Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 15, 1897, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Sonntags - Platt.
Beilage des »Anzeiget und Hervws
J. P. Wiudolph, Herausgeber-.
—. ..—...-—-—«—.-.-.--..-.. -.,--.« .-.-«..»«-.- —.—.--.- -..- .--..—
Grind Island, Nebr» den 15. Oktober 1897
No. ti, Jahrgang 18.
per Gottseitteiun5.
Milliarihnmoreste aus vergangener Zeit,
von Heinrich von Seil-in .
Wiss — pasf — piff — kanattata !
. . · :attattata,. . .« Das Peloton-«
Feuer weit auseinander gezogener
Schützen - Schwärme rollte unaufhör
lich iiber das Manöver - Gelände hin.
»Warst — bum«, brüllten dazu die Ge
schiiize ihren Baß; Trommel - Wirbel
und Horn - Signale ertönten »Zum
Angriss fällt das Gewehr! Hurrah2
Hurrah!« und im Laufschritt eilten die
Bataillone dahin, um den Gegner aus
seiner Stellung zu werfen.
Dichter Pulverdamps hat sich zu
Wollen zusammengeballt und darüber
die Alles versengende Sonnenglutht
Endlich: »Im — ra — rah«. Ein
langgezogenes Horn - Signal: »Das
Ganze halt!« —
Wie mit einem Zauberschlage ver
stummt das Gewehrseuer; nur hie und
da gebt nochmals einem allzu hitzigen
Schützen eine Patrone los! ,,Feldwe
bel, den Mann zur Bestrafung noti
ren!« diltirt der Campagnie - Vater,
der Herr Hauptmann-; der betref
fende Mann macht ein trübseliges Ge
sicht —-— zwei Tage Strasstuben-Arrest
sind ihm sicher, das weiß er, —- wenn
er nicht pardonnirt wird. Nochmals
blasen sämmtliche Hornistem Tra —
ra »-« rab! Die Schlacht ist zu Ende.
Die Geschützt schweigen. Es war ein
heißer Tag gewesen, der letzte dieses
Krieges-im Frieden, in den bayerischen
Vorbergen
Dasjange dauernde Manöver war
zu Ende und mit lustigem «Sing und
Sana,« mit schmetternder Musik zogen
die einzelnen Megimenter zu Fuß und
zu Pferde — alle wie Nubier durch die
Sonnenhihe schwarz gebrannt, staub
bedeclt nach ihrem Stand - Quartier
ah.
Es war Anfangs der 70er Jahre,
bald nach dem Feldzug von 1870-—«71.
Der zweite Zug der 1. Schützen
Compagnie nach der Einöde »Aus der
Welt« ins Quartier —-— lautet nach
Manöver - Schluß der Dislocations:
Befehl.
»Ja Gottes Namen —- marschiren
wir halt nach diesem so schönbenannten
Neste«, dentt sich der Premierlieutenant
Herzog vom 10ten Jnsanterie : Regis
mente, denn ihn geht der Befehl an. ——«
»Aus der Welt wird es doch wohl nicht
ganz liegen —- vor Abend werden wir
schon noch unter Dach tommen!« »Also
Männer!« ruft er seinen Leuten zu,
»srisch ausgetreten, damit wir bald an
Ort und Stelle sind, —— es liegt unser
Quartier noch iiher eine Stunde ent
fernt; also, on irr-tut ins-n tnsunsnl
wie die Herren Franzosen sagen, vor
wärts!« und in strammem Schritt sol
gen die Schützen ihrem Führer, dem
alten »Priimie«, den sie Alle gern hat
ten. weil er sie human behandelte, und
die ganz jungen Soldaten schauten mit
hohem Respekt aus das Eiserne Kreuz,
das seine Brust schmückte und das er
sich bei Orleans —— in den heißen De
cember - Schlachten s— ach, wie lalt
war damals der Winter-, — erworben
hatte.
,,Arieger!« so spricht der Premier
immer seine Soldaten an, »Krieger!
laßt die Ohren nicht hängen, sondern
laßt einmal Eurer Stimme Silber
llang ertönen!« muntert der Ossicier
seine Leute aus.
