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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 5, 1898)
1848 Ein weltgeschichtliches Drmna. Von Johannes Hrljertx (Fortsetzun«a.) smre Wirkung dreier Heene aus die Schloßbewohner mußte eine furchtbare kein. Alle aus uns aelommenen Ue-v erlieserungen lassen errathen, das; man in den Räumen des Palaste-« iirehtete, ein 10. August von 1792 ünde bereit oder wäre gar mit dem utigen Tage schon eingebrochen ehr bemerkbar tichtete es sich um den König her und Potgdarn stillt-: sich mit vornehmen Flüchtlingen. Der · err Polizeipräsident soll so sehr den ops verloren gehabt oder die Sach age sür so drohend angesehen haben, daß er dem von der Todtenparade zu rückkehrenden Monarchen entgegen eilte mit den Worten: »Majestiit, es i jetzt die höchste Zeit! Sie müssen rlin verlassen!« Diesem Rath schlage sei aber der Herr Oberbürger meister mit Erfolg entgegengetreten Ein in Berlin zurückgebliebeneö Mit lied der Abordnung aus Köln, Herr laessen, begleitete eine Dame, welche zur Prinzessin von Preußen wollte, in den Palast, gerade als dort die Verwirrung, Niedergeschlagenheit nnd Sorge »ihren höchsten Grad erreicht hatten«, wie der genannte Augenzeuge sich aus-drückt. Tausende von Neugie rigen wälzten sich beständig durch die Schloßportale, Höfe, Treppen und arridore. Militiirtvachem welche man avzulosen vergessen hatte, lagen da und dort schlafend mit dem Gewehr im Arm am Beden. Nur mit Mühe vermochte Herr Klaessen seine Schutz befoblenen du:ch die Volks-hausen bis zu dem Zimmer zu bringen, in wel chem sich »der Ueberrest der königlichen Familie im desolcteften Zustande be fand«. Die Umgebung des Königs war auf wenige Personen zusammen: geschmoizen, ein General saß abgemat tet und fchlastrunken in einem Lehn esfel, »alle Anwesenden schienen be iindig in banger Erwartung der inge, die noch kommen würden« . . . Jn dem tragische-i Akte der Leichen schau gipselte der Sieg der Berliner Bewegung und kündigte sich zugleich schon ihr llmschlag an. Kein Zweifel, in den schweren Weben jener furchtba: ten Augenblicke wurde die Reaktion geboren. Vom royaliftifchen Standpunkt Jus betrachtet, war die Todtenparade vom 19. März im Hofe des Berliner Schlosses ein nnsiibnbarer Frevel; mit republikanischen Augen angefetsem war sie eine begreifliche. aber taum derzeihliche Graufamkeit. Beurtheilt man jedoch diefen Austritt völlig par teiloe und taltversköndig, so wird man darin eine Dummheit der Dummhei ten erkennen müssen. Man darf einen König nicht also demüthigen, wenn man weder die Kraft noch auch nur den Willen hat, das Königtlsum zu vernichten. Friedrich Wilhelm konnte diefe Beschimpfung nicht vergeben und vergessen, auch wenn er es aufrichtig wollte. Es war mehr, als Fleisch und Blut zu ertragen vermochten. Der Pfeil blieb im Herzen haften und die fchmerzende Wunde schrie nach Nache. Verlur in Jubel. Die Nevolution hält gut-: Ordnung Am Abend des 19. März schien je doch der Mißton im brausenden Ju beleintlange verschwinden zu wollen. Die Stadt, glänzender als- jemalz bes leuchtei, glich einem Lichtmeer: strahlte ja doch sogar der Palast der- Kaisers von Rußland unter den Linden in vollem Beleuchtungsschmucke. Die später im großen Stile betriebene Kunst der Katzenmusitdarbringuug ist an diesem Abend allerdings auch »zu erst zur Ausübung gekommen vor den Wohnungen der Exminister Eich horu und Tbile, sowie des Oberbür germeisterg Krausnick ——— jedoch erst nur dilettautischsschiichtern und lonute sie darum als-— keineswegs störsauies «Sche,rzo« in der großen Friede-: und Freudesymphonie