W Beile-ge des Ewige- mHTHTEow J. P. Winvolph, Herausgeber Graus Island, Nest-» den Sk. Dezember 1897. — » — No. 13, Jahrgang 18. Yrei schmettern. Eine Erinnerung an Felix Mendelssohns BartholdIY von E. Geer-are Fünszig Jahre sind vergangen seit dem Tode des Componisten der »Lieder ohne Worte.« Bei dieser Gelegenheit sei ein Vorgall aus seiner Jugend er zählt, von ern er immer und immer wieder als einer seiner theuersten Er innerungen sprach. Es war an einem Matabend des Jahres 1829. Weich wehte die Lenzeslust und in den Gär- ; ten derhauchten die Frühlingsblüthen ihre süßen Düfte, trotzdem blieb kein einziger Platz in dem mächtigen Con cert - Saale Argyll - Roorns unbe setzt; und es war die Elite der Londo ner Gesellschaft, die sich hier versam melt hatte, die hohe Aristotratie, der Geldadel, bedeutende Künstler und Schriftsteller-. Das Licht der Kron leuchtet ergoß sich über farbige Seiden roben, es spiegelte sich in den köstliche-r Diamanten, die in den Haaren der Daziien dlitzten, und überhauchte in warmem Noth die sonst ein wenig blassen Wangen der Töchter Albions. Alle Anwesenden befanden sich in ge spannter Erwartung der außerordent lichen Genüsse, welche das Concertpro gramtn verhieß. Zwei berühmte Sän gerinnen, die Sontag und die Mali hran sollte man hören und außerdem einen jungen deutschen Musiker, öon dessen Bedeutung die Zeitungen hereiis spaltenlange Artikel gebracht und dem der englische Boden schon durch seinen Freund Moscheles, den in London hoch anaejedenen Professor der Musik an der Academie, geebnet war. Henriette Sontag kam von Paris-, wo sie unerhörte Triumphe gefeiert; sie war erst dreiundzwanzig Jahre alt, aber ihre Wunderstimme bereits vol lendet geschult. Auch hier entfesselte sie mit ihren Vorträgen wahre Stürme des Beifalls und nahm die Huldigun gen mit einem graziiisen Neigen ihres schönen Hauptes entgegen. Nun betrat ein Jüngling das Po dium und verbeugte sich bescheiden, aber mit vornehmem Anstande vor dem glänzenden Publikum. Dunkelbraune Locken beschatteten seine weiße Stirne, unter dem ein Paar sonnige Augen im Feuer der Begeisterung strahlten. Mvchte dem jungen Künstler auch nach dein Erfolge der Sängerin etwas bange zu Muthe sein, äußerlich merkte man ihm wenig davon an, und jede Spur von Befangenheit schwand, als er sich nun an dem Flügel niederließ und das Concertstück Weber’s, dieses Liebling-Z der Engländer, spielte. Herrlich erklang das schöne Instru ment unter feinen Meisterhänden; zu der vollendetsten Technik gesellte sich Tiefe der Auffassung, Grazie und Kraft im Vortrage. Mit diesem einen Stück gewann sich Felix Mendelssahn - Bartholdy die Herzen des anspruchsvollen Londoner Publikums, und selbst nachdem die Malibran ihre Arten in hinreißender Weise gesungen, begehrte man den deutschen Pianisten nochmals u hören. Als er mit unbeschreiblicher zunigteit eines seiner Lieder ohne Worte vor trug. ließ er die Augen über seine Dörer gleiten. Da wurden sie von ei nem überaus lieblichen Anblick efesi selt; in einer der ersten Reihen fußen drei junge Mädchen neben einander; ihre Aehnlichkeit verrieth, daß sie Schwestern waren. Die inittelfte war von volltommener Schönheit; licht braunes Haar umgab in reicher Fülle das edel geschnittene Köpfchen; zwei tiefblaue Augen sahen