Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, March 25, 1898, Sonntags-Blatt., Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    W
f Beilage des ,,21nzeiger und-Herold«
J. r- ersah-loh- »He-aussehen
« wand wimm- Nehk—, den 25- März 1898s
-—I —
No 29,Javkqau918
Arbeits kraftl
Roman von Freiin v. spättgetn
ymortsetzunqck
Jm selben Moment prallte er aber
detr s nach rückwärts. Er vermeinte
dte eines rrsinnigen vor sich zu
ehst. Wildro ende Augen und ein
ar bläulich-weiße Lippen begegneten
einem erschreckten Blick. .
«Fred, um des Himmels willen, was
ist J nen ---·· was steht in dem unseli
gen a ter?«
Die tust des Angerufencn rang
nach Lust, aber er vermochte teinen
Laut hervorzubringenhalb mechanisch
sckrb er nur den Brief in die Tasche
e ges Ueberrockes. Wie betäubt lcljnte
er sich dann zurück und schloß oie Au- J
gen.
»Der-r von Wenthara bitte, sprechen !
Sie --—— sprechen Sie getrost! Sie sind
unter Kavalieren. Unser Ehrenwort,
da hiervon nichts an nie Osten-lich
, let gelangt,' sagte nun auch der Arzt
hetuntretend, in warmem, theilneh
mendem Tone.
Pacht mich! Um Gottes willen, laßt
mich! Jch kann nicht reden jetzt noch
nicht!« stieß s red stöhnend hervor und
taumelte na der Richtuna des Wa
gens hin.
Dort angelangt, rief er seinem Kut
scher mit heiserer Stimme zu:
»Noch Turnau —-— so rasch dieGiiule
taufen können, nach Turnau!«
»Entschuldigen der gnädige Herr,
aber der » ndsuchs tatsmt ordentlich.
Au« der Ihaussee ist mir das zuerst
aus esallen. Daher wäre es wohl ge
tatäeney wir führen zunächst isei uns
heran und spannten urn,« stotterte der
Rosselenler sichtlich einatschijchtert
durch des Gebieters blasses, strenges
Gesicht
«Thorheit, maq dieMijtnc zum Teu
fel gehen. Nach Turnan, saac ich T-ir!«
«Wenthard, so stritten Sie doch mit
mir. Mein Weg gebt ja eseanllH an
Turnau vorbei. Es wäre wol-l jam
nierschade um das edle Tisier,« bei
mertte Saling sreundtich.
»Gut denn, im nehme den Vorschlag
an," lautete der in schtvantenoem Ton
ge ebene Bescheid.
eide Herren stiegen auf, grüßten
den Arzt vom hohen-Sitz herunter, und
das leichte Fuhrwerk rollte dar-un
22. Kapitel.
«Mama — -- liebe Monta. tous hast
Du denn. k ühlst Du Dich unwohl
leidest Du chmerzen?«
Gertrud beugte sich iiber dir Auge
redete nieder und leate voll Besorgniß
die liihle Hand aus deren Stirn.
Zur gewohnten Stunde hatte Frau
Christus Kammerjunqser ihrer Herrin
das Frithstück one Bett aebracht. diese
jedoch in einein so eigentbiirnlich ausaes
regten Zustande gesunden. daß sie es
sitr richtig erachtete, die Tochter herbei
zurusen.
Als Gertrud ins Schlaf«iik.itner der
Mutter trat, saß dieselbe aufrecht in
den Kissen und stierte mit seltsam
glanzlo en Augen nach der Tochter l;in,
dabei schlug sie zuweilen unruhig ta
stend durch die Lust
Dte an sie gerichtete, eindringlich-:
Frage donntwortete Frau Wenttzard
nicht« lsondern sagte in aeheirnnißool
lein F iistertone:
»Dort —- dort im Rachttisch liegt’5!
— Keiner weiß es. Aber es war zu
viel —- zu viel aus einmal. O glaubt
intr doch!«
Entsetzt sah Gertrud in das merklich
veränderte tiesblasse Gesicht. Sie hatte
Fest den schmerzlichen Eindruck, daß
r Mutter Geist uninachtet war.
.Marna, erkennst Du inich?« fragte
sie lieber-all
«Gerta — ja! Ach, brinq doch die
vielen Bunde sort ans deni Geniarte
gar Ge ell öngstigt und erschreckt mich.
s- drei vier, nein zwanzig sind
es! Hier aus meinem Bett, dort
unter dem Tisch überall springen
bunt-e hervor,« ries die Leidende und
wehrte die Vision mit gest-reizten Fin
qern ab.