erscheinen. Etwas früher am Abend waren freilich zwei weniger idyllische Akte von »Von-Zin stiz« vorgetonunen: die Zerstörung der Wohnung des Majors von Preuss im Eckhause der Königs und Post-— Maße und die Berheeruug eines La dens unter den Linden, welcher dem Handschuhmsicher Wernicke gehörte. Die beiden Herren waren beschuldigt, Bollslämpser an die Soldaten verra then zu haben. An beiden Orten wurde alles zerbrochen, zerrissen und zerschmissen, aber nicht siir eines Pseunigö Werth entwendet und mitge nommen. . Am 20. März war die preußische Hauptstadt der »siegreichen Revolution zur Beute hingeworfen«. wie man ern batisch gesagt bat. Jn Wahrheit, ltn war obne Behörden, ohne Mill tkie, ohne Polizei, ohne Arbeit, in vol ler Anarchir. Weder die Stadt noch der Staat ging deshalb zu Grunde. Man suchte urid wußte sich zu helfen. Zunächst äußerte sich die Theilnahme für die lHinterlassenen der Opfer des Straßenlaxnpses in reichlichen Spen den. Weiterhin suchte die befreite Presse Ordnung in das Chaos zu bringen und rührte auch, die ,,Errnn genschasten« zu mehren und zu sichern, das improvisirte Vereinsrecht geflü gelter Zungen, die freilich häufig so schnell flogen, daß der arme, gesunde Menschenverstand weit hinter ihnen zurückbleiben mußte. Allmählig er- " holten sich auch wohl die Behörden von ihrem Storrtrampse, ja sogar die Börse erwachte allmählig wieder aus ihrer Schreckensohnmacht nnd ließ Re den fallen, die in ihrem Munde ganz märchenhast klangen, bewundernde Reden über den heldenmuth und die Enthaltsamleit des Volkes. Schwarz-roth-gold« Selbst an den Hüten der geheirnsten Geheim räthe. Zur Mittagsstunde wurde aus dem Schloßplatze vertiindigt, daß der Kö nig sitt alle politischen und preßlichen Vergehen eine Generalamnestie ge währt habe. Diese kam zunächst den im Staatsgesängniß vor dem ,,neue:«.« Thore sitzenden Polen zu gut, welche seit ihrer 1846 in Posen versuchten Jnsurreltion verhaftet gewesen waren. Der Triumphzug, in dessen Mitte man Ludwig Mietoslawsti und seine Schicksalsgenossen durch die Stadt » führte, gestaltete sich zu einer gemein s samen deutsch-polnischen Kundgebung s gegen Nußland Der genannte Polen s häuptling hielt vor der Universität, i wo die beioasfnetenStudenten ihn und « l leine Gefährten begrüßten, aus einem ) Wagen stehend und eine schwarz-roth s eoldene Fahne in der Hand tragend, I eine Rede, welche sich zu dem Satze zu spitzte: »Das polnische Banner wird von jetzt an in Eintracht neben dem deutschen wehen.« Auch so eine nebel haft - tosmopolitische Märzphantasiel Schon im April standen in Posen Deutsche und Polen im mörderischen . Kampfe einander gegenüber. Gegen den Abend zu verbreiteten sich wunderliche Gerüchte über einen von Potsdam her durch die Truppen » ;zu betrertstelligenden Uebersall derl ? Stadt. Angstmänner schrieen gar: - »Die Rassen tominen!« Der Massen ruf ging durch die ganze Stadt und machte dieselbe wiederum ,,tvie ein brausendes Meer ausschäumen« Die Wogen legten sich aber bald wieder. Die Potsdamer kamen nicht und die Rassen blieben ruhig in Russland. Mitten in der Nacht kam der König mit dem Prinzen Albrecht zu den Bür gerwehrleuten der Schloßwache und verpsändete sein Wort, daß gegen die Stadt keinerlei Feindseliges geplant werde, und unmittelbar daraus ver-— ließen aus seinen Beseht die »letzten« -—— d. h. angeblich die letzten --— noch iin Schlosse zurückgebliebenen Solda- . ten den Palast und Berlin. Maßen das spätere tönigliche Stichwort: » s »Gegen Demokraten helfen nur Sol- ; ’ daten!