Sonntags - Platt: Beim-ge des ,,-.Mz,ecger und Herold« « J. P. Wiudolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» den Isl. Dezember 1897. W No. 17, Jahrgang 18 Das Hochzeitsfew Von Franz Tittmar. Schmetternde Blechmusik, Völler schiisse, ein Zug von sestlich geileideten Bauern und Bäuerinnen, voran das eschmiiette Brautpaar, neugierige Zu Tchauer auf den Wegen und an den enstern: alles das gab den: voigtlän dischenPfartdorf Weißenbach heute ein ganz veränderte-? Aussehen.- Bevor die Festgäste in die Kirche eintraten, galt es noch ein Hindert-riß zu über winden: zwei ,,wiirdige« Jnsafsen des Armenhauses hatten quer über den Weg einen Strick gezogen, den sie, zu beiden Seiten stehend, strass gespannt hielten. Michel Krug, der Bräutigam, langte in die Tasche, zog zwei Zwan igpfennigsiücle heraus, die er dem zinlenandres und dessen Gelsilsim im Vollsmund Schwarzamsel genannt, in die Hand drückte, um sich dadurch zu lösen. Nun ging’s in die Kirche« Die Orgel ertönte; der Pfarrer hielt eine eindringliche Rede an das Braut Paar, wobei die Braut in hergebrachter Weise ihr Tasclientuch rnit Thränen netzte, und der Bräutigam ein Gesicht machte, als thue es ihm in der letzten Minute des Unbeweibtseins erst recht leid, daß er sich die Bastelstrine hatte Zuppeln lassen. Er stiesz aber das ent k; t i st scheidende »Ja« mit einer Wucht her aus, als wollte er den Mahnrus der innern Stimme überschreien; ehe er sich noch besinnen konnte, blies, trachte und lärmte es schon wieder; er befand sich bereits aus dem Weg zum Wirths haus. Vor diesem hatte sich die Ju gend des Dorfes aufgestellt und harrte des großen Augenblicks-, too das »Aus werfen« begann. Michel durfte sich dabei nicht lumpen lassen; seine Trine sollte ja fünfhundert Karolin baar als Aussteuer erhalten. So war es von den beiderseitigen Verwandten augae . macht worden, und nur unter der Be dingung, daß die Mitgift sofort am ochzeitstaae ausbezahlt würde, hatte ch der glückliche Bräutigam in den Stand der hei sliaen Ehe ltineinschieben lassen Der alte VasteL ein Hoizhänd ler, der eigentlich Sebastian Fiandler hieß, lächelte verschmitzt, als der - Schwiegersohn wiederholt in dicTasche langte, unt eine Handvoll Kuvseri und Rickelmünzen unter die barsåißigen ungen zu werfen. Michel hatte näm ich eine große Unvorsichtigleit began gen, weil er die Mitgift nicht schon vor der Trauung verlangt hatte. Der ärtliche Schwiegervater hielt es unter so bewandten Umständen sijr selbstver kindlich, daß er an der Mitgift ein Beträchtliches k;erunterhandle; er selbst war der Gefahr entronnen, daß der Tochtermann — wie es anderswo Jchon vorgekommen —- aus demBraut vater im Drang der Verhältnisse noch ein Paar Ochsen oder zum mindesten eine fette Kuh berauspreßtr. , Das Geschrei der Kinder merkte ibn L «»aus diesen Erwägungen Man fal) im zetften Augenblick fast nichts als Beine aufeinander liegender Barfiifiler; aus "dem Durcheinander löste sich bisweilen ein Arm log, der eine Münze in die « ihöbe hielt; eine alte Mütze ein Bii i F hel Haare, ein Flügel einer löcheriaen i Hacke wurden sichtbar; dann lösten sich i ; i l i l i « inzelne Grunsen von Nanfenden ab, " is ein neuer Regen von Kupfermün: en, der sich in eine Wasserlache eraon ’sie tadferen Kämpfer in der Pfiitze fiieder vereinigte. Dazwischen gellte s