Gettrudg Herzschlaq stockte. Was
tonnte hier qeskhehen sein? Allerdings
tpar die Mutter ihr am Abend vorier
ziemlich erregt und unruhig erschien:n. .
Unter heftigem Weinen hatte diese J
meist nur von vergangenem qliictlichcn I
Zeiten gesprochen und die Tochter öf- »
ter« ungestüin umarmt. Als diese sie
zu trösten versuchte, wurde sie endlich .
gesaßter. nur hin und wieder kam eg »
n-.·ch halb schluchzend über ihre Lippen:
»Mein armer, armer Fred!« Zur ge
wöhnlichen Stunde waren dann Beide
ins Bett gegangen.
Allein seit Tagesarauen lag es nie
ein drückender Alp aus GertrudsBrnsL
Sie ho«fte, dasi die Arbeit in Fried
richö omptoir, welche ihr fast zur
Gewohnheit geworden. diese trübe
Stirn-nun verscheuchen würde. Die
Mor eng-It brachte indesi einen Bries
des rn D, worin er iie herzlich cist«
heute nicht zu lommen. da er selbst
Richtiget Geschäste halber abwesend
e .
Gegen die ehnte Stunde, wo die
Mutter das z ritshstiici einzunehmen
le te, war dieKammerirau verstörten
nt ihett zu ihr gekommen mit der
Meldung, daß die Gnädige schwer er,
iranlt zu sein scheine.
.Unverzitglich nach Dotiorholthaus
Enden. Falls ver Ar t nicht zu hause
it, scll Goitlieb in ärselde erst-agen,
wo er möglicherweise zu sinden seit«
Entschlossenheit und Ue rlegung
Eise Geer-ad in da ihk ei cum ka
Dienerin zu etufen, wel dem
- W eilt it na karn. Ein efühl
. see rla enheit und bitten-Schiner
Is etfiillte des etnianien Mädchens
Innere-L Was vermochte ihre lschwache
no zu thun? War der sicht ich Lei
denden eine Erleichterung zu verschaf
fen? Sie besafz in Krankheitsfällen
nicht die mindeste Erfahrung. — Wa
ren doch Vater und Mutter. Gott Lob,
stets gesund gewesen.
Wahren-d die Tochter völlig rathlos
am Lager ftand. sprach Frau Christo
ununterbrochen in wilder Erregung
fort. Bald brach sie in unheimlich gel
iendes La en aus. bald drohte ein
londusivif es Schluchzen sie faft zu er
fticken.
Mit awßer Mühe gelang es Ger
trud, die Kranke im Bette zu halten.
Endlich, nach etwa toanzig Minuten
: fiel sie, zu Tode ers "pft. in die Kissen
f zurück und la darauf, die Lider halb
; geschlossen, fast regungslos.
f Jetzt erst ewahrte das- iunge Mäd
« chen die au fallende Veränderung in
der Mutter Antlitz. Ihre Schlaer
zeigten sich tief eingefunten, während
eine fast bleigraue Färbung übel-Stirn
und Wangen ausgebreitet lag. Scharf
und spitz trat die Nase aus dem Ge
sichte hervor.
Die Tochte: setzte sich am Bette nie
der san betrachtete unausgefetzt die
leichenähnlichen Züge.
Ob, toelch’ ein Gefühl der Berutng
ung beschlich in dieser fchwerenStunde
Gertruog rz. Mit Genugthuung
vermochte te sich zu sagen, feit des VI
ters Tode dieMutter weder durch herbe
Worte, noch Lieblosigteit je verleft zu
haben. Was auch immer vorge allen
fein mochte, standhaft tzatte sie alle
Bitterkeiten unterdrückt und war in
ihrer treuen Pflichterfüllung nie wan
tend geworden.
Ja, es hatte Gertrud fuaar oft ge
, dünkt, alo riefe eine innereStimme ihr
f warnend zu, nicht voreiliq zu urtheilen
und zu verdammen. In ihrem edlen
Sinne war sie auch weit davon ent
fernt, das zu thun. Daher fand sie
fiets neue Kraft im Zufammenlehen
mit derjenigen, die ihr auf Erden am
höchsten stand, deren reines Bild man
aberf freventlich zu oerunglimpfen ge
waa. —- —k —
j Eine halbe Stunde nach der anderen
’ r-erkann. Die Kranke stieß zuweilen
einige unartitulirte Laute aug, meist
verbarrte sie aber in stuuivfer Apathie.