« dermalen noch nicht ausge- . ; geben Awar, so schienen die Dingeauch » oyne Iruppen einen ganz ordentlichen-. Gang einschlagen und einhalten zu i können. Zumal die Reihen der Bür- i gerwehr sich rasch füllten, auch nsit ge- ! heitnen und öffentlichen Räthen jeder Art und Abart, niit Professoren, mit Hoswiirdenträgern und Börscnfiirsten. Die schwarz-roth-gotdene stolarbe an den Hüten dieser Streiter »für Frei beit und Ordnung« nahm sich freilich absonderlich genug aus. Ach, an was alles fiir Hüte mußte sich in jenen Ta gen diese arme Kotarde befestigen las sen! Sogar an den Hut des weiland Justizniinisterg von Ran«iptz, des wü tliendsten Vetsolgersz deutscher Bur schenschaftbiinder. Da toiirde es site wahr tein Wunder gewesen sein« wenn das Schtvarzrothgold vor Scham und Zorn ganz roth geworden wäre. Aber ein noch größeres Wunder nnd T Zeichen geschah. Am ts. März hatte Friedrich Wilhelm, als er die erste deutsche Fahne stattcrn sah, ausgeru fen: »Schasft mir diese Fahne aus den Augenl« Am 21. März trug er selber das Schwarzrothgold Jn der Universität. Um 10 Uhr wurden die itn Rasta nienwiildchen bei der Universität exer cierenden Studenten in die Aul: ge rufen, wo der von den atadensischen Würdenträgern umaebene Kultus-inni ster Schwerrn diese Ansprache an sie ; richtete: —- »Meine Herren. ich ha te es file meine flicht, die akademische Jugend, welche ich in den letzten Tagen so tüchtig bewährt hat bei Aufrechter- « haltung der öffentlichen Ordnung, von« . den Ma reköln in Kenntniß zu setzen, welche e. ajeftät imSinne des ort kchritts u nehmen gedenkt. Se. a·e ijt wi sichDan die Spitze des kon ti tutionellen utfchland stellen. Sie will die Frei eit unter dem Schu e der konstitutione en Monarchie ni-. t nur für Preußen, sondern für aanzDeutsche and. Sie hat daher auch die fchleunige Bildun· eines deut chen Parlamerits - anzuba nen beschlo en und wird sich auch hier an die Spitze des Fortschritts stellen. Der König re net dabei auf den Schig und Beistand eines treuen Vol leö. ind Sie nicht auch der Meinung, daß er es kann? —- (Jubelnde53 »Ja wohl! Ja wohl!«) ---— Der König wird Pfort, geschmückt mit den deutschen i arben, in den Straßen erscheinen und rechnet darauf, daß die akademische Jugend sich um ihn fchaaren werde. Meine Herren, es lebe unser wahrhaft deutscher König! —«— tNeuer Jubel Birm) —- Meine Herren, wir sind Sr. ajestät verantwortliche Minister, aber unsere Seele ist der König, ter Fortschritt die Freiheit seiner Gedan en; für die Ausführung sind wir ver antwortlich. Die Verantwortlichkeit der Minister hochl« Durch Berlin. Der ·Umritt des Königs durch die Straßen. Kurz nach diesem Austritt in der Aula der Universität begann der be rühmte «Urnritt« Friedrich Wilhelmg mit den deutschen Farben. ein -«—— wie »Tante Vofz« hochbegeistert meldete »ein fröhlicher herzliche-: Zug, ioie ihn unsere Fürsten selbst in den besten Zeiten der früheren Monarchie unter dein Schutze der Soldaten wohl nicht erlebt iyuoens Gegen elf Uhr kam der König die Wendeltreppe des inneren Schloßhofes herab, um an-. Fuße der-selben znPierde zu steigen. Es wird erzählt, daß ihm mitten auf der Treppe ein altpreußisch esinnter Mann, de: Genera. von Zinnch sonst rireufzischek Militärbevollii rnächtigter in Peter-Zinnen dermalen aber in Berlin anrvesenis. entgegenge treten sei mit der Bitt-c Se. Najestät möchte doch den Schritt, d. h. den Ritt, welchen er ir- ihun itn Begriffe sei, ers: reiflicher überlegen Allein der König haben den bescrgtei Warnen kvelcher ihn französier eingesprochen hatte, ab gefertigt niit den Worten: »Not-, non. c’est decide; nötig allons nionter a cheval.