Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 29, 1897, Page 6, Image 6

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    Jota-fetten
du cra- Leu-sw
Qet Wald so MI, o kahl das est-,
Das einst gemnsscht tn Acht-Zu
Ein Acker nur will heut ekblühm
Von Lichtern hell. von Kränzen grün,
Bett-am von Liebeszähretn
»Herr, laß sie schau’n dein wiss Licht,
Und end-n in ew'ge-n Frieden!«
Die Herzen glühn, die Kränze wehn,
Und aufwärts wallt ein Meer von Flehn
Für Alle, die geschieden.
Die Kerze lifcht, der Kranz verdorrt,
Leid deckt der Schnee tue Grüftr.
Allein des Angedenkens Licht,
Das leuchtet sitt und schwindet nicht
Und strahlt durch Nacht und Klüfte.
O daß, von ihm genährt, die Saat
Der Todten Früchte tra e!
Daß nnd wie sie die Liebe enk’,
Daß unser auch ein Herz gedenk
Am Allerseelentaget
Das Jeli der Todten.
Von I. II. Q.
lind der Todtenengel senkte
die Fackel ties nnd tiefer-,
bis sie erlosch.
Nach Mitternacht war sie gestorben!
Still und tlaglos, der furchtbare Todes
kampf entlockte ihr nicht einen einzigen
Wehlaut-es würde ihn geschmerzt
haben.
So schien ihr Scheiben wie ein Hin
überdiimtnern,Hiniiberfchlummern, und
ihr ichlanteo Köpfchen lag im Tode
sanft zur Seite geneigt, wie eine
Blume-, welche geknickt worden ist.
Die blauen, silberdnrchwirkten Seiden
dorhiinge des mächtigen Himmeldettes
waren zurückgeschlagen, und zwischen
dem kostbaren Spitzengewede —- die
fchlanten Glieder leicht in sich zusam
mengesnnten——tnl)te sie so still nnd
friedlich, wie ein bleiches, müdegegan
genes Sind.
Hunderte und Hunderte der herrlich
sten Pflanzen und Blumen hatten dnit
Sterbezimmer in ein Blüthenmeei
verwandelt, und inmitten bleicher,
kaum erblühter Seetosen lag ihr junger-,
regtmgsloser Körper, eingeniillt in das
Lockengeringel ihres goldigen Haares,
das halbgeösfnete Auge starr, gebrochen,
nnd ans dem holden Antlitz Ienen
scheuen, lieblich edlen Ausdruck, den
selbst der Tod nicht wegzutilgen wußte.
Arme, schone, frühgedrortfsine Men
fchenbltttnel
Und Freiherr Gottfried Sei-seid
- Wartetnberg umklatnrnerie die weiße,
kalte Hand noch fester, noch verzweif
knngsooiler. Sein heißer, irrer Blick,
et sauste sich fest an der verilärten
Doidseligteit ihrer Zkigey nnd die ge
waltise Reckengeftalt des Mannes er
bebte wie stnmterfchlitkert in wildem,
thtättenlofem Schluchzen.
Seines Kummers Trost vers-lichem
seines Daseins Halt gebrochen, seines
Lebens Licht erloschen-er war zum
zweiten Mal allein!
Allein?
Ein kleines, zuckendes ändchen griff
in die Seidenfalten der - ortiere,
herein in das schwärzliche Dämmert t
glitt eine wunderholde Kinderge .
anz eingehüllt in weiße- im
pitzen, umwallt von goldbrattn «
ndeut Gar-C und sie kam nähn-is
till nnd lautlos wie einstimmst-tin
wenn es zur Eid- stnttssisieste das
Uermchen u » en schwer -ten
M iroftlosety nnd chariegte
MS Körperchen erts an seine
MS .
""«-T«,;«Sie haben es mir gesagt, Papa,
und ich bin gekommen, met-bei Tir
zu sein« ,
Es waren wenig Watte nur, die i. «
sprach, aber sie klangen erschütternd .
ihrer einfachen NatürlichkeiL T
Er sah sie anI
Sein Rind, seine Erstgebore«
Eine Ewigkeit schien es ihm, sei:
sie zuletzt so Herz an Herzgeha .
Was Alles lag in dieser Zwischen !
Jetzt, wo sie plötzlich das Kalte, F »s
trotzige ihres Wesens abgestreift zu
haben schien, wo sie zum ersten L Jte
nach Jahren wieder freiwillig in seine
Arme geiliichtet kam, jetzt sah er erst,
wie sehr die Zeiten sie verändert hat
ten. Schiet sremdgewarden schien ihm
das seltsam eigenartige Kinderange
sicht. Und nun schlug sie die Augen
auf. Große-, schöne, ausdrucksvollei
Augen, und in diesem Blick lag diel
Seele ihres Seins, und mit ihr all
die Liebe, all’ das Reine, eines süßen,
frommen Madchenherzens.