»Zum Beschl, herr Prämie!« tust es
im Chor und es wird das schöne Lied
angestimmt, mit heller Stimme:
»Dein Sohne des Mondes und deri
Erde,
Neid-set ein Jeder so freundlich die
Hand s-- die Handl«
,,llnsinn! Rand halten!« unterbricht
der Officier die Sängerschaar - wies
viele Dutzendmal habe ich es Euch schon l
gesagt, es ist ein Blech, was Jhr dal
singt; es ist doch der helleUnsinm »Dern !
Sohne des Mondes und der Erde« es»
musz heißen:
»Dein Sohne des Ruhmes und der
» Ehre
Neichet ein Jeder freundlich die Hand
u. s. w.«
»Es-steckt es Euch doch einmal endlich,
Jhr Hannatenl"
Die »Krieget« schweigen; »ob der
Prämie wohl Recht hat? es wird doch
immer gesungen: Dem Sohne des
Mondes und der Erde.« Es wird jedoch
dieses Lied verlassen und es beginnt
ein neues:
«Soldatenleben hkisk allweil lustig
ein«
Wenn and’re Leut' schlafen, —
Dann muß er wachen --—
Muß Posten steh’n! Juhel
Patrouillen geh'n!«
Dieses Lied hat ungefähr 20 Stro
phen, ln welchen das ganze Soldaten
leben gar anschaulieh geschildert wied;
wissenhast werden alle herunterge
ungen, keine darf fehlen; endlich
kommt dte Max- Strophe; die
«Stenpsen« vom « chafc
ssSchOtz — mein Schatz
O, Ieise nicht von mir! (5 Schritt
PMB
Jm Rosengarten
Will ich Deiner warten!
s Jm weißen Kleel Juhel
i Jrn grünen Schnee!«
»Hört auf —— um Gottesivillen hört
aqu — ruft hier endlich der Officier —
solchen Unsinn! Das bringt ja ein Roß
um, dieses Blech! hört auf ——- mir thun
die Ohren weh!« und er hält sich die
Ohren mit beiden Händen zu.
Schweigend zieht die Truppe dahin;
hoher Buchenwald hat sie aufgenom
men; der erquickende Schatten belebt
die Soldaten aufs Neue; die schönen
alten Bäume tauschen ihren hehren
Sang von dem Waldfrieden, »dem
Frieden, den die Welt nicht gibt« nnd
nun stimmt der »Prämie« selbft das
Lied an, das schöne Lied:
Wie herrlich ist’s im Wald,
Jm frischen grünen Wald u. s. so."
und kräftig stimmen die Soldatenieh
len mit ein in dieses Lied zum Lohe dei
deutfchen Waldes.
Das Lied ift gesungen; diesmal nicht
fo übel, weil der Officier dasselbe diri
girt und den Text richtig und mit Be
tonung angegeben hatte·
Es soll ein neues Lied angestimmt
werden, da lichtet sich der Wald und
draußen, auf einer Anhöhe. inmitten
üppiger Wiesen und einiger gut be
ftellter Aeeter liegt das heutige Marsch
ziel, die Einöde »Aus der Welt.«
Stattlich wie ein Schloß sind diese
Gehöfte der wohlhabenden Bauern in
den bayerifchen Vorbergen; seit Jahr
hunderten siyt ein und dieselbe Familie
auf diesem ihrem Eigenthum; vielleicht
länger als manches adeliae Geschlecht
auf »der Burg seiner Ahnen«· und mit
ebenso großem Stolze auf seinen Besitz
und das Ansehen, das der Bauer »Aus
der Welt« in seinen Kreisen genießt,
blickt dieser auf die ärmeren »Gütier«
und tann ebenso hochmüthia sein, wie
der stolzeste Cavalier; nur heißt man
es dann: ,,dummen Bauernstolz«.«
Das stattliche Gehöfte wurde von
der anmarschirenden Truppe mit ju
belndem Hurrah« begrüßt, denn ein
solcher »Hof« läßt auf Wohlhabenheit
seines Besiterg und in Folge dessen
auf gutes Quartier schließen.
Der borausgeschictte Quartierma
cher ein Corporal s-— tommt dem
Zuge entgegen und meldet dem »Herrn
Prämie« gehorsamst, daß die Quar
tiere bereit sind.
»Nun und wie find die Quartiecm«
fragt der Officier.
