Friede. Eine AltejunaferwGefchichtr. Von Anna Gräfin Pongracz. il. Fortsetzuna., Auch heut« warf sie einen flüchtigen grüßenden Blick nach der hohen, stei nernen Freundin, während das Rou leau herabrolltr. Dann übertam sie wieder die ganze, mächtige Emfindung ihres Glücks. Still schloß sie das Fenster und begab sich, von dieser Glücksem findung getragen, heiter an ihre mülz elige Beschäftigung. Hie und da war thr, als tlänge Zigeuner - Mu t an ihr Ohr, -— die Musik, die Gen a je t in der «Hungiria« beim Sou r hdriez sie schaute dann wohl einen ugenblick träumend vor sich hin, ar beitete aber gleich wieder pflichtgetreu weiter. Morgen würde sie ihn ja wie dersehen, und übermorgen, und alleTa-— ge! Und bald, — hatte er gesagt, — ipjirden sie für immer ganz desammrn ern. L E I Am nächsten Sonntag machte Lente sich des Morgens auf, um jene zwei åimrner in Augenschein zu nehmen. — ie ging allein: Geyfa tonnte immer nicht abtornmen, wenn«·nian aber noch länlfer zögerte, so würde die Wohnung die eicht anderweitig vergeben. Deg halb hatte Geysa Les-le gebeten, erst allein nachzusehen, ob es überhaupt et was damit sei, dann werde er sich je denfalls in den allernächsten Tagen frei machen, um mit ihr nochmals hinzuge Tshen und abzuschließen. Als Lente die Treppe in dem frem: den Hause hinausging, begegnete ihr eine Amme mit einem Kinde auf den Armen, das- in zierlichen Decken gehüllt war. Lente blieb stehen; sie konnte schwer an einem Kinde vorübergehen, ohne stehen zu bleiben, und dieses hier war so reizend. »Wie alt ist eg?« frag te sie die Amme, der die Bewunderung des jungen Mädchens sichtlich schmei chelte. »Drei Monate!'« »Erst!« Lente warf noch einen Blick aus das kleine, rosiae Geschöpf und schritt dann, freundlich grüßend, wei er ihrem Ziele zu. Die Wohnung ge fiel ihr ausnehmend gut: welch ein liicklicher Zufall, daß sie sie entdeckt åatttz und daß de: Preis stimmteTTie iiche mußte man tünchen lassen, im iihri n war alles nett und rein. Die Aus icht von den Fenstern auf die Do nau hinaus entzii te Lente und würde Geyfa entzücken. Und wie groß und hell die Zimmer waren! Jn Gedanken begann Lente sie einzurichten Ob al les gut Platz haben würde? Dort, im Hintergrunde wäre ein geschütztegWiw kelchen für die Wiege, dachte sie plötzlich und erröthete im nächsten Moment ries, obwohl sie sich ganz allein befand, denn die Hausbeforgerim die ihr die leerste hende Wohnunkg geöffnet hatte, saß in der Küche war en auf einer alten Kr e —- -- ; Es war sonderbar: Wenn Lente sich die Zukunft ausmalte, übersprang ihre Phantasie stets eine Stufe: sie dachte sich immer als Mutter. Kam das da her, weil sie viel Liche zu Kindern ge habt hattet Sie war nicht ohne Nei gung fiir den Beruf Lehrerin amor ken. Aber dreißig fremden Kindern Lesen und Schreiben beizubringen und sie außer den Unterrichtsftunden nicht zu sehen, das war nicht das Wichtige Wie anders, ein Kind im mer um sich zu haben, es sein eigen nennen, ihm alles zu sein, wenig s, so lange es noch klein ist: Hort und Schutz und Vorsehung, so weit dies in menschlicher Macht liegt. 1 Lenke ging in die Küche zuriick und Este der Haushesorgerim daß sie · gftens übermorgen bestimmten Be chetd drin-gen würde. Nun wohl, so r e könne gewartet werden, meinte die rau, die das junge Mädchen nicht ohne Sympathie betrachtete; aber Sän nicht, denn es hätten schon ver-f Ekel-sent andere heute auch Gefallen an Mung gefunden. ; Lenke beeilte sich heim-zukommen; see tte sich über die Zeit aufgehrlten,i ei chlug zwölf Uhr. Schon im Bor irnmer hiirte sie fremde Stimmen aus r Whe reingem das mußten . Oeysckö Verwandte sein. Dann war u auch da! Eben erklang auch sein Lachen, sein liebes, fröhliches Lachents « Rasch und freudig öffnete sie die Thür und trat ein. i Das erste, was sie erblickte, war« Oekszi. die in ihrem