Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 20, 1898, Sonntags-Blatt., Image 12

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    Evas Liebe.
Novelle von Idele Hindert-nun
18. September 1895.
Liebe Liefe!
Warum bist Du erber auch gerade
fest nicht hier, es ist empörendl Jch
brauche Dich nothwendig!
Ghin Gott, einem Menschen muß
VI doch sagen können, wie närrisch
g iicklich ich bin. Jch lann mich doch
nicht gut auf den Bello-n stellen und
von der schwindelnden Höhe herunter
rufen: »Hört mal, Leute, wißt ihr auch,
wie schöni sdie Welt ist?'·
Alter Wahrscheinlichteit nach wür
de mich der Nachtwächter einfach we
gen rtthestiirenden Lärms anzeigen.
voran rsetzt, daß er mich nicht über
haupt ür gestört hielte.
Denn so etwas finden die Leute ge
stört; ich finde es natürlich. Nichts
mehr und nichts weniger.
Alber habe keine Srrge, ich thue es
nicht.
Jch hole mit, im Gegentheil, ganz
still Feder, Tinte und Papier, und da
sif ich nun um Mitternacht, zur Gei
sterstunlde und schreibe an Dich·
Jch kann ja doch nicht schlafen;
ma es auch nicht.
« ei Stunden habe ich schon aus
meinem lleinen Ballon verträumt, bis
der Mond immer höher gerückt war
nnd das grünliche Schieserdach unserer
lieben alten Kirche driiben ganz in
Silber getaucht butte, saß da still und
stumm Und beschäftigte mich damit,———
glücklich zu sein«
Ja, mein Lieselchen, aus demselben
Fleck, wo ich im vorigen Jahr manch-»
mal so toldestraurig gewesen. ;
Weißt Du noch, als Dsu noch hierz
warst — weißt Du noch den einen
Abend? ;
Wir beide, Du und ich. saßen auch
aus dem Balton im Dunteln und er-»
zählten tin-s dies nnd das und lachten
mild machten viele gute und schlechte
Witze; und mir liefen immer die Thra
nen aus den Augen, weil ich so unsäg- «
lich traurig war, wegen eines gewissen
Jemand-, der auf unbestimmte Zeit eine
Reise eingetreten hatte: Du aber solltest
ten-d konntest es nicht sehen; es war ja
auch gans dunkel, sc- ein schmälen
dustschwerer Juniabend mit schwar
zem Himmel. s
Da, mit einemmal, mochte ich Dir
doch wohl etwas wunderlich vorkom
men, genug, Du bieltest inne. mitten im
Lachen, tastetest nach meinem Gesicht
und fühltest, ehe ich es hindern konnte,
meine naßgeweinten Angen.
Ach, weg damit: das war damals-—
damalst Das liegt ja zurück um
Ewig-leiten
was denke ich nveryaupr oarant
Fiir clles Trüb-e was ich ie erlebt
Piir iede set-were Stunde meines Le
kens bin ich » tschäviqt, überreich
cheDii wirst söckeln übe: rnickn eine sol
cheJubelcantate von ein-r junan
Braut. d. h einer siifchurebasimen läßt
man sich allenfalls qeseullen aber von
einer alten -—— und wenn man schon
drei Monate verlobt, ist man doch eine
alte Braut —- da ist«-Es komisch nichts»
Aber auch viel ernster zu nebmenI
das insußt Du doch einsehen. Als
läckile lieber nicht. !
Siehst Du ich war wohl zu glücks
urgrwMt, als daß mir das Glück, als
es zu mir kam, so bald etwas Alltiig
liches liötte werden können. j
Mit jedem Tag ist mir’s wieder nein
Nein jeder Tag ist herrlicher noch, als
der vorhergehende
Ach. Liese ich hcsbe es ja nicht ge
ahnt, daß die Welt so schön sein kann.
Mir thut jeder Mensch leid, ver
nicht ich ist.
Jch frage mich, wie es mir über
haupt möglich gewesen ist vorher zu
eristirem
Ich rechne immer nur: vorher --——
nachher Eine andere Zeitbeitiinnmnsi
bcibe ich nicht mein-.
Und manch-mal packt mich Das Be
wußtsein meiner qfiickieliqen Existenz
so besonders daf; ich auf Die Kniee
fallen möchte und iaoem »Herr Gott,
ich danke Dir.«
Nein, nicht nur »m":ichte.'· Dir tonn
ich’to ja sagen, hierüber lächeist Du
nicht, das weiß ich; ich shall-: manchmal
wirklich
Wo ich gerckoe bin: osb ich durch ein
Zimmer schreite, oder am Fenster stehe
und in den blauen Himmel hinein
schaue, gleichviel. Eine Kirche brauche
ich dazu nicht. Das weißt Du ja.
