Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 15, 1897, Sonntags-Blatt., Image 16

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schaffe. Un das Wotste is, daß es «
immer Sache sin, wo e Heidegeld «
. Was hawwe se mich nor schon l
« ert for e Beizickell Wei, Dag ur. l
lasse sc mich taa Rub» ich hen see
, for Krißmeß geprammist, awwer z
it sin se nit sättigfeit. Se sage, in i
»Wintet do könnt met nit Beizickel Z
vDie Lizzie, was mei Altie ig, die I
» Kohrs immer in it, wann dieKidsZ
bawwe wolle. »Du kannst ganz;
Inforderm die Buwe ihre Wisch zu l
."«,-..
e«, hot se gesagt, »du brauchst nor
Monat lang jeden Dag for en s
weniger Bierche bei den Wehes- (
s— zu drinke, dann kannst du iesig
Erlb rehfe.« Sell hot mich nit we
"«grfuckxt« awwer den Weg is die Liz
, Ich m fort un sin emol for e
hnch zu den Wedesweiler gange.
ich e paar Schnäps inseit gehabt
" do hen ich widder e wenig besser
Ytz Ich sin dann widder heim un «
--2 Schul hot grad ausgelosse gehabt
» . do ware die Kids all heim. Jch hen
; · Karlie gefrogt, was er for e Bei
»i« hen wollt. Er sagt, er deht nit keh
was es for en Bränd wär, wanns
e Wiehl is. Der Johnny sagt, er
i eens hen, wo er ordentlich mit
si, wo mer nii so iesig erunnerfalle
« i, un so fort. »Ihr bild Eich doch
« ein«, hen ich gesagt, »daß jedes e
’ hl kriege duht?« Schuhe Ding« ,
-- der Karlie gesagt, ,,een Wiehl duhi
» i kee gut, for was host du so viele
I - .r?« Vor alle Din hot der Kar
» eeni hinner die Löfgsel kriegt und
» hen ich die Lijzie wo uss den
z,--rlie sei Gebrüll ereinlomme is, eas
; « ,um was sich s hannele deht
« §- — s im itehsigf hot se gesaat, »e e n
; eh! willst du di Buwe lauer J e
r muß eens hen; sell wär mich ebe s
es, wei die ganze Nehberhutt deht
III gis-wer tahke« Do hen ich awwer doch
ehlt als wann m 2ch e-: nJ e Pet;l voll
et iwwer de Buckel aepohrt hätt
is Dtk denn auch, was so e Wicht
« duht?« hen ich gefrogt. »Well es
-.« « » wohl kee Dausend Dahler toste«,
« »F die Lizzie Seil hat«-z for mich ge
li. Jch hen mei Kids genomme un
; s mit en nach en BeizickelSiohr. Dort
» « se sich ihre Wiehls ausgespielt un
7 hen die Bill mit en Scheck b zahlt.
· hoi hunnerd Un sechzig Daliler ge
s »si. Do hätte Se awrrer cmol den
« von die Buwe sehn solle! Se sin
die Höh getschumpt un der Johnny
s« gesagt: »Was ig die Marter mit
i- f« »Sitz ahlreit!'· bot de Rest ge
s? .Well das war jo ebaut hunn-rd
i
sechzig Dahler werth es is imm: r .
, Ins Ding, war mer ahlreit is. Ich
cge Jhne reite konnte die Kids in leiz
Z - no teim Se sinn in e Minnit fort
I Ȇ- ese un ich hen do gestanne wie e
L - lb was sciBackezähn noch nit all hot
Ue ch konnt jo laase, for all was o e
i i Orte drum chwe Jch sin dann zu
. - .Wedeåtr-eiler un hen den verzehlt,
; I ich for e Bißnes gedahn hatt’. Jch
g- i gedenkt, er deht lache, bilahs ich
isr so suhlisch, un hen das viel Geld
pend, awwer ntckf e er hot gesagt,
s wär nit mehr wie recht un ich war n
- si, daß ich endlich emol ebbes gut
- »acht hen. Jch wollt grad heim gehn,
i anszusinnr. was die Lizzie zu sage
do is der ohnny gelaufe komme
. sagt, ichs reiteweg heim komme,
s; hätte in alle ihre Wiehls Ponkschers,
Hi Fränk hätt sei Händelhahr ge
. i - s ascht un der Karlie hätt e Lehdie
» rgeronnt un se hätte se in e Ami
.L·- lenz heim geschafft Da, do hen
stsch gehabt! Der Wedesweiler bot
s - gernean en Aecksident könnt einige
; i höppene, do könnt mer nit helfe
; He könnt, der Franl hot eens ge
I
I
ch sin rette-weg fort und der Jotmny '
mich in das Haus genomme wo Die
singe Lehdie bei ihre Värrents gelebt ;
« O · Jch hen die alte Lehdie zuerscht ge
Ess« t. Ach« was hot die angewwek Se
»Ist ihr Dochter wär siwtoezehn Jodr
