Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 24, 1897, Sonntags-Blatt., Image 12

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    Hebe
«s·n Johanna smbrosint
Tit Weibnachtszeit war es
ni Lichterstrahh
o die Liebe mich küßte
um ersten Mal.
ll flammten die Kerzen
Um Weihnachtsbaum,
Als mein Herze gesponnen
Den ersten Traum.
Es blickten zwei Augen
Durchs Tannengrün,
Wie Sterne am Himmel,
Wenn Wolken ziehn.
Mein herz flog hinüber
« Durch Zeit und Raum
Zu diesen zwei Sternen
Am Weihnachtsbaurm
Doch als man der Tanne
Den Flimmer nahm«
Zerstob meiner Liebe
Tbörichter Wahn.
Wie alles gekommen,
Ich saß es taum,
Nichts ist mir geblieben,
Als jener Traum.
’ Und bricht meine letzte
Weihnacht einst an,
Verläßt meine Seele
Die Erdenbahn,
Dann pflanzt mir zu Häupten
Den Tannenbaum,
Daß weiter ich träume
Den wehen Traum!
ff
Ychillina
, Aue Weihnachtsgeschichte von Gogwina v.
Berlepsch
Ein alter Park mit herrlichen Bäu
men, nahe bei der Stadt, doch so still
seitab, als läge er stundentoeit ent
fernt. Vorn gegen die Straße zu steht
das Schlößchen, blasgelb getüncht,
ziemlich vernachlässigt. Die hohen
grünen Jalousien find das ganze Jahr
geschlossen, denn der Besitzer, ein rei
cher Junggeselle, der das »Ding«, wie
es da ist, geerbt hat, lebt vorläufig
noch auf Reisen.
Da kam vor nicht ganz Jahresfrist
ein Brief von ihm aus Paris, mit dem
Befehl, daß der große Pavillon rück
wärts im Parke in Stand zu setzen sei
für einen Künstler, einen Bildhauer,
der auf unbestimmte Zeit seine Wert
stiitte dort aufschlagen werde.
Als in den alten Eichen und Silber
Pappeln die Staate juhilirten und
Veilchen auf den stillen Gründen blüh
ten, traf der Angekündigte ein. »
Man hatte sich etwas anderes unter
diesem Künstler dargestellt Ein jun
ger, nicht eben elegant aussehender
Mann mit einer vollgestopsten Reise
iafche in der linken Hand, zur Rechten
ein blutjunges Weibchen, großäugig,
blaß vom rauhen Märzwind, der sie
in ihrem dünnen Jiickchen wohl em
pfindlich angehlasem
Der Hauswart geleitete die beiden,
nicht allzu respektvoll, nach dem Som
merhause. Welch’ eine Herrlichkeit von
Bäumen! Welch’ eine Stimmung!
Die Beiden sahen einander mit glän
nden Augen an. Er lachte still und
rückte ihr die Hand, an der er fie wie
ein Mädchen führte. Ein Stil-Unpar
titus empfing sie; verwitterte breite
Stufen führten hinan, zwischen denen
Grssbiischelchen sproßten Dann hohe
; Flügelthürem dahinter ein luftiger,
; leerer Saal.
.- So, da war man also und wollte
( nun bis auf Weiteres hier hausen. Er
, feste den prall gefüllten Reisesack einfi
- weilen nieder, während der Diener die
« hohen Fenster öffnete, die Holzläden
« ausstieß. Ueberall schaute die herr
Hchfte Natur herein, Ruhe, göttliche
Stille. Etwas wie ein Erinnerungs
Hauch von längft verklungenen senti
sentalen Freuden träumte hier. Aber
Iiraends in dem weiten Raume war
»ein Möbel, ein Stuhl, auf dem die
— junge Frau sich hätte niederlassen tön
, seu. Und sie war müde von der Reise,
,.-· —- sechsunddreißig Stunden Schnell
·— M von Paris hierher! -
— »Ur-mun« sagte er, kurz ent
« en die Reisetafche an die Wand
bend, »He dich darauf, bis wir
hier unterhandelt haben.«
Wo war das nächste Gasthaus, wo
G Ofen, ja vor allem ein«-Ofen zu be
bmnmh obgleich es dem Frühjahr ent
tng,——dann Bett, Stühle, Tifch.
sollte ja etn kleiner fliegende-.