entzückt zu ihm empor. Die beiden Anderen waren auch bezaubernde Geschöpfe, die eine vielle’«cht um ein Jahr jünger, als die schöne Schwester, die dritte aus der Grenze des Kindesalters. Beider Loctcn glänzten wie gesponnenes Gold. Sie waren in weiße Spitzenroben ge kleidet und trugen srische Blumen zum Schmuck. Mendelssohn mußte das reizende Kleeblatt immerfort an schauen, und er spielte nur fiir die Schwestern, welche athemlos lauschten. Bald daraus dirigirte er in demsel ben Raum seine Sommernachtgs traurn - Ouverture und errang stürmi schen Beifall. Dieser steigerte sich noch, als er später in einem von eneiette Sontag veranstalteten Wo lthätig leitsconcert mit Moscheles zusammen spielte. Jn jedem Concert sah er die Schwestern wieder. Die Jüngste mit dem lecken Stumpsnägchen nielte ihm schon ganz vertraulich zu, wenn er das Podium betrat, und es schien ihm, als stünde er in magnetischem Rapport mit den unbekannten Schönen. Die Aristolratie zog den deutschen Comvvnisten. der nicht nur so herrlich spielte. sondern auch gute Manieren und eine vielseitige Bildung besaß, in ihre Kreise, und bei Lord N. tras er die beiden ältesten Schwestern. Ein lichtes Noth übergoß ihre Wangen, als Mendelssohn sich vorstellen ließ. »Miß Susan Taylor« hörte er sie nennen und «Mi Anne Taylor'«. Dann be sann er chä daß er zu Beginn seines Londoner uienthalteö tn einem Club 1einen sehr musikalischen Verrn dieses Namens kennen gelernt. Der Lord war auch anwesend-, näherte sich der kleinen Gruppe und sie unterhielten sich angeregt. Susan war die lebhaf tere der Schwestern; sie sprach Felix beredt ihr Entzücken über sein Spiel aus, während Anne nur schüchtern zu ftirnmtr. Susan sagte dann lächelnd: »Wie wird meine jüngste Schwester Honora es bedauern, heute nicht hier zu sein! Sie schwärmt von Jhnen und kann Sie nun nicht mehr kennen: lernen, da wir morgen nach unserem» Landgute fahren.« I ,,Meiner Kleinen Wunsch könnte; aber doch erfüllt werden,« mischte sich; » der Lord in das Gespräch, »wenn Sie, l Mr. Mendelssohm uns besuchen möch- ! ten.« »O, das wäre herrlich, wenn Sie uns einige Tage oder Wochen schenk ten!« rief Susan froh, und Anne fügte hinzu: »Sie hätten in Coed Du Ruhe zu neuem Schaffen.« Mendelgsohn gab dantersiillt seine Zusage, aber er war sehr überrascht, denn ein solches Entgegenkominen war in der englischen Gesellschaft einem Fremden gegenüber fast unerhört, aber man hatte ihm schon gesagt, das; Lord Taylor durch viele Reisen in das Aus land sich eine freiere Denk- und Hand lungsiveise, als sie daheim üblich war, angeeignet. —-— — - Es war einen Monat später. Dem erdrückend heiszen Vormittag war nach einem erquickenden Gewitter ein wun derschöner Tag gefolgt. Weit gröss net standen die Fensten des stattlichen Herrenhauses in Coed Du, um die bal samische Lust, welche die Blumenbeete im Park auåhauchtem in die Zimmer strömen zu lassen. Die Strahlen der Sonne fielen aus einen Flügel und umwoben das Antlitz des Spielenden mit goldener Qlureolr. Felix Mendelssohm seit vierzehn Tagen ein gern gesehener Gast in Coed Du, componirte; seine dunkeln Augen leuchteten, um seinen Mund spielte zu weilen ein schelmisches Lächeln, und nun führte seine Hand den glänzenden Stift schnell über das Notenpapier. Honora kniete in seiner Nähe aus einem Tabourett, verwirrt hingen ihr die goldenen Locken um das erhitzte Ge sichtchen. Sie hatte bisher nicht ge wagt, den Componisten zu unterbre chen; aber als sie ihn lächeln sah, ::1sar’s mit dem Schweigen vorbei. »Was schreiben Sie da. lieber Mr. Felix? O sagen Sie es mir! Es muß zu lustig sein und ich lache so gerne!