give Heitelliseeksitltean sRovelle von Lenla von Egidn. 1 Es war an einem Vormittag im Januar Unter den Linden in Berlin. Ein stattlicher jüngerer Osfizier in der Unisrsrm der Gardedraaoner hatte mit kisbl höflicher-i Gruß an einer elegant! aelleideten älteren Dame vorüberge den wollen, welche ihm soeben begegnet war. Zu seinem nur schlecht verhehl ttn Erstaunen wurde er von derselben anaesdrochem »Ab. Gras Hagbergt Ich habe mir schon lang-e qewiinschtSie einmal wie der zu sehen; gestatten Sie, daß ich ein Stück mit Ihnen Umkehres Wie geht es Ihnen eigentlich?« »Nun, so dassabeL meine gnädigste Frau!« erwiderte der Anaeredete et was aedehnt: auf seinem Gesicht stand dabei deutlich geschrieben: Was will der-n die? »Sie haben sich so ewia lange nicht mehr bei mir blicken lassen. daß ich fürchte. Sie haben meinen «iour sixe« am Donnerstag ganz deraessenl« suer sdie Dame fort. »Ich habe jetzt beson ders nette Gesellschaft in. meinem hause und glaube. Sie würden es nicht bereuen. wenn Sie uns ein paar Stunden schenken wollten.« »Ich zweifle keinen Moment, daßl man sich ganz vortrefflich bei Ihnen nuterhiilt,« antwortete Hasberg ver-l «bindlich. aber mit einer aewissenSteif lftl;-eit. »Die aeselliaen Ansprüche, die an Icnsereinen gestellt werden, sind jedrsch sso groß. daß . . .« »Daß man lieber wo anders hin ,geht, als zu einer alten. etwas herun ’teraetornrne’nen Freundin seiner Mut ster, die eine Familienpension hält!« unterbrach ihn Baronin Tietz ohne alle Schärfe im Ton. während ein Lächeln iiber ihr scharsaeschnittenes. lluges Ge t sloa. »Nichts lieat mir ferner, als F. hnen dies übel zu nehmen und ich Verstehe vollkommen, daß Sie sich über smeine Zudringlichkeit wundern. . rade herausgesaat, mein lieber Graf, ich habe eine Frau für Sie. deshalb ist es nothwendig daß Sie zu mir kam-( GIVE-« s .Ycann:" riet oer vimmemer, yaiox amiisiert und halb geärgert. »Wohl; eine von Ihren AmeritanerinnenZ Die; locken mich nicht Und trenn auch ein: iganzer Berg oonDollarS dabinterstebt.? ZumCourmachen scharmant, aber zumi Dzimthm —- das läuft zu oft fchlechcI a .« ’ »Es ist eine Deutsche!« fiel die Ba ronin eifrig ein. ,,Brillani erzogen, dildlkiibsch. eine halbe Million selbst -ftändinez Vermögen . . .« »Ma-rl?« frua der Graf etwas ver sichtlich. »Nein, Thaler, und das ist ja nur das Vermögen. was sie von den Groß eltern geerbt hat. —- die Mutter starb früh —- der Vater ift auch noch stein reichl« »Und wie lomstnt es denn.« erkun digte sich Das-been ironisch, »daß diese Berle, vieles Unilum auf der Suche nach einem Freier ift?« l »Sie ist aar nicht auf der Suche," erklärte Frau von Tietz. »Ich habe sie vorigen Sommer in Kifsinaen lennenl gelernt und jetzt ist sie knit ihrer sehr wärt-wen Tante für einiae Wochen nach Berlin aelotnmen, um Theater und Konzerte zu besuchen und Mal ftrmden zu nehmen. Wenn diebeiden Damen nnser Gespräch jetzt hörenl könnten. würden sie wahrscheinlich vol ler moralischer Entrüstung schleunigst· qbreiien." « »Wie heißt sie denn? Natürlich nwicht von Familie?« fragte Hasberg rn. »Es-a Lindnerx klingt doch sehr Eil-seh und anständig nicht? Reiche, r angesehene Fabrikantenfamilie ans Schlesien »Mriftin?« fraate der Graf noch einmal, dann füate er schnell hinzu: Es kann mir zwar manz eaal sein, — SM- ich Mkmjchk Kost —« »Aber natürlichk« risf die Baroiiinl lebhaft »Glauben Sie denn, Daß ich es wagen würde, Ihnen eine Jiidin vctzuschbaaen Z« »Meine anädiaste Frau, neymenSie es mir nicht seh-L over ich weiß nicht recht, wie Sie überhaupt auf die Jdee gekommen sind, mir jemand vorzu schlagen!