Ereylocti Mode i » Roman von Josei Tmtmnnm (7. Fortsetzung) »Genug davont« fuhr Godsrey auf. Er nahm hut und Stock und schritt, von seinen Hunden begleitet, in den Pakt hinaus. Mit Behagen athmete er die Wohlgeriiche ein. mit denen die blühenden Rosenhecken die Luft er füllten, und bog in die Allee ein, die durch den Pakt bis Zu der Eingangs pforte führte. Mit raschen Schritten. eilte er leidenschaftlich erregt dahin. Doch plötzlich blieb der Besitzer von Greylock Woodk stehen und lauschte; eine hunde waren ihm voraus die llee hinabgelaufen; jetzt fingen sie wüthend an zu hellen. Er rief sie zu rück, allein der Lärm dauerte fort. Dem Hundegetläff nacheilend entdeckte er die Ursache: zwei fremde Eindring linge, die mitten in der Allee, nicht weit von der Eingangspforte standen. Es war ein Dame in Trauer-Mi dern, die ein kleines Mädchen an der hand hielt; sie schien die Hunde nicht zu fürchten; die Kleine aber hatte ihr Hütchen abgenommen, mit dem sie den Hunden auf die Schnauze schlug. »Fort. ihr bösen Hunde!« rief sie, in dem sie mit ihren Fäßchen auf den Kiesboden stampfte. »Bravo Ethel!" sagte die Dame mit leiser, heiterer Stimme. »Das ift ein guter Anfang; Du wirst Deine Rechte stets unerschrocken zu vertheidigen wissen." Godfrey Greylock tam mit unwir scher Miene herbei. Der Anblick frem der Personen auf seinem Besiythum erfüllte ihn mit Unmuth. »Ruhig!« rief er, indem er den bellenden Hunden mit dem Stock drohte; dann verbeugte er sich steif vor der Dame und sagte: »Ich hoffe, die Thiere haben Sie nicht zu sehr erschreckt, Madame; darf ich fragen, was Sie hierher führt?« Sie hintte einen Schritt vorwärts-; sie war lahm, ihre kleine Gestalt hatte ein fehr zartes, fast mädchenhastes Aussehen, ihr Gesicht, von dem sie den Trauerilor zurückgeschoben hatte, war bleich und ungemein hübsch, wenn auch schon etwas verblijht. »Mein Töch terchen und ich,«ertviderte sie mit sanfs ter trauriger Stimme, ,,wiinschen den Besitzer dieses Anwesens, Herrn GIV frey Greyloct, zu sehen.« QJL sc . — -Z- c-ll«kt « ow VIII O- ISI Ul s Sie beugte sich über das Kind, des sen von goldenen Locken umwallies Gesicht ungemein lieblich aussah, setzte ihm das Häkchen, mit dem es die Hun de abgewehtt hatte, auf, und band es fest. »Ethel,« flüsterle sie mit zärtlich -stem mütterlichem Tone, »sage dem Herrn, wer Du bist.« Die kleine feenhafte Gestalt trat vor Godftey Greylock hin und machte eine teizende Verbeugung. »Ich bin Deine Enlelin Ethel,« sprach sie in kindli chem Tone, »meines armen Papas Töchterchen, und diese Dame ist meine Mamm« Die Kleine hatte ihre Leition gut einstudirt. Godsreh stand einen Augenblick wie versteinert da; dann wandte er sich wüthend zu der Dame und fragte: »Was soll das bedeuten? Wer hat Jhrem Kinde gelehrt, mich auf diese Weise anzureden?« Sie bliclte ihm sest und ruhig in die Augen und antwortete mit sanfter, aber entschlossener Stimme: »Ich — seine Mutter —-—— die Wittwe Jhres Sohnes Robert Greylock.« Das also war die Ballettänzerin — jenes Weib, das seinen Sohn in den Tod getrieben hatte! Er fuhr einen Schritt zurück, blickte mit starremEnt setzen aus sie und das liebliche Kind, das erschrocken an der Seite seiner Mutter Schutz suchte. »Und Sie haben die Dreistigleit, sich hier sehen zu lassen —- mir in’5 Gesicht zu blicken—mir, Robert Gren locks Batet?k« fuhr er sie an. Dann setzte er mit zorniger Geberde hinzu: «Entsernen Sie sich sofort mit Ihrem Kindes Jris wich nicht von der Stelle, son dern breitete ihre Arme schützend über die zitternde Kleine aus und wandte sich aufs Neue zu dem zornigen Manne. »Ich sehe«, sagte sie mit mildem, kummervollem Tone, »Sie haben alle möglichen schlimmen Dinge über mich vernommen; meine Feinde haben Ihr Herz gegen mich aufgestachelt; Sie schreiben mir die aanze Ursache an dem unglücklizlxn Ende des armen Robert ZU-« ,,Jawohl!