Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 08, 1897, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Sonntags - Blatt
W des Anzeiger und Herold«
, - « -
s LP Wind-M, Herausgeber Grund Island, Nebr» den s. Oktober 1897 No, H» thkgqng »k»
s sie unk. " ;
Ein i
Studentenstreicb aus ScideithaL vo
W. Richards.
, Ein StudentenstreichP Ein wirkli
cher, richtiger? Ja, Verehrtester, so
I-; höre ich fragen, kommt denn Derarti
geg heute überhaupt noch vor? Soviel
ich weiß. sind die modernen Studenten
nicht mehr die barmlos - fröhlichen,
übermitthigen, in ihrer Jugendtrast
auch mal über die Stränge schlagenden
Musensöbne von Anno Dunnemals,
s sondern ——— -——
Obo, mein Lieber! Sie scheinen Jhre
Kenntnisse atadeniischer Verhältnisse
I nur aus den »Es-liegenden Blättern«
P oder socialdemokratischen Reichstags
s reden zu schöpfen! Ob in jenen Krei
sen durchschnittlich noch genau so viel
gearbeitet wird wie früher, weiß ich
nicht, doch glaube ich es, allein das
weiß ich, daß noch genau so viel Ult
gemackt wird, als es die gegen sriiber
erheblich verschlimmerten (Philister
würden sagen: verbesserten) Nacht
wachtverhältnisse nur irgendwie erlau
ben-. Selbst in großen Städten wie
, Leipzig oder München, sogar im erha
benen Spreeathen wissen etngeweibte
Kreise ein Lied davon zu singen; und
nun erst gar in den eigentlichen, echten
I Universitätsstädten —— ———
Berzeihen Sie, wag nnd bas: eigent
liche, echte Universitäten? Jch habe
Berlin bisher auch immer siir eine ———
wiiversitätsstadt gehalten? O, Sie
naives KindergerniitM Eine richtige
Universitätsstadt ist eine Stadt, die
nur durch ihre alinu muri-i- und die
dazu gehörigen Studenten überhaupt
eine Bedeutung hat« Nehmen Sie ihr
die Musensöhne und sie wird eine
Kleinsiadt wie hundert andere, sie un
terscheidet sich kaum von den mit Recht,
namentlich von den Amtsrichtern, so
gesittchteten sieben Städten im Busen
schen, von denen der Hexameter singt:
»Schrimm, Schroda, Bomst, Riese
ritz, Schdnlante, Krojanle, Filehne!"
Die Geschichte, die ich jetzt erzählen
will, bat sich in einer der waschechtesten
unter den akademischen Hochburgen zu
getragen· Lassen Sie mich aber den
Namen verschweigen, sintemalen etliche
der Helden annoch das Licht dekz Helios
erblicken und ein sindiger Staate-ans
matt Vielleicht sonst Lust» bekommen
tönnte, seinen Spiirsinn daran zu ver
suchen; ob die Sache bereits verfährt
ist« weiß ich nicht, da ich mehr ins als
jmt studitt habe.
Also —— es war in Seidelthal, der
feinen, der Stadt an Ehren reich —
aber still, nicht weiter » ich könnte
mich sonst verrathen!
Dort natten sich vier Statratten zu «
samniengefunden, die ab und zu im
,,Griinrn Baum« oder beim »Seppel«
oder sonstwo ihrer Leidenschaft stöhn
ten, weshalb sie von ihren Freunden
den Spitznanieu »Die vier Wenzel« er
halten hatten. Einer war ein Carpig
bursch der - der - — na, sagen wir:
der Danubia, der zweite dessen Leib
fuchS; der dritte, Hin-L tut-el. Riem,
ein Jlreibandermann und Mediciner
im xten Semester (man setze x gleich
unendlich) und der vierte, Dr. Amster,
ein Assistent an einem derllniversitiitgs
institute und alter Herr eines nord
deutschen UorpH. An Semestern un
terschieden sie sich zwar erheblich, an
fideler Stimmung und Neigung zu je
der Art Ulk waren sie sich aber voll
ständig gleich· Wenn man doch einem
die Palme zuerkennen sollte, so ge-:
biihrte sie zweifelsohne Riem! Was
hatte der schon für Streiche verübt ———
es war aus leine Kuhhaut zu schrei
ben! Um ihn dem geneigten Leser vor
zustellen, will ich wenigstens zwei da
von erzählen.
