Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, July 22, 1898, Sonntags-Blatt., Image 15
IFHZ Ein weltgeschichtlicheS Drama Von Johannes scherxx Genie-Zuan Andekwiirts lam dasStraßengefecht on beiden Seiten in immer hitzigeren ang. Die Truppen, welche iene erste . arrilade bei der dZeitrrngsballe ge -. ommen hatten, rü ten von dort bis znr Ecke vor, welche durch die Ober-· wallstraße und den Handvogteiplatz ge bildet wird. Hier jedoch wurden sie , mit einem so hefti en Gewehrfeuer ern psangen, daß die olonne stockte. spaz « besondere von dem Dache des Eck an l ses, wo die Mohren- nnd die Jern ale merstrasze nsammenlaufen, regnete es Kugeln au die Soldaten. Eine Um s zehnng wurde versucht, indem eine ompa nie der Garde durch die Moh - renstra e nach dem anssvogteiplaåige--f L lenlt ward· Diese ompagnie ri ete mehrere Salven nach den Dächern nnd gkiHälse-sit dann zur Wegnahme der ihren « eg sperrenden Barriiaden, vermochte das aber nicht zu vollbringen, weil der von allen Dächern aus sie niedervras selnde Strinhagel sie zum Jnnebalten ’ zwang. Hieraus machten die Truppen F,Kel)rt und zogen sich möglichst rasch - nach dem Gensdarmenmartt zurück. " Der Abend verginq nnd die Nacht lam, eine weiche, warme Lenznacht, deren Milde und Stille mit dem wil den Toben der Straßenschlacht wun dersam kontrastirte. Der Vollmond stand groß und tlar in der Himmels tvölbnng nnd überschiittcte die Gassen , nnd Platze mit seinem weißen Lichte. Das war wie ein blasses Lächeln der Ironie über ein Treiben, welche-; io qar nicht berlinisch, so ganz nicht prrnskifch aussah. Vielleicht aber hat sich Der alte Geselle nicht sehr dariiber verwundert, wa- er da Unten erblickte. Er lsat ja hinlänglich Zeit aclxabh zn cr fabren daß der alte nnd erriae Krieg aller aeaen alle bei Nicht so weniq still-— stebt als bei Tage, daß die Iliensdjen denselben sogar in ihren Traumen , ·ettsiilsren. Warum also erst-innen, wenn dieser Kriea in der preußischen .5»!anptsta"et zur Abwechslung einmal die nisspnderliche Form des Vcirrila Den Kampfes angenommen l;.rtte; Tser Gute Mond mordte denken: Dass alte Lied, Die alte Leier -’L«.1a.- Ertk nnJ denn du« ewige Email-an »Ein-mit irrts ;n nicht-( ttil-dres-;n:«asisnk Fiir die Frechen! Es in Llsigenzeucze über den Bartiindeniamps Aber in die Berliner war eine helle Exnpiirnngk freudigkcit ges-ihren Der chipsiiirm hatte seine deranscixsende Wieiunq gethan Mehr und mehr nahm sich Die Uesanimiheit oder we ninstenes die iiberwi egcnde III-den zahl der Bevölkerung hilfreizh der tämcsew den Nebellen an sein sieute öffneten Denselben iskre Ijiaga·;ine, Sieämet ihre Enden, Frauen Und Mädisen trunen innen g-: seise und Tr. nt zu, Hinab-In go ssen Angeln fir sie Die Berliner Mittellinie-n bot iiren ganzen Witz mai- die Vertheidiqunnginiiiel Zu meh ren und Angrissswcssen zu beschJssem Man möchte fast sagen, daß der He inor der Obeekommandcsnt aus Den But kikaden gewesen sei: To icecinlnikzig ging ec- ijsnier den Umstnzehten dieser Busch-ankamen i;-ek. Beim einriicien der Trupren zersircixten sich die Pian dernten nnd lgchenten Gruppen, um fröhlich den Kampf auszunehmen Je dee ging on seinen Posten, die einen an die Scijiießlöcher der Bari-Unden, die anderen aus die Dädxes ver anstoßen- . Len Läusen um von dort her-ad das Sieinwuesgeschiiiz wir ien zu lassen. Zu ten am Lesien gebauten und am - tapjetsien vertheidigien B- tritaden »He-endete die sdxsp n ermahnte am iköllner I Rathhaus Jhr Erbauer, der Mein nikee Sigeist, leitete ahch die Verthei , digung. Ein Augens Menge der ron i — seiner Wohnunks in der Breiteqrasze « — aus die Mvigung mit anfas, hat « Intiibeeo betichietpsss . —»EO dunkeltr. An der steil-de sah mn Lichter -, funkeln, auch wide Bivouaisslammen ifingen an zu