« suhe der Gebieter von Grehlock Woods auf, »Sie haben mei nen Sohn in’ö Unglück estiirzt-——Sie haben seinen Namen entder haben ihn zum Selbstmord getrieben.« Iris seuszte ties und sagte dann: »Wie grausam Sie sind! Es ist wohl natürlich, daß Sie allen den Ver leumdungen Glauben schenken, die liber mich ausgestreut wurden; doch hören Sie mich nun an, ich bin ent schlossen, mich vor Jhnen zu rechtferti gen.« Sie trat einen Schritt näher; aus ihrem bleichen Gesicht sprachen Muth und Entschlossenheit, als sie begann: »Ihr Sohn heirathete mich aus Liebe; ich war eine arme Ballettiinzerin, die Tochter eines unbemittelten Tanzleh rerö, und stand daher, Jhren Be ris sen nach, aus der sozialen Stufen eiter weit unter ihm. · Es war nicht meine Schuld, daß er sich in mich verliebte. Die Noth zwang mich, auch nach unse rer Berbeiratbuna aui der Bitt-ne m — bleiben; ich tanzte-Am meinen Mann . zu ernähren! Sie fühlen sich sichtlich » unangenehm berührt davon, es ist in jdessen wahr. Sie hatten ihm jegliche ; Unterstützung entzogen, und es wollte Hhm nicht gelingen, dauernde Beschäf ; tigung zu finden. Er verstand sich auf Hieine Arbeit, denn Sie hatten ihn zu ; einem Gentleman erzogen. Er war seifersüchtig und mürrisch; wir hatten . manchen heftigen Wortwechsel —- ich ’ gestehe es mit blutendem Herzen ein nichts destoweniger liebten wir einan 3 der. Glauben Sie mir, mein Gatte l war mir theurer als mein eigenes Le i ben!« i ,,Jawohl, jawohl," antwortete er s mit einem Blick des tiefsten Abscheus; Hbesonders nach der kleinen Affaire ! mit Mr. Kenhon.« Jris erröthete unwillkürlich; sie faßte sich aber rasch und wars ihren hübschen Kopf mit der Miene beleidig tet Unschuld zurück. »Ich erlanbe mir nur eine Frage,'« saate sie kühn; ,,hat Robert, hat mein theurer Gatte mich je Jhnen gegenüber der Untreue be schuldigt?« ,,Nein.« si- - es »- e- » »O , »Muculu lule cclljkll VII VIII El flüsterungen Anderer Gehör und ber dammen mich ohne Bewei ei Bei Gott! Sie thun der Wittwe Jhres « Sohnes, der Mutter seines Kindes Unrecht! Arthur Kenhon bewunderte mich, ich brauche es nicht zu leugnen, allein nur aus brüderliche Weise. Es war mein Jugendinund. Jch bin nicht mit ihm durchgebrannt; das ist eine insame Lüge, die von meinen Feinden verbreitet wurde, deren ich lei der viele hatte. Jch hatte mich mit Robert entzweit; ich nahm mein Kind und floh aus der Stadt mit der Ab sicht, ihn nie wiederzusehen. Daß Kenhon zu der gleichen Zeit die Stadt verließ, war ein zufälliges Zusammen treffen der Umstände, das ich erst lan e Zeit später erfuhr. Jch schwöre es hnen hier auf meinen Knieen!« Sie ließ sich tragisch vor Godfreh Greylock nieder und fuhr unter Schluchzen sort: »Ich bin schändlich verleumdet und getränkt worden — nie habe ich dem Namen Greylock Un ehre gemacht; ich war zwar unglücklich, aber nie schlecht. Oh, Sir, wollen Sie mir nicht glauben?« ,,Madame, dies sieht ganz wie eine gut einstudirte Scene in einem Schau spiel aus,« sagte Greylock mit verächt lichem Tone; »Sie haben Jhre Sache recht gut gemacht. Doch fahren Sie fort. Renhon war also nicht Jhr Lieb haber? Sie flohen in der Nacht, in der mein Sohn Selbstmord beging, al lein aus der Stadt?« ,,Allein,« wiederholie sie ruhig und mit bestimmtem Tone. »Und in allen diesen Jahren sind Sie nie mit diesem Menschen zusam men gekommen?