Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, March 04, 1898, Sonntags-Blatt., Image 9

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    H Sonntags-Blatt
Beilage des ,,21nzeiger und Herold«
El Wink-platt Herausgcurk· Grund Maul-,Ikkvk·,veu4-.Ijkär2,18.I:'. , Iio 2Ii, Jahrgang lssz
Arbeitskraft
—..-.-. .. ..
Roman von Zrkiin von Spättgcn.
(Forttetzung.)
Und was durfte sie selbst von der
Fuwnst erhoffen? Ganz heimlich und
interlistig hatte sich eine Neigunq in
ihr Herz geschlichen, die sie einerseits
mit Wonne, andererseits mit Sorge
nnd Unruhe erfüllte. Wie Tassilo
Brandenfels wohl über die Schwester
seiner- Schwagers denten mochtei Ger
truds sonst so durchdrin ender schar
set Verstand vermochte Jich darüber
teine Gewißheit zu verschaffen. da des
jungen Mannes Benehmen stets gleich
mäßig freundlich nnd unvefanaen
blieb. ,
Bei ihrer Rückkehr von einem Besuch
in der Nachbarschaft am gestrian Vor
snittage war ihr die Meldung liber
dracht worden, das; Fred in Turnau
gewesen sei und die Schwester dringend
tu sprechen gewünscht hätte. Ohne je
doch die Ittutter aufzusncheih wäre er
wieder davon gefahren. Jetzt endlich
verlangte es ihn also nach einer Aug
sprache mit derjenigen, die ihn unqe
achtet seiner vielen Fehler und Schwä
chen innig liebte.
»Kling—--ling—«-ling!'« Der »Sei-lit
ten hielt am Portal der Villa, wo cin
Diener alsbald zur Stelle war.
»Ist mein Bruder zu Hause. Jo
hanns« fragte die junge Dame, indem
sie il«,re Füße aus den verschiedenen
Hüllen herauszuschälen sich bemühte.
»Sehr wohl, Fräulein Wenkhard!«
Johann hatte sich den damals erhalte
nen Verweis hinsichtlich der Anrede
«gniidiges Fräulein« hinter die Ohren
geschrieben
»Gut, gut, Sie brauchen mich lei
neewegs anznmelden. Jch finde meinen
Weg schon allein hinauf,« erwiderte
Gertrud lächelnd und wandte sich ihrem
Kutscher »zu.
»Sie iönnen für eine Stunde ans
spannen; aber reiben Sie mir die
Stute tüchtig ad, sie ist sehr emvfind
lich nnd Iverschliigt leicht.«
»Ja Befehlt« brummte der Alte in
seinen weißt-kreisten Bart.
Johann hatte dem jungen Gaste den
Petzmantel asbaenommen Den kleinen
schwarzen Filzhut warf Gertrud selbst
bei Seite und zapfte vor dein Spiegel
die um den Kopf geschlungenem blon
den Flechten zurecht. Daraus rannte
sie leicknsfiißig treppan.
Eine vornehme Ruhe herrschte in der
feit des Vaters Tode aänzlich verän
derten Halle. Die handhaben thrnas
läufer diimpften jeden Schritt. Von
Lorle war nirgends etwas zu erblicken,
was Gertrnd mit Befriedigung erfiill
Ze, da ihr Besuch heute nur den-. Bru
der allein galt.
Wenige Secunden später uberschritt
sie die Schwelle feines mit raffinirtem
Luxus und wahrhaft tiinftierifchem
Geschmack eingerichteten Ilrbeitgzicn
mer
Welches Verftändniß für Stil und
dergleichen äußerliche Dinge, welch«
hervorragenden Schönheitgsinn besaß
er doch- Fiirwahr, ein genialer
Menfchl
Leider fehlte ihm nur der beim Vater
varherrfchende Schaffengdrang, der
Trieb zur Arbeit! Friedrich verstand
es nicht« im richtigen Moment die Ini
tiative zu ergreifen und sich mit Ents
fchloffenheit und Energie ein Lebens
ziel im Witten zu stecken, welches ihn
ohne Zweifel mehr befriedigen wiirdc
als jenes zwecker in den Tag Hinein
leben ohne Reiz, noch innern Werth!
-—— Gerin, welch’ freudige
Ueberraschung, dafz Du Deine Schritte
einmal hierher lentteft!« rief der junge
Hausherr, indem er der Eintretenden
aus der Tiefe des Gemaches mit vorge
streckten Händen ent egen tain.