Er schloß sie heiß in seine Arme.
Und so am Rande des Bettes sitzend,
das Kind an seinem Herzen, fand er
die ersten Thränen, und mit ihnen
jene große, heilige Ergebenheit, die
Gott allein uns geben kann.
»Und hast Du sie geliebt, Claire,
geliebt, so wie sie allein es nur ver
diente?«
Da hob sie« das Lockenlilpschen und
sah mit wunderbar sinnendem Blick
hinein in’s Leere. .
»Lieb ehabt, das wohl, Papa l« wie
trännterifch die junge Stimme klang.
»Nicht doch nie. Versen-O sie tvar
nicht meine Mutter.«
Ein Ansstithnen, wie von einem zu
Tode Berwnndetem rang sich ans sel
stee Mst »Lied ehabt, das wohl,
.Uttie-geliedtl« as waren ja auch
M Mieter Sterbendengewesem und
— feines Kindes Mund klangen sie
siedet est gewendeterehr
Mel nd trostlose Wahrheit
Jst- » te ek. »Geh-, m m
gölte es einen
Schlummer nicht z
näher und blickte in «
, wächjerne Angesicht de
»Du anne, arme ,
sie hatte die kleinen Hän
ihr Gesichtchen wurde blas
Lippen Nun haben die Bi
keine Mutter mehr, gleich mik.
sei getrost, Mama, ich will sie l
lieben wie nichts sonst aus der «
und das verspreche ich Dirl«
Uua sie neigte sich nieder nnd
die ictjlaff hingesunkene Hand der
ten, und eine warme Thtätte
darauf Mutes-eine löftliche Perle ,
junger :Uienschenbrust——und dann
sie, so still nnd lautlos wie sie s «
tnen war. ·
O O
Tie kleinen rufsifchen Steppe » -
braunen dahin, schier unaufhalspsz »
Ihre zierlichen Hufe berührten ·" j:
den Boden, in schwindelerregendeksg
flog der reizende Bann-storwa
iiber die breite Cbaussee und III
schien ed der jugendlichen Beutel-in Ist
feurigen Thiere nicht schnell gemHg
Mit weitgeöffneten, stammenden ugysz
saß das zehnjährige Madthenli its
Fand des Wagens, die Zügel in den«
energischen kleinen Händen, der Die
ner-sitz ninter ihr leer und neben sich
einen prachtvollen Strauß indischer
Herbsthyacintben. ,
Claire von SeefeldiWattemberg trug
das tiefe Schwarz der Trauer-. In die
tosen Falten des diistekeu Gewandes ge
hüllt, schien die kindliche Gestalt höher
und schlanler geworden Fu sein. Die
goldbraunen Locken muf attetten frei
und ungehindert Its sczlanle Köpfchen,
der vieles-röter te Hut war in den
Rocken W .«sjunlen, nnd so ums
wehte «er des erschie, kühle Wind dei-l
HUUMD M !
Selisautes l « Menschenwesenks
Aut- dieseu fein — aren Zügen sprach-E
nichts Unserti «- Ilndlichetk llm den T
blshettden IV ·. leg ein Zug herber
Sehtlfucht, i sz M den Augen sprinwa
der Funke il «es-theweckten, willens-z
kkijfkigekk i— äst, weidet eine so wunsj
der-but- f etfejqft übet die »-3ai·tgel)aute,t
Hülle iil ;"« » « i
Dre; M ute waren feitleer ver-zv
strichzks da-· jhre fdxöne Zunge Ztiefsz
mutte lic« He Geburt desziveiten Satz-— s
"ned one sein Leben geschieden war.Q
Und heit-. wa: der Tag der Todten! i
Alle Schätze, welche die berühmtens
Freihekss Seefeld - Worteinberg’schens
Glase dick ihr Eigen nannten, wurden
nnlmicherzig and Licht nnd Wen-me ink
die Tosteren isiruitqeioolbe geschafft,i
nnd erster der lofilichen Blninenfiiiie«
schier-vergraben stand der schmale Sorg
dergeiliiveriroibenen
er Tag der Todten!