« »Nur einmal, und das war in einem Hospital in New Orleans, wo er am gelben Fieber starb. Jch hatte ein En gagement an einem dortigen Theater, er ließ mich zu sich rufen;·ich ging zu ihm, und er sagte mir fiir ewig Lebe wohl. Bald darauf verschied er.« Das Weib zu Greylock s Füßen war schlau genug, um zu bemerken, daß ihre Erzählung doch nicht ohne Ein drnd auf ihn geblieben war und daß trotz seiner eisigen Miene ein Kampf In seinem Innern vor sich ging. »Helf-en Sie mir aufstehen,« sagte sie, »ich bin ein Krüppel.« Godfrey fah wohl ein, daß Jris sich nicht ohne Hilfe von der Erde erheben ionnie; er reichte ihr daher, obgleich mit Widerstreben, die Hand, worauf er einen Schritt zurücktrat und sagte: »Ich schenke Jbren Versicherungen zwar leinen Glauben, aber sagen Sie mir, was Sie nach Greylock Woods führt« Iris zog das lleine Mädchen dichter an ihre Seite und begann stammelnd: »Vor einigen Wrchen schrieb ich an Mis; Pamela Grenlock —« »Ich habe Jhre Briese gelesen.« »Dann wisIen Sie also, in welch’ entsetzlicher Lage ich mich befinde; se hen Sie mich an, ich kann nie wieder tanzen, ich kann nie wieder Geld zu meinem und meines Kindes Unterhalt erwerben.« Die Thränen liefen über ibre Wangen nieder, sie rang verzweif lungsvoll die Hände. »Wenn ich nnr meine Kunst noch ausüben könnte, so würde ich Niemanden belästigen; un ter den obwaltendenVerhältnissen mufz ich leider Beistand haben, oder mit meinem Kinde die öffentliche Mild thätigleit in Anspruch nehmen. Jch kam hierher-, um Ihnen dies zu sagen. Blicken Sie Jhre Enkelin, Robert’"5 Kind, an —- was soll aus der Kleinen werden?« Mr. Greylock schwieg ; »Wir sind heimathlos-, olme Freun de und Mittel,« fuhr Iris fort; »für mich selbst verlange ich nichts —- ich ? kann betteln oder ans der Straße ster j ben; aber mein armes, unschuldiges ; Kind -—— ich bitte, ich flehe Sie an, las j seniSie es nicht mein Schicksal thei . len.« s Das Kind, dem diese Intent- gan, ! blickte verwundert mit seinen Veilchen iaugen auf die blühenden Rosenheeken zu beiden Seiten der Allen-, auf die sent so friedlichen Hunde, die mit aus gestreckten Zungen auf dein Rasen la gen, auf die rosafarbenen Blüthen, die von den Kastanienbiinrnen fielen, und endlich auf den finsteren Mann, tn dessen Händen sein Schicksal lag, und der in diesem Augenblicke über seine Zukunft entscheiden sollte. Mr. Greyldck wars ««rts einen Blick , der sie erbeben ina te. »Ich sage Ihnen nochmals, Madame, daß ich N hnen nicht glaube, ich verabscheue ie. Wenn Sie allein hier vor mir ständen, so würde ich Ihre Gegenwart keinen Augenblick dulden, ich würde kein Wort von Ihnen anhören Auch dieses Kind ift mir verhaßt, da es Ih nen gehört und mir eine lebendige Er innerun an die unverzeihliche Hand lungswerse meines Sohnes ift. Ich erkläre Jhnen hier, Madame, daß mein Testament gemacht und daß das Kind nicht darin bedacht ist. Es wird nie einen Dollar von meinem Vermögen erhalten; wenn Sie sich in dieser Hin sicht etwa Hoffnung machten, so lassen Sie diese für immer fahren; ein Ver wandter in England ift mein Erbe.« Das hübsche Gesicht der Tänzerin wurde noch bleicher, als es vorhin ge wesen war. Wie hart war doch dieser Mann; ihre Schönheit, die sie so oft bei Männern allmächtig gefunden hat te, ließ sie hier völlig im Stich. Ro bert Greylocks Vater hatte weder Be wunderung noch Mitleid, nur bitteren Haß und Groll für sie. »Sie mißbra ten meine Absichten gänzlich,« antwor tete sie, »meine Hoffnungen streben nicht dahin, Ethel zu Jhrer Erbin zu machen, sondern nur, sie vor Hunger und Elend zu schützen« »Ich muß Zeit haben, um über die Sache nachzudenken,« sagte Mr. Gren locl kurz; ,,wie weit sind Sie gereist, um diese Unterredung mit mir zu su chen?