clt un se hätt e arige Jnscherrie bei
.- « Aecksident kriegt. Das Wicht wär
ad itvwer ihr Bein gange »Sie
oune selbst ucke«, hot die Frau ge
Sgi. »Ist oske r!« hen ich gesagt, »ich
s s nit sehn.« Wei, die Lizzie bät
- geiillt, wann die so eboes von mich
« —- rt hätt. Die Frau mer hot se Mis
"ts Stulpnos geheiße, hot gesagt es
· «"« wär wann ich mitaus Dileh set
« deht, bilahs sonst dehte se mich mit
Demmetsch Saht sickse Sell is jo ;
chiin hen ich zu mich gedenkt un sin -
Au de Weg do hen ich mich kein- «
Minist, bitahs ich hen nit inwesti
H ob das Mädche wirklich so hart
chert war. «Bei Galle, was hen
" ncht un geschwore, wie ich heim
ine. »Di- host es«, hen ich zu die
eip suche, »mit deine Wiehls «
» » Mi- e, dann is es immer
tits. Jeit n mer die Beschre
cmoet das war des cillerlehtef
« ds: ich dein Cttweii gefolgt sin. i
W
; » Moment is der
v han- tomme. »Du i
M -" « d T « f batschwkteth IS
. «·’"" sc !
JVW - s . Ifrs i »F III- 1
« W ewiges-W. ist-ius
selbst gesehn. »Du hosi,« hen ich gesagt. »
Do kann mehr sehn, was so en Laus- T
hab, e Gahl bot! Der Kaklie hot ge- I
sagt. von wege die Demmetsch Saht, do
sollt ich mich not nit truwele, cr dein
das schon ficksr. Er sagt auch, er dchc
das Mchdche schon lang kenne un die
Mehty wär e Pieisch Well, ich muß
sage, ich wa·r’n baff, wie ich den Oase
bub so hen iahie gehört. Er sagt, er
mißt osf Kohrs alle Dag an Stulpno
ses kahle, for daß er alles schkwehre
könnt. Jch war’n froh, daß fes-it so
ieene Dehnscher mehr mit die Saht «
war, awwek ich hen ieindet fonnie ge
fiehlt, daß der Katlie so oft zu die Pie
bel gehn wollt. En Dag hen ich mein
Meind uffgemacht, aach emol hinzuge
he. Mehbie daß ich das arme Mehdche
in einigem Weg helfe konnt. Wie ich
bin sin komme, un hen die Parlots
Dohr uffgemacht, do hot das ’ kranle
Mehdche uf die Launsch gesosse un der
Karlie newig se. Se hen sich ange
schmeilt, als wie die verliebte Mehbocks ;
un wie mich det Karlie gesehn bot, do s
saqt er: .,,Pa, sell is die Mehrv, ehnts
schie e Pietfch?« »Och Karlie, schnit;
obb«, hoi die Mehrn gesagt, »du machst !
mich jo blosche, was soll dann dein Pa »
von mich denke?« Bei schimminie, do?
hen ich awwer sämmtliche Ohre usfge
risse. Awwet do is Niemand schuld, wie
die Lizzie mit ihre verdollte Beizickels.
Jch denke, mer kriege noch latse Fonn,
Womit ich verbleiwe
Jhne Jhkn liewer
Philipp Sauerampfet.
A..
Protessoe und share-entom
Der jüngst in Basel verstorbe2.e
Professor Jakob Burckhardt war nie
zu bewegen, sich photographiren zu las
sen; er haßte es überhaupt, sich irgend
wie in den Vordergrund zu drängen
und wollte, im Gegensatz zu seinen
Collegen, nicht in den Ladensenstern
der Buchhandlungen prangen. Es
giebt daher von ihm nur ein Blei-—
stiftporträt aus seiner Jugendzeit
Jn den letzten Jahren seines Lebens
gelang es jedoch den Bitten seiner Ver
wandten, ihm das Versprechen zu ent
reißen, daß er u einem Photographcn
gehen wolle. ie Verwandten hatten
alle Vorkehrungen getroffen, ihm sei
nen Entschluß möglichst zu erleichtern;
man war übereingetommen, sich bei.
dem ersten Photographen Basels zuf
treffen. Der alte Gelehrte stellte sich
zur verabredeten Stunde pünktlich»
ein. Seine bescheidene Erscheinung
seine einfache cis-as vernarblsi is sxe
Kleidnna konnte natürlich den Gek ilf n s
des Vkotoaravken nicht imponiren ;
und man liefi ibn gar nicht eintreten. j
»Es ist unmöalich, Sie jetzt zu em
pfanaen«, saate man ihm, »Herr T
erwartet den beriibmten Proiesssir
Nur-ti—ardt.« »Seht wobl.« antwor
tete dieser. »ich wurde mir ein Gewissen
daraus machen, meiner Weniaieit W
esen Herrn T. in belästigen!« Mit
dies-«- Wortep entfernte er sich und
««--r dann auch nie hsieder ru bewege«
sich photograpbiren zu lassen.
