neune-Anna Roman von Joiet Trauunan (19. Fortfetzunq.) »Was habe ich von Jhnen zu er warten, wenn Ethel uns entrissen wer den folltei Würden Sie mir mein Jahrgeld entziehen? Würden Sie mei ne Ansprüche an Sie als erledigt erach xen ?« fuhr Jris in nervöser Aufregung ort. »Madame!« erwiderte er mit Ent rüstung; »Sie scheinen um sich selbst weit besorgter zu sein, als um Jhre Tochter. Jch muß es ablehnen, dies Möglichkeit von Ethels Tod und die; daraus entfpringendenFolgen auch nur ! einen Augenblick in Betracht zu ziehen. i Sie foll, sie darf nicht sterben! Jch bin jetzt ein alter Mann —- ich könnte ohne sie nicht leben! Sie ist das einzige Wesen in dieser weiten Welt, das ich liebe. Adieu, Madame! Wenn ich Jhret bedarf, werde ich Sie holen lassen. " Aergerlich und enttäuscht ging Jris ihres Weges. Die nächste Besucherin, die in dem Herrenhause eintraf, war Mercy Poole. Mit dem festen Schritt eines Grena diers kam sie die Allee herauf marschirt und sie suchte die alte Hoplins in Dienstbotenquartier auf. »Gilt es Leben oder Tod hier?« fragte sie in ihrem gewöhnlichem iurks angebundenen Tone. »Es läßt sich noch nicht mit Be stimmtheit sagen«, antwortete die alte Harrshälterin ,,Jhre Dienerin wird jedenfalls vorläufig bei uns bleiben müssen. Sie lann nicht fortgeschafft werden; es würde ihr sichersr Tod fein, wie Doktor Vandine Ihnen gewis; schon erklärt l«,at.« »Ja«, sagte Mercy Psole mit leich tem Flopfnicten ,,Grof3er Gott! Wa hat das arme Ding nur gethan, dass, Jemand daran denken konnte, sie zu ermorden? llnd das bei den alten Salzgrubenl Diese Tbat ist noch lau fendmal schlimmer als die, die vor Jahren an demselben Orte begangen wurde.« »Reden Sie nicht davon, Merch Poole!« rief die alte Hopkins. Die Wirthin der »Rosen-Herberge« wandte sich plötzlich um und sagte langsam: »Wenige Stunden, ehe diese Blutthat begangen wurde, befand sich ein Mann in dem Gasthofe, der zu der Sängertruppe gehörte. Alle seine Ge fährten waren abgereist, er allein blieb zurück und richtete alle möglichen Fra gen iiber Blartport nnd seine Bewoh ner an mich. Er nannte sich Rgnaultz ich möchte aber daraus schwören, daß dies nicht sein wahrer Name sei. An dem Abende, an dem der mörderische Angrisf auf Misz Grehlock und meine Dienerin gemacht wurde, bezahlte er frühzeitig seine Rechnung und ver -schwand dann. Beging dieser Mann vielleicht das Mordattentat auf Polltft Was führte Ethel Grenlod an jenem Abend nach den alten Satz«-ru ben?" »Wir wissen so wenig darüber, wie Sie«, antwortete die Haushalterin Merch guckte die Achseln und schied, wie sie gekommen war. Tage vergingen, lange, lange Tage, in denen der Tod über dem großen Hause zu schweben schien. Von Tag zu Tag nahm Doktor Vandines Ge sicht einen ernsteren, besorgteren Aug druck an. Von tiefster Seelenqual ge sottert, schritt Godfreh Grehlock friih und spät in seiner Bibliothek auf und nieder, während Tante Pameta fast wahnsinnig vor Schmerz von Zimmer zu Zimmer lief. Noch immer ruhte Ethel Greyloctg Kopf aus den ge stickten Kissen ihres Eiderdaunenla gerä; ihre Züge waren so verändert und eingefallen, daß selbst die Augen . eines Liebenden sie kaum wieder ers kannt hätten. . Polly tam zuerst wieder zum Be wußtsein und kehrte langsam, aber sicher zum Leben zurück. Jhre Lebens zähigteit erwies sich jetzt ebenso groß wie in den Tagen ihrer Kindheit. Ei nes Morgens, als die alte Hopting an ihrer Seite saß, schlug sie die Augen auf und fragte mit matter Stimme: »Ist Fräulein Gteylock vers letzt?