Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 28, 1898, Sonntags-Blatt., Image 15
— - Wie heißt M « VonEinilFeretti. .Wie das nur all werden foll?« sagte snit verdrossenem Oteiiltite Gotthard Seeaeber zu feiner ll.Iiutter. die in dein Erler saß und ichafwollene Strümpfe stopfte. .Guten Abend vor Allein. das sollte man nicht veraessen. wenn man in die Stube tritt," iab die Frau zurück. und den lanaen. aranen Steinan den sie grade in der Arbeit hatte. auf das Fenster-breit leaend« die abaeniitzte, über dem Nasenbiiael mit Wolle unnvirtelte Brille herabnelimend. wandte sie sich ganz dem Sohne zu: »Was hats denn tvieder aeaeben. das-. Du drein schaust. als hätten Dir die Hühner das Brot iveaaelchnavth Was jannnerst Du denn?·' .Soll ich nicht? Wieder nicht-Z bat es aeaebent Soll ich mich darüber freuen?-« .Möcbteit Dir nicht am Linde etwas deutlicher werden. Gottheile Zum Ratben bin ich denn doch schon zu alt. . . . . . Ab. io.« unterbrach sich die alte Frau, sich erin:iernb. »dann der Wind! beut ist Quartal« da vermeintest Du ja vorzurücken; und nun ists wohl nichts?« »Seit anch nichts. Mutter! Und jetzt dauerts wieder wein Gott ivie lange, bevor eine Borriianna kommt. Den Guttvald. den lmts nocb mit hineinge nommaem der bat Glück: aber mich mö gen die Herren balt nicht« »Warum sollen sie Dich nicht mö aen. Machst Deine Arbeit so ant wie die Anderen: aber ein Traumichsnicht bist Du halt. Man muß sich bei den Derren einmal in der Zeit sehen lassen, nicht nur immer binterm Zeug stehen nnd rackem Und ein irenndliches Ge sicht rnnii man ibnen eiaen, daß sie Ei nen im Gedächtnifi bebalten." ,·S’«.bnen amEnde Narrenspossen vor machen. nicht? Wie der Gustwald zu Neuiabr beim Feste, nicht? Jch kann ihnen aber keine Liebchens sinaen und Gesichter dazu schneiden. das kann ich einmal nicht. Mutter.« »Um Du mein Gott. komm mir nur nicht in die Hine! So kannst Du's halt nicht! Na denn nieldtt Wird ja ohne dem auch aeben. Werks beut nicht, so ist’5 ein andermal!« -Du lannsts leicht nehmen, Mutter, freilich, was lieat Dir daran, aber . . ·« »Aber. aber! Wes denn noch? Ich glaube gar, Du hast richtig noch die kleine Flietsche im ZtovseZ Daß Du Dich nicht schömstl Jst das Maori, die Milc, zu Lichtmeß sechszehn Jahre geworden, und Du alter Esel denkst im Ernste daran. Dich von ibr unterhie Ken zu lassen.« Und weil Gottbold eine alnvelirende Beweauna machte, serate sie, wohl ne dämpft. aber sehr eneraisctn »Im un tettrtenen saa ich. das Weiber-Both und wenns noch so juna ist« trieotEnchin1 mer unter. Dich schon gar, Du bist ja ein Landt« Gottbcld war. während die Mutter sprach, nntoillia im Pimmer aus und al) oeaanam Dann fiel er der Mut ter in die letzten Worin ,.".-stso lassen toir das, Mutter! Inst ich nlt oeuuq bin, hast Du selbst aeioth dann werd ich toobl auch schon iin mich denken können« Damit setzte er sich ans die Osenbanl und stovste sich seine thönerne Pfeife. Die Mutter saate anei) nichts mehr. Sie wußte. wie weit sie dem Sohne ac qeniiber aeben durfte. tf in Wort varii ber und der rubiae Mensch der sich vor seiner Mutter eine aewiise ebrsiirchtige Scheu bewahrt hatte. konnte sich ver gessen nnd dann mochte es Reden setzen, fiir die er lich hinterltser am liebst-n selbst aeoriiaelt hatte. roenn er die alte Mutter darüber beitia treinen sah. Die Alte nahm wie-der den Strumpf vom Fenster-breit. schob auch wieder dieBril le vor die Nase und beaann still vor sich hin zu arbeiten. Dabei tränkte sie’s innerlich doch aanz aetvaltia, daß der Guttvald vorwärts aetomstnen und tbr Gottboid der doch aewisi der Tüchti qere war. nicht. Und dann mußte sie an die Mile denken. mit der sie ihr Cottliold durchaus nur Großmutter machen wollte. J ist ta ein nettes Mii pel,««tneinte« sie kllrjich und hielt mit W’7XW ver urvetr inne, »in-er wag thut er denn mit so nem iunaen Ding, das noch nicht einmal iür sich ielbit denken kann, gichtpeiae denn für einen Mann; und s müßte doch iein.