Huißgnd geg det werden.
hie-Mutes Werkstätte und
Heuche- lgtelftnmw mit
Wiss-ps
sie kaum ein Wort verstand· Er hatt:
ihr versprochen, sie nicht allein zu las
sen in einer Miethswohnung, während
er den ganzen Tag hier arbeitete.
Der hauswart bestrich die beiden
mit den Blicken eines gemästeten
Pfründners. Eine feine Gesellschaft
schickte sein Herr da herein! Nun, ihn
ging sie nichts weiter an.
Ein Gasthaus, ja, das war in der
El...hc, wenn man da hinten im Parte
durch ein Pförtchen hinausging, gleich
links; allerdings ein minderes, für ge
wöhnlichere Leute. »Zum blauen Hu
saren« hieß es.
»Das werden wir gleich einmal auf
suchen. Das andere findet sich. Komm
Schatz!«
Er sprach deutsch mit der kleinen
französischen Frau, damit sie feine
Muttersprache lerne. Sie verstand
noch sehr wenig davon, aber sie lächelte
mit ihren großen braunen Augen im
mer so zu ihm auf, als wüßte sie dem
Sinne nach alles vollkommen, was und
wie er es meinte.
Die Schlüssel wurden übergeben,
zwei Riesenschliissei; der eine für den
Padillon, der zweite für das vordere
Portal und noch einer, ein kleiner, für
das bewußte Hinterpförtchem Damit
war dieBesißnahme geschehen und volle
Freizügigkeit gesichert.
Seitdem hausten sie vergnügt, in
idealer Freiheit, den Frühling« Som
mer und beginnenden Winter hier.
Emil war eines größeren Auftrages
wegen hergekommen. Daran und an
verschiedenem arbeitete er nun mit vol
ler Lust, sein Weibchen bei sich, seinen
guten treuen Kameraden, der alle Zeit
liiufe. magere und fette, so tapfer mit
ihm durchmachte. Ja, sie war ein lie
ber Kerl! Das zeigte sich jetzt so recht
im fremden Lande, tn dieser ganz nahe
an Robinson - Verhältnisse streifenden
Einsamkeit, wo sie erst lernte, Haus
mütterchen zu sein. Sie wurde präch
tig mit dieser Aufgabe fertig — frei
lich für seine Ansprüche. Die Vasa
renwirthin drüben jenseits der Part
mauer, an die der gemästete HerrHaus
meister sie gewiesen, half auch recht
menschenfreundlich mit. Die sorgte
für jegliche Aßung überhaupt für Al
les, was der Haushalt brauchte. Sie
und Frau Cecile wirthschasteten herr
lich miteinander, trotzdem keine der an
deren Sprache verstand. Einzelne
Worte und viel Mimit thaten voll
kommen ihre Schuldigteit.
Daneben saß das gute Weibchen
noch ernsig an ihrer Staffelei und mal
te Blumenstücke, Stillleben. Sie ließ
es sich nicht nehmen, auch etwas zu ver
dienen, trotz dem Pwteste Emils, der
» von ihrer Kunst gerade so wenig, als
viel von ihrer süßen Schönheit hielt;
die hatte ihn einst so mächtig ergriffen,
: als er das arme Mädel in einer der
. Malschulm zu Paris sich mühen sah,
’ weiß Gott nicht, wie sie naiv geglaubt,
ihre Malerei.
Wunderbarerweise hatte Frau Ce
cile für zwei solche Sächelchen hier
» auch schon Absatz gesunden, heimlich,
»incognito" aus ihren Gängen in die
» Stadt, allerdings siir welchen Betrag!