Was hatte das lieine Mädchenkindi
früher von seiner ixtnnezzliriien Beden
tng gewi.ißt?—:liiciii-:sk Ecii aber dad
Haus ihren Vaters feiner Herrin de
mubi, war das ander-:- ik.«-«-.«.s::eii, ganz
Inder-Si Eie idxicn rsi..«äi2«.i ein«-Mk
M Jahre gereist !——— Eis- i.«s..; den ironi
sklen Kanns like-J Q--»i:ex-:—- iiiit dein
ilde seiner ;;:-—s,·iien -’i-.-.m, sah nie
eine Money frohe-ekle Himlt tiiglich
ie elben Lssczie « nelche nach
idem Erblieguintisfl «.::«iicii, ia iie schritt
sfelher mir on iunsxx Hand, reich mit
.Blunien belud-Du oiscr inne sie dort
sand, war mir die ictzie sjinnestäiie
ihrer eigenen :’."c’:.;:2·1.
Und ten ro ou forschte, grübelte,
duchie sie.
TLie ein-sinst :?.Iii:tter! Wo war sie
oan Zie- ic.:i icon verstorben, gleich
der zweiten Freu, aber wo schlief sie
den letzten Zet)iai, iro?
Der Zeig der Eiefnintter trug ikn
mian Wappen, Und dass derer von
Leute-neun Manto war also eine ge
botene ikiriisin Löwenderg gewesen, und
ihre Mutters
Zie hatte diese Frage einmal plötz
lich und unvermittelt an den Freiherrn«
gerichtet, und er war erschrocken zusam
metigezuirt.
»Deine Mutter war eine gebotene
Märtene,·« hatte er leise, mit abge
wandtem Blick gesagt.
»Märtens!« Das Kindsanrn »von
Meinende srng sie dann. ·
»Nein, schlichtweg Märtend.«
Sie war so vertieft in ihre Geschenk
daß sie die furchtbare Veränderung in
den Zügen ihres Vaters nicht bemerttr.
«Die muß sehr, sehr schön gewesen
seini« piauderte sie weiter· Siequ
langhingestreckt, von ihrem Haar wie
von einer goldbraitnen Miihne va t,
auf dem mächtigen Fell eines Q
dären, weiches über einen niederen tür
lischen Dir-am in der Nähe des Ko
mind, gebreitet lag. Die Ländche
unter dem Kopf verschränkt- leuchtet
von den röthlichen Gluthen des Feuers
nrnloctt von den langen, prächti en
Zacken, bot sie mit ihrer wes
rozie ein ebenso schöne-, old fremd
ortiges Bild.
Dier Freiherr schloß die since-Im
W c
g.
. qst Du sie sehr eliedt, Py- IS'
THE-im keine Arme-re sie III-Im
das Köpfchen, nnd sah seines
statt in dem eleganten
ipixiiäUwiWöikFTsWs
ti n, ein .
durch die san-m suchte- M
zitterte.
Er weinte
thsüchrigeu Magens
sung Ruhm to
chwek hemmt-, et
ngfotmte Haupt. U
die-bleichen Züge sehen
Hart-te sie-an, schchzi
«»schier erloschenem Blick.
U ich, Clai1·e, wir Beide
. —.e"verloren in Herdeneliaim.«
» ·i Heidenshaiml—Da-J lag doch
zspst eer einzige kurze Wegftunde von
Watte berg entfernt, und nie, nie hatte
ex sie an der Hand genommen,
i hinzuführen an das Grab der
» spseißem wildes Weh erfaßte ihr
»" ; ieidenschastliches Kindertser;.
» - rz, der ohne Grenzen schien
dieser Stunde on war sie eine
4Sie-vordern war sie fremd im
-—e.
szt Dich nie geliebt, mein
HI, gut nie geliebt!« Las
»Muchzende Wehlaut ihrer ge- !
ziseelh das war die Verzweif
" jungen Daseins geworden
« read der Sarg der zweiten
Lwi- Secbachsxsartemberg
wurde unter hundertsacher
«" en ihr Mütter-eben dacht
« ZU, Im- s c allein-Und da er
e Eise Set. Acht-schier übern-äl
Wlldis ihre: lGröße, das kleine,
EsnkeNenschei rz. Das in letzter
Fest fk Usß uns inml gewordene Ge
setmpenn unheimlich vertiest
U WILL Island kn in den Augen
hsiluh es Mem «.-cben, Farbe, der
Blis werde Jur« sinen ungetvohnt
leidenschaftlichq « --Ji; erhellt, und
die » e tiefrer-. rengestaltschien
zu m« en ln feile: u :sct11osfentseit.
