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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Oct. 8, 1897)
Vor Gericht s i Krinrnmlromanoon PaulOslutHZckkko (17. Fortsetzung und Schluß-) Macdonald wehrte mit feiner zit ternden Ha d ab. »Ah ——- nichts-—- bei Gott, nicht .« »Warum haben Sie dann Furcht vor mir?« stieß der Matrose nun plötz lich scharf hervor. »Jch——Furcht vor einem Burschen wie Sie? Hahahaha!« » »Sie entsinnen sich also nicht, am Abend des 20. Februar in Kiel vor der J Wohnung meines Herrn mich angeru- s sen zu haben, wie?« s herr von der Tann rief ungeduldig dazwischen: »Mach doch einEnde, John Churchilll Wo warst du an diesemi Abend? Jm Hotel in Berlin, nichts wahr? Das Journal des Hotels wird’s s ja ausweisen.« s »Herr v. Macdonald," sagte Hans i Gödecle in sehr dringlichem Tone, i »riiumen Sie lieber hier die Wahrheit ! ein! Sie weilten zu jener Stunde nichti mehr in Berlin! Und Sie haben auch leinen Doppelgänger. Jch täusche mich in Jhrer Person nicht! Jch war an je nem Abend im Begriff, zur Stadt zu gehen -— befand mich schon in bester Garnitur für das Fest —- da sah ich Sie auf dem Altan vor der Wohnung meines Herrn stehen. Das muß um i sechs oder sieben Uhr des Abends gewe- i sen sein. Sie fragten mich nach dem Lieutenant v. Meerheimb. Jch erwi derte Jhnen hastig, daß er erst am an deren Morgen um zwei, drei Uhr vom Ball aus dem »Eiysrum« heimkehren werde. Stimmt das, Herr v. Mardo nald?« Keine Antwort. Der große starke Mann zitterte am ganzen Leib. Nach Athem ringend wich Herr oon der Tann vor John Churchill zurück. »Aber ums Himmels toillen,« flehte der alteMann, »so steh mir doch wenigstens Rede! Weise diesen lästigen Menschen » in seine Schranken zurück! Wie darf er i behaupten, du hättest mich, du hötteftI Karla ——— und du hättest Mayrhofer," den Staatsanwalt, belogen!« »Er hat Sie belogen — Sie alle, alle!« schrie der Matrose ganz außer sich. »Und er mußte Sie belügen, weil er nur so den Verdacht gegen srch ab wälzen konnte, der ihn vor den Richter bring-n wird ——- mit tausendmal mehr Recht als jene beiden Unglüctlichen2 . .. John Churchill d. Mardonald, Sie sind der Mörder meines armen Herrn-Sie und tein anderer!« Macdonald war ganz in sich zusam rnengrsunterr. Seine Augen hatten et was Jenes-, Geisterhaftes angenom men. Vlengstlich tasteten feine Hände in die Luft. ,.!«"-s ist — ——- nicht wahr!« stern melte er. »Herr von der ’«lann," rief der Mas troie dem alten Herrn zu, ,,Jhnen bleibt es überlassen, dafür zu sorgen, daß dieser Mann vor einem deutschen Richter wegen des von mir geäußerten Verdachtes vernommen wird!« Einen Augenblick zögerte der Admi ral, dann aber lam es hart und fest aus seinem Munde: »Gut denn, Mac donald, ich werde die hiesige Behörde benachrichtigen. Du wirst dich ihr frei willig austiefern, ukn auch selbst dem Schein eines Verdachtes zu entgehen!« Macdonald sprang auf. »Wie --—— icb sollte zugeben, daß man mich festninsnt und vor ein deutsches Gericht schleppt —- auf die lächerliche Anklage oderVer dächtigung dieses Burschen da?« »Du wirst dich fiigen müssen——denn auch ich habe ein Recht, dies von dir zu fordern!« . »Und ich weigere mich, dir darin zu gehorchen. Jch bin ein freierMann, und niemand soll es wagen, mir in denWeg zu treten.