« Ihr erster wiedertrhrender Gedanke galt dem Mädchen, siir das sie sehon zweimal bis zu den Worten des To des gegangen war. »Nein«, antwortete die alte Haus hälterim »Mis3 Ethel ist nicht verletzt, allein sie ist lranl und besinnittinglog, und auch Sie haben viel phantnsirt - wohl insolge Jhres starten Blutverlu stes. Wissen Sie, wo Sie sinds Jn Grehlock Wechs. Sie wurden mit Miß Ethel von den Salzgruben hier her gebracht. Doch nun erzählen Sie mir von jenem Abend! Es verlangt uns Alle so sehr danach. die Geschichte zu vernehmen, unser armer Liebling ist bis seht noch nicht im Stande gewesen, ein einziges vernünftiges Wort zu sprechen.« Pollh blickte die alte Hoptins mit hohlen, scheuen Augen an. Dann« suchte sie sich auf ihrem La er zu erhe ben und sagte mit leiser, heiserer Stimme: »Geben Sie mir meine lKlei der! Warum hat man mich hierher ge bracht? Jch tann nicht hier bleiben — lch muß aus der Stelle nach der «Kaien-herbeege« zuriiet —»— tch tann Jst-en nichts sagen —- tem einziges . « r. Die alte Haushältetin starrte die Kranke verblüfft an. »Wer verwun dete Sie bei den Salzgruben, Mäd chen?" fragte sie, »und wie kam Miß Grenlock mit aneri dort zusammen? Sie miisfen mkr Alles sagen, und das auf der Stelle!" Ein seitiamer Ausdruck ging über Pollys blutlofes Gesicht. »Fragen Sie mich nicht!« keuchte sie; »ich werde Jhnen nichts sagen — Sie können mich nicht zwingen — ich will nicht —- ich will nicht!« Die Hausbälterin schickte sofort nach Doktor Vadine. »Dies erinnert mich an die alten Tage im Hospitah Polly,« begann der Doktor, indem er neben dem Bette der Verwundeten Platz nahm. Du bist wahrlich unter einem Ungiacksstern ge boren. Sei nun aber ein gutes Kind, ! Polly, und fage mir, wer der Schurke ; ist, der Dich und Miß Greylock bei dem Steinhaufen angriff!« . Zum ersten Male in ihrem Leben ; orien- sie den Doktor mißtkauisch an. ; »Nicht fiir alle Schätze der Welt würde J ich auch nur ein einziges Wort über ; jenen Abend reden!« rief sie mit einer icheftigkeih die Doktor Vandine besorgt ! machte. Seine Stimme hatte von jeher große i Macht über sie gehabt; jetzt aber bat und redete er vergeblich. Sie blieb un beweglich Endlich erhob sich Bandine halb är gerlich nnd sagte im Geben: »Ich kenne Dich, Polly; Du handelst gern edel und großmüthig Mit Deinem Schweigen suchst Du Jemanden zu schonen; nicht Dich selbst, so viel ist ficher.« Eines Abends imSpiitsommer stellte· sich auch in Etbelg Fieber die Krisis. ein« Doktor Vandine und die Wärtei I rin befanden sich allein im Kraiiken:’ zimmer· Vor der Tbür schritt God frey GreylorL von tiefster Seelenqualj gefoltert, im Corridor auf und nieder. Galt es Leben oder Todi Jn dieser schrecklichen Stunde empfand er eg tie fer denn je, daß er se.ne Enkelin mehr als feinen Familienstolz, mehr als sei i nen Reichtlnrm, mehr als die ganze k Welt liebte dem Erkerfenster am Ende des Cor ridors schien des Mondes- Silberlicht herein; ein Nachtvogel sang unter den Kastanienbäumen der Aller; der von dem Wohlgeruch der späterenxVeilchen geschwängerte Wind drang durch das ossene Fenster und wehte den unglück- ; lichen Mann wie ein Hauch des Him-! mels an. Galt es Leben oder Tod? Diese Frage martete unablässig das-» Gehirn des Greises, lastete mit der Wucht eines Felsens aus seinem Her zen und erschwerte ihm das Athemn. ,.Rette sie, o Gott!« betete er vor sich hin, »und nimm mir statt ihrer alles Andere, was ich besit,c!« Die Thiir des Kranienzimmerg ging aus, und Doktor Vandine trat heraus-. Godsrey Greylock rang nach Fas sung. »Ein-den Stel« keuchte er. »Ist es Leben oder Tod?