»Gut, sehr gut, Herr Prämie, haben
cin sehr hübsches Zimmer, die Mann
schasten sind in einer großen Scheune
untergebracht ; es ist reichlich Stroh
vorhanden« und hier wendete er sich
mehr gegen die «Krieger« »und die
Bäuerin hat Schmalz - Nudeln backen
und ---— der Bauer ist nach Karpfenham
’fahren und -——— holt a Faßt Bier für sei
Einauartierung.«
,,.L)urrah! HurrahZ Hurrah!« schrien
bei dieser frohen Kunde sehr respettwi
drig die braven, durftigen Soldaten«
»Hurrah!« und selbst der »Herr Prä
mie« schmunzelt freundlich und denttt
bei sich: »Das läßt tief blicken!«
Wie elettrisirt treten die Leute wie-—
der an und unter den Klängen dek
schönen Liedes:
»Wenn die Soldaten durch die Stadt
marschiren,
Oefsnen die Madeln Fenster und
Thüren
Wanka Dorn-up
Blog ioeg’n dem Tschinteretta, Bunt
teretta, Burn!«
(Wird iviederholtJ
riiclen die Schützen beim »Aus der
Weltbauern« ins Quartier,
Die Bäuerin empfängt den «Herrn
Oberlieutenant« » so wurde noch.
lange im Volle statt des neuen »Prä
mie« gesagt, recht freundlich und
führt ihn in die »gute Stube«, den
Stolz desHauses und derBäuerin, loo
rin alle Kostbarkeiten aufgehäuft sind«
die der ländliche Besitzer für begehreng
werth hält; diese Ioerden von dem Offi
cier auch höchlich belobt und bewun
dert. Ein thurnihoch aufgeschichtetez
Bett steht für ihn bereit.
»Alle5 von selbstgeschlaryteten Gän
sen!« bemertt mii sichtbarern Stolz
die Bäuerin —--— »Herr Oberlieutess
nant!«
»Ach,« denkt der Officier, »meinet
halben hätten die armen Gänse nicht(
zu sterben gebraucht, denn in einem«
solchen Bette ,,bei die Hitze« mufz ich
ersticken.«
»Der Bauer ist nach Karpfenham ge
fahren, um ein Fan Bier zu holen für
die Einquartietuu —- er muß aber
jede Minute zutlt kommen« —- damit
entschuldigt die Frau die Abwesenheit
ihres Mannes. «des Bauern« —- wie
im Gebirge stets die Frau von ihrem
Manne Andern gegenüber zu sprechen
pflegt.
Der »Oberlieutenant« lobt diese edle
Absicht «..deö Bauern« aebübrenderma
Ren und betrachtet alle Schätze, die sein
Zimmer birgt und ließt auch »die Ta
serln.«
Die ,,B«ciuerin« bringt ihm hierauf
unausgesordert Schinken, Butter und
Brod solch herrliche-H selbstgebaclenes
Hausbrod, wie es der Städter ja nur
noch vom Hörensagen kennt, und bitter
den Herr Oberlieutenant, nur fest zu
zulangen -—- »wir haben schon noch
mehr! ——— und dann a frische Maß Bier
d’raus, wenn der Bauer kommt, Herr
Oberlieutenant, dann iönnen’s schon
warten bis zum Ahendessen« — »und
zugleich Mittagessen,« fügt der Ossicier
bei.
Der Oberlieutenant langt ordentlich
zu, denn er hat Hunger, es ist dies seit
heute Morgen der erste meiß, der
über seine Lippen kommt ; während er
ißt, unterhält er sich mit der gesprule
gen, ganz netten, noch jungen Frau;
sie erzählt ihm von ihrem einsirnen
Leben, dahinten in der Einöde, beten
ders im Winter, trenn sie von allem
Verkehr mit der übrigen Welt abge
schlossen sind. ,,Daher heißt auix un
ser Hof »Aus der Welt«, weil wir
wirlli im Winter aanz aus der Welt
lan«: dann erzählt sie. wie schön es ist«
»wenn’s aber wird,'· das heißt, wenn
der Schnee wegschmilzt, wie dr. (::
Bäche anschwellen und rauschen, als
wären sie lauter Ströme — »und,
wenn dann das Frühjahr kommt und
wieder Alles grün wird, ach, da is erst
»recht schön bei uns herin in die Berg,«
und dabei leuchtet ihr Auge und es
glänzt darin ein Strahl von Früh
lings - Gliick und Frühlings - Hoffen.
