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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 17, 1898)
Klüfte Und Ebenen. Roman von Herman Heiberg. »Gebt langsam und ordentlich die Treppe hinunter. Kinder. Jn der Stadt muß man sich nicht so benehmen. Und im Garten pflückt nichts ab und betretet niemals den Rasen. Das leide ich nicht! Jhr könnt Euch dort wohl aufhalten, aber ihr müßt Euch gesetzt dene men. Einer von Euch hat gestern den cOtoei neben der einen Rose heraus gerissen. Kommt dgg noch einmal vo:, dürft Jhr nie wieder in den Garten!« Der Mann, der diese Worte sprach, war der reiche Chokoladenfabrilant Kardel in der nordischenStadtBründc, und die beiden blonden Kleinen, die nach dieser Mahnung. scheu und öng t ltch sich anfassend, wieder emporf « i- « chen,. gehörtem demDoktor KarlGaartz, ; der erst vor kurzer Zeit sich in Bründe ! niedergelassen und die obere Wohnung I in dem Hause am Markt gemiethet hatte· · I - - «-- o- — « « Trotz ves- yvycn Prenes- unu uucuci Abrathens von anderer Seite hatte sich Gaarz entschließen miissen, hier zu mietben. Die wenigen zur Verfügung stehenden Quartiere eigneten sich nicht . siir ihn und seine große Familie. Sie ’ waren entweder zu llein oder äußerst nngiinstig gelegen. Beim Fabrikanten Kardel aber waren schöne. durchaus passende Räume zur Bersüanng gewe sen. Kardels hatten auch nicht gleich Ja gesagt. Die zwei Kleinen waren eine I böse Zugabel Aber Gaarz schien ein . sebr liebenswürdigerMann zu sein, der » ·eine Person zurückstelltc. Und seine E s rau stal zwar nicht in übermäßig j modernen Kleidern, und die Kinder machten nicht denEindruct, daß sit-Ver gnügen daran fänden, sich aus oier Wiinde zu beschränken, aber sie schienen set-r gutherzig und lenisuxn iu sein. So würde Karoel, der sonst ein ungewöhn lich pedantischer Hanswirth war, schon aus die Familie einwirten und sie nach seinem Wunsch erziehen. »Nun, Jhr seid schon wieder da? Jst wolltet doch unten spielen?« hul- Frau Gaarz an, als die Kinder auf dem Flur » erschienen. »Ja-—der——der Herr Kardel war so böse, Mama. Wir trauen uns nicht," erwidertern die Kleinen zaghaft. Die Frau forschte noch weiter. Lang- - sam, stuckweise berichteten sie. was der böse Mann gesagt hatte. Als Gaarz nach Hause lam, bat ihn seine Frau, rnit denen unten doch gleich über die Sache zu reden »Wir sind aus diese Weise wie in ei nem Gefängniß, Karl! Das geht doch nicht. Die Mitbenutzung des Garten-s ist «a ausdrücklich abgemacht. 5Zluch mit unserer Lene hat Frau Kardel schon gezankt wegen des Waschhausesl Bitte, geh nach Tisch hinunter.« »Ja, ja, ich werde sprechen, wenn auch nicht heute,« erwiderte Gaarz. »Und Du mußt das Alles nicht so schwer net-men. Bertha,« fügte er bin zu, als er ihrer enttäuschten Miene be egnete. An den Stadthäusern ists goch eben anders-, und die Kinder sknd wir-lich bisweilen etwas laut. Gewiß, iß! Wir sind im Recht. aber daraus rrnmt’s nicht immer an, Man muß sich gegenseiii einrichten. Ueberatl ist etwas-—- ick die Kleinen doch auf dkntziiirchhosplatz oder auf den Markt pa —« »Na, das muß ich denn doch sagen! Wir haben-H im Kontrah, da sollen wir uns ohne Weiter-es süaenf Wenn Du nicht gleich sehr bestimmt ans trittst, haben wir bei diesen Jllenschen sicher verlorenes Spiel-Ihr sztänner werdet von den Hausanaeleaenbeiten nicht oeriibrt, wir Frauen aber um so meht.