— Treue. Von s. Stelle-. «· 10 Ein sonniger Frühlingstag. Linde Lust, ein sanft losender Wind, gliiels verheißend, berauschend. Lächelnd beugt sich eine graziiise Mädchenge alt über einen Strauß herrlich du tender Veilchen. Es sind ihre Lieblingsblumen und passen zu ihrem ganzen sonnigen Wesen, zu den tveuen blauen Augen und der biegsa men Gestalt. Man könnte sie selbst ein Veilchen nennen, so reizend ist sie. Kei sre Schönheit, noch nicht einmal hübsch, aber von jener undesinirbarenAnmuth, die nur Wenigen eigen. Jhr ganzes Sein ist Güte und Grazie. Sie braucht keine rauschenden Vergnügungen, um liicklich zu sein, nur ein Stückchen gimmelsblain ein wenig Sonnenschein, dazu Vogelsang Iund Blumenduft. Heute ist ihr ein Strauß Veilchen gesandt worden, herrlich duftende Par daveilchen, mit liictlichem Lächeln be trachtet sie dieselgem sie kennt denSpen der derselben. er ist’s, der Herrlichste von allen. Bei einer Freundin hatte sie ihn ten nen und lieben gelernt und seit einigen Tagen ist sie seine Braut. Kein Mensch ahnt etwas von dem Glücke der Bei den, denn er muß auf Wunsch seiner Eltern noch einJahr fort, weit fort, als Schiffsarzt, sich allen Gefahren und Strapazen eines solchen aus einer See reise aussetzen. Sie aber lann nichts thun als ihm ihre Treue bewahren und in untvandelbarer Liebe auf ihn war ten. Nicht ungeduldig und sorgenvoll, nein, hoffnungsfroh und muthig. Ih ren Frohmuth wollte sie bewahren, den er irnnwr so an ihr geliebt. Zwarwürde der Abschied schwer, sehr schwer werden, heiß traten ihr die Thränen bei dem Gedanken in die Au en. Schon als kleines Kind hatte dies ort für sie die traurigfte Bedeutung, ihr wurde von jeglichem, woran sie ihr kleines Herz gehängt, der Abschied schwer. Nun noch vier Wochen und sie mußte Abschied nehmen auf ein volles Jahr von dem, der ihr der Liebste auf der Welt war. Tapfer und standhaft rnußtesie sein und ihm den Tren nungsschmerz erleichtern. O, könnte sie mit ihm, als fein Weib, ihm zur Seite stehen und Freud und Leid schon jetzt mit ihm theilen. EP sp Aver nein, fort mit den trüben Ge danten, noch ist er hier« noch lann sie ihn sehen, noch ist es Frühling, wonni gr Frühling mit Sonnenschein und eilchen. Ach, seine Veilchen! Debat sarn seht sie sie ins Wasser, steckt sich ein paar davon in den Gürtel, dann geht sie fort, zu ihm’, mit Glück im Herzen und einem Glücksschimmer in den Au gen. Vorüber sind die vier Wochen, vorbei ist der Abschiedsschmerz, verblüht find die Veilchen, aber hell und leuchtend ist die Liebe in ihrem erzen, siegesbe wußt die Hoffnung, reue und Sehn gicht aber folgen ihm weit übers Meer. öglich hat sie den Atlas vor sich lie gen, studirt eifrig die Zeitungen und hofft und wartet. Mit Jubel holt sie sich seinen ersten Brief selbst von der Post, dann ant wortet sie ihm, wie nur ein liebendes junges Menschenkind antworten lann in der ersten heimlichen Liebeszeit Hin und her fliegen die Briefe, fast jede Woche erhält sie Nachricht und ebenso oft schreibt sie ihm. Die schönsten Luft fchlösser werden gebaut und der Re frain eines jeden Briefes ift: »Ach wäre es doch erst Frühling.