Sonntags - Blatt Beilagk des ,·,Auzeiger und Hinw J. P. Wiudolph, Herausgehen Grund Island, Nebr., den 24. Dezember 1897. No. 16, Jahrgang 18. :u«c.i,-nakl)tsfrkuden. Von Richard Zoozmann. sWeihnacytslerzen flammen wieder. Alle Fenster sind voll Glanz. Alte, liebe, fromme Lieder, Kinderlieder, Aus der Jugend Knospenzeit DER ich klingen weit und breit. Aug Frau Holles weißen Haaren Ellen Rosen leis und leicht. " ie sie auf und nieder fahren, Dicht in Schoaren, Und sich, kleinen Sternen gleich, Luftig drehen weiß und weicht Wohl! Jm Zimmer ift’g jetzt traulich, Düfte haucht das Tannenholz. Mütterchen erzählt deschaulich nd erbaulich, nd mit offnem Aug’ und Ohr nicht der Kindlein sel’ger Chor. Aber draußen aus der Gassen --Jrrt manch armes, kleines Kind, Das vereinsamt und verlassen Und mit blassen Wangen durch die Scheiben schaut, Was Knecht Ruprecht ausgebaut. Faßt uns drum der Armen denken! Weit-nacht ist die rechte Zeit! Freuden in ein Herz zu senten, Zu beschenten, Jst ein Wert, d’raus Segen quiut: J indes-band ist leicht gesiilltL ,,«glürntierger Hund« Wie die Schwalbe den Lenz verkün det, so nahen als regelmäßige Vorbo sten des schönen Weihnachtsfestes Pup pen und Spieltvaaren; in immer neuer Gestaltung sehn wir sie in den Aug qgen der Schausenster sich drängen, st jedes Jahr bringt seine Neuheit nd immer tunstreicher und zierliche-: rden die Gegenstände die, ursprüng "ch für die siinderhand bestimmt, mit er Zeit das Ansehen gewonnen haben, ls seien sie tleine Kunstwerke, deren chiitzung weit über das hinaus-geht« as das Rindergemiith zu erfassen , rmag. , Die Geschichte der Puppe und des Pielzeugs tvare noch zu schreiben; iag auch hie und da der Anfang mit eni einen oder andern Kapitel gemacht orden seid, so harrt die Ausgabe im roßen und Ganzen doch noch ihrer w edigung. Wird sie einst gelöst wer , so wird sie wahrscheinlich dar n, dasz die Geschichte der Puppe ts mehr und nichts minder ist, arg abgekürzte Geschichte der mensch n Culturentwickelung Jedenfalls S müßig, zu fragen: Wer hat die — Puppe oder das erste Spielzeug Isassen? Mit demselben Rechte ttte man fragen: Wer hat das erste d gesungen oder zum ersten Male Versuch gemacht, eine Thier-—- oder nschengestalt, sei es aus diese oder e Weise, nachzudilden? Puppen ; Spielzeug im heutigen Sinne hat chon im alten Rom und im alten as gegeben, ja schon im alten pten und noch in sriiherer Zeit; en wir doch unzweideutige Spuren on selbst in den Ueberresten der hlbauten, also in den aus uns ge menen Zeugnissen eines Zeitab ittes, in welchem der Vorsahre deg igen Europäers eine Stufe der Ge g einnahrn, aus welcher uns die impohner Ameritas zur Zeit der tdectung ihres Landes entgegentra - n Deutschland i«t die Herstellung Puppen und C-pielivaaren von rs her mit großem Eiter und gro Etsolge betrieben worden; sie bil M westlich chon zur Zeit des; sinkqu rieqeö einen blühen-? den Geschäftszweig und heutzutage sind viele Tausende von Händen in demselben beschäftigt und auf densel ben angewiesen. Deutsche Puppen und deutsche Spielwaaren gehen in alle Welt und eröffnen sich selbst daMärtte, wo sonst die deutsche Gewerbethätigteit mit ihren Erzeugnissen vergeblich an pocht. Die Ausfuhr aus Deutschland mag gegenwärtig über 400,000 Cent ner jährlich betragen und einen Werth von mehr als 25 Millionen Mark aus machen; an Puppen allein werden aus Deutschland Jahr für Jahr Waaren sitt zwei bis drei Millionen Mart nach allen Ländern der Erde verfandt, und die Morte »mach- in GermanyT die England den Erzeugnissen der deut schen Gewerbethäti kert zur Abwehr gegen dieselbe au drücken wollte, ist für deutsche Spielwaaren in das ge rade Gegentheil umgeschlagen und zu einem Ursprungszeugnisse ehrenvollster Art geworden. Unter dieser Marte gehen