« Gaarz seufzte leise aus und bewegte den Kaps. »Nun gut, ja, ich werde vIlles besor Mnxss Darauf betrat er dann sein Arbeits sit-knien Eben war Asta Gaarz, die älteste Tochter-, im Begriff, durch durch Die g genüberliegende Tbür das Gemach, in dem sie mit dem Wischtuch nnd Staub bean beschäftigt gewesen, zu verlass-3n, blieb aber nun stehen und nickte ihrem Vater mit einem liebevollen Blick zu. Alsta Gaarz war ein in teizenderFülle emporgewachsenes junges Mädchean Inn Kopf bedeckte Mannes-, ins Dunkel röthliche spielendes, stets aanz glatt an denKopf gekämmtes Haar, und ein ixsnsdruck von bestrickendem Liebreiz M nie aus ihrem set-was blassen Ange - Er gelangte so ut zum Ausdruck, W die Gesichth e in Ruhe waren . « lag etwas Träumnerisches um . — » Mund-sinnt und die Augen blick 10 ll und-Himml- -—- wie wenn sie « ·. I wirkte ihre weiche, sanft Wche äußerst sympathisch A Stän- uæat Vglangeäickjegtx ztne - pt n zn ’ten, mi F Als Asta ihn so zärtlich anblickie, T nahm er sein Töchtekchen in die Arme ; rnd hätfchelte es. ; »Nun, mein A"ftelen, hist Du ver gnügt?« Gaarz hatte immer nur den Wunsch, » glücklicheGesichter um sich zu sehen; sein Herz litt, wenn einem seiner Angehöri gen etwas bedrückte, und er ruhte nicht, bis wieder Sonnenschein war. Besonders liebte ek feine WetAsta. Jht Gelegenheit zu geben. etwas Vom Leben zu sehen, ihr die Tage ihrer Ju gend nachKräften zu oerschönern, woll te er sich durch die Veränderung feines Wohnsitzes auch angelegen sein lassen. Er wollte gern doppelt arbeiten,wenn alle feine Angehörigen-der Vorzüge des Daseins mehr tveuyamg werden con- « ten als bisher Asta Gaarz sah in ihrem Vater das Tdeal eines Mannes-Seine mit seltener enschenfreundlichteit gepaarte Her zensgiite und dann und wann hervor tretende Gleichgültigteit gegen Geld und Besisädund andererseits wieder sein schrosses esen gegen unwertlyi eMen chen, sah sie nicht als Schweigen an, sondern sie erhöhten ihn in ihrenAugen. Sie bewiesen ihr, daß er neben seinen Herzenseigenschaften Karalter besaß. So erwiderte sie denn auch eute seine Zärtlichkeiten mit fast stürmt chem Eifer und sagte, einen liebenswürdig neckenden Ton annehmend und seine Wangen streichelnd: »Haben der Herr Doktor schon einen Kranken? Ich wünsche dem Herrn Dol tor jeden Tag ein vaar Dutzend, aber natürlich allen das Leben, Genesung durch dieKunst des größten Arztes-. ven der Norden aufzuweisen bai." »Nein, Du Schelm!« lachte Gaul-z und streichelte seiner Tochter die Wan gen. »Noch hab-en sich nicht viel gemel« det, obgleich wir nun schon drei Wochen hier sind. Aber die Landvraris geht fort· Jch war eben bei einem Bauer Peter Rissen in Miter ein halb-III Stundchen von hier. Wir wollen Haushalt gehörenden Person allerlei nzuträglichteiten mit sich. Das Mäd chen von unten erschien Morgens, um das Zimmer zu reinigen, und dem Herrn — Leagrdus mit Namen —- be gegnete man häufig aus Flur und Treppe und sah sich beobachtet Auch wars ein Unterschied, ob ein solcher Hausgenosse ein liebenswiirdiger. höf l«cher, oder ein Mensch mit wenig Le bensart war. Als ein solcher erschien Legardus Asta, und besonders an ziehend fanden ihn auch der Doktor und seine Frau nicht. Aber auch iiber diesen Uebelstand ging Gaarz mit seiner zum Frieden reigenden Natur leicht sori und sagte, Asta zuredend: »Ich gebe zu, daß es angenehmer sein wärt-h wenn wir auch noch dieses Zimmer hätten mitmiethen können, aber da es abseits an der Treppe auf dem Flur liegt, kommt man wohl da rüber fort, mein Kind. Wir haben ja gar nichts mit dem Manne zu thun. Seid andauernd höflich, so werdet Jhr ihn mit der Zeit zu einer artigen Be gegnung zwingen. Man lann eben nicht alles haben, wie man es wohl n.iichte!