Sieh und solch ein Tag ift heute
Jch meine, so schön war doch noch tei
ner. und —
Nein, nun will ich aber endlich auf
realem Boden bleiben: schwör-ne Dir
Da vor. wie ein Backfisch, ich, mit mei
nen fünfnndzswnnzig Jahren: das hät
ten roir uns auch vor einem Jahr nicht
träumen Mien, wie?
Also von heute wolli’ ich Dir erzäh
len. ’s ist eigentlich menichts Beson
deres gewesen, nur so ein herrlicher
Septetnbertag mit tiefbiemem Himmel,
bunten Mit-end blühendem beide
keaut nnd reifen Brot«-beeren
Nun merkst Du [chon, das-, wir nicht
in der Stadt geblieben M. Du er
räthst auch, wo wir gewesen? In der
West-Heute natürlich
Unser ganzer Kreis: Feen- Boden
ootff,.m beten Saion wir uns damals
kennen lernten. mein Willy und ich;
die kleine Elle Asdent-seit die fett
aus der Pension zurück ist, Willysi bei
·- de Tauten, Dr. Amt-recht der nett
akk « »m- « i.
. « Menan m »Es-W
- w noch in einemsäzeiartäeäisäer ersten
CHMHMYMTFCYFFOFEFITM
ig- isse W· m viere -
städtische Vorliebe fiir den Sonntag;
es liegt dochso etwas Feiertägliches
in der Luft.
Wie wir in den Brombeeren umher
gekrochen findt Alle miteinander, bis
wir gar-g rothe, zerstochene Finger hat
ten; un waren so fröhlich, wie die
Ein-den so, weißt Du, wie man nur
ksein dann-. wenn man den weiten
kblauen Himmel über sich und tausend
Blätter und Blüthen um sich hat.
. Nun. das kennst Du ja alles vom
vorigen Sommer. Erinnerst Du Dich
fauch noch an die gewaltigen Schimm
lwttescbkksde iw der Man-schenke an vie
izudringlichen Hühner, die iemner und
limrner wieder gesiittert sein wollten,
Jan die -däuerliche, gemiitdliche Bedie
Jnung und die gräßlich undequemen
Jsestgerammten Holzbärrkh die so weit
»dem Tisch abstehen, daß man kaum
sein Bierglas mit der Hand erreichen
kann?
Nebenbei gesagt, der große Nagel,
an dem Du Dir im vorigen Jahre
Dein neues nwtineblaues Kleid zerris
sest, steht immer noch aus dem einen
Tisch heraus.
Und rings herum um diesen Wirthe-·
hausgarten mit den bunten Blumen
beeten der gewaltige. stille, herrliche
Wald!
Ja, es war schön!
Unddoch schöner, als der ganzeRach
mittag, war sie leßte Viertelstunde —
es kann auch wobl eine halbe gewesen
sein —- als sich am Osttlwt die Ge
sellschaft getrennt hatte und er mich
nach Haus begleitete.
Als die le te Psdrase verklungen,
Willy seine let e Verbeugung gemacht,
ich den letzten händedruck mit den Da
men ausgetauscht hatte, als wir end
lich, endlich zu einander wieder »Du«
sagen durstenl
rrgott, welch’ ein Moment.
iese, glaub« mir. ich batb’ es nicht
gewußt, daß ein Auaetwlick solch’ eine
Hisiille von Seligkeit in sich schließen
ann
Und er zog meinen Arm durch den
seinen, und wir gingen langsam, lang
sam unsern Weg.
Machten auch ganz kleine Schritte,
um nicht aar so rasch in der Garten
straße zu sein.
Wir hatten uns ja auch so unend
lich viel zu sagen und Eindrücke mit
einander auszutauschen. Denk mal,
was ihm schrecklich ist« ist auch mir un
erträglich, und was er liebt. das habe
ich auch so besonders gern. Und das
muß man sich doch sagen und sich im-»
mer wieder von neuem darüber sreuenu
Daß gerade wir zwei uns gesunden
baten! Es ist. wie ein .holdes Wun
den«
Jch grübelte manchmal, wie es nun
sein wiirda wenn wir uns nicht len-1
nen gelernt hätten. wir wären fremd»
an einander vorübergestreist und gin-»
gen uns nichts an —- nein· das dars:
ich gar nicht denken, wenn ich mir diese
Möglichkeit nur ver-gegenwärtige so
scha1-dere ich; es ist, als ob eine
schwarze Wolke plöylich vor mir aus-H
stiege, und ich habe das Gefühl einer;
schweren Gefahr sehr nahe gewesen zu;
sein« !
Gott sei Dant, daß es so gekommen
ist« wie es ist! i
Ich muß es wieder nnd wieder
soaen.