Die gute »Tante Mörle«, Besitzerin
der besuchten Friihstiickslneipe »Zum
Schivirninbade«, war eine vortreffliche
Person, die sich in akademischen Rrei
sen allgemeiner Veliebtheit erfreute,
weil sie auf ihre Studenten nichts toms
men ließ; nur ein wenig leichtgläubig
war sie; sie kroch, wie man sich augzu
drücken pflegte, auf jeden Sumpf - -
und dabei fiel sie leider oft hinein.
Eines Tages klagte sie über ihr Fila
vircnmbel, d. h. Piano; ein paar Ta
sten schlugen gar nicht mehr an, einige
quietschten, kurz, dem guten alten Jn
strumente, »dem theuerenErbstiict ihrer
Ahnen«, müßte etwas fehlen. Das
war Wasser aus Riem’s Mühle. Er
heuchelte bedeutende Reparaturtennt
nifse s- ein Vetter seines Schwagers
habe mal bei einem Orgelbauer im
hause gewohnt. Dann ließ er sich ein
Küchenbeil bringen, nahm mit dessen
Hilfe das-Instrument auseinander. sah
die einzelnen Bestandtheile gründlich
durch, bastelte hier und dort ein bis
chen zusammen, legte darauf Alles fein
säuberlich neben einander auf die Erde
und ertlörte mitAmtömienu seit wäre
das Piano wieder in Ordnung —
rnan brauchte ei nur richtig zusam
menzusesem was aber nicht sein Fach
seil Die gute Tante Luise fiel bald in
Ohnmacht ob solcher Schlechtigleitt
Sie nannte Mem von ietzt ab nur noch
einen ,,schlechten Menschen, einen wah
» ren Bergwerter« (sie meinte: Verset
» teu.
Zweitens:
Eines Abends —- oder vielleicht bes
ser gesagt: eines Morgens war Riem,
unähnlich Richard Ill» gerade in der
Gebelaune. Er beschenkte einen Poli
zeitvachtrneister, dem er begegnete, mit
einer Cigarre und bat dafür nur um
etwas Feuer —-- der Mann der Ord
nung hatte natürlich keins bei sich.
»Schade um die schöne Cigarre,«
meinte Riem. ,,wie würde die jetzt
schmecken! Aber halt —- wozu hat denn
die hochedle Stadtverwaltung Later
nen aufstellen lassen?«
Und schnell kletterte er aus einen der
Lichtspender hinauf, zündete seine Ha
vana Nr wnin wrimy an, gab dem
vor Ueberraschung teinesWorteg mäch
tigen Polizisten auch Feuer und sagte
dann:
»So s-« nun hat die Laterne ja ihren
Zweck für uns Beide erfüllt; wir tön
nen also das städtische Gas sparen.«
Nochmals hinauftlettern und die
Flamme aus-drehen, war das Werk ei
nes Augenblicks.
,,’!ii Morgen, Herr Wachtmcister!"
und fort war er.
Der Wachtmeister, der ihn wohl
kannte lRiem war stolz daraus, daß
ihn in Seidelthal und Umgegend jeder
Polizist mit Namensnennung zu grü
ßen pslegtet), konnte ihn nicht gut an
zeigen, da er ja die Cigarre angenom
men und sogar das aus so verbotene
Weise beschasste Feuer mit benutzt
hatte.
Dieser Rtem also, der, wie wir ge
sehen haben, ein guter Kletterer war,
ist der Hauptheld unserer Geschichte.
Eines Tages betrat er das Stamm
local, wo die anderen drei Wenzel
schon versammelt waren, mit denWor
ten:
,,Kinder, ich habe ’ne Joee!«
»Nicht renommiren, alter Junge,«
entgegnete ihm lachend Dr. Amster;
»es könnte aus Vorspiegelung falscher
Thatsachen hinauslaufen, und das ist
bekanntlich strasbar.«
»Nein wirklich, dies Mal ist’s wahr.