« Vandines Gesicht erschien siir einen Augenblick wahrhaftig schön. »Gott sei Dckbl!« antwortete er; ,,es ist Le »Hi Lstodsreh wantte nach dem Fenster und ris; den angelehntew Laden weit auf, alg wäre er dem Ersticken nahe. Dann lehnte er sein graues Haupt an den Fensterpsosten und brach in Thra nen aus. Sein Liebling sollte also leben! Als Ethel das Bewußtsein wieder erlangte, sah sie ihren Großvater neben ihrem Bette tnieen und hörte ihn leise zärtliche Worte murmeln. Sie wurde nicht mit Fragen bestürmt wie die ar me Pollh; nichts wurde gestattet, wag sie ausregen konnte. »Ihr Leben schwebte noch immer an einem Faden. Eine geraume Weile schien sie sogar zu schwach, sich des tragischen Ereignisses bei den Salzgruben zu erinnern; allein die Tage vergingen, und die junge Erbin kam allmälig wieder zu Kräften. Eines Morgen-, als Godsrey Gren locl wieder in das Krankenzimmer trat, um sich nach ihrem Besinden zu erkun digen. streckte Ethel ihm flehend ihre schneeweiße Hand entgegen und stam melte: ,,Groszpapa, ich möchte eine Frage an Dich richten.« Stunde um Stunde verging. Zu i i l »Sprich, mein Liebling!« »Wer fand mich an jenem schreckli chen Abends Wer brachte mich nach Haus«-" »Ich selbst fand Dich, EtheL und brachte Dich nach Hause-R Ein Ausdruck wilden Entsetzens prägte sich in ihrem eingefallenen Ge ficht aus· »Allein, Großpapa?« leuchte fie· »Wie entiam ich jenem Manne le bendig? Es trat Jemand zwischen uns -—-- Du warst es nicht!« Sein Herz hö.te beinahe aus zu schlagen. »Welchem Manne, mein Kind-Z« Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und schluchzte: »O, Großpapa, willst Du rnir versprechen, mir zu ver zeihen, wenn ich Dir Alles gefiehei Jch verdiene DeineVerzeihung nicht, Groß papa, und dennoch kann ich ohne sie nicht leben.« »Sprich, EthelL Rede frei heraus!" Die Wärierin hatte sich in ein Ne benzimmer zurückgezogem und die Bei den befanden sieh nun allein. Eihel lehr-Oe ihr Haupt an ihresOroßvaierg Schulter und erzählte ihm Alles. » Er hörte ihr Gesiändniß ohne eines Geberde des rnes oder Unwillens an. Er war o nahe daran gewesen, seinen Liebling zu verlieren, daß er ihr troß des großen Unrechtes, das sie begangen, nicht zu zürnen ver mochte. Als sie ihre Mittheilung beendigt hatte, umarmte er sie und sagte mit völlig ruhiger Stimme: »Ich will Dir leine Vorwürfe machen, Ethel; Du hast Deine Thorheit schwer genug büßen müssen, armes Kind. Jndem Du den Mann, den Du liebst, von Dir triebst —- denn es ist mir jetzt vollkom men klar, daß Du Sir Gervase wirt lich liebst. —- Hast Du Dein ganzes zutiinftiges Glück zerstört. Regnault zu suchen, um ihn zur verdienten Strafe zu ziehen, ist wohl auch zweck loJ g: worden. Er befand sich in der Kutsche, die an jenem Abende in der Nähe der alten Salzgruben an mir vorüberfuhr; ohne Zweifel hat er längst schon einen sicheren Zufluchtsort gesunden. »Weißt Du auch, wer Dich vor seinem mörderifchen Dolch erret tete, Ethel?« »Ich weiß es nicht; es iam so plötz lich. Jch erinnere mich nur des Er fcheinens eines bleichen Gesichtes in der Dunkelheit und des Aufblitzens eines Dolches. Dann vernahm ich einen ent schlichen Aufschrei; wir wurden von einander gestoßen, und Jemand em pfing den für mich bestimmten Stoß Ich fühlte das heiße Blut auf meinem Gesichte und wurde ohnmächtig!« Godfreh Grehlocls Züge nahmen ei- z nen ernsten Ausdruck an, indem er ihr« erzählte, wessen blutbedeckten Leib er» über dem ihrigen liegen fand. « »Wie froh bin ich, daß Du sie hier her brachtest, Graßpapa!« rief litt-el, « »daß Du sie hier verpflegen ließest! Sicherlich habe ich die Rettung meine: i Lebens ihr zu verdanken!