Um den qeehrten Gast zu unterhal- .
ten, bringt sie sodann ihre Kinder her-«
bei; drei an der Zahl.
»Seh’ns, Herr Oberlieutenant, dös«
is d’ ThereseL und dös is d’Anderesl
und der jüngst’ —- dös is der Seppei«
-- — so werden die Kinder dargestellt.
Freundlich gibt der Officier den
strammen frischen Kindern die Haud; «
den jüngsten, den »Seppei« nimmt er
auf’s Finie und der kleine Kerl belu
stigt sich nun, in den blanten Knöpfen
der Osficiers - Uniform sein kleines
Gesichtchen sich abspiegeln zu sehen und
er lachte unbändig dabei. Der Officier »
hat das Herz der Mutter gewonnen.
Nachdem sich »die Gesellschaft« em
pfohlen, besichtiat der ,,Oberlieutenant«
nochmals alles im Zimmer; »die Ta
ferln««es sind dies eingerahmten Er
innerungsbliitter, zum Beispielan die
erste heilige Communion, Hochzeits
ilnzeigem Militär - Abschied -—— Schul
Entlassungsscheine, Landwirthschast:
liche Diplome u. s. w. —- welche hier
unter Gles und Rahmen dem Besucher
Vieles aus dem Leben der Familie be
richten. Hierauf geht er ins Freie,
schaut sich Hof und Scheunen, sowie die
Ställe an, unterhält sich auch mit den
Eltern des Bauern, welche hier «im
Austragstiirerl« leben und dem »gni:iv
digen Herrn« Bieles aus ihrem Leben
und den Verhältnissen ihres Sohnes,
,,des Bauern« fo wird der Besitzer
des Hofes auch von seinen freundlichen
Eltern genannt erzählen. Der Of
ficier ist recht freundlich mit den alten
; Leuten, so das; der alte Bauer befrie
digt erklärt »der Oberlieutenant is
amal a ganz gemaner Herr« das heißt,
ein freundlich herablassender Herr; ein
hohes Lob!
Als der Lieutenant wieder ins Zim
mer zuriickgetehrt ist, um sein vergesse
nes Cigarren - Etuis zu holen, kommt
die Frau herein und fragt den »Herr-i
Oberlieutenant«, ob das 20 .- Mart
stiick echt sei, das »ein Soldat«, einEin-s
jähriger gewechselt haben möchte.
Dazumal war noch gar nicht viel
deutsches Gold im Umlauf und deshalb
die Fraae der Bäuerin berechtigt
Der Officier bestätigt die Echtheit
des Goldstückes: die Frau schließt hier
aus mit einem Schlüssel, der an ihrem
Schürzenbande befestigt ist, einen
Schrank im Zimmer aus, wechselt dac«
20 ; Martstiick in Silber um, und legt
das Goldstück in ein obereg Schubsacb
des Schranke-.
Draußen im Hof fährt ein Wagen
dor; die Soldaten umringen densel
ben. »Wer is anlomme! Hurraht Vier
is da!« schallt es wie Jubelruf durch
Haus und Schenne. Die Bäuerin eil:
hinaus.
Bald darauf kommt der Bauer ins
Zjimmer und begrüßt den Herrn Ober
lieutenant recht herzlich
»Griisz Gott! Herr Oberlieutenant !
Es freut mi, daß Sie da san bei ung:
dös is schö, dasz wir an Herrn Ossicier
in’ö Quartier trieat han, daherinten in
unsere Einödei Viel könne wir Ihnen
nöt bieten, Herr Oberlieutenant, o
mein lieber Gott, -—- wir ham halt nir,
als was wir selber bauen oder schlach
ten, nehmen’s halt vorlieb mit dem,
was wir ham; von herezn gern is Ih
nen vergunnt, dös dürfen’s glaub’n,
mei lieber Herr Oberlieutenant«, und
treuherzig reicht er dem Officier die
hand hin. der diese freundlich drückt
und spricht:
»Nun, here Bartholomäus Gram
merftlitterss Jeder aibt halt. was
i .-: —
kann; ich bin fehr gerne da bei Ihnen;
es ift ein sehr hübsches Quartier und
mit einem einfachen Essen bin ich auch
zufrieden, wenn’s nur gerne gegeben
wird.«
»Von Herzen gern, Herr Oberli-:u
tenant, geben wir Alles was- wir han«
dös dürfen s glauben! Aber jetzt will
ich nur schnell a Maß Bier holen fiir
den Herr Oberlieutenant; die erfte vom
Faßl; es is n feines Bierl, bös von
Karpfenhatm da wer’ns fchaugen« und
damit will er ans dem Zimmer eilen.