Nach dem Bruder zu senden, hatte
siir's Erste teinen Zweck, da sein
Schreiben nicht besagte, wann er heim
s kehren würde. Darum Geduld - — Ge
; duld. Dr. Holtbaus mußte ja bald
» tommenl
Jetzt - · horch! Das ist das Rasseln
. einei- Wageng iiber den aepflasterten
Hox Gott sei gepriesen!
tertrud ris; die Tbiir auf und
lauschte mit angehaltenem Athen-c bin
aus auf den Flur.
Männertritte und Stimmen schollen
von der unteren Halle zu ihr herauf.
Nun tam Jemand in eilkgem Laufe
treppan gesturmt.
»Frieoel allgiitiger Himmels Du
bist’s. Jch erwarte mit Sehnsucht
den Arzt!« staminelte Gertrud, wobei
Enttiiuschung sich in ihren Zügen
malte. .
»Was wen den Arzt wo
zwi« rief Wenlhard teuchend und
hemmte seinen Schritt.
»Die Mutter ist sehr trantt Jhr
Zustand dünlt mir so eigenthiimlich
beängstigend. Anfänglich erging sie
sich in wilden unzusammenhängenden
Delirien, jetzt verharrt die Aermste
scheinbar schlafend. ch weiß mir
wirklich teinen Rath. omm, o komm
und sieh selbstl«
Es fiel der Schwester im Moment
nicht auf, daß die lräftige Männergei
stalt zuweilen von einem Zittern be
fallen wurde und des Bruders Augen
unheimlich loderten. Ganz leise wa
ren Beide ans Krankenlager getreten.
Nun erst gewahrte das Mädchen,
daß tödtliches Erschrecken und wilder
Schmerz seine Züge verzerrten und
die breite Brust sich unter gepreßten
Athemiiigen hob und senkte.
»Friedel -—-- o bitte, verhehle mir
nichts-! Sage mir offen, ob Du
Mai-la sehr verändert findest —- was
Du von diesem sonderbaren Zustande
hältst?« fragte Gertrud leise bebend
und fafste angstvoll nach des Bruders
Arm.
Er antwortete nicht. Wie durch
eine elementare Gewalt zu Boden ge
streckt« lag der starke Mann vor dem
Bette aus den Knien und brach m
Seht-ich n aus. -——- -—— —- »s
Weniäe Minuten später betratDol-—
tor Holthaub die Schwelle.
Mit kurzem, stummem Gruß gegen !
die Geschwister eilte er zu der Kran
ten. Diese lag jetzt wieder-völlig re
gungslos. ohne das mindeste Lebens
zeichen von steh zu eben. Die Athen»
züge waren weder chtbar noch ver
nehmlich. Der Arzt beugte sich herab I
und horchte nach dem Herzschlagr.
»Sei-nett ein Lichtl« gebot er m auf
fallender Erregun .
Gertrud eeichteähm eine brennende
Kerze bin. mit welcher er FrauChrtsta
grell beleuchtete und ihre Augenlider
in die Höhe zog.
»Was ist hier geschehen?« herrschte
er die Umstehenden in gepreßte-n Tone
an.
Jn Eile berichtete das junge Mäd
chen über der Mutter ausgeregten Zu
. stand und versuchte, so gut sie sich noch
; daran zu besinnen vermochte, dem
; Arzt deren verworrene Reden zu wie
herholen. Sorge und ängstliche
Spannung im Antlitz hatte dieser ihr
gelauscht.
»Haben Sie jemals bemerkt, daß
Frau Wenkhard sich Morphium aus
der Apotheke verschafste oder durch
Domestiten besorgen ließ?« fragte er
im selben haftrgen Tone weiter.
»Ja, das weiß ich genau. Mama
leidet hin und wieder an neuralgischen
Nichts-schmerzen und dafür hatte ihr
vor Jahren ein Berliner Arzt Mor
phiuminjetticnen verordnet. Wie ich
mich qenau entsinne, machte Papa ihr
öfters selbst di-: Einspritzungen am
Halse,« gab Gertrud offen zurück.
»Nun, das- ertlärt Vieles-. Ein ein
ziger Blick auf ihre Frau Mutter be
lehrte mich leider, daß wir eg hier mit
einer bedenklichen Morphiumdergif
tung zu thun haben!« entgegnete tief
ernst der Arzt.
»Allaütiger Gott! So hat sie ...... «
Schluchzen eistictte des- Mädchen-;
Stimme.
PA.««»
es-!.. « -«- p «
!