» Aber sie hielt ihn triumphirend in der
J geschlossenen Hand, als sie heimtarn;
: sie wollte ihn durchaus nicht zeigen,
s sondern sagte nur schmeichelnd, zärt
; lich »E(-0utes! cost pour- — unser
- Kleines!«
! Ja, »unser Kleines« — sie hatte es
I Emil zulieb deutsch sagen gelernt —
t das war jetzt der Dritte im Bunde,
! obgleich es noch nicht da war. Sie
; schwatzten, lachten« freuten sich·uber ihr
i Kind, als lage es schon dort hinter der
. spanischen Wand, wo die »Wohnung«
etablirt war, in der Wiege. Sie nann
I ten es auch bereits beim Namen. Achill
hieß es, denn es mußte natürlich ein
Knabe sein und schön werden wie sein
Namenspatron. Wer die Pathen wür
den? Ha, das wußten sie selber nicht,
— vielleicht einer —er Collegen, mit de
nen sie Abends öfter in einem Gast
bause der Stadt zusammentamen,
recht gemüthliche Leute, fämtntlich le
dig. Der eine und andere von ihnen
besuchte sie auch in ihrem Gartenhause
Und blieb zu Gaste. Das ging nämlich
ganz famos mit dern zu Gaste fein;
auch dafür war die blaue Hufarenwir
ibin Zuflucht und Hilfe. O, sie hatten
schon sehr hübsche Bowlen - Gesell
schaften gehabt, an Sommer- und
Herbftabendem den Tisch im Freien,
wo Frau Cecile freilich stets die einzige
Dame war — aber auch die einzig Be
wunderte und wie Bewunderte. Die
Collegen fanden sie Alle einmüthig sehr
schön, von einer merkwürdig fremden,
jungfräulichen Schönheit. Es wurde
Emil manchmal fchier zu start, dieses
Bewunderu, Betrachten, Versunten
fein. Dann blieb er eine, zwei Wochen
mit seinem Weibchen wie verschanzt in
seiner Einsamkeit, im Stillen wartend,
ob sie nicht endlich wieder hinaus ver
lange. O nein, sie nicht. Sie war
vollan mit ihm allein zufrieden, und
jetzt noch mehr, wo der Winter einge
riictt war und der weite heimweg in
der Nacht ihr beschwerlich wurde. Sie
hatten von der Pferdebahn noch ein
gut Stück zu gehen. ;
Jest war es bei der Lampe, bei dem
brav brennenden Füllofen so traulich;
,bie Laden geschlossen, der Theelessel
summte; ganz familienhast war es.
Sie lasen, zeichneien, schwahtern Er
ging wohl auch einmal allein gegen
Abend spie mit dem Vorqu bei sei-i
ten heimzuiommen. Wurde es aber!
doch später, was leicht gezchalz fo fand
er sicherlich, troh allen erbotei fein
Weibchen noch auf« feiner harren , bei
einer kleinen, mühsam Zenit-enden
Näh-Weit Js- wahrhaft-a- et ich sie
list M i- M ritt-strich
nähen — große siirchterliche Stiche, bei
deren Anblick ihn doch ein Gefühl der
Rührung, eines komischen hausbacke
nen Glückes befiel, über das sie Beide
lachten.
s- - i
Kurz vor Weihnachten hatte er in
Anbetracht des Festes und anderer
iommender Dinge von seinem Mäces
nas, für den er eine Brunnengruppe
arbeitete, einen Vorschuß erbeten und
umgehend mit einem liebenswürdigen
Briese erhalten. Dieser Reichthum zur
rechten Zeit versetzte ihn in die geho
benste Stimmung.
»Jetzt, Schatz, machen wir einen so
lennen Christbaum!« rief er, sie uni
schlingend und mit ihr im Kreise sich
drehend. »Hier muß er stehen und da
bleibt er —- bis unser kleiner Achill ihn
sieht —- tvas meinst du?«
Sie blickte strahlend zu ihm aus und
nicktr.
I-—
x ; -.,«
Er gab ihr sofort von dem Gelde,
sehr viel, königlich. »Kauf, was du
willst, was dir Freude macht. Wir
müssen einen schönen Weihnachtsabend
haben, einen glänzenden, fröhlichen!
Sollen wir Jemand einladen?«
»Kon! Nons- voulomz ——«
»Deutsch!« gebot er, mit dem Zeige
finger dicht vor ihren schönen seelenool
len Augen drohend. »Wie heißt’s?«
«Allein.«
»Bravo!" Ein Kuß belohnte sie.
»Der Bub, sag’ ich dir, muß von An
fang deutsch reden, und du mußt ihn
verstehen lernen; es wird ohnedies ein
eurioses Deutsch werden.«'
»Mein lieber Achill!« sliisterte sie
zärtlich.
Ein Dienstmann schleppte die riesige
Tanne herbei, die Emil mit lritischem
Blicke auf Form und Bau der Aeste
ausgesucht hatte. Sie erfüllte den
ganzen Raum mit ihrem Dufte und
dem Zauber ihres warmen Grüns.