Jch habe eine Jdee und sogar eine
herrliche.«
Er nahm Platz und fuhr oann mn
leiser Stimme iortx
»Ihr tennt doch die famofe Blech
Uhr. die bei dem llhrmacher Burgstras
fker auf der Hauptstrasze alsttlushiinges
sihild bammelts Die wird geholt!«
,,svabc ich mit meinen Consiiehsen
schon mehrfach versucht - geht nicht -
hängt zu hoch," wagte der Danuben:
such schiichiern einznwersen
»Natürlich, siir eine Schaar thörichs
ter Füchse ist diese Traube viel zu
hoch,« erwiderte Riem, verächtlich lä
chelnd. »Für unsereinen aber, der
nicht umsonst eine stattliche Anzahl
Semester an den Brüsten der illim
snimsr gesogen hat naht Und wenn
sie mit Ketten am Himmel befestigt
wäre herunter muß sie!«
»So sagte Wallenstein auch,« sagte
der Fuchs, »und do - .
»Stille, Fuchs ——«— ’rin in die Kanne!
Hier wird nicht mit pennälerhasten
(Beschicht5tenntnissen renommirt! So
geschentL Dar- Weitere sindet sieh
heute Nacht, falls das dazu prachtvoll
geeignete Unwetter anhalt!"
Das Unwetter nahm sogar noch zu
'—--- die Straßen waren verödet —- und
der Streich gelang!
Riein kletterte, während der Fuchs
an der nächsten Ecke Schmiere stand,
mit tatzenartiger Gewandtheit ier ist
später auch ein b;rvorragender Dold
mitentrarler geworden) an der Re
genrinne empor, bis er die Uhr mit der
linlenHand sassen konnte; dann hängte
er sich mit beiden Händen an und pens
delte mit ihr so lange hin und her, bis
sie die Klügere wurde »und — nachgab.
Er stürzte aus die eigenes dazu mitge
brachten breiten Rücken der beiden an
deren Wenzel -- - der Absturz ging ohne
Fallschirm glücklich »Von Stattm
Durch duntle Gassen schlichen die Ver
brecher alsdann zum Bredow-Platze
aus der Anlage. Vor dem chemischen
Laboratorium steht dort der Feldmar
schall Bredow aus hohem Granitsockel,
den Commandostab in der erhabenen
Rechten betanntlich eine nicht ge
rade allzu seltene Art der Darstellung
" gewaltiger Rriegshelden Das eiserne
Gitter wurde übertlettert und mit
großer Mühe gelang es Riem, von den
drei Anderen unterstützt, den glatt po
lirten Sockel zu erklimmen. Dann·
troch er an dem Herrn Feldmarschall
empor und hängte ihm die Uhr an
ihrem Ring aus den Feldherrnstab.
» Am nächsten Morgen waren die
biederen Seidelthaler baß erstaunt, als
sie sahen, daß sich Papa Bredotv eine
Tasche-ruhe angeschafft hatte. Und
» was stir eine —- 60 bis 70 Centimeter
im Durchmessert
Allein:
i Unsere euertvehr
L Kommt msTrasdshekIs
i
hkkk Ue Ubk Um Stoß-U Bands-m
des versammelten Volkes herunter,
überbringt sie ihrem rechtmäßigen Ei
genthümer (sein Name stand nämlich
d’rauf) —— und man hörte nichts mehr
davon. Nicht einmal das Käseblätt
chen des Ortes, das doch sonst die un
bedeutendsten Geschichten spaltenlang
breit trat, brachte über die Heldenthat
einen Bericht.
Das wurmte die vier WenzeL Soll
ten sie sich umsonst angestrengt, um
sonst die Angst vor Abfassung ausge
. standen haben? Sollten Riem ein paar
ziemlich neuer (wie er wenigstens be
hauptete) Unaussprechlicher an der
» Dachtraufe zum T—-l gegangen sein,
. ohne daß der staunenden Mit- und
»Nachwelt von holde-n l·)t»«l)ne-I-e-n,
z von Unze-t- lcnonhisit wenigstens
. Kunde geworden wäre? Nun und nim
nerehr!