gewöhnlichen,! n.it Flecken aller Art befäelen Schlaf trcke, der noch dazu nachlässizq zuge bskpft war, in einem Lebnituhle lag, —ein unangenehmeg Wunder, das die Neugier-de vollbracht haben niußte.Auf dem Sopba saß Bei-tha, fo steif, als he sie ein Lineal geschluclt, und ne iht eine sehr elegante, noch recht Isgendliche Dame Dann kam der leim, weißbaatiae Curial-Richte:, dem man seine neue Würde von wei tem ansah, und kann ein blühende-z Esparzbraunez scht zierlich gekleide , junges Fräulein, mit dunkeln, et was blitzendem neugierian Augen, ne ben dem Geysa gesessen hatte, der bei Denkst Eintritt aufaesprungen war Fa fee nun der Gesellschaft zugeführt e. ! « Alle mit Ausnahme der beiden Tan ten erhoben sich. Die Frau Eurial Richtet küßte Lenle freundlich auf die Stim, Mrisla auf feine beiden Wan gen, W sie aber eigentlich die g Ien nur so hinhielt der Guttat-M der schütle ihr die sind indem er M ziemlich Miit benach e. Etwatjannalteehett,dem . das erlaubt ein mußte. ! M ett M ein W blieb i,..:«stee W Man nahm wieder Plat; ein et was mähseliges Gespräch das nickt recht fort wo-.llte kam in Gan. Die Frau Eurial- Richter hatte da im net dasselbe liebenswürdige Lächeln auf den Lippen, der Herr Quid-Rich ter ireuzte die hönde über dem golde nen Kropf seines Stockes und schaute cnhaltend darauf nieder, als suche eri ängstlich zu vermeiden, daß sein Blicks tie neben ihm sitzende Oerszi streife,— er hielt pedantisch auf Reiniichkeit,—— urd Marista s Augen wurden immer großer und immer neu-gierigen Die ist ja alt!« hatte die Achtzehnjiihrige frfort beim ersten Anblick der Achtund znanzigjährigen gedacht, und diese Entdeckung kam ihr gar zu merkwür dig vor Gehfas Braut ein so un jurges Mädchen! Konte man sich das vuftellen? Geyfa war so jung und so lustig! i Lente hatte den Verwandten ihres Biäutiaams herzlich entqeaen zu korn n.en gedacht es wäre ihr dies natür-; lich gewesen. Aber sie brachte es blon zu der gesellschaftlichen Liebenswijr-t dir-kein die ihre Wohlerzoaenheit in» diesem Falle von ihr forderte. Es blie-« ben für sie Gensa’s Verwandte, — aber sie würde diesen Menschen nieI riikser kommen, das wußte sie nun. EZ bniihrte sie fast verwunderlich, Gehsa so vertraut mit ihnen zu sehen I Das Peiulicbste war ihr seine Be sangenheit, die er nicht ganz zu ver bergen vermochte. Er that ihr leiLH und sie machte sich Vorwärfe, daß sie nicht besser vorgesorgt hatte, um ihm wenigstens die Verlegenkrit über Oerszks Erscheinung zu ersparen. Sie ahnte nicht, daß ihn in diesem Augenblicke ganz anderes beschäftigte Wenn er auch nicht dasselbe dachte, wie LJicrista ——- neben deren fast noch tnospenhafter Jugend fiel es auch ihm auf, daß Lente eigentlich verbliiht sei. Ten Jahren nach war sie wohl nicht alt. — aber Kummer und Nachtm bsit und geplagte Tage und rie jahre lange, guälende Ungewißheit über die Zukunft ihrer Liebe, — die wollten arch gezählt sein. Gestern, da er in der Dämmerung die Spuren, die alles dies zurückgelassen hatte ,nicht sah, da rührte ihn die Erinnerung daran,heute bedrückte sie ihn. Lente war schöner als Marista, das sagte er sich auch jetzt, da er sie beisammen sah; aber frisch wie diese, war tsie nicht! Die Visite währte nicht sehr lange Man verabredete fiir den Nachmittag eine Fahrt nach der Margarethe n- Jn- « sel, an der Lente theilnehmen sollte, und dann brachen die Herrschaften auf. Gchsa begleitete seine Verwandten, um« nrch einen Besuch mit ihnen zu ma-Z chen; nach dern Essen würde er Lente abbolen Vor dem Hause hielt der Fiater. der tie Gesellschaft nach Pest zurückzubrin gen hastr. Das Gespräch wurde im ner noch gezwungener. als die Vier im Wagen saßen: die Eltern irn Fond, then gegenüber Mariäta und Geysa. Der Curialrichter zeigte den Seinen im Vorbeifahren verschiedene Verein-Z drrungen, die das Stadtbild in den