« Grade n-ie sie das dachte. steckte die Mile ibr Gesicht durchs Fenster herein. die Wangen frisch wie ein Apfel und die munteren Augen voll iumen Feuers-: »Ist ers, Mutter Seeaeberi« rief das Mädchen rrwartunaåvoc »Daß Dich doch der Kuckuck Du Sauiewindt Nichts ist er. Muskt bnlt noch ein bischen Ge duld haben. Du." Gottbold war von der Ofenbank cufaeitanden Und ans Fenster getreten. doch bevor er io weit kam. war Mile schon davonaeiaufen. »Sitz nicht doch hart. kUtuttingZ Man wird älter· und Du brauchst auch schon »in-. Stütze ins Haus« .Weifit ta nicht. ob ich bleib, wenn die Flietiche einiiebt.« »Wirit schon bleiben, Muttinn, wirst ichon.« fante Gottheit-. indem er der Mutter über den amuen Scheitel strich. Die Miie war in auch ein beut-E sietßines Mädei. Altk- elterniose Wasse, teren Vater den icklnenden Wetter-i im »Gwßen christva zum Opfer ge llen war, lebte iie bei einer entfern en Verwnbtem in deren Wirt-Helmf! emsia ickknfitr. Für die alte Mut et Semeber hatte sie nur den einen Rissen daß sie in ibren Amen für den Ist's zu iunq war. Der brauchte sen-. die antb ein bischen Mann e fein konnte und seinentitch — schon zu einem Entschlusse gekommen war, wenn Gott-hold erst zu iitberle en begann. »Daß unsere Männer iek Erch all- so schwer von Gedanken «sind««, neinte sie ost. Aber mit dem Hei-: rhen hatte es nun gute Wege. Ehe er nicht vorgerückt, das wußte die Alte, hatte ihn nichts zu dem Schritte bewe gen können. . Wie die Mutter aber sah, daß der Gottbosd jetzt immer miit bängendem Kopfe berumging, da war ihr’s eben MFM USVL »Wenns nur eine Andere ware wie sdie Mile!« Als dann wieder einer der Kameraden dem Gotthold vorgekommen war, da nahm sich die alte Seegeber einen Rand und wan terte zu Fuße nach Klauethal zum Herrn Bergamtmanne, den sie bat, er moge doch auch ihren Gotthold nicht vergessen, der so brav sei wie Einer. Und weil der Herr Amtmann sagte: »Gewiß, gewiß, ich werde mich der Sache annehinen«, ging die Alte ver niigt nach Hause und berichtete dem « ohne, daß sein Wunsch sich bald er siillen werde. Aber das Jahr ging vrriiber, der Neujalsrsiag brachte nanchem die Vorriicknng, aber an Gotthold hatten die Herren in Hoch thal wieder nicht gedacht. Am Sonn-« tag nach Neujahr tras Gotthold, als er mit der Mutter zur Kirche ging« schon unterwegs mit Mile zusammen, die, obwohl der Schule schon entwach-» sen« auf dem Kirchenchore san-g tin-d es. nrn recht eilig hatte, l-inaufzulom-; men. » s »Dars ich nachher zu Euch kommen» Mutter Seegeber?« srug sie, die Au gen dabei aus Gotthold gerichtet. · ,,Fnrmerhii.; zu einem alten Weibe dar ein junges Mädchen schon kom men«, erwiderte die Alte. Dem Gotthold war recht bange. Ob( der Herr Pastor auch noch so schön das. .Sonntagsevangeliimi auslegte, der HGottIpld sann heftig nach, was denn wohl Mike im Sinne haben kömmt Jund wenn Goldbold einmal «dach«.e, dann war er fiir alles Andere blind und taub.U ; Die weite kam. Sie machte wenigl ’Uinstiinde. ! »Mutter Seegeber«, saqte sie, noch ehe sie den angebotenen Platz einge nommen, »es ist ein-mal nicht anders, der Gottkiold will mich zum Weib-; und ich hab ihn gern; nnd die Tante hat nichts dawider. Wir könnten ja in Gottes Namen noch warten, warum denn nicht; aber daß wir die Aufl-ie tung istiiner verschieben von einem Quartal zum andern, und es wizder Ncujcilir werden lassen, nur weil der Gott-hold nicht vorriictt, das paßt mir nicht, weiPs den Gottisold unzufrieden macht. Er trank sich ietzt eint nicht mehr nnszuschauen und schämt sich nun selbst vor mir, dis soll nicht sein. Und schämen soll sich der Mann niist erst Dich doch der Kuckui!' ri-: i die Mite, »in-s spriclt so clttlnq nnd predigt wie der Vastor am VusztaziP Lnsi sie nur mal, Mutting -ie hat ja su recht, die Mile", wars Gott liold dgiwischem »Und sivag meinst Du könnte inan its-gegen machen, Mile?