« Hasbera sprach in etwas gereiziein Ton. »Wenn Sie annehmen. daß mir has Messer dermaßen an der Kehle sitzt, daß ich mich »a tout prix« schnell xetch verheirathen muß, so sind Sie scklecht insormiett, —— so schlimm steht es noch lange nicht mit mir." »Aber mein verehtier Gras! Wie Weinen Sie nur eine einfache Sache so Mich ouiiassem Ich habe zufällig ein entzückendes und dabei seht wohl sabenbes Mädchen in meinem hause und mache Sie darauf aufmerksam, ans freundschaftlichem Interesse! M Sie kein armes Mädchen nehmen Mann weifi ich natürlich. aber es ist distchauj nicht erforderlich daß einem das Messer aa der Kehle sitt· wie Sie soaen, um ins dem Entschluß zu kom wen Eva Lindnee zu heirathen. Ich eher-, daßSie sich an der Bekannt scha erfreuen würden auch wenn Sie Man eine Heirath denken. Näch Läufe-Donnerstag will ich etwas tanzen wollen Sie nicht kommen? — Mem-h iehi umkeheenf fügte sie ste bieibend hinan und reichte ihm die nd zum Abschied »Nun darf ich ussie hasseni« fragte sie noch ein mal beinahe schmeiehel nd PMB-ist« erwiderte hazbetg U Ihn keine Inhanaeln legen, Jst-i beistimmt-knieen Trich an den Altar schleppen zu las en.« Dir Baronin wehrte lächelnd ab und entfernte sich schnell. Hasbera ging langsam und nachdenklich weiter. Also war es doch wahr, wovon er in den letzten Jahren ab und zu hatte munleln boten daß die Fatnilienpem ! sion der T etz zu einer Art Heiraths bureau höheren Stils ausgeartei war-J Ob er sich die Geschichte einmal ansah? Darauf eingehen durfte man natürlich nicht! —- Die arme Tietz war vom Le ben hart mitaeniommen worden und durfte man es ihr nicht zu sehr verar gen. wenn sie im Kampf um ihre Exi stenz zu ungewöhnlichen Mitteln ge ariffen hatte. Gegen den Willen ihrer Eltern hatte sie vor dreißig Jahren als hübsches; und gefeiertes Mädchen die Heirath( mit Alfons von Tietz durchgesehh un: : in einem Leben voll Kummer und Elend diesen Schritt zu bereuen. Tictzj war ein eleganter unv liebenswürdigen Lfsizier, aber ein moralisch verlor-manc ner Mensch gewesen und mußte bald; nach seiner Verheirathuna wegen Spielschulden den Abschied nehmen; von da an ging es schnell hergab mit ihm und vor zwölf Jahren hatte er sich in Monaro erschoisen, während seine Frau mit ihrer damals achtzehnjähri gen Tochter Melanie sich. in Berlin tümnierlich durch die Ertheilung von Unterricht und Dank-arbeiten ernähr v»te. Bald darauf tiarb auch Regie rungsrath von Waldow, der Vater der Frau von Tietzs die Erbschaft. welche dieser zusieL war aber so unbedeutend, daß ihre materielle Lage dadurch we nig gebessert wurde. Die energische F2au beschloß sofort, mit der kleinen Barschaft etwas anzufangen, was ihr und der Tochter einen Beruf aeben und eine sichere Existenz verschaffen würde; sie miethete ein hübsches Haus im Thiergartenviertel und eröffnete eine ieleoant eingerichtete Familienpension. sSotvchl ihr ausgesprochene-?- Talent zur Führung eines großen Haushalts sals auch ihre mannigfachen Verbin Wunan mit der großen Welt kamen ihr jdabei vortrefflich zu statten. Eine ih ;rer tteusten Gönnerinnen bis-· zu ib rem Tode vor fünf Jahren, war Gra Ifin Hcsberg gewesen, die Mutter des IRIttnx eisters, und sie hatte nie Wort ihaben wollen, daß ibre einttige Ju faenkaespielin durch ibre schweren sSchicksale auch in moralischer Bezie Thuna kyerunteraeiommen war; leider ibat das Unaliick wenn es durch die ESctlechtiakeit nahestehender Menschen verursacht wird selten einen veredeln »den Charakter, aanz besonders-, wenn es stete vetuniäre Sorgen mit sich bring-t. Frau non Tietz batte entschie sdenen Erfola mit ibrer Pension, aber xeine sorglose Existenz war es freilich xanch nicht und mit demZuriicklegen fiir ’ibre alten Taae aan es nicht so schnell, als sie wünschte. Jbr Haus wurde hauptsächlich von Auslöndern frei-nen tirt. besonders von Ameritanerinnenx eine Freundin in New York verichaifte ihr genaue Auskunft über die Verströ gensverbiiltnisse und die gesellschaft liche Stelluna ibrer überseeischen Gä ste, eine