« J »Noch dem, was Du mir erzähltest, kann kein sziwe fel darüber herrschen « s »Sie muß in der Nähe gewesen sein E und meine Gefahr bemerlt haben, wo j rnuf sie großmüthig ihr eigenes Leben ’ preisgah, um mich zu retten. Und « dazu noch eine Fremde! Edle Tinten beschränken sich auf keine Klasse oder Rangstuse, Großpapa!« »Seht wahr, mein Kind« »Wie gut es von Polly war, trotz aller Deiner Fragen über diesen Hei genstand Schweigen zu beobachten! Es ist augenscheinlich, daß sie entschlos sen war, mich nie zu verrathen. Jst sie völlig wieder hergestellt? Jst si« im Stande, hierher zu kommen? Jch wünsche sehr, sie zu sprechen.« »Vandine sagt, TO sei immer noch . seht schwach; er kennt das Mädchen i schon seit Jahren und scheint sich sehr für sie zu interessiren Du brauchst nur zu tlingeln, wenn Du sie sehen willst. Sie tehrt heute nach der Katzen Herberge zurück. Jch habe die Kutsche bestellt, um sie gegen Mittag wegbrinis gen zu lassen. Aus Gründen, die uns unbekannt sind, fühlt sie sich so uns alüctlich unter diesem Dache, daß der Doktor erklärte, sie müsse durchaus nach dem Gasthofe zurückkel)re«s, wenn sie wieder völlig hergestellt werden solle.« »Sie will nach der »Katzen - her berge zurück, ohne ei:i Wort mit mir gesprochen zu haben?« fragt: Ethel. »Ich kann das nicht zugeben, Gros; beda. Du gedenk·k sie doch für ihre edle That zu belohnen.2« »Gewiß, das ist längst beschlossene Sache,« bestätigte Her alte Herr. »Was sie vor allen anderen Dingen bedarf, ist wahrscheinlich Geld. Du bist von mir ermächtigt, mein Kind, ihr zu geben« toag Dein Herz für gut findet.« Er ilingelte und fünf Minuten spä ter stand Pollh, zur Rückkehr nach dem Gasthof gekleidet, in dem prächtigen Gemach, das mit dem größten Luxus ausgestattet war. Das arelle Licht des Tages war dutcks oenetianische Ja lousien gedämpft, wiihrend die in japa nischen Töper blühenden Moschugg tosen einen lieblichen Wohlgeruch ver breiteten. Polly machte einen eigenthümlichen Eindruck in dieser Umgebung Die ärmlichen Kleider hingen lose an ihrem abgezehrten Körper herab; ihr fleisch loses Gesicht mit den großen Augen und den rabenschwarzen Haarslechten hatte einen schmerzlichen Ausdruck Sie schien erschrocken und verlegen. Die jungeErbin streckte ihr die Hand entgegen. ,,Treten Sie näher, Pnlly,« bat sie mit sanfter Stimme; ,,sürchten Sie sich nicht! Jch habe soeben erst Ihre brave, ausopsernde That vernom men und ich danke Jhncn, daß Sie mein Geheimnisz so treu bewahrten. Jch habe indessen meinem Großpapa Alles mitgetheilt.« Polly war nahe bei Godsrey Gren loet stehen geblieben, daß ihre dürftigen Kleider seine eleganie Toilette streifien. Sie ergriff indessen die ihr gebotene Hand nicht, die Ethel ihr entgegen streckte, was dem siolsen Millionär sehr lieb war, da er nichts so sehr haßte, wie persönliche Berührung mit Leuten untergeordneten Ranges. »Wie blaß und lrankSie aussehen!« suhr Ethel sori. »Sie haben um mei ncilvillen viel gelitten! Wie kann ich Jhnen je dafür danken? Doch nun sagen Sie mir, wie lamen Sie an je nem Abend nach dem Steinhaufen?« Polly’s tiesliegende Augen senkten sich. Godsrey Greylock sah, daß sie vor Schwäche zitterte, und er deutete mit dem Finger aus einen Stuhl am Fuße des Bettes-. Sie ließ seine sros stiae Geberde unbeachtet. Es war ihr nur darum zu thun, die Unterredung so bald wie möglich zu Ende zu brin gen, und indem sie darüber nachdachte, wie sie dies am besten bewertstelligen könne« vergaß sie, Ethels Frage zu be antworten. . .Aommen Sie doch zu sich, May-s chen!" ries der alte Greylock ungedul dig. »Hören Sie nicht, was meine Enkelin sagt? Sie wünscht eine Er tlärung über Jhre rechtzeitige An kunft bei den Salzgruben an jenem Abend.