« wendete er sich an das Mäd chen. »Ich meins so«, erwiderte Mile ganz energisch. »Um-weder Du lyast ein Recht «da:c.nf, vorzurücken dann niusi man sich dsag Nicht holen, oder Du lusi das Recht nicht, dinn warten wir mich nicht d ranf und saaen einfach ein siir allemal: Von heute ai) in drei Jahren gehen wir zum Panos dann tierde ich unch der Mutter nicht mehr zu jung stin, mein ich.« Mutter Und Sohn silien sich eine Weile an. lsiottiwld nictie dabei wie zustininiend mit dem Kopfe Dir thu piatite aber aus einmal los-: »Aber dig Recht bat er doch, und ich war feil-it beim Beraaintmann cini Hochtyal und Ader bit mirs «iitaesagt.« . I »Und nicin qebalten«, vollendeteMije gelassen. »Jetzt weiss ich aber wag; ich gehe zum Umtninnn Ich will doch wissen, wies mit dem stehst, der mein jMann werden tvill « » Die Alte war Zuerst wohl entsetzt, san-d auch Gotthold war nicht einiq mit Istch, old das schicklich wäre: aber die IMile benahm sich die-bei so sicher, daß et meinte, es tönt-e nichts Unrechtes sdcdei sein. Wats auch nicht! s Schon emi nächsten Sonntaa stand IMile vor dem Bergamtnmnn Herrn sZenobinö Minner. Er blickte sie ganz Mlgesiillig an, tniss sie mich einmal Weinqe und ließ sie ihr Untie gen void ringen. Er machte so, als hört-e er eifrig zu, wie die Herren das simniet ts,isin wenn sie sich den Schein von Wohlwollen geben möchten, dachte des-bei aber längst an etwas Anderes-, fix-m dann schließlich zu sagen: »Ge lwiß, mein Kind, gewiß! Ich werde mich kaes Vaters annehmen . . .« »Meines Bräutigan Herr Amt rnann . . .« »Im ja, des Bräutigams, liebes Ki , wollt weht Weihnachten Hoch zeit machen, ja, er soll seine Vorkiicks una baben.« Damit wollte dann der Herr Amt msann durch die Hinterihiire hin aus· Mile stand noch zögernd, sie til-erlegte, ab sie sich denn trauen dürfe. »Dauert zu Gnaden, Herr Amt mann«, tief sie. Der wandte sich jetzt etwas unwillig um« »Na, was denn noch, mein liebes Kind?« « « »Dosten zu Gnaden, wie heißt mein Bräueiamn?«» »Wie er heißt?« »Ja, wenn der Herr Amtmann sitt ihn etwas thun will, dann» müßte er doch wissen, für wen ers thun oll.« f Der Arn-innen sachte aus vollem Mk Seit Mzig Jahren war et kmit der ständigen BertrW-ng: »Ge wiß, gewiß, ich werde mich annehmen«, ausgelonrmen und auf einmal sollte sie einem jun-gen Mädchen nicht entl gen. Der Amstmann lachte n im mer, so daß Mile schon ji«-her und über roth wurde. Aber dann trat er an ttan Schreibtisch und nahm einen Bo , en Papier vor: »Also wie heißt er?« rug er in bester Laune »und was soll mit ihm geschehen-Z« L Das schrieb er Alles auf, tvie’s Mike ihm ansagte, nnd dann aeleitete er sie lachend an die Thür. Jn wenigen Tagen erzählte man sich die Unterrednng Miles mit dem Amtmanne aller Orten, der Asmtmiinn selbst sorgte für die Verbreitung. Und Alle lachten sie darüber-, nur die alte Seeaeber lachte nicht, denn sie mußte sich sagen, das; die junge Flietchen, die Milc, diesmal cescheidter gewesen wie sie seit-ft, denn sie erinnerte sich ganz genan, daß sie damals-, wie sie bei dem Hernr Amtmann war, um fiir den Soldn zu Bitten-Wen Namen über haupt nicht genannt hatte. Als dann zu Weihnachten Gotthold seine Vorriipluna bekam und eine be sondere Belolmng fiir seine guten Tienste obendrein, da war die Milein Aller Ali-gen gestiegen, selbst die alte Seegeber meinte: »Die hat für meinen Gcitihold Grüße genug im Kopfe.