Japanische-« Adergtanbr.
Die Japaner glauben, daß man sich !
während einer Reise die Fingernägcl i
nicht schneiden dars, es würde sonst den i
Reisenden ein Unfall ereilen, bevor er ?
noch sein Ziel erreicht. Auch zur Nacht
zeit sollen die Nägel nicht geschnitten
werden, weil Einem sonst Katzentlauen
an den Fingern wachsen. Die abge
schnittenen Nägel darf man beileibe
nicht in’s Feuer werfen, das ruft gro
ßes Unglück herbei. Wenn während
des Beschneidens ein Stückchen Nagel
zufällig in’s Feuer fällt, wird die
Person, der das passirte, bald sterben.
Uebrigens verbindet sich auch in mai-.
chen Gegenden Deutschlands mit dem
Beschneiden derNägel manch’ ein
Aberglaube. Wenn man z. B. diese
Operation an Händen und Füßen
kreuzweise am Freitag Abend vor
Mitternacht vornimmt. so hat man
in der kommenden Woche Glück; dane
gen Pech, wenn sie bis Freitag Nachts
12 Uhr nicht geschehen ist.
——4 — —,-— —
Minister-rauhem in Lesierretch.
Seit dem Jahre 1848 hat es in
Oesterreich insgesammt 170 Minister
gegeben. Man zählte 19 Ministerprä
sidenten, 19 Justizminister, 18 Unter
richtsminister, je 17 Minister des Jn
nern, Finanz- und Handelsminister."
dagegen gab es nur 10 Ackerbau- und
9 Landesvertheidigungsminifter. Viel
stahiler find natürlich die gemeinsamen
Ministerien. Es gab 9 Minister des
Aeußern, 11 Reichs-kriegs- und 5
Reichsfinanzminister. Unter den 170
Ministern gab es gerade 17 hinger
licher Abkunft. Am meisten Mini: I
ster, deren 26, hat das Jahr 1848 ge
sehen.
-.—«—-—--—
—- Sei sparsam. Studiosus
Siissel hat es durchgesetzt,daß ihm sein
»Alle-k« das Geld-für einen mehrtägi
gen Besuch der Aussiellung in X.
,,’r’ausgerückt« hat, natürlich nicht ohne
die üblichen Ermahnungen, recht spar
sam zu sein. Gleich in der ersten Nacht
wird Süsfel in X. im Rinnstein lie
gend gesunder-. Fremder: »He, mein
Gitter, was machen Sie denn ·da?« —
Siiffel: «Spare Zeiten«
—- Grsßartiges Erzie
hung-resultat. »Ein schritt-.
tschi-Im M, Ihr Meinei — ;
konnte wohl mit zwei Jahren !
ganz qui spe ?«——Mntter: .Spre- (
sie-? Seit-spiel- IUIW es ichs-U«
! se Deitatts eines Schültiternen
!
Von A.Cim.
Auf dem Telegraphenbureau in R.
arbeitete damals ein Postbearnter er
ster Wasse, der vor der Beförderung
stand, seynlichst sich zu verheirathen
wünschte und doch Keiner das anstand
niß dieses löblichen Vorhaben-«- zu ma
chen wagte.
Edmund Charon, so hieß er, wa:
schüchtern, sehr schuchtern, der schüch
ternste und surchtsamste Mensch der
Welt
Seine Eltern, die als einfache flei
ßige Landleute ihre Aecker bebauten,
warteten schon lange daraus, ihren
Sohn ver-sorgt zu sehen, war er doch
den Dreißigern schon bedenklich nahe
Natiirlich sand sich so leicht tein Mäd
chen, das gut genug sein würde; an
eine Bäuerin war nicht zu denken. und
» die Bürgettreise von R. blieben ihm
bei seiner Schiichternheit verschlossen
s So standen die Dinge, als Edmund,
F der den Dienst nach Paris besorgte,
l eines Morgens gewahrte. daß sein
Correspondent, d. h. derjenige Colloge
in Paris, der seine Depeschen abnahm
und beantwortete. gewechselt hatte: an
Stelle eines Beamten cortespondirtc
eine Beamtin rnit ihm und zwar ein-:
unberheirathete.
