er Gericht - nalroman von Paul Oskar Höcker· — ( Fortsetzung) meiner nahen Freundschayt mit - Verstorbenen sowie meinen sonsti innigen Beziehungen zu — zu dem R se von der Tann ist es erklärlich. « ; ich über einzelne Punkte Schwei « bewahren will.'« Nein, das ist weder Jhr Recht noch .i-te Pflicht!« rief nun der Auditeur· ·d- nn sogar die nächsten Anverwand des Todten haben der Wahrheit ’ äß ausgesagt, was sie wußten, und . sogar beschworen! Alle —- Herr von Tann zum Beispiel, Frau v Zeck! -" welchem Rechte wollen also Sief si: Jhrer Zeugenpflicht entziehen )« F Bollrath athmete tief und schwer auf. is Auditeur wußte also noch nichts - dem Falscheid der Unglücklichen. I »Und Sie wollen mich also eben siss vereidigen?« fragte er gespannt. » Tampahusenz runzelte die Stirn. » »Seit-er müssen wir von einer Ver i gung absehen. Aber wir fordern , « Jhnen dennoch die Wahrheit W der glauben Sie es mit der Mannes - " etwa vereinbaren zu können, daßi - uns Lügen auftischen?« ",Herr!« schrie Sendlinget aus ie haben kein Recht, mich zu he-? "tmpfen! Hüten Sie sich! Jch werde « Hie zur Verantwortung für diese« i itte ziehen!« I· Sie stehen hier vor Gericht!« sagte « Auditeur streng. »Ich kann Sie s Jst beleidigen —- nur beschuldigemj No heraus jetzt mit der Wahrheit!« s rotzig schüttelte Vollrath den Kopf. j Kein Wort sollen Sie aus mir her- . betommen!« i Wie, Sie wollen die Zeugenaus- i überhaupt verweigern?« . I ·’ »Ja? Af· . — » . i » »Wrnen Sie, daß ores einem» onldbekenntniß gleichkommt?« . «« »Ich bin doch wohl als Zeuge vor- L den, nicht als Angeklagter, Herr diieur; Sie scheinen das zu ver l i ,««,«.—, Es ist schon vorgekommen, daß ein · ske eines Verbrechens verdächtigerE « als der Angeklagte, und daß noch in der Spruchsrtzung den Un-? » s- Iidigen sreisprach und sich an den; « « "chtigen Zeugen biett.'« « , »Was sollen diese Worte?'« -«Jhnen beweisen, daß man auch so viel Vertrauen zu Jhnen hat, ·« n Sie nicht aus der Stelle erklä « ,daß Sie der Wahrheit gemäß ein- ; » hen wollen, wie Sie die Zeit in s s"s« Schreckensnacht verwandt haben. « Oollrath Sendlinger schüttelte fest Kopf - « »Ich kann es nicht!« L s »Nun denn, so will ich Jhnen sagen E .. » en man Sie beschuldtgt: Sie selbst F : -- den Gistmord an dem Lieute-: ·«s. t v. Meerheimb begangen!« E «Was?« schrie der Schiffsbaumei « « aus« über das Ungeheuerliche dieser , klage ganz sassungslos. »Ich —; »k« « i en Freund ermordet?« Er brach in ] F . « des Lachen aus. »Ich würde Jhren E « stand bezweifeln, meine Herren, » nn ich nach dem Tone, den Sie bis ( t anzuschlagen beliebten, nicht hätte. - ehmen müssen, daß Sie es auf eine ! s» sultirung abgesehen haben Aber? «- 7 werde mich zu schützen wissen!« j »Schüßen Sie sich lieber durch eint - « üthiges Geständniß!« nahm nun i yrhoser das Wort, der dicht an den ssbaumeister herangetreten war. » denken Sie, daß jede Secunde, die « jetzt noch zögern, Sie nur noch » sit-« belasten wird!« z »Belasten?« fragte Sendlinger initl -hn. »Es ist mir zu erbärmlich, zu » drig, dieses Ansinnen —- deshalb ich Jhnen keine Rede!« P·Sie wollen auch jetzt noch bei Jhrer - ; ·«Zerung beharren?'« i i s .·, a.« I-,Run denn, so verhaste ich Sie im men des Königs wegen des dringen « » Verdachts, von dem Sie sich nicht « « einem einzigen Wort sreizumachen J-« nchen wollen!« . "-;-i,Sie wollen mich sestnehmen — in’s s st » ersnchungsgesängniß absiihren las «Jawohl!