« Gotthold aber faßte sein Mädel an beiden Händen nnd drückte ihre Finer Glau, indem er mit breitem Grin en sagte: »Sie-list Du, Milc, reden muß man nur, immerzu den Mund aufma chen, Mile, dann kommt man schon zu seinem Rechte.« Die serbin Novellette vonRudolph Herzog. Eine Serbin war fie. Er hatte sie aus einem der Edelsitze lennen gelernt, als er noch als türlischer Maer im Lande stand. Sie war schön wie eine Pariser Chanteuse und leichtlebig, wie es der tolle Rheinstein selber gewesen« als er noch vor zwei Jahren die preu ßische Lieutenantsslinisorm trug. Des halb erschien sie ihm auch wie seine ei-’ ene Jugend —- seine Jugend, die schön, leichtsinnisa, aber ehrenhast gewe sen war. Nur die Gelder hatten ihn-pl ans die Dauer gefehlt. Darum hatte; er den preußischen mit dem tiirlischen Dienst vertauscht, in dein er, der fähige Osfi,3ier, es binnen zwei Jahren zum: Major gebracht. . I Nada Siritsch wurde seine Frau. Es« war eine fröhliche Hochzeit, und er oachte zeitlebens daran. Schon bei Lerj Tafel loletiirte sie mit den aeladenens Herren, das; sie sich beinahe um ihret willen die Hälse brachen. Die the » nnn die Ehe war Die Fortsetzung der Hochzeit Es bestand zwischen ihnen ein ewiger «coinL«-.it o'aineur«, reizvoll, prickelnb, aufreaan, und jener Tag brachte neue Pilanterieen, GepliinleL Lilitacken nnd Sieg. Sie war eine vor treffliche Geliebte —— nur keine Haus frau. Aber welcher Eheniann niertt Dass in den doniacnonden oder wünscht es im Bollinssitje eine-is so schönen Ge-: schöpfexi zi: bemerken Göt; von Rhein-: siein that Tedesiiallsz leineLs von beiden. Zie tolitkn mit einander Evie die Kin her, liiskten sich lnlltodt· lebten in ken, Taa hinein nnd Ver-thaten bag bischen-» Vermögen dass tsijt ansJ iems Vertaused seines zi nilich netschuldetch Vom Va-; ter ererbteii Gutes iin kUtecilenbxirai-j schen aezaczcn l):tte. Dann kam eines Zeit, wo Man-i misznintliig wurde nnd; sich weisen-: cin ihren Gemächerni txeranseulomxnein link-; Darauf war; Herr lsjötz v. klihsinstein der aluckliche Vater eine-J hinacnbegabtcn Sohne-L Der glückliche Vater! Ei gab keinen aliictlicheren, diesseits noch jenseits der Donau· Wqu sich seine lanae Reiter sigur iiber Den Sängling beugte, daß seine Haiecsriase und sein wehender-, blonder Schnurrbart den Kleinen, ver lachend nach ihm langte, sast kitzelte« so sah man eine urdeutsche thlle in galb - Asicn. Natürlich war es siir ötz eine .msgeinacl)te Sache, daß ein schönerer, kräftiger-er und intelligente rer Junge als sein Hans Georg über aupt nicht existire, und er hätte jedem weisler sicherlich den Kra en umge dreht. Nur Frau Nada s ien seinen Enthusiasmus nicht zu theilen, und während der brave Gb träumte, daß dieser S rößling beruer sein müsse, das« Ge chlecht derer von Rheinstein dereinst wieder zu altem Ansehen zu bringen, dachte sie oft darüber nach, ob der kleine Hans Georg sie nicht bald vom ersten aus den zweiten Platz degra diren würde. Sie war zu jung, zu le benglustig nnd zu gesellschaftsleichtsins nig, um sich schon mit der Würde der Mutter zurechtzusinden Es dauerte auch nicht lange, so traten Mißhellig leiten in der Ehe aus« Der lleine Bur sche brauchte Pflege, und Götz sand, daß nicht die Amme, sondern in erster Linie die Mutter dcszu im Hause sei« um darüber zu wachen. Das war nun durchaus nicht nach Frau Nada’s Ge schmack. Sie hatte gerade augenblick lich so viel zu thun, in den Solon-z zu glänzen und -n be Indern, daß ihr hausbackene Pflickue höchst satal er schienen. Die Stadt lag voll Militär. Viele sreindherrliclze Ossiziere lauten und gingen. Es nsar ein Leben wie nie zuvor, denn der politische Himmel zeig te duntle Wollen. Das war siir eine Frau wie Rad-r die keck-.