Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 29, 1897, Sonntags-Blatt., Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    k pikatem
Isquman von William Markt-EINIG
(4. Fortsetzung )
ESchtei störte alle üutigen Pas
" auf. Kammerthüren öffneten
d männliche und weiblichej
n zischelten Fragen durch den
Der alte Benson kam in ei
aen Lotsenrock eilfertig aus
"-Gemach, schraubte die Flamme
höher und rief dann durch
berlichtfenster dem zweiten
nnn zu. von ihm zu erfahren,
» für ein fürchterlicher Schrei
wäre. Poole schob seinen
»Zum offenen Fenster herein und
te, daß er keinen Schrei ge-k
be und nicht wisse, was der
- meine.
war blos Mr. Burn, der imF
sc geheult hat, " sagte der Haupt-z
sTtollov, aus der Kammerthür
« «Jeßt ist et wach und weiß
davon.«
- Schiffer lugte zu Burn hinein,
wzu überzeugen, ob nichts Un
.. passikt sei. s
Z
dachte schon, es wäre ein Mord !
ben,« brummte er; dann ging erj
JCampanietreppe hinauf, um nach?
Jsl b und Wetter zu sehen. Die Pas- !
«-- e verfüqten sich wieder in ihre.
bis auf drei, die um den Tifchl
« m nach Bum - Kammer glitten. !
MWas zum Teufel war denn los?«?
»Ist-te der eine. i
zzGehcn Sie in Jhre Kammer, Han- I
es war nichts. Auch Sie, Johw
,s und Shannon, machen Sie, daßi
fort kommen; wir dürfen kein
s-« then errequ Morgen erzähle ich
w alles. Nur ietzt keine Verfamm
- hier, wo der Capitän und der
.» s-, wie dies etwa der Häuptling und
« eblshaber einer Bande gethan ha
W würde, und aehorsam, wie die
Mitglieder einer solchenBande, schlüpf-;
TM die Anaeredeten davon. Trollop
ieb mit Burn allein
,,Sie müssen umauartirenf sagte er
diesem »Sie dürfen nicht länger
ein lieaen.«
WAder zum Henker, warum denn
Z?«
ix »Sie lärmen und schwatzen und
jchreien —«
; »Wer hat Sie denn geheißen, mich
Jecnzurüdren? Wer würde nicht schrei
Ten. wie Sie das nennen, wenn er im
lIchlafe anqepackt wird?«
, »Tarum handelt es sich jetzt nicht
Sie plappern im Schlaf fo laut, daß
W es in den Nebentammern deut:
lich verstehen kann. Darum müssen
Sie mit einem von uns zusammenzie
heu. Verftanden?«
»Nun, wenn’s weiter nichts ift, mei
netwegen,« aiihnte Burn verdrossen.
»Was habe ich denn gesagt?'«
»Dieses Mal nur Unsinn — Verse;
Reminiscenzen aus Ihren Comödian.
tentaaen. Es ist aber sehr wahr
scheinlich, daß Sie auch einmal von
unserm Vorhaben träumen werden,
daß Sie dann erzählen, was keiner hö
ren darf — und Ihre Stimme ist in
der Nacht lauter, als am Tage —- he?
Wie dann?«
.Das wäre allerdings gefährlich,"
versetzte Burrr. »Sol! ich sogleich um
quartiren? Und wohin?«
Trollop steckte den Kopf zur Thiir
hinaus und sah nach der Uhr im Sa
lognz dann sagte er:
»Ich denke, daß man Jhnen für den
Rest dieser Nacht trauen kann. Versu
chen Sie, wach zu bleiben.«
Gähnend zog er sich in feine Kam
mer zurück. —
Um sieben Ubr Morgens war der-I
alte Benidn. den Cylinder auf dem
weißen Kopfe, bereits wieder an Deck. i
Er stand mit dem Obersteuermann an J
der Reelina um ein mastenlofeg Wrack i
zu betrachten, das im then der Bart;
auf der sanft bewegten See trieb, ohne!
das geringste Lebenszeichen an Bord
und ein wüstes Wirrsal von Tauens
und Spieren neben sich berschleppend f
Während der Schiffer das Wrack
durch das Teleskop betrachtete, kam
Trollop herauf.
»Guten Morgen, Capitän Benson, «
sagte er, berzutretend »Das Weiten
ist heute ja wieder herrlich, aber wenn »
die »Queen«« sich nicht zu schnellereri
Fahrt bequemt dann wird es nichts
mit einer zebnwöchentlichen Reise bis
Londonf
«Wabrscheinlich nicht,« entgegnete
der Schiffer kurz und gereizt.