« » nn Sie werden mich bald genug · -.i r sreiaeben müssen. Denn wenn » ich selbst nicht reden werde, weil wichtiger innerer Grund mir s ver » ,so wird doch ein anderer Ent ngszeuge sür mich eintreten —i « da man mich in so nichtswürdiger ! Meines derartigen Verbrechens be- - . i« jiUnd wer soll dieser Entlastungs « - seini« fragte der Staatsanwalt n.t » ;- och immer hosste Vollrath, daß « abenteuerliche Verdacht nur des "· ( aus ihn gewälzt worden sei, da er über den Meineid der Frau v seine Aussagen ganz genau mache;1 et wollte und konnte es noch nn- - Ieicht fassen daß die alte Dame - « den schweren Kampf wirklich al Mte aussechten lassen; immer , hoffte er, daß seinen Anlliigetn entschlüpsen werde, das ans - Karlas Tante gemachtes Ge bezogen werden konnte. Er Mienen derberren scharf im ti. Zeit hat es in der hand, Its-siegt« sagtedder Schiffs ern W dieses Reinen Wallerdinas einen — tiefen Eindruck. Aber sie sahen einan der rnit dem deutlich zur Schau getra genen Ausdruck höchster Empörung an. »Frau v. Zeck soll Jhnen aus Jhrer Klemme helfen Z« fragte der Staatsan walt scharf, die Brauen finster zusam menziehend. »Das ist ein sehr feiner Schachng von Ihnen, Herr Schiffs baurneister. Seltsam, daß gerade sie die einzige ist, die Ihnen zu helfen ver mag!« »Und warum seltsam?" erwiderte Vollrath mit ebensolcher Betonung. »Nun, weil ich dann Jhr bedauerli ches Unglück höchst auffällig finden muß, Herr Sendlinger. Denn Frau v. Zeck ist gestern Abend an einem Herz schlag gestorben!« Ein entseßter Aufschrei drang aus Sendlingers Munde. »Todt — Frau v. Zeck todt? Aber das ist ja unmöglich!« »Jhre Verwunderung erscheint mir urn so sonderbarer, als das Dienstver sonal der Verstorbenen ausgesagt hat, daß Sie bei dem Tode der alten Dame zugegen waren!« »Das ist nicht wahrl« brauste Voll rath auf. »Ich verließ Frau v. Zeck allerdings in einem Augenblick, in dem sie hochgradig erregt war, aber von ihrem Tode wußte ich bis zu dieser Secunde nichts!« Der Staatsanwalt schüttelte zornig den Kopf. Die Hartnäckigleit des Leugnenden schien ihn zu reizen. »Ein seltsames Zusammentreffen! Und von dieser alten Dame erhofften « Sie also eine Entlastung? Deshalb! «also haben Sie Frau v. Zeck gesternj wohl ausgesucht? So ahnten Sie alsok gestern schon, daß man gegen Sies heute jenen Verdacht äußern würde?j Wissen Sie, daß es der Kniff gewohn- s heitsmäßiger Verbrecher ist, sich Gut-s lastungsbeweise zu verschaffen. noch l bevor man sie in den Antlagezustandz versetzt hat?« I »Herr Staatsanwalt meine Geduld hat ein Ende. Jch habe als Bürger ! i einen obersten Gerichtshof, der mich ge- - gen Jhre Jnsamien schützen wird!« »Schweigen Sie!« herrschte ihn Mayrhoser an. »Sie sind durchschaut! Raffinirter ist noch selten ein Verbre cher zu Werke gegangen! Jch will Ihnen sagen, wasSie gestern bei Frau v. Zeck wollten: Sie gedachten sie zu einem Meineid zu zwingen!« Höhnisch lachte Sendlinger aus. : I i l »Ich — sie — zu einem MeineidZs Ach, das ist wirklich absurd!« »Man-hat einen Theil Ihrer Unter redung gehört!« fuhr der Staatsan- · walt fort. »Als Jhr Gespräch hitzig zu werden begann, hat die Gesellschafterin der Frau v. Zeck sich bis zur Thiir ge wagt. Da sie nach Jhrern Weggang ihre Herrin mit demTode ringend aufs « fand, schickte sie nicht nur zum Ar,th und zum Geistlichen, sondern auch zu meinem Vertreter, dem Staatsanwalt schafts - Substituten, der mir vor einer Stunde Vortrag gehalten hat. Jhmz ist von dem Gesellschaftssräulein an vertraut worden, sie habe zwar wegen vI der schweren Vorhänge, die die Thür« bekleiden, nur einzelne Aufrufe verneh men können, sie glaube aber mit voller Bestimmtheit angeben zu können, daßs Herr Sendlinger ihre arme Herrin durch ein Ausgebot dringlicher Reden: und durch allerlei schwere Drohungen T zur Abgabe eines Meineids habe zwin- ; gen wollen. Nun, Herr Sendlinger,j was haben Sie daran zu erwidern?