Information. welche in der Neuen Welt viel leichter zu exlangen ist. als bei uns-. Bei der ersten Ver lobung welche in ihrem Haus zwischen einem amerikanischen Goldsischchen und einem vornehmen aber arnrei deutschen Offizier zustande gekommen »war, hatte sie lediglich aus echt weib- « lichem Wohlgefallen an der Sache mit- i geholfen Bald nach der Hochzeit wars ssie ir. Geldverleaenbeiten aetomrnens und hatte den jungen Ebeniann um ein Darleben von einigen Tausend Mark gebeten, was ibr widerstandglosj biwilliat wurde: sie vermochte dann4 nicht gleich die Summe zur Rückerstat-I trug aufzubringen wurde niemals ge-1 Jma·l-nt und dachte bald nicht meer daran. das Geld zurückzuaeben Bald kam ihr die Idee, daß sich auf diese Weise obne große Miihr ganz hübsche Summen verdienen liessen und mit vielem Geschick und aroßer Vorsicht setzte sie die Thätiakeit als heirath vermittlerin fort; ihrer großen Men schentenntniß hatte sie es zu verdan ten, daß sie sich noch kein einziges Mal in der Wahl ihrer Klienten verrechnet und der Ruf ihrer-Pension nicht unter diesen Geschäften gelitten hatte. Der dreißigjährigen Melanie war allerdings Der neue Erwerbszweig ih rer Mutter kein Geheimniß geblieben Und sie litt schwer darunter. Von klein aus waren ihr die Auaen geöff net trotben für die Nachtseiten· der menschlichen Existenz: physisch unb nxxsralisch eine Schattenbflarze, war das bebauernswenbc Mädchen ihres Lebens nie recht ftosh geworden. Sehr groß, überschlant und bleich, mit hellem, glanzlosem Haar, scharf bliclei:den grauen Augen, seinen Zit gen, Sei etwas herckbgezogenenMund winleln, war sie eine zweifellos bistins guiette Erscheinung, welche aber nie mand sympathisch genannt hcrben würd-. « Bei den Gästen im hause nicht an nähernd so beliebt als die viel liebens würdigen, lebhafte Mutter. —- »wir beat Baroneß« wurde die Lettere von den titelsiichtigen Fremden genannt-— hatte sich in Melanie das bittete Ge fühl festgesetzt eine Ari Aschenbtödelss tolle zu spielen und nicht einmal eine sehr nützliche, denn sie wurde von der praktischen-h leistungsfähineten Mut ter meist bei Seite qeichclbem wenn fie. helfen wollte. s Eine kurzeZeit in ihrem Leben hatte ei gegeben, als auch in Melanies r-! zen eine Ahnung aufbämmekte, aß es ein Gliict giebt, welches alles unt uns hernmbetwnndelt und die Erde zum Paradiese macht Vor mehr alt elf Jahren war das gewesen. damals, als der junge Graf Dasberg öfters in’s Haus gekommen war, theils durch feine Mutter dazu veranlaßt« theils auch, weil er den Verkehr in der Pen sion arnüsant gesunden hatte. Er unterhielt sich gern mit Melanie. er war der einzige gewesen unter ten zahlreichen Ofsizieren, welche im Hause aus und ein gingen, der ihr, der unscheinbaren Haustochiey mehr Aufmerksamkeit erwies als den schil lernden Zugvögeln, denen gegenüber Melanie oft bitteren Neid empfand Dann war er nach und nach seltener gekommen und schließlich. nach dem Tode seiner Mutter, ganz weggewie ben. Vielleicht hatte er es gemerti,l was Melanie fiir ihn empfand und hatte, bei seiner vollkommenen Gleich gültigieit ihr gegenüber, diese Neigungz nicht befestigen wollen. Melanie wars sich stets ilar dariiber gewesen« daßl eine Heirath zwischen ihr uno Das-« berg ausgeschlossen war, denn er war der zweite Sohn seiner Eltern und das-« anze, sehr bedeutende Vermögen Vers Familie steckte im Majorat; aber eins junges Mädchen, welches zum ersten. Male liebt. fühlt sich durch diese Liebe selbst beglückt. auch ohne Hoffnung, und erst nach und nach war ihre an fänglich reine und selbstlose Neigung; fiir Hagberg von bitteren und unedeln Gefühlen überwuchert worden. Nie; hatte sie ihn aus den Augen verloren,; nie war sein Name in ihrer Gegen-; wart genannt worden, ohne dasz sich ihr Herz zusammenzog. Als zufällig einmal