Nachdem er ihr vekschiedene Male bei
Gelegenheit telegraphitt hatte: »Ma
dame; Ja, Madame; Schön, Madame;
wenn Sie die Güte haben würden,
Madame«; llapperte es zurück in der
kurzen Telegraphistensptachr.
»Nicht Madame, ——·Fräulein!«
Jn demselben Maße wie Eduard
Charon in Gegenwart Anderer scheu,
unsicher, worttarg war, zeigte er aus
der Entfernung, in seinen Brieer oder
am Apparat, Keckheit und Unterneh
mungslusL
Ein gewisser Ausgleich.
Binnen einiger Wochen besaß er das
völlige Vertrauen seiner Corresponden
tin, die ihm ständig von ihren Erleb
nissen, Aussichten usw. sprach; gegen
seitig gestanden sie sich alles was
beide bewegte, dem Negleknent zum
Trotz, das Privatgesvräche zwischen
Beamten streng ahndet.
»Meine Mutter habe ich schon früh
verloren, mein Vater stand damals als
Hauptmann in· einem Linienregiment,
als Bataillonschef ging er ab. Nach
der Pension blieb ich 2 Jahre zu Haus,
was mir weit besser gefiel, ais außer
k halb zu gehen und zu arbeiten. oh ja!
Aber da mein Vater außer seiner Pen
- sion leine Einkünfte hat, Mama s
TMitgift bat ein Notar veruntreut, so
mußte ich rnich nach einein Broterwerb
J umtljun.'«
; »Auf diesen Broterwerb werden Sie
I jedenfalls früher oder später verzichten
« um zu heirathen,« meinte Eduard
»Das glaube ich nicht; keine Auss
sichten dafür vorhanden. Heutigen
Tages heißt es: teine Mitgift -— tein
Mann!«
»Das ist auch wahrl«
»Sie ist gar nicht übel, die Collegin,
und noch weniger dumm,« überlegte
Edmund Charon. Er fragte nach il;--—
i rem Namen.
s »Marie Valdier.«
; »Und wie alt?«
) »Ob, Sie cotettes Mädchen, warum
snicht? Sie müssen Jhren Geburts
schein einreichen so gut wie ich auch«
»Ich bin 26! So, sind Sie befrie
digt?«
»Wirllich? Sie wissen, dasz ich un
gefähr nach dem Dienstalter schätzen
tann?«
Er erlühnte sich sogar —- aus der
Entfernung war er sehr frech s— nach
ihrem Aussehen zu fragen; ob groß
oder klein —
»Eher groß.«
»Und schlaan«
.Ja.«
Blond oder braun?«
»Blond.«
»Warte Augen?«
»Ja.«
»Und eine sehr weiße Dant, ver
muthe ich?«
»So ist’s, wie Sie vermuthen."
»Oh, oh! Aber, Sie müssen nicht
häßlich sein, Fräulein.«
»Aber genug jetzt. Entwersen Sie
nunf Jhr eigenes Bild, wenn ich bitten
dar .«
»Ganz wie Sie wünschen, Trän
lein.'«
Und Edrnund schilderte seinen hoben
Wuchs-, die schwarzen Haare, den zuge
spitzten Bart.
Ganz allmälig wurden diese Ge
s spräche so sesselnd fiir Edmund, daß er
sich in seine Partnerin zu verlieben be
gann. Von da bis zu dem Entschluss,
l sie zu sehen, war nur ein Schritt.
»Meiner Treu, ich gehe hin! Und
wenn sie wirklich so hübsch ist —
warurn sollte ich nicht um sie anhalten?
Sie ist ein anständige-B Mädchen, bat
Muth und Verstand gezeigt, bergen-is
giite besitzt sie auch, entstammt einer
feinen Familie. Vermögen hat sie ja
keines, aber dasiir ist sie ohne kostspie
lige Neigungen, thut gerne hausarbeih
braucht also tein Dienstmädchen Jrh
thue vielleicht nichts so Dammes, wenn
ich sie heirathe, ja gewiß!«
Cdrnund Charoh erhielt einen
zweitägigen Urlaub und reiste nach
Paris ab, ohne Vorwissen seiner Cor
respondentin. Er wollte sich bis zu
leht seine Freiheit, zu handeln, wahren
und sie sehen, ohne von ihr dabei beob
achtet zu werden.