« Der unglückliche Schiffsbaumeister athmete hastig; seine Augen schossen Blitze, seine Wangen waren getöthet. »Man hat da ein dichtes Netz um mich gezogen!'« sagte er mit verächtli chem Lächeln. »Aber glauben Sie nicht« daß ich den Muth verliere. Jch gebe zu, daß ich mich durch mein Schweigen über gewisse Punkte ver dächtig gemacht habe. Die Aussage »der Frau v. Zeck vor Gericht würde heute genügen, um meine Unschuld klar zu beweisen. Da ssie so jäh gestorben ist —- zu meinem Unglück, zu ihrem Glück, denn sie stand davor, ein schwe res Unrecht eingestehen und sühnen zu müssen —, so bleibt mir nur noch eine Entlastung!« »Wir kennen sie!« sagte Mayrhofer hart. »Sie hofsen aus eine Entlastung durch Fräulein von der Tann!« Hoch horchte Vollrath auf. »Woh» wissen Sie das?« »Es tommt uns nicht überraschend, daß Sie sich auf Fräulein von der "Tann berufen» Haben Sie doch verg sucht, sie zu bestimmen, das-. sie vosr Gericht aussage: sie habe Sie in jener L Nacht begleitet, als Sie sich vom »Gu E sium« nach Hause begaben!« ; »Und das entspricht auch der Wahr iheit!'« sagte Sendlinger mit großer f Ueberwindung. . s Zorniges Gemurmel ging durch die i kleine Hörerschaft, der sich inzwischen auch der Präses des Kriegsgerichts bei gesellt hatte. »Das wollen Sie uns glauben ina chen?« »Nicht weiter in diesem Tone!« ries Vollrath erbittert. »Ich ertrage ihn nicht länger —- und ich dulde ihn auch nicht!« »Weil Ihnen das Gewissen schlägt, und weil Sie sich entlarvt sehen!« don nerte ntn der Staatsanwalt. »Ich will Ihnen nämlich zu verstehen geben, wie wir hinter diese Schliche ekommen sind. In Ihrem Papierkorb Fand man mehrere Entwürse zu Briesen, die Sie vorige Nacht an Fräulein von der Tann geschrieben haben. Ich bin sicher. daß die Abschrift des einen in die dände der jungen Dame gelangt is. Die anderen, die wir zerrissen und th bet- der Don-suchten vors fanden, geben deutlichen Anhalt, wo raus Siees abgesehen hatten: Fräulein von der Tann sollte, da Sie sich von Frau v. Zeck mit Jhrem Ansinnen ab gewiesen sahen, einen Meineid leisten! Sie sollte dasGegentheil von dem aus sagen, was Frau d. Zeck beschworen hatte. Nur wenige Worte sind es, die Sie da in der Eile, von Furcht gepei nigt, hingeworfen haben —- Sie müs sen ein seltsames Vertrauen zu der mitleidigen Schonung des Fräuleins von der Tann haben, wenn Sie glau ben, daß die Anrusung ihrer Seelen grösze sie zu einem Verbrechen zwingen könne!« Schwer athmend, verzweifelnd, ohn mächtig —- so verharrie Bollrath Sendlinger bei diesen Antlagen. Konnten die wirren Zeilen, die er an Katla in seiner Noth schicken wollte, aber doch immer wieder verwars, wirk lich in so entsetzlicher Art gedeutet wer den? »Nun, glauben Sie, wie und was Sie wollen —- die Aussage des Fräu leins von der Tann wird ja ergeben, wieviel Stichhaltiges an Ihren Be schuldigungen ist!« »Wir werden —- nach Jhrer Be-' hauptung, daß Sie die Liebe der Dame besitzen — ihre Aussage nur mit Vor sicht ausnehmen tönnen.« »Herr Staatsanwalt!« rief Vollrath außer sich. »Sie gehen über Jhre Be fugnisse! Es ist ein Frevel, wenn Sie hier vor fremden Ohren den Namen ei ner unbescholtenen Dame in dieser» Weise verunglimpsen!« »Noch weniger aber ist es ehrenhaft, daß ein Mann die Dame, die er zu lie ben vorgibt, zu einem Verbrechen zwin gen will-—ja, daß er sie überreden will, sich durch ihre Aussage um ihren guten Ruf zu bringen!« »Und das wollen Sie mir unterschie ben·?