»Es that mir g tern fo leid. Dich
rerfehlt zu haben, Jriedels erwiderte
die Schwester warm und mufterte mit
den durchdringenden Augen fein meet
lich fchinal und hager gewordene-H Ge
fecht. Theilnehmend fiigte fie hin-»in
»Da wir uns seit jenem fcknnerzlichen
Morgen nicht mehr fahen, fo freut es
mich doppelt, daß Du zuerst Gelegen
heit fuchteft, mich zu fprechen.«
»Bitte, —Gerta, erwähne jetzt diese
Sache nicht. Bis auf Weitere-:- iit sie
fiir mich ask-gethan. Gerade init Dir
darüber zu reden, wäre mir unmdalictx
Rein, heute liegen andere s im Mo
ment dringendrre Gründe dor, mir
Deinen Rath -- und Beistand zu er
bittert, weswegen id) Jeftern italis- Zur
»Mit-«
Ul( lelllc lllli cillc ancuciillc qc
dslungrn stand das junqe Ijiädchm
mr ihm. Des Bruders finsterer We
sichisausdruci ließ oiingliche (5: npfin
wogen in Gertruds sonst unersctpwctk
nem Her-en aufsteigen.
Etwas Lebeiigmiide5, Apatbisdzks
prägte sich darin aus.
»Ich freue mich stets-, wenn Du mich
Tieines Vertrauens iiir Iverth erach
ieii,« versetzte sie leise-.
»Ja, Kind ich hat«-e viel sehr viel
mit Dir zu reden muß fozsjfagen eine
Art Beienniniß abieqen, wag aller-·
dings nichi leicht ist, « versetzte er taub
und gepreßt feine Brust durch einen
tiefen Athemzug erleichtern
»Nicht doch· , riedel, Du bist irre-at
Dein Genviiihi t bedriiett. »d- ver
stehe das nur 31s wohl!« Geritud irai
ihm noch näher und legte die Hand qui
seinen Arn-.
»Lan uns so miteinander sprechen
wie einsi, mein Bruder. Ach, es Ver
iangt mich oft danach. Dir mein iiber
volles Herz zu erschließe-I Ader Du
disk anders- zurückhaltender gewor
den Gerade diese offene, geschwiiter
liebe Aussprache habe ich fett des Va
Tode ansagt-at vermißt Du
«btW mich ja nicht mein-, ’«'fkiedel!«
L
»Aha « das- meinst Du! Aller
rings, Du bist stets das kluge Muster
lind gewesen, weise in jedem Rath —
immer ohne Fehlt Wer wollte das
unterschätzen,« rief er in allffallender
Erregung und Bitterkeit »Aber Deine
Obersvormnndschast genirte mich! Ich
meinte selbstständtger zu werden, in
dem ich bei Geschäftssachen Deinen
Rath niemals einholte. Ich wollte mich
a tout prir emancipiren. Pah — — da
die Karte jedoch nun von vornherein
verfahren ist, so läßt siclt am titeschehk
nen leider nichts mehr ändern. Eine
große Dummheit rächt sich immer von
selbst!«
Eine Weile sentten sich ihre tlugen
Augen forschend in die seinigen, wo
rauf sie eindringlich fragte:
»Warum sagst Du mir das, Frie
del? Es itst sonst nicht Deine Art, be
gangene Fehler einzugestehen. Liegen
etwas besonders ernste Gründe vor,
dass Du gegenwärtig meines Rathe-z
bedarfstP
Titehrere Minuten blieb Alles still.
Wenthard war ans Fenster getreten
nnd schaute sinsteren Auges in die
mächtige Winterlandschast hinaus.
Seine bleichen Züge verriethen deutlich,
daß ein Kampf widersprechender Em
pfindungen in ihm tobte. Plöyltch
wandte er sich um und sagte schroff:
»Ob Du es ein paar Tage früher
oder später erfährst, ist einerlei! So
tvie die Verhältnisse jetzt liegen, wird
eine Katastrophe tamn mehr auf-; uhal
ten sein Leider bin ich außer Stande,
mich länger zu halten. Wir werden
die Zahlungen einstellen miisfen
vielleicht schon in der nächsten Woche.
Hörst Du’g, Gerta Z«
DieAngeredete fuhr, wie durch einen
elektrischen-s Schlag berührt, jäh kuriict
und prefzte beide Hände gegen die
Brust. KeinLaut drang aber iislser
ihre Lippen; nur ein Gefühl, als ol) die
Fiiße sie nicht mehr zu traaen dennoch
ten, bemächtigte sich ihrer, nnd schwan
kend fiel sie m den nächsten Stuhl.