- Gelegenheit, Triumphe zu feiern, nnd bald schon hatte sie die Genugthuung, daß ihret wegen ein russischer Capitän einen jun gen Herrn der d· terrcichischen Diplomasz tie im Duell s wer verwundete. Götz war wie erstarrt« als ihm die Nachricht von dem Geschehnisz in’s Haus getragen wurde. Er sah sein Weib an. —- Sie lächelte. —- Da brach »angesichts dieser orientalischen Frido ,lität bei ihm der »suror teutonicus« hervor-, und er packte sie bei der Schul ’ter und schüttelte sie, als müsse er sie zu neuem Leben erwecken. ; ,,Weib,« schrie er, ,,Weib, weißt Du denn ni t, was Du thust? Willst Du denn un er Familienglück untergraben, willst Du dem Kinde den Glauben an die Mutter zerstören, wenn es erleben muß, daß sie sich wie die erste beste Ko lette beträgt?« Sie trotzte ihm. »Geb,« wehrte sie, »ich will leben.« »Leben?« brauste er auf. ,,Nennst Du das leben, wenn Du das Leben eines Menschen oernichtesc und dem Leben Deines eigenen Kindes tein Interesse entgegenbringst2« ,,Kijmmere Dich nicht um mich.« Er starrte sie sprachlos an. Dann, seiner selbst nicht mehr mächtig, griff er zur Reitpeitsche. Bleich, zitternd stand sie vor ihm. ,,Nein,« durchzuckte es ihn, ,,sie ist Hans Georg’s Mutter. Da dars ich sie nicht entehren.« » Er ließ die Peitsche fallen. ,,Dant es Deinem Kinde,« sagte er nur. Dann fuhr er fort: »Du wirst Dich besinnen, aus Dich selbst besinnen. Bis dahin werden wir unseren gesellschaftlichen Verkehr ab »brechen.« Damit ging er. ——s -— — Vierzehn Tage daran war zwischen Ruszland und der Pforte der Krieg er klärt. Götz von Rheinstein war mit sseinem Regimente der Schipla-Arn1ee fzugetheilt und mußte marschiren. ! Der Abschied war für ihn ein schwe rer. Wenn auch siir sein Soldatenherz Hder Lockruf in’s Feld ein stöhlicher war, so drückte ihn doch schwer das Verhältnisz zu seiner Fran. Jndeß ge wann sein frisches Naturell bald bei ihm die Oberhand, und er tröstete sich mit dem Gedanken, daß das Alleinsein Mutter und Kind inniger zusammen fiihren und Nada ernster machen werde. So küßte er denn sein Weib wie in al ten Zeiten, preßte seinen Buben an sich und schwang sich in den Sattel, um ein Vataillon vor dem Fenster seiner rau desiliren zu lassen und sich als dann an die Spitze zn begeben. Ein Jahr würfelte der Kriegsgott um- daI Glück der Heere. Die Rossen wurden geschlagen und rückten, unter stützt von den tttuinänem aufs Neue vor, während die Tiirten unthätig ste hen geblieben waren. Da lam der Fall von Plewna, an dem die Rassen sich das erste Mal blutige Köpfe und bluti gen Hohn geholt, und ——— die Kapitala tion der Harima-Armee Als Ende des Jahres 1878 der Friede geschlosan wurde, entfetztc der Sultan viele seiner geschlagenen Osfiziere, ohne Gewäh runa von Pension ihrer Stellungen. Zu ihnen gehörte der Major v. Rhein stein. (5-r kam mit zerschmettertein Llrxne in seine Garnison zurück, um die Seinen zu holen und zunächst nach Berlin zu führen. Hier wollte er sich irgend einen Vertiialtnnagposten suchen. Als Rheinstein in die Garnison ein riictie, war Zieiner zu seinem Empfanae erschienen. tiin paar musziae Gasier liefen nebenher-, das war Alleg. Da die Position nach den Fsrieoengbeoiik gungen geräumt tret-den mußte, so hat ten die Einwohner bereits- das Interesse an den Soldaten verloren. tttheinstein zoa den Schnnrrbart zwischen die Zähne und sprenate seinem Hause zu· Auch hier Alles todt. Mit Miitje schwang er sich vom- Pferde, da ihm der durchschossene Arm den Dienst versagte, und schlug mit rein stnaus seiner Reit aerte argen dieHausztlyiiL Dann horchte er, fieberhaft erregt. lieber ten Flur schleppten sich langsam Schritte tiine Stimme fragte, wer draußen sei. »Ausmache«i!