« Der Sommer kommt mit Gluth und Rosen, das zarte junge Frühlingsgrün wird dunkler, die Luft ist oft erstickend schwer,'Kirfchen und Stachelbeeren rei fen und alles ist Duft und Sonnen ichs-XII LZH Wellen Olc Mo!cll, olc IOlCllck färben-sich gelb, ein Monat nach dem andern geht dahin, bald ift es Herbst. Schwer hängen die Früchte an den Bäumen, das Laub nimmt eine bunte Färbung an, still wehen die Blätter ab J nnd allmälig wird es Winter, ialtet, I strenger Winter-. Die Menschen gehen eilig ihres We ges, die kleinen Vögel sind längst fort gezogen und nur die Sperlinge suchen nach den Krumem die eine mitleidige Hand ihnen hingestreut, tiefer Schnee liegt überall und ein eisiger Wind fegt durch die Straßen. Vor einem hellslackernden Kamm seuer sitzt eine junge Mädchengestalt, ein welles Beilchenstriiußchen in der Hand. Dies Sträußchen hat sie im Frühling erhalten« im Fräblingi Sie schließt die Angen. Und verges sen sind all die einsamen Monate, ver gessen die furchtbare Angst, seitdem ihr lehier sehnfuchtsvoller Brief unbeanti wottet geblieben. Wie schnell fliehen die Stunden, wie reiht sich ein Tag an den anderen, ein Monat folgt dem anderen und dann ist wieder Frühling, er ist wieder bei ihr, bleibt bei ihr,leinMensch kann ihn ihr entreißen. Da fällt ihr Blick auf die weilen Veilchen in ihrer Hand und sie seufzt schwer und bang. »Ach, wiire es nur erst Frühling, läme er nur bald«. ruft sie klagend. Die Tage vergehen eintJnig und trübe, das Leuchten in ihren Augen wird schwächer, ihr Frohsinn liifzt nach und bleich und schmal werden ihre Wangen. Immer noch vergeblich war tet sie auf Antwort. Reinen Augenblick Fweiselt sie an seiner Treue, aber häu sia schnürten ihr ein furchtbares Angst gesiihl und marternde Sehnsucht die Brust zufammen. Doch Woche auf Woche verrinnt und lie bleibt obne Nachricht. Jbr Muth sinkt, vte trüben Gedanken verlassen sie nicht« sie kann ihnen nicht entfliehen. 2. Wieder ist’i Frühling, wieder blü Tn die Veilchen und wieder zieht die offnung ein in so manches müde Herz. Die hoffnung! Die belebt den Kranken, sie erhält den Zweifelnden und stützt den Sorgenvollen. Auch in ein trauriges, sehnendes Müdchenherz kam sie verstohlen mit dem ersten belebenden Sonnenstrahl.— Nur noch wenige Tage, dann war es vorbei mit allem Grämen nnd Sorgen, dann kommt er zurück. Sie malt sich das Wiedersehen aus in den leuchtend sten Farben. Oefter schon ist sie hinaus gewandert, bis a«n das Haus seiner El tern, sein heimathshaus. Aber einzu treten hat sie nicht gewagt ihr Glück ist ja noch ein heimliches, sie hat ihm ihr Wort gegeben, vor seiner Rückkehr kei nem davon zu sprechen. Dies Wort ist ihr heilig, sie hält es trotz Angst und Sehnsucht. Es wird Mai. Leise und zaghaft, »wenn auch ein wenig unvorsichtig, wagt sich schon eine Rosentnospe ans Licht. ZDer Nachtfrost kann ihr junges Leben zerstören s Der so viel gepriesene Wonnemonat jbringt manchen Reif und Frost und ei snem sehnenden Menschenkinde brachte ler den ersten schweren Kummer. I Endlich, nach qualvollemWarten er shält sie einen Brief. »Von ihm,« jubelt sie freudig. Doch tief enttäuscht sieht sie eine fremde Handschrift, voll banger Ah nung öffnet sie das Schrei«cn. Seine Mutter schreibt ihr, rührend, ergreifend. Noch voll von dem