Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 10, 1898, Sonntags-Blatt., Image 12

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    Ein weltgeschichtlichez Dinka
Von Johannes schenk.
fooktsetzungJ
Jsm Palastbofe traten den Animu
menden Die Mrzöge von Nenwurs und
von Montpensier entgegen. Man er
fuhr, der König schliefe noch, und bis er
geweckt würde und bereit wäre, die Mi
nisterÆandidaten zu empfangen, ging
Herr Thieres mit dem Duc de Nemourg
nach dem Generalstabslocai. Er fand
daselbe den Marschall schon bei weitem
nicht mehr so zur-ersichtlich wie wenigel
Stunden zuvor. Bugeaud beschwerte
»sich bitter Tiber die unzureichende Trup
penzahh wie auch über den Mangel In
Munition und Proviant. Er war noch
nicht zu Ende mit seinen Klagen, arg-(
ein angesehener Fabrikant Herr Faus-t
oelle, begleitet von dem Bürgern-zehnf-l
fizier Kompon, athemlos herinstiirzte,l
mikhsarn die Worte hervorwiirgen): erf
tomme von den Bouleoards, rvo er den
General Bedeau und dessen Kolonne aus
gleicher Höhe mit dem Bymnase ange
sichts einer ungeheuren festen Barritade
verlassen habe. Er fügte ohne Um
stände hinzu, daß, falls der Kampf dort
beganne. derselbe ein sehr mörderischer
sein würde und leicht ein Aeußerstes, I.
h. den Umsturz des Thrones zur Folge
haben könnte. »Monseigneur« —-l
wandte er sich dann an den Herzog von
Remours —- »oereinigen Sie sich mit
mir, um sen Befehl zum Rückzug ver
Truppen zu empirten hat das Blute-er
gießen einmal begonnen so wird nichts
der Rache des Volkes eine Grenze seyen-«
Der Marschall, welcher schon den Mund
gckJffnU hatt, um den Sprecher auf gut
wachtstiibtsch anzuschnsauzenr unterließ
es, als er die bedenklichen Mienen des
Prinzen und des Herrn von Thieri:
wahrmhm, und zog die Beiden zu einer (
geflügelten Berathung in ein Nebenziw ;
mer. Das Resultat dieser Berathung J
hieß Ratt-geben Bugeaud händigte 1
dem Fabrikanten einen schriftlichen Be- !
fehl für den General Bweau ein undI
dieser Befehl lautete : »Mein lieber Ge- »
nera-l, meine Verfügungen haben eine
Abänderung erfahren· Lassen Sie das ’
Feuer überall einstellen und die Natio
nalgarde den Sicherheitsdienft überneh
men. Lassen Sie die Worte der Ver
söhnung vernehmen und ziehen Sie sich
gegen den Karoussebplatz zurück«....
Es war 9 Uhr, als Bedeau diese Ordre
empfing und sich über die Boulovards.
gegen den Kontordseplatz hin zurückzu
ziehen begann, weil er den Rückzug auf
dem Wege, den er getommen war, mit I
Recht für zu gefährlich hielt. Das
Nachgcben von Seiten der Gewalt hatte
also begonnen Zu spät !
Die letzten Zuckungen der
Monarchie.
Die Monarchie ging zu Grunde, ja.
Schon bröckelte unaufhaltsam Stein
nach Stein aus dem mit dem Mörtel
donquixotischen Doktrinärigmug gemaus
erten Gewölbe Ie- Louig-Philppismu5.
»Wir können nichts rhun«, hatte
Thiers gejammert, so lange der König
seine Zustimmung zum Programm des
neuen Cabinets verweigerte Aber was
konnten denn jetzt, nach erlangtet Zu
stimmung, die neuen Minister thun und
wag thaten sie? Nicht-.
Die rollenden Wogen der Flutd wa
ren nicht mehr zu beschwören oder auf
ziihalten Um llz Uhr besand sich das
Hotel de Ville, allzeit das Hauptniel
der Kämpferin und das Prätorium der
Siegerin Revolution, mit seinen Umges
bungen in den Händen des Volkes-.
Dann fiel auf beiden Seiten Jeg Flusses
ein wichtigerPunit nach dem anderen Tier
dorschreitenden Jnsurrettion anheim,
während da und dort eine Kompagnie
von Soldaten kapitulirte, anderkviirthl
ein ganzes Bataillon »die Gaoehrtolben ;
in die Höhe kehrte« und die Ueberreste
der am Morgen oon den Tuilerien aus
gesan«oten Kolcnnen miihevoll in die
nächsten Umgebungen des Schlosses
oder, wie von der Kolonne Bernqu be
reits gemeldet worden. nach dem Ein
trachtsöiplatze hin sich zurückzogen Um
das Schloß und den Kammerpalast her
schätzten sich die Ennvickelungsknioten
des großen Dramag vom 24. Februar ;
enger und enger. J
Um 10 Uhr macht Ach Etitette, eine i
letzte Anstrengung vor dem Königs-i
schlosse. Sie hat den Frühstückstisch
sitt die königliche Familie in der Gal
leeie der Diana regeivecht gedeckt unt-,
gchorsam ihren Wissen fischen die l
Wien die Prian unt- Prinzesq
sinnen zur Whiten Stunde sich ein.