«.Mr Burn bat mich beauftragt "
fnbr Trollov fort, »wegen der nächt
lichen Störung um Entschuldigung zu
bittern Er habe Alpdrucken gehabt. «
. »Die Damen sind erschreckt nnd be
Miiat worden. « brummte Benson.
»Er fürchtet, daß sich das wieder
boten Wie, wenn er fernerhin allein
- k;-- Würden Sie Einwendungen
»O wenn er seine Kammer wech
.sz IX Un er eine andre findet, durch
III viel-t.f Er toll mit dem Stervarb
-W«
i. vorn n
M Käfig-KIND gieberekteä
" M u den Hauptmann heran
M M Ums-then scharf in die An
— WILL-BE ie
Mär
und kalt den Blick Bensons erwidernd.
»Wozu diese Frage?'« ;
»Ich glaubte, Sie wären bereits
länger mit ihm befreundet.«
»Ich wiederhole, nein.«
Der Schiffer ging ab und gesellte
sich zu dem Steuermann, der ain vor
i deren Ende des Achterdecks spazierte.
? Ttollor trat an die Reeltng, lehnte sich
T mit den Ellenbogen darauf und fah
» nach dem Wrack hinüber. Von Zeit zu
Zeit warf er einen raubvogelähnlichen
Seitenblick auf den Schiffer und den
Steuermann, die in leisem Gespräch
bei einander standen.
»Wir haben dieses Mal einige Paf
saaiere an Bord, aus denen ich nich
kan werden tann,« sagte der alte Ben
son zu feinem ersten Officier. »Die
Leute haben etwas an sich, was mir
nicht gefällt. Sie an Ihrem unteren
Tischende hören mehr von ihren Ge
sprächen, als ich. Es sind ihrer zehn.
Manchmal scheint es mir, als müßten
sie einander schon früher gekannt ha
ben.«
»Aehnliche Gedanken sind auch mir
bereits aetommen,« versetzte Mat
tbews.
»Trollop, der sich Hauptmann nen
nen läßt, stellte soeben jede frühere Be
kanntschaft mit dem Herrn, der heute
Nacht den Lärm vollführte, rundweg
in Abrede.«
»Er mag seinen Grund dazu haben,«
saate der Steuermann. »Ich werde
Augen und Ohren offen halten, und ich
glaube bald feststellen zu können, daß
er Jhnen die Unwahrheit gesagt hat.«
Es tarn nicht oft vor, daß der Cupi
tän so vertraulich mit feinem Steuer
mann redete. Er fühlte sich jedoch von
allerlei dunklem, unverstandenem, un
ertltirlichem Argwohn, von eigenthiim
lichem nie gelannten Borgefiihlen so
bedrückt, daß ihm eine Mittheilung Er
leichterung gewährte. Andererseits
aber wollte er auch nicht zu viel sagen.
»Jmmerhin machen sie alle den Ein
druck von Gentlemen,« fügte er hinzu
und wandte sich, um zu sehen, waTrol
lop aeblieben war.
»Das sind sie auch,« bestätigte Mat
thews: »man hort es an ihrer
Sprache.«
Der Schiffer trat noch näher an
den Steuermann heran.
»Suchen Sie herauszufinden,« sagte
er ganz leise, »ob sie sich bereits kann
ten, ehe sie als Passagiere zu uns an
Bord tamen.s«
»Das soll geschehen, Eapitiin.«
»Es sind, wie gesagt, ihrer zehn, die
mir alle so aussehen, als hätten sie irn
Leben überall Schiffbruch gelitten, das
letzte Mal in Australien, und als hät
ten sie jetzt Alles auf eine Karte gesetzt,
um noch einen letzten Versuch in Eng
land zu machen —- wie Ertrinlende.
die nach einem Strohhalm greifen·
Ja —- aber wie komme ich denn eigent
lich dazu, anzunehmen, daß sie so mit
tellos seien?«
»Weil sie alle zusammen, trotz ihrer
nagelneuen Kleider, fo fturmverschla
gen ausfehcn,« sagte der Steuermann,
der mit wachsender Aufmertsamleit
zugehört hatte.