« Hans Gödecte sprang auf den Knopf der electrifchen Klingel zu, um das Ge sinde zu rufen. »Man wird Sie nicht fürchten, Herri« stieß er hervor. Noch ehe der Matrose aber an der Thiir angelangt war, hatte Macdonald sich mit einem wüthenden Ausschrei auf ihn gestürzt. Es tam zu keinem Ring tamps, denn Hans Gödecke war ohn rnächtig der Riesenlraft seines Gegner-Z gegenüber. Als der Admiral entsest auf den-Schatten zusprang, um ihn von seinem Opfer zu trennen, schleuderte der Hiine den Matrosen rücklings zu Boden und wair mit einem Saß in der hastig aufgeriffenen Thür. Dagmar treischte laut auf —— in ihrer Vertrirrung eilte sie ans Fenster und rief um Hilfe. Mit großer Gewalt war Gödecte auf die Schulter gefallen. Nur mit Schmerzen vermochte er sich zu erheben. Gleichwohl trat sein erster Gedante der an die Verfolguna. Jm Nu war er an der Thür, dem Flüchtling folgend. Herr von der Tann war von diesen Vorgängen, die sich blitzschnell abge spielt hatten, noch ganz verwirrt. Aber auch er fand die Sammlung wieder. ,.Jhm nacht Jhm nacht« rief er dem Hausperfonal zu, das sich auf das Ge schrei hin eingestellt hatte. Da er in der Erregung die Worte nicht fand, um die Norweger in Kiir e über-den Fall auf zulliirem so vers affte Dagtnar durch wenige Worte in ihrer Muttersprache die erforderliche Klarheit. Eine allgemeine heßijagd begann nun Man sah den Flüchtling in einiger-H Entfernung auf den Strand zueilen. Offenheit hatte er dietilbsrchh eines der dort lieaenden kleinen Fischerboote zu .tekteiarn. auer iiver den Oasen nat einer der Schären zu rudern und von dort a einen der unzähligen Sealer zur wei eren Flucht zu benutzen. War er erst an Bord eines solcnen Schiffe-L das wochenlang nicht ans Festland tam und daherselbst von einem etwa hinter ihm erlassenen Steckbrief nichts erfah ren konnte, so war er geborgen. Jn furchtbarer Aufregung stürzte Dagmar, von dem Admiral gefolgt, vors Haus· Auch die sonst so ernsten und besonnenen Norweger verloren ihre Ruhe. Nach drei, vier Richtungen stob das tleine Häuflein auseinander, um dem Berbrecher, der sich durch seine sähe Flucht selbst verrathen hatte, ein Entkommen abzuschneiden. Doch Macdonald war in allen Lei besliinften gewandt. Mit großer Ge schicklichkeit war er in das leere Boot gesprungen, hatte es gelöst und stieß bereits mit kräftigen Schlägen vom Strande ab, als Hans Gödecke eben erst ans Ufer gelangte. »Er entlommt! Er entlommt!« stieß Dagmar zornflammend hervor, als sie sah, daß Macdonald durch seine lan gen, gleichmäßigen Ruderschläge einen immer größeren Vorsprung vor seinen Berfolgern gewann. - Der Admiral sandte dem Schotten einen furchtbaren Blick nach. »Er soll mir Rede stehen, der Berruchte!« rang ks sich nun aus seiner Brust keuchend os. « Dagmar sah ihn ins Haus eilen und gleich darauf mit einer Jagdbüchse zu rückkehren und hastig den Weg nach dem Strand nehmen. Händeringend tani sie hinter dem namenlos erregten Manne her. »Um Gottes willen —- was wollen Sie thun?« rief sie· Herr von der Tann trat, am Strand angelangt, auf eine kleine Felsenbank, die um etwa zwanzig Fuß über die Wasserfläche eniporragte. »Halt!« schrie er nun mit der ganzen Lungentraft seiner Commandostimme übers Wasser hin. Der Flüchtling wandte während des Ruderns den Kon zurück. Ein höhni scher Ausdruck laa in seinem Antlitz, denn seine Versclger waren gut fünfzig Meter hinter ihm-zurückgeblieben, und eines der Boote gab dieWettfahrt song schon auf. Der Admiral erhob den Laus seines Gewehrs. ,,Halt!« schrie er noch einmal· Dagmar warnte den erregten alten Mann. »Sie wollen ihn tödten?« rief sie in ihrer Herzensangst. »Nein, aber sein Fahrzeug zerschmet» tern!