Louiz Philipp ist sichtbar aufgeregt,
aber weit Wntqu ahnen, daß er der
leiten Mahlzeit der Seinigen in den
Tuilekien wssusiien im Begriffe sei. an
dem Augenblicke aber, wo der Ksnig
seinen Plas an der Inihstiickjtasel ein
nimmt und seine Familie mä her
Wichtr M um den Tisch sich
(
I
Conwtderatz fluthenoe Volksmasse
von am Eingang zum letztgenannten
Orte aufgestellten Municipalgardiften
empfangen wurde.
Wenige Sekunden Darauf treten die
Herr-en Remusat und Duvergiet mit
ver-störten Mienen ein. Die Königin,
bleich, die Augen durch Schxaflosigieii
getötet-eh Blicke der Beunruhigung und
des Argen-Ums unt-bemerkten ruft den
Eintretenden entgegen: »Mit sich etwas
ernsthafteres eteignet P« Die arme
Nichte einer armen Tor-te, welche Tante
in denselben Tuilerien einen Y. Juni
und einen 10· August von 1792 hatte
erleben müssen !
Der Ossizier legt die ganze Wahr
heit der Sachlage dar, oon welcher er
sich soeben mit eigenen Augen überzeugt
hat. Das Voll, so faßt er die Summe
seiner Nachweise zusammen, sei im Be
grisse des Stadthauses sich zn bemäch-v
tigen und wende draussichtlich bat-d auch
des Valais Rohal und des Eintrachts
platzes Meister sein. »Das sind Thatsa«
chen von größter Bedrohlichteit. Mal-.
darf angesichts derselben nicht zögern,
das für die Sicherung der königlichen
Familie nöthige und zwecidienlirhc
vorzulehren Dem Könige selbst drängt
sich mit einmal die ganze Furchtbarteit
der Gefahr aus. Es wird Befehl geges
ben, die Wagen in Bereitschaft zu sehen.
Jn der Gallerie der Diana oerblaßtc
jetzo s— es war 11 Uhr eine nacken
steise und grandezzahaste Aja Etiiette
mehr und mehr zu einem bloßen Sche
men und hakd zu gar nichts-. Denn
siehe, daf- grosze Chaos draußen fand
ein kleines, aberhinlänglich tumultua
risches Abbild im Innern des Palastes
und der königlichen Gemächer. Jeder
weilte austramen was er iiir weise
hielt, zu helfen wußte keiner. Bei oer
leidenschaftlich besagten Königin fand
der nicht so fast verwegere als vieiinebr
oerriickte Plan. die Tuijerien zu einer
bis aus die letzte Patrorse und bis auf
den letzten Mann zu vertheidigenden
Festung des iJulikönigthumZ zu ma
chen, großen Anklang ,,Zire'« sprach
sie ihren Gemahl an -- »,ziehen Sie
Jhre Unisorm an. steigen Sie zu
Pferde elttrisiren Sie durch Jhre Ge
genwart und Ihre Worte die Truppen
und die Nationalgarde und sterben Sie,
so es sein muß· fiir Ihre Ehre und siir
» Ihren Arn-n !" .
Die Entwicklung
Der arme alte Mann. dessen Hart
niickigteit binnen wenigen Stunden in
völlige Willenlosigkeit umgeschlagen war,
that. wie ihm gesagt worden. Er wg
seine Generalsunisorm der National
garde an, ließ sich das große Band der
Ehrenlegion überhangen ließ sich in Jen
Hof hinuntersiihren und dort auf ein
prächtig ausgezäumteg Pferd seyen, um
die aus dem Carrousselplatz aufgestellten
Streitträste zu »eldctrisiren." Aber, ach
Iie schlossen und betiimmerten Züge Des
langsam vorrettenden Königs waren weit
mehr geeignet, das Mitleid anzusprechen
als irgendwie und irgendwen zu electri
siren. Er traf zuerst aus das Bürger
trieghataillon von der l. Legion und
man empfing ihn nicht mit einem »ka
« le roe k« sontern mit einem »Vive h re
sorme!« Louig Philipp ritt zu dem Com
mandanien heran und sagte zu ihm :
» »Sie mögen Ihren Leuten die Verstehe
rung geben, daß sie die Reform haben
werden« Ich würde dieselbe schon srüher
s bewilligt haben, so ich gewußt hätte, das-,
- sie von »der Nationalgarde so lebhaft ge
wünscht wird-" Das Bataillon von der
1(). Legion erhob Denselben Retdrmrxii
nnd erhielt dieselbe Antwort. Als fid
jedoch der König dem Bntciillon von Ie:
4. Legion näherte, wird ihm der kroch
deutlichere Emsang ,,.f:lots die klie
form un: nieder die Minister !"