Halb trotzig und doch auch wieder
erleichtert, das-, die Eistruste starrer
tIli·;ugiinglichteit nun endlich gebrochen,
fuhr der junge phausherr fort:
ich nun in Kreisen, die mir ab
toll-its fremd sind, erbitterte Gegner be
sitze, wo das mir bisher geschenkte Ver
trauen auf hinterlistiae Weise erschüt
tert wurde, oder ob ich wirklich selslsst
ein schlechter titeschiiftsmann nnd Re
cteemncister bin, wollen wir jetzt nicht
näher erörtern. Ein Pfennigfuchser
war ich allerdings niemals und habe
dem »no’blefse odlige" leider meist zu
hohe Tribute gezahlt. Flur-z nnd gut,
dag Resultat beweist nur zu deutlich,
dass mvmentan jede Hülfsqelle fiir sing
erschöpft ist. Bei Gott, es ist tein an
genehmer Gedanke, die Bude hier schlie
szen zu nliissen. Nun, hoffentlich bleibt
aus dem Zusammenbruche so viel siir
ich iidrig. daß ich als activer Ofsizier
in meinem Regiment eventuell weiter
dienen tönnte!«
Iris-brief- fmmkb M- leitton sltinrtø in
spöttisch frioolein Tone, ali- oib er sich
den tiefen Ernst dieser Sache selbst
noch nicht recht vtlar gemacht.
Nachdem er einige Male in langen
Schritten das Gemach durcheilt hatte,
blieb er wieder vor der Schwester stehen
nnd fragte ilnaeduldia:
»Warum schweigst Du, Gertas
Bringe mich doch nicht zur Verzweif
luna mit Deiner steinernen Ruhe, wel
The mir noch den letzten Rest von Fas
suna nimmt. Sprich-— s- sage — rathe.
wag ltier zu tlsun ist. Willuiamn die
alte Memine, hat völlia den Rot-f Her
foren nnd hängt sich iö duellappernd an
meine Rodsitdsza als ob ich inir das-«
Geld aus den Nägeln sangen lönnte!
Lilie-irre einzige letzte Mettnna bist
Du, Werten Du hast einen eminente-n
Verstand und dabei Umsicht wie ein
Illiann Nicht wahr, Du wirst mid
iiicl;r in der Patsche sit-en lassen. Nur,
nni Himmels willen, sprich, Mind!«
Ten blonden Kopf an die lzotse
Etudlleline «·,uriictgeleat, die Hände wie
iai Gebet gefallen sei-, litertrud nol
iininer regungslos.
Natt- deLs Bruders trostlosen lintlyiil
lungen batte es sich plötzlich wie Nacht
iiler ihren starlen Geist lieralpgesenti.
itlm Banterottl Das von den ehren
wertlien Vorfahren aeschassene vEinen
tlnini, des thenren Vaters Stole das
Stücklein Erde, worin sie seit dem er
sten Tenten niit jeder Herzen-Esther
kina - aui Vantewttl Eis sollte
nieistdietend unter den Hammer korn
tuen, der erste Beste wiirde Besitz da
von ergreifen und in selnnnclkioollster
Weise des Bruders Redlichkeit dabei in
Zweifel zu ziehen versuchen O, mein
Gott-hatte sich denn plötzlich Alles —
Alles gegen den Namen Wenier ver
schwor-en, diesen Namen, den der Vater
wir ein lostbares Heiliqthuni geschützt,
ihn rein und ehrenvoll seinen Kindern
ljinterlassen hatte? Brennendes Welt
und bitterer Groll ersiillten Gertruds
l Brust.
» Hierin also zeigte sich heute des
J Bruders Vertrauen, welches sie even
- nochso stan und südlich gemacht?
Ein tros loses ild seiner vitllia zer
riitteten Lage- rollte er vor ihren
Blicken aqu Tief verletzt erhob sie sich
und sagte tonlos, fast hart:
»Ich habe in solchen Dingen absolut
leiste Erfahrung da ich unter Papckz s
Vlegide nur die mustergiltigsteOrdnnng »
und strenge Gewissenhaftigkeit kennen «
zu lernen Gelegenheit fand. Daher «
thut es mir aufrichtig leid, Dir bier »
meinen Beistand versagen 3u tniisfsent «
Beurtheile mich darum nicht falsch,
Friedrich-; doch wenn Du nur eine
Ahnung hättest, wie namenlos mich
diese traurige Offenbarung erschüttert,
sc— würdest Du meine Ablehnung ver
stehen. Es liegt außer dem Bereiche
meiner moralischen Kraft, Stück um
Stück des einstigen Wohlstandes wie
morscheix Holz vor meinen Aug-In zus
sammenbrechen zu sehen. Ich ginge
seibft darüber zsu Grunde!«
Als ob ihm jetzt erst eine Ahnung des
Sinnes dieser Worte auf inge, so voll
ständig verblüfft, fast ent etzt starrte er
in der Schwester schmerzlich zuckendes
Gesicht.
»Ein Grunde gehen? Du willst mi
zu Grunde gehen lassen, Gerta?.