« brachte Vollrath keuchend her vor. »Jhre Absicht ist durch diese Brief- s entwürfe tlar erwiesen. Jetzt handelt ; es sich nur darum, abzuwarten, ob« Fräulein von der Tann Jhren Forde: rungen entsprechen wird.« ,.Meinen Forderungen? Sie hat, seitdem sie Kiel verließ, keinen Brief von mir bekommen!« »Das bestreiten wir!« sagte der Staatsanwalt kalt. »Sie sehen als-As daß es Jhnen schwer sein wird, Jhrem « Entlastungszeugen Glauben zu ver schaffen. Denn die eine Zeugin ist für immer stumm, die andere aber müßte die Todte eines- Meineids bezichtigen und selbst die Unwahrheit sagen, wenn sie ung- Ihr Märchen von der gemein- « samen nächtlichen Wanderung glauben machen wollte!« »Warten wir es ab! «sagte Vollrath . turz. »Ich muß« jetzt aber —- so furcht- ? bar es mir ist — darauf bestehen, daß - Fräulein von der Tann vor den H Schranken erscheint, um hier der; Wahrheit gemäß auszusagem daß siek Zeugin war bei der Begegnung, die ich ; mit ihrem Vetter hatte.« ? »Fräulein von der Tann ist heute in aller Frühe nach Norwegen abgereist.s Sie haben ein seltsames Unglück in der Wahl Jhrer Zeugen. Oder sollte man z es als Glück bezeichnen können, da diej Gnadenfrist, die Jhnen dadurch ge- ’ währt werden muß, eine um so längere ist?« Vollrath Sendlinger maß den Staatsanwalt mit einem entsetzten, zu gleich zornigen Blick. erwiderte aber nichts· Was nützte es, seinen Antlä- j gern zu betheuern, daß er von der he- j Z reits erfolgten Abreise Karlas erst in I diesem Augenblick erfahren, daß er sie ; zur Stunde noch immer in Berlin ge glaubt hatte? ; Jedenfalls müssen Sie sich bis zur sWiedertehr des Fräuleins von der iTann gedulden!« fuhr der Staatsan ’ walt fort. »Die Reise, die Sie heute früh — vermuthlich gleichfalls nach Norwegen, ioie die in Jhrem Fahrplan angestrichene Route verräth —- antre ten wollten, müssen Sie also verschie ben. Jhr erstes Zusammentreffen mit Fräulein von der Tann wird hier vor Gericht stattfinden!« Der Schiffsbaumeister hatte einel eisige Miene angenommen. Er sah eine furchtbare Leidenszeit vor sich; doch er wollte sich nicht als Schwäch-s ling zeigen, er wollte, was ihm dass Schicksal aufgebürdet, mannhaft er-i tragen. f »Commissiir Weindei!« rief Mayrs’ hoser dem vor der Thür harrendenI Beamten zu, »bringen Sie den Herrn Schiffsbaumeister Sendlinger nach dem Untersuchungsgesiingniß!« Sechzehntez Capitel. -Der Präses des Kriegsgerichts be gab sich mit dem Protokoll über die Vernehmung des Schiffsbaumeisteri, die mit dessen Verhaftung geendet hat te, zu dem Gerichtsherrn, um eine Vertagung der Spruchsitzung zu bean tragen. Die übrigen Richtertlassen des Kriegsgertchtö warteten ein« zwei Stunden —- endiich ward ihnen die Kunde, daß die Verhandlung in Sa chen Scheuerrnanns doch noch am heu tigen Tage zu Ende geführt werden sollte. Sie währte bis gegen Mitternacht nnd endete, wie nach der sensationerre genden Verhaftung Sendlingers nicht anders zu erwarten gewesen war, mit der Freisvrechung des Zahlmeisters von der Antlage des Gistmordeö. Gleichzeitig mit seiner Freisprechung wurde auch seine haftentlassung aus gesprochen. Denn wegen seiner übri gen beiden Vergehen konnte er nur im Disktnltnarverkahren abaeurtheilt wer den. VI wurde thut II Mundung Gödeckes —- die er ossen eingestanden hatte — und die dienstwidrige Ber wendung von Amtsgeldetn zur Last gelegt. Jn dem am folgenden Tage von der vorgesesten Behörde anberaumten Ter min wurde das zweite Vergehen als das schwerere angesehen; es wurde mit sechs Wochen Hast bestraft, während das erstere mit vierzehn Tagen Arrest gesühnt werden sollte. Scheuermann war ties unglücklich, wußte er doch, daß damit gleichzeitig die Unmöglichkeit seines