eigenen Schmerz und doch zitternd um den Kummer, den sie ihr verursachen muß. Langsam und schonend berichtet sie ihr, daß ihr Sohn, der aesund und lebensfroh gegangen, als Unglücklichesr wiedergetehrt ist, der das Licht seiner Augen bei einer Explosion unwiderruf lich verloren hat. Liebevoll sucht sie zu trösten, sdie Mutter, die selbst so trostbediirftia ist. Und weiter schreibt sie, ihr Sohnhabe ihr von seiner Liebe erzählt, sie ersucht, ihr alles zu schreiben nnd ihr dasWort, das sie einem Gesunden gegeben, zu rückzugehem Die Buchstaben schwammen vor den Augen der Lesendem kraftlos sanken ihre Hände in den Schoß undin ihrem Kopfe hämmerte es. Blind, sie kann es nicht fassen. Er k in dessen Augen sie so oft von Liebe und zGliick gelesen, die sie so oft aufblitzen ssah voll Zuversicht, die sich mitleidig Itröstend beim Abschied in die ihrigen !gesenit, er blind. l Der ihr der Liebste aus der«.Welt, er sollte in tieferNacht durchs-Leben gehen, sollte sich niemals mehr mit ihr über alles Schöne und herrliche der Welt freuen, undenkbarx Sie ist fassnngslo5, aus allen Him zmeln gestürzt, ihr, dem srohsinnigen ZSonnenkiude ift das erste herbe-Leid ge schehen —- — · « . . Doch das Mitleid nnt ihrem Gelieb ten iiberwiegt ihren Kummer. Sie will zu ihm, ihn ihrer unwandelbaren Liebe oersichern, er bedarf ja jetzt ihrer mehr als je. Da fällt ihr Blick auf die welken Veilchen. Die Erinnerung überwältigt sie und fassungslos schluchzend glaubt sie sterben zu müssen. — — — Dann will sie zu ihm. Vorher iauft sie noch Veilchen, einen großen Strauß. B. Jn einem von Sonne durchslutheten Gemach sitzt ein junger Mann. Seine Augen sind don einer blauen Brille be schattet. Vor ihm kniet ein bleiches Mädchen. Der Mann hält wie segnend seine Hände auf dem Scheitel des Mädchens. Betäubender Veilchenduft erfüllt das Zimmer und hoffnungslose Verzweif lung prägt sich in den Zügen beider aus. »Mach’ uns doch den Abschied nicht so schwer, lebe wohl, Gott schüße Dich,« ruft der Mann trostlos. »Nein, ich gehöre zu Dir, ich lasse Dich nicht,« sagte das Mädchen ent schlossen. »Geh, ach geh doch,« ruft der Mann stöhnend, »Du sollst, Du darfst nicht an einen Unglücklichen geleitet sein. Und wovon sollen wir leben, wovon?« Da zieht ein verzweifelter Ausdruck über das Gesicht des Mädchens. Daran hatte sie noch nicht gedacht. Er hatte mit dem Licht seiner Augen auch noch seine Existenz eingebüßt So sehr sie auch dachte, ihr fiel kein Ausweg ein und mit Verzweiflung riß sie sich endlich los. »Ich bleibe Dir treu, oerzage nicht, auf Wiedersehen.« Mit diesen Worten verließ sie ihn. Dann stand sie draußen, wie ge lähmt an Leib und Seele. »Wind und arm.« Diese Worte marterten sie unaufhörlich. Begegnete sie einem lachenden Men schen, so hätte sie ihm laut aufweinend zurufen können: »Wind und arm! Weißt Du, was dies bedeutet? Weißt Du, was es heißt, verzichten zu müssen auf den Anblick der schönen, lachenden Gotteswelt, im Dunkeln zu bleiben sein Leben lang, nachdem man die Sonne gesehen, das Glück erschaut? Weißt Du, was es heißt, auch noch arm zu sein, sich sorgen zu müssen um die Zukunft? Weißt Du, was es heißt, ein herrliches Glück vor Augen zu haben und plö lich hinaus estoßen zu sein. Vetla en von der Toffnung todestraurig die Gegenwart und düster die Zukunft? Rein, Du weißt es nicht, denn wenn Du es wüßtest, Du könntest nicht la chen.