« · Schloßhof und Schloswlay waren voll von Volk Friedrich Wilhelm trug die Unisorm des l Garderegimenis und den Helm. Um seinen Arm tvar ein breites schwarzrc3thaoldeneg Band geschlungen Jn seinem Gefolqe befan en sich die in Berlin anwesenden Prinzen und die neue-i Minister, sammt und sonder-H mit den deutschen Farben qeschmiickt Die Mene begrüßte den Monar chen mit stiirmis m Beifall Er dankte und sagte: »Es ist keine Ufurvation von mir, wenn ich mich zur Rettung der deuischen Freiheit und Einheit berufen üble. Jch schwöre zu Gott« daß ich keine ; ürsten vom Throne stoßen will: aber s eutschlands Einheit und Freiheit toill ich schützen. Sie muß geschirmt werden durch deutsche Treue, auf den Grund lagen einer ausrichtigen tonliiiutionel len Verfassuna.« Wiederum großer Beifall, worauf der Zug sich in Bewegunq setzte. Vor aus die Minister, der Generaladjutant von Neumann und andere Herren zu Pferde, dann der Bürger schätze Krause zu Fuß eine mächtigqrosre schwarz rothgoldene Fahne oor dem Könige ein hertragend Dem Monarcheit nie Seite ritten der Doktor Stieber und der Stadtverordnete Gleich. Eine ganz abenteuerliche Figur beweate sich eben falls in der unmittelbaren Nähe des Monarchen, der Thierarzi, Volkstedncr und Batrikadenhäuptlina Urbtm, bar haupt, wallenden Haares-, mit aus die Brust sallendem Schwur-ward lang, hager, bleichen Antlitze5, sputbaft, eine gemalte Raiserttone in der Hand hal tend. Rufe und Reden. »Preußen gebt fortan in Deutschland auf. Der idnigliche Umzua passitte der: rrcil die Schloßfreiheit nnd hielt bei der Hauptwache am Zeugbaus. Die Bür gerwehr trat in’5 Gewehr-, der König ritt an sie heran und sagte: »Ich sehe euch hier auf der Wache, ich kann nicht genugsam die Worte kleiden. wac- ich s euch danke; alaubt’5 mir!« Da rief - - eine widerwartiae Unterbrechung des »herzlichen fröhlichen Zuges« eine geliende Stimme: »Nein, alnnbt ihm nicht!« Der also protesiirende Proletu rier wurde aus der Menae her-ausgi rissen und in die Wache aeichledpt. . schrie aber im binivegaefchlepptroetden fortwährend: »Ihr mögt mich zerrei ben, aber ich rufe doch: Glaubt ihm nichts« Wie um den üblen Eindruck zu . verwischen, erhob eine andere Stimme den Ruf: »Es lebe der Kaiser von . Deutschland!« Worauf der Fionia: »Nicht doch! Das will, das mag ich nicht!« « Nachdem die Prozession durch die » Betjrenftrafze und unter den Linden hingegangen, machte sie am Universi- ’ tötsgebiinde Halt. Hier trugen drei Studenten das deutsche «Reichsbanner« i herbei und schwenkten es grüßend vor » Friedrich Wilhelm, während ihreKoms ; militonen bewaffnet in Reih« undGlied » standen, Se. Magniticenz der Herr j i Rettor im Amtsialar an ibrer Spitze. ’ Der König zügelte sein Pferd, da, wo est Rauchs großer Fritz auf seinem » sPostamente reitet, und sprach die Stu- » direnden also an: »Mein Herz schlägt hoc-, daß es meine Hauptstadt ist, m der sich eine so kräftige Gesinnung be wii hrt hat. Der heutige Tag ist ein gro ßer, unvergeßlicher, entscheidender. Dän Ihnen, meine Herren, steckt eine gfko e « utunft, und wenn Sie in der E« itte oder am Ziele Jhres Lebens zurück - blicken auf dasselbe, so bleiben Sie doch ja des heutigen Tages einaedent. Die Studirenden machten den arbfztenEin druck aus das Voll und das Volk aus die Studirenden. Jch trage die Farben, die nicht mein sind; aber ich will damit nicht usurpiren, ich will keine Krone, keine Herrschaft, ich will Deutschlands Freiheit, Deutschlands Einigkeit, ich will Ordnung, das schwöre ich zuGottt Jch habe nur gethan, was in der deutschen Geschichte schon oft geschehen ist, daß mächtige Fürsten und Herzöge, wann die Ordnun