längeren Ver bleibens im Amte ausgesprochen war. Er wartete daher seine Entlassung nicht ab, sondern lam, noch bevor er seine Strafe antrat, um seinen Ab schied ein. Jetzt war es also aufs Neue zwei felhaft, ob die schon so weit hinausge schobene Heirath mit Käthe überhaupt zu Stande kommen werde, Das arme junge Mädchen war sehr unglücklich, erhielt aber einen Tröster in der Ge stalt des wackeren Oniels Tobias. Der alte Schiffer, der sich die bitter sten Selbstvorwürfe machte, da er ein sah, daß er durch seine Berzögerung bei der Rückgabe des geliehenen Geldes an dem Unheil die Hauptschuld trug, wollte so viel als möglich zur Lösung der Wirrnifse beitragen. Das Transportgeschäft, das er sitt eine Kieler Firma aushilssweise über nommen hatte, war von gutem Erfolge begleitet gewesen. Die Frachtgelder, die er fiir die transportirten Güter be zog, reichten hin, um die Caution sür die nächste Fahrt selbstständig leisten zu tönnen. So sah Tobias Gödecle die Aussicht vor sich, ein blühendes Transportgeschäst sein eigen zu nen nen. Sein Antrag ging nunmehr da hin, daß Scheuermann sein Theilhaher werde, nachdem er aus dem Milliar dienst ausgetreten sei. Er sollte aber nicht immer in Kiel bleiben, sondern auch nach den anderen Stationen rei sen, zwischen denen der Transport stattfand, um neue Kunden anzuwa ben und die geschäftliche Seite zu erle digen, während Gödecte den praktischen Theil übernehmen wollte. Ontel Tobias dachte auch schon da ran, für später einen Schleppdampfer zu miethen, um die Küstenfahrt schnel ler ausführen und dadurch häufiger wiederholen zu können. undKäthe war, nachdem sie noch erfahren, daß ihr Bräutigam auf den Vorschlag des al ten Schiffers eingegangen war, auszer sich vor Freude· Endlich lachte wieder ein Sonnenstrahl in dag so lange Zeit umdiisterte Hauf-. Auch fiir Hang Gödecke, der am 1. April zur Reserve entlassen wurde, er öffnete sich durch die geschäftliche Un ternehmung seines Vaters, die anfangs nur Angst und Unglück gezeitigt hatte, eine frohere Aussicht Er sollte, so bald das Geschäft erweitert werden tonnte, einen Theil der Traneporte selbstständig aus-führen. Da er aber, um zum Steuermannseramen der Handelsmarine zugelassen zu werden, ein noch zu wenig erfahrener Matrose war, so schielte ihn sein Vater vor täuiia noch auf Reisen. Hans- Gödecte lizfz sich von einer dä nischen Gesellschaft anheuern und be fuhr in den nächsten Wochen die Strecke Kopenhagen - Gotl)enburg Ehristiania. Einmal ward ihm aus seiner Reise noch eine Zustellung vor das deutsche Eonsulat in Kooenhagem wo er erfuhr, daß seine commissarische Vernehmung in der Anllagesache gegen den des Gistmords angetlagten Schiffsbau meister Sendlinger stattfinden solle. Er vermochte nichts anderes vor der Gerichtscommisfion anzugeben, als was er schon vor dem Untersuchungs richter des Kriegsgerichts auggesagt hatte. Die Antlagesache rückte nur langsam vom Fleck. Obwohl alle Welt von der Schuld des falschen Freundes über zeugt war, so beharrte dieser doch nach s ,wie vor bei feinem Leugnen. Er be ries sich auf dieEntlaftung durch Fräu- i lein von derTann· Die Untersuchungs- ; behörde bot alle Mittel auf, um dieser« hauptzeugin habhaft zu werden, aber» nirgends war etwas über ihren Ver bleib in Erfahrung zu bringen. We der vermochten die Dienstboten im von der Tann’schen hause in Berlin etwas darüber auszusagen, noch wußten sich die zur Bestattung der alten Dame ein tressenden Verwandten die Abwesen heit und das gänzliche Schweigen Karlas und ihres Vaters zu deuten. Wahrscheinlich war es, daß der Admi ral in Begleitung seiner Tochter über