« gab der Alte zurück, während er das linle Auge schloß, die Wange auf den Kolben neigte und den Zeigesinger, der den Abzug umspannte, tritmnite. Da trachte auch schon der Schuß, ein zweiter folgte; kurze Ladebewegungen untcrbrachen dann die Schiefithätigleit, gleich daraus pfiffen aber die wohlge: zielien Geschossen wieder ijber die Was-« serfläche. Bag reichte Boot narre oer jenem-der die diinnen Bordwände durchbohrenan Schüsse eine Drebung gemacht. Der vierte Schuß zertrümmerte die Ruder stange in Macdonalds Hand. Voll fiaunender Bewunderung fa hen die am Strand aufgeregt zusanr mengelaufenen Leute den Meister schiitzen an. »Es sinkt! Es sinttk« rief Dagmar, auf Macdonalds Boot zeigend. Der Flüchtling machte verzweifelte Anstrengungen, aber eine Rettung war setzt ausgeschlossen. Tiefer und tiefer sank das Boot, und jeszt waren auch die Verfolger heran, als erster Hang Gö decke. »Es wird einen Kampf zwischen ih-: nen geben,« riet Daamar erregt, »und der Matrofe wird unterliegen!« Der Admiral schüttelte den Kopf. Er hatte bemerkt, daß der junge Deutsche die Ruder einzog und nach dem Tau griff. Allem Anschein nach wollte er dem oerzweiselnden Flüchtling eine Schlinge um den Kopf oder um den Arm werfen, um ihn am Schwimmen zu hindern, und so lange festhalten, bi Verstärkung da sei. « Doch in diesem Augenblick hielt sich Macdonald rnit einer Hand an dem Rand von Gödectes Boot fest w»die an idere Hand fuhr in die gänzlich durch näfzte Tasche ------ und noch ehe der Ma trose es hindern konnte- trani der mit den Wellen ringende Schotte den Ja halt eines tleinen, wie Crystall im Sonnenschein biitzenden , vFliisehchens aus. « Der Matrose stürzte nun aus ihn zu und erfaßte feinen Arm. Willenlos überließ sich ihm der Flüchtling Die athemtos am Strand Zurückge bliebenen sah-en, daß der junge Deutsche den schweren Körper trotz der heftigen Schwantun en des Bootes über die Vordwand schleifte. Ohne sich zu rüh ren, blieb Macdonald aus dem Boden des Fahrzeugeg liegenM Nun fah man auch das nächste Boot herankommen, bemerkte aber, daß Gödecke den Jnsas sen, die lärmend durcheinanderspras chen, durch eine schnelle Bewegung be fahl,«ftill zu sein. Dagnrar hatte sich mit dem Aus druck des Entfeyens an den Admiral gewandt. »Er lie t regungslos-Ohne Zweifel bat et Gift genommen!« wer alte Seeman nicktr. »Den Schlasttunk, den er dem armen Ewald gereicht hatt« murmelt-e er fast tonlos. »Dieser heimtiielifche Schurie!« Jn« athemloser Spannung erwarte ten sie die Landung des Bootes, das von den Jnfoffen des anderen Fahr zeuges ins Schlepptau genommen wurde. « Es war die Beichte eines Sie-rinne den. die bans Gödecte drei Taae spä ter vor dem Landgericht zu Kiel nach den Aufzeichnungen zu Protocoll gab, die er sich gleich nach seiner Qandung in Gegenwart des Admiral-Z, Dagmaig und eines Gerichtsbeamten aus Tons berg gemacht hatte. Macdonald war noch in derselben Stunde --—trotzdem man versucht hatte, ihn durch Anwendung von Gegenwä teln gegen das genommene Morphin am Leben zu erhalten —- im Zustand völliger Bewußtlosigleit gestorben. Es hatte sich bei seiner Obduction ergeben, daß er gewohnheitsmäßiger Morphinist gewesen war. Nur wenige zusammenhängende Sätze hatte der dem Tod Geweihte noch gesprochen; doch sie ge nügten, um volle Klarheit iiber die Gründe sowie die Mittel und Wege des von ihm begangenen Verbrechens aus zubreiten. Denn was er in seinen letz ten Augenblicken verschwieg, das war im Zusammenhang mit den Aussagen von der Tanns und Hans Gödecles leicht festzustellen. Der Thatbestand war nach derDar stellung des llntersuchungsrichters, der bisher Stein und Bein auf die Schuld Sendlingers geschworen hatte, folgen » der. ; John Churchill Macdonald war bei » seinem erste-n Besuch in Berlin von dem « Admiral die nahe bevorstehende Ver lobung Karlas mit ihrem Vetter mit getheilt worden« Mardonald war da rauf in sofort nach Kiel abgereist, Um sich it Ewald v. Meerheimb ausein ander-zusetzen Er wollte ihn daraus hinweisen, daß er ältere Rechte an Karla habe, und hoffte wenigstens