Wie eine warme Welle ikberflutht
mich manch-mal dieses herrliche Glücks
gcsüish wenn mit pliihlich wie etwas
ganz Neues wieder zum Bewußtsein
trinint. !
Liesc, einein Menschen aus der wei-«
ten Welt das Liebste zu sein, sein
garzes teiches Geistesleben mitzuleben,
seine Freuden und seine Sorgen zu
theilen —- et ist ein großes Stück irdi«
scher Glückseligkeit!
»Ach und diese lieben. kleinen Sor
gen manch-malt
Auch die tleinsten muß er mir beich
ten, ek- liiszt ihm ja doch nicht Ruhe
eher. und der det undefinitbare. tleine
Verdrießlichleitözug in seinem Gesicht
entcetn mir nie!
Und wenn er fiel-? dann vom her
zen gesprochen hat« und ich brauch’
ihm nur ein oaar liebe Worte zu sagen,
damit das Fjltchen verschwindet, und
die Sonne scheint wieder, sieh, dann
rauschte ich rnit teinern König.
Das Gefühl dieser Macht über ein
Menschenherz ist ja so berauschend
schön, isi wie ein Götter-geschnit, unver
dient und siirsilich groß.
Du kennst mich nicht wieder, wies
Jch glaube, ich bin auch eine anz
andere geworden. habe ost meine iebe
Noth, ein notnuil herniinstiqes Gesicht
zu machen; ich tara-te in unoewachtm
Momenten lächkle ich manchmal so still
selia vor mich bin.
Mein Gott. wie ich das albern ge
sunken hätte, noch vor kurzem!
Ja, vorher!
Saa’ mal, Du hast mich ja damals
geiamm wie war ich eiaentlich? Jch
ifcbe ein ganzes Vierteljahr-hundert
gelebt, meine Tage verbracht und bin
doch gewiß auch manchmal recht froh
und vergnügt gewesen. Ja sogar über
niiittzia zuweilen.
Das kann ich Zeus nicht nnhk bes
gteifen, Jch frage mich immer, wie
hab’ ich solch ein Dasein ertragen tön
nenik Lohnte ei sich. des Morgens auf
zustehen und an seine Arbeit zu gehen,
den Tag »weaznleben« und morgen
loieiet ebenfo anzufangen? Lohnte es
sich zu leben überhaupt?
Wie balde ich das nur ausgehauen?
Bin ich denn blind gewesen? Es fehlte
mir ja nicht mehr wie alles!
Wenn ich die Eva von heute und
die von damals betrachte, so ist das,
als wenn ein Millioniit sich lächelnd
an die Zeiten erinnert da et noch ein
so miser ten-fes me. — ’
Ach, Lief-h l· bin doch ein biMl
besckäimt, dass ich Dir all dies conxuxe
Zeug vorgeschwatt habe, aber ie
solch einsames Menschenkind wie ich
it: :r.-er gewesen din. das kein Eltern
intui- lennt. nicht Vater und Mutter
Hhr hat« aucb keine Geschwister, in
Instituten großes-worden und von
bezahlten Leuten erzogen wurde, das
den Begriff »Heimattl« nur dem
Namen nach kennt, solch eine empfin
det zelkrscckn was es beißt. ein »zu
Hause« sinken.
Natürlich schüttelst Du biet den
Kurs iiber das »zu hause« und meinst,
das-« hat doch noch gute Weile, za
niichst ist man doch nur ersi heimlich
Verlobt!
Ja, mein Kind, da hättest Du ja
sehr recht. trenn man unter dem »zu
Hause« eine gewisse Reihe Zimmer mit
einer gewissen Anzahl Bläsch- Möbel
versteht
Sieb, mein »zu Hause« das ist er,
seine Gegenwart, ja seine Existenz
überhaupt Das ist mir wie Vater
und Mutter. wie Elternbauå und
Heimatby das ist der Platz, wohin
ich gehöre, wohin ine Gedanlen flie
gen, jede Minute. o ich «-- zu hause
bin.
Und wenn ess- regnet nnd ftiirmt
und ist kalt nnd häßlich, und mein
Willn gebt neben mir und hält nur
nteine .s,)and.s oder er toinmt mit der
bewußten Miniatursalte aus drrStirn,
die er weggetriistet haben möchte, dann
bin ich zu Hause, wo es aual gerade sei
und wenn ek- aus der Straße ist.
So, jetzt aber genug hiervon; Du
wirst ja denken. ich bade sur tein ande
res Wesen aui der Welt mehr Inte
resse, als siir ihn.