Bergen in das Jnnere von Norwegen gereist war. Das Gericht machte sich natürlich seine besonderen Gedanken über diese fluchtartige Abreise der Hauptzeugin Sendlinger hatte ohne Zweifel Karla zu bestimmen gewußt, daß sie sich bereit erklärte, ibe den wichtigen Alibibeweis zu verschaffen. Denn dasz zwischen den Beiden eine rückhaltlose Verständigung zu Stande gekommen sein mußte, hatten die stattgehabten Erhebungen schon längst ergeben. Es war also vorauszusehen daß Karla von der Tann, die sich vor die Wahl gestellt sah, entweder einen Meineid zu schwö ren oder aber den Geliebten dem siche ren Untergang entgegengehen zu sehen, die Krast der Entscheidung nicht in sich fühlte und deshalb irgendwo im Aus lande sich verborgen hielt. Allgemeine Verwunderung erregte es nur, daß herr von der Tann, der biedere, durch und durch ehrenhafte alte Admiral aleichfalli nichts von sich hören lies- — — sa, das er man einmal vom Tode set-E ner Schwester Notiz genommen hatte. z Daß er die Absicht hatte, den Schisss- i baumeisier zu schonen, konnte man nicht annehmen; denn man erinnerte sich jetzt, dasz Sendlinger gelegentlich der Bestattung Ewalds von dem alten « Admiral durchaus nicht liebevoll be handelt worden war; hatte der Schisssbaumeister doch nicht einmal j Zutritt zur Kapelle während der Ein segnung erhalten. . Lauter Räthsel waren das, die we der die Zeitungen noch das Publikum zu lösen wußten. Das Gericht abers schwieg über die Erzeugnisse der Unter suchung. Es vergingen mehrere Wochen, ohne daß man in sonst unterrichteten Krei sen von einer Häusung der Jndieien beweise hörte; endlich aber ersuhr man, daß trotz des hartnäckigen Ableugnens z des Angellagten und trotz des Aus-« bleibens der sogar öffentlich ausgerufe nen Entlastungszeugin die Verband-, lung gegen Sendlinger vor dem ; Schwurgericht der soeben beginnenden Z Session ausgenommen werden sollte. ! Man brachte der Verhandlung ro- ; szes Interesse entgegen. denn der ro- ! cesz hatte jenen pilanten Beigeschmack,i der in jedem auch noch so erschüttern den Liebesdrama von der sensations-; bedürftigen Menge gewittert wird. ! Um all’ diese Geschichten iümmerteT sich Hans Gödecke, sobald er mit dem; Militär nichts mehr zu thun batte,i auch nicht im Geringsten. Gewiß be- ? wahrte auch er seinem armen Herrn; ein warmes Angedenken, aber an dies eigene Leidens-seit und an die surcht-å bare Qual seines Vaters und des ans, ihm selbst fast »zum Verbrecher gewor-Z denen Zahlmeisters sowie an die armek Vase und seinen Oheimdachte er nur; selten und dann mit Grausen zurück Mit vollen Zügen genoß er nach dem-; steten Zwang des Dienstes bei derz Kriegsmarine die größere Freiheit am i Bord eines Handelsdampsers Es war ? der Salondampser »Rutland«, aus den ihn der Heuerbaas geschickt hatte. Der F Dienst war aus dem mit modernem; Coinsort ausgestatteten Schisse sehri leicht; dazu lam, daß der Eapitän des; ,,Rutland« ein prächtiger Mensch war,Z der von seinen Leuten zwar Fleiß.g Sauberleit und unbedingten Gehorsam Z forderte, aber im Uebrigen. besonders; während der Nastzeiten im Hasen, auch . nicht die geringste Anstrengung bean-; spruchte. Das Recht, selbstständig übers seine Freizeit verfügen zu dürfen, war; für Hans Gödecte etwas ganz Unge-J wohntes, denn bei der Kriegsmarine’ bedeutet der Aufenthalt in einem Ha-J fen gewöhnlich nur eine Steigerung der Arbeit. ? Siebenmal hatte er die Reise nun; schon zurückgelegt Das Schiff war selten in all« seinen Theilen aefüllt,z denn die eigentliche Neisezeit sollte erst T beginnen. Für die achte Reise schiens die Betheiligung aber reger aus-zufal-; len; denn