»Siehst du, es weihnächtelt,« sagt
man bei uns, wenn es um diese Zeit so
duftet,« belehrte er, als sie nur-Abends
glückselig wie Kinder beisammen sa
ßen, Nüsse vergoldetem Aepfel an ro
the Bändchen banden, Sonne, Mond
und Sterne, auch Cometen fabricirten
—- denn dies Jahr war siir sie ein Co
metenjahr; dann Lebluchenmenschen,
Reiter-, Bischöfe, Frauen im Reisrock,
Wickellinder, über deren Gesichter Frau
Eecile sich todtlachen wollte, mit blin
tenden, feinen Fädchen versahen. Eine
Menge solcher Strähne hatte Emil
mitgebracht, silberne, goldene, in allen
Farben spielende, wie lauter Edelge
stein. Sie heimelten ihn an als eine
Erinnerung an die allersriihesle Ju
gend, wo ihre poetische Benennung
»Christlindlhaar« in ihm die wunder
barsten Vorstellungen wachgerufen
hatte.
»Ist das Wort nicht mertwurdcg
lieblich? Liegt nicht Poesie darin?«
Er mußte es ihr verdolmetschen. Da
ging ein lichter Schein über ihr Gesicht.
»Ah. Hist j()li!« sagte sie träumerisch.
Auch in ihrer Phantasie glänzte es aus
— von anderen Goldhärchen — —
Frau Cecile hatte nie einen Christ
baum gesehen, überhaupt von deutscher
Weihnachtsfeier keinen Begriff. Den
sollte sie nun am ersten Ehristabend ih
rer Ehe so recht bekommen. Und des
halb verbannte Emil sein Weibchen an
diesem Tage siir ein paar Stunden au
ßer haus. Er wollte alles rüsten und
sie überraschen. Sie hatte ohnedies
noch einen heimlichen Gang in die
Stadt vor, um einige lleine Geschente
für ihn zu tausen. Jn letzter Zeit ließ
er sie nicht mehr gern allein ausgeben.
Da tam ihr der Vorschlag gerade recht.
Sie verabredeten, daß er sie zwischen
sechs und sieben Uhr, wenn alles be
reit, bei der Husarenwirthin drüben,
in deren Privatstube sie ost ihren Im
biß nahmen, abholen werde.
Jetzt ging es an die Arbeit, Leiter
auf, Leiter ab. erner reicher
schmückte sich der Tannenbaum. Emil
sang und psiff- obgleich der Schweiß
ihm aus der Stirne —stand, knirschte
auch gelegentlich ein herzhastes »Zum
Donnerwetter!«, wenn die baumelnden
Sächelchen wieder einmal fast sämmt
lich, wie aus Bosheit, ihre Borderseite
nach innen kehrten. Aber schön wurde
der Baum! Emil hatte eine enz tin
dische ausgelassene Freude. r erste
T Ehristbaum, den er als hausvater
schmückte! hahal Wäre ihm das vor
einem Jahre prophezeit worden —
ausgelacht hätte er jeden. Es war eben
sehr rasch gegangen mit seiner Liebes
geschichte, eigentlich ein Bißchen toll-—
aber Herrgott! keine Stunde bereute
er’s. Und dann kam jetzt faktisch das
Leben billiger, als zuvor. Man lebte
solider, häuslicherz man wußte — was
auch nicht ohne war —- den Werth des
Geldes endlich recht Zu schätzen! Und
sit- das gute, herz ge Weibchen, wie
riibrend anspruchslos sie ist —- immer
l
einmal mager hergeht, —- ein tapferes
Wesen. ein goldener Schai fiir ihn! —
Ueber demChrisibaumschmücken vers
flog die Zeit übrigens nur so. Es war
schon längst dunkel. Emil hatte bei
Zeiten die Blendlampen angezündet.
Jetzt sah er auf die Uhr. Allewettert
Schon halb sechs! Und er wollte noch
Ordnung machen. Feiertäglich muß
es aussehen, wenn Cerile kommt, auch
der Tisch schon gedeckt und mit den
Blumen geschmückt sein, die er für die
sen Zweck in einer Blumenhandlung
der Stadt extra bestellt hat. Ein Hei
dengeld war dafür verlangt worden«
Aber auch Fliedert Rosen! Maiglöck
chen! —- Hmlt
Cecile fchwärmte gleich allen Fran
zösmnen für Blumen. Sie sollte heute
damit empfangen werden, reich, wie
eine Prinzessin von Geblüt.
Jn Eile ging’s an die Vollendung.