wieder: schnedderedena, und in den ’aß der Böller mifchte sich schüchtern ie Fiftel einer Schliisfelbiichse und« as dumpfe Bumin einer alten Reiter nistola Alle aber, Gerechte und Un aerechte, befchien die Sonne freundlich «a"chelnd, und der Himmel strahlte, als i , b mindestens ein Prinx feine Wertmin- i una feiere. Der Wirth, in weißer Z Schürze und bemdiirmelia tiipfte das . fäpnchen nnd bezl iticl viinichte dasl " i ochzeitspaat Der gszua begab sich in i -« en Tanzsaal der im ersten Stock des Itirtbshanses war. An langen weiß "gedeckteir Tafeln liefzen sich die Gästet nieder und nnn wurde aufgetragen i , sitt sich die Tische bogen Die Mnsi hinten lletterten auf das Geriifte, das, Hp h zufammengeiimmert, sich im Hin - ergrunde des Saales befand: die Izlechinstrnmente tvnrden beiteite ges » at und ans einein verschlossenen, einst tün aeiiirbten Leinwandsael zoa ieder ; Tonliinltler ein fiir die Obren i inder aefiibrliches Instrument ber s,r Bombardon. (·’-- Trompete und ultche Folterinstrumente: es kamen » ne Geiae eine Viola, eine Klarinette - d das tl eine BößlaC wie Itniegeige i r Violoncello aewöhnlich genannt nebe, zum Vorschein - Die Gäste saßen in langen Reihen den Fischen, oben der Herr Pfarrer « der Herr Lehrer in der Mitte H ·ut und Bräutigam rechts und U von diesen die Freundschaft der » cut und des Bräutigams. Nun « der Wirth nnd die Wirtbin mit . «iittgen Schüsseln voll Neisbrei7 der «- J Dattel stieß einen Löffel hinein: " altem Brauch mußte das. was t andere Leute Snvve nennen, so dick sein, daß ein Eßlöifel aufrecht in der ( Schüssel stehen blieb. Dabei sollte der Reis-drei eine röthlich-gelbe Farbe ha ben, zum Zeichen, daf; er mit Sasran und Mustatnnfi wohl gewürzt sei. Auf dem Tische standen mehrere Blumensträuße in Bieralätern: der Obeim des Bräutiaams stellte die bei den ihm zunächstftebenden mit den ; Worten unter den Tisch: ,.Dös dumme ! Zeug fchenirt ein’ bloß beim EssenW Der Bräutigam hatte einen mörderi-’ schen Hunger: zur Entschuldigung tagte er immer, er habe einen lanaen Magen. Michel war allerdinas über die Mittelgröße weit hinaus. Die Braut sah ihren Herzallerliebsten öf ters von der Seite an; sie warf immer nur einen kurzen, aber glückverliinden den Blick auf den Mann mit dem kur zen, schwatzen, borstigen Haar, den braunen, glänzenden Augen, dem rechts und links hinausstehenden Schnauzbart. Michel arbeitete an der Tafel im Schweiße seines rothgliil)en den Angesichts-; nach dem Brei galt es, dem ,,.5ireensleisch« Ehre anzuthun Eine bereits im Alter etwasi vorge rückte Kuh hatte zur Lieferung des ,,Kreenfleisch« ihr Leben lassen müssen; Meerrettich mit geriebener Senmiel in Fleischbriihe gekocht, hatte dieser Speise den althergebrachten Namen ge geben. Als nun der Schweinebraten mit Klößen unl gesottenen dürren Zwetschgen auf den Tisch kam, da ent lediate sich Michel des Hochzeitsrockes, so daß er in Hemdsärmeln sich Gutes that. Trine aß wenig, weshalb Mi chel sie öfters unwillig ansah. Jhre bleichen Wangen rötheten sich dann jäh; sie schlug die hellblanen Augen nieder und senlte den Kopf mit den dicken blonden Zöpsen, so daß der Braiittraiiz, der hinten hinabhina, zit terte. Jn das Filavpern mit Messer und Gabel mischte sich das Geplauder der Gäste: die Musik spielte wacker drauf los, und der Wirth schlug öfter, als