Louig Philipp wollte sprechen, aber Ge
schrei erstickte seine Stimme- Die Offi
lziere des Bataillong schwenkten ihre De
gen, Iie Gemeinen ihre ltjewebre nnf
Heide vereinigten sich zu Jem tumnltunri
schen und entschieden seindseligen Rus.
»Weder mit dem System !«
Das Schwergewicht dieser Deinen
stration siel wahr-hast drückend aus Jen
König. Was, seine getreuen »Epiciers«
verließen ihn? Wie, Ier ,,Bourgeois«
machte gemeinsame Sache mit der
Emeute ? Ohne auch nur einen Blick auf
die Linientruppen zu werfen, lenkte ee
sein Pferd um, ritt zurück und beim Ein
gang zum Papillen der Flora absteigend,
sagte er ausseteszend zu Herrn Thiers:
»Ach« ich sehe es wohl! Es gilt mit’
Alles ist zu Ende !«
Noch war es nicht, aber es qinq zu
Ende, rasch und immer rascher. Noch
eine Hans turze Weile und nicht meh
hcmdeie es sich darum, irgend welche-!
Widerstand gegen die Emeute zu verfu
chen, sondern nur dar-um, dem Geist der
Fee-enden und, wie man wähnte, rathe
rurftigen Revelutirn m entfliehen
(Der König dankt ab.
Ostieu dcch derweil die ReMlicnnee,
ermuthigt »durch vie glänzenden Fort
schritte, welche der Ausstand den Vormit
tag über gemacht. vie Entscheidungskarte
ausgespielt und schüttelten die Mrsel
zum großen Wurs. Inmitten des toben
ben Stoaßenlampses verstönbiqten sich
die beiden republilanischen Fractionen,
vie Bourgeois - Demokraten vom »Na
tional« (später vie »honetten« over
»klauen« Nepublicaner genannt) und vie
Sahn-Demokraten von der Reform«
(nachmals die »Rothen« geheißen). Die
Häuptlinge der letzteren waren aus dem
Redactionsbureau ihres genannten Or
gans beisammen. Dorthin kam Martin
(von Straßburg) ais Bevollmächtigter
der Leute vom National. Man wurde
rasch einig und schliissig den mit Be
siimmtheit zu erwartenden vollständigen
Voltssieg entschlossen zu benutzen, sie
siegreiche Revolution nicht abermal-, wie
Anno 1860 geschehen war, Inrch eine
Hand-voll Jntriguanten »escamotiren" zu
lassen und sofort die Mitgliederliste einer
vrvvisorischen Regierung aufzuietzen So
that man und tain aus folgende Namen
überein: Dupont lve l’6,ured, Arggo
lFrancoiS), Levru-.«)tollin, Marie. Mar
rast, Crernieux, Flocon Sowie-Pages,
Laniartinr. Blank. Der Letztgenannte.
Louis Blaue setzte, dem stürmjschen Vers
langen ver Vollsmasse nachgehst-in wel
chen er vie Liste vorlas, noch den Namen
Ieg »Arbeiter-« Albert aus dieselbe. Die
vereinbarte Liste wurde raick gedruckt und
in Menge in oie Stadt ausgeworfen
Sie verbreitete sich telegraphengesclnvinb
von Barritade zu Barritabe. von Fen
ster zu Fenster, von Straße zu Straße
und rrutre von oen tampferhitzten Blu
sen überall begrüßt nnd angenommen
mit oem Jubelruft ,,«.)l bag leg Vom
bonSI Vive la revubliaue !«
Er- ist nahezu Mittag Loiiie Philipp
sitzt oder liegt am Fenster seine-Z Caor
netg in einem Lehnstuhl umgeben oon
den Herren Thiers, Remusat, Duvergier.
Beaumont, Lasteorie und Anderen
Plktzlich ertönt das- Getnatter von Ge
wehrsalven aus der Richtung des Palast-l
Royal, wo der Kampf um das Cliateau
d’Eau wiederum scharf sich entfponnen
hat. Jn demselben Augenblick tritt in
höchster Eile und Aufregung Emile de
Girardin in III Cabinet. ein Zeiin be
druckten Popiers in der Hand.