Ein neues Damasttuch wurde iiber den
Tisch gebreitet, —- das und die Ser
vietten hatte er gekauft! Auch die fein
geformten Kelchgläser zu dem griechi
schen Wein, den sie so gern trank. Ein
edler alter Mavrodaphne. Man war
nicht umsonst bei Kasse; man konnte
sich etwas Luxus und Anmuth gönnen.
Reichsein ist schön, ist lustig, hat seine
Poesie!
Jetzt noch die Stuhle zum Tische ge
rückt, zwei alte gemiitbliche Armstiihle,
die er einmal bei einem Trödler ent
deckt und gleich erworben hatte — —
so, nun war er fertig. Emil betrach
tete zufrieden sein Wert. Brillant fah
es ietzt aus, festlich, geradezu nobel.
Nun fort, sie holen —
Doch halt, noch eines fiel ihm ein:
der Christbaum mußte ja brennen,
wenn sie kam, selbstverständlich Also
gleich on die Jllumination. Er hatte
sich zu diesem Zwecke seine Angelruthe
mit einem Kerzchen hergerichtet. Eine
gute Erfindung, es ging behende da
mit. Licht um Lichtchen strahlte auf
—da —- da — da —- von der Spitze
herab, rundum, immer tiefer bis zu
den breiten 5Llesten, die schier den Bo
den berührten. Der ganze Saal war
schon voll Glanz, und noch brannten
die Lichter nicht alle.
Ueberraschung? Oder —- ein Gedanke
fuhr Emil blitzschnell durch den Kopf.
Er blies feinKerzchen an der Angel
ruthe aus und sprang mehr, als er
ging, zur Thüre.
»Wer draußen?«
Eine matte Stimme: »Ich bin es!"
Da stand sein Frauchen, bleich, elend
— aher lächelnd; ihr Blick wie eine
Bitte um Verzeihung.
»Was ist dir, Cecile?« rief er ent
setzt. »Warum hast du mich nicht er
wartet?«
»Sei ruhig,« sagte sie in ihrer Mut
tersprache, »ich wollte früher zu Hause
sein —- bei dir —- — ich komme direkt
aus der Stadt und bin —- sehr mitbet«
Er umfing und führte sie.
»Ah!« —
Der volle Lichterglanz fiel auf ihr
bleiches junges Antlitz, — wie ver
llärt sah sie hinein.
Sie drückte den Arm, der sie um
schlang, und Freudenthränen standen
in ihren Augen.
- i n- ;
Man soll nie aufProgramme bauen! I
Statt nun zu bescheeren, jagte Einilz
durch den nächtlichen Pakt hinüber zur «
Husarenwirthin »Einen Doktor!
Schnell! Einspannen! Fort!« —- —.
Er war wie von Sinnen und fuhr
bonrhenartig zwischen die friedlichen’
Leute« die gerade beim «schwarzens
Fisch«, ihrem Christabendefsen, saßeii.s
»No, ««no," sagte die Wirthin, »wol
brennt’5?« J
»Bei uns —- lichterloh! Meine Frau ;
ist elend. Kommen Sie nur gleich mit,
gleicht«
Sie that es
Klinglling —- — —
Wer läutete denn fest? Etwa n
IstsI ·
Und eine halbe Stunde später war
such ein Arzt schon da, der nächste in
der Gegend, den man glücklicherweise
sofort gesunden.
Mit einem Laternchen wurde er
durch den dunllen derschneiten Pakt
geleitet. Verwundert trat er in die
sestlich glänzende, etwas absonderlich
erscheinende Behausung. Sehr schnell
nidar der ersahreneMann indessen orien
t rt.
—- —- «Seien Sie unbesorgt, Jhre
Frau Gemahlin wird sich schon erholen.
Aber Sie sind sehr erregt. Wollen
Sie nicht ein wenig ins Freie, um sich
abzuliihlen?« sagte er tröstend zu dem
rathlosen Gatten. »Thun Sie es ru
hig —- aus meine Verantwortung!«
Emil gehorchte. Was blieb ihm an
deres übrig? Er war auszer sich, er
machte das verrückteste Zeug.
Da stand er nun im Dunkeln, die
Zähne auseinander gepreßt, die hände
eislalt, gedallt in den Taschen. - Er
verschlang den Siernhimmel, die
Baumkronen, durch die es allerorten
flimmerte, mit glühende-u Blick. Diese
« os
Ituhe, diese Stille ier! O herrgott
da droben, welche egensiitztz welche
Himmel und Höllen von Wonne, von
Qual, welch’ wunderbare, nngeahnte
Abgriinde hat dies Leben! —- —— Dort
drinnen brennt oer Christbaum——Nic
mand achtet seiner; —- da steht der
blumengeschrniickte Tisch siir sie. das
arme geliebte Wesen — und er, er
rennt toie trunlen in der Nacht herum.