»Herr Grainmerftetter. nehmensz
auch a Maß für sich mit, dann trinken
wir zufammen, unterhalten uns und
tauchen dazu eine feine Cigarre!«
»Zu Befehl!« erwiderte der Bauer
und ftellt sich ftramm in Positur; er
will zeigen, daß er auch »militärifch«
ift.
Nach Kurzem kehrt der Mann mit
zwei Maß Bier zurück; der Officier
nöthigt ihn zum Sitzen und reicht ihm
eine Ciaarre aus feinem Etui.
,,Proft Herr Grammerftetter!«
Nach einem tiefen Trunk setzt er ab:
,,Fein! Ein nobles Bierl; zu dem man
man Herr! und Sie fagen!« erklärte er
befriedigt.
Der Bauer fchmunzelt und thut
dann Bescheid.
»Mein lieber Herr Bartholomäus
Grammerstetter. Sie haben ja selbst
beim Militär gedient —- nicbt wahr?«
»Ja Befehlt Herr Oberlieutenant«
ist die Antwort.
»Sie haben beim Jnfanterie - Leib
Regiment gedient, zwar nicht lange-«
nur zwei Monat, siebzehn Tage, dann
haben Sie sich einen Mann gestellt-J
,,Zu Befehl!« Aber woher wissenSie
denn dös?«
Der Officier hat seine Brieftasche
herausgezogen und blätterte in den da
« rin befindlichen Notizen, dann fährt er
«"fort, den »Bauern« zu examiniren.
Der Bauer raucht mit Behagen.
»Jhre Frau heißt Afra und ist eine
geborene Engelbreit von Hallbergöd bei
Friedbera?«
»Wohl, -wohl!« sagt der Bauer und
nickt mit dem Kopfe.
»Jbre Frau ist geboren am «9. Juni
; 1852 Sie haben drei Kinder die
i TherescL den Andresl und den »Sep- .
s pei«, der ist erst 14 Monat und eine ;
! Woche alt?«
Um Gotteswillen aber Herr
Oberlieutenani, woher wissen? —--«
,,Jt)re Eltern« -—— unterbricht ihn
der Officier -—— ,,Jl)re Eltern find bei
anen im Austrag — der Vater ist 72
nnd die Mutter Uf? Jahre alt?«
»Herr Oberlieutenant, aber sagn’3
nur um Gott-e·5willen.«—
.«Ruhia, Herr Granimerftetter! Jhre
Eltern haben für dieKirche in Karpfen
liam vor Z Jahren eine Altardecie von
Sainmt gestiftet ; diese hat 370 Gul
den g-elostet?«
Der Bauer ist aufgesprungen und
schaut mit verblüfftem Erstaunen auf
den Officier, der dies Alles aus sei
nem Notizbuch beruntcrliest »Herr
Qberlieutenant, das wissen Sie Alles?
s Aber —sagn’g nur — woher?«
s »Ich weiß schon noch mehr —- also
ietzt kommen wir zum Viehstand; Sie
haben 4 Pferde und ——-«
»Halt!« unterbricht da der Bauer
den Lieutenant mitFrohlocken, daß die
ser sich auch einmal täuschen kann.
»Halt! Herr Lieutenant, dösmal
stimmt’g aber nett; ich hab’ 5 Roß
fPferde)-« Die Cigarre ist dem Bauer
. vor lauter Staunen ausgegangen
,,So?s« bemerkt der Eraminator kalt
i lächelnd, »du haben Sie aber bei der
Pferde-Musterung nur 4 dorgesührt?«
»Stimmt aber das fünfte war
noch zu jung, da l;-ab’ ich’5 noch nicht
stellen müssen!«
» Lllso hatte ich doch recht!« bemerkte !
der Offizier »ferner laben Sie acht .
Stück Zug - Ochsen 16 Kühe mit drei
Rätberm k; Schweine, Hühner u. f. iv. »
2 Trutbiibiie2«
»Siimmt! Stininitk aber Saxendi »
nochamaL Herr Oberlieutenant wis
senssdenn beim Militär aber gar Al
leg?'!