« »Eigentlich ist es ein Geheimnis, aber Sie sollen es wissen, Honora. Jch romponire ein Singsviel zur Silber lsochzeit meiner Eltern, eg soll heißen: »Die Heimkehr aus der Fremde« und tnusz natürlich recht heiter sein.« »Das wird es gewisz werden!« rief sie händetlatschend. »Wie schade, dasz ich der Ausführung nicht beiwohnen kann! Aber, Mr. Felix, wenn ich ein mal heirathe — o. lachen Sie nicht!« —- sie hob ihr Köpfchen mit der Würde einer beleidigten Königin, ,.also zu meiner Hochzeit romponiren Sie mir auch ein Singspiei. Dann werde ich sehr stolz sein und allen Leuten sagen: Der berühmte Componist dieses Fest spiels ist mein Freund! denn das sind Sie doch?« »Liebe kleine Honora!« sagte Men delssohn bewegt· »Natürlich bin ich Ihr Freund km- esnsrl Aber da bis zu Jhrer Hochzeit doch noch einige Zeit vergehen wird, will ich Jhnen jetzt schon ein Stück componiren, indem ich Sie male wie Sie sind, wie eine holde Maienrose!« »O, Mr. Felix, Sie sind einzig gut!« jubelte sie. »Ich hatte aber nicht geglaubt, daß Sie jetzt schon an’s Heirathen denken,« neckte er sie, ,,erst müssen doch Jhre Schwestern vorangehen.« »Ja natürlich, aber wissen Sie, Su san hat noch teinen ihrer Bewerber ge macht. Jch fürchte, sie ist zu hoch nrüthig und will nur einen Earl heira then. Und Anne,« suhr sie sliisternd sort, ,,liebt einen armen Maler, um den sie jede Nacht weint, denn Papa wiirde nie seine Einwilligung zu dieser Ehe geben« »Aber Du darjst mir ein solches Ge heimniß doch nspt erzählen, tleinc Plaudertasche!« »O, Ihnen schon, Anne bat Sie ja auch so gerne· Doch ich sehe Papa im Pakt und will ihn bitten. daß er· mir ein Pony lauft-« Und sort war sie wie ein sliichtlger Sonnenstrahl. Mendelssohn aber dachte an den Lie besgram der armen Anne, und schwer iniithige Melodien blühten aus seinem schmerzlichen Bedauern empor. Da stand plötzlich das holde Mädchen wie hingeweht im Rahmen der Thüre; in ihren sanften Augen perlten Tbriinem »O, Mr. Mendelssohm welche herrliche Gabe hat anen Gott verliehen, dasz Sie alle Jhre Gedanken und Gefühle in Tönen auöllingen lassen lönnen. Wie viel leichter muß einem armen Menschenckinde das beschwerte Herz werden, wenn es sein Leid in einer Sprache äußert, die nicht jeder ver steht!« »Ich will Jhnen das Tonstück, das mit soeben in den Sinn kam, aufschrei ben, Miß Anne, und wenn sie einst ein Kummer treffen sollte, so mögen diese Harmonien Trost in Jhre Seele gie ßen.« »Ich danle Ihnen! Nur Sie ver stehen in den Herzen zu lesen.« Sie löste zwei Nelten, seine Lieblingsblu nzem von ihrer Brust und reichte sie r m. ,,Mr. Felix,« rief Honorcks helle Stimme durch das Fenster, ,,Susan läßt Sie fragen, ob Sie sie auf einem Spazierritt durch den Wald begleiten mögen?« d ,,Pb ich mag? Mit tausend Freu en.