« rief er, und in dem selben Moment wurde drinnen der Nie gel zuriickaeschobm »Heilige Jungfrau -— der Herri« ,,Wo ist meine Frau?« fragte der Heimtehrende erregt, nnd schüttelte die Amme ab, die ihm die Hände tüßte. O die Frau, die Frau —- —,« jam merte die Alte. »Welch ein Glück, daß wenigstens der Herr zurück ist.« »Meine Frau ist nicht hier«-« ,,Fort,«' stammelte dir Alte, »fort, mit dem ru fischen Osfizier, der innner in’s Haus kam. Bald eine Woche schon«.—— Der Masor hielt sich an der Wand. Mit weitausgerissenen Augen stand er vornübergebeugt und wollte sprechen, etwas fragen. Aber die Stimme ver sagte ihm, oder der Muth. Endlich, nach qualoolletn Ringen, brachte er es heraus: »Und Hans Georae —- mit fert?« ,,Gn«cidigster Herr,« weinte die Alte, »gn«cidigster Herr, es ist krank, das Prinzchem aber es wird ja gesund wer den, wenn es seinen lieben Papa wie dersieht.« »Der Junge ist l)ier?« Mit zwei Sätzen war der Major an der Amme vorbei nnd in's Zimmer e stiirzi. Als sie langsam nachtani, Fug er neben dem kleinen Bettchen, aus dem er das Bübchen herausgerissen hatte, unt es wie ein glücklicher Jrrsinniger mit Küssen und Sclnneicheleien zu be decken. Die Nacht machte er bei dem Kinde, Nachdem die Alte vorher einen Doktor herbeigeholt hatte. Er sprach kaum. Nur kurze Befehle gab er, die sich auf das Kind bezogen. Eine lan ge, bange Woche verstrich. Dann konn te der lleine Ztveijährige das Beitchen verlassen und an der Hand des Vaters Gehvetsuche machen. Der Maer sah aus, als habe ihm nie so strahlend die Sonne des Glücks geschienen. Von seiner Frau hatte sich unterdeß ein Brief vorgefunden Mechanisch Yhatte sein Auge die Zeilen gelesen, die sthm mittheilten, daß sie sich von Ka pitän Kavalow auf das Gut einer Ver Iwandten geleiten lasse, um von dort Haus die Scheidung zu treiben. Sie ginge jetzt, da sie seine Ankunft mit ze dem Tag annehme-, und deshalb Hans Georg ruhig für die kurze Zeit der ltreuen Amme überlassen könne. Eine lEhrlosigtkeit habe sie sich nicht zu sSchulden kommen lassen —- der Kapi «tän stehe ihr vorläufig noch nicht näher wie ein anderer Courmacher. Sie war te die Scheidung ab um alsdann wei ter über sich zu disponiren »Es-tue Ehrlosigbeilt« — murmelte Rheinstein und lachte bitter. »Ist es etwas Anderes, das Kind sich selbst zu überlassen, ohne zu grübeln oder zu wissen auf wie lange. Wenn ich nun gefallen wäre? —- ·O, daran hat sie nicht gedacht. Sie benennt ihre schöne That einfach eine Laune, höchstens eine lun"ii«berlegt-eEapr-ice, jugendlichenLeicht I sinn oder To etwas — wenn sie über upt darüber nachdenkt. —- Gine Ehr osigkeit? -—-Ja, glaubt das Weib denn, dazu gehöre ausdrücklich, daß sie mich auch noch in der Ehre betrügt —?« Er sprang auf und durchmasz das Zimmer, finstere Falten auf der-Stirn. f »Ich habe sie zu gut behandelt —- ich shabe zu viel den Liebhaber gespielt und zu wenig den Mann gezeigt. Liebha jber kannte sie die Fülle, Männer nicht. s— Donnerwetter,« schrie er plötzlich Imit mecklenburgischer Wutl), »priigeln hätt« ich sie sollen, Prügeln — —!« ) Der kleine Hans Georg kam in’s Zimmer gewatschelt, und im Nu lag die lange, verwitterte Reiterfigur am Fußboden und ließ sich, so gut es der Arm eftattete, als Pferd, Wagen und Schiff- benutzen. Dabei brüllten Va tLg und Sohn vor Vergnügen um die ette. t »Ein ganzer Kerl,« schmunzelteGötz, als Hans George elendiglich vom Knie esallen war, und ohne zu inuctsen, so Fort wieder hinaufstie . »Famoser Schlag, der Bengel, hasseutlich mehr mecklenburger Rate als — —.