, Wer smer llzt .s-1e."en? Mit einer
Unsäglich stehenden Txeichheit in der
Stimme hatte ie sc · die Blumen ers
beten III dem sank f, denn sie war
zu stolz-um iie vor m zu nehmen,
Wo Ihr Peter sie bi etzt nur siir die
zweite »Im zu pflegen schim. dam
PCM fis des Gipsm, pelrtier sie aus
Ihren Fahr-en auf der-i Rxxcrsitz zu ve
SIEUM hätt-, Mit spitriigen nach dem
Schlsß Akting nnd kaum war seine
Mle hinter den ersten Allcebäumen
des Parkes verschwanden, da rasten die
LIABILPJTIU such schon hin gegen
Herden-haust
Und nun wer es Meig«
lieber die Höhen irge gespenstige Lust- J
achildc work-endet- "edelstreisen, senkt-»t
athrnende Wiesengritnde, nnd unbeirrt
lich danimernde Waldes-schritten llnd
inmitten der liatltentlaudten Baume
das große-, wahtgebileate Tor-s, die
stiirtie und dier—der Gottesacker
Tas Herz des Rinde-e schien still in
stehen. Ter Abendwind strich ier ents
gegen, es sliiiterte nnd rauschte in dem
dürren Laube trie leise Herbste-dilettie,
und iiber die niedere Friedhofe-wartet
hinweg, da leuchtete unziihliger Lichtei
schein
Tie Pferde gingen schrittweise, sie
hielt die Peitsche gesenkt und mit star
rem Blick strebte ihr Auge weiter nnd
weiter dem erschufen Ziele zit.
Und setzt, init einem Ruck hielt sie
die Ziigel an, nnd aufrecht stand sie da
im Wagen
»8a1tann die Pferde nicht sich selbst
preisgeben, Hechte-indem Zie verzeihen
wohl, ich habe eine Herieneditte.«
Diese tindliche Stimme war ge.
wohnt zu besehlen, aber wie entzückend
lieblich kannte dieses Organ werden,
wenn ein Ton ilelzender Weichheit ihre
Worte durchstang.
Die ehrwürdige Gestalt die greisen
Priesters löste sich vorn Eingange der
Friedhesepsarte und kam neidet- Er
sagte nichts, er sah sie nur an, aber
welche Milde, welcher Gotteesrieden
sait ihr da entgegen, aus diese-in alt nnd
müdgewardenen Menschenblick.
»Ich vin Claire von Seeseld-War
temberg and machte, daß Sie mich zu
meiner Mutter brachten.«
Schier siebernd sahen ihn dabei des
Kindes Augen arr. Ihr Gesicht-den
war erschreckend bleich, ihre Hände zit
terten, und ialte Schauer schütteltenl
die schlanke-n Glieder.
,.Gett segne Sie!«
Er sagte weiter nichta, seine Hand
winlte einem Burschen zu den Pferden s
heran, dann hob er die zarte Kinder-i
ecstalt in seine Arme nnd ließ sie
achte zur Erde gleiten. J
Wohin denn nur? T
An der Friedhosstapselle schritten sie ;
sporiibey dae Dors umsäumend über den »
ischmaten Brückensteg dem Walde zu.
«Wit sind am Ziele !«
, Das heißersehnte Wort, es war e
Isalleih er lissnete die Thüre, nnd e
Ider eine, nnd dann ninsing das sprach
lose Kind ein friedlich mttder Lichter
flanz eine senchtwarme Luft strömte
Je entgegen nnd ans den Flügeln trug
s e lieblichen Blatnendnst, als ob tan
ende· von Beiiehen in der Nähe biiihs
fett
stand sie da. Das
Wie betäubt
schütte, nistet be edte Kindern-i esicht
has sieh vatt anheimtlchet stets e m
dein edit-the lntfcaånnd der Msts
wettet-en der Erde ntter bestimmte
Strauß « mir-sahen nnd ihre lebe-r
set n Hände lagen tmpsha sesi
Cianfa an diesen a .
e n leise- Uancheu meiste
seln m un M insectwa
Thüre eine tits
. » iixWTCM
i
(
l
l
Eine bange, snrchtbare Sekunde nnd
denn ein Aufschrei, so glückdurchzittert
wie er nnr auo der tiefsten Tiefe eines
Mutterherzens tornnien kann, nnd den
nächsten Moment lag die schlnnle
Franengesrqlt auf den iinien nnd hielt
ihr Kind, das langentdehrte, an die
Brust geschlossen.
O seiiger Augenblick!
Und so, Herz on Herz, komm othmend
itn Glücksgefiihl betäubender Seligkeit,
so fand iie Gottfried Freiherr von See
seid-Wartemberg.
Er war vorbereitet daraus, daß ed
einst so kommen würde-, ja miisse.
Aber so schnell, so nnvorhergesehen, das
hatte er sich nicht träumen lassen. Er
stand, die mortige Gestalt in einein
langen Reitemiantel gehüllt, vor dein
Fenster der kleinen Woldoiils und sah
mit dürstendetn Blick hinein in das
Paradies-, dao siir ihn verschlossen, ver
loren war fiir alle Zeit.