« Eine Viertelstunde später sprengte ; er an Susan’s Seite durch den Wald. « Die scheidende Sonne wars blitzende Funken auf ihr wunderschönes Antlitz-, i daß Felix den Blick nicht von ihr ah : wandte. Sie sprachen von seinen künstlerischen Plänen und von seiner beabsichtigten Reise nach Jrland und Schottland. Allmählich verstummten. sie, der Waldeszauber nahm sie ganzi gefangen. Der letzte Sonnenstrahl verglomm, immer dunkler ward es und immer stiller. Die Vöglein such ten ihre Nester und nur die Nachtigall sang und schluchzte am murmelnden Bach. Und nun ging- der Mond in silberner Pracht am Himmel aus und übergoß die Bäume, das rauschende Wasser und die beiden Menschen, die an ihm rasteten, mit silbernem Licht. »Wie werde ich diesen zauberischen Abend vergessen,« flüsterte Felix-, »und all« die töstlichen in Jhrem Heim ver lebten Tage. Misz Susan, ich habe siir jede Jhrer Schwestern eine Compo sition zum Abschied versprochen; darf ich auch Ihnen eine widmen-."' »Zum Abschied?« stieß sie hervor. Nur die ses eine Wort hatte sie vernommen. Ein Blick traf ihn, so voll von Schmerz und einer anderen heiligen Empfindung, daß er erschrat. Nun wußte er, daß Susan weder hochmü thig war, noch auf einen Carl wartete. Aber mochte sie ihm auch ein wärmeres Gefühl weihen. nie würde ihr Vater i ihre Hand dem deutschen Musiker geben« »Meine Eltern entbehren mich schmerzlich« sagte er sanft, »den-um muß ich bald abreisen, doch ein Aar-en len an diese Stunden im Walde, am murmelnden Bach will ich Ihnen, Miß Susan, hinterlassen." . Sie nidte nur, während Thriinen ihren Blick rerschleierten. An demselben Abend noch schrieb Felix die drei Qompositionen nieder und spielte sie den Schwestern vor. Die Rosen-Caprice für Honora war uoll nectischer Grazie, Anne’s Stück von wehmiithigem Ernst durchbebt und die Susan gewidmete Fantasie, »Der Bach« betitelt, eine aus Mondesstrah len, Waldesdust und Wellenrauschen gewobene Musik. Wenige Tage daraus schiedMendelH sohn von Coed Du mit schwerem Her Hen. Die Schwestern aber verfolg:e:i stets mit warmer Theilnahme seine glänzende Laufbahn. Er stieg zur Sonne aus wie ein junger Aar, und elkc noch diistere Schatten tainen, endete sein glückliches-, segengreiches Leben! Keine Phrase. Fürwahr, so manches Menschenherz Jst tälter noch als Stein und Erz; Denn selbst das kalte Erz, den Stein, Erwärmt der Frühlingssonnenschein Jm jungen Mai — Und manches Herz bleibt kalt dabei. —- Schöne Verwendung· Redakteur (zum Dichter): »Das Ma nuskript eines Gedichtes von Jhnen er innere ich mich gar nicht, bekommen ztt haben!« Söhnchem »Doch, Para. Du hast’s ja gleich zusammengefaltet nnd in den Hut gelegt, der Dir zu gross war.« --—— Ein freundschaftlicher R a t l·,. Junger Autor: »Ich habe die Absicht, ein neuesTrauerspiel zu schrei ben —-— welche Todesart rathen Sie mir siir meinen Helderi?«-ss--Kriiiter: »He-is sen Sie ihn todt geboren werd-rni« ——-Jmmer Sänger. cstiegliicl lich erfolgte Geburt eines stimmbeaabs ten, munteren Damen - Ductts kehren hocherfreut an F. Briilling nnd Franz Vorstand des Gesangvereins »Juch hei«. —- Naiver Bescheid. Leh rer: »Sage mir, Karl, wer lxat denn die schönen Wälder-, Felder nnd Wiesen hier erschaffen?« Schüler: »Das weiß ich nicht, Herr Lehrer, wir sind ja erst seit zwei Monaten hier im Orte.« ——— M o d e r n e Ehe n. »Pardon, ich habe gehöri, daß Sie sich vor zwei Wochen verheirathet haben. Darf id) nachträglich meine Gratulation an- ! bringen?