letzten Jahren, — den Jak: ren eines mächtigen Aufschwunges, ——— erfahrent batte und stellte hie und da eine Fragek an den Neffen, der alle diese Jahre eint Brwohner der Hauptstadt gewesen ist. Marista blickte aufmerksam umher· und lachte alle Augenblicke laut auf,« weil sie im Straßentreiben bald Dies, bald jenes entdeckte. was sie komisch; sar.d, oder auch nur· weil sie, wie alle user-nöthig sorglosen jungen Mens schen überhaupt gern lachte und dazu nicht erst einen wirklichen Anlaß sie-J braucht. ( » Sie sah dabei allemal nach Geysa. ais erwartete ste, daß et mitlachen wurde Zu anderer Zeit wäre es ganz sicher geschehen; aber in diesem Au genblicke zeigte er eine zerstreute, zusi getnöpfte Miene. Er befand sich in« einer sehr schlechten Stinimun nagt trer tIhn dieses lustige Lachen s rinlich reiz s Von Lentes Tanten wurde gar nickt-t, von ihr selbst nur sehr wenig ge Lsprrchen »Sie ist sehr lieb, —- sie Muß trübe Tage durchgemacht habe heul« s—'rat war so ziemlich alles. Gehsa hätte seine Braut von den Verwandten rn warm und rückhaltlos loben ge setz wssie verdiente es doch! Er hätte Fetvii rrscht, daß man ihm gratultrt, hm iv recht hetziich prophezeit hätt-. , er an ihrerSerte lebt glücklich i Erden würde. Davon war nun teine Mk. l »Sie kennen sie nicht näher«, sagtes Her sich; »«sie kennen sich nicht so, wie ichs sie kenne.« l Dennoch lag noch ein Schatten aus seinen Zügen, als er uni drei Uhr kam, ,Lei.le abzuholeri. ) Sie sah den Schatten; sie war lschon seit Vormittag nicht mehr froh. ’Bertha’s Bosheiten, denen fie wah )rei.d des Essens ausgesetzt gewesen, Ldie hatten nichts zu sagen; aber das lHerz lag ilir schwer wie Blei in der )Brirst, —- sie wußte selbst nicht recht war-mai Mechanisch hatte sie sich geschmückt fiir den Ausslug, hatte ihr hübschestes IKleid angelegt, das sominerliche hell bloue Kleid, das Geysa an ilyr liebte, m d dabei im Spiegel die Bemerkung macht, daß sie bleich und matt aus ehc, und dami» daran gedacht, daß das neben Mariska doppelt ausfallen Iwiim Aber si- ivak schau. ais Geysa sich mii ibr verlobte, nicht mehr a t-( gehn Jahr alt gewesen und hatte i nis rch gefallen! Und wie osst batte er ihrs either ges i,· daß sie schön sei, undi asi er ihre einen Züge ilber alles sehrI lieblich fände. Also, was sollten denn» diese dummen Gedanken! Wenn sie ex tücklich sein würde, gern glücklich u ! st. wärt-e ri- aus noch ein-ai· frisch und blühend werden «- weht vielleicht. cis sie es se gewesen. Wie viele blühend schöne Frauen von drei ßiq, von weiunddreißig Jahren iedt es, auch ie würde so werden, iebe nnd Glück würden sie dazu machen. Sie wußte es, —-— bestimmt wußte sie es. Sie fühlte tief, daß noch eine Fille von Kraft in ihr lag, und daß sie der Blume gleichen wiirde, die lan ge im Schatten gestanden liai Und sich nun im Sonnenlicht doppelt reich ent faltet. · Ader es half ihr alles nichts; derj dumpfe Druck wollte nicht von ihr wei-, elfen; sie hatte aroße Mühe, Geysalkar nichts davon merken zu lassen. ndj so gingen sie, scheinbar unbefan en mitz einander plaudernd und doch je S inis net-lich in seinem Gleichgewichte e-; stört, zum Landungsplatz derDamp er hinunter. Die Margarethen-Jnsel ist eine grüne Perle im Schmucke von Budasf resi. Am allerfchönsten erscheint sie,l wenn sie einsam in ihrer Muschel! ruht, —— der schimmernden Donau. Nur dann genießt man den ganzen Reiz ihrer zaubervollen Frische, die in solcher Nähe der großen Stadt vors-l Pelt mächtig wirkt. Aber leider ist die Maraaretheiiin sel fast nie einsam, — außer in den friihen Stunden des Morgens«—und am allerwenigsten an einein Sonn tag-Nachmittage. Ein übekdolles Schiff nach dein andern lam herange danivst iind entlud immer neue Men sckeiischwiirme, die alle Wege undPlätze des nicht sehr ausgedehnten Eilandes iiberslutheten Von den Kaffeehcii