davon gesprochen wurde, daß er ein Verhältnifz mit einer der betann liesten und beliebtesten Berliner Ope .retten-Sängerinnen haben solle, hatte sie sich deren Adresse verschafft und« war an den Abenden, wo die Sange-» rin nicht auftrat, oft stundenlang vor ihrem Hause auf und ab gegangen, um« zu sehen, ob er zu ihr kam. So wußte; pie auch jetzt, dasz dieses Verhältniss noch sortdestand. z 2 l Die Baronin war sehr vergnügt( nach hause gekommen und suchte so sort ihre Tochter aus. Von Naturj mittheilsam, war es ihr zur Gewohn heit geworden, dieser alles zu erzäh len, was sie beschäf: igte; Dabei ließ sic; sich aber von Melanie nicht im gering-T sten beeinflussen, so daß cst sehr uner-l quickliche Auseinandersetzungen zwi schen Mutter und Tochter entstan den Sie ließ sich in Melanieszs kleinem. halt-dunkeln Hinterzimmer, in welches nie ein Sonnenstrahl siel, aus den ein zigen bequemen Stuhl nieder und fragte erst leise: »Ist jemand nebenan?« Melnnie schüttelte den Kopf. »Du ich habe einen Mann siir Eval Lindner!« fuhr sie immer noch leise in triumphirendem Tone fort Die Mundloinlel der Tochter zogen sich noch tiefer herab. »Du wirst dich mit deinen Jntriguen noch ganz unmöglich machen·« »Ach, Unsinn!'« erwiderte die Baro nin noch immer gut gelauntys »Sei doch froh, wenn es mir wieder ge lingt! Was- ist denn Schlimmes dabei? Was jeder Mutter, jeder Tante erlaubt ist: — ein bißchen bei einer Verlobung zu helfen. warum soll ich das nicht thun dürfen?« »Weil du es siie Geld thusi!« stieß die Tochter heraus-. »Höre Melanie, du bist heute wie der einmal cnausstehlich!« rief die Mutter nun auch ärgerlich. »Ich habe dir ost genug auseinandergesetzt, wes halb ich es siir lein Unrecht halte. Du solltest dankbar sein« daß ich siir unsm Zulunst sorge-P «Wen hast du denn siir die kleine Lindner7« fragte Melanie gleichgültig, nür um das Gespräch von dem ihr peinlichen Thema abzulenlen. »Ernst Hasberg. Paßt samoä nicht?« l « -- »- i J Yskcalllc tDiIVchl ,j11 Yclil chUDUlll, sich zu beherrschen, um den heftigen Schreck zu verrathen, der sie diirchfuyt.. Eine Weile war sie still« dann brachte; sie mühsam herang: »Warum gerade den, Mutter?« , »Weil er der Richtige ist!« erklärte Frau von Tietz eifrig. «»Liel)es- Kind, es ist gar nicht ·sa leicht, in diesen deli katen Sachen keinen Mißgriff zu thun! hasberg wird ganz gewiß nicht her umlaufen und den Leuten erzählen, daß ich ihm eine reiche Frau angebo ten habe. Erstens hat er dazu zu viel Rücksicht für mich und zweitens leuch tet es ihm selbst genügend ein, daß es das Allergefcheiiefte für ihn wäre-« «Jst er denn darauf eingegangen?« fragte Melanie mit stockendem Athenn »Nun, so ganz nicht, aber ich- denke, er wird ionrrnen und sich Eva ansehen. Das Weitere findet sich dann schon· sie ist ja so dübfch.« Melanie zermarterte ihr Gehirn· mn etwas u finden, was ihre Mutter von dem fin sie entsetzlichen Plan ask-kin gen konnte, erade hasberg mit Eva usammenzu rin en. »Er fall ein erleiiltniß mit ella Sardoni habeni« war sie endlich ein. Sie wagte nichtl rne , die Mutter anzufehem merktef die e denn gar nicht wie ihr zu Muthei war's i Die Baronin ließ sich nicht irre· machen. »Ein Grund mehr für ihn, fich halt-möglichst u arrangiren«, be merkte sie ruhig. » ie Person hat ihan ein rasendez Geld gekostet, dieGeschichtej pielt seit Jahren und er hat sie sicher( att, kann aber nicht loskommen. Ich· weiß aus sicherer Quelle, daß er tüch tige Schulden hat und wenn fein Bru der ihn nicht herausteißt, kann es wol-l ein, daß er eines schönen Ta ei um e Ecke seht. Der Majoeatj re ist schundaeizig und wird keine Opfer siir ihn bringen, umsomehr, als er bis seht keinen Sohn, sondern nur zwei kleine Mädchen hat, siir die er aus den Ein iiinsten des Majorats spart, soviel er kann. Dabei ist Ernst hasberg ein reizender Mensch. einer unserer ele gantesten Kavaliere. Eva wird sich weisellos in ihn verlieben, wenn er ihr die Cour macht und ich bin sicher, daß sie ausgezeichnet zusam menpassen.