« »Ich tam mit dem Morgenzuge von New York; ich nahm am Bahnhof ei nen Wagen, der mich hierher brachte; er wartet draußen vor der Eingangs Pforte.« M . As.k», C,It, k!-C !s»» »,·,·s, s Uc( Clslklllc Wbsc Ists-, ILJUI sclluksiklo Er wandte seine kalten Blicke von ihr ab; konnte er aber das zarte Gesicht chen mit den großen blauen Augen — Robert’s Augen waren blau gewesen —- und den goldenen Locken gänzlich unbeachtet lassen? ,,Jn der Stadt dort,« sagte er endlich, ,,werden Sie ei nen Gasthof, »Pooles Inn« genannt, finden; begeben Sie sich mit Jhrem Kinde dorthin, Madame, und bleiben Sie dort bis morgen um dieseStunde; dann kommen Sie wieder hierher; wir können dann weiter über die Sache sprechen.« Er wandte sich um und schritt di-. Allee hinaus, seiner Van zu. »Adieu, Grosipapa!« rief ihm des Kindes zartes Stimmchen nacht Er nahm ieineNoiiz davon, sondern schritt, ohne sich umzuwenden, von sei - nen Hunden begleitet, finster und miß ; muthig seines Weges weiter. Jris blickte dem harten Manne mit zusammengepreszten Zähnen Und sun kelnden Augen nach. »Welch’ ein Manni« murmelte sie vor sich hin; »ein schwer zu besiegender Feind; wisse in dessen, Du Mensch mit dem steinernen Herzen, daß ich hart mit Dir um Ro bert’S Erbe zu kämpfen entschlossen bin!« Dann nahm sie das Kind bei der Hand und hinkte die Allee hinab. Draußen vor der Pforte wartete der Wagen, der sie vom Bahnhof von J Blackpott hierher gebracht hatte; in ; ihm saß Hannah ungeduldig und er wartungsvoll. »Nun, Madame, wir ging es?!« rief sie, sobald sie ihrer Ge bieterin ansichtig wurde. »Er hat sein Testament gemacht und das Kind enterbt,« sagte Jrig trocken. »Testamente sind leicht abzuändern, Madame; oft werden sie ganz und gar zerstört." »Seht wahr, Hannah! — Jch soll in einem Gasthof in der Stadt warten, bis er sich die Sache überlegt hat. Morgen will er wieder mit mir redeii.« »Da ist schon ein Punkt gewonnen. Und wie hat sich das Mädchen benom men?« »Wie ein Engel; ohne sie hätte er mich gar nicht angehört.« Hannah half ihrer Herrin in den Wagen steigen und nahm die kleine Ethel sodann auf den Schooß. Jahren Sie nach Pooles Gasthof!« ries Iris deni Rosselenker zu, und im nächsten Augenblick befand sie sich aus dem Weg nach Blactport. 11. C a p i t e l. Das alte Städtchen hatte sich in den letzten sechs Jahren sehr wenig verän dert; es war entschieden tein Ort des Fortschrittes-. Nur ein neues Hotel, weiß angestrichen, mit grünen Jalou sien, das einige Sommergäste barg, war aus einer Anhöhe am Ende des Strandes errichtet worden. Die schädige Miethglntsche, in der Jris Und deren Begleiterinnen saße1, rasselte an diesem Gebäude vorüber, bog in die Hauptstraße ein und machte vor Pooles Jnn Halt. Augenschein lich war dieser alte Gasthof nicht ge sonnen, sich von seinem neuen Rivalen aus der Anhöhe aus-stechen zu lassen. Seine nicht mit Teppichen belegten Fußböden waren an diesem Junitage so weiß wie der Schaum der Wellen, die sich am Strande brachen. Das Schäntzimmer und die Hauptgänge glänzten vor Sanderteit. Gerüche, die wohl den größtenFeinschmecker ent iictt hätten, drangen aus der Küche, in welcher jeder Topf, jede Schüssel, jeder Kessel spiegelblank gescheuert waren. Namentlich in Bezug aus Kü che Und Tisch vermochte das neue Ho tel nicht mit dem alten zu concurriren, denn Mercy Poole war eine Hauswir thin von den vielseitigsten Talenten nnd wußte Gerichte zu bereiten, die ei nen französischen Koch eifersiichtig ge macht hätten. Als Mes. Jris Greylock mit ihrer Dienerin und dem Kinde das Haus betraten, erblickte sie einenMann mit gerdtheter Nase und wässeri en Armen, der. auf einen Stock gelegnt — Und laut puftend, den Hausflur herab auf sie zukam; es war der alte Jte Poe-le »Sind Sie der Herr dieses Hauses?