srn schmetterten Militiir-Musilban den ihre lauten Klänge in das Gesurre und Getreibe hinein. Alles in allem gehörten robuste oder stumpfe Nerven dazu, uin den Aufenthalt hier heute angenehm« ja nur erträglich zu finden. Die Familie des Curial-Rich ters hatte offenbar solche Nerven aus der Provinz mitgebracht; ihr gefieks in dem Gewühle, das für sie etwas Neues war. Aber Lenle litt darunter; sie wiinschte sich weit fort von all die sen geputzte-n, schwatzenden« gaffenden, lärnienden Menschen« irgendwohin an einen stillen, traulichen Ort« wo sie mit Geysa allein wäre. Wohl ging sie als seine Braut an seinem Arme; aber an seiner anderen Seite ging Marisia in ihrem grellrothen Kleide und mit ihrem grellrothen Sonnenschirnie, die Lenke in den Augen weh thaten« ja sie zuletzt förmlich hypnoiisirten, und ob wohl Gehsa sich sichtlich bemühte, seine Aufmerksamkeit der Verlobten zuzu wenden, vergaß er sich doch alle Augen blicke und lachte und scherzte mit der munteren Sonst-sie« als sei Lente gar nicht anwesend. Er war mit einein Mal aufgeregt lustig. Hinter den drei jungen Leuten schrit ten die Eltern, die leise« —— aber doch nicht leise genug fiir ein feines erreg tes Ohr, —- Bemerlungen mit einan der austauschten. Leute glaubte Worte zu vernehmen wie: ««3u schade! — Eine llebereilung! ——— Nicht mehr zu ändern! —- Sie hätten so gut zusam men gepaßt!« — Vielleicht bildete Leute sich das auch nur ein. — Endlich hielt sie es nicht länger aus. Ganz plötzlich, ohne recht u wissen« was sie that« zog sie ihren .1rm aus deni Gehsa’s und eilte der Gesellschaft voraus. Sie tannte die Jnsel genau. Da herum« bei der Ruirie« mußte ein schmaler Weg sein« der zu einer versteckten Stelle des flachenUfers führte. Dort würde es still sein« dort waren gewiß teine Menschen« dort wollte sie hin. Mehr dachte sie nicht. Erst als sie unten war und die Wellen sah, wie sie den Sand bespiilten« über lain sie ein unwiderstehlicher Zug nach dem Wasser, eine untlare, aber über wältigende Vorstellun , als würde »alles gut« sein« wenn ie nur erst drin wäre in den grünen Fluthem als miiise sie« um jeden Preis, geradeaus hinein schreiten. Es war eine vollständige Sinnesverwirrung «Leiite!« rief Gevscks besorgte Stimme« «geh’ doch nicht so weit hin aus« Du holst Dir nasse Füße!« Schon war er auch bei ihr und legte ihren Arm wieder in den seinen. «Weshalb bist Du uns higggegans ni« fragte er« nicht ohne angen it, aber ohne etwas von dein Zustande zu ahnen« in dein Lenle sich noch eben befunden hatte. »Ein Scherz! Jch wollte sehen, oh Ihr mich finden würdet«, lächelte sie mit bleichen Lippen. Auch Makista war herangekommen. Jhre jungen Augen scheuten Lenle ver wundert an. Jn diese-n Momente trat es besonders start hervor, daß sie noch etwas Kindlicheg, Unreises in ihrem Wesen hatte, das sie vielleicht immer behalten würde; est-er der Zug, der in den Winkeln ihres rothen Mundes, des xen Lippen zu dick und statt aufgewor en waren, —- es schimmerten jedoch prachtvolle Zähne dahinter, — sasH sprach nichtsdestortseniger oder vielleichts gerade darum unvertennbar: »Was ich( mir in den Kopf setze, das pslege ich su! erreichen.« « Für jeyt sand sie es an diesem Platz-; then « anz rei endl« Und was es daj iie schöne Kiefelsteine ab! Sie bückte ich, hob eine Handvo auf, warf diel größere hellste wieder sort und stecktet ’die andere in ihre Kleidertasche, dteE tdavon Tulett ganz schwer wurde. Wo-’ ) u sie ie Steine mitnahm, wußte sie sfo wenig, als es sonst jemand wissen konnte. Sie gesielen ihr eben. Dann trat man den Rückweg zu den Eltern an, die ans einer Bank ziemlich ungeduldig des Wieder-Geschehens der Jugend harrten, deren plötzliches Ver chwinden hinter der Rntne ihnen ni ans-verständlich geworden war. Pan n es an der Zett, sich nach elem Tische vor einem Kasseehause umzu