Ein heißes Wehgesiihl erfaßte den
einsamen Mann. Da drinnen alles
Glück, alles Liebe, nnd er, wie ein
andgestoßener Bettler im Wettersturm.
»Fafsung!« stöhnte er leise, .Fas
sung.« " "
Er legte die Hand setrmdenlang iiber;
die Augen und verharrte regungslos-H
dabei zogen die Bilder feines vergan
genen Lebens vorbei on seiner tranken
Seele nnd erweckten in ihm eine unbe
ziihmbnre Sehnsucht noch der Jugend
geliebten seines Herzens.
Wie unverändert schön sie wart Ein
langer, langer Blick umsoßte sie. So
schön wie ein t, nein, noch schöner soft,
veriltirt im nttergliick. Sile ermn sie
worden« da war sie ein schenke, holo
seliges Mädchen, nnd heute-ein könig
lichee Weib. Er sah ihre weichen Be
wegungen so voll Grazie wie die seiner
Tochter, iah ihr vornehmen edel
geichnittened Angesicht, sah die vollen
rothen Lippen, die sast sündhast warm
.h:riiberlenchteten, und das Alles war
verloren, hingeopsert für alle Zeit. z
Und wie ein Trnnlener wankte ers
oorwiirte durch die Nacht und dann!
stand er—ihr gegenüber. Der Priester s
hatte das erschdpste Kind an der Handj
genommen nnd in doe Nebenzimincrz
gesiihrt und dann waren sie Beide-i
nllein.s
Eine Pause, etbriickend schier siir
Beide, in det- die Herzen nur allein
die Sprache führten.
«Gottsticb!«
Et schloß selnndenlang die feuchten
Augen«
.Dn hast so Vieles hinter Dir-das
Einb, es hittte Tit die neue Angst ek
spnten können. «
Ein longek,schmer;lich bewegtek Blick
ließ sie erschonem
»Es wae der rechte Weg, den Claike
egangen,« sagte er leise, mit seiner
chönem tiefen Stimme. »Das schuld
lose Kind bntste nicht entbehren, der
Himmel stand ilzm essen, der mir-—
verschlossen ist. Mein Heim ist öd ge
worden, Stein« mein sonsten guter
Kometen gestorben. Licht nnd Würme
—ich lqnn es unserer Tochter nimmer
bieten, willst Du sie hol-ent«
«Goltsrieb l« Diese gliickdukchzittekte
Stimme war beronschend, jetzt hatte er
nicht mehr die Klost, sein Auge lee
znteißetn et- ttonl den Anblick seiner.
Heezenetönigin.
»Was kann ich siir Worte wählen?
Die Sprache ist zu arm, zn laltl Gott
fried, Du bist unendlich in Deiner
Güte, ich- ltob’ es nicht verdient-«
Ei ließ den Mantel stillen nnd trat
»auf sie zu. Es tout ein schönes Paar
inmitten der eeizenden Umgebung des
Jnntntischen Satans-. Beide große, ge
Ebietende Erscheinungen Beide den
IStentpel des Seele-redete ans den
sitzen, Beide begeistert, sie durch das
S iuttergliich er dnrcli den Anblick des
Weibes, das et liebte-, unbehin, ver
loren hatte. — ,
»Nicht verdient-« Einm, das hast
Dis den Muth onesnspceeljenP Wie ties
Du mich beschätnst.« i
Sie war verwirrt. s
-Dlt sprichst so eigen, Ozottsrieds
Lämm- wik uns die VergnngenlseitI
nicht ersparen? Gehen wir hinweg?
barst-eh es wird süc beide Theile besser s
MI-« 1
Er schüttelte das Haut-L
»Nein» sagte er sinnen »Was ists
zu sagen habe, ist rnit« l«cdeti-Jliedtirstiisi,
ich kann mich tan soffen-wenn ed sein
muß, schweigen darf nnd-—will ich ;
nicht. Zet) war eine Winse, Eintri, txt-i I
konnte der Kindesliebe nie viel Retti- .
nung tragen, tnir nsctr sie ja vermeint
geblieben. —- Llle die tsireisengesralt
Deines ehrwiirdigen Vaters unter der
furchtbaren Anllcjgxs tret Tielistalsles z-« :
samtnenbruch, :s.: ionnte, la wußte ich
mit Dir zu fühlen. Ader als er wegen j
Mangel an Betveie——snrchttsaretz Wort ! s
freigesprochen wurde-, als er trank,
siech, elend nnd heruntergetommen vor ;
ttns stand und Du inn liei Dir, bei uns, :
behalten wolltest, da lehnt-: ich michs
ans dagegen mit der ganzen brutalenj
Kraft meines starren Willens, meines
sey's. Nicht daß ich an seine Schuld
qeglnubt hätte, aber ich dachte, das
mir, Dir, unserer Tochter und meiner .