leuchien. Da fielen, etwa l um 7 txt-r. Ue ersten set-usw Bald dank-i råictte die Jnsjnterie in breiten skiigexx im, ticilte seh und fiel zu beiden geiten der Straße eb, aus dein Bür gersteige an dxxs dsyiiusern vor-stehend Alle Haitczilkjich kzmcn qeschtossen, die häuser ter Stuf-e naxty dein stöllner Fisch-trinkt« zu einzuwei. istun hörten wir itetctonsenep tanri antiaitendez Schickt-»Im Nacht-sent dasselbe eine Vier telstunde mnetmtten, kehrten die Trug Iprcn vereinzelt zurück th wurden Ver -i:;undete aeiiitnt, Gesanqenc forth -.sii)teppt. Genonunen war die säumte-de v:IIic-t)t, doch hatte man verschiedene Hän — et, aus denen geschossen worden, er stiitmt und dort dte Gefanqerien ge , tacht Nach kurzer Frist wieder chiisse von der Baetttade her und so tt erneuttk Angkiss durch die Trup en. Gequ 9 Uhr, nachdem der Kampf wa dreimal begonnen und wieder s fgehört hatte, ettönten die Straßen ötzttch vom tassetnden Dröhnen ker ans-nein Die Jnfanterie hatte sich ch beiden Seiten geöffnet und wie yqu Geschüye aussah-en, die Zwei user vor dem meinigen· Halt mach - und abpwhtem Die Geschüse trachten, die Ferigter zitterten. Die Ar I tillerie protzte an ging zurück, oie Jn fanierie abermals vor Es erneuerte fich qlles schon Vorhetgegangene und so wiederholte sich, ohne daß irgend ein ; erheblich abweichendes Moment, irgeno » eine Krisiv sichtbar geworden wäre, der entscheidun stose Kampf vier- oder fünfmal. Zdie Artillerie riickte immer näher und ihre Kugelfendungen wech ielien mit dem Peloton- und Einzel seuer der wiederholt an reisenden Jn fanterie. Von Zeit zu Zeit hörten wir das Brausen eines wilden Männerges schreig von der Barritade her-, doch es war weder das Zeichen eines Sieges nrch das einer Niederlage. Bis nach1 Uhr in derNacht dauerten diesesiärnpfe Dann wurde es still-. Proletakiiches Heldeuthnm jHelleEinzelziige iin düstr renNachtbilde. ) Als ein Stiiel proletarischen Hel denthums muß der Versuch anerkannt werden, die schwache Barrikade zu ver theidigen, welche die Jäger-Straße von der Friedrichs - Straße abtrennen sollte. Als die Truppen von den Lin den heranriickten, zogen sieh die Ber iheidiger nach einer an der Ecte der-« Tauben-Straße errichteten Verschen zung zurück. Nur zwei blieben, der neunzehnjiihiige Schlossergeselle Gla sewald und der siebzehnjiirige Schlos serlehrling Ernst Zinna. Der Ge selle feuerte seine Büchse auf die Sal daten los, erhielt aber im gleichen Augenblick einen Schuß, welcher ihm den Arm zerschmetterte und ihn lainpfunsähig machte. Wie nun die Trupp-en sich anschicken, die Brustwehe der Batrilade zu erglimmen, stürzt der Lehrling aus derselben hervor-, wirft sich auf den Ossizier und ver setzt demselben mit seiner Wasse, ei nem alten Krurmnsäbel, einen Hieb in den Hals-«- Ein halbe-«- Dutzend Ge wehre entladen sich sofort auf den küh nen Knaben. Gewandt sich blickend, entgeht er den Kugeln, rasft drei Pfla stersteine auf und schleudert dieselben einen nach dem anderen den Soldat-In entgegen. Da schlägt ilsxn eine tödt liche Kugel in den Unterleib. Er be deckt die Wunde mit beiden Händen, ituchtet sich in eine ossene Hausthüre, » sinlt um und stirbt, ohne einen Laut j des Schnierzes von sich zu geben. I Wenn also der arme Knabe auf der i Seite desh- Volkes ein Beispiel von nainem Heraigtikusj gab, so hat dage gen ans drr Seite der Truppen ein Ossizier, Herrn-Inn Tiiple vom If37. Ju«.fcnlerieBeginnend ein Beic-)iel ge geben« wie ein gebildet-er und tapferer Mann mit bewußtem HIldenmutlse dem Tode in’s Antlitz sieht. Den An Priss auf eine Barritade insdier neuer-. Heilige-Straße mit Entschlossenheil leitend, ist er irr-ich ein-en Schuß in die Brust lebensaeiälthich verwundet text tsen. Nach einigen Tagen verschied er, nachdem er in