unter anderen die kleinen und billigen, durch ein Sandrad getriebe nen mechanischen Spielereien in großer Menge nach England und Amerika, um sich dort der Retlame dienstbar zu machen und in den Schaufenstern der verschiedenartigsten Geschäfte als Lock mittel zu dienen und Schaulustige her beizuziehen. Der berühmteste und älteste Sitz der deutschen Spielwaaten industrie ist Nürnberg. Das Wort vom »Nürnberger Tand« läuft schon seit Jahrhunderten um und behauptet auch heute noch seine Geltung Aller dings mit einer gewissen Einschrän kung. Das, was man immer noch mit Vorliebe als ,,Nürnberger Waare« be zeichnet, stammt zum großen Theile nicht von dort, sondern aus Thüringen « « I a FI und anderen deutschen Landschaften, aus dem sächsischen Erzgebirge und ge wissen Theilen Bahrrn5, und es dürfte schon seit geraumer Zeit die Führung in dem ganzen Industriezweige von Thüringen übernommen worden sein. i Was Nürnberg seinen Ruf verschaffte, war ein gewisser mittlerer Schlag von Waaren, der ganz richtig durch den Ausdruck »Nürnberger Tand« getenn zeichnet wurde. Für die feinere Art von Spielzeug hatten sich lange schon Berlin und Stuttgart einen Namen gemacht, Orte. an welchen dieser Zweig der Ge werbethätigkeit so sehr gefördert wurde, daß sie heutzutage den Wettbewerb sür die seinste Art von Spielwaaren mit Paris nicht mehr zu scheuen haben. Auch Nürnberg hat in neuerer Zeit eine ähnliche Richtung eingeschlagen und darum einen Theil seiner einstigen Produktion den erwähnten Landstri chen sast ganz abgetreten. Wer die Erzeugnisse der neueren deutschen Spielwaarenindustrie auch nur oberflächlich in’s Auge faßt, wird nicht verkennen können, daß in dersel ben ein gutes Theil künstlerischer Kraft ur Ausnützung gekommen ist, und as; dieselbe in ihr vielleicht eine noch größere Rolle spielt als Erfindungs geist und technisches Geschick. Mit Recht legt man daher aus diese Seite einen gewissen Nachdruck, und es ist hierin vor allem Sachsen mit gutem Beispiele vorangegangen. Es hat vor einem Vierteljahrhundert bereits eigne Spielwaaren - Jndustrieschulen in’s Leben gerufen, wie solche jetzt im Erz gebirge in Grünheinichen, Obernhau und Selsen bestehen. Auch in Desw teich hat man den hierin liegenden Vortheil erlannt und eigene Separat lurse siir Spielwaatenetzeugung an einzelnen der bestehenden Fachschulen (an der l. l. technischen Modellierschule silt Keramil und verwandle Gewerbe in Obekleuiersdors in Böhmen und an der Filialschule in Neulirch in Ober österreich) ein etlchiei. Die Bild schnitzetei in O erbayetn FOR-umwer gau) sieht gleichfalls längi schon unter lünstletilchem Einflusse. Heilige Flucht A Jn Thüringen sind es namentlich die Orte Waltershausen und Sonneberg, wo die Herstellung von Puppen und Spielwaaren in umsassendem Maße betrieben wird, theils als Haus-indu strie, theils in Fabriken. Zu einer hohen Vollkommenheit hat man hier unter anderem die Masse gebracht, aus welcher sowohl ganze Figuren wie die einzelnen Theile des Puppenleibs, wie Köpfe, Arme und Füße angefertigt werden. Zu den Anforderungen, die man an dieses Material stellt, gehört vor allem, daß es plastisch, das heißt, « bildsam sei und nach dem Trocknen Festigleii und Widerstandssähigteit er lange. Wie es überall geht, so auch hier: ist ein derartiger Stoff einmal gewonnen, so benützt man ihn nicht nur zu seinem ursprünglichen Zwecke, sondern zu Allem, was sich aus ihm Nützliches oder leicht an den Mann zu Bringendes herstellen läßt. So hat die Thüringer Spielwaarenindustrie unter anderem zu großem Theile die UJiaslensabrilation an sich gebracht, ja sie ist in der Verwerthung ihres Mate rial-( noch weiter gegangen und formt unter Beimischuna aeeigneter Bestand thetle aus Ihrer Masse Schleissteine, ote sich auf das