« »Seht liebenswürdig, aber ; Sie kommen etwas zu spät, ich bin « schon seit 8 Tagen acschieden." « glattj Regen und Wind. Von Paul A. Kirstein. Wenn man an nassen, kalten Tagen viel in den Straßen der Stadt umher-« zulausen hatte, und man tommt danns ipäk am Abend abgehetzt, von Sorgen müde und vom Regen durchtränkt, in seine kleine behagliche Wohnung, dann umfängt einen ein so wunderbar woh ligcs Gefühl der Ruhe, daß man sich dreifach geborgen, dreifach behaglich glaubt. Freundlicher brennt dann die Lampe mit dem selbftgearbeiteten Schirm, wärmer strahlt uns der helle, glänzende Ofen entgegen, und aus dem Surten des Thees im blinkenden Kessel tönts uns wie frohe Hoffnung. » Ein lieblich lockendes Lied! ; Und man steckt die Köpfe zusammen ! wie Kinder, wenn sie sich frohe Weih- i nachtsmär erzählen, und reicht sich die langsam sich anwärmenden Finger, und drückt sich die Hand — und freut sich, daß man zu Hause bei sich im eng sten Kreise ist, der wärmend sich im mer wieder mit neuer Freude füllt. Dann denkt man auch seiner alten Sorgen nicht, dann vergißt man das Ungemach, das einen tagsüber da zdraußen im bösen Wetter hielt, unds preist nur den Schöpfer für das eine,! das unendliche, das er uns gab: Fürs die Behaglichteit im eigenen Heimt ! Ja . . .. wer die doch hätte! Der alte Maler sah sinnend vor sich ! hin. Auch vor ihm brannte die kleine, niedere Studirlampe, auch vor ihnr surrte der kleine, zu Ehren seiner Wie derkehr so blitzblank geputzte Thee tessel, aber es war kein frohes-, kein hoffnungsfreudtges Lied — es klang wie träumerische Sehnsucht, wie ein altes Weh aus längst verklungenen Zeiten. Er schaute sich in dem hohen Raume, in dem er saß, wie ängstlich um. So viele Jahre hatte er schon in ihm ge haust, hatte ihn ausgeschmückt mit allen möglichen geschmackvollen und kostbaren Sachen, und doch fehlte ihm immer etwas-. Doch fiihlte er sich im mer in ihm vereinsamt und verstoßen, und wenn die helle Sonne, die aleich von früh an durch das breite und hohe - Fenster lugte, verschwunden war, dann hielt er’s nicht mehr recht in dem ,,dumpfen Fiasten«, wie er es nannte, aus und stiirmte in die Caselsiixrser und Eltestaurant5. « Spät in der Nacht -kam er dann meist heim, die Nebel wohl auf den Sinnen, aber das Herz so trank, so! voller Müdigkeit! Er fürchtete sich vor " dem Alleinsein. Und heute wieder —- nach halbjähri gem Reisen war er in seine Vaterstadt Zurückgekehrt und fand Alles genau so wie er es verlassen. Er wäre ja noch länger draußen in der Fremde geblie ben, wäre in einemfort ruhelos noch von Ort zu Ort gezogen, aber sein Beruf zwang ihn zurück, er mußte kommen. Das Wetter hatte ihn ver jagt. Denn wenn er so, eingercgnet, in einem fremden Ort iibernachtcn mußte und Niemand, nicht einen dr kannten Menschen hatte, mit dem c. sprechen und sich über die Ruhms-trin den hinwegtäuschen konnte, dann war er wie ein unverniinftiges Kind Dann konnte er fast weinen und sich in wahrt- i sinniger Sehnsucht und in bitterem I Heimweh vergehen. Und um dem zul entgehen, war er endlich zurückgekom- ! men. l Er fragte sich oft selbst verwundert, woher das eigentlich tam, wonach er denn Sehnsucht und Heimweh hatte« aber er fand nicht einmal eine Ant- l wori. Es war ihm selber unerklärlidx ! und doch konnte er sich dem