»Sie sind vom Landwirtbschaftlichcn
Verein in Auggburg durch ein Diplom
soeaen Förderung der Viehzucht ausne
Jeichnet worden; beim Octoberfest wur
aen Sie präinirt’.«
»Richtig — ganz richtig -—— aber ich
bitt’ Jhnen giirsfchö’ Herr Oberstliea
ienant, woher is Ihnen dös All’g ver
rathen worden Alles ham’g aung
schrieben und notirt·«
»Sie sind ein wohlbabender Mann,"
fäbrt der Lieutenant fort — »Haus
und Hof schuldenfrei ——— Sie haben
baar Geld im Hause --— in jenem
Schranke dort?« und er deutet-. aus
den Schrank, den die Bäuerin »in-hist
aufgeschlossen hatte --—- »nicht wabr?««
»Ein gebt’s aber bald nimmer init
rechten Dinan zu —- dös is fcho nim
mer menschlich, was SieAlles wissen,
da muß scho ,,a G’wisser« sei and im
Spiel bam —— am End’ -"ens gar
noch wieviel ich baar Gelt-· -zrt in mei
nein Schrank laben ? « fragte er
jetzt aufgebracht und Thxz sch
»Nun —— ganz qenau -« weiß ich die
Damme gerade nicht, zu etner be
stlmmten Zeit war mir auch dies voll
kommen bekannt. So haben Sie in vo
riger Woche einen Ochsen um 520
Mart verkauft, dagegen 357 Mark 28
vPfennig Steuern an’s KöniglicheRent
Jmt in Friedberg bezahlt; das wechselt
also —- heute nimmt man ein — mor
Jcn gibt man aus —-- jedoch das weiß
ich bestimmt, Herr Bartholomäus
Zrammerstetter, daß in jenem Schran
te dort oben im Schubfachc links, ein
goldene-J 20 - Markstück lieat.«
»Na —- na (nei) Herr -Oberlieute
nant«, ruft der Bauer ietzt in höchster
Erregung — ,,na dösmal fan’s ge
frorn (soviel wie: da täuschen Sie sich!)
bös wissens net ganz genau; wenn’s
auch sonst Alles wissen und ganz all
svissend san-s«
»Bitte« —— sagte der Lieutenant —
,,ich habe vollständig Recht, überzeugen
Sie sich nur, es liegt dort oben in der
linken Schublade ein 20-Markstück mit
oer Jahreszahl 1874.«
Der Bauer zieht seinen ledernen
Geldbeutel aus der Tasche, an dessen
Lederriemen ist ein Schlüssel angebun
den — mit diesem öffnet er den bezeich
neten Schrank — er zittert vor Auf
regung — er zieht die obere linke
Schublade heraus und —
»Jesses, Maria und Jos eph! Alle
guten Geister loben Gott den Herrn!
Dös ist der Teufi—der leibhaftige
Teufi!«, ruft der Bauer sich bekreuzend,
dann stürzt er in höchstem Schrecken,
Jon Angst gejagt — ohne den Schrank
zu schließen — aus der Stube, immer
roährend sich bekreuzend und Verschwö
rungs - Formeln murmelnd — ,,ach,
du lieber Gott, der Teufi!«
Der Offizier schaut dem Bauer nach
und lacht; er muß lachen, wie der
Mann erschrocsi ist, der ihn gewiß für
einen Zauberer, Hexenmeister oder gar
fiir den —— Teufel hält. Er ruft in den
Gang hinaus, »der Bauer solle wieder
Zereinkommen und den Schrank schlie
szen,« jedoch vergeblich! Dann ruft er
der Bäuerin, die endlich — zögernd er
scheint, ihr jüngstes Kind auf dem
Urm. Sie hebt das unschuldige Kind
lein dem Oberlieutenant wie zur Ab
» vehr, gleichsam beschwörend entgegen:
»Ach, gnädiger Herr — wann Sie a
-Oberlieutenant san, thun’·s doch dem
» Seppei, dem armen unschuldigen Ha
scherl nix zu leid -—--— unser Herrgott
L)at’··5 in seinem Schutz!«
»Aber liebe Frau, was wollen Sie
denn eigentlich Z«
»Ach Gnade, Herr Oberlieutenant,
es kann ja gar nett mit rechten Dingen
zugehen, daß Sie dög Alles wissen
thun, da müssens schon schon allwis
send sein oder der leibhaftige Gottsei
beiuns « ist mit Jhnen im Bunde?«
erklärte die Frau
»Liebe Frau, sehe ich denn wirklich
aug, als ob ich der—«
»Na, na, Herr Oberlieutenant, ich
hab’s zum Bauern glei g’sagt, dös
kann doch der ----— Gottseibeiuns (sie
b-3kreuzt sich hier) net sein, er war ja so
lieb mit die Kinder —- mit dem Seppei
hat er so schö’ g’spielt -— dög thut doch
der Gottseibeiuns net; aber es hilft
nir, er traut sich nimmer in’s Zim
mer!«
«Holen Sie den Bauer doch: ich will
ihm Alles erklären.«
Endlich nach geraumer Zeit erscheint
die Bäuerin, die den Bauern, der sich
sträubt, hinter sich l;erzieht.