Es wurde also ein neues Complot
geschmiedet und zunächst in eine ge
meinsame Kasse so lange Scat gedro
schen, bis der nach dem Plane etwa er
forderliche Mammon zusammen war.
Riem, der gut Scat spielte, verlor da
bei nicht einen Groschent
»Das genorr nch auch so," sagte er
in bescheidenem Stolze. ,,Zahlt Jshr
nur das Geld —— ich licfere das-« La
lent und die sonstigen Kenntnisse!«
Zunächst sandte man an die Redas
tion des Seidelthaler Tag—eblattcs,
unter Beifügung des Kostenbetrag i: in
Briefmarten, folgende Annonce ein:
Unsern Gruß zuvor!
Herrn Uhrmacher Burgstraßer er
lauben sich die Unterzeichneten hier
durch anzuzeigen, daß die Uhr noch
mals geholt werden wird. Da sie aber
s ietzt so hoch und fest angemacht ist, er
halten Sie das Ding dann nicht wie
)
der Strafe muß sein!
Mit den besten Wünschen für einen
guten Verlauf des Unternehmens
Die vier WenzeL
than wartete zunächst geduldig meh
z rere Wochen. Jn einer stiirmischen
’-?acht, so zwischen eins und zwei,
wurde die Uhr unter großer Mühe aits
die oben beschriebene Weise wieder ab
gebrochen. Man schaffte das muss-us
(1(-lii-ti aus West nalke Bude und
schloß es dort in den Kleiderschrank
ern. Alsdann wurde, zur ervringnng
etwaigen Alibi5, inr ,,Griinen Baum«
vergnügt bis drei Uhr Scat getlopst.
—- Da aber am nächsten Tage Riem’-.«
Wirthin erstaunt fragte, warum er
denn seinen Kleidcrschranl mit einem
Male verschlossen hielte; ob er etwa
fürchte, daß man ihm seinen alten
Fract stehlen werde? -- da schien das
« Versteck nicht mehr sicher genug und
man schaffte das Beutestijcl nach der»
Wohnung des- Dr. Amster, der eg «
huren-ins (li·-tu! » imSchlafgemacheI
unter dem Bette seiner Frau nieder-i
legte! Vierundzwanzig Stunden langt
zitterte die Aermste, sobald es draußen s»
tlingelte, -- sie wähnte immer, dies
Polizei tiime und wolle Hangsuchungi
vornehmen. »
Inzwischen harte der Director einer
Fabrik aus dein benachbarten Wil
helmsseld, der in’5 Vertrauen gezogen
worden war, eine passende Kiste anset
tigen lassen. Die Uhr wurde zunächst
mehr alg ein dutzend Mal umwickelt,
als «Erpresigut« mit der Bahn nach
Wilhelrnsseld gesandt und von dort
mit der Post nach dem Norden an daH
Corps, dessen Alter Herr Dr. Amster
war. Paula Erbswurst wird es mir
nicht übel nehmen, wenn ich vorgreise
und berichte. daß die Uhr aus der
Eorpszineipe heute noch friedlich hängt
« nur Wenige ahnen, wie schwer sie
erworbin wurde. Bei festlichen Gele
genheiten wird sie als-«- TainsTam be
nutzt; wenn in Ermangelung eines
Klöppels die Biersilze dagegen ge
schleudert werden, erhebt sie ein geister
hastes, gebrochenes Lallen, als wollte
sie klagen, zu welch’ schnöder Ungebühr
sie’jet3t mißbraucht werde. Wer sie zu
sehen wünscht, den lade ich ein, der
Eorpstneipe im Hotel Thronsolger an
der Feldberrnbriicke mal gelegentlich
einen Besuch abzustatten; dort hängt
sie neben dein Fenster, in der Ecke
links.
Doch nun zurück nach Seidelthal,
denn dort ist die Geschichte noch lanae
» nicht zn Ende. Die Attentäter hatten
sich wohl einen Ult leisten, aber selbst
; verständlich den armen Uhrnmcher
; nicht schädigen wollen« Es entspannj
;
l
)
!
l
l
sich nunmehr folgende Corresoondenzs
im Anzeigentheile des Tageblattes: ;
E r st e r T a g. »
Herrn Uhrmacher Burgstraßer, hier.