nicht ent- » ziehen. Es quälte ihn nnd jagte ihn s in seinem Leben l;-erum, nnd doch kam s er nie an’s Ziel Ruhe fand er in sei-»l neni Dasein nicht« so sehr er sich auch L seit seinen ersten Jünglingsjahren da nach gesehnt hatte. Und so sas3 er auch heute wieder da, allein und einsam, und die Lamms brannte hell, nnd dertlesiel surrte start -— und er fühlte sich noch trostloser als sonst. Vor einer Stunde war er erst ange kommen. Um ihn herum standen noch die Kisten nnd Koffer, die die Träger mit Fluchen und Poltern heraufge schafst hatten. Er wollte sie heute noch auspaclen, damit er am nächsten Tage gleich wieder in alter Ordnung ·war. Deshalb hatte er sich den Thee gekocht und war zu Hause geblieben. Aber es schien ihm beinahe, als hätte er zu dem Geschäft für hente nicht Laune mehr genug. Er mochte nicht gerne den alten Staub answiiblen. s Aus ihm kroch immer -— das wußte er genau —- so eine unangenehme Em pfindung, die die Gedanken anfrührte und das Herz noch mehr belastete — dem wollte er entfliehen! Doch dann wieder — —- er war ja doch ein alter Mensch, ein Mann, der seinen Namen in der Welt schon hatte. der ihn ertitmpsen und bewahren mußt-et Er durste sich doch nicht un tertrieaen lassen. denn eines Taaes war dann Alles verschwunden, Energie und Kraft, und Können und Beharr lichkeit, — und davor hatte er eine so heilige Scheu. Er hatte so viele seiner Freunde, seiner Genossen daran er und verenden sehen. Das wollte er nicht! Mit einem kräftigen Ruck erhob er sich von seinem Platz Und schlon die Koffer auf. Die Kleider waren bald verwahrt, die Bü cher fortirt — dann ging er mit einer stillen, siegesgewisfen Freude daran, die mitgebrachten Kunstfachen auszu packen Q es waren werthvolle. seltene Stücke darunter, die eben nur der Ken ner suchen und finden konnte. Es ge hörte schon ein gewisser Blick dazu, sie : non anderen zu unterscheiden. » Er packte sie sorgsam nacheinander » aus und brachte sie nach kurzem Ueber legcn unter, mit schnellem Blick den tikhtigen Platz erspähend. Den Kronleuchter hatte er dazu noch angezündet, und das große Atelier lag in hellem Licht gebadet. Auf einmal seufzte er und hielt in seinem Arrangircn inne. Jn jener stumper Ecke links vom Fenster-, die er mit iaufenderlei Sä chelchen ausgefüllt hatte, da hing ein tleines, holzgeschnittnesKreuz, mit dem ssegnenden Erlöser darauf. Und oben . darüber, wie zur Erinnerung und zum ;Gedäcl)inif3 an irgend ciwag, ein klei sner Strauß Edeln-eis-, zierlieh gebun ’den, daß die weinen, wolligeu Sterne sanft herniedersicslem Die starrte er plötzlich wie entgeistert an, dann stiirzte er auf sie zu, riß sie herunter und durchsucht-: iie ängstlich, ob nicht an ihnen eixr Zeichen, ein Merkmal zu sehen war. Er fand es nicht. Und er zoa die Klinaeh daix die alte, iechzigjiihrige Wirlhin erschrocken her einstijrzte - »Wer hat die Blumen hier ge bracht?« Er hielt ihr ket: Strauß dicht oor’s Gefahr Sie wich zur-U. »Mein Gott — eine Damc·« stotterte sie ängstchh »Wie sah sie auss« Sie beschrieb sie ihm, so aut sie in ihrer Angst nnd Aufregung kennte »Wann?« »Nun, Hereke —- vor bald drei We chen!