»Ihr Character gefällt mir. wenn
ihre Erscheinung dein entspricht. Jch
schwärme doch gerade für Blondtnen.
schlanke, große, elegante Blondtnen!«
Der vorsichtige junge Mann ver
mochte iekn Proarannn ohne Schwie
W
rigleit durchzuführen. Er kannte
Fräulein Marie Valdier’s Adresse,
Universitätsftraße 198, wußte, wann
sie Dienft hatte und begab sich sofort
am Morgen feiner Ankunft in den
Hinterhalt vor der Wohnung unserer
Telegraphiftin.
»So kann ich sie gut weggehen sehen,
da sie um halb 8 Uhr auf dem Amt
fein muß.«
Wirklich trat um halb 8 Uhr aus
dem Hause eine große Vlondine mit
Vergißmeinnicht - Augen und einer
lilienweißen Haut.
Sie war’s. Edmund folgte ihr in
Entzücken, fein Jdeal war erreicht.
Trotz feiner Schiichternheit würde er
sich in der Aufregung wohl ein Herz
gefaßt und sie angeredet haben, wenn
nicht eine Schaar Colleginnen sich ihr
unterwegs angeschlossen hätten, mii
denen sie unter fröhlichem Geplaudcr
den Weg zum Amt zurücklegte So
beschloß er, durch den Draht mit ihr
zu reden.
Augenblicklich fuhr er zurück, sucht-.
seine Eltern auf, welche anfänglich
über die vermögenslose Partie leine
geringe Entrültung bezeigtcn, und eilte
dann auf seinen Posten, um mit Ma
rie zu sprechen.
»Was war denn mit Jhncn die zwei
letzten Tage?« srug diese.
»Ich war nach Paris gegangen, ei
genz um Sie zu sehen.«
»Was sagen Sie da Z«
»Und ich habe Sie gesehen und bin
Jhnen gefolgt von Ihrer Wohnung bis
aufs Amt.«
»Welche Lügerei!«
»Bestimmt!"
»Aber warum? Was bedeutet —«
»Weil ich Sie liebe, weil —-—-«
Folgte ein leidenschaftliches Ge
ständniß und die inbrünstige Bitte, ihn
nicht zurückzuweifen.
So wenig Marie Valdier auch anf
eine derartig rasche Erklärung gefaßt
war, hatte sie doch in den vier Mona
ten ihrer Betanntfchaft genügend Ge
legenheit gehabt, sich von dem liebens
würdigen, sanften Wesen ihres Pari
ners zu überzeugen. Sie versprach
daher, ihn oder seinen Vater bei sei
nem nächsten Besuch freundlich auf
nehmen zu wollen.
Um nicht von neuem Urlaub zu neh
men, sandte Edmund seinen Vater zu
Valdiers und erhielt umgebend die
Nachricht, daß feine Wünsche in Er
füllung gegangen seien und die Hoch-—
zeit in Bälde vollzogen werden sollte.
Edmund erhielt die Erlaubniß, auf
3 Wochen aus dem Dienst zu geben
und fuhr noch am selben Tag zu Herrn
Valdier.
Marie ihrerseits hatte sich frei ge
macht und wartete im Salon auf die
Gäste, zu deren Bewirthung sie gebüh
rende Vorbereitungen getroffen hatte . .
Zitternd,: aus allen Himmeln gis
stürzt, stand Edtnund wankend neben
dem dargebotenen Stuhl und ver
mochte kein Wort herauszubringen
Schlasf hingen die Arme an seiner
Seite herunter, mit offenem Munde
starrte er vor sich.
Es war nicht Sie! Sie, die er aus
dem Haus hatte treten sehen und ihr
bis aufs Amt gefolgt war.
Diese hier war nicht blond: sie war
roth, hell, leuchtend roth, ein Fuchs
oder Eichhorn-Roth.
Sie war nicht groß und elegant,
diese hier: sie war mittelgroß, unter
setzt.
Oh ! !
Wie! Das da war Fräulein Val
dier, seine Correfpondentin? Sie hatte
die Anmaßung, sich für blond zu hal
ten, war frech genug, sich schlank zu
nennen? Nun, dann besaß sie aller
dings eine hohe Meinung von ihren
Reizen, —- alles, was wahr ist!
Und ihre Augen! Blau allerdings,
wasserblau, Porzellanaugens
Wie ließ sich der Jrrthum erklären?
Wie! Waren Sie das wirklich, mit
der ich coerespondirt habe?«
»Ja, mein herr·'«
»Tai correspondirte seit vier Wo
chen «
»Gewiß, mein Herr. Sie müssen
mich doch wiederertennen, da Sie, wie
ich von Jhnen selbst hörte, doch nach
Paris gekommen und mir nachgegan
gen waren.«
»Sichet -—- sicher --—-«, stamntelte Ek
rnund, der nicht mehr wußte, wag sa
aen und thun, er zitterte immer ärger,
in der Furcht, sich zu allem Unglück
auch noch lächerlich zu machen.