beste bewähren und sich ein weites Absatzgebiet gesichert haben. Ein Artikel, in dem sich in jüngster Zeit besonders Sonneberg MINIST than hat, ist die sogenannte»Attrappe«, ein Gegenstand, der in seinem Muße ren vielfach an die Spielwaare erinnert und dieselbe zuweilen sogar täuschend nachahmt, indess ganz andern Zwecken zu dienen bestimmt ist. Wie es das Wort schon andeutet, zielt die Attrappe (eigentlich Schlinge oder Falle) auf eine Täuschung oder neckische Jrresiit) rung ab, sie soll etwas anderes darstel len, als das, wofür sie hergestellt ist, sie ist eine scherzhaste Hülle oder Hülse für irgend ein kleines Geschenk und fällt geschäftlich streng genommen unter den Zegriff der »Vervackung« oder »Auf machung « Je mehr sie ihre eigentliche Bestimmung zu verstecken weiß und je täuschender sie irgend einen Gegen stand, der zu diesem in gar keiner Be ziehung steht, nachahmt, desto vollkom mener ist sie nnd desto glücklicher erfüllt sie ihren Zweck. Betannt sind seit lange schon jene aus Papiermasse her gestellten Weistbrötchem Holzschuhe, Frohlliipfe, Wurstzivfel oder gar Stie fellnechte, die auf den ersten Anblick durchaus das zu sein scheinen, wag sie darstellen, und sich erst bei naherer Untersuchung als allerliebst gearbeitete s Verstecte für kleine Ueberraschungen » der mannigfachsten Art entpupven, für s Handschuhe, Taschentiicher oder, was wohl am hänsigsten der Fall, für Cho » tolade und Bonbons oder andere ähn « liche süße Gaben. Man kann wohl ; sagen, daß die Chokolade- und Bon bonsfabrikation beziehungsweise der - große Aufschwung dieses Zweiges der deutschen Gewerbethätigkeit die freilich schon früher vorhandene Attrappe recht eigentlich großgezogen und dem Höhe Puntt ihrer Entwickelung zugeführt int Die Sonneberger Attrappen unter scheiden sich etwas von den bisher in’s Auge gefaßten. Es gibt da eine über aus große Menge von Thier- und son fttgen Gestalten, jo den Wetynachtg mann, den Esel mit Sack und Trag körben, und einen kleinen Aufbau, den Engel der Christmette darstellend, wie er in höchst malerischer, schneebedeckter Kirchenruine das fröhliche Fest des Zan X-»--.T Lichterglanzes und der Kindersreude einläutet. Das alles muthet an wie sein und sauber gearbeitetes Spielzeug oder wie kleine zum Zimmerschmuck be stimmte Runstfigürchen Ein recht drolliger Humor spricht aus einzelnen der Sachen und Sächelchen; allerliebst ist der als Gigerl einherstolzierende rothbackige kleine Knirps, nicht minderT sind es der Hase und die Häsinnen im’ Sonntagspusz oder der plumpe, aus der Eierschale schlüpfende Elephant mit kunstgerecht an den Mund gelegter Flasche und der kleine Clown, der die Eierschale gleichsam als Aschenbecher oder Behälter sür Rippsachen darbietet. Große Ancnuth zeichnet die Kindcrge stalten aus. Den höchsten Rang be haupten indeß die mit größter Natur treue wiedergegebenen Thiersiguren, Schwein, Katze, Hase, Kaninchen Hahn und Henne, sowie die mannig sachsten Vertreter der kleinen gesicder ten Welt. Es ist in der That nicht zu viel, wenn man hier von kleinen plasti schen Kunstwerten spricht; jeder Zug ist der Natur abgelauscht, jeder stir die betreffende Thierart charakteristisch und mit tiinstlerischem Verständnisse und Geschick zur Anschauung gebracht. Man könnte die Mehrzahl der Thierge stalten beinahe für Modelle halten, die dazu bestimmt seien, etwa vorhandene Lücken in Naturaliensammlungen aus zusiillen. Und doch haben wir es bei allen diesen Sachen, bei den Thiersigu ren wie bei den sonstigen ernsten und scherzhastenDarstellungen lediglich mit tunstreich ausgestalteten Hüllen und n KL Hiilsen zu thun — wenn man will, mit Schachteln und Düten, —- deren höchst prosane Bestimmung ist, mit Chokolade, verzuckerten Früchten unt sonstigen Conditoreierzeugnissen