O nein. mein Kind. Dei-: Platz in
meinem Herzen ist der alte geblieben,
das glaube mir. Wie ask del-le ich
noch an die lustigen Zeiten, alz Du
nach hier warst. ijxch meine, H Ren-H
sionai ist ein gar-i andere-·- Leben gen-c
sen, als jetzt. l
Meine augenblickliche sti: innern. il
darin ist eine Pianistin. Sie iibi zum
Betsweiseln fleißig. Ach, Du mit Dei-l
net iautlosen Vinseltunst dogeaenl i
Uebribaurt ich bin immer nIch
wiiibend aus jede die in Dein ehe-;
maligeil etilnmer giebt
Die Berbindunaetbiir die wir beidei
damals als unsere stuneiguirg ur«
innicen Freundschaft wuchs, ein iiir
alle Mal ösfneten und deren Schlüs- l
sel wir mit einer blauseidenen Schleises
an die Wand hängten diese besagte
Ttliir ist und bleibt seit verschlossen,s
seit Du srit bist. .
Aber die blaue Schleife Hals ich
noch, sie weckt mir tausend Erinne
runcen an die vier Monate die Du
biet verlebtesi und als Professor TeH
des eisrigite Schülerin illtäglich iml
Verein mit den zehn anderen Damens
studienbalber die Umgegend unsicherl
machtest s
Wie da-. alter deutlich vor mirs
stellt wenn ich nur die blaue Schleise
ansehe! ·
Und doch habe ich Dir io lange gatl
nicht geschrieben! meinst Du Hinweis-l
voll.
Ja, da hast Du recht, es isi nichh
schön rcn mir. Die in aller KürzeJ
beinahe im Devtichenitil meine Vet
lobuna anjuiundiaen und dann drei
Monate act-nichte- inein von· mir hören
zu lassen. (
Nun, das soll ieyi anders werden
Das beißt, ob’s für Dich ein Ver
gniigen sein wied, Dich durch mein
eistlrses Geicheeibiei durchzuwinsl
den -« «
Du siehst ja, wie ichwahhaii ich
nettes-even bin wenn ich eine Fevek in
die Hand nehme
Jetzt fallen mit aber wirklich dies
Augen zu, und ein kühiee Rachtwind
rauscht durch die offene Thür. !
Gute Nacht, meine Lief-, ich grüße
Dich innia Deine j
Eva. j
. V. S. »
Jn diesen Taan soll eine kleine
Verwandte Willre Couiine im Zwei
ien Geade, staats ich, auf einige Zeit
hietlfee kunnten. uin sich eine Summa
»als Stütze der Hausfrau oder so etwas
zu suchen. Ich bin neugierig auf sie »
Aiilly sagt, sie iei ier hübsch, sehr
nett und sehr aetn Eine von sechs
Geschwister-i und der Papa plöslich
!gestrrben. Sie hat ichon ieti mein
Jana-es Mitleid-. Sie wird übrigens
bei den Tanien wohnen. »Nun aber
lentgiltia Schluß!
Z
» Montag« 26. September 1895.
Meine Lieer
Sieh das ist so schön an Dic, daß
iDu garnicht empfindlich bist und nicht
Gleiches mit Gleichem verailtst. Nan
»znsei Tagen schon eine Antwctt auf
meinen Brief —— wie ich mich freute!
IUnv um diejequ recht bald zu wie
teislwlen ialfo aus schnöder egoisti
scher Berechnuna!), verfasse ich schon
rfo bald wieder ein Schreiben an Dich
»denn Auge um Auge. Hahn um Usaljn
Brief unt Brief
Alyscheulich bist Du aber doch:
.Weil die Abenbe jeßt fchIn so lang
sind und man noch nicht recht weiß,
Irie sie ausfüllen diesem Umstande
terranle ich wohl das Veranüqen,«von
Dir inal wieder ein Lebenszeichen zu
belkrnmen?« Es ist empören-, aber
—- zum Glück — Du glaubst B ja sel
ber nicht!
lustiges-T was die lanaen Abende
anbetriffi, da haft Du recht: erst als
ich's in Deinem Brief las fand ich,
dass ei mir unbewußt schon lön er
an gefallen. welch ganz anderen C a
ra tet sie Tage fett haben. "
Es ist etwas daraus verscknvundemi
i
Hund sie tragen ein anderes Gepräge,
Itrosdein es noch warm ist und schön.
Aber er ist nicht mehr wie sonst.
Irr Tag. an dem ich Dir den langen
HBrief schrieb, er liegt laum eine Woche
»znriick und trch —- ach. den möchte ich
znoch einmal wieder baden. wieder erle
;ben, vcn Anfang bis zu Ende. So
sschön -— ich meine so sommerlich schön
TO ist feine-. mehr gewesen.
s Es ist überhaupt komisch trie meine
FGedanien immer wieder zu diesem acht
szchnten September zuriicklehrem War
lumck -ch habe ernstlich darüber na -
jgedach « weil ich mir die Thatsache ni- i
ierklären lonntr. Ader die psischologi
schen Beweggründe —-- Du rennst ja
meine Gewohnheit. danach bei jedem
Ding zu spüren, ich be bis heute
nicht inden können. Jt ja auch ganz
unwe entlich im Grunde. —
Schrieb ich Dir eigentlich im vori
gen Bries, daß Willys Consine nach
Berlin tommen würde. um —- ja, ich
erinnere mich jetzt, ich erzählte es Dit.