nothwendig war, mit deni hölzer nen Hammer auf das Bierfaß, wie wenn frisch angezapst würd-. Als das Essen zu isrnde war, gab es auch Wein und Liqueur, später Kaffee und Fin rhen. Pfarrer und Lehrer entfernten sich bald, ein AItaenblick, der deshalb von vielen sehnlichst erwartet worden war, weil es ietzt erst ,,sidel« würde. Es begann nämlich nach dem Ver schwinden der beiden Respektspersonen der Tanz. Der erste Walzer gehörte dem Brautuaar. Trine tanzte leicht und zierlich, während Michel aussah, alg ob er Holz sage· Während des Tanzens wurde auch gesungen. Auf die alten Tanzmeisen, an denen sich schon Eltern und Großeltern ergötzt hatten, gab es Reime, die oft geradezu kindisch waren, aber doch, weil sie sich dem Takt der Musik anpasztem immer wieder zum Vorschein kamen. Eben wurde in wirbelnder Umkreisung ein Dreher getanzt und dabei gesungen: «Reiß mer nor mein dunkelblaue Frack net ro, Senn so schcne gelber Knepsla dro!« Der alte Bastel paffte indesz den Rauch einer guten Cigarre in die Luft und war seelenvergnitgt dabei· Michel führte seine Ertorene auf ihren Platz zuriict und begab sich zum Schwieger Vater. « ,,Vastel,« redete er ihn an, ,,wann machen wir's Geschäft ab?« »Pressikt nicht!« »Dir freilich nicht.« »Dir wohls« h »Jawol)l, ich möcht’ wissen, wie ich alt'.« »Das weißt schon so; ich lann dac; Geld doch nicht in der Hosentasche mit herumtragen.« »Dann sperr Dich nicht länger und gel)’ mit in die Jtammer dort, daß wir's schriftlich machen. Es gehört zur Ordnung-« ,,Musz es denn heute sein?« »Ja, es must sein; sonst freut mich die ganze Hochzeit nicht!« »So lomm in drei Teufelsnamen!« Der Holzhändler wars die Cigarre zu Boden und zertrat sie; dann ging er ; mit seinem Schwiegersohn in ein Ne ! benzimmer. Die Hochzeitsgäste schauten den bei den neugierig nach; denn sie ahnten, daß jetzt Wichtiges vorgehe. Die ,.Freundschaft« schied sich bald in zwei l Pruppem die beiderseitigen Verwand en. Michel hatte leine Verwandten mehr; er bewirthschaftete den Krug bauernhof mit zwei weiblichen Dienst boten, der großen und der kleinen Magd, undeinem Knecht. Der junge Bauer hatte sich im Junggesellenleben ganz wohl gefühlt, und er wäre sicher noch heute unbeweibt gewesen, wenn nicht zwei Vatersschwestern, unterstiiyt vom Bruder seiner Mutter, alles auf geboten hätten, ihm die reiche Bastels trine begehrenstverth zu machen. Diese führte mit Tante Rite, der Mutter Schwester, ihres Vaters Haushalt — die Mutter selbst war schon länger » todt: Nile war von der andern Seite · X die Mittelsperson gewesen. Der alte Bastel war besonders aus dem Grunde mit der Heirath ganz einverstanden, weil er selbst Rile noch zu ehelichen ge dachte. Von beiden Seiten war erst über alles gründlich verhandelt wor den, ehe man versuchte, Michel in’s Ehejoch spannen zu wollen. Dieser schlug dabei anfangs aus wie ein jun ges Pferd, bis er durch die Zauberfor mel: Fünfhundert Karolin« gebannt wurde. Trine war ihm früher gleich-« iltig, während das Mädchen an dem Treiszigjährigem der ebenso hübsch aussah, als er stark und verwegen war, schon länger Gefallen gefunden hatte. Jndeß die ,,«5reundfchast« nun in leb haftem Gespräch begriffen war, saß die Braut einsam und verlassen aufeinen1 Stuhl, der neben der Kammer stand. Plötzlich schrak sie auf; die Stimmen nebenan wurden lauter; jetzt hörte sie ganz deutlich, wie Michel schrie: »Du Lügensack!