der Todesstunde zu ei necn Freunde die Worte gesprochen lkalte: »Der dem Geiste der Zeit wider fprechende Gegensatz zwischen Bürger und Soldat muß aufgehoben werden. Weil dies nun, wie es scheint, nur auf arwaltsameni Wege geschehen kann, so müssen nothwendig Opfer fallen und carum schmerzt es mich nicht« eines er Opfer für Deutschlands Wiederge burt zu sein." Wenn solche Einzel-zeige aus dem düsteren Nachtaemiilde hell hervor-« leuchten, so wird dasselbe auch durch eitlen dentwiirdigen Generalzug ge-» kennzeichnet, durch die Abwesenheit J aller Gemeinheit auf Seiten des Vol kes. Jn all- dem anarchistischm Wirr warr dieser Aampfnacht war eine ge wisse sittliche Ordnung nnd die Bars riladenleute haben sich —--— nur nichts-— l tuiirdige Lalaien von vornehmer und I geringer Sorte können das bestreiten wollen in Betreff der Humanitiits iiiclsichten wie der Eigenthumsverhäll nissse musterhaft benommen. Unter den 700 Gefnnzitnen tin runder Sum me), welche am 18· März und wäh rend der folpenden Nacht vom kUiititiir gemacht und die in den stell-ern des Schlosses wie auf dem Transport nach Spandau fo bcirbarifch mißhandelt wurden, hat sich, amtlicher Untersuch unq und Bezeugnng zufolge, nicht ein einziger criminalifch Bestrafter befun den. Von dem unmenschlican Mii then der Soldaten gegen Kämpfer und Nichtlijmpfey gegen Gefangene und Franz Unbetheiligte, ja fogar gegen Greife, Frauen und Kinder ftieht auch sehr vorthcilhaft ab der gutmüihige humor, womit das Volk lsei Gelegen heit feine wehrloer Feinde behandelte. Zeugniß hierfür giebt z. B. jener hoch tomische Austritt, ais am Morgen des 19. März in ter Nähe des Schlosses ein hochgeftellter nnd tiefverhaßter ( Staatsbeamter von der Menge erkannt ’ ; nnd unter allerdings nicht gerade höf- ; ! lichen Redensarten umringt wurde. Der Jammermann flüchtete aus dem Kreise und verbarg sich in einem nahen Kellerlochc, ward aber dort ausgespiirt und betvorgezogen. Um ihn Bei-komi chem zu entziehen, fiel es einem Prole tarier ein, dem Zitternden mit Kreide und in großen Buchstaben aus dem Rücken zu schreiben: »National-Ei·qen thum« — — und dieser Witz fand solchen Beifall, daß die lachenden Leute den Angstmenschen nicht nur ungeschoren laufen ließen, sondern auch Denselben schützend zu seinem Hause geleiteten. Hinter Dienst. l Gräszliche Auftritte ims Straßenkampfe. ( Die Truppen thaten mit Muth und Ausdauer ihren miihseligen und ge fahrbollen Dienst. Sie litten schwere Noth und erfuhren beträchtliche Ber lttste an Todten und Berwundeten. Die Antibarritadentattit war int März von 1848 noch nicht erfunden; sie ward es erst drei Monate später und tam dann sofort itn größten Sthl iti Anwendung, als in Paris die schreckliche Junischlacht . geschlagen wurde. Aus den anz neuen Umstan den nnd Ueberras irgen, welche der nächtliche Straßentampf fiir die preu- - » ßischen Truppen mit sich brachte, wird J ein gerechter Sinn die gräßli en Anf s tritte, welche die Wuth der Soldaten » herbeigeführt hat« zwar nicht ganz,aber i roch zu einem auten Theil erklären. f Zu leugnen tind diese Barbareien » nicht. Sie beschönigen, heißt einer s Jnfamie, sie ver chweiaen wollen, beißt i einer Geschichte cilschung steh schuldig t machen. Nicht dadurch wird die schwä l rende Wunde einer furchtbaren Erin nerung geheilt, daß man das Pslaster der Luge daruber klebt, sondern da durch, daß man sie mit dem Feuer der Wahrheit aus-brennt. Es ist ein Zeuge da von anerkannt törtiglich-preußischer Gesinnun» ein Mann, gegen dessen Glaubtviirdiateit ron keiner Seite her die leiseste Ein irendung vorgebracht werden tonnte, Herr August, damals Director des teöllner tftymnasittms zu Berlin. Die ser Gelehrte hatte eine Anttswohnung im siöllner Rathhanse, vor welchem eine der