Nun, die Kleine ist inzwischen ange-»
langt. s
Ein liebes herziges Geschöpf von 17 -
Jahren, mit großen duntlen Augen«l
Madormensrisur und einer sast tla i-:
schen Nasen-— und Stirnbildung. ch;
din einsach entzückt von ihr. ,- ins
Veilchen .'· dieser abgebrauchte Ver-;
gleich drängte sich mir unwilliürlichs
aus, als sie so vor mir stand in ihrems
etwas tleinstädtis gemachten KleidI
ron schwarzem Ka chmir. Du solltest
sie sehen!
Jch lernte sie vor ein paar Tagen
lennen; wir machten eine kleine Dam
pserpartie nach Oldenmiinde. unser
ganze Kreis-, dem sich diesmal au die
Tanten mit Gretchen -—naiiirlich ißt
sic Gretchen, die kleine Cousme —- an
geschlossen hatten.
- , so, diese verwandts·chastliiis,ert1
Beziehungen mich ich Dir erst mal klar»
machen. Also liöre und paß aus: Dies
Tanten. von denen ich schon mehrsachs
sprach, Schw?«"gerinnen von Willysl
verstorbener Martia, sind zwei älteres
Damen, von denen die eine Wittwe ei-1
nes Gnmna ial - Direktor-, die anderei
ein unverdeirathetek Fräulein von et
wa 37 Jahren.
Damit hätte ich das »wer und wasl
sind sie« beantwortet. Das »Wie« fällt
mir ungleich schwerer.
Es gebt mir damit eigenthüumlich.
Kennst Du das Enrpsinden Menschen
gegenüber-, deren Vorzüge und Tugen
den man nndedenllich anerkennt nndl
anerkennen musi, denen man nicht-J
absolut nichts oorwersen tann und diel
man doch mit dern besten Willen nicht:
gern haben lann? s
So geht es mir mit den Gotthels-i
schen Damen. Gerad’ heraus gesagt
ich mag sie nicht. Dar- ixt unrecht,
ja ich sage ej mir selbst un doch —
ich iann nicht anders-. So liege ich mit
mir im Kampfe ,
i
Ich · laube, daß beiden einen anstän- !
digen zharatter haben, ich weiß, daßi
sie wohlthätig sind, es giebt in ilyremk
Leben teinen Flecken, teinen Schatsl
ten, es ist alles veogrammniäszi ge-·
gangem sie sind immer im Gelei e ges: I
wesen, sie baden nie angestaszemsie wer- !
den nie ausfallen, nie-etwas thun, was«
auch nur im geringsten von dem allge- I
mein Ueblichen adwiche -—- lauter Tit-« I
genden, aber sieh. Liefe, so viel Tugen- ·
den tann ich nicht ertragen! Ob ich
will oder nicht —— ich böume mich da
gegen ans. Sol e Geradlinigteit wirkt
aui mich heän tigend wie eine lange
Reihe heißer Sommertage mit ewig
ablauem himmel; ich tann ihn schließ
lich nicht mehr ausstehen, diesen blauen i
himmel!
Nun lasse ich ja den Damen gern;
ihre Eigenart, denn die ist genau sos
berechtigt wte die meine unsd tausend·
andere; nur dasz ich als Wilth Brauti
damit sehr zu rechnen habe.
Er verkehrte in ihrem hause wie ein
Sohn,deshalb kann es mir nicht gleich
gittig sein, wenn die Menschen« die ihm
außer mir am nächsten stehn. meine
Antipoden sind. Und das sind sie.
Sie mögen mich auch nicht; ich fühle
es deutlich.
Und ich degreise das vollkommen.
Wie sie nun einmal sind. tann sie
eine Natur wie die meine nicht sympa«
thisch berühren. (
Jch bin nicht im Geleise. schon durch .
die Thatsache, daß ich seit meinem 12.j
Jahr verwaist und gezwungen bin, ins
Pensions-ten zu leben. Mein Leben hats
nicht den programmgemässen Verlauf
enommen, wie das anderer jun ers
iidchem ich hin nicht religtss in his
rem Sinne, ich qeve allein in Theaters
und Konzerte, einerseits, weil mir mei-« l
ne Monatsrente von lntnbertvierzigl
Mart nicht den Luxus einer beständi-i
gen Gardedame erlaubt, andererseits.
weil ich in meinem Alter diesen Schu .