Stellung small-ig, den Mann so lange .
von uns fernzntiattem als die Schranke:
,Weqen Mangel an Beweis’ nicht .
niedergetreten wer. Und da—da gingst «
Diesen von mir! Duz ogst. mich preis
lieted, an der Seite des greisen sinnst-»
ers itt Drin sites Heini zurück, Du
wolltest todt-·- estorben sein siir mich
nnd Eintre. Zaun-is faßte ich das
mers Ins ais heute, denn heute weiß
Mudss ein reines, stolzes Frauenlperz’
IM’ Mdets handeln konnte-, durfte. .
Hit- W est-irden, ich aber liebte
Dis-, stehe n « zuvor, liebte Dich, daß
" «Q ist Insse sest hätte sangenj
mögen, Dich tttdtcn hatte können in
Liebedraserei. Ah-—irh litt Unend
licheei Und da, da rettete ich mich zu
einer-Anderen Sie war arm, schön,
verwaist, sie wußte, daß ich ihr Alles
bieten konnte, nur eines nicht-die
Liebe. Sie hat ed tapfer getragen, nie
liagte sie, sa—sie war es, die mir voll
tieser Bewegung zuries, daß Dein
Vater wieder sieh selbst zurückgegeben,
nnd der Schuldige entdeckt. Wir haben
sehr ttill, sehr friedlich neben einander
gelebt, jetzt habe ich auch sie verloren!
Sie war unserer Tochter eine treue
Mutter, sie hat sie geliebt, und dar
war nicht leicht, denn das Kind war
herb geworden, worttarg, unliebenes
würdig. Jnstinktiv stihlte ed ein
Etwas, das ich ihm schutdtg blieb-die
Liebe seiner Mutter. Und sent, jetzt
hat mein Liebling den rechten Weg ge
sunden. Ich will nichts höher epflegt
wissen in der Brust meiner ochter,
als die Kindesliebe! Verzeihe, Clara,
seht weiß irb Dich anders-ganz zu be
urtheilen. Erst-are mir den Abschied
siir heute von meiner Tochter, und setzt,
wenn Du vermagst, gib mir die Hand.
Ein wortlaser Händedruck sagt mehr ale
tausend Worte, ich weiß dann, was ich
mit mir nach Hause nehmen dars.«
Er sahsie an und unter der zwingen
den Gewalt seines Blickes legte sie,
beide Hände acsaltet, in seine Rechte,
dann ging er hinaus, in Nacht und
Sturm-heimwärts zu
O
i I . . - I
»Nein, mein Herzensiunge, geweint
j wird nicht. Mama kommt wieder und
J bald, wenn Du versprebsen willst, ein
ganzer, kleiner Mann zu sein. Hörst
Duk«
Fiind Claire?«
»Ei, Herzchem die bleibt da, natür
lich! Du sollst sie auch aar nicht langer
mehr entbehren, gib Miß Domsan das
Handrhen nnd sie bringt Dich zu ihr
und Fredi !«
Das kleine-, hübsche Bubengesicht
erhellte sich.
»Du kommst aber bald wieder,
Monta, gelt?«
»Das will ich meinen-«
»Und Papa quasi-«
Tie schlanke, reizende Frauengestalt
neigte sich sahiinge nieder und der
rothe, zuckende Mund preßte sich innig
aus die frischen Knabenlippem doch
bevor die kleinen Händchen sie erhaschen
konnten, hatte sie sieh losgeriisen und
nun saß sie auch schon itn Feind des
dahinbrausenden Wagens am Wege nach
Warteinberg.
Es war diesmal ein schöner-, sonnigets
Herbsttag, andere, so ganz anderes aleg
damals vor zwei Jahren, als ihr klei- F
nes Madchen aus dieser Straße denz
Weg zur todten Mutter suchte. l
Zwei Jahre, welch’ eine lange Zeit!
Und weiter reihte sich heute das Fesls
der Todten, das zur Bedeutung ihree
Lebens geworden war. Daheim in der
Waldvilla, indem stillen Kiinstlerheini
ihres verstorbenen Vaters, da gedieh
junges, prächtig heranbliihended Men
schenleben. Seine Finabeni Wie sie
diese beiden schönen, blonden Kinder
liebte, sa mehr als das, vergotterte,
nnd wie mit ihnen, bei ihr dao holde,
süßbetausrhcnde Gliick eines neuen
Lebens Einzug gehalten hatte. Seine
Braut ! Zum zweiten Male ihm anver
lath Monatelang war er der Wald
villa serne geblieben, nnd dann war er
aus einmal gekommen, plötzlich, unver
mittelt, hatte ihre Hände gefaßt und
geitammelt: Itiiiach ein Ende, Ciaka,
sage, daß Du mich nimmst; so ertrage
ich es nicht weiter l«
lind sie hatte eingewitligt, ernst,
gelassen scheinbar, und dabei das erz
voll heimlich jubelnder Gtiictselig eit.