getvaltigsten Barritaden er richtet war. Den Erbauern und Ver stheidigern derselben gegenüber hielt sich Herr Augusi, wie er sieh aus«-brüst te, »aus dein Standpnncte der versöh nenden Ne;s.tralit·cit«. Sie ihrerseits versprochen, im Inneren des Gebäu Tsez keinerlei Verheeruna und Zerstö rung borninehmett, nnd hielten gewis sentiaft ihr Wort. Um JU Uhr Abend-J singen die Kanonen neuen die Parti tude zu set-ern an. Die Vertheidiger behaupteten dem fruchtbarsten star tiitsthseuer zum Trotz ihre Vers-hinz ung bis-«- nach LUtitiernachL Dann exst entsijxtossen sie sich, da ihnen die Mu nition grinztich anggeganaen mai, l;utn Lib- uno Litiirlzna Nun drangen die ,,«t·’s;t23damcr« ishr-c die Barritadens ttriintncr hian in das Stiathhath ,,.s1,-«t«,eI.-;:«riifsank-il dIJ stlingkelthbild meiner tkiiigaitxiZtiiiire — berichtet Herr August —— rics den Offizicren zu » Daß hier eine Prioritzoolinuiti nijtten ) im iiiathhjtsise sei, nannte i:ti«.b, Ver i fixierte mit Verbsäiidktna meine-J Le - reitst-, die-:- sti Die einzige Thiite meiner szmsahnung Man tntfszae sie- beten-In, ich toiirse mein-: Familie rel:.i»««jnc-x:ieei, rann könne nan mirh berixisrcns ans meinen Fenstern sei nicht geschossen, Berti-unten zn stiegen sei Christen tstithi. lI.!i-«ine«lt.s’otte wirkten nicht; es tiigte sit-is biet die grausxme ttitirlung der Itllaßregzeh srentde tlteainkeatcr zur Elnfrecltsterslialttxng der Ordnung nach Bei-tin bxsrufcn zu haben. Ossiztere hiesiger Garnisrsn hätten ritt-h tritt-irr erkannt oder hätten die Wahrheit »rei ner Worte schneller begriffen. Hier trat llntnnke zur Muth die an sieh schon blind war. Ith fiihlte oen De gen eine-H Ofsiziers in meinem Gesicht ; Und sah mein Blut l)ers.ibrteseln. An . AttLErnsungen der Verwünschung lie ßen es die Herren auch nicht Fehlen tiolbenstöße, Bajonettstiehe, Sthitise be drohten mein Leben. Ich riß mir die Kriegsmedaille ab und rief den Wil thcnden entgegen, daß ich für das Ba terland und den König gesochten, noch ehe sie lebten, daß ich Krieqssitte ten ne, daß ihre Grausamkeit nnd Mord lust ein Schandfleck ilir das preußische Heer sei. Durch diese meine Rede ent ging ich dein LLode, aber nicht den Misztjandlunaen Meine Bitte fiir isie Meinigen fand iein Gehör. Diese waren in dem enaen Raume der Ali-fix dem einzigen, der nach leiner Straße liinauslieat, zusammenaedränqt Mei ne Frau, drei erwachsene Töchter, inei ne beiden jüngsten Kinder noch in Betten, mein lzalberwachsener Sohn in Gesellschaft zweier Schwestskrfiitme meiner Frau. Ohne mich -1ii;::l;ijreii, packten mich die Gardisten fest, dann riß man zuerst meinen Neffen, den stud. jur. Herrnann von Holtzendorsf, am Barte von der Seite meiner Frau. als ob diesxr Bart besonders verdäch tig sei; nach ihm meinen zweiten Nef fen, den Schnlamtscandidaien Georg Zelle. Auch mein Sohn Richard ent ging der Wuth nicht: an den Haaren aus den Armen der Mutter, der mai das Vajonett auf die Brust hielt, fort ezeret, Wurde et draußen auf dein « lur zu Anderen gestellt. die man in meiner Wohnung gefunden hatte. Den-— zwischen verschwendete ich fruchtlose Bitten an die Osfiziere, mich bei den Meini en zu lassen. Ich wurde niit allen erhafteten surtgeschleppt und erhielt auf der Treppe viele Rothen stoße, zuletzt noch an der Ecke der Scharrenstraße von einem Tambour Schläge auf den Kon mit dem- Trom melftock, ohne daß ihn der Offizier da von zuriickhielt. So allgemein war das Vergnügen an Mißhandlungen bei den Potgdamer Garben verbreitet. Jn der Breitenftraße gelang es mir, mich einigen höheren Ofsizieren bemerklich zu machen. Die Generäle von Aschojf und von Rauch befreiten mich nnd mei nen Sohn und erwiesen mir auf meine Bitten die Liebe, mich durch die höchst aufgebrachten Soldaten. die bei jedem Schritt