sehen, in der Nähe der Musik, um bei deren Klängen Eis essen zu können; in der Hauptsache war man ja dazu hergekommen. Das Brautpaar ging wieder mit ein ander. Geysa sprach sast nicht mehr mit Maristcn Auch später, bei der abendlichen Heimfahrt aus dem Schiffe, das den gleich einer Jllumination stim mernden Lichtern derStadt zu dampste, hatte et nur Sorgfalt siir Leute, und als er sie dann nach Hause gebracht hatte und im Vorzimmer von ihri Abschied nahm, wobei das verschlasenet Dienstmädchen wartend die Kerze hieltJ tiißte er nicht nur ihre Lippen und ihre; Augen, sondern auch ihre Hände mit; besonderer Zärtlichkeit Sie erwiderte; seine Küsse nicht, lächelte ihn aber liebe-: voll an, ehe sie sich trennten. »Er ist so gut, —— und so reuig!" dachte fie, als sie allein in ihrem Zim mer stand. Sie ließ sich angetleidet auf das Bett fallen und preßte das Gesicht fest in die Kissen, damit dic Tauten, die imä Nebenzimmer schliefen, ihr herzbrechenH des Schluchzen nicht hören sollten. l Ein neuer Tag kam, und Lente he gab sich wie an jedem Morgen derWoche in die Schule, um Unterricht zu geben.3 Es wollte anfangs nicht recht gehen damit, — die Kinder sahen ihre zer-; streute, blasse Lehrerin erstaunt an, -—-; aber allmählich beruhigte sie sich gerade im Zwange der Pflicht. Als sie heim-; lehrte, fühlte sie sich wieder frischer und hoffnungsvoller. Es war doch eigent-« lich nichts geschehen; ihre Nerven waren i gestern überreizt gewesen· : Nachmittags erschien Geysa sehr« pünktlich. Ein starkes Gewitter brach aus, taum daß er eingetreten war und so mußte man heute zu Hause bleiben. Während Oerszi in der Küche han-« tirte, um das Abend-drob herzustellen, an dem Geysa, nach langer Zeit, wie der einmal theilnehmen sollte, und Bertha auf ihrem gewöhnlichen Platz am Fenster Wäsche slictte, sasz das Brautpaar in der zweiten Fensternische. Gehsa hatte ein Buch mitgebracht, das beide schon längst gern tennen lernen wollten und las vor. Blitz und Don ner waren vorüber, aber ein eintöniger Regen tlatschte nieder. Lente hielt die sände müßig im Schoße und sah auf eysa. »Er liest ebenso zerstreut, trie ich zerstreut zuhöre«, dachte sie. Beim Nachtmahlzeit fühlte Oerszi sich geschmeichelt, weil der junge Mann der von ihr bereiteten Speise Ehre an that; aber Berlin-is scharfe Stimme fuhr sofort dazwischen: ,,Bilde Dir nur nichts ein! ———- Man tann sich auch zum Essen zwingen." »Alle Here!« dachte Geysa erbittert nnd wunderte sich, daß erLente’s unan genehme Umgebung drei Jahre lang zu ertragen vermocht hatte. »Wenn Sie mich meinen, Bertha-neni, da sind Sie im Jrrthum! Jch finde diese C.otelet ten in der That vorzüglich, bessere giebt es in der ,,Hungaria« nicht. Bitte noch eines!« I; Lente stach nur so ein bischen mit der Gabel aus ihrem Teller herum. j Bald, nachdem man abgegessen hatte,s ging Geysa fort. l »Du siehst mäde aus, liebes Herz«, sa te er zu Leute, ,,wahrscheinlich von« ge tern; dieses Menschengedränge aus dem Schiff und auf der Jnsel wars auch wirklich schauderhast. Es wird Dir gut thun, heute sriih die Ruhe zu suchen." Lente tämmte vor dem Schlafenge hen ihr Haar. Morgen sollten sie wegen der Wohnung Be cheid sagen; Gehsa, wußte es, hatte i noch am Sonn-s tag Vormittag, vor den Verwandten, ihren freudigen Bericht erstattet; -—— er war heute mit keinem Worte auf die Sache zu sprechen gekommen, und so hatte auch sie davon geschwiegen. Offenbar Zeile er die Dringlichteit der Angelegen it vergessen und dachte gar nicht daran. Es würden also andere Leute in die freundlichen Zimmer einziehen! Ob es gliickliche Leute sein werden . . . Leute, ie eine Wie e mitbrachtenl . . . Wo sie un Geysa wohl eine anderes Wohnung finden würden? Der hoch-! Egid-Armut war so nahe! Weniget · Sie holte den bereits getauften Myr- E thenlranz aus seinem Catton und setzte