)
i
Vaterteil-, uuclu Uustlusc Oel-zweis
tting im Blicke stand Friedrich neben
dem Bette und starrte diister aus der
Mutter bleiche Züge nieder, während
Dr. Holthaus leise fortfuhr:
Allerdings darf ich nicht verheh
len, daß Frau Wenhard in großer
Gefahr schwebt; aber die Mediin be
sitzt ein Grgenmittel für dieses unheil
voll angewandte Opiat, nämlich: dar
Atrovin Zur rechten Zeit verabreicht
hebt es die Wirung des Morphiutng
auf! Da ich bei meinen vielen Besu
chen über Land aus alle Eventualitä:.
ten gerüstet sein ums-» so trage ich die
ses Medilament Gott Lob heute bei
mir. Wir werden es bei den Kranken
sofort in Anwendung brinaen Es ist
hohe Zeit, die Herzthätigkeit läßt zu
sends nach! Wollen Sie mir behilf
v lich sein, gnädiges Fräulein?«
In abermals wild hervorbrechen
dein Schmerze preßte Friedrich die
Hände vor das Gesicht und ftiirmte
ans dem Gemache.
Nicht länger vermochte er in dieses
einst so findlich liebliche, jetzt todten
ähnliche Antlitz zu schauen, welches
starr und regungslos in den Rissen
tag.
Barmherziger Gott, trug er — er
selbst vielleicht die Schuld an dieser
ihrer Verzweiflung über des Sohne
Härte und Lieblosigeit zu jenem
furchtbaren Mittel gergiffen -- nin
Schmerz und Gram zu betäuben
um — ? Nein, das konnte-, durfte
nicht sein-! Das wäre entsetzlich!
Mehrere Minuten überließ sich der
ltrostlose Mann seinem qualvollen
Die setige Kindheit, das hoffnungs
» volle Jünglinge-alten —-- all’ die sorg
; los, glücklichen Tagen der Vergangen
j heit, zogen wie lichte Bilder an seinem
Geiste vorüber und überall und zu al
len Zeiten hatte er gesehen und ge«
fühlt, das-, zärtliche, treue Mutterliebe
» in sein Dasein eingegrisfen. O, wie
oft, wenn er in überfchäumender Jus
gendthorheit gefehlt und endlich voll
Neue zu der reizenden Frau uriict
E lehrte, sein Haupt in ihren Schon-se
bettete und leise, aber eindringlich bet
telte: »Mutti, nicht mehr zürnen!«
wie gern, ach wie gern verzieh sie ihm!
An tue-kalte Mauer des Korridorg
gelehnt stand Wenthard in trostlosee
Brüten versentt.
Wie zärtlich hatte er die tindlich
heitere Mutter geliebt, die innner be
reit zu Fröhlichsein und Scherzen, die
trotz der Kinder tollstem Ueberntutl,e
nie eine Spielberderberin gewesenl
Wie hatte er in ihr stets das Urbild
eines opferwilligen, treuliebenden
Weibes erblickt! Und dann kam jene
furchtbare Zeit, wo tnan plötzlich über
sie die Achseln zuckte nnd ihren tadel
losen Ruf in Frage zu ziehen wagte.
Das ——- das war es, was ihn rück
sichtslos -——« rasend gemacht!
Aber mit dem eigenen Herzblute
hätte er in diesem Momente das der
Theuren zugesügte Unrecht sühnen
mögen ——— sie tausend Mal um Ver
zeihung bitten sür jedes böse Wart!
Nur einmal ihr noch sagen dürfen wie :
einst: »O Mutti, nicht mehr zürnen, «
vergieb, vergiebl« ;
»Friedel, bitte, komm herein!
Mama ist erwacht und scheint völlig »
tlar uz sein. Unaushiirlich verlangt s
sie nach Dir, mein Bruder. Jch bitte !
Dich flehentlichst —— sei nicht mehs ;
hart und unversöhnlich gegen sie
denn . . . .« Gertrud stockte -—— »dem "
Dr. Holthauö vertraute mir etwa-E s
Furcht.barcs, Entsetzliches an, daß er
die Theure —- nicht —- mehr zu retten
vermöge! Jetzt sei sie durch das ange
wandte Atropin zwar belebt —- allein
der vorige Zustand werde wiederkeh
ren; das Herz « —- das arme Herz
ist bereits zu schwach, um . · . .
. Das Weitere verlor sich in undeut
; lichem GemurmeL
Wie aus wüstem Traume fuhr er
ans.
»Nicht hart, sagst Du, Gerta?