ange füllt zu werden oder irgend eine kleine Gabe zu verstecken. Die Leser dürfte es interessiren, » erfahren, wie alle diese interessanten Sachen und Sächelchen, die mit so ge sälligem Aeußeren an uns herantreten, hergestellt werden. Der Hauptsache nach bestehen sie, wie ein großer Theil aller Spielwaaren, aus Papiermachfs, das heißt aus einer Masse, die sich aus Mehl, Leim, Sanderde und Papierab fällen zusammensetzt. Diese Mas wird in angeseuchtetem Zustande Formen gedrückt, dann getrocknet, an gestrichen und bemalt, um sür den Handel fertiggestellt zu werden. Das Malen ist dabei die Haupt sache, denn wenn schon das aus der Form kommende Gebilde den eigent lichen Artikel darstellt, kann das Na türliche und Lebendige doch erst durch die Art und Weise, wie die Farbe auf getragen wird, hervorgebracht werden, und dies ist es gerade, was die Attra pen aus unseren Bildern auszeichnet. Außer Papiermachis werden noch Wachs, Zeugstosfe und Holz bei der Herstellung der verschiedenen Figuren Verwandt, auch dürfte noch hervorge hoben werden, daß nur Handarbeit da bei in Betracht kommt. vff Vor der Beschecrung tesss Bom Himmel hoch Der Lärm der Straße ist ver stummt, selten nur dringt der hallende Schritt eines eiligen Wanderer-; an das Ohr des einsamen Weibes, das im Dunkel der kalten Dachwohnung am Firantenbette des einzigen Kindes wacht. Heute ist ja Weihnachtsabend, droben, in den Wohnungen glücklicher Menschen, in den Paläste-i der Reichen und in den Käinmerlein der kleinen Leute herrscht ein geschäftigeg Treiben, der Vater ist früher als sonst vom Tagewerl nach Hause gekommen, die Mutter hat im letzten Augenblick noch . dies und jenes zu besorgen, und die ; Kinder wissen sich vor Ungeduld und Vorsreude kaum noch zu fassen. Und wenn die Klingel dann ertönt, wenn »die Thüren sich aufthun und der ju ; belnden, drängenden Schaar Tannen dust und tierzenschimmer entgegenströ men, dann weicht auch der letzte Schat » ten der Sorge vom Antlitze der Eltern, ; sie stimmen in die Lust der Kleinen ein ’ und werden mit den Kindern wieder Kinder. Was wollen alle Sorgen des Lebens bedeuten, wenn die Kinder nur glücklich find, glücklich und gesund! ern-sur s» L... Auch das einsame junge Weib in der Wohnung unter dem Dache hat bessere Tarie gesehen, Tage, wo liebende Eltern fiir sie sorgten, Tage, wo ein rüstiger Mann den bescheidenen aber sicheren Verdienst in ihre Hand legte. Aber die glückliche Zeit währte nur kurz; seit einem halben Jahre ruht der Gatte draußen auf dem Friedhofe. Nun muß sie mit tärglich bezahlter Arbeit sich und ihr Kind erhalten. Und sie wiirde es freudig und ohne Murren thun, wenn der Kleine nur gesund wäret Wenn sie spät Abends von der Arbeit kommt, eilt sie llopsenden Her zeng die steile Stiege hinaus, denn wer weiß, ob sie das letzte, was ihr auf die ser Erde geblieben ist, noch am Leben trifft? Jn dieser Nacht soll die Krisis eintreten, hat heute friih der Armen arzt zur Nachbarin gesagt, die sich theilnehinend erboten hatte, von Zeit zu Zeit nach dein tiinde zu sehen. Nun sitzt die junge Wittwe am dürftigen Lager des fiebernden Kleinen und harrt des Augenblicks-, der über Leben und Tod entscheiden wird. Da tönt vom nahen Thurme fest liches Glockengeläute —- die heilige Nacht, die der Welt den Heiland be scheerte, ist angebrochen. Vor den Au gen des armen Weibes ziehen die Bil der glücklicher-er Weihnachtsabende vor über. Sie denkt des strahlenden Lich terbaumes ihrer Jugend; die längst vergessenen kindlich - frommen Mähren vorn Christtind und Knecht Rupprecht fallen ihr wieder ein, und in ihrem Ohre erklingt leise die alte schöne Me lodie des Weihnachtöliedes. Sie sieht sich selbst als Kind im festlich ge schinüclten Kämmerlein ihrer Eltern, sie sieht ihre Geschwister