« fragte Jris. Er hielt an, um die Frage in Erwä gung zu ziehen, blickte die Fragerin nachdenklich an und schüttelte dann seinen benebelten Kopf. »Ach nein! Mercy ist Herr im Hause; ich habe ausgespielt, Madame,« antwortete er endlich; ,,sie hat jetzt dieherrschaft über Alles, ausgenommen meinen Grog. Der Henker hole mich, wenn ich den aufgebe! Mercy ist ein braves Mäd chen, allein sie hat denKopf voll Ideen; es ist nichts anzufangen mit Weibern, die mit Ideen vollgepfropft sind. Wünschen Sie Mercy zu sehen?« »Ja, ich bitte darum.« Jie Poole klopfte nun mehrmals mit dem Stock auf den blankgescheuer ten Fußboden. Auf dieses Signal öffnete sich eine Thitr am Ende des Hausflures, und Mercy Poole er schien in all« ihrer zigeunerhaftcn Schönheit, mit hoch» erhobenem Kopf, um den sich die Flechten ihres raben schwarzen Haares wieSchlangen wan den, während die Aermel ihres Kleides über ihren prächtigen broncefarbencn Armen aufgerollt waren. »Was ist’s?« fragte sie kurz. Iris erklärte ihr in kurzen Worten, daß sie für sich selbst, ihr Kind und ihre Dienerin bis zum folgenden Tage ein Quartier wünsche. »Wir sind von Herrn Godfrey Grehlock von Grehlock Woods hierher geschickt worden,« sagte sie, ,,haben Sie die Güte, uns passende Zimmer anzuweisen.« Jte Poole stützte sich aus seinen Stock, als wollte er sich zum Kampfe mit einer Jdee rüsten; übermäßige Bekanntschaft mit der Rumflasche hat te den alten Gastwirth so schwach im Kopf gemacht. ,,Grehlock von Grehlock Woods?« sagte er. »Ja, ja, er ist vom Ausland zurückgekehrt; Sie sind wohl eine Verwandte der Familie?« »Ich bin Robert Greylocls Wittwe,« antwortete Jris. Jte fnerre sie mit dummen Blicken an und sagte dann: »Die Wittwe des armen, jungen Boh, der sich vor sechs Jahren in den Salzgruben jenseit der Marschen erschoß? Meiner Treu! Und das kleine Mädchen hier ist wohl seine Tochter?« »Dieses kleine Mädchen ist Robert Grehlocks Tochter,« erwiderte Iris mit Würde. Jtes wässerige Augen blickten mit Verwunderung aus die Gäste. »Wie kommt es aber, daß der alte Herr Sie hierher schickt, anstatt Sie bei sich in der Villa zu behalten? Er ist wohl noch immer sehr unwirschZ He, Mer .cy! Gib Bobs Wittwe das Beste, was » das Haus zu liefern vermag, dag beste Zimmer-, die besten Speisen, von Al lem das Beste!« Mercy wars einen raschen, forschen den Blick aus die hübsche, lahme Frau in Wittwentlcidern, aus das Kind an ihrer Seite und auf Hannah John son. ,,Folgen Sie mir!« sagte sie dann kurz und führte ihre Gäste die Treppe » hinauf nach einem reinlichen und sau beren Frontzimmer, das mit einem altmodischen Himmelbett, einer mes singbeschlagenenstommode, einem mas siven, runden Tisch und verschiedenen Rohrstiihlen möblirt war· Neben die sem Zimmer befand sich ein zweites, kleineres. Ueberall herrschte die größ te Reinlichkeit; nirgends war ein Stäubchen zu erblicken. Die frische Seebrise und die milde Junifonne ka men zu den offenen Fenstern herein. Vom nahen Strande her ließ sich das Murmeln der Wellen deutlich verneh men. ,,Schiclen Sie uns das Essen sobald wie möglich herauf,« sagte Jris, indem sie aus einen Stuhl saan »ich bin ganz erschöpft und hungrig; liefern Sie uns das Beste, wie der lomische Alte drun ten sagte. Auch ein Glas guten Wei nes wäre mir erwünscht.