ihn vor dem- Spicgel auf. Aber das erschrak sie, weil sie bei der schlechten; Beleuchtung durch die tleine Lampe sol unheimlich blaß darunter hervorsahs Und plötzlich tam es ihr wie einl Traum vor, daß sie diesen Kranz ira gen würde. — Die Familie des Curial-Nichters5 war nun in ihrem schönen Hause instal-4« lirt und gab eine roße Soiree, um es einzuweihen und i re neuen Bekannten sum sich zu versammeln. Natürlich war1 Leute eingeladen, nachdem Gehfcks Tante zuerst vorsichtig in Erfahrung gebracht hatte, daß der Seidenftoff, den sie seiner Verlobten als Brautgeschenti geaebem bereits zu einer Toilette ver-i arbeitet sei. Das Kleid war von Lenie ihrer kleinen Ausftattung beigefügt worden, die sie in den Jahren ihres Brautftandes langsam zusammenge fpart und angefertigt hatte. Sie sah schon aus in dein Amethift sarhenen, glänzenden Stoffe, der ihr etwas Frauenhafteg gab, und Gensa fühlte ich nach langer Zeit wieder eirk mal be riedigi von der Erscheinung fei ner Braut. Ja, wenn e: sie immer in einem solchen Rahmen sehen tönntet Kleider machen Leute. Erst, seit er so viel mit der lururtiisen Mariöla ver kehrte, wußte Greyfa, welchen Einfluß ein elegantes Ensernhle in der Toilette einer Frau auf einen Mann auszuüben vermag. Früher hatte er nichts davon «verstanden, aber ietzt nur ibm aus ein mal« der Sinn dafiir aufsegangem Netttgteit, an der es bei enle nie fehlte, war ja gut; aber es gab doch noch anderes. Und während er sie seht bewunderte, als sie in ihrem schönen Anzuge vor ihm stand, tonnte et sich nicht enthalten, leise mit der Hand an dem knisterndem schillernden Stoffe brnebzustreichen Er würde itpr teiue solchen Kleider kauer liinnen, auch nichts-.- oan den rie len anderen zierlichen und distinauirten Dinger-» ohne die er sich Marista gar nicht denken kannte Lenie selbst hatte da-· sZeidenkieid nur sehr unaern und atsf Genick-« aus driirllichen Wunsch anaezorienx sie wäre viel lieber in ihrem einfacher-» weißen Wcllileid in der Geiellichaft erschienen.«« Jbr tam dieser ihr oon den reichen Uns ten geschenkte Staat. obwohl sie ihn zu tragen verstand, wie etwas Erborgtes dor, und sie fühlte auf einmal, daß ein Mangel an Taitnefiibl in der Gabe lag. die sie zuerst barmla-3, ja, mit weib lichem Wohlgefallen entgegengenommen hatte. Am beinlichften aber beriihtte eiS sie, daß Geysa diese Empfindung os fenbar nicht theilte, nichts darin fand, daf; die Verwandten ihm die Braut »berau"5putzten,« damit sie sich vor ib ren Bekannten nicht zu schämen bät ten. Sie vericheuchie jedoch diese schlim me Vorstelluna aleich wieder; Geysaz hatte gewiß gar nicht über die Sache naclxiedacht, und es war ia am End-ei begreiflich, wenn er sich freute, daß sies schön aussah, und daf; seine Berlobtez binter den andern Frauen der Gesell schafi nicht zurückftand -— in einem Kreise, in dem nun einmal Aeufzerlich leiten ausschlaaaebend waren. Zuletzt über-wag die süße Befriedigung, daß sie ihm aefieL alle anderen Gedankens und Empfindunaen « · « s n e war recht heiter an dietem Abend: eine ruhiae Sicherheit, wie sie sie lange nicht in sich gefühlt hatte, er füllte ihr Herz und gab ihr etwas Ge hobenes und Freies, das ihr den vie len fremden Leuten gegenüber gut zu statten kam; die schöne Umgebung be hagte auch ihr, und das Neue. das siir sie in einer arößeren Gesellschaft lag. rstreute sie angenehm, —- bis sie zu äslia in einen kleinen Salon trat und dort Siehsa mit Marista allein an ei nem Tische stehend sand. Es war wohl gar nichts dabei; Marisia erzählte ihr, sofort, daß Uensa ihr helfe ein steten Mosis-Spiel vorzubereiten nnd zeigtes ihr die Papierstreisen, die sie zu dem Zwecke geschnitten hatten, indem sie siel aussorderte sich gleichfalls an dieserZ Arbeit zu betheiliaen ——- sie tvsiren nochl nicht sertiq und konnten weiteren Bei stand braucben Aber