»Ganz recht, das wird’s fein,« nickte .
der Schiffer. »Haben sie viel Gepäck
mitarbracht?«
»Im Gegentheil, nicht mehr, als be
auem in den Kammern verstan wer
den tonnte.«
Der Mann am Ruder schlug acht
Glasen. Der Capitän brach das Ge
spräch ab.
»Sie haben Ihre Jnsiruction, Mr.
Matthews,« schloß er und ging, wäh
rend der Steuermann salutirend die
Rechte an die Mütze legte, auf einige
der Passagiere zu, die nach dem Wrack
ausfchauten.
5 CapiteL
D a S W r a el.
Egslaa eine poetische Wahrheit in
jener Bemerkung der Mai-. Starr, daß
ein einsamer Gegenstand, dem man in
mitten deg weiten Meeres begegnet, sei
es ein Schiff unter vollen Segeln, sei
es ein Wraet oder ein treibendeå Boot,
das ganze Bild der See insofern ver
ändert, als er demselben einen melan
cholischen Charakter verleiht, weil die
unermeßliche Oede dadurch erst recht
zum Ausdruck gelangt
Als die acht Glasenschläge durch das
Schiff vibrirten, war das Wrack noch
ungefähr drei Seemeilen entfernt.
Das große Teleskop ging aus einer
Hand in die andere; alle kamen über
» ein, daß sich kein lebendek Wesen mehr
I an Bord des verunglückten Fahrzeuges
befinden könne.
»Der Kasten dort käme uns eigent- .
lich wie gerufen,« sagte Mark Davenire I
zu Trollop, mit dem er bei den Be-.
sanswanten stand. I
»Ich verstehe," nickte der Haupt
mann, seinen scharfen Blick über das
Vordeck der Bart gleiten lassend, als
folae dem einen Gedanten ein anderer.
»Der Kasten — es ist oder war ja wohl
eine Briaa — kommt aber etwas zu
festh. Uebrigens habe ich Jhnen etwas
zu sagen,« fuhr er mit ganz gebar-ist
ter Stimme fort. »Wir mitfsen aus
der hut sein und zwar besser, als bis
her; wir dürfen besonders bei Tische
nicht so viel schwanken wenn wir uns
Ieicht eines schönen Tages verrathen
wollen. Wir sind erst zwei Tage un
Wx ich bin Passagier erster
Muse sehe ans wie ein Gentleman
erker Mase, und doch —- bei meinem
« ist! Die mein alter M set
i M —- rit dies-i asi- mis
W Is» W si- M
als wäre ich ein vagabundirender
Strolch und von den Matrosen als
blinder Passagier im Hellegatt aus :
fiöberi worden«
»Was ich immer behauptet habe —
wir sind unserer zu viel,« versetzte Da
venire.
»Jawohl; wären wir weniger,
schafften wir’s ebenso gut-"
»Da ifi der Masters, ein ganz guter
Kerl, aber der Schnaps hat ihm die
Eitelkeit noch nicht austreiben können.
Jetzt schmachtet er die Miß Manfel an,
und da ist aar bald ein Wort gespro-'
chen, eine unwilliiirliche Andeutung
aeaeben —- das Mädchen aber sieht
ihm mit ihren schwarzen Augen bis in
die Seele, und ihre Ohren sind immer
auf dem Qui v"«.iu «
»Wieso?«
»Sie beobachtet uns. «
Trollop schwieg. Eine Minute spä
ter ertönte die Frühstücksglaäe Das
Wrack mußte in einer halben Stunde
erreicht sein. Die Passagiere eilten in
die Eajiite, um zur rechten Zeit wieder
an Deck sein zu iönnen.«
Als alle um die Tafel versammelt
waren, wendete sich Mrs. Peacock an
den Caviiiin.
»Ich bin schon wie-der ganz ängst-»
lich,« sagte ste; »man muß mein Heer
förmlich klopfen hör-ein« :
»Warum. Madam?« fragte der;
Schiffer trocken. ;
»Mein Gott, weil uns eine neue und !
vielleicht wieder recht schreckliche Aufre«
gung bevorsteht!« rief die Dame.
»Davon weiß ich nichts,« antwortete
Venson, sich mit seinem Teller beschäf
tigend.
»Für mich kann es gar nicht genug
Aufregung geben,« fiel Miß holrohd
ein, eine junge Dame von zweiund
zwanzig Jahren, aber ohne persönliche
Vortiiar.
»Sie dürfen nicht vergessen, meine
Liebe, daß ich diese Reise zur Kräfti
gung meiner angegriffenen Gesundheit
unternommen habe," entgegnete Mes.