« Mercy stand auf der Schwelle des Zimmersx ihr dunkler Kon berührte fast die Spitze der Thür; sie nickte be jahend und wandte sich um; plötzlich aber wie von einer unwiderstehlichen Eingebung angetrieben, lehrte sie zu rück, stürzte auf die kleine Ethel und bedeckte das Kind mit wilden, leiden schastlichen Küssen. Robert Greylocks Kind! Einen Au genblick schien ihr Herz brechen zu wollen; sie bebte und zitterte an allen Gliedern. Der Anblick der goldenen Locken und der Veilchenaugen zauberte ihr das Bild ihres blonden Geliebten wieder vor die Seele. »Ich habe mich lange darnach gesehnt, sein Kind zu sc hen,« sagte Mercv heiser; »ich habe auch gewünscht, die Frau zu sehen, die er heirathete; es freut mich, daß Sie hierher kamen.« ( »Ah!« sagte Iris-; »Sie haben also meinen Mann gekannt?« Mercv schob das Kind von sich und wars der Mutter einen wüthenden, ei sersiichtigen Blick zu· .«’ta, lange ehe er Ihr Gesicht erblickte; er war mein Geliebter, ehe er der Ibrige war.« «Wirtlich? Jch hörte ihn nie von Ihnen sprechen. Hannah, nimm die sen schrectlichen Hut und Schleier weg; der Trauerflor macht mich schaudern. Ethel, lehne Dich nicht an Mamas lahmes Knie; es thut mir weh, Kind.« Mercy Poole erfaßte die Thiir lrampshast; ihre schwarzen Augen glühten in dämonischem Feuer-. »Er gehörte mir an, ehe Sie ihn mir raubten,« fuhr sie fort; »ich glaube es Jhnen wohl, daß Robert Jhnen nie von seiner alten Flamme erzählte; sr kam in der Nacht, in der er ermordet wurde, nach diesem Hause, er nahm in W dem Speisezimmer unten sein Abend brod ein und wir sprachen noch einige letzte Worte mit einander-keine zärt lichen, das können Sie mir glauben! Erinnern Sie sich jener Nacht, Mrs. Greylock?« Jris fuhr aus und stieß einen Schrei aus. »Der Nacht seines Selbstmor des, meinen Sie —— mein Mann starb durch seine eigene Hand!« ,,Wirklich?« erwidert: Mercy höh nisch. »Ich sagte Godsrey Greylock schon vor sechs Jahren meine Ansicht darüber. Jhr Mann wurde ermordet —- ja, es ist ein häßliches Wort; kein Wunder, daß Sie zittern und beben; er starb nicht durch seine eigene Hand, sondern durch die Hand eines Ande ren, draußen bei den alten Salzgruben von Blackport.« Jris vermochte keine Antwort zu finden. »Es ist so wahr, wie ern Gott im Himmel ist!« fuhr Merey aufgeregt fort. »Oh, ich war hundertmal in meinen Träumen Zeuge der entsetzli chen That, ich sah ihn in der dunklen Nacht dahin wandern, vernahm die Fußtritte, die ihn verfolgten, ich er blickte den Feind, der ihn meuchlings niederschoß. Warum stellten Sie, sein Weib, für das er so viel opferte, keine Nachforschungen über das Geheimniß seines Todes an? Warum machten Sie seinen Mörder nicht ausfindig? Das hätte vor sechs Jahren sehr leicht geschehen können; jetzt aber — o gro ßer Gott! jetzt ist es zu spät!« Jris erhob sich bleich und zitternd. »Sie sind wahnsinnig!« rief sie; »ich glaube kein Wort davon. Robert hatte keinen Feind, und keinem Menschen kam es je zuvor in den Sinn, zu- be haupten, daß sein Tod auf andere Weise als durch seine eigene Hand er folgte.« ,,Oh gewiß!« entgegnete Merch mit bitterem Lachen. »Die-s war die leich teste Erklärung, die man fiir die Sache zu finden wußte. Jh wußte von An fang an besser, wie es sich mit Roberts traurigem Ende verhielt, und Sie wußten es ebenfalls; mögen Sie es noch so leugnen. Sie hätten die Hand auf den Mörder legen können, ohne lange nach ihm zu suchen.« Merch’s dunkles Gesicht nahm in diesem Au genblick einen wilden drohenden Aus druck an; sie fuhr fort: »Hier stehen wir Zwei uns von Angesicht zu Ange sicht gegeniiber. Jch bin das Weib, das ihn liebte — Sie sind die. die cr liebte. Das schwarze Geheimnifz sei nes Todes liegt zwischen uns.