« 4. Der Unglückliche aber saß allein. Und sie flutheten auf ihn ein die Ge danken. Ach er konnte ihnen nicht ent fliehen. Und so hoffnungs-, hilflos und verlassen sollte er bleiben sein Leben lang? »Nein, nein,« schrie er laut, »ich er trage es nicht! Herrgott, laß mich nicht verzweifeln, schicke mir einen Hoff nungsstrahl.« Seine Eltern, seine junge, lebensfri xche Braut standen vor seinerSeele und chfließlich aus Neigung erwählter Be ru . Sein Beruf, der Traum war ausge träumt. Umsonst die schönen Studien jahre, umsonst sein Streben, sein Rin gen, vorbei der Traum von Glück! »Nein,« rief er nochmals aus, »ich ertrage es nicht, o wäre ich doch gestor ben, nur nicht blind sein. O könnte ich noch einmal die Sonne sehen, noch ein mal meinen Eltern der fröhliche Sohn sein, meiner Braut in die treuen Au gen schauen und sterben —- nur nicht blind sein.« Da vernimmt er Schritte, eine sanft streichelnde Hand fährt ihm tosend iiber das Haar, ein thränenüberströmtes Antlitz neigt sich zu ihm herab und leis flüstert eine milde Stimme: »Mein Sohn, mein lieber armer Sobn.« · US in feine Mutter. « Er tastet nach ihrer Hand und in schmerzlichem Schweigen sitzen Mutter nnd Sohn, lange, lange Als seine Mutter gegangen, ist fein Entschluß gefaßt. — Nach langem Suchen findet er seinen Pistolentaften, jetzt hat er die richtige Waffe und nun —- nicht mehr gezöi gert. Da steht das Bild seiner reisenden Braut, wie er es seit einem Jahr im Herzen getragen, vor seiner Seele. Er hört wieder ihre Stimme, zitternd vor Trennungsweh sagen: ,,Leb wohl, wenn derFriihling kommt und dieVeil chen blühen, dann sehen wir uns wie der.« »Nein, ich kann nicht leben, schon um i ihretwillen nicht,« sagt er fchmerzlich,3 »ich vernichte ihr sonniges Dasein. So I ist’s ein kurzer, scharfer Schmerz, in i das Unabänderliche muß und wird sie T sich sit-um« ’ Tiefer Schmerz Prägt sich in seinen ; Zügen aus. Seinen Eltern, denen et » Stütze sein wollte, deren Stolz er gewe- « sen, ihnen mußte er dies anthun. » »Stütze, Stolz,« er ruft es bitter. ’ Eine-Last bin ich ihnen nur noch, dnrch meinen Anblick allein bereite ich ihnen · täglich, stündlich neuen Kummer.« ’ Entschlossen setzt er die Waffe an. . Da ftiehlt sich ein Sonnenstrahl durchs Fenster und er fühlt den war men, belebenden Hauch Draußen zwit fchert ein Vogel und der Veilchrnduft umzieht feine Sinne ? Er feufzt schwer. Draußen Frühling und Sonnen schein und ich soll weiterleben in Nacht und Finsterniß. »Nein, nein, es kann nicht sein. Kein Zaudern mehr! Lebt wohl ihr Lieben, leb’ wohl Du herzige Braut, ich muß Frieden haben, Frie den!« Laut und schrill fällt der Schuß durchs Haus und erschüttert die ah nungslofen Eltern. o. Inzwischen ist die Hoffnung zu der jungen Braut gekommen und hat leise. leise Zwiesprache mit ihr gehalten. — Sie fand einen Ausweg!——Seine Brie fe! —— Alles in denselben lebte. Die Personen, die er geschildert, erschienen ihr vertraut, die Ereignisse lebendig. Sie hatte ihm einst begeistert ge schrieben: »Deine Briese sind mir Bil der. Alles von Dir Geschilderte sehe ich greifbar deutlich vor mir, sie sind werth, gedruckt zu sein.