»Was giebt eg, Monsieur Ie Gurt
din ?« fragt Louis Philipp. »Das-, Sire,
daß Eure Majestät eine tostbareseit nickt
verlieren läßt; soll-.- man eine Minute
verliert. wird eg- binnen einer Stunde in
Frankreich weder einen König noch ein
Königtlsum mehr geben« »Aber was
thun ? »Abdanten, Sire, abdanten
und zwar zu Gunsten einer Regentfchaft
der Herzogin von Orlean5. Hier ist die
fertige Proclamation, welche ich, umi Zeit
zu sparen, sofort drucken ließ Sie lau
tet: Abkunft-net Ieg Königs. Regents
sclpst der Herzogin von Orlean5. Auf
lösung Ier Kammer. Allgemeine Ams
neftie.'««
Soweit also war es mit dem »Salo:
mon des Juste-Milieu«, soweit mit dem
Zuste-Milieu selbst getomrnen, welches
alle die Zinteniften des ronstitutionellen
Schwindels mit Trompeten und Bauten
gepriesen hatten von Drin bis Bersedx ?
Ja, soweit war ei damit getommen, daß
ein Emile de Girardin welcher im besten
Falle nichts besseres war als ein publi
cistifcher Seilgouller, Simsenläuser und
»Ciertanztiinstler, zum Quasi - Dictator
sich aufwerfen und rnitteldseineg bedruc
ten Papiersetzens iiber das Schicksal do
Frantreich verfügen konnte.
»Wenn es so steht, Sire« - sagt der
Dur de Montpensier, ein Prinz vorn or
dinärsten Prinzenschlag und seinen Brü
dern in leiner Weise gleichzustellen
wenn es so steht, Sire, so darf lein Zau
dern stattfinden. Danten Sie ab l"
Und der alte Mann sagte mechanisch,
wie ein schon halb Versuntener, der sich
von der Strömung mit sortreißen läßt :
»Ich bin allzeit ein friedliebenIer Fiirst
gewesenW Ich Dante ab.«
Der General Lanmriciere wirst sich
aus ein Pferd um Diese Kunde weiter zrt
tragen. Der Bürgermelirofsicier Moti
ceau reitet mit ihm. Sie gelangen in die
Straße Richelieu und bis zum Noli-se
Brunnen, rvo eine Barricade Ehr meiteregs
Vordringen hemmt. Dort erblickte Mo
riceau Den Citonen Etienne Llroga
spricht ihn an und nennt ilnn den Namen
des Generals. Dieser brinnt seine Neuko
teit vor.
»Es ist zu spät !« sagt Arago. »Hu
spätck" entgegnet Lamoriciere ungläubig:
»Hu spät ? Man bewilligt lsprch Jie Re
form, man giebt Euch Die Regentschnst,
me wollt Ihr Ienn mehr Z« »Die
Renublit !« »Bah, welche Narrheit l'·
Der ungläubige General wandte sich
nach dem Palais Rand-Platz dort aber
erhielt sein Pferd eine Kugel in Ien Leit
und er selbst einen Bajonnetstich in den
Arm. Seine Friedensbotenrolle war also
zu Ende und er mußte froh sein, daß
mitleidige Seelen ihn nach Hause schaff
ten...
Alles verloren -- nisr nicht
VasGeltx
Um-12:30 Uer ging Herr Thiere
aus den Cawussellplatz hinunter, um
seinem Freunde Bugeaud zu sagen, wie
derweil die Dinge droben sich ent
wickelt hatten. Der eisensresserischs
Soldat, weledee wenige Stunden we
ber seinem kleinen Freunde geschrieben
hatte, daß sie beide »bemsen seien,
mitscmmen vie Monarchie zu rerien'k,
schrie sluchenv: »Sacre nein de dien,
so ist alles zum Teufel! Woraus der
Meine mit dem Rquteps: »Ja,
man hat uns eben zu spät berusen.«
Der Due de Nemouts kam, dem
Marschall das Kommendo abzunehmen.
was dieser rnit widerwilligern Benen
men geschehen ließ. Die beiden Eis-Säu
len der Julirnonarchie, welche »Hu spät
berufen worden«, dieselbe zu retten, dach
ten nun daraus, sich selbst zu retten.
Bugeaud übrigens ist martialtsch ge
nug, in seinem vollen Marschsallsanzug
langsam davonzareiten. Herr Thier
seinetseitb schlängelt sich zu Fuße durch
den Iuiletiengarten und über die Con- ·
cordebrüctc in’s Palnio Bourbon
hinüber.