Lenkeh hatte viel Art, in der sie bei ihrem Eintritt die Köt-se der beiden einander zugeneigts gesehen hatte, sodasz ihre Haare sich berührten, einen Stich in’s Herz gege Peåitund den fühlte sie fortan Man-Zac e . Jhre Heiterkeit verwandelte sich in eine erzwunaene und die Leute meinten schließlich: So besonders glückstrahlend sehe das Brautvaar nicht aus-. Dann erkundigte man sich bei der Hausfrau und dem Hausherrn nach den näheren Verhältnissen. und als man von dem Vermöaensrnanael der Braut hörte. er klärten die vernünftigen Leute, eine sel che heirath sei doch eigentlich ein Uns sinn. Die Curial-Richterin jurtte be dauern-o die Achseln dazu, und der Cu rial-Richter zuckte bedanernd die Ach seln; des Menschen Wille tei sein Hint melreich, saaten sie. l Eine Mutter von sechs iiberreisen, ledigen Töchtern, die alle in den ertei chen, eanarienaelben Kleidern im Ne ben-Satori umher-flatterten oder sa ßen, aber rief: »Sie nun! Sie läßt ihn wohl nicht ansi« Es war bloßer Zufall, daß die Braut es nicht hörte. — Wie Gehsa es gesagt hatt-, miisztet nun Leute »iiberall dabei« sein. Cu rial-Richters luden das Brautvaari fortwährend ein: in’s Theater, zu Aug-! flügem zu Spaziersahrten oder zu tleiss nen »Familien-Dinerg.« » Das war sehr liebenswiirdii voiis ihnen und man konnte unmöglich oder» doch nur selten ablehnen; aber alle diesej Dinge nahmen Lente sehr viel Zeit weg. Um ihre Arbeiten fiir die Schule fertig zu bringen, mußte fie oft des Nachts lange aussihen und sah dann am Tone niiide und iiberwaclit aus« Das Schlimmste aber: sie hatte nnn Gehfn fast nimals mehr fiit sich allein. Ge rade fest, in dieser letzten Reit vor der Hochzeit, wo es so Vieles zu besprechen gab, konnten die beiden oft tanae kaum ein vertraiiliches Wort wechseln. Gei)sa zeigte sich bei alledem immer liebevoll und aufmerksam gegen Lentex aber sie sah doch, — was sie sah. Sie sah, daß ihm die Unmöglichkeit untre-störten Beisamnienseinö keineswegs so schwer erträglich war wie ihr, ja. vielleicht eher i-— erwünscht! Sie wollte, sie konnte »O nicht glauben; sie schalt sich miß Itrauisch und thöricht. Aber während sie sich einer ihr aufgezwungenen Ge felliateit widmete und es sich abrang, istets ein heiteres Gesicht dazu mitzu brinam, und während sie inSchule und hauö scheinbar ruhig ihre Pflichten und Geschäfte durchführte, erfüllte und beherrschte sie Tag und Nachr, stünd lich und in jeder Minute unausaesetzt ein Gedanke, eine Embfindunki, ein Ge bet: »dem laß den Kelch borikber ge hen! O herr, —- lasz den Kelch vor iiber stehen« - L- - Fortsetzung folgt.) — Gestörtes Oratel. — Fräulein (wiihrend ein ihr bekannter Sonntags retter vorbeikommt, eine Blume cika fend: »Er ällt...erfälltnt krfiit....»ums,daliegterschon« sieht-same fqckreäsee is Ost-, Die indianische-z Banns-gee- paus den Golsdsuchern in der Gegend . Chilloot-Passes in Alaska Dienste leisten, bilden auch unter Ihrrsgleis chen eine besondere Masse undwetdes von ihren Rassenercssen in Sitte sitt »milde« Indianer ertlart; das trifft aber, wie sich aus Nachstehendem er giki, durchaus nicht in jeder Bezie hrna zu. » Ein Correipondent Hundert ubek diese Dienstmänner. die leiner beions » duen Unisorm bediirsen, unter Ande rem: Die tillnnachunaen im Packdienste werden meistens mit Jsaac, dem »Häudiling der Chilcoots«, (wie der Schild an seiner Hütte verliindet), ad geschlossen; indes-, hat man auch Gele genheit, Andere zu engagiren, die nicht zum Gefolge dieses halb ausgewachse rten Monopolistcn vaebören Recht mu lerisch sind die Kleider dieser Men sckenkinder. Manche tragen die bunt scibige Mackinathacke, Andere ein« blau-baumwollenes Genim Gewand, welches halb Hemd und halb Rock ist, und wiederum Andere büllen sich In eine buntfarbiqe Decke mit Aermelm So entsteht im Ganzen ein recht far berdrächtiqes Bild, das zum