Lille-ißt Du, daß wir in einem schreckli
chen Wahn gelebt hoben ----- in einem
Wahne, der jedem edleren Gefühle, der
Kindesliebe Hohn spricht?«
Spra los starrte er sie an
»Die uttec ist rein und ohne, gebl,
wie ein Engel im Paradiese!—-— örst
Tu es, Gerin? Hier in meiner Tasche
trage ich den Beweis dasür!« schrie er
seiner nicht mehr mächtig und stürzte
an oer Schwester vorbei der Thüre zu.
Das von beiser Zähren überströmie
Antlitz aus die seidene Decke gedrückt,
lag Friedrich abermals vor dein Bette
der erkrankten Mutte.
Doktor Holthaus hatte sich distreier
Weise ins Nebenzinimer zurückgezogem
wo er iin Fliiitertone mit Gertrud re- 1
Deic. 4
»Mutter the"urc, einzig, heißgei
liebte Mutter-, vergiebk O sag’, dasz
Du Deinem Sohne verzeihen let-insti«
drang es in tiefen Schmerzenslauten
vnn der Brust des zinieenden
»Mein Frev, ich wußte genau,
das-, einst die Stunde derkliechtfertigung
für mich kommen wiirde,« erwiderte
mit leiser, zitternder Stimme die Lei
dende und strich liebt-Jsend iiber sein
blondeg Haar.
»O, warum nur hast Du das Ge
heimnis-, nicht eher vor uns enthüllt-?
Wie viel hättest Du Gerta nnd mir
ersparen können!«
»Ach, Fred, weil ich ein eitles Ge
schöpf war, ohne Muth noch Energie.
Jch fürchtete die Spottlust der Welt.
Daß ich ei« auch Deinem armen Vater
verenthielt, war der Fluch meine-:- Le
bens. Tausend Mal habe ich nach sei
nisn Tode meine erbärmliche Feigheit
bereut. Gerade er war erhaben über
kleinliche Bedenken!« stamnielte Frau
Christa und rang nach Lust.
»Und dann — später? state zag
haft der Sohn und hob den B ick.
»Dann schwieg ich um Dei-ietivillen,
Frei-. Ich siirchtete, Du würdest unter
den traurigen Gnthiillungen leiden.
Dein Ehrgeiz - - Dein Stolz ich «
«
liebte Dich gar »in sehr.
Jn wilder Zärtlichkeit küßte er die
kleine bleiche Hand und entgegnete
dumpf:
»O Mutter, jenen thötichten, lächer
lichen Stolz habe ich längst abgestreift.
Die harte cchule des Leben-z hat mich
demüthig gemacht. Aber wag immer ich
auch gegen die Kindesliebe gefehlt habe,
die Ankunft soll mich Deiner wiirdig
ma n.«
Wehmi.ithig lächelnd schüttelt-.- die
Firantc das Hanpttsin Ausdruck über
irdischen Friedens und seelischer Ver
tliirnng breitete sich iiber daO einst so
sliebrciiende Gesicht und leise iliisterte
ie:
»Ich fühle· daß ich sterbe, Fred. Doch
das Scheiben aus dieser Welt wird mir
nicht schwer. Gehe ich doch zu ihm, Eu.
rein Vater, den ich s-), so sebr geliebt!«
»Mutter, nein — - das darf nicht sein.
Sag’, o sag’, was ist seit gestern mit
Dir geschehen ?« rief in namenloser
J Pein der Sohn.
»Ich weiss selbst nicht, wie es tanil
Seit Jahren war dieses unselige Mor
phiuin meine einzige Erleichterung in
diese-: steten Angst und Qual! Und
« heute, nach schlasloser Nacht, fühlte ich
mich so sterbeiwungliicklich und elend
trostloe im Gedanken an die Zukunfts«
: an Euch! Allein zum ersten Male cr-·
wies sich die gewöhnliche Doiig als zu
schwach— — ich nahm mehr —-—- oielleicht
zu Viel! Meine Sinne schwanden, ich
fühlte mich wie berauscht. Absichtlich ist
es nicht geschehen, Fred, das schwöre ich
Dir! Gott hat es so aewolltlSeid nach
sichtig mit niir . .. ich .. .
Jn tiefer Erschöpfung fanl Frau
Christas Kopf in die Kissen zurück.
Das Auge umslorte sich und angstvoll
gri sen die Arme wieder ourch die Lust.
est tniete auch Gertrud neben tem
Bruder, während Dr. Hilthaug heran
getreten war und ohne Unterlaß den
Puls der Leidenden beobachtete.
Seine Züge drückten aufrichtige Be
trübniß aus.