« «- « « Sehr bald nach dem Mittaaessen sclxli.ipfte Anaelica staer ohen iu ihrem Verlobten ins Zimmer hinaus. Sie hatte ihm die Zeilen, in denen sie irn uxri eine Unterredung gebeten, iiri Laufe des Vormittags zugestellt und er hatte sie beini Eintreten ins Chin nrer Mittags in einer von Kardelz in beinerkten Weise zu verständigen cic irr-sit Als Angelika die Thüe öffnet-, nachte sich Legardug gerade bei seiner 1 Kommode zu schaffen, wandte sich aber, » als er ein Geräusch hinter sich hörte, · sast erschrocken uni und ließ ein sehr ] barscheg: ,,-Na wer ist denn da?« ver- ; nehmen »Als er aber Angelika sah nickte er ihr kurz zu und sacite ohne Ueberganq mit gedänipster Stimme: . «Sprich nur recht leise! Und schließe lieber die Thür ab! Man kann nicht wissen! Und so nun bin ich fertig. Setze Dich doch!« Und dann lief-, er sich neben ihr aus dem Sopha nieder, strich — was seit langer Zeit nicht mehr geschehen ivir —- iiber ihre Wangen, sprach gütig aus sie ein und forderte sie aus« ihm von allem zu berichten, was heute vor sich gegangen sei Sie war's in langer, klarer Rede, und nachdem es geschehen, schmiegte sie sich bittend zisirt ich an ihn, sich nach Mö lich-seit zu siigen und alles daran gehen, damit nun endlich zur zita rheit werde, was ir rund was dcch auch sein sehnlicher unsch und Wille sei. »Sieh, wenn wir e unser eigen heim haben, Rochus«, chloß sie ver trauenon, »treten a die störenden Dinxit von selbst in den hinter rund. dann unabhängigen un was Du bei pa entbehr, das will ich Dir deir dappelteLie e und Aufmerts »Ernst-it ersetzen —- Ach, ich se mich nach. mein Rechtes, mit Dr allein u sein, Dir an den Tag zu legen,wie muDich liest-e. Ungd nicht wahr? milder wirst Da in Jänimi An liea sein! Tod« ais-·- - mise- wes-Du schroff und abstehend dist, am ichi bin so leicht ein eschiichtett, ich werde l iire an mir und ente sogar bisweilen, daß ich Deine Liebe nicht mehr besitze.« Legarduö hatte seiner Braut mit allen Zeichen wärmster Empfindung zugehöri. Einige Male war auch · etwas in seinem Angesicht erschienen, wodurch er sogar an den Ta legte, daß ihre demüthigen Worte i n mit Rührung erfüllten. Und so gab er ihr denn auch zunächst aus ihre legten Worte eine Etwiderung und sagte mit starker Betonung: »Du erwähnst. ich sei schross und häufig unfreundlich. Ich will eg nicht sein, wenigstens gegen Dich nicht. Lai; mich Dir noch einmal in’g Gedächtnifz zurückrusem was ich Dir am Tag un serer Verlobung sagte: Mich hat nie nals jemand lieb gehabt, nicht einmal ein Thier hat sich jemals an mich ce schmiegt. Als ich geboren ward, sah nsan mein Erscheinen geradezu wie ein Unglück an. Meine Mutter, umgeben von den vielen Kindern, täglich mit der größten Sorae tömpsend war sehr serter Natur und besaß daneben einen sehr ernsten, fast an trankhasteSchwers niutåstreifenden Charakter. ,, ein Vater war so beschäftigt, daß er geh um uns kaum tiimmerte. Er mu te angestrengt arbeiten, da er eine so zahlreickx Familie zu ernähren hatte. Jch war als tleiner Bursche überaus liebebediirftig Zu jener Zeit terlor ich mein Herz an ein reizendeH fringes Ding unserer Nachbarschaft Alle Knaben waren ihr gut und eiser siichtig auf ihre Gunst. Eines Tages überwand ich die lang zurückgedrängte Scheu und ließ dukchöiicun was meine Knabenseele bewegte. Sie aber — sonst allezeit gütig und freundli — schral förmlich zusammen und li mit allen Anzeichen des Wbscheues davon. Jmmer fühlte ich. daß man mich nicht leiden mochte, daß ich nur geduldet ward. Meine Züge hatten einmal ei was Finsteres, Abstoßendes. Wenn sich auch die besten Gedanken in mei nein Innern gestalteten, vermochte mein Angesicht sie nicht wiederzuspie eln, wenigstens nicht so, daß die Mensch-In sich von rnir angezogen fühlten. Und nächstens einmal dahin spazieren gehen. Es ist sehr schön dort. Ueberhaupt ist die Umgegend herrlichv -——- Jch bin fort-. irsiibrend im Entzücken, wenn ich mich in Briinde umsehe.