Theil 1·rch durch die Rodsbetleiduna erhsht wird. wenn dieselbe nicht ans einem gewöhnlichen prosaischen Filxhui be sieht. Alle besitzen sehr hohe und werte Eummistieselm aber im Pack-Dienst tragen sie gewöhnlich nur «lJtoccafms und Deckensohlen (,,Siivash«), manch iral noch Uebersdcken, die bis an das Knie geben. Ihre zahlreiclsen wohl dressirten Hunde gehören förmlich ur Familie, gerade wie bei man n Schichten Jrlänter die Schweine; Männer, Frauen, Kinder und Hunde sind in demselben schmutzerfiillten Achnranme zusammengepsxrcht, wel cher ohne LIlngnalkme nach verdorbenen Fischen dusteti Uebrigens sind diese Hunde weniger auf das Schlittensahren dressiri, als aus das Traaen von Lasten auf dem Rücken: insofern sind sie-Miniatur Arsgaben von Maulthieren. Außer dem belädt sich irrer Indianer selber mit einer, nicht allzu schweren Last, rnd ein derber Stock dient ihm dazu, sich im Gleichgewicht zu erhalten nnd besser bergauf zu steigen. Zwanzig tis dreißig Jndianer mit ihren Hun den können auch die größte Ausstaii tr.nasmasse, die hier überhaupt bor kt«mint, auf einmal über die Gebirge befördern. Es sind übrigens ziemlich unzuvers lössige Gesellen und sie haben ein sehr seines geschäftliches Ohr für ih ren nnmiiteltaren Brett-eil. Hat sie Jemand zu einein bestimmten Preise engagirt, und bietet ihnen später ein Aiderer etwas mehr, so bedenken see sich keinen Augenblick, mitten in der Arbeit ihren ersten Kunden sihen zu lassen uid seine Bündel einfach hinzu w(rsen. Oder wenn sie unterwegs von einein Steigen in der Preisscala etnas erfahren — flugs werfen sie idie Packbiintel wea und heben sie nicht eher wieder aus, bis ihnen eine Lohn eitöhung«bewilligt ist. Mögen andere Rassegenossen immerhin diese India r.er »mild« nennen, in geschäftlicher Beziehung wäre es jedenfalls Vielen, die mit ihnen zu thun bekommen, sehr lieb, wenn ihre «Wildheit« noch grö ßer wäre. Dabei behandeln sie sich gegenseitig genau ebsnso. wie ihre wei ßen Kunden und nie thut Einer fiir den Anderen auch nur den geringsten Dienst ohne einen bestimmten Preis. Sie sind äußerst unslrupulöse Geko Ciwerber, und sie sind nicht minder sparsam, als erwerbgierig Auch sind Hie keidenschaftliche »Hart ld-Leute«. fund wenn sie Papierged in die zhiinde bekommen, so trachten sie aus IF Schnellste, ed in Gold einst-tan . n. ) — « Eine außerordentlich fegensreiche iEinrichtung setzt der Berliner Bor iftiinde-Verband der evangeiif n lJungfrauenvereine ins Wert, näm ich lett-en unentgeltlichen Schlafftelleus iNachnteis fiir ordentliche alleinftehende ’·.sjiödchen. Zur Begründung diefer Eirrichtung sagt der qeneinnte Vor f·önde-Verband mit Recht folgendes: Jedermann weiß, daß die an der Huusthiir aughänqenden weißen Zet tel: Hier ift eine Sdilafstelle zu ver n.-icthen, nicht die ncringfte Gewähr dafür leisten. ob Mkcttter sowohl tvie nich Vermiettxer den Anspruch auf Redlichkeit und Vertrauen, wie es un ier Wohnungggenosseu unbedingt nö tlxig ift, rechtfertigen Viele e!17-enl)afte, brave Familien liubsu auf diese Weile bereits traurige Erfahrunqu mit Schlafmiidchen gemacht, die sie abhal ten, überhaupt je wieder an solche zu verniiethen. Andererseits kommt da durch auch manches unbefchoLtene, sich redlich ums tägliche Brot kniihende Mädchen an Orte und in streife, die ihn zum Verderben werden und denen eg- oft nicht mehr entweichen kann. Die fer Nothftand war die Triebfeder zur Inangriffnahme der neuen Arbeit. 0.0« Ue Fehler, die man am liebsten es qefteht, find zumeist jene. die in einem andern den Gedanken an dieie oder jene qute Einenichcft wachrufen können. Zerstreutheit bedeutet: Gelehrt-benetz tigteit: Gutderzigteit, Unordnung: s Streben nach höherem I i O Es giebt nichts Ppetitcberes als die Wahrheit. Wer darm keine Poesie its det. der wird stets ein titmmerltchee Dichter bleiben