zu erreichen, daß Ewaldsmit seiner Wer bung noch wartete. Er hatte sich vom Bahnhof aus direkt nach der Wohnung des Lieutenant begeben, dort aber nur den Burschen angetroffen. So mußte er also die Heimtehr des Lieutenants abwarten, die erst nach zwei Uhr zu erwarten war. Jn den Abend- und Nachtstunden hatte er sich in belebteren Restaurantö aufgehalten; von ein Uhr an promenirte er dann in der Nähe von Meerheimbs Wohnung auf und nieder Er mußte ihn jetzt noch sprechen, denn Herr von der Tann hatte ihm gesagt, daß er das Brautpaar mit Frau v. Zeck Montagnachmittag in Berlin erwarte; also war anzunehmen, daß sie gemein sam den Frühschnellzug um acht Uhr benutzen würden. John Churchill traf den Lieutenant wenige Augenblicke nachdem dieser sich von Tante Asta ver abschiedet hatte. Das Wiedersehen erfüllte Herrn v. Meerheimb zwar nicht mit großer Freude; gleichwohl lud er den ehemali gen stameraden ein, lieber zu ihm ein-: zutreten, als hier draußen in der Kälte mit ihm zu sprechen. Macdonald kam der Aufforderung nach. Meerheimb verhielt sich in seinenAeußerungen über Karla durchaus reservirt. Als Mac donald schließlich feine älteren Rechte hervorliob und von tfwold verlangte, daß et seine Werbung nicht eher an bringe, ehe Karla nicht von seiner Wie derlehr erfahren habe, schlug ihmMeer heimb rundtveg die Befugniß ab, ib«n Vorschriften zu geben und erhob sich. um sich zur Rande fertigzumachen Während sich Ewald in feinem Schlaf zimmer aufhielt, mischte Macdonald das Qpiat dem Traute Etvalch bei. Um ihn dann zum Austrinlen der ge fährlichen Flüssigkeit zu veranlassen, lentte er allmählich wieder ein, gab fich den Anschein, als ob er einsehe, daß jede Hoffnung auf eine Aussöhnung mit Karla vergeblich sei, und stieß, den Gerührten spielend, mit Ewald an, der das Glas bis über die Hälfte leerte Bald nach dem Weggange Mardo« nalds, der sich schnell aus der Gegend wegstahl, trafen Bollrath und Karln an der Billa ein. Hätteskarla ihrenBet ter ruhig angehört, statt mit Abscheu ihn zu fliehen, so wäre sie über den fett famen Besuch schon in jener Stunde aufgeklärt worden. Macdonald hatte in banger Span nung darauf den Morgen erwartet. Daß Meerheimb nicht auf den Bahnboi tommen werde, daß wußte er jetzt sicher. Nun galt eg, auf Starla einen möglichst guten Eindruck zu machen und feine alte Protectorin, Frau v. Zett, wieder zugewinnen Doch Karla kam über haupt nicht zur Bahn. Eilends verfiigte er fich, nachdem er eine gute Viertel stunde über den Abgang des Zuges ver geblich geharrt hatte, nach Frau v. Zerks Wohnung. Dort erfuhr er den Tod Meer-heime und gleichzeitig sei nen furchtbaren Jrrthum: denn starln liebte ja einen anderen! Sofort stand bei ihm der Plan fest, sich den Anschein zu geben, als ob er soeben erst aus Ber lin eintreffe. Die Begegnung mitVoll rath Sendlinger, den er sofort wieder erkannt hatte, diente ihm dazu, diese Annahme zu beträftigen. Seine Absicht, jeden Verdacht der Schuld von sich abzuwälzem gleichzeitig den lästigen Nebenbuhlcr aus denth zu räumen und Herrn von der Tarni wieder völlig für sich ei:.runchmen, war beinahe gelungen. Nur damit hatte Mardonald bei all feinen Jntriguen nicht gerechnet ---— mit der LlJtöglichtett, daß gerade die hauptsächlich von ihm eingeleitete Berdächtiaung Sendlingcrs fein Verderben sein könne. Er war gerichtet, und der tiefge beugte alte Admiral bat seine Tochter mit Thränen in den Augen um Ver zeihung für seine Härte. Karla der mochte die alte Kindesliebe zu ihm wic derzufinden, nachdem er ilir endlich seine Einwilliaung zur Heirath mit Bollrath Sendlinaer ertheilt hatte. Auch Hans Güdecke fand duer die Berwenduro te? Adsniralss bad