in Christiania lagen schon« mehrere Anmeldungen für die erstes Klasse vor. i Bei der Abfahrt fiel dem Matrosens eine hübsche junge Dame aus, die ers schon früher einmal gesehen habenz mußte, wenigstens kamen ihm ihre Ge- ; sichtszüge bekannt vor; auch des hell-IF blonden; feingeträuselten Haares und; der tiesblauen Augen erinnerte er sichs Er hatte aber in den ersten Stunden; der Fahrt gerade Dienst, also vergaßs er die Erscheinung E Als er frei war, begegnete er der; jungen Dame wieder aus dem Prome- ! nadendeck. Es war ein wundervollers Maitagz golden lag das Sonnenlichts auf dem zerrissenen und zertlüfteten,! zum Theil bewaldeten und mit schö-« nen Villen und schmücken Därsern be setzten Strande des weiten FjordH Schnell eilte der elegante DampferI durch das tiefblaue Wasser, weißes Kämme aufwiihlend. Es war tühls : am Bord. Dennoch lustwandelten die; Paare fast ununterbrochen in fröhlicher ? Stimmung über das Deck. Nur Gödeeles Bekannte schritt ein sam her und hin. Sie war schwarz gelleidet. Hans zerbrach sich den Kopf darüber, wo er die junge Dame früher einmal gesehen haben mochte. Plötzlich zuckte der Matrose bei einem Blick aus ihren schönen Augen, der ihn zufällig streifte, jäh zusammen. Er wußte nun, wer es war —- wer es sein mußte: das Modell jener eolorirten Büste, die auf dem Schreibtische seines herrn gestanden hatte! « Nun erinnerte er sich auch des Na mens. Er hatte ihn ja häufig auf den Briefen gelesen, die er für seinen herrn hatte bestellen müssen: Dagniar Peter sen, die Braut seines ermordeten Herrn, war est Eine tiefe Rührung beschlich den ehrlichen Matrosen. Es drängte ihn, mit der Unglücklichen zu reden, und doch hielt ihn eine seltsame Scheu u riict: es war noch immer der soldatische Respect vor der Stellung seines ver storbenen Herrn. Aber im Stillen machte er sich so« feine Gedanlen über das seltsame Wiedersehen. Wo tani Fräulein Petersen her? Lebte sie denn nicht mehr in Kopenth gent Und wo wollte sie hin? Sie war der einzige Passagier, der in Tänsberg ans Land gese t werden sollte. Thus berg lag zwar ehr prächtig am Fjord, aber ej war doch ein sehr stiller Auf enthalt, zumal jetzt, lange vor Beginn der Badezeitl Ob sie über den Fortgang des Pro cessei in Mel unterrichtet warf Ob sie eine Ahnung davon hatte, daß einer, den man in die nächste Berührun mit dem an ihrem Bräutigam ver bte i l i « Mord gebracht hatte, tn ihrer nachnen Nähe verweilte? Seine ganze Leidens-en rtiekte ihm wieder vor’s Auge, und Haß nnd Groll erfüllten ihn gegen Vollrath Sendlin ger, den verrätherifchen Freund Meer heimbs, der aus Eifersucht — und noch dazu aus einer ganz unbegrundeten Eifersucht —- einen Mord aus sein Ge wissen geladen hattet Aber tiefer Groll erfüllte ihn auch gegen Meerheimbs Cousine. Wäre es nicht richtiger und muthiger gewesen, wenn sie den Uebel thäter, der sich auf die Entlastung durch sie berief, frei und rücksichtslog des furchtbaren Frevels vor dem Ge richt besichtigt hätte, statt daß sie feig das Land verließ und auf keinen Auf ruf antwortete? Der Matrose wurde aus feinem tie fen Sinnen durch den Ruf des zweiten Steuermanns ausgefchreckt, der ihm befahl. die Signalflagge zu hissen. Hastig sprang er nach dem Heck, ne stelte den schmalen blauen Zeugstreifen an die Schnur, und gleich darauf flog das Signal am Top in die Höhe. Es war das Zeichen, daß an der nächsten Station ein Boot zur Abholung von Passagieren heranrudern müsse. Die Zahl der Wimpel bestimmte die Zahl der verlangten Boote. — Laut klang der Ruf der Dampfpfeife über’s Wasser. Die promenirenden Damen, die sich, nichts ahnend, in der