« Sie holte sie hervor, einen nach dem anderen. Der Letzte fesselte sie besonders Er hatte ihr darin einen Sturm ge schildert, so lebendig, daß sie ein Grau - sen beim Lesen packte. Jhr Entschluß war gefaßt. Sie brachte den Brief einem Freunde ihres Vaters, der Redacteur einer viel gelesenen Zeitung war. Sein Urtheil ließ sie aufjubeln. ,,Großartig, mein Freäulein,« rief derselbe begeistert, »das packt einen ja förmlich, hier ist Talent, ein großes Talent.« Sie konnte vor Erregung kaum die nöthigen Dankesworte ftammeln. Zu ihm, ihm, war ihr einziger Wunsch, ihm das Vernommene mittheilen, ihm ein Theilchen Hoffnung wiederbringen und ihn ausrichten. So eilt sie an das Haus ihres Ge liebten. Leise geht sie durch das kleine Gärtchen und tritt in das bekannte Zimmer. Sie will ihn über-raschen. Das Zimmer war leer. Sie geht an die nächste Thür. Todtenftille. Ein ihr unerklärliches Angstgefiihl schnürt ihr die Brust zusammen. Da öffnet sich eine andere Thür und bleich, um Jahre gealtert, tritt ihr feine Mutter entgegen. Leise zieht sie das erschrockene Mäd chen mit sich in die Laube und hier theilt sie ihr vorsichtig und gefaßt das Schreckliche mit. Die noch eben so hoffnungsfrohe Braut hört todtenbleich das Entsetz liche mit an, kaum kann sie es fassen. l »Ist noch Hoffnung?« fragt sie ton os. »Ja,« sagt die Mutter, traurig lä chelnd, »die Kugel hat nur eine Rippe gestreift, die edleren Theile sind, wi die Aerzte glauben, unversehrt geblie ben. Wenn alles gut geht, können wir ihn uns erhalten. Aber, ob er dies als ein Glück ansieht, das mag Gott wis sen,« schloß sie seufzend. Da leuchteten wieder die Augen der jungen Braut. »Er wird und muß genesen,« sagte sie zuversichtlich, »und wir Alle werden noch glücklich sein.« — Sie nahm die schwer geprüfte Mutter in den Arm und herichtete ihr alles. Und wie Sonnenschein zog es über das Antlitz der Mutter, sie trar ja auch wieder zu ihr gekommen, die schöne, die beglückende Hoffnung. 6. Es ist Juli, ein schöner warmer Sommertag. Jn der fast vollständig mit wildemWein umrankten Laube sitzt ein junges Paar. Der Mann sieht ein wenig bleich aus, als ob er von einer Krankheit genesen. Das junge Mädchen neben ihm aber hat brennend rothe Wangen. Soeben hat sie die längste Rede ihresLebens gehalten, athmet nun wie befreit auf und sieht erwartungs voll zu dem auf, dem ihre Beredsamteit gegolten. Auf den Zügen des Mannes liegt ein fast vertlärtes Lächeln und wortlos zieht er das junge Mädchen an sich. »Dant, tausend Dant,« sagt er end lich, tief gerührt. »Ja, ich nehme Dein Opfer an. Wenn Du denn Dein schönes Leben durchaus an dasjenige eines Un glücklichen, eines Blinden ietten willst, nun, so sei es. — Was in meinen Kräften steht, Dir Dein Leben noch ein wenig leicht, ein wenig froh zu machen, Dir sie ein we nig zu vergelten, die unendliche Liebe und Treue, die Du mir im Unglück be wahrt haft, es soll geschehen. Jetzt erst sehe ich ein, wie schlecht, wie frevelhaft es von mir war, dieses, fiir mich noch so unendlich viel Glück ber gende Leben leichisinnig von mir wer fen zu