auf mich Blutenden eindringen wollten,zn den geängstetenMcinigen zu führen. Der Herr Oberst von Bonin trat zu mir heran und sagte mir die baldigc Befreiung meiner beidenNefsen n. Einer derselben,Georg Zelle, der bei seiner Festnehmung einen Bajonettstich in den Arm erhalten hatte, wurde Um 2 Uhr frei. Der andere aber, Hermann von .Holtzendorff, war bereits ein Opfer soldatischer Wnth geworden. Er wurde zuerst ganz rücksichtslos fortgeschleppt nnd von zwei Soldaten, die die Wege zum Schlosse nicht kannten, in die Roßstraße, mitten unter die erbitterten Bürger geführt. Auf den Ruf ,,Los lassen!« entließ ihn einer der Gardisten. Da erschoß ihn der Andere und diese Unthat brachte das schmerzlichste Un glück über einen Familienverband, der treue Anhangueyrert an den Kontg nie verleugnete . . .« Unansechtbare Zeug nisse stellen es fest, daß die,,Potsdan.ier« überall so oder ähnlich verfuhren wie hier. Ja, so wurde in allen Häusern verfahren, von denen die Soldaten glaubten oder angaben, daß daraus ge schossen worden oder daß ,,Rebellen« darin eine Zuflucht gesucht hätten. Ob Schuldige oder Unschuldige, ob auch nur Greise, Frauen und Kinder vor gefunden wurden, gleichviel —- »man« drusf!« Es stand in der Willkür der Offiziere und Soldaten, ob die gemach ten Gefangenen sofort niedergeschossen oder aber nach ausgesuchten MißhaUd lnitgen weiteren Qualen entgegen ge siihrt werden sollten. Einer der vielen blutigen Auftritte, welche an die Griiuel der spanischen und mexicani scheu Vsiirgertriege erinnern, hat in ei nem Eckhause des Spittelntarktcs ge spielt· Unter Führung eines Herrn Hauptmanns von Pannewitz waren Soldaten vom 2."Garderegitnent in dieses Hans gedrungen. In einem Zimmer fanden sie zwei gntgetleidete, fast noch dem Knabenalter angehörende junge Leute bewaffnet vor. Sogleich befahl der Herr Hauptmann, die Re bellen niederzuschießem was auf der Stelle geschah. Die Wände und Mö bel des Zimtnerg waren von der um lieraespritzten Gehirnmasse der armen tKnaben bedeckt. Genua des Gräszlielken und über fliissig auch, die sämmtlichen Straßen aefeetyte vor Augen zu führen. Sie» wurden oon den Etnpörern ohne Zu sammenhang, trie olxsne einheitlixhe Lei tung gefochien Am heissesten gina es » her bei der Vertlteidianng der Barrita: den in der Taubenstrasze und am toll ncr Rathhause beim Ilnariff auf das » Landmelirzenglth in der Linden i strafte, ferner lsci der .s).itt-3rogtei und T ans dem Alerankccs)latz. Auch in der » Lotkiseni und TotVEheCnstrasze ist« hart-. » ttiskctia und blutig zretiimpft worden. « friedlich ebenso in der störtiagstrafze einer .f)titi;«-lontsi.iker ier Fettk, die zn der-: thtnaleren Straßen aehort nnd Deshalb zum V.1rrit«n·ocntrieae sehr ge eignet war. »Hier reihte sich kenn auch Schanze an Sehr-nie End-r gegen 5 Uhr Abend-J sxsÅiritt dass erste Nat-de rtqiment ron der langen Vriisie Eier zum Angriff. Aber die ann; unerwar tete straft des- Widerstandeg machte die Eturntrolonne stutzen und sogar, alo in ihren klteitxen die Verwundeten nic t-erstiirzten, «-,11««:iictweid«,-:n. »Wie, die (s:«:tde treieht’.4« rief der auf dem Exilosiplatz til-endet General von Neu tttsnn den Wanlcnden zu, worauf esz sofort wieder rotiriirts ging. Allein der Jnfanterieangriff wollte doch nicht ihr-ten Man mußte Artillerte zur ZZLitse nehmet-. Um 5 Uhr sanften die ersten Granaten und bald darauf Pras seiten startätscttenladungen von der langen Briiele lker in die Königsstrafze l:inein. Wie erbittert Angriff nnd Litttlxeidigunq gewesen, lzeigte am sols atsnden Tage Las Aussehen der Strafge. ein jammervolles Bild der Zerstörung Un: 7 Uhr war die Garde unter dem Schutz des Geschiitzseuers Schritt für Sei-ritt bis gegen die Königs-bettete vor gedrungen. Hier setzten die an der neuen