ist-tue eine geeignete Stellung Das Geschäft feines-Vaters blühte rasch auf, und der — ehemalige Zahliueisier gao ourch em tadelloses, einwandfreies Leben dieGe währ, daf; die Verirrung jenes Abends nur eine Folge seiner furchtbaren Angst gewesen war, die er um die Entdeckung von Vater Gödecles unregelmäßiger Kassenführung ausgestanden hatte. Lange bevor Scheuermann Käte Gö decke heimführte, folgte aber Karla von der Tann dem Geliebten. Jhre Trau ung fand in aller Stille statt, worauf sie eine Reise nach dem Süden antra ten. Als Trauzeugin war auch Dagmar Petetsen anwesend, und als sie die strahlende junge Frau umarmte und küßte, benetzten ihre Thränen den schmalen goldenen Reisen, der Karlas Rechte schmückte. Sie gedachte des Ge liebten, der in kalter Winternacht hatte enden müssen. Lange hielten sich die beiden um schlungen. Doch Dagmar wollte die Weihe des Augenblicks nicht stören. Entschlossen hob sie den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln für die glückliche Freundin. Jhre Kunst war ihr ja noch geblieben. Jhr wollte sie fortan gehören —— in ihr Trost suchen. Auch dem alten Seemann war es feucht in die Augen gestiegen, als er nun Karla in tiefer Bewegung um armte und darauf Dagmars schmale, E seine Hand küßte. Ja, wenn er den lustigen Burschen, den armen Ewald, wieder ins Leben hätte zuriickrufen können, wie gerne würde er ihm jetzt diese blonde kleine Frau gegönnt haben, trotzdem sie nur eine Viirgerliche und eine Kiinftlerin Was lEndeJ Aus umwegem Einem »belannten« Pariser Ro manschriftsteller ist ein kleines Mißge schick drolligster Art begegnet Eine große Pariser Zeitung hatte bei diesem Schriftsteller einen Feuilleton-Roman, wie der Vertrag besagte, zu einem Franc die Zeile bestellt. Unser Feuil letonist ging zu einem alten Schrift steller, einem geheimen Mitarbeiter vie ler lebenden Celebritäten, der das Feuilleton zu schreiben für 25 Gemi mes per Zeile übernahm. Die Zeitung war im Begriff, den zweiten Theil des Romans in Angriff zu nehmen, als unser Schriftsteller erfuhr, daß sein alter Mitarbeiter sehr schwer erlrantt sei. Er lief zu ihm hin und fand ihn im Sterben liegend. Sehr beunruhigt über das Schicksal »seine-s« Feuilleton Romans beeilte er sich, in die Redac tion des Blatteg zu gehen, wo er sich die 1.5 letzten Nummern der Zeitung geben ließ. Jn zehn weiteren Fort setzungen führte er den Roman einem schleimigen Ende entgegen. Das Ma nuscript trug er dann zur Reduktion. »Was ist das-V fragte ihn der Reime tiongselretär »Nun, die Fortsetzung und das Ende meines Roman-H !« — »Sie wollen es wohl ändern, denn hier ist es ja schon ——- wir erhielten das Manuscript vor drei Tagen!« . . . Man tann sich das verdutzte Gesicht des Au tors vorstellen . . . Die Sache verhielt sich nämlich wie folgt: Der alteSchrift-« steller zu 25 Centimeg die Zeile hatte einem andern Lieferanten seinen Anf trag zu 10 Centimes die Zeile über lassen, und dieser hatte den Roman in aller Ruhe fertig gemacht! Lehengtveisheii. »Zeit ist Geld«, will oftmals nicht passen. Fragt nur herum im Rath der Beque men, Die zu allem viel Zeit sich lassen, Und zu allem viel Zeit sich nehmen. Und die nun gar die Zeit gestohlerk Bei denen wirst selten du Geld dir « holen. »Zeit ist Geld«, es bleibt schon dabei — Nur sie einzuwechseln macht viel’ Scheererei. —-. - - .--. Voriibck! Von Maidh Koch. Ueber blatterlose Ranken Raschelt leis’ der Wind dahin. Herbstegtraurige Gedanken Zieh’n mir düster durch den Sinn Keine Rose will mehr glühen — Bleiche Astern seh’ ich nur; Armes, düsieleeres Bliihen — Todten Glückes letzte Spur. Todt. wohin die Augen schweifen, Alleg, wag der Lenz gebar, lan ich tann es kaum begreifen, Daß es einmal Frühling war. AOf —- Ein guter Mensch. »Der Doktor Müller, der neue Arzt, scheint ein sehr gutes Herz zu haben«t« »Das timmt; wenn zum Beispiel mal ein Gesunder mit einer eingebildeten Krankheit tommt, läßt er ihn gesund.