Nachden. Nemourg den Befehl-: an
sich genommen, crdnete er on, daß die s
Truppen den Caroussellplatz räurnteni
und in den Tuilerienbos sich zurückzo
gen. Tu- geschebrn, schlossen sich
die Eisengittet des Palasthoses hinter I
den Soldaten Unteroessen aber gab;
eg ein großes Gestampfe und Gestaube s
in den Corridoren und aus den Treppen .
deH«Ecl-,losseg: Ier Vollstrom Der Rats-—
1e:.:.us:-iranderung ergoß sich. Der jetzt
mit Macht grassirende »Schlotter« mach
te Herren in llniformen und Hosröcken
nnd Damen in Seidenroben und Sam- ;
nietmänteln schaarenweise davongehem !
Bestürzung auf den Gesichtern und aus «
den Lippen den nicht mehr verhaltenen
Anastruft Alles ist verloren!«
Demzufolge hatte sich die Menge auch I
im königlichen Cabinet und in den ansto-« i
l
ßenden Salong beträchtlich gelichtet, als
die Botschaft dahin gelangte, daß.Gene- »
ml Lamoricäere verwundet und vom
Volke gefangen worden sei. Jn demsel
ben Augenblicke Schüssegetnatter aufl
dem Carc.zssellplas, wohin die Jnsurrec- j
ticn bereit-:- ibre Plänller vorgesands !
hatte· I.
Tiefe sahen eZnen Zug königlicher
Mistwagen welche aus den Ställen der
Rue Iaint Thomas du Loudre herbeik
ioklen worden, schossen darauf,»tödteten
einen Verreiter, sowie mehrere·Pserde,
und zwangen die Wagen zur Umkehr
nach den Remisen
Das Geknalle dieser Schüsse macht
die Prinzessinnen Schreckensschreie aus
stoßen Loui- Philipp selber fäbrt in
höchster Unruhe aus seinem Lehnstuhl
empor. Hereinstiirzt die Kleider in Un
ordnung und die Gesichtszüge in äußer
ster Fassunnslosigteit, Herr Kremieun
,,Sire, Sie haben keinen Augenblick
zu verlieren! Das Volk kommt! Noch
etliche Minuten und es wird in den Tui- »
lerien sein!«
Tei alt-» Mann sagt tein Wort;
aber er hastet sich, Ordensband und
Degen abzutkiun Dann zieht er feine
Unisorm mis, schlüpft mit Hilfe der
Königin in einen bürgerlichen Rock und
ruft suchend und zappelnd· »Meine
Uhr ? Wo ist meine Uhr? Ah. ich hol-.
sie ! Und mein Poeteseuille2 Ta, nehmt
mein Porteseuillek Und wo ist mein
Schlüssen-und ?« tstz war etwas wie
Wahnsinn in dem Gebahren nnd Re
den des Greises-, aber nichts vom
Wahns-ni- einee Lear, obzwar er wie
Leae ini dritten Akt hätte sagen kön
nen :
. . . · . . »Hier steif ich
Ein armer, schwachen alter, kranker
Mann. Dei: man verachtet«
nein, nichts vom Wahnsinn eines Lear,
wodk aber von dem eines Aktien
schwindlers. ilber welchen der Baute
rott iäblinge hereinbticht. I
Die Itrinzefnnnen brechen m
Schlictfzen aus- und die Kinder der
töniglichen Familie ftarren init ängst
licher Neugier auf das für sie unbe
lareiflirtfe Schauspiel Louig Philipp
I setzt lzaftig seinen Hut auf, bietet der i
Königin sen Arm, tagt flüchtig zart
Herzcgin von Lsrleangx ,,Helene, Sie
fbleiben herk« und giebt durch seinl
"Weggeben dag- Eignal zur Flucht
lVon Mitgliedern der Familie folgen
dein greifen Paare der Tut de Monti 4
penfier, welcher seine Fran, Die Izu-I
fantin Laifa Fernanda, dein set-use l
? der- Oerrn de Lastenrie über-giebt fer
fner die Herzogin von Jieinourö init
f ihren Kindern und der Print vonv
istichfensttoburg rnit der Prinzefsini
,ttleiiieiitine. feiner Fran. Mit gehen
Idie Herren Kreinieun Arn Scheiter,
i Laitenrie, lsiourgard Roger nnd La
l
valette. Jtationalgarden der l. Legion l
schließen sich ebenfalls dein Fluchtzug
an. irelctvser fo rasch als der alte Mann,
dessen dein völligen Bruche nahe phy
fifstze unt- moralische Kraft nur durch
die Seelenftärte seiner Frau notbdiirfi
tig aufrccht erhalten wird, zu gehen
vermag, die große Avenue dee Garten-Z
entlang eilt, — ganz wie ein Leichen
«ng der Julirnonarchiek
Jn der Mitte der Avenue iiberschlug
sich das Pferd eines reitenden Natiosl
nalgardiften und fiel auf seinen Reis
ter. »Mir-er junger Mann!" rief Ma
rie Arnelik aus. Louis Philipp aber:
»Schafft mir das Pferd aus dem
Wege !« Der Enttrönte pafsirte das
Gitter und betrat den Platz. Gesenk
ten Haupteg einherschreitend, bemerkte
er Blutsvuren auf dem Boden und
machte eine Bewegung des Abt-heut
Der Eintrachtiplatz war aber nicht so
still und leer wie der Tuileriengarten
In der Mitte standen dicht gedrängt
die Iruppen Bedeau’s, welcher General
in der peinlichsten Verlegth sich be
fand, da er seit Stunden ohne Befehle.