Nein, er hielt diese Stille nicht län
ger aus; er mußte wenigstens an die
Thiir gehen. lauschen. Athemlos
spähte er durchs Schlüsselloch. Sogar
da drang die Lichtfülle von drinnen
beraus. Jent —- tommen Schritte
näber —- das Lichtsledchcn vor seinen
Aufgen verdunkelt sich —- die Thiir geht
au —
Sie prallen fast auseinander, bie
biedere Husarenroirthin und er.
Sie nimmt ihn bei der Hand mit
freudigem Gesicht.
»Ehre sei Gott in der höhe! Das
Kind ist da,'« sagt sie.
»Was? Unser Achill — unser
But-V schreit er aus.
»Machen’z nit so ein’ Lärm!«
Er rennt blindlings an ihr vorbei,
sie schier niederstoßend, um den Christ
baum herum. Da kommt ihm der
Doctor lächelnd entgegen mit einem
Etwas aus den Händen, das ein
Mensch heißen oder wenigstens einer
werden will. — »Ich gratulire Ihnen
— ein gesundes, prächtiges Kind!«
Laut lacht der Vater aus; es ist ein
schlucbiendes Lachen: »Unser tleiner
Achill!'«
J »Nein, mit Verlaub, es ist ein Mä
’ del.'«
I Emil hört es aber nicht; er stürzt zu
seinem Weibe, seinem lieben, tapfer-en
Kameraden. —- »C·-cile!« —
»Hu- Lille-J sagt sie leise.
»Aber ein Christtindl!« siigt der
Doktor hinzu.
Er tennt schon diese Bubenerwar
tungen der Herren Eltern, besonders
beim ersten, und nimmt deshalb jedes
neugeborene Mädchen gegen diese Un
T gerechtigkeit in Schutz. — «3u dieser
i Stunde, beim brennenden Christbaum
;aeboren, das muß doch etwas Beson
j deres werden — vielleicht ein weiblicher
Achilles! Wir leben in der Zeit der
s Frauenemancipation « lacht er. —- —
; »Jetzt aber rathe ich Ihnen, löschen
! Sie die Lichter an dem Baume und
s schassen Sie die dustenden Blumen
hier weg. Sehr poetisch —— ich mache
Jhnen mein Compliment, aber umwen
tan nicht dienlich. Die kleine Achil
line und ihre Mutter brauchen jetzt
Ruhe. Sie können ja das unterbro
chene Fest später noch feiern.«
»Achilline —hörst bu?« fragte Emil
sein Weibchen mit einer Stimme, so
weich. so zärtlich, daß es wie Flöten
und Schalmeien daraus klang.
Sie hielt seine hand. Jch bin so
glücklich —- so glücklichls sliisterte sie.
Der Doktor ging nachher noch in
Gesellschaft Er erzählte das eben
erlebte, schilderte die zwei Menschen
ihre Behausung, die ganze Scenerie
..Dummheiten !« —
- Fürs Herz.
!
i
»Und da behaupten Sauertöpse, es .