« —- Schneidig. —- ,,Sehen Herr Lieutenant drüben die hlutjunge Ba ronesse?- Deren Herz gleicht noch ei nem kühlen, von keinem Lusthauch be wegten Wasserspiegel.« —— ,,Aeh — sleich 'mal als Cytlon ’reinsahren!« --——— H e im g e s chi et t. Frau feines patientenlosen Gatten): »Was? Du willst mir etwas sagen? Du hast ja nicht einmal in der Sprechstunde was zu reden!« -— Scheinbarer Wider s p r u ch. »Du glaubst, daß die älteste Tochter des Bankiers extragroße Mit gift triegtlt« »Ja, die ist so hübsch häßlich!« Meile Zuversaasg Schreibebrief. M Geöhrter Herr Edithor! Jch hen an den Christ in die Schehi en Kahl gemacht, wisse Se, ich hen doch keinder sarrie for en gesiehlt. Do hot er in e dunkles Korner gehockt un hot geschlose. Jch hen ihn e paar mol bei sein Name getahlt, awwer er hot mich nit geännsert. Bei Galle, hen ich ges dentt, der werd doch nit doht sein? Jch hen reiteweg den Tornkie erbeigetellei: gräst un hen die Dohr usslacke geloßt. Dann sin ich inse. un hen den Christ geschehtt. Er war noch nit arig doht, bitahs er hot mich eene ufs mei linkeg Ohr gehaue, daß ich noch drei Dag ge fiehlt hen, als wenn ich dies wär. ,,Gett aut! hot der Christ gehallert, »ich will nicks mehr mit Dich zu duhn hen.« Do hen ich gesagt: ,,Christ, sei doch kein Fuhl nit, es is jo rn i ch, dein alter Freind Meik, wo du alles zu ver danke host. Komm, mach kein Non sens, ich sin do, for dich aus dein Schlamassel zu helfe.« »Ich will awwer nit geholfe hen,« sagt derChrist, ,,hier will ich stehn bis ich sterwe, lang werd’s ja enihau nit mehr nemme!« Do hat der Christ gestart zu greine, daß ich nit helse konnt und mit greine hen misse· Der Tornkie is komme un die Geschicht hot en so getotseht, daß er auch hot greine gemißt.« Jch sin zu erscht widder rietowwert un hen mich dran rimembert, daß ich doch sozusagc en Mann sin. Jch hen den Tornkie die Order gewe, mich den Prissener reit eweg in mei Offig zu bringe. Sell is geschehn un ich hen mich dann den Christ emol vorgetnöppi. »Christ,« hen ich gesagt, »Du weißt gut genug, daß ich der Sherifs von dieses Kauntie sin, un wag ich sage, geht. Wann ich derzu siehle un dann werscht du uffnei hengt, sieh?« »Häng mich usf, for all was- ich drum gewwe,« hot der Christ gesagt. Well, ich hen en große Batter gehabt, bis daß der Christ wid der Senz genug gehabt hot, sei Eidie, sterwe ze wolle, uffzugewwe. Er war mit Fette getschartscht, awwer ich hen ihn freigesproche, do konnt kein Daut sein. Jch hen ekspecktet, daß der Christ for lauter Vergniege mich um de Hals falle deht, awwer nicksie, das crreste hot sei Fiehling zu arig gehört. Jch hen ihn eckgplehnt, daß ich unne: die Zir kumstenzes gar nit different hen äckte gekennt un biseidg deß hen ich ihr jo auch gar nit rikonneist, wie er so unner den Bondel Baure gelege hot .Sell hot den Christ doch e wenig eingeleucht Er hot blos noch iumplshnt, daß ietzt sei ganze Reputehschen futsch wär un er könnt sich vor die Piepels gar nit mehr sehe losse. ,,Sell loß mich nor mache,« hen ich gesagt. Jch epeunte dich zu en Asfis un dass settelt die Kwestschen.« Er wollt dann wisse, was ich ihn for en Schapp gewwe wollt un ich hen ihn gesagt, daß er Blie5: mann odder Neitwatschniann werde könnt. Er hätt dann niets zu duhn als wie alle Monat in mei Afsis zu komme un sei Sallerie zu ziehe, das wär schuhr iesia genug. Well, do hen ich awwer en Misteht aemacht. .,Jfch dat fo?