Peacock ein wenig vorwurfsvoll und
zurechtweisend.
Der Hauptmann Trollop wischte
sich den Schnurrbart, stand vom Ti
sche auf und ging an Dekl; drei oder
vier folgten feinem Beispiele, und dann
erhob sich die ganze Tafelrundr. Das
Wracl befand sich jest ganz in der
Nähe.
Dasselbe mochte ein australischer
oder neuseeliindischer Küstenfabrer ge
wesen sein; seine lange Ruderpinne
schwankte von einer Seite zur anderen,
einem Menschenarm vergleichbar, der
verzweifelt um Hilfe winkt. Die noch
weißen Bruchstellen in dem zerfplitter
ten Holzwerl zeugten dafür, daß das
Unglück erft vor ganz turzer Zeit über
das Fahrzeug gekommen sein konnte.
Im Wasser unter seinem Heil gewahrte
man eine dichte, wolkenähnliche Masse,
aus tausend weiß und bläulich schim
mernden und blitzenden Lichtern ebil
det; das Ganze hob und senkte Fch in
brillantem Gefunkel mit der Dünung
der See und der Bewegung des
Wracts.
.,Seben Sie doch, wie wunderbar
schöns« rief Mis. Holroyd »Was mag
das nur sein, Capitiin Benson-«
»Fische, Madam,« antwortete der
Schiffer, der Dame ein Opernglaz in
die Hand gebend.
Und Fische waren’s, der größte von
der Länge eines kleinen Fingers; wer
aber vermochte zu sagen, was sie an
jener Stelle fesselte und zusammen
hielt? An der Beiupferung des Fahr
zeuges wuchsen weder Muscheln noch
Tang oder sonstige Pflanzen, nichts,
was den Tausenden von Fischen hätte
Nahrung bieten können. Sie standen
wie eine Wolke in dem blauen Wasser
im Schatten des Wraits, fie leuchteten
und iunielten wie Krhftallprigrnen
und freuten sich ihres Lebens und ihres
wundervollen Glanzes. Der liebliche
Anblick war allen neu, den Passagierrn
sowohl, wie auch den Seeleuten; die
letzteren hielten die Reeling besetzt und
; staunten die prächtige Erscheinung an.
T Mr. Poole trat zk«-i Capitiin.
»Ich glaube, da drüben ist noch Je
mand an Bord,«« sagte er leise. »Ich
sehe einen dünnen Rauch aus dem
Schornstein der Kombiise steigen, als
wenn das Feuer eben im Ausgehen
wäre-«
Benfon ließ sich von Meis. Holroyd I
das Glas reichen. s
»Sie haben recht,« sagte er. »Ge- I
hen Sie und überholen Sie das Fahr
zeua.«
Man brachte ein Boot zu Wasser,
und Mr. Poole und vier Matrosen
machten sich auf den Weg. Gerade als
das Boot abstieß, zeigte sich der gebo
gene Rücken eines Detphinz über dem
Wasser zwischen der Bart und dem
Wrack, und im Nu war die leuchtende
Wolle unter dem Heck des Fahrzeuges
versunken und verschwunden
Drei von der Genossenschaft der
»Zehn« standen rauchend und in ge
dämpfter Unterhaltung am««Fallreep.
Das Ruderder »Queen« war nieder
gedreht, die leichten oberen Segel
schüttelten wechselnd in Licht und
Schatten, das Wasser um den Vorder
steven lag regungslos; aus der Korn
biise trat der Koch. erhiti und miß
launia, und leerte einen Eimer voll von
Küchenabtiillen über die Reelin aus;
theils sank das Zeug, theils bl eh es
unbeweglich auf der Stelle liegen
»Wenn wir etwas später auf das
Wkack gestoßen wären,« tagte Sald
lpell. einer der Drei am Fasten-, zu
YÆMUMM hättet-« usw«-F TM
Cl » . - m .«
ausgemacht daß keinerlei Grausamkeit
oerubsk werden soll; sperrt man aber
eine Anzahl Menschen auch nur vier
zehn Tage lang in solch’ einen Kasten,
wie der da, ein, dann gäbe das eine
Hölle.«
Caldwell fah den Sprecher finster
und nachdenklich an; er hatte eins jener
unheimlichen orientalischen Gesichter,
die bei geringem Anlaß einen Ausdruck
sanatischer, thierischer Wildheit anzu
-ehmen vermögen; von den Zehn war
er der Abstoßendstr. T
»Auf welchem Ocean schwimmen
wir jetzt wohl, Masters?« fragte Mr.«
Peter Johnson, der dritte Mann. .