« Polly fuhr erschrocken zusammen. Dieser alte Mann mit seinem kalten, strengen Gesicht und seinem hochmüthi gen Wesen flößte ihr Furcht ein. Sie trat einen Schritt von ihm zu rück und stammeltex »Ich hatte ein Gespräch im Gasthof mit angehört und Ursache, Regnault sür einen schlechten Menschen zu halten« Jch fürchtete, er möchte schlimme Absichten gegen Miß Grehlock haben; ich folgte ihm dann heimlich nach den Salzgruben·« »Ach ja,« sagte Ethel nachdenklich, »Sie überbrachten mir seinen Brief und wußten wohl um den Inhalt. Warum aber setzten Sie Jhr eigenes Leben aufs Spiel, um das meinige zu retten, Pollh?" Diese warf einen scheuen Blick aus den gefürchteten alten Mann, dessen stechender Blick sie durchbohren zu wol len schien, und dann platzte sie unwill kürlich mit der Wahrheit heraus »Weil ich Sie liebe!« . Ethel blickte das Mädchen erstaunt und gerührt an. »Sie lieben nun-l« sagte sie, »und doch habe Eh Sie eist zweimal gesehen, Polly! Was that ich . denn, um Jhre Liebe zu t)erdi:.1:n3-’« ; »Sie brauchten gar nichts zu tliun,« serwiderte die Andere; »ich s-.1l)Sie, , und ich liebte Sie!« »Es ist eine ernste Sache, einem ans dern Menschen sein Leben zi- herren ten,« meinte die Erbin. »Sie kamen nach dem Steinhaufen, um mir zu hel fen, wenn eH nothwendig sein sollte —--— Sie standen nicht an, selbst den Todes stos; zu empfangen, der mir zugedacht war. Ich staune über Ihren Muth und Ihre Opferfiihigieit, ich finde keine Worte, um Ihnen nei:ien Dank auszudrücken« Thränen ersiickten Ethels Stimme. Nach eine-: Patie! fuhr sie fort: »Grofipapa sum izh mun- ; schen sehnlichst, Sie zu belo?"):1-:n,«tåisllh!s Wie können wir dies am besten inuusl Sie wollen das Hang doch nicht heute schon verlassen? Sie sind noch sehr schwach, viel zu schwach, uns tha- Ulr beit im Gasthof wieder anzuirsten." l »Mercy Poole ist sehr gütig gegen mich, sie wird mir nicht mehr Arbeit zumuthen, als ich zu leisten vermag, Miß Greylock,« versetzte die Andere. »Dennoch bitte ich Sie, wenigstens noch eine Zeit lang hier »in Vleiben,« fuhr die Enkelin des Millionärs weiter fort; »Sie haben uns unendlich Vir pflichtet. Wie können wir unsere Schuld am besten abtragen? Sollen wir Ihnen Geld geben? Oder Tollen wir Ihnen behilflich sein, einen endi ren Lebenslan zu erwählen? Viel leicht möchten Sie gern — denn Sie haben ein ganz i««elligenteg A stehen — etwas Besseres sein als eine Diene: rin? Vertrauen Sie sich iiiir en wie — wie —— eine Schwester.« Polly richtete die Blicke arii den mächtige-n sammtenen Teppich; il;re Züge verriethen keine Sbur voi: drin stampf, der in ihre-n Herzen ir-:Ellf«eic. Der stolze, alte Mann fixirte sie isoch imme— mit seinen kalten Iluginn nnd ihre Furcht vor ihm nahm jeden Au genblick zu. »Sie sin«v sehr gütig,Miß 6)renlcck,« stammelte sie endlie·.; »ich innß alter heute nach dem Gasthof ,;ririji-tkelicen. Jch kann nicht langer hier bleiben; dies ist tein Platz für :nich. Geld brauche ich kaum und ich taiige zn nichts als meiner gegenioärtigrn Ar beit; ich war stets nur eine Dsrnerin.« Ethel sank mit getäuschter Miene iii ihr Kissen zurück. »Sie sind lieroisch, Polln,« sagte sie mit matteni liij(l;elii, »aber Sie sind auch uiivernijsiftäg.