« hot der Christ gemacht. »Hast de nit vielleicht en Schapp for Spittuhns ze kliene odder kannste mich mehbie als Zittie - Hanniedoinper eppeunte? Denkst Du, ich sin en Fahl odder en Ochs denkst Du, ich hen for natting for Dich geschafft un mich ebaut siwweunzwanzigrnol en Dust ge holt? Denkst DU. ich hen mei schönes rasches Geld nor sor dei Glorie ge spend? Do mißt ich awwer noch : größeres Rindvieh von eine Kameel sei als wie ich schon sin, wenn ich do mit so en armselige Schapp sattisfeii wär un noch darnach schnappe deht, wie en Hund nach en Kottlettbohn. Jch will en diesente Platz hen, sonst mach ich dich noch mehr TruweL als wie di denke duhst.« So hen ich den Christ in niei Lewe noch nit tahke aehört! Zuerscht hen ich gefiehlt, als wann ich en widder in die Schehl biitt schmeiße solle, bitahs er irar so siissig aege mich. Dann hen ich awwer mein Meind aff geniacht, «sor den Christ Kelir zu nernn1e. »Los-, emol sehe,« hen ich aei saat, ,,mir hen hier in diese Zitiie kei differente Asfisses, awwer ich denke. ich kann eene sor dich schaffe. for was wär ich dann der Sherist Wie wärsch dann sor Jnsteiiz, wann mir herginge un ginge her un dehte dich zu en Bliesdirekter mache? CI hot so e Afsis nit in unser Kauntie, awwers es macht nicks aus« Jch eppeunte dich enniweg zu das Amt. Jch gewwe dich e Affis in die Zittiehahl un die kannst du dich dann usffiekse, wie du’s qern gleichs.« Do hot awwer der Christ geschmeilt ,,Sell duht mich forscht reht suhte,« hot er gesagt, »und ich bett dich einiges, ich mach dich en Vlies-— Direlter, der einiges biete duht.« Der Mehr hot getickt, wie en Stier, awwer es hot nicts geholfe. Der Christ hot reiteweg gestart mit sei Affis. Er hot sinfunzwanzig Bliesmänner eppeunted, bot Junisorms for se geordert un hot se gedrillt wie die preißische Sohlsehers in Schermennie. Die Zittisens hen alle Auge ussgerisse, wie se des; geselse sen. Ich sage ane, der Christ bot die größte Toffs un Randieg an sei Fohrs gehabt, wo in die Rittie zu finne ware. Un Jnstrockschens isot er se getowe. sell war schon nit mehr diesent. »Wann Jhr seht,« hot er zu se gesagt, »daß Jemand ebbes dnht, was eg:«.:nst di« Lah is, dann duht Ihr ihn erreste, eleedt er is litnweral nn schmeißt Cich ebbes in die Ripve. Sowie der Sa luhntieper Sonntags sein Platz osse hält, dann duht Jhr ihn einronnc, nann er nit. mitaus dasi Jhr nach staat Eich e paar Batt:lcher Whistie N un e Backs Sickahrs for c Prejcnt macht. Wann Ihr en Burgler letsche könnt, un er offert Eich nit en diesenie Schehr von den gestohlene Stoff, dann nicks wie gepinfcht, bikahs die Loh muß befolgt werde. Jch hoffe, daß Jhk untersteht, was ich meine, ich meine Bißneß.« Die Fellersch hen do ge fchmeilt wie alles, un ich sag Jhne, se hen bei Dag un bei Nacht gewatscht wie die Deibhenker. Zwei von die Gäng hen sich schon e Heim kauft. Ich sin schuhr, der Christ kriegt noch arige Truwel un mehbie ich auch. Well, met werde ja sehn, ich muß den Christ klohs watfche. Jch möcht nor wisse, wo der sei Ekspierienz in das Bißneß her-kriegt hof. Lang könne das die Zittizens von Appel Jäck nit ftende, ich sin schuhr. JhUe 7"««n getruwclter Meik Wabe1:fcn·l, Esiweier. ——- -. Thier-fakt-cu-Geheiumisse. So Vieles ist für uns noch heute an der plötzlichen und noch mehr an der dauernden Entstehung von Farben in der belebten Schöpfung geheimnißvoll, und darunter nehmen auch die nachfol genden Erscheinungen eine interessante Stelle ein. Beobachtungen und Versuche haben zum Theil uberraschende Auffchliiffe darüber geliefert, was fijr einen großen Einfluß die Nahrung auf die Bestim mung der Farbe vieler Thiere üben kann. Ein hierher gehörendes Bei spiel ist