»Die Herzthätigteit läßt zusehends
nach. Leider liegt es aus dein Bereiche
Erzilicher Kunst, Jhre theureMutter zu
retten!« fliisterteer den Geschwistern
kaum hörbar zu.
Das jungeMädelpn brach in kampf
Ietiges Weinen aus.
.Da, noch einmal riß die Sterbende
Zierde Augen weit auf und richtete den
taeren, schon umslorten Blick irie in
Fette-Weite Ferne. wobei die schmerz
ich zuckenden Lippen leise murmelten:
»Gebt — geht — und sagt es aller
Welt: es war ja nur mein —- Brudert«
Entsetzung Matt
i
Qtfener Schreibebrief von Bin-J
lip Bauerrampfer’o Vetter.
Sohn Stramper.
New York,den 11.
März 1898.
Mr. Editor!
n das Saluhn
Bii meß— seie vieleSa
che, wo mir net pliese
« ' thue, wie die Lunch
', " »z- . Esserei. E Felloh wo
zu e Saluhn tende
thut, hat mehr Trubel jede Morge von
des Lunchsörve, wie von alle annere
Sach zusammen. Zahle thun die Ko
siümers nix für den Lunch böt iicke
thue se gleich, wenn ihne der Stoff net
sixhte thut. Aend manch einer, wo
blos e Nickel sor e Stuner schpende
thut, macht e re jular Dinner aus sei
Lunch wo er si holt. Böt der Onkel
meint, wir müßte jede Morge e sein
Lunch söroe wegen der Kompeti chön.
Well, die Aent thut den Lun im
mer selbst koche. Von e große Pfef
bohn macht se e fein Suhp von fifty
stostiimers änd wenn se net stron
enoff seie t ut, so thut se noch e Bal
Bucket Wa er zuge e. Den cis
thue wir in Säcke tau en Von der Mill,
wo se des Tschickensuhd förnifche thue
iind wenn da auch somieimes e littex
Fiorn and Barlie änd annerer Stoff
hinein gemixt is, so meint die Aeni,
deS thäte nix schade, böt dhät der Suhp
e sein Flävor gewe. Die Aent weiß
auch ahl reiht, wie man e gute Lunch
wehe thut, die Kostiimers gleiche es alle
zu esse änd sie thut es so fixe, daß es
net zu viel koste thut. Jede Satördäh
hawwe wir große Extra-Lunch änd
diese Siefon immer Tschicken Lunch.
Letzte Woch mußte die Aent änd die
Jennie heriiwwer nach Njuh-Dsch:örsie
zu e Weddina von e Freud, böt sie hat
bis Freidäh wieder retour seie wolle.
An Freidäh schickt se e Leiter, se könnte
net vor Söndäh komme änd de Görl
sollt zu den Lunch tende. Böt die hat
am JOening e Raciet mit den Onkel ge
liett änd hat geiwittet, so sagt der On
tel: »John, da seie wer in e feine Fix,
mit die Suhp-Kocl)erei könnt ich schon
fertig werde, böt e Tschicken-Lunch
lann ich net koche änd Potato-Salad
tann ich auch net fixe.« So äußere ich:
»Na-er meind Onkel, ich thu auch net
viel von Loche verschtehe, böi ich denk,
ich kann fertig damit werde-« Well, so
äußert er, denn geh örlie morge frih
zum Marlet änd laus e Dosend Tschi
cken5, böt sieh, daß du junge kriege thust
iind denn wolle mer sehe, wie wer fee-.
lig werde.