« Einen Moment kam der gequälten Melanie der Gedanke, sich ihrer Mut ter anzuvertrauen und sie anzuflehen, ihr nur dies eine nicht anzuthum sie würde es nicht mit ansehen, können, es war unerträglich, —- aber scheu und verschlossen wie sie war, dabei nicht einmal sicher« ob die Mutter, die so wenig Verständniß für sie hatte, sie nicht auslachen würde, brachte sie die Worte nicht über die Lippen. Und so gingen die beiden Damen auseinan der,ohne daß die sonst so scharsblickende Baronin geahnt hatte. was im Herzen der Tochter vorging. Einige Tage später besuchte Has berg mit einem- jüngeren Kameraden eine Vorstellung im Opernhaus. Die beiden Herren traten erst kurz vor dem Schlu des ersten Aktes in eine Loge des er ten Ranges und sobald derVor bang niedergerauscht war und die Lich ter im Zuschauerraum hell ausstrahl ten, begann Lieutenant von Langen eifrig mit seinem Opetnglas dieGesell schast u mustern und Hasberg aller hand Bemerkungen zuzusliistern. die diesen sehr zu amüsiren schienen; sie veranlaßten ihn aber nur selten, sein Glas aus eine der angegebenen Per sönlichkeiten zu richten. Endlich sagte Langen: »Na, Ritt meisier, Sie sind aber gehörig blasirt! Kaum. daß Sie sich die Menschen anse hen, und warum geht man denn sonst sin die Oper?« »Jhke Bonmots über die Gesellschaft sind mir spaßbaster als die Leute selbstl« erwiderte Hat-berg. »Wenn Sie wie ich, diese Berliner Welt seit einem Dutzend Jahren kennten, wilrde sie anen auch nicht mehr so dahinte ressant vorkommen Uebrigens wenn Sie mir etwas wirklich Hiibschess zei -gen können. da bin ich auch tein Un mensch!« »Dann sehen Sie mal dort schräg gegenüber im ersten Rang den Noth tops! Donner-wetten je länger ich hin-« sehe, desto entzückter bin ich!« rief Lungen, indem er unverwandt bin iibersah. «Rothe Haare sind mit satal!'« sagte Hasberg richtete aber doch sein Glas nach dem angegebenen Platz. »Noch t)aarige Frauenzimmer haben immer einen schlechten Charalter.« »Wenn die einen schlechten Charak ter hat, dann will ich mich mit Wonne ·von ihr mißhandeln lassen!'« rief Lan gen begeistert aus. Hagberg hatte nun auch die bespro ene Dame entdeckt. Wir-«- er sah, war ein jugendlich schlanter Oberliirper in einem einfachen weißen Kleide, einen kleinen Kopf, den eine Fiille von wel .ligem. rothem "aar umrabmte, es leuchtete wie fliiziges Metall. Gold und Kupfer gemischt; der Teint war sblendend, das Gesicht bildete ein lieb iliches Ovat, die Züge schienen von llassischer Schönheit, doch war mer«-Int fernung zu groß, um es genau beur theilen zu tönnen ,,,Ja die ist rer end aber vielleicht setnt es!« meinte gasberg ruhig. »Wir müssen sie unbedingt in deri Nähe studiren!" erlliirte Lungen ener f For-eh wenn die lange Pause kommt Hurrah Gras, unsere Chaneen stei gen! Da, direkt hinter ibr sitzt die lange Ties nnd spricht eben mit ihr! Also wohnt iie jedenfalls in der Pen-j sion Tiez und wir können uns vor-; stellen la en; ich will edel sein und Siei dort einführen wenn Sie Lust baden. i zGar lein iibleö Haus!« j i »Ich bin von früher her dort de-’ itannt, glaube aber taum, daß ich msit Fhingehen werde«, erwiderte Hast-ers kturz. Auch er betrachtete nun unver Itvandt die reizende Erscheinung. Ob es diese Eva Lindner war, von der sie Tietz gesprochen hatte? « »Glauben Sie, dasz es eine Deutsch ist«-« fragte er plötzlich. — »Ist schwer zu sagen!« meinte Lan-. gen. «Wahre Schönheit hat immer so was nternationales. Mir ist's auch egal, ich tann ebensogut englisch oder stanzöfisch lieben. Uebrigens sieht die alte Dame neben ihr intensiv deutsch aus; in der Wahl ihres Chaperons hat fie teinen besonderen Geschmack ent wickelt; die Mutter tann es kaum sein« sie sieht zu anders aus.