Unsern Gruß zuvor!
Wie Sie trotz der schlechten Beleuch
» tung der- hiesigen Straßen wohl schon
gemertt haben werden, ist es den Un
terzeichneten endlich doch gelungen«
ihre Verheißung wahr zu machen und
die Uhr wiederum zu holen. Jam
mern Sie aber nicht, alte Philisterseele,
weder um die Uhr selber, die Sie nie
wieder zu sehen stiegen werden (einer
von onst-raucht EIN-Mich als Viel
.'itebchen L- Geschen ; sehr sinnig und ge
schmackvoll, nicht wahr?), noch um die
Kosten; die Jhnen nun erwachsen
dürften -— Sie haben es mit ver
dammt noblen Kerlen zu thun! Ma
chen Sie also eine Rechnung auf über
den Werth des abhanden gekommenen
Kunstgegenstandes,sotvie über alle son
stigen Ausgaben, die Sie unseretwegen
etwa gehabt haben, und theilen Sie
uns den Betrag gefälligst im Anzei
gentheile dieses Blattes mit. —-— Sie
sollen auf Heller und Pfennig entschä
digt werden.
Mit den besten Wünschen für Jhr
Wohlergehen
Die vier Wenzel.
J. A.
Der Aelteste.
Z w e i t e r T a g.
An die dier WenzeL
Sie können in der Expedition die
ser Zeitung alles Nöthige erfahren.
Ergebenst
Burgstraßer, Uhrmacher.
Dritter Tag.
Herrn Uhrmacher Burgstraßer, hier.
Derartige Beleidigungen verbitten
wir uns, verstehen Sie? Halten Sie
« uns wirllich für so saudun1m, daß
J wir aus den thörichten Leim kriechen
und uns in der Zeitungg : Expedition
absassen lassen werdens Da kennen
Sie Buchholtzen schlecht! Schon aus
dem Umstande, dasz wir die Briese an
die Zeitung bald aus Seidelthal selbst,
bald aus Jagststeinach oder Fraun-Hirn
oder Wilhelmsseld absenden, können
Sie ersehen, wie streng wir aus Wah
rung des Geschäftsgeheimnisses halten
und wie schlau wir sind! Also —
point (l’;mn»:1-s(-, puint (I’;u-;.k(-nt!
Das ist verdolmetscht: ohne Kosten
rechnung in der Zeitung gibt’s kein
Geld!
:s.-.’i: den lesten Wünschen für Jhre
(J":l-;:xcl:ti1th
Di: Vier Wen-seh
J. A.
Der grüne Junge.
lWoniit wir uns aber nicht selbst be
leidigen wollen.)
V i e r te r T a g.
kln die vier WenzeL
24 Mart.
B» Uhrmacher.
Fünfter Tag.
Herrn Uhrmacher Burgftraßer, hier.
Mensch, sind Sie des Deuoelzf Wo
her sollen wir am 5. des Monate- noch
so viel Geld nehmen«-? Der von Ihnen
genannte Betrag ist viel zu hoch! Be
denten Sie außerdem Folgendes: Sie
hatten die Uhr fo fest annialhen lassen,
daß es beim Fortholen nieht ohn-: Be
fchåidiguna des Ringes abging; wir
hatte-n daher, ehe wir sie verschenken
konnten, noch erhebliche Reparaturto
sten. Ach, lassen Sie mit sich reden
und erntäszigen Sie Ihre Riefenforde
reiner Jn gister Hoffnung
Die vier WenzeL
J. A.
Der Dritte.
Sechster Tag.
An die oier Wenzei.
Sie haben sich selbst ,,veroan:nt
noble Kerle-« genannt und da denke ich,
Sie werden einen armen Geschäfts
inann nicht iiber’g Ohr hauen wollen.
24 Mk. ift wirklich das Aeuszerste
Uebrigens bemerke ich, das-; ich ’ranL
aelriegt habe, wer Sie sinds tLllso -- --!
B» tlhrmacher.
Am folgenden Tage erhielt der
Chrononietcr — Verfertiger folgendes
Schreiben:
linfern Gruß ·3uvor!