« Auch den andern war der Vorfall nicht entgangen; sie näherten sich der Thür und lauschten. Drinnen aing es laut zu; plötzlich öffnete sich die Thür; der alte Bastcl stürzte heraus, ibm nach der Bräutigam; dieser packte seinen Oheim an nnd ries: »Du, hat der schlechte Mensch dort nicht fünf hundert Karolin gesagt?« ,,«’fiinshundert Karolim lernen Pfen nig weniger! Aber reg Dich jetzt nur nicht auf!« »Was, nicht aufregen soll man sich, wenn die Bande einem so mitspielt,« dabei wies er auf die Verwandte-n der Braut. m kurs-« -·«- ,»t »Wie, Bande!" schrie es ietzt zurucr. »Nimm Dich in Acht, Michel, daß die Bande nieht über Dich kommt wie ein Donnerwetter!« ,,.L)undertmal sag’ ich’s Euch, eine Gesellschaft seid Ihr, pfui Teufel!« Dabei spurlte er heftig aus. Der alte Baftel hatte sich wieder ge faßt, trat auf seinen Schwiegerfohn zu und rief: »Du vift gar der Schönste! Handelschaft mufi sein, und ich hätt’ Dir die fünfhundert Karolin noch ge ben, aber ietzt erst recht nicht! Reinen Pfennig lriegft mehr als- vierhundert Karolin; jetzt weiszt’s, Du, Du -——!« »Dann soll Euch Haderlumpen mit einander der Teufel holen, oder ich hau’ Euch kurz und llein zusammen!« ,,Haderlumpen,« tönte es zurück, »sell)er der größte im ganzen Bezirks amt! Meinst, vor Deinem Schnauz bart fürchten wir uns-? Geh her, wennst Kurasch haft!« · ,,.5klatfch!« hatte der Rufer im Streit eine Ohrfeige weg, daß er um und um taumelte, während Michel glaubte. sein Arm sei ihm von der Wucht des Schlages aus dem Gelent gerissen. Nun stürzte sich die thätlich ange griffene Partei auf den Bräutigam los, der von dein Anprall zu Boden fiel. Dabei schrieen die Männer, lteischten die Weiber; nur Trine saß wie besinnungsloå auf einer Stufe der Treppe, die zum Musilgeriiste hinauf siihrte. Die Verwandten Michels stürzten sich nun wieder auf die An greifer; jener wand sich aber glücklich aus dem Knäuel heraus und hieb auf die andern ein· Der alte Bastel und sein Anhang flüchtete sich nun hinter die gedeckten Tische. Wieder trat Mi chel vor die Feinde hin, um die Gegner mit allerlei Lästerreden zu reizen. s »Es-rieb kennt man, ihr —- « Aber erl kam nicht weiter; ein junger Bursch; J aus der Geascnxartei nahm einen Gu- » as liton und warf diesen so geschickt Fltichcl auf den Mund, daf; alles in’ lautes Gelächter ausbrach. Dadurch ward dieser in die höchste Wuth ver setzt; er sprang auf den Tisch, zertrat dabei zwei Teller und eine Schiissel und stürzte sich auf den Angreiferx die. ser hatte sich rechtzeitig mit einer-Kanne Milch bewaffnet nnd leerte sie über Michels Kon aus, so daf; der Bräu tigam von der herabströmenden Fliif sialeit geblendet war. Da erschien wie «ein Rache-Engel, der das feurige Schwert in der Hand hat, der Wirth und präsentirte das iibliche Besänfti aunasmittel heiRaufereiem eine hand feste Peitschr. Das betrachteten beide Parteien fiir eine Beleidigung; lehrten sich einmiithig gegen den Wirth. rissen ihm die Peitfche aus der Hand nnd warfen ihn sammt diefer die Treppe hinab. Dann begann wieder der; Kampf der beiderseitigen Freund-! schaft«. Michel hatte indeß den richti- s gen Feldzugsplan entdeckt; er drängte: die Gegner der Treppe zu, und wag-J nicht von selbst floh, wurde wie der Wirth in die Tiefe