« Der Zwischenalt war zu Ende und die beiden Herren wandten nun ihre Ausmertsamteit der Bühne zu. Der Gan in's Fohet während der großen Laufe war ohne Ersol da die drei amen aus ihren Plahen blieben; Laugen se te nun seine ganze Poss nung au n Schluß der Borste una und übereedete hast-er dazu, eine geraume Zeit vor dem nde des le - ten Altes mit ihm in die Garsero aus der ckazeniiberiiegenden Seite u gehen. it Argusaugen überwa te er den sich später schnell stillenden Raum; owie die drei Damen am Eingang erschienen, drängte er sich u ihnen durch und wandte sich mit hödss lichem Gruß an Melanie: Sehr er sreut, Sie einmal wieder zu sehen, mein gnädiges Fräuleins Bitte, gestat ten Sie mir, Jhnen in diesem Gewühl bei der Garderohe behilslich zu sein! Darf ich bitten, mich den Damen doc stellen zu wollen s« s Mk suchte sein eine m kais-ei sonst-gen an dem- Akm sich vie nein salte ame tramvfhaft anhielt. : »Herr von Langen —-— Fräulein :Lindner!« murmelte Melanie schnell, indem sie es unbestimmt ließ, damit »die alte oder die junge Dame gemeint fei. Hasberg war dicht herangetreten, um den Namen zu verstehen. Also sie war es! In der Nähe vielleicht nicht ganz ·so schon, aber noch tausendmal sanziehender als aus der weiten Unt jfernung; es lag noch etwas Kindlichez friber ihrer ganzen Erscheinung. Lan ngn hatte die beiden Damen sofort an sgeredet und der Graf konnte das jun g Mädchen unbemerkt beobachten. — aå haar war miirchenhaftz nie wie der würde er etwas gegen rothe Haare sagen. nachdem er gesehen, wie schön re fein können! Auch in ihren großen braunen Augen schien sich etwas von »dem goldigen Glanz verirrt zu haben; der Mund war nicht tlein, aber schön gezeichnet und augdrucksvoll uno wenn sie lächelte, fah man eine Reihe blen dend weißer, ester Zähne. Hasberg järgerte sich über Langens Zudringlich ileit, wie er es jeyt nannte. Er trat zu ;Melanie, welche die Mantel von der IGarderobiere in Empfang nahm und lhalf ihr den ihrigen anziehen. Laugen fbemächtigte sich sofort der beiden an ideren Hüllen. in feiner ganzen Art ffprach sich die deutlichfteHuldigung fiir die neue Betanntfcha t aus Melanie war glii selig! Seit drei Jahren hatte Hasberg zum erstenmal wieder mit ihr gesprochen! — Und Eva schien keinen Eindruck auf ihn zu machen, er hatte sich ihr nicht einmal lvorftellen lassen! l Nichts kam ihr gelegener, alö daß das junge Mädchen einen andern Ber ehrer, womöglich Bewerber fand. W r fbindlich wandte sie sich jetzt an Herrn »von Langen: « ) »Nächsten Donnerstag soll ein we snig bei uns getanzt werden. Woiien ISie uns nicht die Freude machen, Herr Ivon Lanaen?« s »Sehr gnädig! Jch werde ginz lsicher die Ehre haben!« erwiderte der ELientenant mit einem langen Blick aus T.(2va J Hasberg ärgerte sich abermal-E. Ei nem Impuls- folgend. trat er nochnalzi an Melanie heran und sagte scher «zend: « »Nun. und ich, mein gnädigeesjjrjip lein, bin wohl gebeten, wegzndleiben3« Melanie war roth geworden. ,,c-Jie wissen, daß Sie immer willtox«..men sind, Herr Gras!'· erwiderte sie leise. ohne auszuhlicken· Unten angetomrnen. nahmen dieDas nien einen Wagen. Nachdem Ehr ih rer alten Begleiterin beim Einst-Den geholfen hatte, sprang sie seldsi schnell hinein und setzte sich aus den Blicks-W es war ihr unangenehm, das; Frainein von Tie ihr stets in einer schars mar kirten eise den Vortritt ließ. Mela nie nahm den Ehrenplatz an nnd des merkte scherzend, aber es tlang sehr bitter: »Sie haben ganz recht, es znich fühlen zu lassen, dasz ich bedeutend Etl ter bin als Sie!« »Aber Fräulein von Ties3! Sie fris sen das ganz falsch auf!