So geF ich am nexte Morge los änd
wo ich uf den Martet komme thu, is
d: e Helminth wo e alte Eirifche biheind
setze thut. So frage ich: »Mutter-, was
solle denn Eure "Tfchickens-kofchte. Well,
anßert fie, dreißig Cents e Piehß änd
ich geb Euch drei Vor e Dollar. Well,
lach ich, önder die Cirkumftänzes thue
ich fe lieber ßingel kaufe, ich möcht e
Tofend haiowe and da Eure Tschicken
schon gron änd fiitt feie thue, so will
ich Euch drei Thaler gewwe. Ahl reiht,
anfzert sie, Sonnie. denn lannfcht' se
lfawwe.« So äsl ich, ob die Tfchickens
auch tender änd jung seien thiite?«
Rauh bet! äußert sie, da is noch keins
davon alt genug, zu wote!«
Well, wo ich mit inci Tfchicteng hom
tomme änd dem Onkel fag, wag ich für
se gepiihd hätt, hat er auch aeden!t, ch
war e guter Bargin änd ich hab e groß
Feuer im Rähndfch gemacht änd die
Tfchickens in e Piinn in den Ofen ge
than. E Weil is des auch ahl reiht ge
wese, bot denn fing des in der Kitfchen
an zu fchnielle, als ol) wag brenne that
sind der Onkel ig heruff qelomme and
hat rimarlt, er glaub die Tfchickens
thäte anbrenne. Wie er in den Ofen
tucke thut, sagt er: «ohn, die Alt hat
immer ·ett an die - schicken-Z gethan,
fo daß e net anbrenne thue. .,Well,«
äußere ich, »daß hen ich net gewußt,
böt des tönn mer noch mache. So hawe
ich plentie Fett an die Viecher gethan
änd sie hawwe denn auch fein gebrate,
fo daß ich zum Onkel rimark: »Sieh
fchte Onkel, wir könne auch ohne die
Weidsleut fertig werde.« So um Uhre
10 kommt denn der Onkel wieder änd
sagt: »John, mer müsse jetzt uffirage
und ich glaub, die chhickens sind donn,
fo nimm fe heraus and ich will fc uff
fchneide.« Well, wo der Onlcl an zu
karwe fängt, meint et: »Joha, ich
glaub die Tfchickens feie noch net donn,
man kamt fe fkiirßlie von enanner trie
aen. Bör, wir hawwe kei Zeit mehr zu
luhfe, fo müsse wir das Beft davon
i.1achc.« Wo denn der Onkel sc net
tartve konnt, hen ich das Hätschet Sind
die Sah geholt änd bei MimsStrength
hawwe wir Einällie föckßieded, fe klein
zu kriegt. enn hawwe ich die Pote
toes klein geschnitte; um Sallad zu
mache iind wo mir der Onkel sagt, ich
müßt Vinegar undOil daran thue, hen
ich plentie druffgegoffe änd uf gestikrt
ind denn thate wir den Lunfch förle
Der Onkel hat fei Kopp gefchält unt
kimarkt, wenn des nur gut aehe thät
md er tbät net glawe, daß die Koftii:
ner die Tf «ckens beißen könnt. Sk
inßere ich: « tewer meind, Onkel, dann
Te E
solle se e littel harder tschue, die in fi
von die Kostiltners hawwe gute !
änd werde g schon dann kriege; beei .j- , "
mei Poteto allad is E Nötnber Won.«
Well, Mr. Editor, ich hen die Kostii- « T.;«
ners friiwetlie iicke höre, wenn der
Lunsch i ne net suhte that, bist was sk.
an den ag gesagt hawwe, des könnt,
ich net uss ne Kuhhaut schreiwe. As
suhn, as wir den Lunsch uss den Tisch
stelle thue, komme e gleich «erönnt und
e jeder nimmt »ich e Pie ß von dem
Tschicle iind e Pleht mit Potete Sallad.
Wo se an zu esse sange, ging des Kicke
los. »Stramper,« so hollert der Ein.
gnj wenn bist Du denn im Röbber
u
meß? Dies Tschicle muß e Widder
ne gewese sei.« »Hast Du auch sötsch
e tender Piehsz?« anßert en Aanerer,
»ich hen schon von Dicken Döcks g ött
bist net von Diken Tschickens, aber les :
muß eins gewese sein, denn es is so ·
hart wie Hol .« »Es is e Sünd, so e
Ruhster u ti e,« sa ten Annerer, »wo «
so e gro Reliquie eie thut-« -
Well, der Onkel is angrie geworde
and hat ihm geäskt, was er mit Re- s ’
liquie meine thäL »Well,« äußert der .
elloh, »ich dm schur des dies dersel
ige Ruster is, wo dreimal ekräht
hat, als Peter den Herrn ab« esgchwore
hat, alt genug is er davor.« Ida hum
roc se alle an zu lache gefange änd en :»
» Annerer meint: »Dann sollste nur net k-,
z lice, ich hen e Pieß von e Ruster hier«
i wo schon mit die Kinner Israel dur i
Rathe Meer gefchwomme is.« So xs -,s
das in eine hin gegange and ge- 1
ischuet bawwe se, daß ihne der-Schweiß -
üwers Gesicht geloffe is. böt se hawtve
e hard Dschod gehatt, was von die
Tschickens herumier zu kriege. So Pen
se gesagt, se wolle den Poteto-Sa ad
esse and hawe auch gehörig eingehaue.