befördert. Auf diese » Weise wurden Vastel und fein Anhang . in die Flucht geschlagen, und die Krug- : ’schen behaupteten das Feld. Da aber Michel einmal in Thätigtcit .war, so jagte, beziehungsweise warf er auch feine Verwandten den anderen nach, da er ihnen, als den Heirathsvermitts lern, einen Theil der Schuld an den Ereignissen aufbiirdetr. Trine iaß immer noch auf derTrep «e zum Musikgeriiste und hielt das Ge sicht mit den Händen verbiilltx dabei rannen ihr unaufhörlich die Tbränen herab. Dienern noch hatte sie so glucts lich aus dein »Kammerwagen« ge thront —- und heute! Jhr Kammer wagen war ihr Stolz gewesen; er .lormte in der That als Schaustück gel ten: er war ja für Bastel ein Mittel, prunkend seinen Reichthum zu zeigen. Ein ganz neuer Leiterwagen, mit einem Paar prächtiger Ochsen be spannt, führte den Hausrath der Braut in das Haus des Bräutigams. Da waren Tische und Stühle,Schränke und buntbemalte Laden, Bettstätten, Küchengeräthe, Weißzeug, Kleider und Betten und obendraus: eine Wiege. Die Braut selbst saß vor der Wiege und blickte öfters auf ihre hinten am Wagen angebundene Lieblingsknh, die sich nur unter klagendein Gebrüll von ihrem Stalle trennte. Den Kammer wagen geleitete der jüngste Knecht des Brautvaters7 »Hanni«, so hieß der Bursche, ging mit seiner neuen Peit sche, die an der Spitze mit Rosaband geziert war, selbstbewußt neben dem Gefährte her. Wenn dieses an einem Haus vorbeikam, dann rannten die Leute auf die Straße und schrieen: »Schaut die Bastelstrinel Gott, der schöne KammerwagenL Und wie die« Trine droben sitzt,wie eine Prinzessin!« Und jetzt! Die ganze Herrlichkeit schien ihr vernichtet, ihr Gliick zuEnde Jshr Taschentuch war naß wie Vor mittags in der Kirche; aber es waren diesmal bittere, salzige Thriinen, die unter herzbrechendem Schluchzen den Auan entquollenz Michel hatte eben den letzten der Hochzeitsgäste die Treppe Ununterbr fiirdert; nun stand er da wie ein Löwe, der sich seines Sieges freut. Sein Blick fiel aus die Musikanten; der älteste von diesen flüsterte, sich in die Ecke drückend, zu seinen Kunstgenossen: ,,Paszt auf, jetzt kommen wir dran beim Nausschmeifzen!" Aber Michel rief ihnen ganz freundlich zu: »So, kommt ’runter zn mir; wir wolle-ins jetzt feiern, daß ich von der Heiratherei davongetommen bin! Morgen früh gleich geh’ ich aufs Anitsgerieht und trag’ aus Scheidung an; dann bin ich wieder der alte, frei und ledig wie der Fint aus’m Dach! Juchhei« O Nun gewahrte er erst die Trine; er zudte zusammen. Diese aber standan und sagte: »Mick)el, wenn ich Dir so zuwider bin, dann lann ich geben. Und wennst meinst, daß es Dein Gliick ist, wenn wir wieder geschieden wer den, ich ich —— will Dir dabei nicht im Weg stehen. Adel« Dabei reichte sie ihm die Hand hin, die Michel, völlig verwirrt, kaum berührte Trine aing schwankenden Schrittes mit Verlsiilltem Gesicht der Treppe zu; sie uiuszte sich am Geländer festhalten, um nicht hin unterzustiirzen Michel folgte ihr mit den Augen: wie er, der Kraft- und Trotzvolle, sie so schwach und elend sah, da war es ihm, als würde aug seiner Brust etwas mit eisernen Zangen her ausgerissen, und dann, als ob feurige Funken aug dem Herzen in’-3 Hirn sprangen. Er rief: »Trina!