale des ,,Römer« wurde am 81. März das »milde« Parlament unter dem Alteröpräsidium des Bre rner Bür .rmeisters S m«idt,» rü· moc gens erös net. Die deu sche Lon Listenu « offenbarte sich auch richi sofor , als es galt, das Bureau der erfammlung zu stellen. Herr Schmidt chlug den Herrn von Gagern zum Vorsitzer vor. Murren links-: »Wollen keine Mini ster!« Bemerkung rechts-: »Die Siebe ner sind übereingetommen, daß keiner von ihnen den Vorsitz übernehmen dürfe«. Höchst unerquickliches Wahlge schäst überhaupt, die Abstimmungsver suche mittels rechts- und linkstretenö in dem nicht sehr geräumigen Saale ganz wirrsälig, endlich mit Ach und Krach Herr Mittermaier zum Präsi denten und die Herren Jtzstein, Blum, Dahliuann und Jordan zu Vicepräfi denten gewählt. Mittermaier war ein irrtrefflicher Vrrfessor, welcher, wenn er dornige oder tibelduftende Parteien des Criminalrechts zu erörtern hatte, eine frische Rose mit aufs Katheder zu bringen und damit, während er miirderische Bestimmungen der Karo lina citirte, anmuthige Schwenkungen auszuführen pflegte. Auch ein guter Mensch und Patriot war er, aber ein schlechter Präsident Als solcher würde er, womöglich, seine Sache noch schlech ter gemacht haben, hätte ihm nicht der einzige seiner Beiständer, welcher so ein Geschäft verstand, zeitweilig helfend unter die rathlosen Arme gegriffen, Robert Blum. Gegen 10 Uhr zog das ,,Stegreif parlament«, wie man es ebenfalls pai send genannt hat, vomRömer durch die Reihen der Frankfurter Biirgerwehr unter Glockengeliiute und Geschsi.itzdon ner, unter Halloh und Hurrah zu sei nem eigentlichen Sitzungsort, in die säulenumsäumte, hochbeluvpelte, schwarzrothgolden qeschmückte Rotunde der Paulskirche, allwo Herr Mitter maier, ein feiner Kathedermann mit Silberhaar und Silberbart, seinen Borsitzersprueh that. Darin war viel vom ,,Riesen Volksgeist«, mehr von den »Millionen unserer deutschen Brüder«, an! meisten von der ,,Freiheit« und von den »Volkswünschen« die Rede, aber von den Fürsten gar nicht. Das miß siel sichtbarlich der Mehrheit der Ver sammlung und verstimmte sie gegen den Präsidenten, was für diesen sein schwieriges Amt noch bedeutend seh-wies riger machte. Tie liberalen Leiter der Mehrheit hatten unter sich abgelartet, dasz vor allem die brennende Frage: Monarchie oder Republit aeliischt wer-— den miifzte Die Aewesenheit der Hals eisentnänner aus dem Norden und der rheinländischen Lebeinänner aus dem Westen, sammt der massenhaften Ein fuhr darmhessischer Anastphilister, ver bürgte ihnen die Durchsesung ihrer monarchiscle An- und- Ab icht. Die radicale Minderheit in der Ber sammlunq führte alsbald die Gelegen heit hierzu herbei. xStruve betritt die Rednerbühne und entwickelt das in 15 Punkte gefaßte Manifest der Demo kratie, welches an Bestimmtheit und Deutlichkeit so ganz und qar nichts vermissen läßt, daß jedes Mitglied der Mehrheit, zumal jedes norddeutsche, mit dem frommen Helden Virgils im 2. Gesange von sich sagen kann »Scl;reckcn befällt mich, aufbämnt sich das Haar und die Stimme versagt mier Entsetzung Iolsy