Königsstrafze und anderen Stel len des Alexanderplatzes erbauten Bar riladen ihrem weiteren Vorschreiten ein Ziel. Das Feuern von beiden Seiten tosihrte aber mit kurzen Pausen die ganze Nacht hindurch Eine angstvolle Nacht. Im Königsschlofse vom 18. bis zum lk). März. Das hätte sich der gute Andre-Js Selxsliiter, der geniale Erbauer des Berliner SeöniggsschlolfeT gewiß nim nier träumen lassen, daß dereinst ein Jan oder vielmehr eine Nacht kommen konnte, wo fein stolzer Bau halb ein Biboual und halb ein Gefängniß sein niirde. Und doch war nun so eine Nacht gekommen, die Nacht boxn Samstag auf den Sonntag, vom Is. znn 19. März 1848. Jn den Kellerräumen des Palast-es traten die hunderte von Gefanqenen zufammengedrängt, welche nach Ent brtnnung der Straßenschlacht von al len Seiten hierher aebracht nnd hier verwahrt wurden, bis sie Morgens 4 Uhr ihren Martcrganq nach Svandau antreten mußten. jenen Marterganq, welcher damit anhob, daß ein Stabsof fizier unter den Linden den Soldaten des 1.. Vataillong vom 2. Linienregi ment, welches die Eslorte bildete, zu rief: ,,Nehmt die Kanaillen nur ordent lich zufammen! Wenn einer nicht fort trill, so gebraucht die Kolbcn, und wenn sich Jemand widersetzt, so nehmt die Bajonette!« Ueber den Kellerränmen sah es eben fcllg wild und wiist genug ans, tvie lsielfache Schilderungen von Augen-zeu gen übereinstimmend darthun. »Im Portal« -—— erzählt einer derselben -—— ,,sah man unordentlich hin und wieder Verftreutes Stroh; auf den Treppen la aerten einzelne Leute, Offiziere und Gemeine durcheinander. Der Schloßhof glich einem Bivouak, Geschütze standen angespannt, Stroh in größeren Massen zur Lagerstätte für Pferde und Men schen war aufgeschiittet, Cavallerie und Jnfanterie stand in dicht zusammenge- , kmgenen Abtheilungen. Offiziere in enge, vom General ab, wogten durch einander, halb im Paradeanzug, halb in Feldbetleidung, Mänteln,11eberrö en, Feldmützen, wie der Augenblick es gebot oder gestattete« Das Wirt-faul niederholte sich Im Jnnern des-Schlosses in verschiedenen Abstufungen und mit allen Coulissenstellungen. Jm Vorzim mer des Königs ein Gewimmel oon Prinzen, Mir-istern, Generalen, Offi zieren und Staatsbeamten jeden Ran ges und bunt dazwischengesprentelt Schlo diener und Lalaien aller Sor ten. an kam, man ging, man fragte, man berieth. Mit dem Vorschrrtt der Nacht gestaltete sich das Thun und Treiben in den königlichen Gemächer n immer anarchist ischer. Es kam dann ge «en Morgen zu soweit, daß alle Unter schiede von Rang und Stand sich ver wischten daß die Etikette spurlos weg schwand, daß alles durcheinander lief, ging und kam und wieder ging, wer nochte «ind wollte, Berliner Bürger sich erschöpft auf die Lehnstiihle und Otto nianen der königlichen Zimmer warfen, Leute, die sonst den Platz nur seyr aus der Ferne gesehen, ohne Um tände an die tonigliche Frühstückstafel ,ich setzten Das war freilich ein gewaltiger See nenwechsel seit dem Abend des 18 März, wo, als die Angrifse der Trup pen begannen, die entschiedenste Zuver scht im Schlosse herrschte, eine so ent schiedene, das-, einer der Schlnßdiener laut ausrief: »Wenn einige Rebelleu purzeln, wird der Spectatel bald ein Ende habeii!" · Freilich, nicht sämmtliche Bewohner des Palastes haben diese Zuversich: ge-— theilt. Man erzählt, die Königin Eli sabeth, welche sichunpäßlich befand und darum den beängstiaeuden Gindriicken der Sachlage in erhöhtem Maße zu gänglich war, hatte steh, als der erste Kanonenscliiufz gefallen war, dein stri nige zu Füssen geworfen und ihn »nur Gottes willen« gebeten, nicht schießen zu lassen, mit Beifügung der Worte: »Fliel)en wir! Wir liaer ja teine Kin der und Bernidgen genug. Eine andere Ueberlieseruna will, die Fl ucl,i frage sei rllerdiugj ziois then dein koiiigliclic n Paare zur Sprache gekommen, allein erst später, mitten in Der Nacht, nnd ka l-( br- ie .iiinigin, ioelrlie bishng » -cl,!oeigei. beoba cbtere, get its-eri: ,,«; 11 ioilt aucb ejnn iil sprechen! Der Kijiiii Mk so riilitigez lsje fii l.il Li! enii er iukii folgt, hat er immer recht. Will er flie li«u, so werde ich mit iiini geb-ein will er Este-idem so bin ich bereit, liier all is mit ils-in zu ttieileii.