« Da wen dete sce sich und blickte ihn mit ihan hellblauen Augen so bittend, so flehend und dann wieder so dankbar an, das-, seine Herzenslmrtigteit schmolz wie der Schnee an einem sonnigen warmen Märztag «Trine, ich weis-, nicht, mir kommt’s vor, als wärst Du nicht so wie die an dern! Deneu war’5 immer nur um ein gut’5 Geschäft zu thun!« »Michel, ich hab’ gar nichts von allem gewußt; aber ich war Dir schon immer gut, und da hab’ ich halt ges meint, ich müs3t’ ja sagen, wie sie mich gefragt haben, ob ich Dich heirathen iniicht’!« -s-« « s. s -,. .k... »D« t »Trine, ist das auch warnt »So gewiß ich dasteh’! Jch l)ab’ mir’s so schön gedacht, wenn ich dro ben auf Deinem Bauernhos bin und kann Dir Lieb-Z und Gut’g thun, weil Du ja doch allein bist und teine gute Seel’ um Dich hast!« »Und jetzt, Trine, möchtest Du noch mit mir binauszi-bn ans den Krug banernhon Trine, sag’ ja, jetzt erst trseiß ich, was ich an Dir hab’! Geh, sei mir wieder gut!« Ersergriss ihre Hände und wollte das Mädchen nn sich ziehen. Trine leistete aber Wider s stand und sagte: »Michel, bös bin ich: Dir nicht, nnd ich hab’ Dich jetzt noch. so qern wie zuvor. Aber die rechte Freud fehlt mir halt; mir ist, als miiszt’ ich so lang in schwarzen Klei dcrn gehen, bis Du mit meinem Vater wieder ausgesöhnt bist.« Da ries Michel dem ältesten Musi kanten zu: »G·org, lan zum alten Va stel, so geschwind Du kannst; san ilnn, mir ist alles recht, wie er’s macht! Die Trine ist mein Schatz, und der ist mir nicht um die hundert Karolin, nicht um alles in der Welt feil.« Der Görq hatte nicht weit zu lan sen: denn die Hochzeitsgäste hatten sich, gemeinsames Leid tragend, wieder mit-« einander ausgesöhnt, saßen ini untern Wirthszimmer nnd nßen nnd tranken, was vom Hochzeitsmahl noch übrig war. Als Göra seine Botschaft ausgetichk tet hatte, sprangen die siechend-en aus ««nd liefen zum Tanzboden hinauf. Trine lebnte an Michel, den sie tiärtlich umschlungen hielt; beide errötheten, wie der alte Vastel auf seinen Schwie cersohn zuschritt, ibm die Hand bot und sagte: »Michel, Du bist ein Takt fester; das hab’ ich heut’ gesehn; Dir kann’s nicht fehlen! Und wegen denen hundert Karolin, da veruneinigen wir uns nicht, das Ganze war doch nur ein Spaß. Morgen trag’ ich Dir das Geld in den Krugbauernhof.« »Vater, Vater,« rief Trine und fiel diesem laut schluchzend um den Hals, »die Red’ veraess’ ich Dir im Leben nnd Sterben nicht!« Jm Hintergrund brummte es: »Wir haben’s ihm drunten schon g’sagt, daß es keine Art war, bei Dir handeln zu wollen! Du läßt Dich ja doch nicht untertrieaen!« »Musikanten,« rief jetzt Michel, »aufgespielt! Wir ziehen jetzt, ihr voraus, auf den Krugbanernhof, und dort wird die »Freundschaft« inne wer den, daß der Krugsmichel einer ist, mit dem man Staat machen kann. Und Du, Trine, brauchst nimmer zu grei nen; durch die Streiterei hab’ ich erst gesehen, was ich an Dir hab’! Und jetzt dant’ ich meiner alten und neuen »Freundschaft« recht schön, daß sie mich alten Hagestolz bekehrt hat. Vorwärts, Musik, einen flattert Marsch!« Trine schmiegte sich fest an ihren Michel; aber ihre Tbränen flossen im mer noch —- zum drittenmal an ihrem Hochzeitstage —- --.