»Da fragen Sie mich zu viel; « aufs
dem Pacific doch wahrscheinlich« «
»Richtig gerathen,« sagte Johnson,
»und zwar befinden wir uns gerade in
dem Theile des Pacisic, der von Wal- i
sischsänaern am meisten ausgesucht
; wird. Wie lange kann das Wrack dort
j in feinem jetzigen Zustande sein? Kaum
sdrei Taar. Und doch ist bereits ein
Schiff, diese unsere Bart, bei ihm an
gelangt, willig und bereit, alles zu
thun. was im Namen der Menschlich
teit gefordert werden kann. Nun also!
Wo sollte da die Grausamkeit stecken?
Jch mache mich andeischig, an Bord
dieses Wracks zu gehen und hundert
Pfund darauf zu wetten, daß ich bin
nen vierundzwanzig Stunden von
einem des Weges kommenden Schiffe
ausgenommen werde. Bei diesem
schwachen Winde tann’s auch ein paar
Tage länger dauern," setzte er mit ei
nem Blick auf das stille, heitere Firma
ment hinzu.
i
i
i
(
.Wo bat man den Burn unterge
bracht?« fragte Masters nach einer
kurzen Pause.
»Er liegt jetzt mit Shannon zufam
men.·« antwortete Caldwell. »Davenire
hat seine Kammer bezogen. Shannon
wird immer einen Eimer Wasser zur
Hand haben, um dem Schreihals das
nächtliche Declamiren abzugewöhnen.«
anwischen war das Boot, verfolgt
von dem gespanntesten Interesse der
Zuschauer, bei dem Wrack angelangt.
Poole schwang sich in die Misten und
stieg an Deck, ein Mattose folgte ihm.
Die im Boot Gebliebenen stießen wie
der ab und blieben eine Schifft-lange
entfernt lieaen.
Das tleine Fahrzeug hatte allemAw
schein nach Briaantinen : Tatelung
gehabt. Ein Theil feiner Nerling war
weggefchlaaen, oon Booten war nichts
mehr zu sehen
Poole und der Matrose gingen über
das tahle Deck zur Kombiise, die wie
ein Schilderhaus dastand. Es war
merkwürdig, daß sie nicht mit den Ma
sten über Bord gerissen worden war
Noch war eine Spur von Gluth in der
Afche der Maschine.
Im vorderen Deckhaus fand fich
Niemand. Einige hängematten hin
gen noch unter den Ballen und hier
und dort einiae Kleidungsstiicte an der
Wand.
Der zweite Steuermann setzte die
Hände an den Mund.
»Queen ahon!« rief er.
s »Hallo!" antwortete der alte Ben
on.
»Das Feuer in der Kombüfe ist
noch nicht aus. Wenn Sie einen
Mann mit dem Teleftop nach oben
schielen wollen ——- vielleicht ist da noch
ein Boot in Sicht!«
Der Schiffer erhob als Zeichen der
Zusage die Hund« und Poole fchlug
rnit dem Matrofen den Weg zum Ach
terdeck ein.
Sie mochten noch ungefähr zwölf
Schritte von dem hinteren Deckhause
entfernt fein, als fie plötzlich wie ge
bannt ftehen blieben. Jn der offenen
Thür zeigte sich eine Gestalt, ein Mann
oon etwa dreißig Jahren, nackt bis zum
Gürtel und barfuß Sein haar war
lang und wirr sein Gesicht hager, lei
chenhaft der Blick feiner dunllen Au
sen brennend, unstet, fcheu und wild.
»Allmächtiger!« fagte Poole »Wen
haben wir hier?« "
Der Mann oerzerrte feine Züge zu i
einem Lächeln, das feine weißen Zahne »
bloßlegtex zugleich winkte er den bei
den, näher zu kommen. Poole ging
herzu.
»Sind da noch mehr von euch an
Bord-T« fragte er.
»Es ist aut, daß Sie gekommen
find,« versetzte der Mann mit hattet-,
tonloser Stimme. »Ich habe auf Sie
gewartet. Treten Sie näher.«
Er aina rückwärts-, und der Steuer
mann trat in das Innere, nicht ohne
die Befürchtung, hier auf Leichen, oder,
was noch schlimmer gewesen wäre, auf
noch mehr Wahnsinnige zu stoßen.