« »Ah, wenn Du glücklich bist, dann find wir es alle,« rief Asta lebhaft und lel,nte sich an ihren Vater. Und dann einst und schmeichelnd sortsahiendr » öre, Papa, Du mußt aber einmal nxit enen unten sprechen. Das ist ein bEseH Volk. Weißt Du, wer, glaube ich der Schlimmste ist? Der Geschäfts fiihret, der künftige Schwiegersohn von Kardelg. Ein unangenehmer Mensch, der taum weiß, ob er ·riifzen soll. Sehr satal, daß er überhaupt hier oben zu thun hat. Man hat nie sein Reich ganz allein.« Diese Aeußerung bezog sich auf oen Umstand, daß der Genannte neben der Treppe, die zum Lagerboden hinauf führte, ein nach Hof und Garten schauendes Wohn- und Schlafziinmer besaß. Wenn sie auch schon durch ihre Lage von der Gaarz’schen Wohnung gänzlich abgetrennt waren, so führte rrch der Aufenthalt einer nicht zum das ist so geblieben, in der Schule und später im großen Wirrwarr in der Welt. »Ich lernte, daß es nur ein absolu teiz Mittel gäbe, die Menschen gefügig zu machen: der Besitz von Geld, der bi·nden mit Anfseheni Und von dein Ai.genblick, wo ich das in mir als eine unumstößliche Wahrheit festsetzte, blieb mein einziges Augenmert daraus ge richtet. stivas »u erwerben, dadurch endlich einmal dessen theilbaftig zu werten, wag anderen schon durch ein blcßes Lächeln zufiel! Es kann sich schwer jemand in die Natur eines an dern hineinversetzen Meinen Choral tei begreift aber überhaupt Niemand. »Sie meinen alle, ich wolle nicht, ich gäbe mir keine Mühe. Es ist aber an ders. J chsand nur niemals ein Ent egentornnien; was den iibrigen mühe r-s, sogar ohne ihr Zuthun ward, habe ich mir schwer und auf ganz anderen Wegen erstreiten müssen. Nichts ist mir entgegengeeiitl m Gegentheill Wo andere dur den ufall begünstigt werden« lehrte ich das Schicksal gegen mich. Auch fand ich niemals die rechte Anerkennung sitt meinen Fleiß, sur mein Streben. Und das hat mich gänzlich verbittert, das hat mich oft schlecht aemacht. »Zum ich hin nicht aut. Llnqelicm ich weiß es; aber ich fühlte, als ich Dich tennen lernte, daß Du mich gut n schen könntest, das-, ich Dir viel, alles zis verdanken haben würde, wenn ich Dich an mich fessele, und ich schwur a1-ch, nichte- zu unterlassen, Dich glän ; lich zu machen. Aber ich sehe jetzt, ioie ; ixsenig ich es verstanden habe, Dich zu i i befriedigen, und schaue ich mit unve- l spugemm Blick zurück, degreife ich es. s Jch habe im Grunde nichts gethan« was Dich erfreuen konnte, im Gegen- s theil, ich stieß Dich ab, statt Dir Deine Eiite und Anhänglichkeit nach Kräften zi. lohnen. »Aber lassen wir alles, was hinter uns liegt, und suchen wir unser Glück von fest an neu zu gestalten. Und damit es geschehe: Wie mir, was auch immer kommen und ich ereignen wag, es mide Namen un Charakter haben, welchen es wolle, daßDu mir halten, nicht von mir lassen will t, und solltest Du, sollten wir beide darüber untergehen! Jch habe Gesinde dafür, Dich in so feierlicher eWise anzuspa cheth ——— Und besinne Dich wohl recht, bevor Du mir Dein Wort verpsändest. Ueberleaez was Du auf Dich nimmst! Du wißt, mit welchem Gedanken Dein Vater sich trägt wie abhängigvsich Deine Mutter von seinem illen macht, welchen Charakter ich besitze, und wie mich das Gliict nun einmal meidet. »Es ist ein Versprechen ernstester und heiligster Art, möglicherweise so ledeutsam in seinen Folgen, daß ich begreife, wenn Du es nicht leisten nicht die Tragweite auf Dich nehmen willst. Ja, ich gebe Dich in dieser Stunde