Herr Valdier lud seinen zukünftigen
Schwiegeesohn und dessen Vater zum
Mittagessen ein, und bei dieser Gele
genbeit löste sich endlich das Näthsei.
»Erlaube, daß ich Dich meiner
Freundin Bertba oorstelle,'· hieß es,
..sie ist eine Collegiu. Ab, das hättest
Du nicht aedacht (er stand vor seinen-.
Jdeal), wir wohnen auch im gleichen
Haus.«
»Ftäulein wohnt «-——«
»Hier, im dritten Stock.«
»Und wir, wir sind —--«
»Wir sind Colleaen. alle Drei Colle
nen!« vollendete Matie mit aliiellichsm
Lachen und schlug heiter ihre großen
Hände zusammen
Edmund Charon aebörte. wie wit«
missen, nicht in den Leuten, denen es
nichts ausmacht. einen Schritt tück
wiirts zu thun, wenn sie zu weit vor
gegangen sind. Er lieti der Sache ib
een Laus und sinnd bald mit seiner
Gattin vor dem Altar.
Doch wenn es eine Schuhaöttin siir
die Mitwian aiebt scheint-ei doch, als
; Mel- nuch eine solche su Gunsten der
Schiichtemen denn unseebeld brauchte
» ist- Naetlste nicht m bereuen. Nein. im
) Menentkeill Wøelites tie noch so miß
sein, Maeie Valdier besaß vortreffliche
sCigenschaften und verstand es, ihren
i Gatten glücklich zu machen·
I Edmund hatte eine gute Stelle inne
’ und seine Frau, die sich vom Dienst
zurückgezogen hat« führt das Haus
wescn musterhaft und widmei sich der
Erziehung ihres Töchterchens und ihrer
zwei Knaben.
Was die Schönheit Bertha aan
trifft, so ist von ihr wenig zu vermit
hen. Die Postbebörde fah sich eine-J
Tages genöthigt, sie zu entlassen . . .
« --·———--—
Wädtttentiit
Von B. Anders
»»Wie gesagt --— Du hättest gar
nichts Gescheidteres thun können als
Leontine in meine Obhut zu gehen.«
Mit diesen Worten schloß die verwitt
wete Frau Justizräthin Bertha Baum
gart eine längere Rede, die an die
Adresse ihres Bruders gerichtet war.
Diesen Herr Templer, ein höherer
Postbeamter, ebenfalls verwittwet,
ging, die Hände vergnügt reibend, im
Zimmer aus und ab. Plötzlich blieb
er vor seiner Schwester stehen« legte ihr
die Hände auf die Schultern und
sagte: »Du hast Recht, liebe Bertha.
———- ich sehe es immer mehr ein, daß es
gut war, Deinem Rathe zu folgen. seh
selbst konnte ja Leontinen nicht die
Jnöthige Aufmerksamkeit zuwenden —
j dazu ließ mir der Dienst zu trsnig
» Zeit, und die Liebschaft mit dem Je
j derfuchser wurde mir doch zu bedeut
» lich. Also Du bist fest überzeugt, daß
s die Beiden sich nicht wieder gesehen
; haben?«
; »Seitdem Leontine in meinem Hause
» ist, sicher nicht. Aber sie korrespondi
ren fleißig miteinander.«
» »Und das läßt Du so ruhig gesche
; hen?«
»Warum denn nicht? Jn Liebess
sachen muß man zart vorgehen. Laß
mich nur machen —-— ich werde schon
meinem Cerberus - Posten Ehre ma
chen. Uebrigens —— Dir als isens
Vater Leontinens muß ich wohl Ein
sieht in die Corresvondenz der dem-J
Liebesleute gewähren.«
Bei diesen Worten erhob sich die alte
Dame, ging an den Schreibtisch, ent
nahm diesem ein Päckchen Papiere und
legte diese mit einem sonderbaren Lä
cheln vor ihrem Bruder auf den Tisch.
»Da,« sagte sie dabei --—- »das ist die
Correspondenz.«
Herr Templer blickte überrascht bald
seine Schwester, bald die Papiere an·
Dann fragte er zweifelnd: »Das «
das soll die Correspondenz sein? Das
sind ja nur die leeren Couvertg!"
Die Justizräthin nickte überlegen
mit dem Kopfe. »Allerdings«, sagte
sie dann nach einer Weile —--- »nur leere
Couverts, und doch die Gotteshau
denz!« Und fragend setzte sie hknzm
»Hast Du als Postmensch denn nsch
nie etwas von der Briefmartenspeache
gehört?«
Herr Templer wiegte nachdentlidh
den Kopf. »Geh-äu wohl,« sagte er
dann, »aber offen gestanden, noch nicht
darum getiimmert habe ich mich!«
»Nun denn, so paß aufl« Die Ju
stiztäthin nahm die Couverts, breitete
sie nebeneinander auf dem Tisch aus
und deutete auf die Matten« die sich
auf den Briesumschlägen befanden.