Daf; Sie ’r-.1uLgetri-:·at l)"citien,.we1
wir sind, ist gelinde ausgedrückt -«
ein ganz gemeiner Schwindel! Dkefer
Vlvpell an die Furcht findet kein
Echo in unseren Herzen. Dagegen foll
Jhr Appell an unsere Nobliglcit nicht
vergebens gewesen fein. Sie erhalten
anbei: l Zlvanzigniarlschein, 2 Fünf:
martscheine und 2 Mart in Briefrnar
ten, in Summa ZL Mart, die Sie wie
folgt vertheilen wollen:
eine Uhr ........ 24 Mk.
drei bisherige Annoncen 6 ,,
eine künftige Annonce . . 2 »
!
!
32 Mi.
Demniiehst wollen Sie die Güte ha
ben, im Seidelthaler Tageblatt uns
uns-tm publi(-u, d. h. öffentlich, Quä
tnng über obigen Betrag zu ertheilen;
einen Vorschlag für die Form der An
nonce erlauben wir uns beizulegen.
Wir benutzen die Gelegenheit, um
Jhnen auszudrücken, wie angenehm es
uns war, daß wir mit Jhnen in Ge
schäftsverbindung haben treten kön
nen.
Mit den besten Wünschen für Jht
f: rneres Wohlergehen
Die vier Winsel.
J. A.
Der Viert
Siebenter Tag.
An die vier WenzeL
Hiermit bestätige ich, daß ich von
thnen den Betrag von 32 Mk. ge
schrieben zweiunddreißig Mart erhal
ten habe, und zwar 24 Mk. für die
mir abhanden gekommene Uhr und 8
Mk. für Annoncengebiihren. Jch er
kläre zugleich, daß die Angelegenheit
nunmehr zu meiner vollsten Zufrieden
ltcit geordnet ist.
Hochachtungsvoll ;
Burgstraßer, Uhr-machen l
Der biedere Uhrkünstler hatte das
ihm von den vier Wenzeln überfandte
Formular für obige Quittung wori
getreu abgeschrieben; nur das »Hoch
n(l;tungsvoll« hatte er aus eigenem
Antriebe hinzugesetzt s— ein Charak
ter-zuei, der den Wackeren nur ehren
kann.
Demnächst ließ er, da er ohne Aus
bijngeschild nun einmal nicht leben zu
können schien, eine weit kleinere Uhr
noch viel höher und fester als die »ab
handen gekommene« über seinem La
den einbringen nnd diefeThat rief noch
rinmal eine Annonce im Tageblatt
hervor-:
’ Herrn Uhrmacher Burgstraßer, hier.
Jn Folge der Anbringung einer
! neuen Uhr über Ihrer Ladenthür ha
ben wir das Object einer eingehenden
Besichtigung unterzogen, bedauern je
» doch, Jhnen mittheilen zu müssen, daß
- wir nicht mehr in der Lage sind, die
geschäftlichen Beziehungen zu Ihnen
« wieder ausnehmen zu können. Das
neue Dingelchen ist uns viel zu ruppig,
als daß wir seinetwegen nochmals un
sere turnerische Gewandtheit auf die
Probe stellen sollten. Behalten Sie die
Uhr in Ruhe und Frieden; möge sie,
gleich einer Sonnenuhr, Jhnen nur
heitere Stunden anzeigen.
Und nun Schluß!
Die vier Wenzel.
So endete diese wirkliche und wahr
haftige Studentengeschichte. Hoffent
lieb macht sie dem Herrn Uhrmacher in
der Erinnerung noch heute ebenso viel
Vergnügen, wie dem Erzähler, der
laber sagen Sie es ja nicht wiedert)
einer der vier Wenzel war.
.--——-—-.- .
Des Betrogenen Kam-.
Humoreste von Ida Anders-.
pr war erst spät in der Nacht heim
gekommen — Spiel und Wein hatten
ihn solange gefesselt. Nun lag er,
» noch völlig angekleidet, auf dem Di
« van seines Rauchzimmer5, der Flcpf
toar ihm auf die Brust gesunken.