ja ebne alle Venachrichtigung gelassen
worden trat-. Eine zahllose Menge
tin-wogte die Tritt-den
Reugierige drängten heran. Er
schien nicht nur, dee König war er
tannt. »Mefsieurs, Schonung Gnade
file den König L« rief ein Ntirassieeosfii
stet
«Tie soll er haben, it sind teine
Wiese-; aber sM an und fort nett
ihm L« eine Antwort. welche das hun
dertsältige Echo sand: »Ja, schnell aus«
und sort mit ihm!«
Die Kontgin zog ihren Gemahl mit
sich fort, dahin, wo arn Fuße des
Obelist drei schlechte Einspiinner von
Miethtoagen hielten, genau aus der
Stelle, too vor Zeiten, in der Sprache
von damals zu reden, »La Saintes
Birge Guillotine« ihren Altar gehabt.
Der alt-: Mann ist jedoch von der
Angst der Gegenwart viel zu sehr er
füllt, um des Schreckens der Vergangen
beit zu gedenken. Er össnet den
Schlag eines der schmuyigen Fuhr
werte uno Inder dasselbe bereits rnit
Prinzessinne und Kindern vollge
stopft. »Heraug! Steigt alle her
aus!« rus: er, in der Selbstsucht des
Alters und der Furcht seiner so lange
und so vortrefflich gespielten Rolle ei
nes zärtlichen Paterfantilias ganz ver
gessend. Die Prinzessinen gehorchen.
Louis Philipp wirst sich hastig in den
Wagen. die Königin sslgt ibm, drei
ihrer Entellinder haben den Vordersitz
inne. Die übrigen Mitglieder der Fa«
mitie pressen sich, so gut es eben gehen
will, in djc beiden anderm Wagen; aber
die Prinzessin Clementine und die
Duchesse de Montpensier finden leinen
Platz mehr und werden durch die Her
ren Thieren und Lasteyrie aus der-Stadt
gebracht Die schöne Wnfantin ist eine
jugendlich muntere Dame. Sie fängt
an, die Sache ,,amiisant« zu finden,
und äußert gegen ihren Ritter Lasten
rie, das sei doch auch mal eine der
Rede werthe Abwechselung in der ewi
gen Langweile des Hoslebeng.
»Mein Porteseuillek Mein Vorte
seuille!« schreit Louis- Philipp aus
dem Jnnern des Wagens, selbst in
dieser äußersten Beklemmung seine
»Weit apietche« nicht vergessend
Herr reinieur schiebt die umfang
reiche Mappe mit Miibe durch die Wa
gensensierössnung und, im Besitze sei
nes Theucrsten, rust der Greis in
höchster Ungeduld: »Partez! Partei
donc! Partez vite!« Der Kutscher
deitscht aus sein Pferd nnd im Galopp
sliegt der Wagen davon, daß der flüs
sige Koth darob zusaminenspritzi.
ccilso verschwand des Roi-Renard
Majestiit nnd Herrlichkeit Im Juli
staube war er gekommen, im Februar
toth ist er gegangen. Derb wahr sagt
ein spanisches Sprichwort: »Auc- sol
ckem Staube wird solcher,Drecl!«
Tie Sieger im Königi
schlosse.
Ei war wirklich kein Augenblick mehr
zu verlieren gewesen, inzwischen waren
die Iuilerien eingenommen worden und
zwar durck einen simpeln Lieutenant
von der 5 Bürgerwebr-Legion, herrn
Musen-Etliche Als nämlich die Truppen
den Kaicusselplatz geräumt hatten,
wcr derselbe sosort von Nationalgarden
besest worden« Kaum war dies ge
schehen, ais nach Bewältigung des Cha
teau d’Eau die siegreiche Vollsmasst
mit dem Donnerrus ,,Tuileries !« iiber
die Rue Jiidoli gegen den Platz vor
brach und alsbald von dem Schlosse Te
sitz nahmen Und dort seierte der sieg
reiche Ausstand sein Triumpbbacchai
nat.