frei! Meinst Du, es sei doch besser daß unsere Wege sich trennen, das-, Du Deinem Vater folgst und ge horchst, so soll es geschehen. Jch werde leine Vorwürfe gegen Dich erhebenf ja, gleich das Haus Deiner Eltern verlas sen. Was gewesen, ist damit ausge wischt. Jch zieb von Neuem, ein Glückssucher, meine Straßen. »Ach, mein Kind, wenn Du in mein Herz schauen, wenn Du wissen tönn. test, wie grenzenlos elend ich bin, Du würdest Dein-er Liebe noch das Mitleid zugesellen —« Der Sprecher brach ab. Ein herz erbarmender Ausdruck neben der fin-j steten Schwermuth trat in seine Züge. t Unverfälscht trat zu Tage, was sich I Qualvolles in dieser grübelnden Seele ! verbarg. s Und da riß es Angelica fort, sie um- i arinte ihn zärtlich und die Hand feier- i lich erhebend, flüstert-e sie: ! »Ja, Rochus, ich schtviire Dir, daß s ich zu Dir halten will, was auch tom- . men mag, und wäre es das Furcht- T darste, was ein Menschenherz treffen » tannt ist Du zufriedent« ! »Mein Kind, mein Kindl« hauchte i der Mann in tiefer Bewegung, um- ! schlang das junge Geschöpf und hielt es i umarmt, bis ein Geräusch nebenan sie ansschreette und — trennte. Wenige Minuten später stand Ro chus schon wieder neben den dampfen den Cacaotefseln in der Fabrik, und Angelika erhob in ihrem Zimmer die « Hände und schaute mit einem tiefen l Danlesbliel empor zu dem Höchsten, an den sie glaubte. Il- Iis L Am Abend desselben Tages- saßen nach ihrer Gewohnheit Kardels um den runden Sophatisch der an der Rückwand des langen zur Linken des großen Flur-Z betegenen Wohnzimmers seinen Platz hatte, und warteten aus Legardus. Obschon es bereits gegen neun Uhr geworden war, hatte er sich nicht wieder lslicten lassen, aber gerufen zu werden, liebte er nicht. Er war in eder Hinsicht ein Tyrann, und seiner Herrschaft fügten sich hiska auc, der l immer nur auf materiellen Vortheil · bedachte Mann, die sich ganz aufs-Haus beschräntende, einer übertriebenen Ordnung huldigende, sehr geizige Frau und die Braut, Fräulein Ange lica. —- Angelica war indessen ganz das Gegentheil ihrer Eltern. Während jene nicht die Spur von Menschenliebe tesaszen und sich nur bückten, wenn sie einen Vorthen verniutheten, hatte An gelica ein ungewöhnlich gutes herz nnd besaß auch sonst alle Eigenschaften eines wahrhaft vortrefflichen Men schen. Legardus hatte namentlich wegen feines geistigen Uebergcwichts ihr Ja wort erhalten« andererseits war die Meinung der Eltern maßgebend ge wesen. Das Mädchen sah zu dem meist in verdrießlicher Abwehr sich ge henden, aber stets arbeitsamen, pflicht getreuen und dem gewöhnlichen Welt treiben abgewendeten Manne, wie zu eine-n Höhergearteten empor. Sie ging den der Meinung aus, daß sein Wesen sc sein müsse, sie nahm an, daß das, s wag sie Abstoszendes an ihm empfand, » zielbewußtem irn rechten Sinne ernst- J lfasten und sittlichen Männern allezeit eigen wäre. Lächelte oder scherzte Legardus ein mal, es war freilich so selten, wie eine freiwillige Gabe aus der hand ihrer Eltern an Be.)iirftige, so schwoll ihr herz auf, und sie drückte ihren Dank siir diesen Brocken seiner Gunst durch überglückliche Mienen und Gebärden all-. Auch daß er jenen zarruch war, schien ihr durchaus in der Ordnung. Es war gewiß Sünde, eine leiden schaftliche Regung auftommen zu tas sen. Karoels fügten sich dem herrsch füchtig-rnürriichen Wesen dieses Man nes aus egoistischen Gründen. Er way Morgens früy big Abends spät im Ge schäft thätig, kannte nur Arbeit und Pflichterfüllung. Das war nach des Manne-Z und der Frau Geschmack. Nach gewisser Richtung konnte man einen vorzüglicheren Mann für Anae lim, so