aiibe in derWelt heute kein echtes Glück, «
keine Poesie mehr!« schloß er. ;
Unten- Weihnachtsbanm
AK
«-k—. —,-. R -
zaks Hm
Ast IIIWO
s
I Yde NA
Krontische Weibnschtslls
Der buntgeschmiickte, im Glanze
vieler Lichter erstrahlende Tannen
baum beim Weihnachtsfest der Ger
manen hat allmälig überall Eingang
gefunden, ja man sieht ihn jetzt schon
selbst in den Hütten der Kroaten und
Serben· Jn den Schlössern des Land
adels, sowie in den häusern der Bür
ger hat diese liebliche Sitte bereits seit
20 bis 80 Jahren zum Jubel der Klei
nen und Ergötzen der Großen Fuß ge
faßt. Seit einigen Jahren fängt nun
auch die südslavische Bäuerin an, ihren
Kindern ein Bäumchen mit bunten
Papiersternen und kleinen Talglichtern
aufzuputzen, wie sie es vielleicht früher
bei ihrem Dienst in Herrschaftshäusern
gesehen hat. Doch meistens herrscht
bei den Südslaven noch der alte
Brauch, am Weihnachtsfefte die Wände
der Hütten inwendig mit Tannen
zweigen zu behängen, zwischen denen
Papierblumen, tleine Kürbisse und
Aepfel befestigt werden. Jn einer
Ecke des Zimmers steht, erhöht und mit
Flitterwerl geschmückt, die Krippe mit
dem Jesuskindlein, umgeben von eini
gen Lichtern. Der Boden des Zimmerz
ist durchweg mit einer dicken Lage
Stroh bedeckt, auf dem die ganze Fa
milie liegt, denn dem frommen Sinn
des slavischen Bauern widerstrebt es,
. an diesem Tage auf weichem Lager zu
liegen, während der Heiland aufStroh
gebettet war. Die Mitte der Stube
» nimmt der Tisch ein, der taum die
j Anzahl der Kuchen und Braten zu fas
! sen vermag, welche die Familie für die
) drei voraufgegangenen vollen Fasttage
i bei Wasser und Brot entschädigen sol
f kn. Sehnsüchtig blickt weht jedes
i Mitglied nach dem leckern Käsetuchen
kund-den tnusperig braunen Gänsen,
die am heiligen Abend nicht fehlen
dürfen, aber erst muß der in diesem
Fall so ewig lang dünkende Abend vor
übergehen, bevor man seinen gewiß
begreiflichen hunger stillen darf. Mit
Ungeduld wartet das Bolt auf die er
sten Glockentöne, die ihm vertiinden,
daß es Mitternacht geworden ist ——·
dann eilt Alles in die Kirche« um sich
unter andächtigern Beten an dem An
blick des zwischen drei Tannenbäurn
chen errichteten Bethlehem-Hauses zu
erbauen. Stürmisch gestaltet sich die
Rücklehr in’5 Dorf, denn man darf
i sich endlich an Speise und Trank güt
i lich thun, jedoch nicht früher, ehe man
s im frommen Glauben, dadurch den
! Segen Gottes zu erlangen, ein Stuck
i
i
von jedem Braten und Iiuchen vor die
Thüre geworfen hat fiir die hungern
den Vögel.
)
f An den Weihnachtsseiertagen wer
den im slavischen Volke auch am lieh
lsten die Ehebüntmisseeingeteitet. Da
holt sich der heirathglustige Bursche ei
nen älteren Verwandten, schmückt sich
den landsiiblichen kleinen runden Filz
hut mit einem großen Strauß künstli
cher Blumen und macht nun in Beglei
tung des Bruders oder eines Vetters
in jedem Hause, wo er ein heirathsfäi
higes Mägdelein weiß, seinen Besuch.
Der Ehecandidat verhält sich vollkom
men schweigend, während sein Beglei
ter fiir ihn mit beredten Worten wicht.
Er sucht es dem Mädchen und deren
Eltern llar zu machen, dasz sie nun
und nimmer einen besseren, schöneren
und gesunderen Männ, als diesen hier
finden tönnten, daß er zwei oder drei
Küche im Stalle habe, seine Felder
schwer gedüngt seien, einige Schweine
ihm im Kober stünden, und endlich
sragt er die Maid, ob sie nun das
»Capore« (Angeld) annehmen wolle.
Da zum ersten Mal betheiligt sich der
heirathslustige an der Handlung, in
dem er dem schüchtern dreinschauenden
Mädchen einen oder mehrere Silber
gulden hinhält als Angabe. Nimmt
nun die Jungfrau mit niedergeschlage
nen Augen das Geld in Empfang und
steckt es in ihr rothgesticktes Mieder,
so ertönen fröhliche Juchzer und zur
Bekräftigung des ehelichen Handels
wird die volle Nati- (Schnapö)-Flasche
herumgereicht. Bereui es aber die
Braul, sich ihm verlobt zu haben und
will sie das Eheversprechen rückgängig
machen, dann hat sie dem Bräutigam
nicht nur den Laufpasz zu geben, son
dern muß ihm auch die doppelte Sum
me des erhaltenen Geldbetrages zu
; rüägeben. Der lroatische Bauer hei
i rathet in der Regel sehr jung, s
T zwischen dem 17. und 18. Lehensia te,
und zwar aus dem rechi vrattiichen
« Grunde, um der Familie während sei
ner Militärzeit eine ihn ersehende At
heitslrast zuzuführen.
I ——Diefeunslistdas Sprache
version-n M