weithin bekannt geworden : nämlich, wie leicht die Farbe eines gei ben Kanarienvogels in ein Orange Gelb verwandelt werden kann, einfach dadurch, daß man rothen Pfeffer (Ca nenne-Pfeffer) mit dem Futter dessel ben mischt. Es muß indeß hinzuze fügt werden, daß die Vögel noch jung und die Federn noch nicht vollständig ausgewachsen fein müssen, wenn dieie »Veränderuna bewirkt werden foll. Auch sind nicht alle Gattungen Kana rienvögel in gleichem Maße empfäng lich fiir diesen Einfluß. Und endlich ift es eine merkwürdige Erfahrungs Thatfache, daß, wenn b l o s d e : F a r b st v ff selbst, welcher die rothe Farbe des Pfeffer-J verursacht, mit dern Futter vermischt wird, die gelb gefiederten Kanarienvögel nicht im Geringsten davon beeinflußt werden, — während braungefiederte Vögel, oder auch die braunen Federn von act-« ben, eine entschieden hellere Färbung erhalten. Auch in der Schmetterlings-Welt kommt eine ganze Anzahl bemerken-S werther Beispiele ähnlicher Art vor. Eine Gattung großer amerikanischer Perlmutterfalter nahrt sich irn Mau penzuftande, sich selbst überlassen, von den Blättern der Ulme, während die Raupe der mit ihr verwandten kleinen « Gattung lediglich auf Nesseln zu fin den ist. Schmetterlingszüchter haben Raupen, welche sie von Nesseln abse nommen hatten, mit Ulinenblättern ge fiittert, und fiehe da! die Färbung war fast dieselbe, wie diejenige der grö ßeren Gattung, während in der Größe keine Veränderung eingetreten war-. Umgekehrt wurden mit Nesselblättern Schmetterlinae aus Raupen der arb ßen Gattung erzielt, welche der klei neren Gattung merkwürdig nahe la men, in diesem Fall auch in der Größe. Es gibt kleine Schmetterlinge, deren Raupen meist auf wilden Rosen in manchen Gegenden zu finden sind, und welche viele verschiedenartige Farben Variationen annehmen können, je nach dem die Raupe mit Linden-, Hollan der-, Eichen-, Hagedorn- oder noch verschiedenen anderen Blättern gesträ tert worden ist. Viele Räthsel geben die Farben von Tiefste-Thieren aus. Man weiß, dasz viele dieser Thiere in der ungeheuren Tiefe von 5 Meilen unter der Ober fläche des Meeres- leben, wohin das Sonnenlicht gar nicht dringen kann; und in dieser, mehr alg mitternächtiqen Finsternis; findet sich ganz herrliche-H, aliinzendes Farbenlebem das ebenfalls Veränderungen ausgesetzt zu sei-: scheint. Wahrscheinlich entströmt übri aeng manchen dieser Thier-mittinnen selbst ein phosphorescirendeSLicht, drch kann dieses wenig zur Erklärung der Farben-Erscheinungen beitragen. Da wir doch am Meere stehen, so mag auch noch aus Farben-Verände rungen bei den Möven aufmerksam aemacht sein. Mehrere gewöhnliche Gattunan Miiven haben in den ersten drei Jahren ihres Lebens ein braunges shrenkeltes Gefieder, das nicht die ge ringste Aehnlichkeit mit demjenian der ältern Vögel lsat und sich durchaus snicht durch Hinweis auf Interessen des Kampfes umk? Dasein oder aar auf Rucbtwahl erklären liiszt die ohne Zweifel mit den Farben-Verändern-i aen in aar manchen andern Fällen im Zusammenwier stehen, aber offenbar auch mit den iiliriaen obessersspiilmten Farben lserseheinnnaen nicht-Z- zu tlum haben Wer die Reiche kennte, welche dem Allem zugrundeliegen ! —- Vertheidigungs :Vor kehr u n gen. »Was hattest Du so lange bei Deinem Rechtsanwalt zu thun?« Angeklagter: »Wir haben die Stellen in seiner Vertheidigungsrede besprochen, an welchen ich in sein Wei nen einzufallen habet« —-- K i n d e r m u n d. ,,Miixchen, willst Du etwas von mir? —- ,,Ach ja, Onkel, laß mich ’mal auf Deinem Pferde mitreiten.« »Aber ich hab ia gar teins·« —— »O doch, Papa sagte gestern, Du tbätest Dich bei jeder Ge legenheit aufs hohe Pferd setzen.«