« »Was meinen Sie damit?« keuchte Jris hervor; ,,wahrhaftig Sie sind wahnsinnig!« »Was ich meine, ist dies,« entgegne te Merch Poole mit furchbarem Nach druck; ihre Hünengestalt erhob sich zu ihrer vollen Höhe, während ihre flam mendenBlicke vernichtend auf die mäh chenhafte Figur in Wittwentleidern fielen. »Als Jhr Gatte im Dunkel der kalten Nacht bei den Salzgruben durch Mörderhand fiel, wo waren Sie da, Sie falsches, unwiirdiges Wein Jst Jhnen sein Geist nirgends begeg net, als Sie mit jenem Elenden bei Nacht und Nebel die Flucht ergriffen?« Mercys Worte fielen wie Donner ieile auf Jris nieder. Wie vom Fieberfrost geschüttelt, sank die junge Wittwe auf ihrenStuhl zurück. »Sie entsetzliche Kreatur!« rief sie endlich aus; ,,wie können Sie es wagen, in Gegenwart meines Kin des solche Dinge zu mir zu reden? Es ist mir jetzt klar, daß Godfrey Grehloei mich nur deshalb hierher schickte, da mit ich hier gedehmiithigt und beleidigt würde. Die Leute von Blackport schei nen keinen Fetzen von meinem gutem Rufe übrig gelassen zu haben. Han nah! Weise diesem Drachen die Thiir und sorge dafür, daß ich nicht wieder von dem Weibe belästigt werde.« ,,Jhre Dienerin braucht sich nicht zu bemühen,« sagte Merch mit verächtli chem Lächeln; »ich hege durchaus nicht den Wunsch, Sie wiederzusehen, Mrs. Grehlocl. Vergessen Sie indessen nicht, was ich Jhnen sagte; vergessen Sie auch nicht, was ich Jhnen jetzt sage, ehe ich Sie verlasse: Früher oder spä ter werden die alten Salzgruben ihr schreckliches Geheimniß enthiillen, und dann wird Robert Grehlocks Tod ge rächt werden!« Mit diesen Worten entfernte sich Mercy und machte geräuschlos die Thiir" hinter sieh zu. »Mein Gott!« rief Hannah John son, »was ist das für ein Weib; ihre Worte machen einem das Blut in den Adern gefrieren!« Jris sah aus, als ob sie einer Ohn macht nahe wäre. ,,Achte nicht auf ihr wahnsinnig-es Geschivätz, Hannah! Wo ist mein Riechfläschchen? Der arme Robert! Wie konnte er sich in eine solche Kreatur verlieben? Er war sehr wantelmiithig in seinen Neigungen, nichts destoweniger betete er niich an. Ob wir wohl von einer solchen Person ein anständiges Essen bekommen wer den?« « Bald daran erschien ein sauber ge kleidetes Mädchen mit der Mahlzeit, die sich als vorzüglich erwies. Ein Glas Wein belebte Iris wieder. Hannah nahm sich der kleinen Ethcl an und sorgte für deren Bedürfnisse Wegen des Puddings entstand ein Streit zwischen den Beiden; das Kind ftrampelte und hämmerte mit seinen kleinen Fäusten auf Hannali los, so daß es endlich vom Tisch entfernt wer den mußte. »Was für ein Temperament sie hatt« rief Jris,.die Ethel mit Auf merksamkeit beobachtete. »Welch’ ein Eigensinn! Es wird telne leichte ie; Aufgabe fein, fie in Schach zu halte wenn sie erft größer wird. Geh’ m ihr aus, Hunnen Achte indessen d· rauf, daß ihr zarter Teint nicht g fchädigt wird. Die Schönheit ist ei. Macht; ein fonnverbranntes Ger und Sommerfprossen könnten aI meine Hoffnungen zu Schanden m. chen.« ,,Seien Sie unbefort, Madame; u-, fer Liebling wird nie ein verbrannt Gesicht noch Sommerfproffen bekor men,« antwortete Hannah, indem «’ Ethel den Hut aufsetzte und mit f; WAGNE- - Die Aufwärterin kam jetzt herU um abzudeklem Nachdem dies geschehen, befand si Iris allein. An der Wand hing e alter Spiegel mit vergoldetem Ra men; ein zufälliger Blick Dahin mach sie schaudern. »Wie alt und welk i schon ausschei« murmelte sie vor si hin; »wenn man seine fünfundzwa zig Jahre hinter sich hat, ist es ni( mehr der Mühe werth, zu leben. Kei Frau kann ohne gute Nahrung, ge