Jst das Dein Ern-st?« rief er in mildern
Ungestüm nnd schlug sich voe dies-tieri
,,O, nnd ich Thor war so verblendet zu
glauben ----- hoffen, daß Du, Du
mir helfen tviirdeft!«
»So -- ang das hast Du gemeint,
Friedrich?! « u trachtest nach- meinem
Gelde. nach dem mir Vorn Vater unde
schriintt und unverritrzt hinterlassenen
CapitaW Unter der scheinbar its-dens
toertben Absicht, Dich zu arrangiren,
sireckst Du die Hand aus na dem Letz
ten, mass von dem einstigen « ohtstande
der Wenthardg iibrig geblieben zu sein
scheint! Ah, nun tvird mir Alles
sonnen-klan« rief Gertrud herb. »Ist-eine
sorgenfreie Existenz, meine seit-diene
Zukunft soll ich opfern, und won Um
das trügerischc Gebäude Deines Glan:
gez vielleicht noch fiir eine turzeSpanne
Zeit zu ftiitzen, damit auch dieses Geld
den Weg alles übrigen gehet Nein,
Friedrich, gerade dar.un, weil Zei, mir
im tehrreictxen Vertehr mit dem gelieb
ten Vater einen objcetioen, tlaren Blick
angeeignet habe, gerade darum weis-:
iet- vorbei-. daß solche Hiilfe nun-los
toare!«
»U9erta hist Tu wahnsinnig Je
worden« Jst jedes iviirinere Gefii«bl
siir die Bande des Blutes dei Dir ab
gestumpstfv Sitzt ein Kieselstein an
lStelle des Herzens in Deiner Brust?"
schrie Wenthard heiser und stierte tild
dea Auges auf die oor ihm stehende
iniposante Gestalt.
»Nicht hart s-- nicht lievloo, mein
Bruder, nsur mal-r nnd aerecht,« ver
setzte sie dumpf.
Wie eins Berauschter taumelte der
starte Mann setzt in einen Stuhl, so
saf-, er zusacnmengesunten mehrere Mi
nuten, ohne sich zu rühren. Nur
teintjend und stoßtveise drangen die
Athemziige über seine Lippen. Nach
einer Weile fuhr Wenthard’g dwpf
wieder in die Höhe-, indem er zornig
ries:
»Was willst Du noch hier, J.-lkiid
chens Geh s geh! Ich brauche Dich
nicht brauche feine unnützen Gasser
sind .I;liokalprediger, die sich lalt herzig
an meinem Elende veidenl L, jetzt
ertenne ich Dich, Gertil Hienharte
lierechnung nnd troßige llederlegnng
Predien aus jedem Deiner Worte-. Erst
das-« liebe ,,Jrii« und dann die kümmer
täaien Brofainen fiir Andere! Wenn
ich zeitlebens auch fo— gedacht hättet
Tu lieber Gott. Hals ich nidzxt steti
dsfene Hand gehabt und indudtein
armen Teufel aus der Noth heraus zie
dolfenZ
»Im Wohlrdnu fragt man nicht
ns ..ruin Meinem iikfsiilfle nach zeigt
sich darin die Religion nnd chrilten
pflicht! Walt, ich Jerftand eiJ lrsder
nicl,t, den Werth des Gelde-«- ;n .viirdi
aen; iet- hänge eben nicht mit jeder -ka
Ier daran wieT u, darum rollte e: mir
auch so flüchtig dnrth die Finder Dir
c-.L-er, Germ, feleint der elende Wem
rnon Dein Idol «,u fein. Solch-: Plu
fiichten «t".nd mir fremd, denn Her-me
hätte isnd Geiz verabscheue ict;!«
Finster drohend richtete Gertrnd daz
amßh ernfte Auge auf den Sitzenden I
nnd erwiderte talt:1J
»Gut- Offenheit erheifctn Offenheit
lihe ich diefe Schwelle verlasse, werde
iil ebenfalls chne Rückhalt ,n Dir
su echen Friedrich, und Dir dac- faqen,
may ich als meine Pflicht erachte. Du«
last mich allerdings nie unt Rath ge
i:«gi«1ind ich habe-P ir meinen Vei
fiano durchaus nicht anfgedränat. illus
jltrinrip that i·;«-t es- nickt, weil die 457r
f.» druna lel:-,rt das-. Anfänaer ohne
Hülfe rascher selbstständig werden. Mit
Teineni intelligenten tiopf fasienst Du
niir diefer Aufgabe ja ohnedieg ge
wacher Einiiq deshalb und nicht wie
Du glanlft, daß mir yeschwifterliilm
Nun niangelt bin ietr all Deinen Ge
schiiftssachen aus dein Wege gangen.