« Godfrey Greylock machte eine unge duldige lsjeberde »Das ist eine unan genel,me Geschichte,« sagte er; ,e- ist meiner Enkelin p:inlich, irkiind Je niandem als Schuldnerin gegeiiiibcrzui stehen, namentlich einer «llerioii, die sich in sozialer Beziehung tief unter ilsr be findet. Jch niuß darauf befiel-en, Mädchen, daß Sie etwas anne’niie-i, was eine passende Entschädigung ciir den Dienst, den Sie ihr geleistet kraus-n, genannt werden kann. nehmen Sie hast« —- mit diesen Worten sitz-ob er ihr einen Streifen Papier In die Hand ——- »und wenn Sie unter Ihrr-r eiaenen Bekanntschaft Freunde haben, so bera then Sie mit ihnen, wie Sie den besten Gebrauch von einer solchen Summe machen können. Sollten Sie ii- Zu kunft weiterer Unterstützung bedürfen, so können Sie sich jederzeit in mich wend«n.« Polln bliette nicht nnf den Eifer-, kcr eine größere Sunnnessteid remaini tirte, als sie je in ilsrein Leben gesehen hatte, sondern auf den hoch nutnigen, alten Aristolratcn, der ihr seine Frei gebigkeit auszubedingen suchte. triuhig zerriß sie das Papier in kleine Clurle und ließ sie auf den Boden sailrn »Bei-zähen Sie, Sir,« antvmute sie mit leiser, fester Stimme. »Ein dieser Angelegenheit müssen Sie mir ineknen eigenen Willen lassen. Jch wünsche nicht, daß Sie sich mir verpflichtet füh len; auch kann ich Ihr Geld nicht an nehmen. Sie blicken mich an? Nun, ich brauche Jhre Hilfe nicht, ich lann mich selbst durch meiner Hände Aktien cr nähren. Vergessen Sie den Dienst, den ich Jhnen geleistet habet tht weiß, daß es nicht mein Bursch ist, daß Sie sich daran erinne: . Und nun erlauben Sie mir, Jhnen und Miß Greylock Lebewuhl zu sagen.« Godfrey Greylock war stumm vor Zorn und Staunen. Dass eine arme Dienstmagd es wagen konnte, diesen Ton gegen ihn anzustimrnen und ihmj seinen Check zerrissen ooe die Fuße zu werfen, wart-ihm etwas ganz Unerhosp tes· Ethel öffnete die-Augen wieder nnd sagte mit mattemLächeiict »Ach, Pollh, es gebricht-Ihnen nicht an Stolz! Was soll mit Ihnen geschehen? Einn, Sie müssen natürlich Iehren eigenen Weg haben. Nur um Eins mönxte ich Sie bitten: Sollten Sie je der Hilfe bedürfen —- roollen Sie dann —;u mir kommen?« ,,J-a,« antwortete Polln nin erst-Leiter Stimme, ,,ja!« ,,Geben Sie mir Ihre Hand dar auf,« bat Ethel. Die rauhe Hand des- Dienstmagd ruhte einen Augenblick in der sammt toeichen der jungen Erbin. ,,Leben Sie wohl, Pollh,« sagte Letz tere, »und vergessen Sie nicht, das; ich stets Jhre Freundin sein werde« »Leben Sie wohl, Miß Greylock; ich danke Ihnen für Jhre Güte« So verließ Polly denn mit leeren Händen das prunivolleGex:i-qu. Gery locks Kutsche brachte jie nah der »Katze-n - Herberge« zuweil, wo sie still und ruhig ilxee täglichen Arbeiten wie der Verrichtete, ais- Ib nichts vorgeset len wäre Weder Mcrcy Poole noch Dr. Bandine bestiirknten sie mit Fra gen. Letzterer betrachtete Polly mit Bei fall und Bewunderung »Ich sehe,« sagte er, »daß Du entschlossen bist, eine Heldin zu sein. Bravo, mein Kind. Jn welchen Wirbelstrom von Gefahren wirst Du Dich zunächst stkirzen7-« Dann fuhr er fort, indem sein Gesicht einen ernsten und traur:qm Fiuodrncts annahm: »Gott sei Dank, reif-, Dn dan Muth hattest, sie zu retten, Polle Sie» kann nie die Meinige werden; nichts-: destoweniger werde Lch Dis-h sit-T dxese That segnen, so lanae ich let-e· Einige nähere Umstände der Geschichte sind mir bekannt. Jhr Angester wa: ein verschmähter Liebhaber Der arme Teufel! Natürlic, may er toll und das ist kein Wunder, da er sie ver-i un s« hatte. Pollh fühlte sich durch diese Worte im tiefsten Herzen verwundet »Dr· Vandine,« sagte sie, »Sie lieber-. Miß Grehlock, und aus«- diesem Grunde lin ich froh, daß ich den Stoß empfing, der ihr galt. Jch schulde Ihnen so viel, daß die Person, die Ihnen :l,euer ist« auch mir theuer jein uiuß.