« — Also wirklici2, wirtlichk Seine Frau war er- getveiszn, sie harte daran Jes daii)t, an den Tag —-« ihn: seit-er war er aanz entschwanden Die Wirthirt war schon länqu wic der hinan-J, da sasz er in seiner Este nnd starrte alle die Andenken an. Ein jedes von ihnen hatte seine große, fast heilige Erinnerung-Wem dem Clown anzua an, den er in seinen trübsten Jahren berufsmiiszig getragen, bis hier zu dem kleinen Pinsel, mit dem er den letzten Strich an seinem größten, sei nem berühmtesten Bilde gethan. Und hier nnn das Kreuz, das kleine, Un scheinbare, roh geschnitzte Kreuz. —- — Vor zethahren hatte er es schnitzen lassen zum Andenken an jenen Sturz, der ihm sast das Leben gekostet hatte« Gdelweis hatte er damals pflücken wollen, den ganzen, großen, herrtich schan Buschen, der so verlockt-nd da weit vorn am Abgrund stand. Und er hatte es versucht, trotzdem ihn seine Friinze so dringend bat, es ZU lassen. Aber es sollte ia siir sie sein, sür sie — da war ihm nichts zu viel! Und als er dann jäh und unerwar tet mit dem abbröclelnden Gestein her niedersanste, da hatte sie ihm mit Auf hietnna aller ihrer Kräfte Hilfe ge bracht Noch einen Anaenblirk nnd ihn hätte die Fähigkeit sicis zu halten, verlassen, und dann träre er nnrettbar rerloren aewesen. Jhr dankte er ei gentlich sein Leben! Und darum dieses Kreuz. Und das; sie nun aekommen war nnd nach zehn Jahren des Tages gedacht hatte — ian war es wie ein bunter Traum. So viele böse Stunden laae:. dazwischen Der Wind und die Zeit hatte ihr Gedächtnis; hinweggespielt, er s konnte sie sicb nur noch fast mit Gewalt i herauflsesehwören Und doch hatten sie sibnen damals Zank und Streit ge t bracht, doch hatte sich der Hader ver-— taröszert und vermehrt, bis sie es mit teinander nicht mehr ansbielten nnd bis tsie sich trennten, trotzdem sie sich sehr aelicbt. irondem sie sich nach langem Kampf erst finden konnten. lind doch, trotz alledem die Blu men! Jhni war es, wie er sie so in der Hand hielt, als blickte jetzt, spät in der i Nacht, doch etwas wie Sonne zu ihm hinein. Er dachte an die Zeiten da mals, wie er in Sorge und Angst mit 4seinen Zeichnungen auch umhergelau « fen war, Geld zu schaffen, wie er tau sendfach enttänscht, dann heimgelehrt inne ohne alles, trostlos und entmu thigt —- und wie sie dann ohne Fra « gen, immer mit Trost im Auge und im " Herzen. die Thiire hinter ihm aeschlos sen: »Hier, mein Männchen, hier kann Dir Niemand etwas thun, hier bist Du sicher und geborgen!« Und wie sie kdann den sauberen Tisch aedeckt mit "———« den einfachen, so appetitlichen Präd chen, und den Thee gekocht, so anhei-; melnd, so behaglich. . . . Ja, damals, damals! Er kam sich dumm auf einmal vor, thöricht und dumm! Ein solches Glück, die ganze Zufriedenheit nur um das bischen Ungebundenheit und Freiheit aus der Hand zu geben! Wie er da nur konnte! Was hatte er denn nun davon, wo das Haar schon dünn-r wurde, wo die Sonne doppelt fehlte, und wo nach aller Tollheit, allem Le ben die Sehnsucht sich eingestellt nach Ruhe, nach Behaglichkeit — und nach dem Gefährten in dieser großen Ein samkeit. Leise schlon er den alten Schreib tisch auf, daß kein Geräusch ihm seine Stimmung störte. Aus-alten Papie ren nahm er den alten Werbebries, den sie ihm in der Stunde der Trennung damals wiedergegeben. Oben war’s wie die Spur einer Thriine. Darüber klebte er ein Edelweiß und malte ein kleines Kreuz dazu. Dann schickte er ihn fort. Drei Tage