Hin und wieder machten gelegentlich-:
Ae nfzernngen Willmanns nnd Deine
immer schärfer in Tage tretende Jndo
ten-i mich freilich suchen. Allein ich
trdftete mich damit, daß dieser uns fo
thenre Grund und Boden kleinen An
ftiirnren wohl Stand halten würde,
umsomehr, da durch des Vaters letzt
toillige Bestimmung Dein Erbtheil um
dag« Dreifache höher war als das mei
nige. Ich niißgönnte Dir eH auch nie
mais-, weil ich genau wußte, daß der
Verstorbene sich in Dir einen würdigen
Nachfolger erträumt. Wohl kannte er
Deinen Hand fiir äußerlichen Tand,
Deine lrankbafte Sucht, zu glänzen;
jedoch er baute felsensest auf Deine Eb
renhaftigteit und hat einen gewissen
lesen Verschwender nie in Dir ver
i:iuthet!«
»Halt ein, Gerta ein gemissenlo
ser Verschwender bin ich nicht —--— nie
mais gewesen! Beim Allmächtigen, ich
habe stets nur das Beste gewollt und
. mich teinerHandlnng schuldig qemacht,
: die mich im Andenken an den Vater er:
I rothen lassen iniiszte « das schwore ich
Dir!« rief Wenlbard und sprang em
por. »Allein vom ersten Moment an
befand ich mich hier auf fremdem Ter
rain. Kritmerthum und Standes-Pflich
ten geriethen stetg in Collision. Ich
siiblte meinen Beruf verfehlt nnd war
dem Anstiirmen der auf mir lastenden
Verpflichtungen nicht gewachsen. So
ging es- riickwärts Schritt um Schritt.«
Ein Ausdruck wobrer Trauer brei
tete sich bei diesen Worten um des jun
gen Mannes schöne Züge; allein im
mer noch terzengrade aufgerichtet, ebne
eine Spur von Milde und Versöhnung
zu verrathen, begeqnete Gertrud seinem
Blicke.
Als er schwieg sagte sie hart nnd
schroff: »Und soll ich Dir enthüllen,
warum es so lam? Warum Dein
Ledensschiff an der Braadung derVers
l.ältuisse zu zerschellen droth Weil
Du es nicht mit tundiger Hand zu
lenken verstanden. Einem Irrlichte,
einein trügerisch glitzernden Phantom
bist Du nachgeeiit, anstatt das-Esv wahre
l Glück und die reine Befriedigung dec
! Herzens dort zu suchen, wo sie einzig
rur tu finden sind: in der Arbeit, in
des Manne-J Witten und Schaffen!
Tn delxauptest kein Versclnvender in
sein. ilnt so besser fiir Dich! Dafür
aber bist Tn ein Weichlina geworden,
eiis Mensch, dessen einzige Interessen
sich um Luxus, zioinfort und Wohlle
tsen drelyinl Fa, Friede-U Czum ersten
, Lilial klang wieder der alte, weiche Ton
durch Gertruos Stimme), »ja, FråksoeL
ich bar-.- Recht. Es ist die nactte, un
geschmintte Wahrheit, die ich Dir biet
tot-r die Augen führe. Fremden, welche
sDieipoberflachlich beut-theilen. impe
: nirst Du vielleicht, ich aber bedauere
s Dich, ebenso wie ich Deine liebe, kleine
; Frau bemitleide. Mit ihrem hellenVer·
stand und praktischen Sinn hat sie ge
wiß länast den Krebsschaden entdeckt,
an dem Du zu Grunde aehen wirst.
Du versiindigst Dich nicht allein an
Dir, sondern auch an ihr, der Du
Schutz Und Schirm zu sein qelobt basi.
Doch was hilft es, Dir beute Vor
würfe dariiber zu machen, heute, wo es
zu spät ist!« tönte es leise wie tin
ichmerzlicher Seufzer von des jungen
Mädchens Lippen.
««Zu spät? Was ist zu spin Wer
sa.t, daß ich nicht die Kraft in mir
sit le, ein wirtungsreiche43, besseres Le
ben zu beginnen ' rief Wenthard und
richtete sich stolz empor. wobei sein
Auge flammte und ein Ausdruck rion
Willensstärte iiber seine Ziiae glitt.
Dann stürzte er, seiner Gefühle nickt
mehr mächtig, zur Schwester hin nnd
schlang beide Arme um ihren Hals.