Se hawwe auch gemeint, er hai e
striindsch Tehst, böt ich hen rimarkt,
ich hett probablie e littel zu viel
Vinegar genomme änd da se alle
hongrie sein thäte, s.) hawwe se doch
ingepitscht. Uff ein lMal thut einer
ganz pähl in sei Fah werde and
könnt autseid. Nach e inmt Hängk
en Annerer an nnd thut heraus
dschumpe, denn noch e paar und us
ein Mal hält sich einer set Vellte mr
die Händ fest änd holleri: »Ich glaub,
ich bin gepeusent!« Nu is ang kYgz
cket los-gegange, wo schon net mehr
frhön war. Se seien in die Yard
herumgedschumpt änd e paar sein nach
dem DrVgswhr hinniiwwer qelofse änd
hawwe gekrische, daß der Stramper
die ganze Kraud gepeusent hatt. Wo
se so terribel geholleri änd krumm r
alle Tschärs gesesse änd sich den Ler
gehalte hawwe, hat der Onkel e greiht
gekriegt änd is herüwwer zum tilg
ist and hat em geholt. Wo der ge
omme ig, hat er die Kostiimers ange
kuckt änd hat se geäskt, was se »egesse
hätte. Er hat denn den Lan-is e
treied. Wo er des Tschieken getäted
hat, hat er rimarkt. davon könnt einer
nur Krämps in die Dschahs kriege, bist
kei BelliesAehk änd wo er den Sallad
«etästed hat, äskt er mich, wo ich das
il heit, womit ich den Sallad ange
macht hätt. Jch holen den Bottel
herunner änd wo er herein smelle t ut,
lacht er änd scsgt: ,,Schur enoff- a
stor Oil« änd denn sagt er zu die Ko
"iiimers: »Well, Berg, gepeusent seid
ihr nei, böt illen braucht ihr vor die
nexte sechs- onat net zu nehmen.
Wenn der Straniper mir aber in mei
DrugsBusinesz Kompetischön mache
will, denn thue ich 1nuhve, denn er
thut gleich alles hohlsäl gewe.« Damit
is er etaus änd die Kostiimers how
we ge chtarted, usszubegehre änd ge
threatened, den Onkel zu suhe. Einer
hat auch den Poliß geholt änd e
Tschardsch gegen den Onkel wegen
Peusening gemacht änd insißtet, daß
er en arresten thue. Böt der Poliß,
wo den Biet hat, is e Freud zum On
kel, der ihm frie Drinks änd Cigars
geive thut. So hat er aeänßeri, wenn
der Utramper ihne Kastor Oil insted
of Swiet Oil acgewwe hät, so müßte
se sich beim Fruhd-Kommitchöner be
klage, böt des wär kein Kähs vor die
Poliß. Well, um net in Trubel zu
komme, hat der Onkel feinellie jedem
e paar Drinks Whislie gegewe, daß se
ihre Stommäcks wieder fettle konnte
änd damit sem se auch saiisseid ge
wese. Die Tschickens hawwen wir in
die Schtricht zu die Dogs arworsc änd
hawwe da ahlmost noch e Dammatsch
Suht uss den Hals gekriegt, denn dem
Druggist sei sein Nvusaundland Dog
is am annern Taa an Lockdschah ge
saitnrwc Jlir John Stromver.
—
—
Dic Preise fiir größere Wasserfayr
zcuge auf deutschen Werften sind im
Sinken begriffen, wie der folgende Ver
gleich dartlmt Jm Jahre 18821 koste
teten erstclassige Frachtdampfer 280
Mark per Tonne, jetzt 200 Mart. Für
Segelfclxsiffe zahlt man jetzt 100 Mark
per Tonne, ungefähr 5» Procent weni
qer alk- vor 15 Jahren. Bei Schnell-«
dampfcrn ist ec- sehr schwer, einen
Durchschnittspreig anzugeben, weil in
Bezug auf Augstattung bald ineht,
bald weniger aufgewendet wird. Ein
Schnelldanipser mit Zwillinggschraw
den nnd 20 Knoten Fahrgeschwindigs
leit, mit Sialons u. s. w. lostet unge
fähr 800 bis 900 Mart per Tonne.
Dieser Niedergang im Preise dürfte
eine directe Folge der Streits im letzten
Jahre sein. «—«»W
Kasernenhofdlthhm Unteroffizier:
’ ,,Jungens, Courage muß der Soldat
haben wie ein Schmierendireetor, der
mitten in der Obsternte Vorstellungen
« gie"bt!«
. Unteroffizier (zu den Rekruten):
» »Wie man doch im Verkehr mit Euch
. feine« naturgefchichtlichen Kenntnisse
f bereichert!«
" Unterosfizien ,,Paradem-arsch BE
idas sein? Fußtritte ins Gesicht r
’ Menschheit sind es!«