urtheilen sie, nicht bekommen Was that man mit den haltloien Ge selten, die nur an ihr Vergnügen dach ten, die das Geld nicht achteten? Auf iallend war es, daß Legardus noch nie von Heiratben gesprochen hatte, ob gleich er er nun schon ein Jahr mit An gelika verlobt war. Aber von Angelicas Seite war es begreifticherweise mehrmals ihren El tern gegenüber geschehen, und auch an diesem Abend redete sie- ibre Mutter, als sie nach einer kurzen Abwesenheit sich wieder niederließ und auch Kardei die Brille abzog und die Zeitung bei Seite legte« daran an: »Bist Ihr, dastmorgen unser Ver lobungstag ist's un ist es schon ein Jahr. Sag’, Marm, hast Du eigent lich rnit Rochui gespendet-erri« begann Angelika, ein zartes Geschpr mit stil len, dankten An n« un wshnlich schwarzem Hm- IIW a blasses Gesichtsfarbe und jenem auf Verzicht gerichteten Ausdruck in den Zügen, den man bei barmherzigen Schwestern fin det. »Nein, noch nicht, aber es soll jetzt auch gefchehen,« bestätigte KardeL er bob sich, um seitab einen Fidibus fiir seine Pfeife an einer Zündtnaschine in Brand zu seyen, und wanderte, sicht lich durch die Frage zum Nachdenken angeregt und zu einer gewissen Auf lehnung veranlaßt, in dem mit-tapfer stichen und vielen sorgfältig gehaltenen Mahagonimöbeln angefüllten Gemach auf und ab. An der Wand über dem Sobbatisch bing eine wundervolle AbnabmeChristi vom Kreuz, zur Linken fanden sich-, da Kardel Jäger war, Jagdstijcke, gegen iibet wieder religiöse Sujets, darunter eine sixtinische Madonna und daneben ein trefflicher Abdruck von Alexander und Darius. Auch eine alte englische Uhr in der Ecke, nahe der Thür, fiel in die Augen. Sie schlug eben gerade, ibre Gediegenheit verrathend, laut klingend die Stunde ab. »Wie? Schon zehn?" schob"«Kardek, seine Erörterungen über den bisheri gen Gegenstand unterbrechend, ein und blickte nach dem Zifferbkatt. »Und Legardus ist noch immer drüben? Ich will einmal hinübergehem der Laden muß geschlossen werden, es kommt ja doch niemand mehr. Jn dieser Hin ficht treibt Legardus eine ganz unnö tbige Verschwendungs »Mein, ihn-H nicht, saoom Du weist, er mag’s nicht,« wehrte die Frau. »Gestern als Du im Club warst, er schien er auch nicht, und wies Angelika sehr turz ab, als sie ihm einen Vor wurf machte. Es gab sogar eine recht peinliche Seene.« »Nun? —- Was denn?« fragte der ; Mann sehr erregt, richtete seine schie lenden Augen aus die Damen und ließ sich neben ihnen nieder. »Gerade als ihn Angelika holen; wollte,« hub die Frau, ungeachtet der obbittenden Gesten ihrer Tochter an, ,,eH war schon halb elf « und eigent lich nur, weil Angelika und ich ihm doch gute Nacht sagen wollten s« tam er herein und schien sehr unangenehm berührt, daß ich zusammenpackte, und - daß er Angelika an der Thür sah. »Na, was habt Jth — Wollt Jhr schon zu eit? Natürlich! Das ist doch immer so. Wenn man noch nach der Arbeit ein wenig plaudern möchte, ist niemand da, stieß er in einem so mür risch unfreundlichen Tone heraus, das; « ich sörmlich zusammenschral. f »Du kamst noch immer nicht, es wurde so spät, lieber Rochus. Da dach ten wir -—— setzte Angelica entschuldi gend an. »Aber ohne sie aus-reden zu lassen, wurde Rochus dunkelroth im Gesicht und ries: »Ich habe es wirklich satt, das-, mir - immer und immer wieder das vorge- ; halten wird! Jch soll gerade dann« kommen, wenn es Euch paßt. Jchs denke, wenn ich den ganzen Tag ar beite, so ist’s nicht eben so sehr viel ver langt, daß Ihr eine Stunde zugebtl »Aber Noch-its, lieber Rochus!