J Auf dem Tische der lleinen Cajiite lag
« eine Seetarte. Der Halbnackte beugte
I sich darüber, setzte den Finger auf ei
nen Punkt und fah dann Poole mit
seinen unheimlichen Augen in’s Ge
sicht.
»Noch meiner Berechnung befindet
dieses Schiff sich jetzt hier,« sagte er.
»Ist das richtig oder nicht?«
Der Steuermann blickte auf die
Karte: es war eine Karte der Nordsee.
»Das wollen wir nachher feststellen,«
versetzte er beaiitigend. »Jetzt ist teine
Zeit zu verlieren, da mein Schiff nicht
zu lange warten darf. Sind hier noch
mehr Leute an Bart-W
»Ich will meine Antwort haben!«
rief der Wahnsmnige. »Drei Tage
lang rechne ich schon und finde tein
Resultat Die Länge ift falsch- und
vie Breite ltimmt auch nicht« Bin ich
nicht ein Steuermann so gut wie ver
bestes Habe ich mein certifieat etwa
Dies in der Wchei Aber wenn die
W staat w Ism- uichi taki-e
wie soll ich da die Mittagshöhe finden?
Antworten Sie mir. Capitän!«
; »Lassen Sie mich mit ihm reden,
Steuermann." rannte der Matrvse dem
I betroffenen Boote in's Ohr· »Ich habe
einen Schwaaer im Jrrenhanse, ich
verstehe mich auf solche Lente.«
»Mir zu." nickte der Steuermann
und trat zurück. ’
»Um Vergebung,« sagte der Mairofe
zu dem Halt-nackten, der noch immer
den Finaer in die Karte bohrte, »lassen
Sie mich mal sehen.«
Er brachte seine Nase dicht auf das
Papier, obgleich er weder lesen, noch
schreiben, noch rechnen konnte.
»Wo sagten Sie? Hier? Ei freilich,
das stimmt ja aufs Haar! Das hier
ist aenau die Stelle, wo dieser Kasten
jetzt schwimmt.«
FOU- Jrrfmnige blickte triumphirend
au .
»Um aber ganz sicher zu gehen,«"
fuhr der Matrose mit wichtiger Miene
fort, «miissen Sie mit zu uns an Bord
kommen; wir haben da einen berühm
ten Nadigator, mit Namen Capitiin
Benfon. der sich freuen würde, wenn
er seine Karte mit der Ihrigen ver
gleichen könnte. Das ist eine Gelegen
heit fiir Sie, wie sie sobald nicht wie
dertommt.«
Die Blicke des armen Jrren wander
ten zuerst über die Gesichter der beiden
Seeleute. dann iiber die Wände der
Cajiite und endlich an seinem nackten
Obertörper hinunter.
»Wo finde ich Jhr Zeugi« fragte
Poole.
Ohne hierauf zu achten, wies der
Mann von Neuem aus die Karte-.
»Witd der berühmte Navigator sich
in diesem Gradnetze auch zurechtsin
den?« fragte er den Matrosen.
»Wie in feiner Tasche,« versicherte
dieser. »Er ist in Navigationsfachen
so gelehrt, daf; die Admiralität ihm
Unsummen wöchentlich geboten hat,
damit er die Berechnungen fiir sämmt
liche englische Flotten übernähme; aber
er thut’s nicht« aus dem einfachen
Gråmdn weil er leine Uniform tragen
wi .«
Der Irre nickte nachdenllich. Der
Steuermann zog seinen Rock ab und
hing ihm denselben über die Schul
tern.
»Kommen Sie,'· sagte er, den ober
sten Knopf zutnöpsend und dann den
Unglücklichen sanft beim Arm neh
mend, »ich will Sie dem Capitän Ben
son dorstellen·"
»Ohne meine Karte?« rief der Jrre
ängstlich.
Poole rollte die Nordsee zusammen
und schob sie ihm wie ein Teleftop un
ter den Arm·
Die Passagiere hatten mit bloßen
Augen dir Vorgänge auf dem Wrad
beobachten können. Jetzt sahen sie, wie
der arme Schiffbrüchige in’g Boot ge
braszt wurde; sie sahen ihn mit seinen
nackten Armen gestituliren und winten
und sie hörten ihn mit treischender
Stimme unzufammenhängende Worte
herüberschreien.