wollen« Mit einem Jubelruf umschlana sie ihn und eine Weile herrschteStille, tiefe Stille, tiefe heilige Stille zwischen dsen Beiden. Dann fuhr der Mann fort: »Du aber, mein Lieb, sollst nicht ent täuscht werden, ich fühle es, Du darfst hoffen und alauben an mein Talent. Nicht vergeblich habe ich studirt, gelebt und -— gelitten. Meine erste Novelle aber soll Treue heissen. Sie soll Denjenigen. die nicht mehr alauben an Liebe, an Treue, sie soll sie ihnen w«iederaeben, den Glauben, das Vertrarren —- es giebt noch Treue!« Folgen der Eifersucht Erzählung-von Adolf Wilhelm. Dire junge Gräfin Charlotte von J ..... » eine schöne und geistreiche Dame, war nur erst zwei Jahre ver heirathet, aber schon nahm sie an ih rem eleganten Manne eine Gleichgü tigkeit wahr, die sie mit Schmerz und Eiferfucht erfüllte. Während der Gotte feine Clubs besuchte, wie er vor gab, blieb die Gattin, die sich sonst häufig an der Seite ihres Gatten zeigte, allein in ihrem Hotel ,,Werden wir den nächsten Donner stag in der Oper den Maslenball be suchen, lieber- Franz?« fragte sie eines Tages- beim Mittagstische den Grafen. ,,Nächsten Donnerstag? Mein liebes Feind, der Mastenball trifft mit der Clubgesellschaft zusammen, die ich un möglich versäumen kann, da ich zum lsomite «geh·ore.« ,,Ftönntest Du Dich, mir zu Liebe, nicht davon frei machen?« fragte die Gräfin. Der Graf führte so triftige Gründe an, daß die Gräfin, eine taltvolle Dame, nicht weiter in ihn drang und schwieg. Früher hatte sie ein Opfer gebracht, wenn sie ihren Mann auf den Ball begleitete, wo die fashionable Welt von Paris sich versammelte, und jetzt weigerte er sich, ihr den kleinen Wunsch zu erfüllen. Die arme Frau nahm an, daf; der Graf ohne sie den Ball besuchen würde, den er früher um keinen Preis ver säumt hätte. Was die Eifersucht arg wöhnte, machte Hermine von S·, eine Freundin, zur Gewißheit »Ich wette,« sagte Hermine, »daß Dein Mann auf dem Balle nicht fehlt! Die Clubs versammeln sich an solchen Abenden nicht, da alle Mitglieder den Mastenball besuchen.« »Das wäre entsetzlich!« flüsterte trauvig die junge Frau. »O, hätte ich Gewißheit!« · »Ist Ps« «. »Die zu erlangen touu nur« seyn-u sein, meine arme Charlotte,« meinte die Freundin. »Aber wie?« »Du kennst Deinen Mann am Gang, an seiner ganzen Haltung, wie er sich auch kostiimiren mag; ich besorge zwei Einlaßkarten, und wir besuchen als zwei einfache Dominos den Ball. Eine Stunde genügt, um den Saal zu durchspähen. Siehst Du ihn nicht, so kannst Du Dich beruhigen, dann hat ev die Wahrheit gesagt.« »Besorge die Kostüme und Einlaß Iarten.« Der verhängnißvolle Donnerstag er schien. Nach dem Diner, das um fiinf Uhr eingenommen ward, küßte der Gras seine Gattin und ging in den Elub. Charlotte trocknete eineThräne, ils sie sich in ihrem Boudoir allein befand. Die Befürchtuna, den Gatten in der Oper zu tressen, schnürte ihr die Brust zusammen. Um zehn Uhr er schien Herminex um els Uhr verließen Beide Frauen das Hotei. Ein Fiaker brachte ne nach der Oper. Dev Ball war ungemein zahlreich besucht. Prächtige Masken wogten in dichtem Gedränge durch den glänzend erleuch teten Saal. Charlotte ging mit klop fendem Herzen an dem Arme der Freundin; in jeder Maske glaubte sie den ungetreuen Gatten zu entdecken. Die beiden weiblichen Dominos, die allein durch den Saal irrten, erregten bald die allgemeine Aufmerksamkeit »Hermine,« flüsterte die Frau, »der Türke, der uns nicht aus den Augen läßt, scheint mein Mann zu sein. Sieh’ nur, es ist seine Gestalt, bielleicht hat er mich erkannt.