— Fruhrerjc Fumoreste von Hans Fraungruber. Drunten beim Keuschler, im Bren ningerhäusL geht es stürmisch zu. Der Breuninger sitzt am Tische und lugt arg verdonnert unter den heischt aen Brauen hervor, sein Weib schluchzt, und der kleine Bube, der sich an die Falten ihres Fiittels klammert, schreit wie beim Zahnbrecher. Der strämer hat ihnen just die Hölle heiß aemacht; nun geht er und keist noch zu riict: »Als-dann, ’bald morgen sriih die fiinsundzwanzig Gulden nit ’zahlt san, tlaa ich die Schuld ein, und ös werdts auspfändei. ös- Glumpert!« Drau ßen ist er. Der Breuninger wartet ein Weil chen, dann fährt er empor und schüt telt die Faust nach dem Abgehenden »Wie hat er g’saat? Was hat er a’saa,t’? Glumpert hat er g’sagt?s Na, wart, KramerseeL nit ein lukerten Heller kriegst z’sehn Von mir!« »Freili ah noh,« jammert das Weib, »nacher verschachert er uns d’ Hütten ——— willst ’leicht in Winter in a Maus lorh schliefen mit Weib und Kind? Glei schaust dazu, daß d’ wo ’s Geld herbrinasti« Der Mann höhnt: ,,Wo ist denn Dein wo? Woaßt Du ein’ Narrn, der uns noch ein’ Hosenlnopf leiht? Jh nit!« Dann stiitzt er sich wieder auf die Tischplatte. Nach einer Weile beginnt er nachdenklich: ,,Woaszt wh, Leni, wie die Veverl auf d’ Weit tema is, da hat uns die Frau Gräfin vom Gschloß droben dreißig Guldenzettel spendirt. Wann mit der wag z’ ma chen wär!« Die Zteuschlerin führt schlnchzend die Füituchzipfel an die Augen. »Das Geld ist lang hin, und d’ Veverl is ah schon g’storhen. Aber däg sag ih Dir, stasper, der Frau Gräfin bistl schon z’ oftmächti kema; däs hat koant Schick nit, ’bald nir ’n Leuten allweili die Stubenthük kinmmt Wie vss Veverl tema ig, daselbn war was an derg, mein lieber Vota!« ,,Sel wohl,« bxlriiftigt dieser, »ja Leni, wanng d’halt wieder a Ftloang hättst, ast wär uns eppa gholsen.« »Woher nehmer und nit stehlen?« Der Vreuninger kratzt sich dieOhren. Plötzlich wendet cr sich hastig gegen die Leidengaefäl)rtin, ein rettender Ge danke ist ihm in den Weq gelaufen » 5h thus Leni. ih qeh in S Gschlo os;—— und ih woaß, was ih sag, wanng ah nit wahr iS!« Die Vreuningerin schaut ihn unge wiß an. »Was sag st?« »Daß D’ a Ftloang hast, sag ih!« Jammernd ringt sie die Hände. »Aber Mann, bist überqschnappts Denk Dir doh, wann d’ Frau Gräfin läm oder herschiclen that?« »Wald s wen schickt, ast laß il) neamd eina, und selber kimt s’ nit, ehwenn der Schnee nit weg is.« Entschlossen greift er nach seiner Pudelmiitxe, stülpt sie iibkr die Ohren, tappt aus dem Hause und watet durch den hohen Schnee in die kalte Land-· schaft hinein· Sein Weib lugt ihm durch die halb blinden Scheiben der kleinen Fenster nach, dann hastct es in der Stube um, riiclt die Stiihle zurecht Und znntt mit dem Buben, der einem Hampselmanne mühsam die Beine abgebrochen hat. So verrinnt eine Stunde. Da platscht ein derber Schritt in den Flur, ein Stampsen Und Schlurfen, die Thüre fliegt auf. und der Keusch ler ist wieder daheim. Ur seuert die « Miitze in den Winkel, reckt sich und streckt sich inmitten des- Gemaches und tippt schließlich mit der Faust kräftig auf seinen Hosensack. »Leni, was glaubst, was han ih da drein?« Athemlos starrt ihn das Weib an. »Mein Häusl han ih drein, Leni, als a ganzer han ih’s drein!« jauchzt der Mann, zerrt etliche Banknoten her vor und wirft sie aus den Tisch. «Bin ih a Kerl oder nit?« brüstet er sich, in dem er sich selbstgefällig in die Brust wirft. ,,Grüßen laßt s’ Dich schön, und ein’ warmen Löffel kriegen mr morgen ah z’essen.«« »Aber recht is ’s nit, Kasper, gar nit recht!