Nicht in Blut - die ruchlose Revo
lutron überließ dar- der heiligen Reak
tion, welche wenige Monate daraus ihre
rothen Orgien in Scene setzte, wohl
aber in Wein, den man aus den Kel
lern dessen berausholte, welcher davon
geaangen war, sein mit Wertbpapieren
vollgestopsteg Porteseuille unter dem
Arm.
ckg gin; lustig ber in diesen vergclde
ten Räumen, aus-s welchen Dante-Sti
tetäe mit dem übrigen Hofgesinde ent
ietz« entflohen war. Zerseblagem zer:
rissen und zertreten wurde manches
und vieles, gestohlen nichts. Es iit ac.
unmäßig festgestellt, ausz, obgleich am
Nachmittag und Abend dieses- Tages
allein an Nimm oder mehr bewaffnete
Blut-sen int Palast ans und eingin
act-, nicht«- von irgend nennenswertbem
Werth abhanden lam, das-, ein armer
Teufel, welcher eine Kleinigkeit sich an
aeeignet hatte, von seinen Kameraden
sofort erbarmtingglos aus dem Hofe er
schaffen ivard und daß hernmliegende
Siestbarteiten im Wertbe von mehr als
l Millionen von Proletarier-n welche
viel-Ieicht wenige Saus oder auch gar
temen in der Tasche ;)attest, gesamnelt
nnd an die Behörden abgeliefert sour
setk Aber die gutmüthig-spaf3 taste
Zieaessreude, welche anderwärts in
den Tuileiien tobte nnd tollte, wüßte«
dnrm d-: Genius eines Sbatespeare
oder eint-:- Kanlbach zu einem Bilde zit
saimnengcfaßt, einen weltgeschichtiichen
Carneval es war ja gerade tsarne
vol-seit darstellen, wie es einem
zweiten taum jemals gegeben hat. Ein
Schwarm von Gamins hängt ireudei
läutend am Zugfeil der großen Schloß
glocka während andere die rothe Sie
geefahne ruf die Kuvvel des Mittels-a
villons pstanzen nnd ihre Kameraden
aus der Vlatsorm des Taches den Kan
ian tanzen. Jin Garten. in den Hö
fen, in den Corridoren und Sälen tra
Öer unzählige Jubelsalvenz denn deo
noch vorhandene Rest von Patronen
mass schlechterdingi verbraucht werer
iet« hat im Schlafziinmer Louio Phi
lipp-.- einer über seine Blouse eine weiße
Sommettoeste des Cidevant-Roi ange
zogen und das Galaotdensband mit
den: Kreuze von Diamanten darüber ge
hängt, unt, also ausstasfirh aus Leibes
trosten und salenvergnügt auf einem
Wall-how fürchterliche Töne zum Fen
ster hinaus blasen. Dort steht eine
andere Bin e, angetban mit einein bro
latenen Schlafrock, mitten im Em!
"psangssalon des Her von Mont
pensier, die Marsei aise herktähenvl
und aus einer ausgetassten prinziichen
Bioiine schrecklich dazu geigend, wäh
rend Kameraden, mit anderen Artikeln
der herzt-glichen Garderohe hehange
um den Musikanten her die Karmag
nole springen ,
Es lebe die NepikhliU
Aber im Allerheiligsten im Tor-miss- (
—---— verhülle dein Antlitz, o Köhlerglaude
der Monarchie ! —-— du wird die purpurne
Throndraperie in Fehen gerissen und
wird aus einem der Stücke eine Frei
heitsmiihe gewunden, welche der de
Mittelpavillon des Schlosses gegenäbe
im Tuileriengarten stehende Sparta
tragen soll. Der Bürgerwehrhauptman
Dunoyer schreibt mit Kreide aus das Ge s«
simse des Thrones-: »Das Volk von P-:
ris an ganz Europa: Freiheit Gleich
heit, Brüderschast l« Ein BeisallssturM
macht die Wände dröhnen und die Drei-»
schiittern. Ein Proletarier springt au
den Thronsesseh wischt seine totliige
Schuhe an dem Sammet ah, schwing·
eine rothe Fahne und ruft frohlcekend
,,Vive la republique. ’«
Eine Stunde daraus, gegen 3 Uhr zus
ging ein phantastisch- bunter Fasching
zug von etlichen Tausenden vom große «
Vesiihul des Palastes aus durch den Tui
leriengarten nach dem Eintrachtshlat
und schwenkte von da aus die Boitlwardi"
ein. Voraus ritten ein Polhtechnikerl
und ein Student aus prächtigen Pferde
aus dem königlichen Marstall. Da
tam eine Reihe von Trommlern in Bür
gerwehrunisorm Hieraus ein starren
aus welchem die Trümmer und lieber-.
reste der zerstörten Herrlichkeiten deI
Thronsaals zusammengepackt waren, mi «
Ausnahme des vergoldeten Thronsesselig
welcher, von vier handfesten Blousen ge
tragen, über den Köpfen der Schaar ein
herschwebte Hinterher eine fröhliche
Menge. an den Enden ihrer Pilen Pur
putfetsen Brokatstiicke, Atlaslumpen
Hosuniformen und Livreen, auf der.