« br- ; aann Angelika, obschon von der großen ’ Ungerechtigkeit seiner Worte betrossen, s einlenlend, »wie annst Du so heftig werden. Jch meinte ja aar nicht-« Böses. Wir haben geglaubt. daß wenn Du doch drüben blos- die Zeitung liest, Du eben so aut bei uns sitzen tonntestt Habe ich darin Unrecht, so verzeih!« .?lch was« — stief: Rochus heraus-, verließ das Zimmer und lam nicht wie der. Er hatte auch heute noch lein Wort mit Angelica gesprochen,« schloß die Frau ihren Bericht. Jn diesem Moment öfnnete Nacht-S Legardus die Thiir und schritt, blos « unmecllich den Kopf bewegend, aus den Tisch zu und liess sich dort nieder. Er sprach nicht, gri s nach der von Kardel » fortgelegten Zeitung und machte s:ch, T rhne Notiz von den Anwesenden zu nehmen, ans Lesen. .- st I Der Ujiunn hatte ein sehr charakter volles Acuszerr. Ein runden nach hin ten sehr ausgeprägten mit kurzen und dichten Haaren versehener Kons, in dem sinscere, den Ausblick meidende Augen saßen, und ein.sestgeschlossener, mit tiefen Seitensalten versehener Mund sichtbar war, ruhte aus breiten Schul tern, unter denen sein mächtig gewölb ter Brustkasten sich hervorbriingtr. Eine ungewöhnliche straft drückte sich über haupt in dem sonst mehr kleinen al groszen, aber äußerst rnustulösen Kör per aus, und auch die breiten. tnochigen Hände oerriethin eine außerordentliche Stätte. Da Legrrdus in dies-er stummen, ans seine Umgebung gar leine Rücksicht nehmenden Beschäftiguna noch immer verharrte. ergrissKardeL der imGegens satz zu jenem ein dürrer, dunllerMann war. eine schlechte Gesichtssarbe und hastige Bewegungen besaß, ein Gefühl boghasten Zornesk Nicht zum ersten Mal, sondern in den letzten Wochen schon wiederholt war’s in ihm ausge auollen, daß sein tünstiaer Schwieger sohn sich so gehen ließ, ihn leichsam wie einen Gelittenen behandel e« mäh rend er do , der Fett des hauses, sein Chef, der ater einer Braut war. Es hatte ihn auch die Erzählung seiner Frau gereizt, er sand, daß eßardus sieh e n sie und Anaelica denn och zu rüelfcchslos betragen habet Und o sagte er denn. besonders auch Heärgn , baß der Mann drüben das teure Aas-verbrauchte, blos um seine Zeitung zu lesen, ja besonders deshalb, wie denn fast immer, auch bei weniger engherzig heranlakiten Naturen, die kleine-n Dinge mehr als die awßen den Ausschlag geben, mit einer ttarten Er regung in der Stimme: »Es ist doch drüben das Glas ausge macht Z« Legardus rührte sich nicht« und An l gelica, ahnendss daß fichtetwas vorbe reite, warf einen ängstlichen Blick zu ihrem Verlobten hinüber. »Es ist doch drüben das Gas ge löscht3« wiederholte Kardel mit noch fiärterer Stimme. Abermals nichts; der Mann las weiter. »Ich frage —« jetzt llancks zornig, gebieterisch. »zum dritten Mal, ob das Gas geldicht sei?« Nun blickte Legardus. wie ein durch ein ungewohntesGeräusch plötzlich Auf geschreckter empor, sah jedoch die Da » men an, als ob ihnen die Frage gegol I ten und er nicht verstehe, weshal sie i nicht Antwort gegeben hatten. Auch ; warf e: gleich darauf einen fragend mißbilligenden und zugleich einen für » des Angreifenden Zorn völliqe Unun « pfindlichleit an den Tag legendenBlicl auf den Mann, dem es neben seinen übrigen unangenehmen Eigenschaften » nun auch einftel, Scenen herbeizufüh ren. Jedoch Kardel qing auf die Rolle, die es Legatdus zu spielen qefiel, weder ein, noch ließ er sich durch den schul meisterlich tadelndcn Blick belehren. Jm GeqentheiL sein Zorn wuchs in’s Un messene. »Nun ——? Nun-? Können Sie nicht antworten?« rief er und zeigte mit der feuchten Pfeifen pitze zur besseren Be stätigung auf Leaarduö. » o, —- Sie —- sprachen mit mir? ——Ja, wer konnte das wissen? Jch war beimLesen und nahm an, daß die ihrem Sinne nach von mir aar nicht einmal aufgefaßten Worten Jsbten Damen gal ten. Und weshalb sprechen Sie denn so iiberlaut Z« gab der Mann mit einem unerhört impertinenten Phlegma zu ruck. lind ,,Nein!