niederaetreten war, das Banner ergri sen und sich an die Spitze des Volkes stellten, und ich glaube, daß die Herzen der Fürsten mir s entgegenschlagen werden und daß der Wille des Volkes mich unterstützen wird. Merten Sie sich das, meine Her ren, schreiben Sie sich’s auf, was ich Jhnen sage, denn es ist sit-r die Nach welt: ich will nichts usurpiren, will nichts als deutsche Freiheit undEinheit. Jch trete an die Spitze vonDeutschland, in dessen Einheit und Freiheit besteht fortan Preußen, nicht anders! Schrei ben Sie sich’s auf und sagen Sie es der abwesenden studirenden Jugend. Es thut mir unendlich leid, daß nicht alle da sind. Sagen Sie es allen!" Die Studenten schlugen huldigend und Hoch rufend ihre Waffen zusam men und der Zug ging, von einer un geheuren Menge begleitet, aber durch teinen unliebsamen Zwischenfall mehr gestört, weiter. Beim Halt am Köl ner Rathhause redete der König zu den dort aufgestellten Stadtbehörden und Bürgerwehrmännern: »Bürger, ich weifz es wohl, daß ich nicht stark bin durch meinen gefüllten Schatz, sondern nur durch die Herzen und Treue meines Volkes. Und, nicht wahr, diese Herze-i, diese Treue werdet ihr mir schenken? ’ . ch schwör-: es euch, ich will nur das ute siir euch und Deutschland"« Es soll dein Monarchen nicht der thachruhni entzogen werden. daß er -— die Thatsache ist gar nicht an«zii»zivei feln - auf seinem Umritte nachdruck lich die Vertheidigung seines Bruders, des Prinzen von Preußen, übernom men hat, was, wie die Sachen lagen, gar nicht unbedenklich war. Friedrich Wilhelm erklärte in einer seiner An sprachen, daß sein Bruder ,,-Zold«ii durch und durch« sei, daß derselbe den ,,biedersicn und offensten Charakter be sitze. aber es nicht verstehe, der Masse zu fchineicheln und sich beliebt zu ina chen.« Das sei der Grund der über oen Prinzen verbreiteten »böslichen Ge . rijchte.« Er, der König, gebe sein Eh . renroort, daß sein Bruder ,,unschuldig sei an allen den Handlungen deren er von einigen Bvswilliaen bezichtigt werde.« Genau zur selbigen Zeit, wo der schwar,3rothgoldene Umritt stattfand, wurden in der Staatskanzlei zwei merkwürdige, vom BLMärz datirte Altenstiicke zu schleuniger Bekanntmas chuug fertig gemacht. Das eine war eine an den Krieggtninister gerichtete tönigliche Kabineteordrr. also lau tend: »Da ich mich ganz der deutschen Sache wimde und in der Theilnahme Preußean die entschiedene Förderung ; derselben erblicke, so bestimme ich, daß - die Armee sogleich neben der preußi schen die deutsche Krtarde anzustccken » hat. Friedrich Wilhelm.« Das andere » war eine Protlamation des Königs « »An mein Voll und an die deutsche Na tion«, in welcher Friedrich Wilhelm erklärte: »Deutschland ist von innerer Gährung ergriffen und tann durch äußere Gefahr von mehr als einerSeEte bedroht werden. Rettung aus dieser doppelten dringenden Gefahr tannnur aus einer innigsten Vereinigung der deutschen Fürsten und Völker unter ei ner Leitung hervorgehen Jch über nehme heute diese Leitung für die Tage der Gefahr-. Mein Volk, das die Gefahr nicht scheut, wird mich nicht oerlassen und Deutschland wird sich Inir mit Vertrauen anschließen. Ich habe heute die alten deutschen Farben angenom men und mich und meinVoll unter dast ehriviirdige Banner des deutschen Rei ches gestellt. Preußen geht fortan in Deutschland aui.