«(.·sjeria - verhilf Du mir darzu, ein
Anderer. ein völlia Anderer zu wer
» den, alg ich wänrend der verflossenen
Jahre sit-wesen bin- Lehre In mich
arbeiten, so wie unser Vater es geti)-.iu:
denn bote, anr- dein TUiunde eines tän
gcld tlanaen aestern die Worte en
mein Obr: »Die Arbeit isi ron Gott
eingesetzt, sie ich eiwais Hohe-Z, Heiliger-,
11nantastdareg« worauf Ansehen,Wobl
stand nnd Macht beariindet find!«
Vesreindet, aber sichtlich beaiiictt, satt
Gertrnd in sein leidenschaftlich eriear
Angesicht
,,,jrn"o.«el, in Das Dein Lisrnstk iugic
sie ungestüm, wol-ei ci- qleicd Jnuctiiri
durch ihre llore Stimme thing
»Ja, bei Gott dein Alliriiichtigcn, sei
Entschluß ziiilirt schon längst in mir;
icy tousne nnr nicht, wie und wo Damit
bcqirrnen!« gab er tief dement, Erd-U
voll Fesiigteit zur Antwort
Befriedigtqu nnd Triumph krlitzskn
in ch jungen LUiädihens Ali-en .-.ni,
tvdlircnd sie srtigtez
»Willst Du Dich fortan mir ein-irr
trauen, bedingungslos-I«
»OD iet- Daz« will, Schtveiterk«
»Gut denn, von niorqcn iriit It
werde ich mich täglich liier in Leiter
Ranzlci :insinden, vorausqeseßt, ins-.
Du selbst dith anzutrefer dist!«
»Mein Wort darattf·«
»Und ferne-« erfuche ich Dich nn; hoch
etwas -—--- woraus jedes Vertrauen qc
gründet ist, nämlich: rückhaltlose Of
fenheit in allen Deinen Geschäften,
mein Bruder; es muß sein, wenn icti
Dir rathen nnd helfen soll!«
,,O, darüber bitte ich Dich -— Will
mann zu E befragen! Ich selbst bin
leider so toeniq orientirt!« erwiderte er
in tl" lichem, zögerndem Tone.
»He-F so — k« Uebetlegen lächelnd,
wie man ein Kind anschaut. betrachtete ’
Gertrnd eine Weile das edel geschnit
tene Mäitnergesicht. Darauf legte sie
die große, weiße Hand auf seinen Arm
nnd sagte herzlich:
»Wohlan, mit vereinten Kräften
wollen wir versuchen, den bösen Geist
welcher sich hier in diese durch ehrliche
Arbeit geheiligten Räume hinterlistig
eingeschmuggelt hat, zu oerscheuehent
Ob es uns wohl gelingen tvird?, Frie
del?«
Der Schwester zuversichtliche Miene
erfüllte den Angeredeten mit wohliger
Beruhigung Ein Athetnzng der Er
leichterung entschlüpfte WenthardI
Brust.
Zum ersten Male seit langer Zeit
küßten sich die Geschwister. -— —--- —
Es klopfte an der Thür, und Jo
hann steckte seinen Kopf herein.
»Nun, was giebt’s« herrschte ihn der
Hausherr ungeduldig on.
»Die gnädige Frau, welche an Mis
griine zu Bett liegn, lassen bitten, doch
den jungen Herrn Grasen aug Alt
Stisine zu empfangen. Dieser ist soeben
angekommen und möchte sich den Herr
schaften empfehlen, da er morgen nach
Berlin zurückzukehren im Begrif steht,«
lautete der protnpte Bescheid.
»Gut, führe den Gast in die Biblio
thet, Johattn,« entgegnete Wenthard
tniszmuthsig rnii gerunzelier Stirne und
äußerte, als der Diener gegangen war,
zur Schwester:
»Ach, Gerta, bitte, thue mir Len
einzigen Gefallen und eint-fange Du
den Bruder meiner Frau. Mir ist cis
augenblicklich unmöglich, ein fremdes
Gesicht zu sehen und von gleichgiltigen
Dingen reden zu müssen. Ich bin zu
natnenlos aufgeregt. Gntschuldige mich
meinetwegen tnit dringende-Geschäften
bei Tassilo oder mit Gott weiß trats,
nur geth bitte!«
Helle Röthe sluthete bei Dieser Rede
über deg Mädctxeng Stirn und int
trassen Gegensatze zu der soeben noch
gezeigien selbst-bewußten Sicherheit
versetzte sie jetzt fast schüchtern:
,,t!3ras Tassilo wird mit diesem
Tausche wohl schwerlich zufrieden sein.
Aber ich süge tnich Deinem kaxksshe
L gern, Friedel!«"
Wenige Minuten daraus iibeischritt
Gerte-nd die Schwelle iur Bibliothei.
An der selben Stelle oor dein sta
niin, wo baut-ils Ria trantnoerloreneu
Blickes in die rothe Gluth der biohten
kreist-irrt, ins-, heute Trtssilo Branden
e g.
Beim Erscheinen der jungen Dante
sprang er überrascht entoor nnd per-.
neigte sich ties.