« erqiinzte er dann. »Das Gas brennt noch- Jch hatte die Absicht, gleich wieder hinüberzugeheii, .an noch die Fattur iiber die große Findenhslgener Sendung auszuferti sen!« » » » s i-"«- · - . — LUJK »Es-Mk gis-L Js f-:k.««» « .-s M jdsk - OTT »T-.«-:.:s.5«-;s«i, rissest-»He .q.., — .. EDU- -.-.s!-« So, diese Antwort saß! Was sollte Kardel darauf antworten? Aber diesmal täuschte sich Legardug nach allen Richtungen. stardel gab den Damen einen Wink, sich u entfernen, und sagte: » ch glaube, es ist sehr nöthig das; wir uns einmal gründlich auseinander setzen, sehr nöthia —— wenn nicht sehr unerfreuliche Konsequenzen siir beide Theile entstehen sollen, Herr Legardu5. -—- Bitte, bleiben Sie sitzen! Und Ihr, Ihr begebt Euch wohl zu Bettl« wie derholte er seine Aufforderung an die Damen mit einer ebenso entschiedenen Miene, als er sie gegen den sich erheben den, seine Rede mit einem aelangweilt aufsässigen Gesicht begegnenden Legars dus zur Anwendung gebracht hatte. Nun gingen die Damen. obschon An geliea, ter die starke Bliisse der Erre ung in das Gesicht aetreten war, an Fän lich noch hatte zögern wollen. Le gar ug aber, seiner-Braut einen kurzen, aussuclslosens Blick zuweriend, schlug die Beine übereinander und qrisf aber nials nach der Zeitung Jedoch auch diesem Att der Jmpertiss nen begegnete Kardel noch vor der größeren Auseinandersetzuna in sehr entschiedener und dem Inhalt itach äußerst ausfallender Weise, indem er der Frau nachrief: » «öscht drüben die Lichter sämmtlich ans und laßt mir durch das Mädchen den Schlüssel zum Laden sofort her übertragen." Bei den letzten Worten erschien in dein Gesicht des künstlich Phlegrnatisp renden ein völlig anderer Ausdruck. — Ueberraschung Zorn und Auflehnung spiegelten sich deutlich darin wider. »Nein, laßt nur! Ich werde das wie immer selbst besorgen!« erklärte er, sich » zur Ruhe zwingend, und schritt, bevor . noch die Frauen das Zimmer verlassen konnten, zum Ausgang. Er that auch drüben. wie Kardel ge wünscht hatte, schlosi die umherliegen den Papiere in’s Pult, löschte die Lich ter und schloß die Ladenthtire ab· Auch trat er, statt seinen Widerstand fortzu setzen, bei der Rückkehr aus Kardel zu, schob ihm die Rechte hinüber und sagte, als ob die Suche eine völlia gleichgül ttqe Bedeutung haben —- er wollte sie ihm dadurch anizwingen —- ruhtg, ge lassen und mit überleaener baltunat »Ich bitte! Lassen wir die Auseiw anders-inultum Es ist die Sache wirt lich nickt des Sprechens rvekth.'« Und Fortfahrend als Kardel zu seiner höch ten tieberrat«d)ttna nicht in die darge botene Hand einschlna, sondern noch immer mit derselben Miene dastand. »Wollen wir uns unnöthisi das Leder-. verbittern? Wir hckben dieselbenLebens ielel Wes lb wean eines Mißver ständnisses " cenen machen?« · »Ja —nein —- das aeht doch nicht ss),« entgegnete KardeL in dem ei heftig aus- und abwiihltr. »Ich will von mor aen an meine Geschäste wieder mehr selbst führen und Ihnen das anweisen. was mir geeignet erscheint. Sie lönnell sich, wenn unsere heutige About-unter haltung uns nicht fiir immer trennt« dann meiner Tochter mehr seidenen unt meiner Frau die Höflichkeit erweisen, Pelchft sie als Dame zu fordern sprech igti .« Einen Augenblick besann sich Le ak daz, dann jagte er, sichdurch den Hin weis aus se ne eben an den Tag ge ent Versöhnlichleit schon von vornherein ein Uebergewicht sichernd. in der Hi wohnten ruhigen Weise GMMMM »Ist-)