« Er verschluckte sich,beugte sich liebevoll iiber denSohn und versetzte ihm einenK"laps. Daraus wurde das Spiel sortgesetzi, bis der Kleine müde wurde und endlich teinschliesi Da die Amme in die Stadt gegangen war, um Einkäufe zu besor gen, so knöpste Götz höchst eigenhändig dem Bübchen die Kleider herunter und wickelte den Schläfer iu dieFederdecken. Noch einmal küßte er ihn behutsam, indem er vorsorglich den langen Schnurrbart am Kitzeln hinderte. Als er sich erhob, wurde er weiß wie Kreide. Jn der offenen Zimmerthiir stand Frau Nada. ; Götz that einen tiefen, tiefen Athem zug. Dann streckte sich sein Arm aus. ) »Hins.1us!« sagte er halblaut. »stei snen Schritt weiter an dieseI Bettchen. tHinaule« Und da ·ie sich nicht rührte, ging er san sie zu, faßte sie beim Arm und stieß ;sie über die Schwelle in das Titels-en Izimmer. Leise schloß er erst die Ver bindungsthiir Und wandte sich dann nach ihr um. Mit zorndurtlem Ge sicht trat er ihr näher. »Du —- Du wagst es s— hast den Muth und kommst — kommst wahr haftig in dieses Hai(·5?« ,,Weib,« rief er empört und zeigte mit der Spitze seiner Ztteitgerie, die er von der Wand gerissen, nach der Thür. »Muß ich es Dir erst noch sagen, wo Du hingehörst, nachdem Du Dein stind im Stich gelassent Auf die Straße! Auf die Straße mit Dir!« Und als sie immer noeh nicht Miene machte, zu gehen, verließ ihn die Be sinnung. H »Das Verdienst Du, dast« Die Reitgerte fuhr pseifend über ih-» re Schulter-. - Dann war es ganz still zwischen ihnen. t Götz lam zu sich. Gliihbeiß über Ham ihn die Scham iiber seine That· tDie Peitsche fiel tlatschend auf den HFußbIdeIL Doch als habe die Frau Jnur darauf gewartet, bückte sie sich tblitzschnell hob die Gerte, die sie ac Fschlagen hatte, auf und küßte sie. Götz Inahm sie aus der Hand und brach sie jin Stücke. Er war mitleidig gewor iden bis in’s Herz hinein. ,,Weshalb kamst Du,« sagte er leise. » »Ich wollte Euch sehen,« tönte es kaum hörbar zurück. t »Dann hättest Du,ja hiekblkben kön nen.'« — . Wieder Stille. —- Er wurde unge duldig. - »Also weshalb gingst Dr?« - »Ich war eisersiichtig,« kam es ge quält iiber ihre Lippen. i »Eisersitchtig —?-« wiederholte er er staunt. »Doch nicht etwa aus mich?« »Au; Hans Georg.« »An — auf unseren Buben?« Sie nickte. » »Sag mal,« begann er nach länge rem Nachdenken, »ich nehme an, daß Du nicht gekommen bist, um mir Mär chen zu erzählen. Sonst —!« -.Gö;.!« Sie streckte ihm flehend die Hände entgegen. Der Ton der Stimme hatte ilyn sonderbar berührt. »Götz,« fuhr sie plötzlich mit fliegen dem Athem fort, »ich ·habe, so wahr Gott lebt, immer nur Dich geliebt, ra send, toll, Du weißt es. Dann kam Hans Georg. Und aus einmal wur dest Du anders. Zuerst mit Liebe ver wöhnt, sollte ich mich jetzt mit Ueber bleibseln begniigeir. Jch begann mit Dir zu kokettiren —- Du sahst es nicht. Dann kotettirie ich mit den Herren der Garnison und machte sie zu meinen Sklaven, um dadurch wieder Deine Aufmerksamkeit zu erregen. Verge bens. Jch trieb es ärger, biö zu dem Tag, der dem jungen Oesterreicher bald — vUms Leben elostet hätte. Da erwach test Du. s her nicht, um mich anzuse hen, bewundernd, voll heißer Liebe wie rüher. Du griffst zur Peitsche und —- Du schlugst mich nicht. Nicht so viel liebtest Du mich mehr, daßDu mich schlagen mochtesi.« , Der lange Götz raffte sich gewaltsam aus seiner starren Verwunderung auf. »Aber, Mensckxnkind,« platzte er los, »wenn mir die Situation nicht zu ver dammt ernst schien, würde ich sagen: das sind ja ganz gottoolle Liebes-bewei Ise. Schläge!