»Hatte ich nicht recht, als ich fürch
tete, dafz uns noch mehr Schrecken und
Aufregungen bevorftänden?« sagte
Mrs· Veacock in votwurssvollem Tone
zu dem alten Schiffer.
Der aber wischte sein mahagonifar
benes Antlitz mit einem rothen Taschen
tuch von der Größe einer Bootsflagge
und entgegnete unwirsch:
»Ja der Rettung eines Menschenle
lgens sehe ich teine Schrecken, Ma
am."
»Das ist ja ein Wahnsinniger, den
sie da bringen!« rief die Dame entsetzt,
als das Boot herantanL
,,Dafiir tann ich nicht,'« tnurrte der
Alte grimmig.
»Ich finde es ganz ertlärlich, dafz
der arme Kerl in dem Kasten da drü
ben verrückt geworden ist,« sagte
Johnson zu Burn. »Mir wär-?- ebenso
ergangen. Sehen Sie doch, wie das
Ding rollt, regelmäßig, unaufhörlich,
hin nnd ber, bin und ber. Da muß ja
schließlich der Verstand im Hirntasten
locker werden und von einer Seite zur
anderen aeaen die Schödelwand rollen,
wie loser Ballaft im Schissgraumr.
Jch sage Ihnen, nach wenigen Stunden
hockte ich und arinfte und schnatterte,
wie der da im Boote·«
»Er wäre beinahe nackt, wenn Poole
ihm nicht feinen Rock übergeworsen
bätte,« bemerkte Burn. »Woher tommt
es wohl, dafz Leute« die den Verstand
verlieren, faft immer zunächst das Be
i streben haben, sich die Kleider vom
Leibe zu reißen? Sollte es sein, weil
der Jrrsinn den Menschen wieder sei
nem Urzustande näher bringt?«
»Jetzt kommt er an Bord,·' sagte
Jobnson. »Geister Sie Acht, wie die
Damen fliehen werden«
Der Jrre hatte sich wie ein Aal den
Händen der Matrofen entwunden und
mit unalaublicherBebendigteit über die
Reeting geschwungen Bei dem turzen
Rinan tvar ihm des Steuermanns
Rock von den Schultern gefallen.
»Wo ist der Capitän?" schrie er, die
Kartenrolle hoch empor schwenken-.
Der Schiffer trat bis an die Vor
dertante des Achierdecks.
»Du-hieraus hier« einige von ench,«
rtef er den Matrosen zu; «nel)mt den
armen Menschen MU«
Ehe dieser Befehl jedoch ausgefüleet
werden konnte. stand der Wahnsinn ge
bereits neben ihm
«Dter!« schrie derselbe. »Das ist
die MitteF
Während er das Papier in liebender
st entroste, flüchteten sämmtliche
» die Man cum-e hinab.
»Ur- Vnrt und Ue. er standen tn
——
vorsichtiger Entfernung gleichfalls zu
schleunigem Rückzuge —bereit.
»Man saate mir, Sie seien ein be
rühmter Nadigator," suhr der Jrre
fort. »Ich habe mich vergebens be
müht, den Ort des Schiffes herauszu
rechnen. Jetzt sollen Sie mir helfen-'s
Bensun fah, daß die Karte die
Nordfee darstellte.
»Die Sonne,« hier schaute der Jrre
mit .dem ungeblendeten Blick des Ad
lers zu dem brennenden Tagesgestirn
auf —- »die Sonne gibt uns den ein«
zigen Anhalt fiir die Zeitbestimmung;
ich aber bringe sie mit meinen Semin
ten nicht mehr auf den Horizont her
unter. Versuchen Sie es mit Jhrem
Aftrolabium —«
Er endete mit einem fürchterlichen
Aufschrei. Auf einen Wink des Schif
fers war der zweite Steuermann mit
dem Doctor und zwei Matrosen her
beigetommenz sie ergriffen den Aerms
ften und fchafften ihn eilig nach vorn
Hier mußte die halbe Mannschaft auf
geboten werden« den sich rasend zur
Wehr Setzenden zu fesseln und in eine
Rose zu legen, wo ihm ein Matrose als
Wärter beigegeben wurde.
Den Passagieren, die sich in der Ca
jiite iiber dieses neue Abenteuer unter
hielten, wollte es unwillkürlich scheinen,
als besänden sie sich bereits eine lange,
lange Zeit aus dieser Reise. That
sachlich hatte man den Hasen von Syd
ney erst vor wenigen Dutzend Stun
den verlaisen, allein in dieser kurzen
Spanne Zeit hatten die Ereignisse ein
ander so gedrängt, daß man es kaum
siir möglich hielt, so viel Außerordent
liches in so turzer Zeit erlebt zu haben.