« Jm April 1800 war aus ,,otoni:mi schen« Gründen die deutsche Skolarde spurlos von den pretißifchen Soldokens helnien verschwunden uno im Hochsoin mer von 1866 wurde Deutschland In Preußen aufgegangen . . . . Als Friedrich Wilhelm von seinem nur bald geivagten und daruin ganz inißlungenen Kniferrite zum Schlosse nrückketyrte, flatterten auf den höch jgten Zinnen desselben, auf dein ist-rüste der im Bau noch unvollendetcn Kuppel eine große dreifarbiggdeutfche Fahne. Nach wenigen Stunden war sie wieder-— um weggeweliL Jhr Gewebe ist viel zu schwach gewesen, um bemWinbe wider stehen zu können, welcher schneidend von Potsdam herein und fchneidender noch vom Winterpalalt an der Newa herüber schnob. Todtenfeier. Die Bestattunq der Bar tiladenkämpfer. Es ist charakteristisch, daß die glän zenvstek iekrichreit, zu welcher die preußil - diedcutsche »New-ration es bringen konnte, eine Todtenfeier war, die auf den 22. März angeordnete Bestattung der Berliner Barrikadens kainpfer. Auch hier wieder — wie, ach, so oft! ·— glaubt man um die Winkel von Klio’3 strengem Munde einen Zug grausamer Jronie spielen zu ehen. Wie se· r die aus der Volks eiie ac fallenen pfer der Straßenschlacht ein Gegenstand der ehrfurchtsvollen Theil nahme auch auf Seiten der Regierung waren, beweist schlagend der Umstand, daß die »Allgemeine preußische Zei tung«, also daß Regierunasblatt, ain Abend des 22. März mit einemTrauer rande und seinen spärlichen Umfang und Inhalt mit den Worten entschul digte: »Ganz Berlin hat am heutigen Tage eine heilige Pflicht zu ersiillcrn Den heldenmüihigen Opfern eines tief zu betlagenden, durch ein Zusammen trefäenlunglücklicher Zufälle, Gerüchte, Mr verständnifse und Irrungen ent standenen Kampfes waren die letzten » Ehren zu erweisen. Auch die an unse rem-Platte Beschäftigten sind dieser Pflicht gefol« t.« Und nicht nur die Re gierungsprefse sprach aus- dieser Ton art, sondern auch die orthodoxe und pietiftische Kanzel. Einer der Haupt pauker der letzteren, Herr Krummacher, predigte von den Barritadenkämpfern, daß sie ,,1nit weißen Kleidern, Palmen in den Händen, als selige, verklärte Entrinner von der Erde in den Himmel eingegangen seien« . . . . Jn der Nacht vom 21.. auf den 22. waren in und vor der neuen Kirche auf dem Gensdarmenmarkte hunderte von Arbeitern in Thätigkeit, an der großen Freitreppe vor der Säulenhalle einen kolossalen Katnfalk auszubauen und zu schmücken. Dieser Katafalk trug 188 Särge, worunter die von 5 Frauen Und Z Knaben sich befanden. Jeder Sarg war bekränzt. Mit Tagesanoruch war die ganze Stadt in feierlicher Regung und Be wegung. Von den Häufern wehten ne ben der deutschen Trikolore lange Trauerflaggen. Auf den Zinnen und Baltonen des Köriiggschlofses, sowie auf den Stadtthoren waren schwarze Fahnen anfgestflanzt. Alle Männer trugen den Trauerflor um die »Hüte oder um die Arme, alle Frauen, welche auf den Straßen, den Balkonen und an den Fenstern erschienen, waren schwarz gekleidet. Unzählbar stand die Menge-, ruhig, ernst und schweigend zu beiden Seiten der Straße, durch welche der Leichenzug gehen sollte, und füllte den ganzen Raum vom Gensdarn.en markte bis zum Landsberger Thor. Es war ein milder, heller Taa voll Son nenschein und Friihlingshoffnung. Gegen Mittag kamen die Bataillone der Bürgerwehr, ter Studentenharst, die Gilden der Gewerbe und sonstige Kotporationen, auch die Abordnungen deutscher Städte und Hochschulen au gezogen und stellten sich auf den ihnen bezeichneten Plätzen auf. So auch der Berliner Magistrat, die Stadtverord neten und die Schützengilde, welche die Ehrensalben über der Gruft abfeuern sollte. Die Geistlichkeit aller Konfessio nen fehlte ebenfalls nicht. Den Angeh3 rigen der Todten reichte man frische Blumenstrauße, welche aus den könig lichen Gärten kamen, wie denn der reiche Blüthenschmuck des Trauerfestes insbesondere der Fürsorge des Hofman