« I »Dann kam der Krieg,« berichteie ,sie hastig. »Und während ich hier saß jund aus Deine Heimkehr warete, wuß fte ich, daß ich wahnsinnig werden müs ise, wenn Du mir nicht wieder Deine zganze Liebe schenktesL Jch hörte, in jwenigen Tagen kommen unsere Trup pen zurück. Da ließ ich mich schnell jdurch Kapitän Kawalow auf das Gut meinerVerwandten bringen. Der Narr Idachte —« und mit einem Male be kgann sie silbern zu lachen wie ein über ’miiihiges Kind —- «der Narr dachte, ’es geschä um seinetwillen!« Ernster werdend uhr sie fort: »Ich schriebDir »den Abs agebricf. Jch dachte: jetzt wird ;er wüthend. Jetzt setzt er Himmel und Hölle in Bewegung, um mich wieder zu erlangen. Aber Du kamst nicht —- und ;da——d.a erschrack ich in den Tod: Wenn »es aus ist? Da hab’ ich über mich und Dich und über das Kind nachgegrübelt —- und da ist mir erst mein Leichtsinn auf's Herz gefallen. —- Götzl wenn ich an Dich dachte, vergaß ich Alles, Alles! ;Damals! Jetzt, in meiner Einsamkeit, Ibegann ich mich nach meinem Hans IGeorg zu sehnen, meinem und Deinem fKind, und als ich eintrat-sehen, welch« fschlechte Mutter ich gewes n, schwur ich ;mir, ihm von nun an Alles zu ersetzen, idoppelt und dreifach« ) Götz hat sie ausreden lassen. ! »Auf meine Kosten?« fragte der bie dere Mensch endlich lächelnd. ’ Sie schaute ihn mit fragenden Au gen an. Dann that sie, schwankend, einen Schritt gegen ihn. »Komm nur,« sagte er und preßte den Sturm der Gefühle zurück. »Deine Prügel hast Du ja schon weg. Den Beweis, daß es mit meiner Liebe also doch noch irgendwo her is .« Sie hatte ihn schon umschlungen , während er noch sprach. Sie lachte und weinte und küßte ihm die Worte von den Lippen herunter. »Da hinein, marsch!« wehrte er sich, schob sie sanst in das Schlafgemach Hans Georg und schloß die Thür hin ter Mutter und Kind. — »Sie ist eine Serbin,« murmelie er und schüttelte den stopf. W ; Der Kuß der Musc. IWie dichtet so fröhlich es sich beim i Wein. TDa kommen die ifteixne aefloaen! Die schönsten Lieder, die hab’ ich nllekn Aug dem vollen Becher cicsoaem Und ist im Winter bei Sturm-gebrau; Mir Wein durch die Adern aeflossen, So jauchz’ ich ein jubelndes Lenzlied hinaus. ’Dcnn in mir ist Frühling entsprossen! lind alle die Fleisch-en mit funkelndem . .. ka Sind mir Madchen im tooaenden Mie der: Beim nächtlichen Hosen, da fallen mir ein Die wonniasten Liebeslieder. — Und meines Geistes voetischerScsnoung Entlxebt mich den irdischen Qualen, Es glüht in hoher Besaeisternng zDie Nase mit röthlichen Strahlen. Sie leuchtet so bell. wie ein glänzend Gestirn Das kommt von des Dichtens Exiase, Mich küßte die Mustez anstatt auf die 1 r n. Jrrthiimlich wohl auf die R a se! Gedankensplttter. Ein M a n n von Geist widerspricht nicht, eine F r a u von Geist thut nichts Ilieber als widersprechen Il- I It Fvaae erst welche Erziehung ein Mensch genossen hat« bevor du thn oerdammsi. is- t si Die Treue des Hundes ist darum so iriibrend weil er sie nicht durch Worte, sondern durch Thaten ausdrückt. si- i s Häufia sucht man sein Glück, wie man seine Brille sucht. die man dabei aus der Nase bat. Ist II Die Redensart »Das tkmt mir leid« ist dic verbreitetste Lüae. a- sk so "’ Es ist oft leichter. eine qlänzende Rede zu halten, als das rechte Wort zu finden. si- si Der Zweifel ist der Sara des Glan bens und die Wieae der Wissenschaft o is « Durch die Liekbe bat Mancher den Verstand verloren. durch Den Verstand Manche-r die Liebe. » i i · j Aus Hunderttausende. die von ek sur Sache le be n kommt Einer, der Dafür stikb t. »Aber Herr Wirth. in dem Bier ist »ja eine Flieae ersoffen!« « »Ja .mein, ich kann nit in jeden Krug em Brutmason hängen!·«