« stannnelte Eva betreten. Was hatte nur diese Melanie gegen siest Besonders liebens würdig war sie ja nie gewesen, aber seit einigen Tagen zeigte sie eine nn gewöhnliche Bitterkeit ihr gegenubr. Eva bedauerte dies aufrichtig, denn sie hatte die schwierige sreudlose Stel lang, die Melanie im Hause einnahn1, schnell erkannt und empfand Mktieid und Theilnahme siir sie. Nach einer Weile fragte sie schüchtern: - »Ach bitte, Fräulein von Tietn wer. war denn der andere Ossezier, der gro ße, dunkle, der in der Garderobc mit Ihnen sprach? «Rittmeister Graf Haöberg!" erwi derte Melanie so kur daß Eva nicht toa te, das Gespräch sortzuseten ie seufzte leise. Warum hatte er sich nur ihr und der Tante nirm vor stellen lassen? Er hatte ihr vie. bes- H ser efallen als der andere, jüngere v- überhöslich gegen sie qecvesenI .war; eine so vornehme ritteriiche Er-; scheinung tvar ihr noch nie begegnet! I Liie oiiaie aus vie Dante, rie ioiori irnWagen eingeschlafen ioar und seufz-l te noch einmal. Ach. diese gute Taute Lina, sie war so lieb, so scetxzigut, aber nachBerlin paßte sie ar nichts Nichi,; sdaß sichEva ihrer ge chäuit hätte, aber sie litt darunter, daß das-' alte Fräulein —- dieeinzige Schssvester ihres Vaters ——·-hier keine sehr glückliche Rotte sp.el te, weil sie trotz Evas Beiniihungen in! ihrer Erscheinung und ihren Mianieren altmodischund unbeholfen olieb. ’ » Evas Vater war ein sels made niau. bester.Art, der eine schöne und hochge-i bildete Frau aus guter Bürgersarniliel geheirathet und mit ihr in gliiatichstey Ehe gelebt hatte-— Sie starb, ais Eva; 12 Jahre alt ioar und Lindner hattez dann - sosort seine unverheiratheth Schwester zu sich genommen, am sei-I nein heut-halt vorzustehen Da er sie jedoch siir ungeei net hielt, das- von ihm a iittisch ge iebte Kind zu erzie hen uns es in er kleinen, Stadt, wo seine Fabritens geiegen waren, an gu ten Lehrträsten mangelte, aao er Eva in eine der ersten Pensionen von Dres den und später noch m eine Sei-weiser Erziehungsanstalt. Eva wartn Folge ihres Liebretzes und ihrer Liebensioürdigteit überall verhiitschelt worden, ohne daß ilser ratter darunter gelitten hätte; sie war in intime sreundschastliche Beziehungen zu vielen jungen Mädchen aus der großen Welt getreten, hatte diese ge legentlich auch aus längere Zeit besucht, und sühlte sich nun in dein tleiiistödti schen Kreise des Vaters und der Tante nicht immer ganz wohl, obwohl sie sich dies selbst nicht etiigesteheii wollte — s Der Aufenthalt in Berlin mit den Iwannigfachen geistigen Anregungen, iwelche er ihr brachte, versetzte das leb ihaste achtzehnjährige Mädchen In Be Ypeisterung s Aber jetzt war ein leiserSchatten aus Iihre strahlende, sonnige Heiterteit e sallen. Sie war es so wenig gewohnt, von irgend jemand aus ihrer Umge bung schlecht behandelt zu werden, daß ihr Melanies unsreundliche Haltung Jihr gegenüber unerträglich schien. — iNachdernsie sich vergebens den Kopf Hdariiber zerbrochen, womit sie dieselbe igetränkt haben könnte, beschloß sie, der zSache einfach aus den Grund zu ge hen. — s Am nächsten Vormittag pochte es schüchtern an Melanies Thür. Aus sihr »Herein« war diese sehr erstaunt, Eva eintreten zu sehen, mit einem Strauß lose zusainmengebundener, ausgesucht schöner La France-Rosen in der hand. Etwas befangen trat sie näher und reichte Metanie die Blumen. indem sie mit der ihr eignen, gewinnen den Liebenswiirdigteit sagte: »Sie erwähnten neutich zufällig, daß Sie »diese Sorte Rosen besonders lieben, Hund da habe ich mir erlaubt oihnen ein paar mitzubringen.—— Ach, bitte sehrt« unterbrach sie Melanies Dankesworte, T,,es ist ja solch eine Kleinigkeit! — Jch sbabe aber noch etwas auf dem Herzen«« !suhr sie zaghast fort, indem iTe Mela snie mit ihren klaren braunen Augen )bittend anbliettr. »Sie dürfen es mir aber ja nicht als einen Vorwurf siir ISie auslegem wenn ich Sie frage: iHaben Sie etwas gegen mich? Habe ich Sie irgendwie unwissentli ver letzt? Es ist mir in den legten gen fso vorgetomnien.