nicht brauche ; ich spiele Violine ; icg
habe einmle gesagt. daß die Unterhal-(
tung rnit einem intelligenten rn mir
lieber wäre, als ein Damen assee, ich
wache teine unnützen weiblichen nbil
arbeiten; außerdem haben sie mi auch l
in dem Verdacht, daß ich nicht lachen
kann ——- genug. solch eine Existenz wie
die rneinige muß ihnen unverständlich
und unbeauem sein ——· eine Brücke giebt
es zwischen Uns taum. j
Wenn sie nun noch wüßten, mein:
Lieselchesh daß Du Und ich im bergan-s i
genen Sommer manchmal Cigarrerten
getaucht haben, und das-. ich -—Willy3»
heimliche Bran bin! ;
Uebri ens, Win hat seine Tanten’
gern. attirlictilt Man verhärschelt
ihn dort, und das bleibt aus einen
Mann nie ohne Wirkung.
Alles ini Gotthels’schen hause dreht
sich urn ihn, jeder thut, was man ilygi
an den Au en ablesen kann.
Nun, i steue ini ia, wenn man
ihm Liebes erweist, a r ich asnne es
f »
niemand, ihm etwas sein zu dürfen.
Und darum-Dir gestehe ich es ganz
«allein——darum linsse ich die Tanten
n-anchmal.
Bitte sei still, ich weg genau was
Du jetzt sagen wiasii u wikkft mit
« einen Deiner bekannten spöttischen
Blicke zu« die deutlicher als-Worte »aber
«Eva!« sagen. Und ich antworte Dir:
.,,ja, da hast Du recht. Eine derartige
,Eisersiichtelei ist einfach lächerlich« —
’un-d bei der nächsten Gelegenheit basse
»ich weiter. s
Nun aber genug von den Tauten»
Von der kleinen Greie wollt’ ich Dir ja»
erzählen. s
Win war ebenso überrascht von ihr,
wie ich; denle Dir, auch er hatte sie, das
ihre Eltern im Elsaß lebten. früher nie
gesehen. «
»Sie ist ja entzückend,« rannte ich
ihin zu.
»Famokl« sagte er ganz stolz.
Und darin bewunderten wir mitein
ander alles, was hübsch an il,r ist: ihre
zierliche Figur-, ihr dunlelblondes haar
und die Augen mit dein kindlichen,
fiagenden Ausdruck.
Wir bewunderten zusammen, sagt’
ich. Jch lonstatire dies extra um Dir
zu beweisen, wie fern ich im Grunde
Von aller Anlanae zur Eifersucht bin.
Bitte höflichst hiervon Notiz zu neh
men, meine alte Liese mit dein spötti
schen Blick!
Riibrend koar es, was Willy alles
aufstellte, um die kleine Fremde-denn
fremd war ie selbst ibreii Verwandten
noch « aus uheitern; er tollte herum!
tisie ein groäer Junge und umgab siei
zugleich mit einer herzlichen Fürsorge,i
wie ein alter Vater.
Sie ließ sich seine Freuiidli.1;·.eiten
still liicklich gefallen nnd verfolgte sci
ne estalt mit ihren Blicken, wchin er
seli- auch wandte.
Bald schien sie sich überhaupt auz
heimisch zu fühlen in dein neuen erei
se; wenigstens lachte sie zuweilen so
aus-gelassen fröhlich, dafi Tante Mir-(
thilde ihr —- iii Rücksicht auf ihr Tun-I
ertleid wahrscheinlich ——— init den Au
gen zuziointerte (
Jch sah es, und es ärgerte niich so
furchtbar Jch haßte diese Tante Ma
tbilde init dein kalteq teinen Wider- !
spruch duldendeii Blick in diesem Mo
ment. i
Anstatt dein lieben Gott zu ranten
wenn das junge Geschöpf, da soSchwes
res erlebt und einein wahrscheinlich
recht sonnenlosen Dasein cui-regen
geht, noch so herzlich lachen kann.
Ich glaube, Gretchen empfindet es
ioo l daß ich ihr .nit Theilnahme und
Freundschaft Heaeniibertreie Aber d .;f;
ich in ihren singen nach einer möglichen
Aehnlichkeit niit Milln suche und in
der charakteristischen Form der Augen
brauen auch schon eine gesunden habe,
das braucht sie ja nicht zu wissen. ;
Nun habe ich ihr Gesichtchen doppeltl
lieb, und sehe sie gern laiirie an. Jst El
doch ein llein wenig Voii ihini
Sprechen hört man sie ioenia, sie
lächelt aber oft; ioobei sie sehr lieblich,
aber auch hilflos und schüchtern aus
sieht.
Es ist geradezu sinnlos, da dies
»Veilchen« ten Kampf uin H s sein
aufnehmen soll! Es fehlt ihr glaube
ich dazu nicht uiebr, als alles.