»Ich toinsne, Graf, uin meine Ge
schwister bei anen zu entsctntkdigen,«
begann sie in etwas zaghaftetn Tone-.
»Lorle liegt an Kopfweh zu Bett, und
Friedrich ..... " Sie stockte verlegen.
»O, die große Auszeichnung Sie
hier zu sinden, gnädigeg eFräulein, bie
tet mir reichlich Entschädigung,« erwi
dcrteTassilo in seiner natürlich freund
lichen Art und schüttelte treuherzig iie
ihni gereichte Hand Lachend fügte er
hinzu:
tfnfkk «w- . . - - ,
»Oui«-u Ou- utluj, Dem lu; waykellv
der letzten Tage gerade oft an Sie ge:
dacht und mir mehrfach ein Plauder
stiindchen nach ultgewohnter Weise init
Ihnen herbeigewiinscht habe?«
Bei dieser Bemerkung sah er voll
Offenheit in das ihm zttgetvandteiUiäd
itsengesichi.
»Wirtlich"c’« Ese- tvar das einzige
Tk·liort, wag Gertei im Moment hervor
zubringen vermochte. Der laute, unge
ftiime Herzschlag benahm ihr fast den
Islthetn
»Jo, gnädigeg Fräulein, seit Jah
ren, eigentlich seit unserer Kindheit, er
dliette iih in Ihnen stets den Inbegriff
von Cl)nratterstiirte, Willenglrast nnd
Festizikeih so dcifx ein Ausspruch von
Ihnen mir deunalg schon immer zu den
ten rnih Aber auch heute, als Mann,
nsiirde ich jeden Rath aus Jhrcrn Mun
de gern und freung befolgen, weil irii
die llelterieugnna dene, er ist gut ten-)
meise!«
,O. Graf Tassilo, Sie iilsersihdtzen
meine Fähigkeiten Solch ein Muster
dild bin ieh nnn iisirllich nicht!« wehrte
das junge Mädchen lächelnd av. Jn
ihren Zügen leuchtete dennoch eine freu
dig-: Genugthuttn;1,, als sie sich jetzt an
des Gasteg Seite niederließ nnd sdxnell
. "hinzufiigte:
«Viele bezeichnen sogar die mir
» eigene ruhige lleberleriettlieit ate- Her
,;etl(.·sliilte! Jrh nrasze inir nur sein wenig
Scharssinn nnd Lilienschenteuntnisr ni, ’
weiter nichts!«
Gertrud Wenllsard erschien aufsrrls
lend einziehend in diesem Moment. Die
uroszen Augen funkelten lebhaft, wäle
rend aug- dem schön geschnittenen Llns
gesicht Jntelliqenz und Klugheit klar
:n Tag-;- traten. Allein Tassilo Bron
densels gewahrte davon nichts. Sein
Geist schweiste weit ab zu einem lieb
lichen, druitelharigen Feinde hin, wel
ches all sein Sinnen und Denken un
ausgesetzt erfüllte.
EWIII Matt I
In- eiinerimiiisitien Strick-i
bösen.
Ist-n » ,iiuuier,1nnnu tiechtzantch
—’ l
Bringt der vorstehende Fall ,
Laien ei te Ueberraschuna nach der
nen Seite bin, so si.il)rt ein weit
Falle u einer Ueberraschung in en
Iengesebter Richtung. Dieser Fall
wickelte sich ebenfalls erst kürzlich
wird baldiait bor die Sterichte
gen. Geora Breit war lange Ja re
Gunsten seiner Frau in demselben
den versichert, aber die Letztere st»
vor etwa zwei Jahren Breit l)
weder Kinder noch irgend welche
stige Blutgbercvandte, aber seine
hatte eine Schwester hinterlassen. I
dem Tode seiner Frau zog Breit
das Haus feiner Schwägerin wo er
·-,u seinem Tode wohnte. Da er
lange Jalire Versicherung bezi·
hatte, wollte er Dieselbe im Alter n
fallen lassen und da er keine näl
Verwandten hatte, so ließ er ein ne
Certificat auf den Namen sei
Schwägerin aus-stellen. DurchBcth
des Logensecretärp wurde der «
zoaudtschaftggrad in dem neuen Ce;
sie-at als ,,sister« statt »sister- in- les
angegeben Nach dem Tode des B
sicherten erlIob nun die Schwiigev
Anspruch auf die Versicherungssum
a ber der Orden weigerte sich, zu bez
len, weil sie nicht, wie in dem Certikk
angegeben, die Schwester des Verkj
benen sei. Auf ihren Einwand, daß.