« Früber war er nicht so liederlich
gewesen. lsrst als er sich, von einer
rasch auslodernden Leidenschaft er
griffen, ohne lange zu überlegen, mit
einer bildhübschen, aber launischen
Schauspielerin verheirathet hatte, än
lDer-te er sich zusehend5. Denn die
auf die Dauer ermüdende Gefallsucht
seiner Fran, ihre maßlose Herrsch
sucht nnd der Widerwille, den sie ge
gen jede Art hänglicher Beschäftigung
an den Tag legte, bekleideten ihm
bald das so sehnsüchtig erwartete ei
gene Heim. So wurde er zum Le
bernann -- ———- —
Drauszen ans dem Vorflur schellte
es mehrerenial hintereinander Dann
ösfnete sich die Thür, Leo’5 Freund
Wintermann stürmte herein nnd rief:
»Amt« Junge!«
Der aus dem Schlafe Aufgeweckte
sah ihn verwundert an. »Was ist
Dir? Jst ein Unglück geschehen?«
Der Andere musterte ihn mitleidig.
»Sei start, armer Kerl, noch ist ein
Aufsehen erregender Vorgang zu ver
l:iiten, wenn Du ihnen nacheilst --—«
»So sage doch zum Henker, was
Du hast!« rief Leo wüthend.
»Soeben, als ich aus dem Club nach
Hause schlendere, hält oor dem V.
Bahnhof ein oerschlossener Wagen,den!
ein Herr und eine Dame entsteigen.
Die Dame kam mir, trotzdem sie dicht
in Neisemantel, Kapuze und Schleier
gehüllt war, bekannt vor. Jch folge
ihnen, da erkenne ich Deine Gattin, ar
mer Junge! Jn Begleitung des famo:
sen. Opernsängers Riotti!«
Leo starr-te deniFreund während ei:
niger Minuten sprachlos in das Ge
sicht. Dann lief er ohne ein Wort der
lirlviderung in die Zimmer seiner Gat
tin. Als er oon dort zurückkehrte, wa
ren seine Mienen ruhig und entschlos:
sen. Er blieb dicht vor seinem Freun
de stehen.
,,Jhre Zimmer sind leer. Du hast
recht mit Deiner Vermuthung«, sprach
er. »Weißt Du, wann und wohin sie
fahren?«
»Ich erkundigte mich bei dein Schal:
terbeamten. Jhr Ziel ist Paris. Der
Zug geht um acht Uhr fünfzehn Mis
nnten, also in ungefähr vierzig Minu
ten. Du kannst natürlich in jeder
Weise auf mich zählen, Leo«, bemerkte
Wintermann.
»Ich danke Dir, Freund«, entgeg
nete der betrogene Gatte mit wunder
barer Ruhe. »Er-warte mich um acht
Uhr aus dem Bahnbof. «
sie O
Jn dem vorn:hm ausgestatteten
Wartesaal zweiter Klasse des V.
Vahnhoses saß an einem EckttsehchenE
ei n elegantes Paar
—
»Camilla, süßes Herz, Du zitterst!«
flüsterte der große blondbärtige Mann
und drückte des Weibes Hand. ,,Fasfe
Muth, in einer Viertelstunde entführt
uns der Zug und wir sind freie, glück
liche Menschenl«
»Ach wäre es nur erst so weit!"
seufzte sie. »Mir ahnt Furchtbaresl
Wenn mein Gotte durch irgend einen
Zufall etwas erführe ——!«
»Hast Du mich nicht?« fragte der
Mann zärtlich. »Glaubst Du nicht,
das-, ich es, um Dich zu erringen, mit
einer Welt von Feinden aufnehme ?«
Zärtlich wollte sie das verfchleierte
Haupt an seine Schulter lehnen, als
sie todtenblafz zurückfuhr, um dann
heftig aufzuspringen.
»Mein Gatte! Mein Gatte! Nun
ist Alles verloren!« schrie sie auf.
Auch Riotti, ihr Begleiter, war auf
gesprungen, nicht mit der Miene eines
ljeldenhaften Beschützers, sondern
blaß, kläglich sah er aus, während
Leo und Alfred, die eben eingetreten,
geradewegs auf das Paar zusteuer
ren.
Was Augen sunkelten drohend, ais
er vor Camilla, seinev Gattin, stand.