Der Lieutenant bleibt ganz ruhig; »
wenn es der Gottseibeiung wäre,
miiszte er sofort mit Hinterlassung
höllischen Gestankes aus dem Fenster,
oder zum Schornstein hinausfahren
Der Bauer ist aber trotzdem nicht zu
bewegen ins Zimmer zu treten und er
bleibt auf der Schwelle stehen, immer
während Gebete halblaut vor sich hin
! murmelnd
»Mein lieber Bartholomäus Gram
merstetter! Jch hätte Sie doch fiir ge
scheidter gehalten, als wie sie aussehen;
passen Sie mal auf, die Sache ist sehr
einfach; kommen Sie nur näher: ich
fresse Sie nicht; ich bin auch Christ,
tzie Sie!«
Der Bauer wird schon ein Wenig
zutraulichet
»Sel;en Sie. hier hängt unter Glas
und Rahmen Ihr Militär : Abschied,
da konnte ich lesen, wie lange Sie ge
dient«
»Ach, so —- ja freili« —- niclt der
Bauer.
»Weiter! Hier das ,,Taserl« ist eine
»Erinnerung an die erste heilige Com
munion« für Jhre jetzige Frau; hier
steht, wann und wo sie geboren ist und
wie ihr Mädchenname lautet, —- die
drei Kinder hat mir die Bäuerin. als
Sie in Karpfenham waren, in’s Zim
iner gebracht, deshalb weiß ich. wie ’g
heißen und wie alt dieselben sind!«
»O mei, o mei!« sagte der Basler
und kratzt sich hinter den Ohren.
»Mit Jhten Eltern hab’ ich mich
auch unterhalten und da haben die mir
gesagt, wie alt Sie sind und das von
der Altardecke haben Sie mir auch er
zählt!« «
»Saxendi, Saxendi —- nochmal!
Stimmt, ach. dös ist ia Alles lo ein
!
fach« — wirft der Bauer dazwischen.
,,Also, Herr Grammcrftetter, bin ich
a Hexenmeifter?«
»Na, na, Herr Oberlieutenant, aber
wegen dein Viel)iiand?«
»Sie Nicht - Erfinder des Schieß- -
pulvers, da hängt Jhr Kalender an
der Wand und da steht ja das Alles
drin. was ich über ihren Viehftand
wußte; ich habe drinnen herumgeblät
tert; ich wußte nicht,«daß er solche No
tizen enthält-entschuldian Sie, mein
Bester«
»Ach, dös macht gar nix, Herr Ober
lieutenant, aber mit dem Ochsen, den
ich um 520 Mark verkauft hab’?«
»Steht gleichfalls im Kalender,« be
merkt der Oberlieutenant.
»Und bös hab’ ich in den Kalender
neia’schrieben und die bezahlte Steuer
auch, bestätigt die Bäuerin.
,,Jesseg —- Jesses aber, jetzt ist ja
Alles fo klar« —
»Hier hängen Ihre landwirthschaft
lichen Diplorne, die mir Alles Uebrige
erzählten; daß Sie wohlhabend sind,
sieht man an Haus und Hof und kann
es schließen, wenn Einer gleich einen
Osfizier und 40 Mann ins Quartier
bekommt — das ist kein »Fretter«.