Jch rege mich auf sur das tiind, es
macht rnich traurig, daß sie von dem
Schicksal gerade so, und nicht anders
gestellt worden ist ich fühle ini Voraus
die tausend Kämpfe und Vitteinisse,
die ihr bevor-stehen und denen sie nicht
genas-ten sein wird. i
»Sie ist ein nettes, siitlesz bescheide
neb, junge-«- Mädchen« isörie ich die
Tante Linse-— das ist die Aeltere - -—.
rau Dr. Bodendoesf sagen. i
ie niette. »Und so echt weil-lich in
Wesen und Erscheinungs«
Echt weiblich. Hin Wort so oft ge
braucht. Was versieht nian ini Grun
de daruntert
Jch fing gerade ein still und erithast
fiir mich daeiivee nachzugriibein und
war eben bis zu dein vorläufigen
Schluß gelangt. daß ein Mädchen, das
aus eigenen Kräften sich durch die Weltl
kämpfen toill und muß, inii »cihter
Weiblichleit« wahrscheinlich nicht sehr
toeit tonimen toird. da rief nian zuin
Aufl-euch der Dampffe fuhr ad.1
Entzückend, dieser Abend! Es dun
telte schon ziemlich früh. uniioniehe I
als de: riminel bedeckt war, aber eines
feuchte Wär-ne lag ." de: Lust« undI
es haft-e nich But-Leu nnd Erd -- sei
an Use-In stiblinggiisoa
Kein Liiftchen tiihete sich. Kerzen-,
gerade stieg det Dampf in die HöhH
ums die bunten Bäume am Ufer stan
den regungslos Nur manchmal faul
ein qelbes Blatt lautlos und müde;
auf den Wasserspiegel !
Ich its-nd aus dem Verdeck und wem-'
le mich nicht falls n. Es lag folelH
eine wuiedetliche S immuna in vieler
dein herbstlichem Frieden iibergossenen«
Flußlatwichst
« n Weiten unterbrochen schwefebz
el , waqekechie Streier den geasiienl
immel« vier einsame Pappeln, davoni
ene vom Blitz halb zerstört. standen!
davor wie Silhoueitm .
Und dazu wehte es manchmal wie
eiu lautet Ali-ein aus dem blau tauen
Dunst, der über »dem Wasser s wehte. »
Phva Tbtäneiikcksweres la: in der
«u t. .
TFoilsetzurm folgt ).
I
Die Polizei in Athen isil
einem onlibnnastiichen Klub auf teel
Spuk. Die Papiete wurden defchla -
mime Die Theilnelmiee sind del-has
tet, unt- ztpcm der Tischler Milas und
leini Sehn. ver vensiieniete Kapiiän
Moraitis und tee Advotat sie-Zweim
lsk. Man weise noch nicht, ob zwi
lchen hat«va und dem Attenlai
KarUHii eme segiehungs beliebt l
Die Its-riss« einer Dis-le.
Der nBirmingham Daiiå Mai
tveiß folgendes mer roiirdi e eschich
chen von einer zahmen Doh e unt-»eines
vier Wochen alten Vaby zu erza ien
ZU dem Stadttheil Small- eat » in
irmin m lebt eine kleine amtlie,
die seit « ahren ene e ähmte Dohle inr
Hause hat. Der geizie erte Geselle er
freute sich bisher allgemeiner Beliebt- ·,
heit« und da er dies u wissen schien,
nahm er sich manche reihett heraus.
Obgleich ihm sein eigenes Logis tn
einem großen Staarkasten außerhalb
des Wobnhäuschens der Familie ange
wiesen war, hielt er sich doch den groß
ten Theil des Tages im Wohnzimmer
oder in der Küche auf, too er auch seine
Mahlzeiten einnahtn. Sehr unliebsam
berührt fühlte sich der herr Schwarz
rock, als vor etwa einem Monat ein
kleines Mädchen, ein sogenannterSpiit
ling, einpassirte. Wenn die Frau ihr
Bahn aus dem Arm hielt, rührte die
Dohle keinen Bissen aus ihrer hands
an, von der sie sich sonst am liebsten
fitttern ließ. Mit heiserent, unwilligern
Kritchzen begleitete das Thier sdas
kräftige Schreien des Babhs, dem es
oft auf urkomi che Weise seine Antipa
thie u zei en ich bemühte. Jedermann
amii trte sizch iiber das drollt«e Gebah
ren des Vogels, doch ahnte Yiiemaniy
wie verhängnisvoll der Haß, mit dem
der gefiederte usgenosse das un
schuldige Bahn ehrte, fiir das arme
kleine Wesen werden sollte. Als die
Mutter neulich Mittags die Kleine wie
gewöhnlich zur Ruhe legte, saß die
Tsohie in der Nähe des Fensters auf
dem kahlen Zweige eines Baumes.