daraus riß er die Thüren nnd die Fenster sperrangelweit aus, und, das Holzkreusz in der Hand, ju belte er hinaus trotz Regen Und Wind: »Die Sonne kommt doch, sie kommt — trotz alledem« Und wenige Stunden daraus hielt er sie tm Arm, und iie glänzte ihm ent gegen aus blinkend hellen Freuden thränen ..... Rache. Die vielen Gastereien, welche Herr Privatier Schwämmle gab und bei de nen es hoch herging,, waren dem Dim nisten Kracher ein Dorn im Auge. Er mußte nämlich immer an der Wohnung Schjvämmle’s vorüber, um in seine armselige Mansarde zu gelan gen und man kann sich denken, was sein armer Diurnistenmagen dabei aus stand, wenn er ohne weitere Befriedi gung durch dieses Meer von Düften getragen wurde. Er hatte Gelegenheit gehathchwämmle schon manchen klei nen Dienst zu leisten, aber daß es die sem Filz auch nur einmal einfiel eine non den guten Schüsseln zu ihm unter-J Dach zu schicken,, das gab es einfach nicht. Kracher sah sich bald besserer «»«-·-insichi beraubt und wälzte schwarze Rachegedanken durch sein Gehirn.. Eli-S eines Tages bei Schwämmle wieder gesotten und gebraten wurde mais gut und theuer war, überwältigte ihn die Niedertracht, er führte seinen lPlan aus-. Auf seine sorgfältigen Er luudigungen im Hause hin hatte er er fahren, daß die Gäste um ein Uhr er scheinen würden. Um dreiviertel ein Uhr schlich er an er Schwammle’schen Wohnung vorbei — eine kleine Bewegung mit der Hand zum Munde, dann gegen dieEin gangsthüre zur Wohnung des Schlem merg und- die verruchte That war ge schehen —- worauf er eilig entfloh, um aus einem gesicherten Berstecie seine Beobachtungen anzustellen. Einer der Gäste nach dem andern er schien. Jeder hob die Hand, um an dem Knopfe der elektrischen Glocke zu drücken, aber es kam bei keinem so weit, daß die Glocke auch wirklich erklang. Jeder bückte sich verschiirften Blickes ge gen die Thüre, fuhr sich darauf mit der Hand hinter die Ohren, machte eine Miene dazu, als ob er sagen wollte: »O, o, wer hätte das gedacht!!!« und dann schlich er sich langsam davon. Indessen war-en Herr Schwämmle und dessen Gattin Ungeheuer nervös g::oorden, eine halbe Stunde um die andere verstrich und noch immer wollte kein Gast erscheinen. Halb drei Uhr! Die Speisen waren nun fast sämmtlich verdorben, weil man sie zu lange hatte über dem Feuer lassen müssen — Herrn Schwämmle ergriff eine wahre Berserlerwuth —- er mußte fort, sonst erstickte er! Als er aus der Wohnung trat und die Thüre heftig ins Schloß drückte, verschärfte sich auch sein Blick, dann wurde er kreideweiß und lelmte sich an die Wand « man hatte ihm ein Ge richtsvollzieher - Wapperl über den Thürsralt gellebt!! —-— an der Dorsmcnagerir. Besuchen »Hören Sie, Jhr Orang Utana ist ja ein Mensch ...« Mena aeriedcsitzerz »Pft, ich bitte, nicht laut zu sprechen, mein Drang-mutig ist lpsenje trank nnd da vertritt ihn mein iiltc«.ier Sohn.« In der Rechenstunde. Lehrer-: « akobsthaL was braucht man noch, wenn man ein Geschäft er iiffnen will, wozu 13,()()0 Mark nöthig sind und man hat nur 7500 Mart?« Jakobgthal: »Eine reiche Kallel« A u f U m w e g e n. A.: »Sie haben ja wohl Jhre Frau immer Jhr ; Leben genannt?« B.: »Ja, was ist denn damit? «A.: »Nichts, he Buch . l,alier hat Jhnen nur eben he Leben «genommen: er ist mit Ihrer Frau durchaeaanqesU