Dann hatte er ihr noch die Knaben ge
i bracht und war sortge ogen in die Welt.
Drei Monate waren seither vergangen,
sseine herrlichen Reiseberichte waren
Alles, was sie besass aus dieser Zeit.
Wann er wohl kommen wird! Immer
lauter, sehnsüchtiger und verlangender
wiederholte ihr erz die Frage
Wann er woh kommen wird? z
Sie hatten setztWartetnberg erreicht. ;
Lautlos betrat sie die Kirche und schritt x
hinab über die von Fackeln erhellte
Treppe in die Gruft, und trat tief
bewegt an den Sarg der Frühentschlafei
nen.
: Ein Blunienhain ringsum. lliidj
Hirzifchen alt' diel reiche Pracht ichods
jihre Hand ein kleines, schlichte-di
,«Eträußchen. Wiesenblumen nur, undf
ldoch, weit löstlicher als alle anderen, I;
denn iie waren gepflückt von den;
rosigen Händchen der Kinder, die nun ;
Iihr Eigen, und deren Mutter hier den
yletzten Traum durchfchlicf.
»C!ara!« .
So leise gesprochen, als wäre es nurt
laut gedacht, und doch, Alles verges
fend, hätte sie aufiubeln mögen, er
stand vor ihr, war heimgekehrt.
»Allmärhtiger, ivie danke ich Dir!
Das Wirt-ersehen hat die letzte Schranke
niedergeriffen, hat mir verrathen, was
Du fühlst, ich danke Dir, mein Lieb.«
Sie schlug die leuchtenden Augen
verwirrt zu Boden, er aber ergriff ihre
Hand und zog fie fanft an feine Seite.
»Ich habe gewußt, daß Du kommen
spürt-ein« sagte er tief bewegt, ,und
hier, gerade hier, wallte ich Dis wie
dersehen. Gara, nicht nur die inder
dleier Todten find verwaist, auch mein
erz bedarf der Liede. Daß Du mich
edit, noch liebst, das Wiederghen hat
es mir verrathen. seh danle tr mein
Weil-, meine Brautt Ein Menschen
leben liegt vor uns, ein langes Erden
wallen, wir wollen ee ausntisen in den
heiligen Gesungen der l«tebe, des Gott
vertrsuens, und der Pflicht. Möge die
Bettlttrte itder den Frieden unseres
hat-fes wachen, san-le quel- fie uns ver
Essen bleiben wird, möge Dein cchlm
Dich niemals reuen, das, mein He
ling, ist das Gebet eines Mannes d
heimgefunden hat«
hkldknmuib eint-.- Knabkn ais Schiffs
führ-er
Willian Slsottoiy der Sohn eines
englischen Matrosen, vollbrachte vor
einiger Zeit eine That von seltenem (
Muth und seltener cliaralterstiirsq «
indem er ein Schiff gltictlich zum Ziel
führte, dessen sämmtliche Osfiziere todt
waren oder am Fieber darniederlagen.
Der »Trafalgar,« eine viermastige
Bart von siebzehnbnndert Tonnen Ge
halt, segelte am LU. Oktober 1896 von
Batavia ab rnit einer ·fiir Melbourns
bestimmten Ladung Petroleum. Vor «
der Abreise dee Schiffes war das Fieber
unter der Schiffsmannschaft ausgebro
chen und so fehlte es bald an Leuten
auf dein Schiffe. Kapitän Edgaruntern »
lag dein Fieber schon vor der Abreise,
worauf die Zchiffssiihrung auf Mr.
Ruhme-, den Obersteuermann, über
ging; kaum aber hatte das Schiff die
Anker gelichtet, als auch dieser nebst
einigen anderen kräftigen Seeleuts
von derselben Krankheit niedergew
sen wurde. Dann unterlag der Schis "
zimmermann dem Fieber, nnd zw
am selben Tage, wo der Ober-steuer »
mann Roberto im Deliriuin iiber Bord
sprang Damit hatte die Situationz
ihren Kultninationbpunkt erreicht, unt-«
die ganze Last der Schiffofiiyrung inT
gefabrvollen Indisrten Ozean fiel aufs
die Schultern William Shcttans, eine«
Knaben von sechzehn Jahren. Zum
Gliick hatte er, einer seen·iiinnischen;;L
Familie cntstammend, einigen tech-?
nischen Unterricht in der Schifsfahrt
genossen.