»Jede Marte hat eine andere Stellung
auf dem Eouvert --— das siehst Du
doch!?«
Herr Templer nicktr.
»Und jede Martenstellung hat ihre
besondere Bedeutung; den Schlüssel
dazu habe ich hier in der Tasche!«
fuhr die Justizräthin fort. Dabei
entnahm sie ihrer Kleidertasche ein
zierliches Büchlein, aus dem Herr
Templer mit wachsendem Staunen die
Aufschrist »Briefmarlensprache« las.
Und dann fuhr sie fort: »Diese
Stellung hier zum Beispiel besagt
»Jch gehe in’s Museum.« Natürlich
sorgte ich dafür, daß Leontine gerade
an diesem Tage fiir mich eine Bestel
lung auf der entgegengesehten Seite
der Stadt auszurichten hatte. Mehr
mals auch bedeutete die Martenstellung
laut Briesmartensprache: »Ich habe
heute teine Zeit!« Dann redete ich
Leontine zu, gerade an diesem Tage
spazieren zu gehen. Kurz, dant die
sem kleinen Büchlein hier bin ich in der
Lage, Leontinen’s geheime Correspon
den-i zu controlliren, ohne daß sie eine
Ahnung davon hat. Uebrigens »
auch heute ist ein Brief eingetroffen;
seine Martenstellun bedeutet: »Ich
gehe auf die Etida n.« Da hah’ ich
mir vorgenommen, zu erfahren, ob der
geheimnißvolle Correspondent wirtiich
» der Federfuchser ist — wenn Du Lust
; hast, Dich ebenfalls zu überzeugen,
f können wir uns ja heute Nachmittag
i an der Eisbahn treffen.«
» Herr Templer versprach, zu kom
» men, und verabschiedete sich dann
. schnell, da ihn der Dienst ries
sit IS- sc
« Am Nachmittag desselben Tages-,
; gleich nach dem Kasfee, rüstete sich die
Frau Justizriithin zum Auf-gehen
T Leontine beschwor sie, daheim zu blei
ben, der kalte Rordwind werde ihrer
Gesundheit schaden. Allein die alte
Dame hatte teinGehör für Leontinen’s
beschwörende Worte.
Etwa eine halbe Stunde, nachdem
die Justizräthin ihr Heim verlassen,
llingelte ein hübscher, junger Mann
an ihrer Borsaalthiir. Leontine ging
selbst hochtlopsenden Herzens hin, um
zu öffnen, und stand im nächsten Au
genblick ihrem geliebten Georg gegen
über — sie hatte gewußt, daß er kom
men wollte, um die Tante um ihren
Beistand im Karat-s wider herrn
sie-nolens Abneigun gegen denStand
der Federfurhser zu itten.
Unierdeß gingen die Tante und
Leontinen’s Vater verzweifelt ie- der
Nähe der Eisbahn auf und ab. Als
die Erwarteten gar nicht kommen noli
ten. meinte schließlich Herr Temrler:
»Weißt Du was, Bertha, jetzt dauiri’s
mir zu lange — mir springess die
Zehen bald ad vor Kälte. Ich iznrde
Dich heim begleiten.
Die Frau Justizräthin war damit
einverstanden, und so machten sie sich
denn auf den Heimweg. Unterwegs
meinte Herr Templer: »Uebrigens —
so ganz erbärmlich, wie ich bisher im
mer geglaubt habe, ist das Loos solch
eines Federfuchsers doch nicht. Wie
ich heute im Bureau aus zuverläffiqer
Quelle erfahren habe, hat der --—-— der
—- na, Du weißt ja —-- Verzinan
Verehrer —- mit seinem letzten Romane
mehr verdient, als ich in einem ganzen
Jahrel«
,,Also wärest Du wohl im Grunde
genommen gar nicht mehr durch-US
gegen Leontinen’g Wahlh-M fraqte die
Justizräthin.