» Bezeichnung nur aus Versehen cui
; tugt worden, wurde ihr die Antstr
IzutlIeil, daß dies wohl richtigi
r
könne, daß aber der betreffende
nicht zu Gunsten von Schwiigerin
rorhandcn sei. Die Ordensget
schrieben genau vor, zu wessen Gun
ein Mitglied sich bersichern lassen k
ne, und da der Verwandtschaftsg
von Schwägerinnen nicht in diese Z
tegorie einbegriffen sei, so sei der s
den nicht verpflichtet, zu zahlen. De
bleibt cJ Vorläufig und die Benefieii
tin wird einen harten Strauß vor
Gerichten auszufechten haben, ehe
ihre Versicherung einkassirt.
:t- Ei- s
Tags Supreme : Gericht von T«
ncjsee hat kürzlich eine weitere E
scheidunn in Bezug auf Logendersir
rnna erlassen, tvelche die Regel bestä1·
das-, der in einem LogensBenefiz - C
tifieat genannte Benefiziant kein fi
stehend-es Recht auf die Versicherunk
snmme trat, selbst nicht, wenn der Z
nefiziant die Asseßments bezahlt H
So lange der Versietterte lebt, kann
stets einen anderen Benefizianten
nennen, und der letzte Benefiziant
hält die Versichernnassumme, wenn
in dem oon dein betreffenden Ort
vorgeschriebenen Verivandtfchafts- o
Adhiingigkeitg-Verhiiltniß steht. Di
Regel hat jedoch nur ans Logenversic
rung Bezug, da bei der sogenann
reguliiren Lebensversicherung der L
nefiziant ein feststehendes- Jntere
an dem Versirt;erungs-Contract erhi
dessen er nicht ohne seine Zustimmn
verlustig gemacht werden kann.
In dem vorliegenden Falle (Fiset
os. Fischer) war der Vater, W
Fischer, in dem Orden der Ehrenrit
fiir 352000 versichert, welche Sun
ursprünglich an seine Frau zahlk
gemacht wurde. Die Frau starb
doch vor dein Versicherten Der Vs
sicherte traf hierauf mit seinem älter
Sohne uud einer Tochter das Ueber-ej
totr.men, das; der Sohn dem Va«
Untertunft und Nahrung, die Toch«
ihm die nöthige Kleidung tiefere, u
das-, beide die Assefzments gemeinscha
lich zahlen würden. Dafür verfüx
der Vater, das-, Sohn und Tochter,
Ier stian der Versicherungssumn
und die anderen Kinder die übrig
« 8400 erhalten sollten und das Certi
tat wurde dementsprechend verände
Später erlitt der Vater eine Lähmnn
die ihn gänzlich hiilflogs machte und
ter Sohn ein Arbeiter war. und nie
die Mittel hatte, den Vater in dies
titge richtig versiegen zu lassen, so li
er ihn iwihgedrmigen in ein Hospit
drinnen Daraufhin nahm der Bat
ohne Vorwissen des Sohnes, eine wi
tere Aenderung deo Certisicats vr
nach welchem der Sohn nur 82()0, t
Tochter aber Stil-NO der Versicherung
- summe erhalten sollte. tfr starb ber
- daraus und der Sohn wandte sich i
« die Gerichte, um die Auözahlung l
ihm nach dem zweiten Certisieate zt
lonuuenden tsikgm zu erzwingen t
stiitztc sich daraus, dass, er mit de
Versicherten und seiner Schwester eint
tsoniraet gemacht, und denselben at:
geführt habe, so lanae thn die-H möin
gewesen sei. Dai« tsterirtit entschied j—
doih, das; der Venesiziant eines dera
tian tsertisieates zu Lebzeiten des Be
sicherten ebenso wenig ein seststehendi
kliecbt an die Versichernugxssnsume hab
loie ein Beriesi,;ia11t unter einem Testc
inent zu Lebzeiten des- Testator5, ur
das;, da der Versielf-erte vie letzte Aenbi
rung des- tseriifieats bei rollexn Be
wufztsein nnd nicht in betrügerischi
Absicht vetanlaszt habe. dass setzte Ce·
tifiUt maßgebend sei.
-, -.
Ouchstc NaivrldL
SntdiuiursI »Nun bleibt mein Schnell-(
aber lange muss-«
Freund: »Willst Tit ihn denn brzahth
daf; Du ilm so sehnsüchtig mvartcft".«
Studiums-: »J« bewahrt-; aber weil er ge
kodynlids Inn diese skcit hinunt, gibt iyi
meine Xmuswirthin immer ocn Koffer M
mich mit her-aus«- «
Tic Hauptsache.
» . . Was, Du nennst Dich jetzt Schimpf
fabrikanM Ja wie betreibst Du denn Dis-:
Meschäftw --— »Seht einiachs Ich
Spiritus, Wasser, irgend cln Gewim, Mk
leicht auch etwas Backe-, nachher ipmmt M
tim- Steuer tät-aus« und dann Wes "