Spitzen ihrer Bajonette Fleischstiicke
Brothibr. Speckseiten und leere Fla
schen tragend, Witze reißend fingen
iohlend. F
Tag Ziel dieser absonderlichen Hirt-isl
ccssron war der Baftilleplatz, an web
chem so viele Traditionen der Bari-se
Unuvälzungen haften- Nachdem de
Zug Daselbst angelangt war, machte ers
Halt und bildete einen großen Rreiss
um die Julisäule her. Rasch tout
sodann am Fuße derselben ein Holz
stoß gechümtt Darauf warf man die
erwähnten fragmentarischen Herrlich
keiten und auf die Spitze der Pyrami
stellte man den Thronstuht. Jetzo war
unter Anstimmung eines beliebten Gas
senhauers auf den »Roi des agiotoirs
der Holzstoß angezündet Als die Flam
men den Thron ergriffen barst ein tau
sendstimmiges Gesauckge los reno lpch
auf schlug die schtvelgende Lohe.
Dass Königthum in Frantteich niqui
zu Ende.
Des Liberalismus Wonne1
M o nd.
Nur schnöder Undant tann teugnemi
daß der deutsche Liberaliömus —- d h
ider politische Ausdruck der besitzende
und gebildeten Mitteltlassen also de
Bourgeoisve, denn man sann dies
französischen Begriff nicht Umgehen -
im Frühling und Sommer von 1848
der Schirm und Schild der Dynastien
der Retter des Wdelz und der Kirch-s
gewesen ist. Allerdings war er da -s
nicht aus purer Großnrutb, Denn os«
Liberalismus ist Mut-erst Geschäfte
niann und dann erst Mensch und Pa
triot. Er unternahm also sein Schirm-,
Rettungs- und Vermittelungsges «
zunächst nn eigenen Interesse, d. b. ums
sein-« bisherigen Bestrebungen in gesetz
mäßig festgestellte ,,Errungenschasten««
umzuwantelnz aber er führte das Ge
schäft, wie zu seinem eigenen Vortheil,
so auch zu dem feiner Lilienten der
Fürsten, der Edelleute und der Priester-,
eifrig, geschickt und redlich durch. Die
ses gethan, konnte Ier Mobr nicht nur
»geb,en«, sondern tvurde auch mit Fuß
tritten »von mnnen gegangen«, mit so
brutalen Fußtritten daß einer der Libe
ralen nicht hauptmacher, aber Haupt
schtväher. ein gewisser Beseler, Itch nicht
enthalten tonnte, den Schmerzensschreii
auszrrstoszen: »Man behandelt und-l uni
menschlich !«
Fortsetzung folgt) J
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ssjolpdergs »Sie wollen meine Tochter zu
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Freien »Ich habe mir lelvec gleich gioachh
Oel-r molk-verg, daß ich Jlmeu zu arm ielni
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Molvhekgr »Damit se ncrln glaube-h der
reiche Goldberg las-se auf einen reichen«
Zchsgiegeeioha eelleclikeu. sollen öe meine
Reimen haben, Se frecher Mecplchks .
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V, diese Linden
Hen- ldek iu Beil-up im: »Im-sagend te
Seel-, ich hol-e meinen OCIIIMlWel penT
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han- lSohn des hause-l- »Mcchen -
doch lo wie mein Pape-, der beieltlgl l«
MsIHfCIlllssel lnnuee an set Uhr-leites
Llus Ieise-en- slalukgelelncln
tin-ein Nullayp
.3a unseren Wäldern lind viele Linsen
yet-miss- Dle gewöhnlichen schaden dem
Maus-en nicht-. Sind He aber verspeisen-eh
hdllzien lle Kreuz-merke und denn werden sie
A HI-«
Pforten Mut nw gleich verzweifelm
meine llebe Frau cleebcueh vielleicht winlt
doch nah elnmal Ihrem Manne do- Glut-.
Uueelnt Allen-se nut- ielel net Mutes
ehst, den Platten-, mef Alter lanu net leoy »
sen, et hiM Bad-gew- -