« Siebel ist« daß Friedrisli « Bill eliii Zu Ansaiigd irr C dienen-Ein lit keine hioc gz an Fluclstaedailyt l)i t. Driiner i:ssar da ii als noch ganz und gar überzeugt, daf; nur die »tiaiiaille«, die ,,.8-;rapule«, nur die »freiii’orii Reiiolntioiizsiiiarl·se:«, der ,,L:1151ours der Hölle« an der Reoellion sitt) betikeiiigten und das; man Dakxer iiiit dieser leicht und raer fertig weiden ’ würde ’ Aber nicht .:lliii1 seine lieber«;eiigiiiig, das-, nur der ,,Piibel«, nur das »Gesin el« so »undantliar« sein könnte, nach allen den Bewilligunan vom »lis. Mker Zu redeliiren, sondern sein gan- ,—e- stö iii .;-beio: isitfein m isztk dein Triiaer der rieusziscleu srrone anrati2en, gegen Lie Eirpöriing mit äußerster Strenge Vor zrscuren Dabei seiilte ilim aber, mais bei solchem Entsclsilusfe nicht fehlen di:rfte: die Folgerichtigkeit die Behar rang. Mit jeder Stunde der Nacht raliin seine Unentsrliiedenlieit, seine Nackniiebigleit zu, um zuletzt in völliger Erschlasfnng zu enden. Druntotioncin Aber der König will noch nichtnachgeben. Während noch vor eingebrochentr Dämmerung das Gefecht in der Ki-; nigstrasze hitzigen Fortgang nalnn, hinten sich in der alten Roszstraße vier c.ngescl)ene Biirger ziisainniengetl)an, drongen durch das Getode nuch der Briiderstraße vor nnd baten den dort incbnenden Bischof Reander, sich an ilre Spitze zu stellen, da sie den König rni Einstellung des Kampfes-z anflehkn wollten. Der Bischof warf sich in seinen Ornat, die Fünse gelangten unter großen Schwierigkeiten zum Schlosse nnd dort nach Ueberwindnnq von allerhand Hindernissen vor den Ellionnrchm Sie meldeten, die Be vkllerung sei kanipifettig und kampf entschlossen; die Folgen eines allge nteinen Straszenkainpfes seien nicht zu berechnen. Dann baten sie beweg lich um die Zurückziehnng der Trup nen, weil diese die Vorbedingung einer Friedensstiftnng sei. Friedrich Wilhelm wollte davon nichts hören, ließ sich jedochsim Ber lanfe der Audienz zu dem Zugeständ nisse herbei, die Herren Deputirten könnten ja die Mission von Vermitt lern nnd, Friedensboten übernehmen. Gelän· e dieselbe, d. h. würden alle ,,aggre iven« Versuche von Seiten des Volkes eingestellt, so sollte sofort die Zurückziehung derTruppen angeordnet verden. Dann scheint aber der König doch wieder anderen Sinnes geworden zu sein; denn er habe plötzlich den Ton geändert und, auf die Schloßdlatzvor gänge, wie dieselben ihm dargestellt worden waren, zurücktommend, ge sagt: »Was wollen Sie? Es ist eine eh: einfache Geschichte Ich saß bei ernsten und wichtigen Arbeiten, da la men die Leute vor die Thüre und stör ten mich. Das kann ich nicht dulden Daß ein paar Gewehre losgegan en sind, dasiir kann ich «nicht, und ogne Plempe wird keiner verwundet und die Plempe ist nicht gezogen, ich gebeJhnen mein Wort darausuebrigens geht mich die Sache nichts an. Jch habe Musik-in mandanten meine Befehle gegeben und der Kommandant thut seine Schuldig leit. Jsch habe nur eine Bombe in dte Königsstraße werfen lassen und schon gehört mir die Straße; die anderen werde ich auch nehmen« Die Abord nung wurde ungnädig entlassen. Dem Könige war während der Audienz eine schwarz-roth-goldene Fahne in die Au gen gcfallen, welche auf einem Haufe an der Roßftraßenecke flatterte nnd ei nen Zorn reizte. »Schafft mir diese Fahne aus den Augen!