« wendet die bestürzte Ehe hälfte ein. »Die Hüttn verschachern is ah nit recht,« poltert der Gatte. »Auf der Stell schmeisz ih dem Kramer ’s Geld hin —- zwanzig Gulden kriegt er, koan lumpigen Pfifferling mehr! Ein’ siiaß’n Wein bring ih Dir mit, Leni, und a Bröckl Fleisch tragi’5 ah heut!« Eilfertig rasst er ein paar Bank noten ein, um sein Heim vor den Klauen des Gläubigers zu retten und Verläßt die Keusche. Aber kaum hat er die Thüre hinter sich, da schreckt sein Weib zusammen ob eines gräulichen Fluches, der im Flur die Wände erdröhnen macht. Mit einem Satz ist der Vreuninger wieder in der Stube, knirscht mit den Zähnen und ringt die Hände. »Himmeldon nerwetterelement, Weib, hiaz is’s g’sahlt! Die Gräsin kimmt!« Erbleichend bricht das Weib in ze terndes Klagen aus, und der Bub fällt mit Geschrei ein. Der Keuschler rafft sich auf: »Stad seidst Und du, Leni, schleunig in’s Bett — hiaz hilf, was helfen kann.« Er drängt sie trotz ihres Sträubens auf das Lager, wirft die Decke über sie und tliiirmt ein gewalti ges Ueberbett darauf. »Aber Kasper —- ’s Kindl« «Sagradibix, a Kind brauchst ah, das hätt ih glei vergessen!« stöhnt der eriinderische Gatte, faßt mit derben Fäusten den Kleinen und hebt ihn zur Mutter in « Bett Rasch umwickelt er den Kopf deI Buben, der nicht weiß, wie ihm geschieht, mit einem gebtumten 11mbängtuch, das er ihm noch bis an die Nase herabziehh und schärft ihm ein: ,,.f,)an5l, hiaz sei brav und rühr dich nit! Mach d’ Augen zu Und sei niäuserlstad!« Schlcunig s chiebt er die rothen Vor hänge vor die kleinen Fenster, da Pos.ht’s an der Thüre. Einen Jammerblick sendet das Ehe paar der Gräsin entgegen, die, in wei chen Pelz gehüllt, den dämmerigen Raum betritt. Leise und fürsorglich wandelt sie gegen das armselige Lager. »Nun, Breuningerin, wie geht’s?« »Matt, Frau Gräfin —- soviel matt — bin ih halt.« »Das wird sich geben, liebe Frau. Und wo ist das Kleine? Jst’s ein Bub oder ein Mädch« ,,A Bua,« bedeutet der Vater, der sZch die schweißtriefende Stirne trock net, ,,schlafen thut er grad!« Die Gräfin neigt sich trotzdem über das ett und hebt behutsam das ge blumte Tuch. »Ein kräftiger Welt biirger, ci, ei! Jst er schon ge tauft? Wie heißt er denn der Kleine?« Da schlägt der vermeintliche Neuge horene die Augen auf und schmettert in Die Stitle de«- Gemacl)5: »Breuninger Hansl ljoaß ih!« —- ——— — —- ————·.— Die Radelfer. Ich weis-, nicht, Was soll es bedeuten, Drfz ich so traurig bin; Ein Märchen aug- jiingsten Zeiten, Das kommt mir nicht aus dem Sinn. Ein reizendeg Mädchen radelt Dahin auf prächtiger Bahn, Ihr folgen gar viele Radler Und sehen verliebt sie an. Wie sitzt das Mädchen so prächtig, Wie flattert ihr goldenes Haar, (5-S fliegt im Winde ihr Röckchen. Der Anblick ist wunderbar. Die Radler fokgen beseeligt, Sie sehen nur immer auf fie, MS hat ihre Herzen umsponnen Der Liebe holde Magie. Sie sehn nicht den Stein auf dem ; Weg e « Und purzeln dahin auf der Bahn; i Und das hat mit ihren Reizen ) Die Wind-: t- Fee« gethan. »Gott sei Dankt« rief der i Professor John H. Draper in Botti more aus, als ihm nach seiner Verneh mung vor Gericht der Advokat eröff nete, daß er an ihn keine Fragen mehr zu stellen hätte. Wegen dieses Aus rufs wurde der Professor vom Richtev »wegen Verachtung des Gerichts« fo l fort in eine Geldstrafe von 85 genom men.