Das aber iit eine der Eigenthümlich
leiten des Seelebens. Mannigfaltig
und zahllos sind die Erscheinungen
und Offenbarungen, die dct unendliche
Pcean denen bietet, die ihn durchschis
en.
Die Bart wurde wieder aus ihren
Kurs gebracht; die Segel füllten sich
mit dem leichten Winde, und das
Wract blieb im Kiclwasser zurück·
»Sie sind sicher, daß sonst Niemand
an Bord gewesen ist?« sagte der
Schisser zu dem zweiten Steuermann
»Ganz sicher, Capiiän.«
»Wer ist dieser arme Verriickte?"
»Der Steuermann, wie ich aus sei
nen Reden vernahm. Wer weiß, was
da vorgegangen ist. das ihm den Ver-I
stand geraubt hat.«
»Wer weiß,« niclte Benson, die Au
gen aus den Arzt gerichtet, der die
Achterdeckstrepve herauflam. »Nun,
Doktor? Wie stehst- Init ihm?«
Der Doctor schüttelte den Kopf.
»Er heult und wüthet und will sich
nicht beruhigen lassen,« berichtete er.
»Er verlangt nach seinem Wract. Dort
hätte er vielleicht auch noch acht oder
zehn Taae leben können, hier aber wird
er die Sonne nicht wieder ausgehen
sehen.«
»O Lord!'« sagte der alte Eapitän
und stieg in seine Kammer hinunter.
Es geschah, wie der Doktor prophe
»3eit hatte.
Kurz vor dem ersten Länten der
Mittags-alone sah man den dern
Kranken als Wärter bestellten Matt-o
sen in Aufregung aus der Seitentam
mer heraustomrncn und gleich darauf
meldete der Doctor dem Capitän, daß
der Patient verschieden sei.
»Er soll sogleich eingenäht werden«
befahl Benson, indem er sich anschickte,
den letzten Passagieren hinab in den
Solon zu folgen. »Morgen sriih wol
len wir ihn bestattcn.«
Während in der Cajiite getaselt
wurde, waren zwei Matrosen auf der
Vorlule damit beschäftigt, den Verstor
benen in sein letztes Gewand, ein Stiick
Segeltuch, das ihm zugleich alH Sarg
zu dienen hatte, einzuhiillen. Einer
der beiden war der Mann, der vorhin
Wärterdienste geleistet hatte. Er
führte die Nabel mit leicht bebender
Hand, sein Gesicht war bleich nnd
sein Mund zusammengepreszt
,,Bill,« begann er alg das Dlntlitz
des Todten bedeckt war, »l)aben solche
wie dieser auch unsterbliche Seel-: i?«
Bill rollte sein Auge langsam nach
der Seite, wo der Fragende saß. Er
war ein Mensch von saurem, cynischem
Temperament
»Wenn er ein Seesahrer, ich meine,
wenn er vor dem Mast gewesen ist, wie
wir,« sagte er, »dann hat er keine ge
habt, ganz gleich, ob er verrückt gewe
sen ist oder nicht·«
Tom hielt mit seiner Arbeit inne.
Die blanke Rades in seinen Fingern
glühte im Schein der Abendsonne wie
ein Feuerstrahl
: »Was?« versetzte er m dijsterer Er
s regung, indem er seine harte große
« Hand nicht ohne Ehrfurcht aus den
s Leichnam legte. »Willst du behaupten
i und soll ich glauben, daß der Mann
i hier teine Seele hatte, damit vor seinen
i Gott zu treten?«
i »Du kannst glauben, was du willst,«
entgegnete der andere, »so viel aber
sage ich dir, je mehr du glaubst, desto
mehr steuerst du in dasFahrwassee hin
ein, iee dem der arme Junge hier zu
Grunde gegangen ist Komm, daß wir
fertig werden«
Schweigend arbeiteten sie weiter
nnd als sie eine Art von langem Packet
hergestellt hatten, legten sie dasselbe
aus der Laie zukkchi Und Tom ging
nach hinten, am eine Flagge zum Be
decken desselben zu holen.
. Geists-sung Mai-)
—- D u r ch s Tät Neste an
a
der Strahy »O einer-Augen l
t, Onkel I« tel: »steigt-ich
i is Un s o i MI