»Also, das hast Du gewagt?« fragte
er drohend.
»Er liebt mich so heiß!« jammerte
Camilla händeringend. »HabeGnade!«
Lecks Gesicht blieb kalt, unbewegt.
»Sind Sie gesonnen, die Folgen Ih
rer Handlung zu tragen wie ein Eh
renmann? Das heißt, mir Genug
ihuung zu geben?«
Der blondbärtige Riese suchte ver
geblich hinter dein Tisch zu entkom
men. »Ich bin ein Feind des Zwei
kampfes!« stammelte ev leise und wei
nerlich »Und —— und — wir sind ja
noch nicht fort! ——- Wenn ich entsagen
muß —
»Ein würdiges Paar!« sagte Leo
verächtlich »Nun, so werde ich han
delni«
Er griff langsam in die unförmlich
aufgebauschte Manteltasche.
»;u Hilfe! Zu Hilfe!« schrie die
vFrau angsterfiillt. »Er erschießi
Y«
uns.
Sie verhüllte schandernd die Augen,
während der Sänger sich unter der
kräftigen Hand Wintermann’s wand
nnd träumte
Jndeß hatte Leo die Unberufenen,
die, um ihn an einer That der Ver
zweiflung zu hindern, gepackt hatten,
von sich abgeschijttelt, und der Tasche
einen geschmackvollen Blumenstrauß
entnommen, den er der erstaunten
Frau unter dem Gelächter der Menge
niit lnnnorsvollem Lächeln übereichte.
»Aengstigen Sie sich nicht, gnädige
Frau,« sprach er. »Jhre Entfernung
ans meinem Hause hat mir keine
schkncrzlirhe Aufregung bereitet. Jch
wünsche Ihnen eine frohe Reise und
viel Glück auf den Weg!«
Er schüttelte den verdutzten Beiden
scher«kspöttisch die Hand, schob seinen
Arm in den des Freundes nnd ließ
das beschärntc Paar unter dem Ge
lächter-i und Jubcl der Reisenden zu
rua.
»Ich habe mich genügend gerächt,«
sagte er dann zu Alired »Ich habe
sie einander lächerlich und reizlos ge
macht, nnd dadurch jeden Zauber von
ihrer Neigung gerissen!«
—-««-— «-.
Fortschritt. Gattin eines
Vertlseidigerg: »Du willst also diese
Ladendiebin vertheidigen?« Vertheidi
ger: »Liebe5 Kind, das ist keine La
dcndiebin; sie war es frühen aber in
den letzten zehn Jahren hat sie sich so
viel Geld zusammen gestohlen, daß sie
eine Kleptomanin geworden ist.«
« Unsere Dienstboten.
Bräutigam: »Nun, Aennchen, bestim:
me doch den Tag unserer Hochzeit.«
Braut: »Nun, meinetwegen, Sonntag
in vierzehn Tagen!« Dienstmädchen
(die eben den Tisch abräurnt): »Ne,
Freileim det jeht nich, da is mein
Austehdag; da müssen Se sich schon
an eenen andern Dag verheirathen.'
Falsch verstanden. —
Lehrert ,,. . . Also, der große Kurfiirst
kämpfte am Rhein gegen die Franzo
sen; da fielen ganz unverrnnthet die
Schweden in die Mark Brandenburg
und hausten dort fürchterlich. Was
thaten die Schweden, Moritz?« ———
Moritz: »Eingefallen sind se in die
Mark und -—-- -——« »s— Lehrer: »Nun,
nnd?« --—— Moritz: »Und hausirt haben
se setchterlich!«
——-WelcheSiewollen. Kohn
sohn: »Herr Maher, ich liebe Ihre
Fräulein Tochter, ich bete se an, Jhre
Fräulein Tochter, ich bitte um die
Hand von Jhre Fräulein Tochter, ge
ben Se mer Jhre Fräulein Tochter.«
Der reiche Mayer: ,,Js mer sehr
schmeichelhast, Herr Kohnsohn, daß
Sie lieben aine von maine Töchter.
aber ich habe draie. Welche is es
denn, die Sie so lieben?« Kohns
sohn: »Ach, Herr Mayer, welche Sie
wollen« «