« . »Du schuldest mir nichts!« rief Dr. Dick. «Schwat3e leiien Unsinn, Pollu! Uebrigens, liebes Mind, thut eö ni«r im Herzen weh, Dich lo bleich und schwach zu sei-n. Dein heldenmüthi ger Geist wohnt in einein sehr gebt-ch lichen Körper; als Trixi Arzt muß iih Dir anbesehlen, mehr auf Teine Ge: sundheit bedacht zu sein« Er hatte keine Ahnung, "-us.lch’ un sägliches Elend er selbst dem Mädchen bereitete-. Pvlly’g heimliche Liebe war iioch immer ein Gebekmniß, das er biLJ jetzt nicht errathen heite, und das ihm vielleicht siir immer verborgen blieb. Jn Bezug aus Regnault wurden keine weiteren Sspjriite gethan, sondern im Gegentheil die ganze Geschicht so gut wie möglich vertuscht. Inzwischen schwand der Sommer dahin. Die gro ßen Salzwiesen lagen braun und kahl da, und kalte, herbstliche Winde zogen iiber sie und den nahen Strand da hin. Ethel schwebte jetzt wie ein lieblicher Geist im großen Herrenhause von Greylock Woods umher. Zuweilen wandelte sie aus den Terrassen, aus den Arm des alten Mannes gelehnt, der, nachdem er ihr alle Fehler und Thor heiten verziehen hatte, sie jetzt mehr als je zu lieben schien. Manchmal fuhr sie mit ihm durch den immer kahler wer denden Park oder am melancholischen Strande entlang. Wer sie beobachtete, konnte ohne Mühe in ihren Zügen ei nen wehmüthigen Ausdruck entdecken, der indessen nicht die Nachwirkung ihrer Krankheit war. Jhre Kraft und Gesundheit kehrten wieder zurück und mit ihnen ihre frühere Schönheit; dennoch schien sie sehr verändert. Eines Tages sand Dr. Vandine die junge Erbin am Piano sitzen, in dem selben Zimmer und an demselben Fen ster, wo sie vor vielen Wochen die Wer bung des Varonets zurückgewiesen hatte· Wiederum stolzirte der präch tige Psau aus der Terasse draußen hin und her. Welle Blätter wirbelten durch die Lust und sammelten sich auf der äußeren Fensterbriistung an. Mit wunderbar klarer, aber unaussprech lich wehmuthvoiler Stimme sang Ethel beim Eintritt des Doktors ein Lied von der Liebe Qual und Leid. Vandine blieb regungslos stehen, bis die Schlußstrophen des Liedes verhall ten: »Und doch, wiewohl sie Leiden Allezeit zum Lohne gibt, Nie mag von Liebe scheiden, Wer einmal recht geliebt. Er trägt die heißen Schmerzen Viel lieber in der Brust, Als daß er nie im Herzen Von solchem Glück gewußt.« Jetzt trat Dr. Dicl entschlossen zum Piano und sagte in ärgerlichem Tone: »Es wird heutzutage viel sentimenta ler Unsinn von dieser Sorte geschrie ven. Ich bedaure, Sie heute so bleich zu sehen, Miß Greylock; Jhre Gene sung macht nicht die günstigen Fort schritte, die ich erwartet hatt:.« Sie zog ihre Finger largsam von den Tasten zurück und stam: selte: »Es kommt von diesem trostlosen Oktober Wetter.« »Ist das Alls-IV ,,Seien Sie nicht zn stteng « das schöne Mädchen; »ich fürchte j setze Ihre Geduld aus eine ftarkePr Doktor VandineX »Ja, «erwiderte er; »allein Sie nen mich nicht täuschen. Denken sich die Qual, die ich erdulde, wens s Sie nach einem fernen Liwh . schmachten sehe, während Sie g« Einen, der Jhnen nahe ist, der Ihnen steht —- taub und blind fikt Jhr cntriisteter Blick sagte ihm t — lich, daß er jetzt noch weit wen Hoffnung habe als bei seiner e·- - Liebesertlärung vor einigen ME-« s« ten »Hm ein Mann nicht das-R zweimal —-—ja zwanJig Mal feine L « zu gestehen?!