Ein, ei, Herr Oberlieutenant —- ha
ben Sie aber amal a gut’s Gemirl.
Sie können mehr, als Brod essen, für
so g’scheidt hätt’ ich Sie net g’halten.«'"
,,Danke für das Compliment, Herr
Grammerstetter.« —
»Aber nehmens mir’s net für un
gut, Herr Oberlieutenant, aber wegen
dem Geld — dem 20-Markftück?«
»Das lassenSie sich von Ihrer Frau
erzählen, wie ich zu dieser Kenntniß
gelangte,« und er schiebt die Beiden
zur Thür hinaus. — »Ein solches
Horn!« —
Nach einer Weile wird dieThiir wie
der leise geöffnet, — der Bauer schiebt
seinen Kovf herein Und ruft dem Of
fizier mit verschämtem Lachen zu:
»Nix für ungut, Herr Oberlieute
nant; wenn Sie aber amal wieder so
an großen Esel finden, wie ich bin,
dann Herr Oberlieutenant, schreiben’s
mir; ich reise hin und schau mir das
Kameel an — aber so dumm —- na so
dumm, wie ich, dös ist doch scho »aus
der Welt« —
»Drum seid Jhr auch der »Aus der
Welt Bauer« —- das stimmt und
wenn ich »einen größeren« finde, dann
schreibe ich Euch, Bartholomäus
Grammerftetter, Bauer auf der Ein
öde »Aus der Welt« -— es wird jedoch
schwer halten.«
—-- Viel verheißend. Vater:
»Den ganzen Tag sitzest Du hier in der
Fineipe! -— Repetirst Du denn gar
nicht ein wenig für das bevorstehende
Examen I« —— Studiosus: »O, was ich
gelernt habe, kann ich in einer halben
Stunde repetiren!«
—- Auch ein Lebensunter
ha l t. »Der Krempel lebt jetzt aus
schließlich von feiner Schwiegermut
ter.« »Wieso? Die hat ja selber
nichts.'« ,,Freilich! Aber der Krempel
schreibt alles auf, was sie ihm anthut
und verkauft die Manuskripte an die
Witzblätter.«
—-—- Mißglücktes Compli
m en t. ,,«’5räulein Ella, Sie machen
sich keinen Begriff, wie gut Sie mir
gefallen! F)eut’ haben Sie wieder ein
paar rothe Backen —— so schön roth,
; als ob Ihnen der Frühling eine Ohr
es«
feig’ gegeben hätt
- -- Auf dem Besuv. Tourist
(zu den anderen Gesellschaftstheilneh
inern): »Meine Herren und Damen,
rennen wir, wag wir können! Meine
Schwiegermutter ist soeben in den
siratcr gestürzt. Gleich wird der Vul
kan zu speien anfangen.«
- Beim Barbier. Fremder:
»Zum Donnerwetter, jetzt schneiden
Sie mich schon zum zweiten Male.
Wenn Sie nicht besser rasiren können,
werden Ihnen Jhre Kunden bald weg
bleiben!« —-—- Lehrling: »O nein! Die
Kunden darf ich ja noch gar nicht ra
siren ich rasire nur die Fremden!«
Jn Verzweiflung Junge
Frau lzu ihrer Freundin): »Ach,meine
Köchin ist plötzlich weggegangen, und
jetzt soll ich das Mittagessen fijr mei
nen Mann selber lochen!« s« Freun
din: »Desbalb mußt Du nicht ·-so ver
zweifelt sein, von dem einen Male wird
er nicht gleich sterben!«·
»Den der Schule. Lebtert
»Mit den Worten Geist, Engel, Fee
n. s. w. verbinden wir den Begriff von
etwas Hohe-n, Heiligun. Wer kann
mir einiae Beispiele angeben?« —
Max: »Der Nettungsengel.« — Leh
rer: »Recht« Moritix »Der Seufz
geis .« -—- Lehrer: »Weiter!« —— Hans:
»Die Küchenfee.«
——s Merkwürdig. Mutter:
»Warum meinst Du denn?« —— Hans:
»Zu: Köchin hat der Papa neulich ge
sagt: ein netter Kerl! und hat sie in
die Wange gelnissen. Zu mir hat er
« heute, als er mein Zeugnis durchgeb
’ sen hat. auch gesagt: Du bist ein nettee
Kerl! Daran hat er mich aber durch
gewichst!«