schallamtes zu danken war.Sämmtliche Züge, die nicht unter Waffen gingen, wurden von eigenen Trauermarschällen geordnet und geführt. Man hörte in dieser ganzen ungeheuren Menge kein lautes Wort. Dieses in wundervollcr Ordnung und feierlichem Schweigen verharrende Menschenmeer. ini Hinter-— grund überragt von dem inmitten sei neg Blumenschmueles düsteren Kata falt, brachte einen mächtigen Eindruck hervor. Drinnen am Altar der Kirche empfing der Bischof Neanoer die leid tragenden Hinterlassenen der Todten init Worten des Trostes. Um 2 Uhr begannen die Glocken aller Thurme zu läuten und stimmte ein Chor von Posaunen den Choral an: « esug meine Zuversicht«. Von dem zu Füßen des Katafalts errichteten Altar aus hielten dann nacheinander der evangelische Pastor Sydow. der katho lische Raplan Ruland und der !)tabbi nerSachg kurze ,,Weiheredexi«. Hieran fielen die Posaunen wieder ein und der Zug setzte sich langsam in Bewegung, von hunderten umflorter Fahnen aber ragt. Eine durch tausenve oonBiirgern, Studenten und Arbeitern rechts und links gebildete Kette schuf dem Leichen geleite Bahn bis hinaus zum Fried richshain vor dem Landsberger Thor, eine Wegstrecle von etioa anderthalb Stunden. Die Spitze des Zuge-Z hatte den Friedrichshain schon erreicht, als das Ende noch auf dem Gensdarmem martte stand. Unter Vortritt eines Tranerinusik torpg eröffnete die Berliner Schützen gilde, vereinigt mit Abordnunaen aus«-« wärtiger Schützenvereine, die qrandiöse Procession. Hierauf 15 schlvarqueklei deteYJcädchen, auf weißen Kissenztränze tragend. Dann die Angehörigen der Todten nnd diese selbst in ihren 183 Särgen, deren jeder 6 Träger hatte. Zwischen den Särgen marschirien die Gewerke mit ihren Fahnen nnd Em blemcn, so daß jedes Gewerl die ihm angehörigen Todten führte. Unter den verschiedenen Korporationen und Ber einen, welche die Stirne aeieitetm cr blickie inan auch einen Trupp Jtaliener mit der grün-roth-weisien und einen Trupp Polen mit der roth-weißen Fahne. Nun folgte die Geistlichteit der verschiedenen Bekenntnisse, aeführt von dem Bischof Neander. Dann die Pro fessoren und Studentenschaft, ·ene in hren Amistalaren, diese im Waffen schmuck, an der Spitze Alexander von gumboldt nnd der Rettor Ma nisicus rendelenbiirg.Hieraus die christsteb — ler und Journalisten, die Devutationen deutscherStädte, der Magiitrat nnd die Stadtverordneten, die städttschenSchm len, der Herr Polizeiprtistdent in gro ßer Uniform, die Jnnungen der nd werler und dieGrnppen der Mas nen bauarbeiter. Der Zug ging zunächst durch die Charlottenstraße nach den Linden. Eine große Rührung überlam die Tau sende und wieder Tausende, als die Processison in feierlichem Schweigen iiber den Opernplatz zog und nun mit einmal die tiefergreifenden Klagetöne eines von dem Dom-Chor an estimm ten Trauerliedeg über dem LlJ mischen meere schwebten. Und gerader erschüt ternd wirkte es, daß beim Vorüber ziehen des Leichengeleites am Schlosse der König zurBegrüßung desselben aus den Balton heraustrat, umgeben von seinen Ministern und Adjuianten. Links und rechts am Ballon war eine schwarze und in der Mitte die chwar - roth-goldene Fahne zu sehen. ie Faz nen wurden zum Gruße vor ten Sät gen gesenkt, Friedrich Wilhelm nahm « den Helm ab und blieb barhtinptig, bis der letzte Sarg vorüber war. Draußen im Friedrichshain waren lange Reihen von Gräbern zum Em pfange der Todten bereit. In der Mitte . erhob sich ein Mast, geschmückt mit dem deutschen Adler, mit dem Wappen der Stadt Berlin, mit Lorbeer- und Cy pressenztreigem Die vereinigten Män nerchöre Berlins stimmten die Grab gesänge