Nähe der Maschine befunden hatten, treischten vor Schreck laut auf. Dagmar Petersen schien allein un berührt. Sie stand an der Brüftung und schaute durch einen Feldftecher nach dem Strande aus. Man sah in der Entfernung von mehreren Kilome tern zwischen einigen nackten, nur von Leuchtthiirmen und Wächterhäusern bestandenen Jnseln die Thurme und Dächer einer kleineren Stadt. Am Ufer wurden auch bald mehrere Land hänser sichtbar, nach notwegischerBaus art von rothgemaltern Holz ausgeführt, mit weißen Fenster- und Thürrahmen und ebensolchen Querbalken. Ein freundliches Bild Näher und näher kam das Schiff dem Strande; es fuhr langsamer. Man hörte deutlich das Stampfen der Ma schine. Das Fahrzeug begann ein we nig zu schwanien; rasselnd klirrten die Ketten hinunter, die dieFallreepStrepae festgehalten hatten. Da wurde auf demWasser eine lleine rothe Nußschale sichtbar. Man sah das Aufblißen der aus dem Wasser aus tauchenden Ruder, dann wurde auch die schlanke schwarze Gestalt sichtbar, die das Fahrzeug lentte; es schien eine Dame zu sein. Unwilltiirlich wandten sich alle Blicke von dieser in dem Boot sitzenden Dame in Trauer zu der jungen Dänin zuriick, die nun das Taschentuch zog und nach dem Wasser hinwinkte. Einen Augenblick lang waren die Passagiere imsweifel darüber, ob denn die fremde junge Dame die Lenterin des osfiziellen Landungsbootes sei, da man sonst auf dem Wasser keines erblickte. Kundige wiesen dann aber auf die breite Landungsbriicke hin, die als ein starter, wettetfester Steg von gut. hundert Meter Länge in den Fiord hinausragtr. An der mastbaumartig sich vom Brückenkopf erhebenden Fah nenstange war inzwischen gleichfalls eine Signalslagge gehißt worden, zum Zeichen, daß der Dampfer anlegen solle. Beim Nähertommen sah man auch, daß umfangreiche Frachtstiicke der Be förderung harrten. Ein großer Con certfliigel befand sich darunter. Die Fahrgäste machten allerlei ärgerliche Bemerkungen, denn natürlich sahen sie einen längeren Aufenthalt voraus. Auch Hans Gödecke musterte die un geheuren Gepäckstiicle scheelen Blickes. Wenn das Einlanden auch mittels des großen Schiffstrans vor sich ging — er wußte, daß es bei so kolossalen -Stiicken aller Kräfte bedurfte. Und s gerade jetzt hätte er sich gern demFräu-s lein Petersen genähert. Er konnte es s nicht übers Herz bringen« sie so ziehen I zu lassen, ohne ihr zu sagen — . »He, Gödecke!« rief ihn in diesem Augenblick der zweite Steuermann an. i Der Matrose blickte verwirrt auf. »Kosfer nach Tönsberg!« befahl ihm der Vorgesetzte. Jm Nu war Hans bei Fräulein Pe tersen, die er um ihr Handgepäcl und ihre Gepäetmarle bat. Dagmar gab ihm, ohne ihn anzuse hen, das Berlangtr. Sie nickte noch im mer der Jnsassin des Bootes zu, die neben dem Schiffe herfuhr und« dieses, troh der schautelnden Bewegung der aufgewiihlten Fluth, bis zur Lan dungsbrüete geleitete. « Jetzt tauschten die beiden Damen Grüße aus, und es stieg dem Matrosen jäh ins Herz herauf, als er die ernste Stimme der unten auf dem Wasser Schaulelnden vernahm. »Fräulein Maria«-« entsuhr es ihin unwillkürlich Ja, sie war es, die Cou sinle des Todten, die Tochter des Admi ra s. Eine mächtige Bewegung ergriff den Mater-sen Vor welch neuem Mith sel stand er hier! Da sah er in fast greifbarer Nähe die Zeugin des Ver rechers, der flüchtig geworden war, um nicht Sendlingers Anklägerin wer den zu müssen! hans Gödecke fühlte ej, wie der lang verhaltene Groll sein Verz auswühlte. Was er in diesem Augen blick gegen die fühllose, verblendeteBeri wandte seines armen Herrn empfand, waren Daß und Rachsuchtl Entsetzung folgt.) s- - · DA-«