« rief er un wirsch den Bürgern zu, indem er sie entließ Auch diesem Vorgange hat sich einer jener komischen Schnörkel angehängt, woniit Miniaturmalerin Aneldote das Buch der Geschichte zu verzieren oder auch zu derunzieren liebt. Gegen Mor gen zu, als das Schiefzen allmählig aufgehört hatte, soll der König den Maler Hensel zum Bischof Neander ge schickt haben, um demselben zu sagen, daß, falls die Barriiaden nicht augen blicklich abgetragen würden. daH Schie ßen Von Neuem beginnen werde. Dem Herrn Bischof ging darob die gute Lammgedxtld völlig aus-. »Aber was soll denn mir da? Was habe ich denn da zu sagen? Dag- ist ja llnfinn!« rief cr wiithend und die Frau Bischöfin riß sich sogar vor Ackaer jäher die ihrem Eltianne gemachte-Zumu tlkunq die Haubc vom stopfe, ali« wollte sie dieselbe Lein Boten in Das Gesicht werfen. »An meine lieben Berliner«. Mitten in der Nacht schrieb der König den Aufruf. Glaubhasten und übereinstimmen den Berichten zufolge hat in der Nacht vom 18 auf den 19. März und noch am letzteren Tage eine vortretendeRolle im Schlosse innegehabt der Freiherr von Vince, aus unbestimmte Zeit be urlaubter Generalstabsssmajvn Derselbe, von seinem Landgut in Schlesien herbeigeeilt, habe sich schon am 18. oder aar schon am 17. März Zutritt beim Könige verichasst nnv demselben, zum nicht geringen Ent setzen der anwesenden Höflinge, zum Gruße die Worte zugerusem ,,Maje stät, ich sehe die stroue auf Ihrem Haupt wanken!« Dann habe er, un? beirrt durch das Abniahnen day-« Schranzeu, dem Könige mit Freiniuth den ganz-In Ernst der Umstände klar » gelegt, und es gereicht Friedrich Wit uelni nur zur Ehre, das; er dicsenFrei mutt) keineswegs übel nahm. Herr vom Binde war eEJ weiterhin, der sieh in der Nacht des Straßentanivses durch eigne und gewissenhafte Beobachtung über zeugte, das; keineswegs nur die »La nialle« und »Krapule« diesen Kampf führte, und er bat es dem Monat-Sinn ossen gesagt,das3 ein nicht geringethzeik der Berliner Bürgerschaft altiv und die iidertviegende Mehrzahl derselben passiv mit den Barritadenkämpsern einverstan-en sei Das waren wuctiolle Worte aus drin Munde eines Mannes, an dessen treue Unterthanschaft ein Zweifel auch nicht vvu ferne herantreten kunnte. Friedrich Wilhelm fiilylte das- ganze Gewicht dieser Enthiilluna und die Spannung seiner künstlich ausge banschten Entschlosscnbeit ließ mehr und mehr nach. Mitten in der Nacht setzte er sich hin und verfaßte jenen Aufruf »An uieine lieben Berline:", welcher so mancherlei Coiumentare cr fuhr, aber seine Wirkung aus die lies ben Berliner, in deren Hände er übri gen-J erst in den Morgenstuuden des 19. März tam, zunächst verfethe. Ein nierkwürdigeg Aktenstück ohne Frage! Ganz Friedrich Wilhelm der Vierte! Viel Unklarheit und Romantik zu An fang — denn die Protlainatiidn ging ja durchweg von den Mhtlien über die Entstehung des stamhW aus, welche man dem Könige weisgeinacht hatte — und viel Geniüth hintendreinl Jn Worten, die augenscheinlich auc- einer gequälten Seelc lamen, beschwor de: tUtoiiarch die Einwohner seiner ge liebten Vaterstadt«, zum Frieden zu rückzukehren und die Barrikarsen zu räumen. Geschähe dies, so würden sogleich die Trupven aus den Straßen zurückaezogen und nur zur Besetzuna des Schlosses, desj- Zeughauseg und ,,tveniger anderer Gebäude« verwendet werden. Charakteristisch lautete auch der Schluß des Aufrufes: -—-- »Eure liebreiche Königin und wahrhaft treue Mutter und Freundin, die sehr lei dend darniederliegt, vereiniat ihre iu nigen, thriinenreichen Bitten mit den meinigen.« Herr von Bodelschwinz;h. welcher überzeugt war, daß die »der-s lichen Worte« der Vrizklaniation den ,,hesten Erfolg« haben müßten, besor derte dieselbe im ersten Morgengrauen zur Druckerei. Entsetzung seht-)