und Schul freundinnen, denen sie glückstrahlend ihre bescheidenen Geschenke gezeigt. Und dann sieht sie sich an einem ande ren Christabend vor dem Weihnachts-i — bäumchen Hand in Hand mit dem Manne stehen, dem sie als schönstes Angebinde ihr Herz geschenkt. Thra nen erleichtern ihre Brust, und von der Arbeit und Sorge der letzten Tage übermüdet, schlummert sie ein« Da streichelt eine kleine abgezehrte Hand ihre Wange, und wie sie aufwacht, sieht sie ihren Liebling, der tagelang in apathischem Halbschlummer gelegen, aufrecht im Bettchen sitzen. »Mutter," sagt er, ,,während du schliefest, ist das Christtind hiergewesen, es tru ein weißes Kleid und hat mir einen ich terbaum gezeigt, so schönJvie ihn nur die Engel aufputzen können!« Die junge Mutter wirft sich jubelnd über das ärmliche Lager des Kindes. Diesmal hat ihr der heilige Christ mehr bescheert, als er den Reichsten und Glücklichsten nur bringen kann: er hat ihr den Liebling ioiedergeschenkt, den sie schon verloren glaubte! Ruisifche BrautwahL Zu jenen Ländern Europa’5, in denen sich uralte Sitten und Gebräuche bis auf den heutigen Tag erhalten haben, gehört in erster Reihe Rußland. Auf den Dörfern im Jnneren Nuß lands herrscht um die Weihnachtszeit eine alte Sitte, deren Folgen oftmals für zwei Menschenleben verhängnißvoll geworden sind, sei es zur Freude oder zum Leid. —- Gewöhnlich kündet einer der angesehensten Bauern im Orte an, daß die Festlichteit bei ihm abgehalten werden wird, und eiligst begeben sich dann alle jungen Männer aus der Um gegend in das gastliche Haus. Jhnen folgen in geziemender Langsamkeit, aber nicht weniger eifrig die Dorfschös nen. Es wird getanzt und gesungen, Spiele werden veranstaltet und Räch sel gerathen — alles dies ist aber nur das Vorspiel zu dem großen Ereigniß, wo der Zufall zum Handlunger der Liebe gemacht wird. Wenn die rich tige Stunde gekommen ist, giebt die Wirthin einZeichen und zieht sich dann, begleitet von sämmtlichen jungen Mäd chen, in ein anderes Zimmer zurück. Dort setzen sie sich auf lange Bänke, und die Hausfrau umhüllt jede mit breiten Stoffstreifen. So fest werden die Mädchen eingewickelt, daß ihre Haare und Gesichtsziige vollständig unsichtbar sind, dann folgen Hals-, Schultern und Arme und die ganze Figur, bis die Gestalt mehr einem gro ßen Wickeltind als einem erwachsenen Menschen gleicht. Dies sind die Vor bereitungen. Die Handlung spielt sich ab, wenn die jungen Männer, einer nach dem andern, wie es vorher durch das Loos bestimmt wird, in das Zim mer treten. Jeder Einzelne nähert sich der Reihe von verschleierten Schö nen und sieht sie prüfend an. Augen und Ohren nutzen nichts-, nur die Be rührung kann helfen. Das Auge des verwirrten Verehrerg sucht durch die verhüllenden Falten hindurchzudrin aen, um die Persönlichkeit seines Jdeals ausfindig zu machen, und wenn er endlich seine Wahl getroffen hat, erhält er das Vorrecht, die um wickelnden Tücher loszulösen und sich von der Jdentität seiner Erwählten zu überzeugen. Und jetzt kommt der große Moment —- der Moment des Ent ziictens oder der Verzweiflung, wenn sich Seele zu Seele in einem Liebesblicl findet, oder wenn die Enttäufchung aus dem unterdrückten Seufzer und dem gesenkten Auge spricht. Die Sitte erheischt, daß sich die so zusammenge fundenen Paare mit einander vermäh len, und wenn dies einem der beiden Betheiligten nicht recht ist, hat er eine schwere Geldbuße zu zahlen. Aus die ser Lotterie sollen ebensoviel glückliche Ehen hervorgehen wie aus anderen Heiraihen, denen eine lange Werbung vorangegangen ist. -- Weilmachtsgeheiinnisfr. lfk tsf t. —— t h. Wirth (einen hinausexpedirend): ·rafe, Sie Erzlump ) haben S’ auch ge e l l. Dame: »Wie ’s Gedicht »An die iiosus Pumpmeiet: anders wo et sagt: ei vernichtet!«