Herr Tenipler brummte etwas tn
den Bart, was eben so gut ein Ja wie
ein Nein bedeuten konnte. Dann sagte
er laut: »Gott sei Dant, daß wir end
lich da sind — ’s ist wirtlich eine häl
lische Kälte heute!«
Da die Frau Justizräthin ihre
Nichte nicht zu Hause vermuthete,
schloß sie, an der Wohnungsthiir an
gelangt, diese selbst auf. Jhrem Brit
der ooranschreitend, öffnete sie die
Thür zum Wohnzimmer, blieb cter
erschreckt auf der Schwelle stehen: Vor
ihr, mitten im Zimmer, stand ein fe
scher, junger Mann, Leontine in seinen
Armen haltend --—- Georg, der »Jeder
fuchser.«
Etwa eine Viertelstunde später hielt
Georg Leontine als seine offizielle
Braut umschlungen.
»Wesshalb warst Du eigentlich heute
nicht aus de.r Eisbahn, Leontine?«
fragte die Justizräthin im Laufe des
Gesprächs unvermittelt.
Diese wars ihrem Bräutigam einen
oielsagenden Blick zu, dann fragte sie
harmlos dagegen: »Ich? Wie kommst
Du darauf?« «
Da zog die Tante triumphirend die
»Briefmarlensprache« aus ihrer Tasche
und sagte, Georg- lächelnd mit dem
Finger drohend: »Sie glaubten wohl
ganz besonders schlau zu sein -— wir
Frauen sind aber doch noch schlauer.
Hier ist der Schlüssel zu Jhrer gehei
men Correspondenz.«
Wieder wechsellen die Vrautleute
einen schelmischen Blick. Dann sagte
Leontine: »Verzeih, liebes Tantchen,
daß ich Dir eine Enttäuschung bereiten
muß. Das Büchelchen, das Du da in
der Hand hast, enthält allerdings den
Schlüssel zu unserer Correspondenz,
aber anders, als Du denkst. Ich hatte
ja bald gemerkt, dasz Du Dir eine
Briefmarlensprache angeschafft hattest,
um mich zu controlliren. Deshalb
verabredeten wir zwei« daß fiir uns
allemal die dritte Zeile vor der Bedeu
tuna der von Georg angewandten
Martenstellung gelten sollte-«
Die Justizrätbin war über diese Er
öffnung ganz geknickt. Herr Templer
aber lachte laut auf und meinte mit
gutmüthigem Spotte: »Ei, ei, liebe
Schwester -—- da scheint mir Leontine
doch die Schlauere gewesen zu sein!«
—--.
Unsrcrwtuige Komik.
Jn den »Muldenthaler Nachrichten«
erzahlt M. von seinem Aufenthalte in
Saßnih auf Rügen. Er berichtet u.
A.: »Jn einer nach der See gedauten
Veranda beobachteten wir noch stun
denlang die offene See, die mit ihrem
wunderbaren Blau allmälig in ein net
tes Schwarz überging, das am frühen
Morgen im reinsten, herrlichsten Weiß
erstrahlte.« M. hatte wohl bis zur-i
Morgen durchgetneipt und dann sub
jective Farbenerscheinungen gehabt. —
Jm Meisenheimer »Allgemeinen An
-zeiger'« macht der Zahnarzt L. hesch
betannt: »Zeugnisse berühmter Auto
ren, die sich lobend iiber Aluminiums
gebisse äußern, und Patienten, die
jahrelang Aluminiumgebisse tragen,
liegen zu Jedermanns Einsicht bei mir
offen.« Das ist ein sehr liebenswür
diges Entge entommen von den Pi
tienten. —- er »Oberbadische Grenz
bote« erzählt eine Aneldote aus dein
Jahre 1849 und schließt: ,,Namentlich
war der Löwenwirth sehr zufrieden.
Er war der Vetter des Gedantens ge
wesen.'« Sonst ist immer nur Un dein
Vater des Gedankens die Neides Mit "
Vergnügen erfährt man. daher auch
einen Vetter hat. —- Eigenthümliche
Verwandtschastsverhältnisse miissen in
Pirmasens vorkommen. Der »Schwä
bischen’Tagwacht« wird von dort ge
schrieben: »Vater und Sohn einer klei
nen Schuhfabrit wurden erwischt, als
xie nächtlicher Weile vom Lederstehlen
amen.«
-—.-—
Merkwürdig.
Was Niemandem man sagen kann,
Des hetzens innerste Geschichte,
Vertrauet aller Welt man an
Jn einem kleinen Band GedichteL
— Durch die Blume. Er
(beim Mittagessen): »Du hast heute
selbst gekocht, liebe Friede-W Sie
,.Ja« lieber Otto, woran merkst Du
das?« Er: »Ich erkenne Deinen häus
liche-r Sinn, die Knödel.sind colossal
dauerhaft.«
—— A ba ! »Warum magst Du in
keine Blumenbandtung eben, Man-W
—- .Ach, seit mir der Baron Pump
hausen vie vielen theuren Oouquets
schickt, sehen mich die Leute immer In
votwurfivoll an·«