« rief er leidenschaf aus. »Sie brauchen indessen nich · antworten-ich habe Sie nutzlos geregi. Sie bedürfen meiner Dis nicht länger; es wird besser für « sein« wenn ich Sie nicht wieder Meine einzige Sicherheit besteht in That darin, mich von Ihnen feri halten« · Ethel erhob sich mit Würde sagte: »Sie haben Recht, Doktor L . dine, kommen Sie nicht mehr hie Mehr als dies brauche ich nicht zu gen —- weniger wäre fast falsche S nung.« Vandine ging, und Ethel war alle ihre Anbeter los. Sie vergon einige Thränen und stellte dann; um den ihr laste: Druck abzuschiittelm ihrenPonyrsc in dem sie, von den Hunden begli « eine Fahrt durch den Park antrat. « Nicht Weit von der Rosenidliilch ihr plötzlich Hannah in den Weg ersuchte sie durch ein Zeichen, Hat « machen. »Es freut mich Sie nach so la j Zeit wiederzusehen, Mis; Etl)el, « s sie mit einem boghaften Llirk aus junge (f»·rrbin. »Sie find wolxil aus i Wege nach der klioseiiiViila?« I »Nein,« antwortete Ethel kurz mit verächtlichem Tone. r Hannah Johnston grinste. »W1 hastig! Und Sie haben Jhre th " Mama seit Jhrer Krankheit nicht sehen! Das nenne ich kindlich-e L Es ist doch ein schönes Ding, Mr - und Tochter einander fo zärtlich z than zu sehen.« . ,,«’fort, Lancer!« rief Ethel Pony zu; doch Lancer rührte sich « von der Stelle, da Hannah Joh- ( dem Thiere nicht aus dem Wege r »Ich hörte, Mis; Ethel, dsiiz schwer krank-darnieder lagen und I vielen Liebhaber Sie dem Tode brachten,« sagte Sie mit höhnis Lachen. »Der alte Mognl hatte Wohl beinahe verloren? Run, es noch schlimmece Dinge als- den Es ware besser fiir Sie gewesen, t4 Sie Jhrer Krankheit erlegen wi . Wir wollen sehen, ob S:e nicht wenigen Wochen derselbcn Ai sind!« Mit diesen Worten machte sie spöttische Verbeugung und enth sich. Das Pferd setzte feirzeki Weg Eine Ahnung bevorstehenden un cles i..achte Osthelcs He13 hefziz pe: doch schon ini nächsten Angst-. lächelte sie über ihre Schwache-. L freche Kreatur! Es trar thoricht, ter iiber ihre Worte nachzudenken. Der Ponh trnbte weiter unter Fichten und Tannen und durch Hohlwege, die jetzt mit welkem L" angefüllt waren. Ein träumet-i « Nebelflor milderte das Sonnen Kein lebende-Z Wesen war weit breit zu erblicken, ausgenommen Vögel und Eichhörnchen, anf die Hut-de vergeblich mit lautem G Jagd machten. Ethels Niedergeschlagenheit k aus’g Neue zuriiek. Sie gedachte Vergangenheit und bebte vor sreudlosen Zukunft, die vor ihr . Wo war er an diesem Herbsttax - den sie von sich getrieben hatte, obx sie ihn liebte? Weilte er noch im. nen Westen, oder befand er sich ir ner eigenen Heimath drüben über · Meeres Wenn er um den wc " Sachverhalt wußte, so mußte es verachten; wußte er nicht barm i mußte er sie bis zum Ende seiner für eine herzlose Fiotette halten. l hatte für ihre Thormeit theuer E müssen; mit allen ihren Träumen einer glücklichen Zutunft war es; über. Und doch war sie kaum achk Jahre alt! ! ( --«.- . Das Pferd traute gemachnch kc Ethelg Kopf war auf die Brust h gesunkenx sie umtete nicht der l: grauen Gestalt, die von der Eing« ’ pforte her ihr entgegen schritt; it eigenen traurigen Betrachtungen » tiest, vernahm sie nicht das fre Bellen der Hunde, die dem Anl ling entgegensprangen. Näher und näher larn die G sich niit Mühe der ungestümen tosungen der Hunde erwehrend. · lich blieb sie dicht vor dem Ponh s »Um Vergebung!« sagte eine ( me, die Ethels Herz fast zum stehen brachte. Mit Gefühlen, die jeder Be ’ bung spotten, sah dass junge ME ihren Vetter Gervase Greylock v stehen. Fortsetzung solgt.) —- Orientiti. ——,,Na, jet zwölf Uhr, Adolf, geh’ nach , sonst zeigt Dir Deine Frau dieZ «—»Rem, urn die Zeit liegen di im Nachttästchenl« —— »Das Geld ist ein c metall, wenn es — in die tl Hände kommt.