an, begleitet von einem Haupt Doistenchon welchen die Musik-banden verschiedener Regimenter der Armee gestellt hatten. Dann wurden dieSärge hinabgesenkt Und der Pastor Sydow hielt die Grabrede, in welcher cr diese sallenen als »Märtyr-er unserer Frei heiten und Rechte« feierte. ZumSchlusse sprach der Bischof Neander den »Se gen« und wurde die Ebrensalve ge feuert. Weni e Monate daraus aber legte ein deut eher Dichter, zum zweitenmal ins Exil wandern-d, den Todten des Friedrichshains das Zornwort ,,an die Lebenden« in den Mund: »Wel)’ euch! Wir haben uns getanschtt Vier Monden erst vergangen, llnd Alles feig durch euch verscl2ei·zt, was mnthig wir errangent Was unser Tod ench zugewandt, verlattert « und verloren« —- — — --s Errungenschaften SelbsiHeinrich derZwei undsiebzigste nimmt Reißaus-. Zuvördersi freilich war der Meinung der Menge gemäß ein belachengwertber Hypochonder oder, wie man sich auf patriotischen Bierbänken damals aus zudrücken beliebte, eine »Schrvarzgal lendlase« und »Trübsalspritze«, Wer nicht mitjubelte in dem allgemeinen Freiheitsjubel oder gar zu Prophezeien wagte, die herrlichen »Errungenschas ten« würden bald genug zu Zersprun genschaften werden. So in Berlin, in nz Preußen, in ganz Deutschland. « Ias- Wehen der deutschenTritolore Von den Zinnen der Hosburgen zu Wien und Berlin machte den Liberalismus schwindelig oor Vergnügen und drehend vor Vertrauen. Die ganze Na tion taumelte in einem Vertrauens rausch umher, der etliche Wochen dan erte, während welcher man hätte han deln müssen statt zu jubiliren und zu illuininiren. Doch warum nicht subiliren, da sich ja alles ringsher so glatt und leicht. so ganz Von selber zu machen schien? Der Märzsturm durchfuhr ja schier ganz Europa mit unwiderstehlicher Ge walt. Seht, an demselben 18. März, wo in Berlin das verhängniszvolle »Mißverständniß« geschehen, erhob sich jenseits der Alpen die Hauptstadt der Lombardei zu heldischem Kampfe gegen österreichische Fremd- und Zwingherr schast und nach viertägigen mörderis schen Straßengefechten sah sich der alte Feldniarschall Radetzty, der »beste Mann Oesterreichs«, geztvuiig:n, Mai land zu räumen. Und nicht nur heißbliitiae taliener, sondern auch kaltbliitiae Deut ehe rühr ten sieh redellisch Arn 18. März begann mit einer Zusammenkunft von Abge ordneten der Ständeverfannnlungen Von Schelgwig und Holstein zu Rendgs burg der lange, wechsel- und jammer volle Lostrennunggkarnvf der deutschen Eloherzogthiimer von Däiieniart, in dessen Hauptstadt zur gleichen Zeit die l,estigste demokratische Gährung ho at.ftochte. Viel kiihneren Rebelleumut jedoch als die sehr bedachtiaen Schleg-: ir-ig-.Holsteii offenbarten die Untertha- » iten Heinrichs-Z des Zweiundsiebzigsten· Jn Wahrheit, das Reich Muß-Loben steinsEbergdorf befand sich in offener Revolution; denn das Unalciubliche ge schah: die getreuen ReußsLobensteini lkliergoorser schossen ihres Bundesver iero vielgeliebte Hirsche und Wild sclfnoeine in seinen Parten todt, schossen sie todt unter seinen allerhöchsten Au gen. Ob solchem Gräuel erqrimmete Heinrich des Ztoeiundsiebsiebzigsien Herz im Busen und er machte sich auf, zu fliehen gen Gera. Aber siebe, hier suchten ihn heim seine aetreuen Unter-— thanen mit einer »Sturmpetition«, vor irelcber der Durchlauchiiae schleunigst Reißaus nahm, seine »sämniiiichen Staaten« räumend und aus Schloß Guteborn in der Lausitz eine Zuflucht suchend-. Von dort aus erließ er dann später lim Juli) sein »Letztes Wort an mein Volk«, das sich den berühmtesten ..Edittcn« des gewesenen Selbstherr schers von 6Quadratmeilen würdig anreihte. Umfava Mm