!
So standen die Dinge, als der besi
herzte Knabe seine furchtbare Ver-it
antwortung übernahm. Gitnstiger i
Weise waren die Winde eine Zeit lang
mäßig, aber immer noch folgte ihnen
das Fieber und ant 7. Dezember starb
auch der Koch hieran als sechstes Opfer
seit ihrer Abreise. Port Fairy tvae das
erste Festland in Sicht, aber damit
hatten die Priisnngen des jungen Kapi
titne ihr Ende noch nicht erreicht.
Einige Tage später wurden sie-von.
einein Sturmwind aus Nordwest, rnit
tiin ihnen gerade entgegen, überrascht
Shotton war det- Ansicht, daß nicht ’
Weiteres zu machen sei, als sich vom
Winde sorttkeiben tu lassen, anstatt
sich itnn gewaltsam zu wider-seyen, 1
was ihnen verderblich werden konnte
Sonach wurden atle halbwegs arbeits
fahigen Leute auf Deck beordert, um ,
die nöthigen Vorkehrungen nach An- »
ordnnng ice ttnahen zu treffen, der -
eine wahrhaft bewundernswerthe Ver
trautheit mit allen Ersatdetnissen,
welche die Lage des Schiffes heischte,
an den Tag legte. Tag und Nacht wa
er auf der stammandobriicke zusehen
selbst inmitten des Sturtneerasens mit «.
einer Kaltdliitigteit und Ruhe seine
Befehle gebend, urn die ihn mancher ,
ergraute Zeeinann hätte beneiden tön
nen.
Endlich ließ der Wind nach, das bis
her ans seinen Flügeln getragene Schiff
ward wieder Herr seiner Bahn und
konnte die Richtung nach der Viktoria
tiiste einschlagen Ungliirtticher Weise j
war das rathe Licht aus Split Poi t «
nicht aus seiner Karte angemerkt, El
daß Shotton, uiikxchertvo er sich befand, -—
umwenden ließ. Nachdem er einige
Stunden lang in entgegengesetzter Rich
tung gefahren war, ließ er, sich eines
Anderen beiinnend, abermals wenden
nnd, dem Verlauf der Küste folgend, -
steuerte er triumphirend sein Schiff in -
die Bucht. Hier fanden schließlich der
Knabe und seine fiel-erkranken Maiw- ;
sen die ersehnte Ruhe, nach einer Reise i
J
von sieben Wochen ans einem vom
Sturm gepeitschten Ozean.
(-Jrilirggrgenwnri.
Im Sommer 1822 saßen mehrere
englische Seeoifizicre nnfern Madrae
in Lstindien in einer offenen Hütte
,beim Mittagsmahl, als plötzlich ein
Hungebetener Gast, ein großer Tiger,
Zisereinstiirth Im Nu packte er einen
ESeeiadetten nnd warf ihn nach Art der
kWölfe, wenn sie ein Lamm erfnsfens
Fquer til-er den Rücken. Die ganze Ge
jsellschaft war ver Schrecken fo erstarrt, i
sdafr Keiner ein Glied rühren konnte. i
ZGewöhnlich schlagen die Tiger ihrer
;Bente, wenn sie das Opfer lebendig
packen, mit der Tatze zuerst den Kopf -
Zein; dieser nder ließ feinen Fladetlen
Jruiiig oben auf feinem Rücken liegen «
Hund schwenlte den Schwanz links und
;rechte. Denn so pflegen diese Bestien
izu verfahren, wenn sie wil ens find,
noch einen Griff zu thun, sich aber noch
Jnicht entschlossen haben, was sie dem
gierigen Rachen reichen wollen. End
»lich wiegten einige der Offiziere auszu
Jttehen und nach den Büchsen zu greifen,
f ie hinter ihnen im Winkel der Hiitte
sstandetn Sie legten an und wollten
lnbdriickem aber in diesem Augenblick
innterbrach der Kadett die Todtenstille
smit dem Ruf: »Schiesit nichtl« und er
Iwies auf den langen Dolch, den er bei
ich trug. Mit fester and stieß er due
essek dem Tiger n’s Herz. Dne
iTlsier spreizte, als fein Blut arm-dick
Hans der Herze-runde quoll, die Beine
zweit von einander, senkte den Aop nnd
zdrnch mit grimmi em Brttilen ver cheis
Jdend zufammen. le Geistes egentvnrt
TM- M Muth des ilqdetten tten Un
Innd die ganze Gesellschaft gerettet.