Nachdem das Kind eingeschlafen war,
entfernte sich die Frau leise, um in
der aus der andern Seite des Hauses
befindlichen Küche eine Beschäftigung
vorzunehmen; die Thüren hatte Mir-.
Willis sämnttlich ein ilein wenig offen
gelassen. Da hörte sie vlötzllch das
Bahn jämmerlich weinen und gleich da
raus ihren elfjährigen Sohn, der neben
dem Zimmer der Kleinen krank zu
Bette lag, um Hilfe schreien. Athetnlos
stürzte sie herbei und sah zu isrein
u
Entsetzen, wie die Dohle mit irem
Schnabel wüthend in das blut ber
strötnte Gesicht des Kindes hackte. Die «
Händ-. des Knaben, der das rasende
Thier vergebens zurückzureifzen der
sucht hatte, bluteten leichjalls. Erst
der Mutter gelang es, i ren jammervoll
zugerichteten Liebling Vor weiterenlllng
griffen destiickischen Vogels u retten.
Der Zustand des kleinen iIsesens ist
sehr bedenklich: der Arzt hat noch nicht
feststellen können, ob den schmeroerleh:
ten Augen des Kindes die Sehkraft zu
erhalten sein wird. Der kleine schwarze
Bösewicht, über dessen Eifersuchtsge
fühle man erst so viel gelacht hat« ist
von dem Vater des armen Babhs so
fort aelnncht worden.
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Teemauuole deu.
lieber den Untergang des en lischen
Dampfets »Legiglator.« der aus hoher
See verbrannte, lieaen jetzt nähere
Nachrichten vat» Der Dampfer ging
am LI. Februar von Liverpool nach Co
lon und anderen Hafen ab. Am Is.
ebruar. t Uhr Morgens-, als das
Schiff etwa TWMeilen von Fayal ent
fernt war, fand eine Explosion statt
und das Schiff gerieth in Brand. Ica
pitän Tennant, Offiziere und Mann
schaft thaten ihr Islöalichitcs, unt das
Feuer zu bewältigen, jedoch erkannte
man sehr bald, daß dies aussichtslos
fei. Die Lage wurde dadurch no ver
fchliinmert, daß die Mannschait urch
die Flammen in zwei Gruppen geschie
den wurde. Das Zeug des Oberkochs
erietli in Brand, er ltet an Decl und
sprang schließlich-über Bord, um von
seinenSchmerzen befreit zu werden. Da
es buntel war, tonnte nichts für ihn
ethan werden und er ettranl. Ein
ettungs - Boot wurde vorn mit elf
Mann über Bord gesetzt, und man ver
suchte, es nach dem Oeet zu führen, da
Fahrzeug tenterte aber und zweiManm
der zweite Offizier und ein Heizer er
tiantem Der dritte Osffizier und der
Steward, die nun allein am Bug zu
rückblieben, ließen ebenfalls ein Boot
zu Wasser. mit dem sie vom Schiff ab
trieben. Man hielt die Beiden fiir ver
lcren,(åedoch wurden sie von deinDams
pter » lenfield« aufgefiicht und später
in Vera Cruz gelandet. Ein izei
erltittte im heizraum, und seine eiche
tlnnte erst am dritten Tage hervorge
Hogen werden. Zwei Fahrgäfte ein
tlrzt und feine Frau) bemühten ch,
die Schmerzen der Verwundeten. von
denen sechs an Bord waren, zu lindern.
Der Kapiteln nnd die noch übri ge
lsliebene Mannichaft hatten drei sge
mit den Flammen gekämpr als det
Dampier »Flower ate« zur Rettun
berautam und die Vchiffbriichi en out-!
nalnn Bei der Antunit der « MIN
gate« in Bosten am 27. Februar muß
ten vier von den Vetwundeten in daß
Hvspital gebracht werden. Die Eigen
tlyiimer des »Legislator« dersicherten,
daß der Dainpfer teine ent ilndlichen
Stoffe im Raum gehabt be, die
Scknoefeldünite müssen unter den auf
Deck rnltgefiihrten Frachtstiieten ent
standen sein.
— Moderne Ballade.
gritz liebte die lslse vom Nachbarhaus:
as war den Eltern ein Grauen.
Drum rissen dieslinder zusammen ang
Und ließen lich heimlich trauen.
Tie Alten entdeckten die S ur gar bald
Und machten sich ilugs au die Sohlen,
Bereit, traft elterlicher Gewalt,
Die Flucht inge wieder zu holen.
Schon drohte Konflikt, Katastrophe,
Gefahr«
Doch löste ch Alles in Frieden,
Denn-— ott sei Den ! —-— das junge
Paar.
Es tvsr schon wieder geschieden