«M i-- —- · i Evas warme Worie griffen Meta nie an’5 Herz, mehr noch als deren un erwartete, freundliche Blimiengade.—— Wie selten war ihr dergleichen begeg net! Sie war Dine unedle Natur und fiihlte jetzt eine tiefe Veschämiing. daß sie dieses liebe, reizende Mädchen, wel sches ihr nie etwas zu Leide gethan, so .heftig beneidet, ja gehaßt hatte. Mit ibewegter Stimme erwiderte sie: I »Nein, mein liebes, gutes Rind, ich shabe nichts, gar nichts gegen Sie, und hSie lönnen nicht-: dafür, daß eine tiefe Verstiinmung mich so iinliebenswiirdig iJlinen gegenüber gemacht hat. Jch Elkabe es gar nicht verdient. daß Sie so Ilieb und gut gegen i ich sind. —- Aber iaiidere,« fuhr sie mi erivachfender Er Irsgung fort, »welche Ihnen mit der Igröfzten Liebenewiirdiqteit entgegen ;iommen, verdienen JhrVertrauen trog viel weniger. Ach, wenn ich Sie do Warnen diirste! Eins muß ich Jhnen Jfagen5 Hiiten Sie sich vor den Men schen, die Sie in Berlin kennen gelernt ihaben und tennen lernen werden! — ’Trauen Sie niemand!'« i Sie hatte Evas beide Hände ergrif ifen und fest gedrückt. Diese hatte er istaunt und versiiindnißlos, aber mit Theilnahme ugehöri. " Wie verbittert fund uiigliick ich mußte-dieses arme iFkäuiein von Tiey sein« so dacht- ne, Idaß sie ein so starkes Mißtrauen egen die Menschheit hat! Ohne auf die ;Warnun einzugehen, erwiderte sie ifreundli : Jedenfalls weiß ich nun, idasz Sie es gut mit mir meinen, das ierfreut und beruhigt mich sehr.« , Nachdem Eva sie verlassen hatte, zversani Melanie in tiefes Nachdenken. JAller Groll in ihr geaen das jun e Acadchen war verschwunden, und ie iiiberlegte «eht, ob es nicht ihre Pflicht äsei, dasse be deutlicher zu warnen. -—— sAber wie tonnte sie das, ohne ihre »Mutter bloszustellen? Eva erschien iihr jetzt zu gut, um wie eine Waare derschachert und nur um ihres Geldes willen geheirathei zu werden. Sie ver Hdiente ein besseres Los. Ein besseres Los als das, von Ernst Hasberg geheirathet zu werden! — iGab es das aus Erden? -—- Meiunie schlug die hände der's Gesicht und isiiihnte leise. War es nicht noch bloß :Eifersucht, welche ihr vorspiegelte, es sei ihre P licht, ier hinderiiv ein u greifeni - chließ ich beruhigte sie ich erderhand tannten sich die beiden ja noch gar nicht, und vielleicht quälte sie sich ganz umsonst, und es würde nie »etwas aus diesem unglückseligen hei srathöprojett ihrer Mutter werden. , (Fortsetzung folgt.) — ...- M-—--—-»— - ; Eine englischeFelddlenft HUehung wird in der »Frlf. Zig.« fol ’genderknoßen eschildertx Beinahe .14,000 Mann z reitvillige nebst einer Ubtheilung Fußgardisien rückien arn iSonnadend Abend in mehreren Noli-n tnen von London aus nach Norden vor, ;um Uebungen auszuführen, deren iZweel war, den Angriss eines Feindes, ;den rnan sich oon Norden her anriiaend ivorftellte und der London durch einen ihandstreich nehmen wollte, zu verei !teln. Der Plan gelang nur irn Allge ».-neinen, da viele Befehle falsch verstan den wurden. einzelne eTrunk-manchen lungen sich von ihrer Brr ade trennten und zeitweilig verfchwan n und ein Batatllon ganz verloren ging. Ein Re inient erreichte sein Ziel zu spät, wögrend eine Kolonne dem Oberst lomniandirenden ihre Ankunft nicht meldete. Der amtliche Bericht iiber diese Uebung stellt auch mit Bedauern .fkft, daß manche Freiwilligen reiben tveife ihre Kolonne während des Mar iches verließen und in die Wirthshäu "fer gingen — Unter Eheleuten Sie: »Du bist ietzt urchtbar grob zu mir, behan delst mi , als wenn ich Dein Dienst mädchen wäre.« -———— Er: »Wie Du Dir doch selbst widersprichst. Gestern h« zDu rnir noch die befiigiten Vorwür e )gernacht, daß ich zu unserem Die-M inildchen oussallend gut bin.«