Kleider, Sorgenfreiheit, Seelenr ihre Schönheit bewahren. Wir är und grämen uns ein wenig und d smd unsere Reize. Die Armuth istv . Frost, der sie frühzeitig tödtet. ßer Gott! Wird der schreckliche Mann zu Grehlock Woods mir he oder nicht? Wird das Kind im S de sein, ihn zu erweichen? Jch indessen den Muth nicht verlieren-— muß dieses Spiel gewinnen oder beni« Iris ekgiug sich nicht gern in stip Betrachtungen. Jhr vergangenes . ben zauberte ihr zu viele unangene Geister vorAugen; sie begann im - mer umher zu gehen; ihr Gehre nöthigte sie indessen bald, dieser B gung zu entsagen, scharfe Schm schoss en durch ihre Glieder: sie sank-« den nächsten Stuhl und brach in TH nen aus. " »Oh, meine hübschen, kleinen F die zahllose Bewunderer einst zu , sen bereit waren!« schluchzte sie. ’ meine Tage des Luxus, meine N des Triumphes-! Noch vor zwei « ren war ich reich, schön, von F umworben, glücklich. Und jetzt? bin ich? Ein elender Krüppel, . Geld und Freunde und genöthigtz nen hochmüthigen alt-en Mann, ; mich haßt und verachtet, um Hilfegs zuflehen. Fromme Leute würden c Zweifel meine Heimsuchung für - gerechte Strafe des Himmels hal ich halte sie für ungerecht, gran ; schrecklich!« J Nach etwa einer Stunde kehrte s nah mit dem Kinde vom Strand : rück. »Ich sah, wie jener Drachet ; einem Weibe durch das Fenster I Schänkzimmers dem Kinde nach te,« sagte sie zu Jrisz Jeder Geci , der Stadt aaffte in sein hübschesl sichtchen.« ( Mercn Poole ließ sich nicht meh« ihren Gästen blicken, die vortreff Mahl:;eiten, die dem alten Gcf Berühmtheit verschafft hatten, wir ihnen von einer Kellnerin aebracht erschien, so oft sie es wünschten. t Die Nacht kam heran. Ethel wZ zu Bett gebracht-. Jrig selbst vermr nicht zu schlummern; sie warf wälzte sich in dem weichen Federl Don einer Seite zur anderen; sie se-, und stöhnte die ganze Nacht hind und dankte dem Himmel, als sich östliche Horizont endlich rotl;e1e. bald die Kleine auf war, rief sie sit sich und umarmte sie. ,,.K«iisse T Mama!« sagte sie; »Du mußt is Dein Aeußerstes fiir mich thun, K Hannah, hast Du die Miethsku bestellt, die uns nach Grehlock Wi bringen soll?« »Ja, Madame.« »Wo ist unsere freundliche Wirt aus der die Natur jedenfalls e Mann zu machen beabsichtigte? konnte sie die ganze Nacht nicht meinen Gedanken Verbannen.« »Ich habe sie, Gott sei Dank, 1 gesehen; mir schauderte bei dem bl Gedanken an ihre durchbohresxx Blicke.« « K.»» ka- W344»» sinke Rsk OTH i »m« ».« «»..».z, ..»» sp» »....» rassel vor dem Gasthof vernehmen Jris blickte hinaus-, in der Et t11ng, die Miethskutsche zu sehen, aber nicht wenig erstaunt, als sie e» präschtigen Landauer, von ein ««s Bollblutpferden gezogen, vor Hause gewahrte. Auf dem Bocke. ein farbiger Kutscher in Livree. Jn demselben Augenblick kan Kellnerin die Treppe hernusgelai »Die Equipage von Greylock Wooi « eben angekommen, um Mis. Gre und das Kind abzuholen,« sagte s Der Alte hatte seine eigene Equi qeschieltz das war sicherlich eine Vorbedeuiunq. Die Nöihe kehrte wieder in das sche Gesicht der jungen Wittwe zu ihre Augen leuchteten hell anf: .,l"h’ Hannah!« rief sie, »sein- Deinen auf und wirf Deinen Shnwl um; mußt mit mir kommen; Heide das. an, damit es so lieblich wie mt misiiehi: ans Etlzel beruht all’ i Ho-sfnung·« Gortyetzung folgi.) - --- — Von der Schmiere. ,, Director, sind Sie denn auch wi für die Ausführung des angelü ten, schwierigen Stückes vorberei « —- ,,Gewisz! Habe beveits die set tigsten Rollen gestrichen!« ——Jn der Verliebthe s »Aber wie konnten Sie den Grezi — küssen, Anna ?« —- »Gnädige ths bin noch nie ’nen Grenadiet qekiti