« »Das kann Dir nur lieb sein,« ant wortete die Freundin; »in diesem Falle weiß er, daß Du seine heimlichen Schliche kennst. Er geht ohne Dich zu Balle, folglich hast Du auch das Recht, ohne ihn zu gehen. Doch sieh’ nur-« jetzt nähert er sich jener Damengruppe — er redet die Türlin an — wir wol len ihu belauschen.« Der Pascha ergriff die Hand der Odaliske, einer reizenden, üppigen Frauengestalt und zog sie in die Rei hen der Tänzer; sie mischten sich in die Mazurka, die soeben exekutirt ward. Charlotte hätte darauf geschworen,daß der Pascha ihr Mann sei und daß er aus Rücksicht für seine Tänzerin das iürkische Kostüm gewählt habe. Jhr Schmerz läßt sich nicht beschreiben. Je mehr sie den Pascha beobachtete, je deutlicher glaubte sie ihren Mann zu erkennen. Und wie zärtlich schlang er seinen Arm um die schlanke, elastische Taille der Odaliske, die leicht wie eine Sylphe durch den Saal schwebte. Plötzlich war das Tänzerpaar ihren Augen entschwunden. »Komm, komm,« flüsterte Hermine, indem sie die Freundin mit sich fort zog. »Wohin?« »Jn die Nische dort, welche der Pa scha in diesemAugenblick betreten hatt« Charlotte ließ sich willenlos fortzie hen. Ehe die beiden Frauen die Nische erreichten, die sich in einem Winkel des großen Saales besar d, wurden sie von einem Dutzend Polichinells und Hatte quins umringt, die auf ausgelassene Weise ihre Maskenfreiheit benutztenz sie schlugen mit ihren klappernden Vritschen auf einander los, quiekten, schrieen und trieben das tollste Zeug. Ein neuer Haufen komischer Masken vergrößerte das Gedränge, und nach wenigen Minuten waren die beiden Frauen getrennt, die sich die tolle Schaar zum Gegenstand ihrer Scherze genommen zu haben schien. Die arme Eharlotte fand sich allein in einem « Kreise neckender Harlequins, die, Gri massen schneidend, sie umtanzten. Ein lautes Gelächter der zuschauenden Masken begleitete diese Scene, die ab sichtlich hervorgerufen zu sein schien. Charlotte war dem Umsinken nahe; sie fürchtete, »daß man sie erkennen würde, oder vielleicht schon erkannt habe. Aus ihre bittenden Gebärden antwortete man durch Lachen. Der Tumult ward immer ärger, da in diesem Augenblicke ein neuer Maskenzug im Saale er schien. Die Harlequins mußten be rauscht sein. Da theilte die hohe Ge sialt eines Mannes den Kreis; er trug einen eleganten, schwarzen Domino, eine feine Halbmaske und ein schwar zes Bareit mit weißer Feder, die über den Rücken herabwallte. »Zurück!« rief er mit kräftiger Stimme und durch die Löcher der Maske sah man seine vor Entriistung glühenden Augen. »Diese Dame steht unter meinem Schutze!« Und zugleich schob er die Harlequins beiseite. Ein lautes Gemurmel erhob sich. »Ich bitte, reichen Sie mir den zlrm,Madame,« sagte der Domino ru ig. ,,Fijhren Sie mich aus dem Saal, mein Herr, ich beschwöre Sie,« flüsterte die bedrängte Frau. Der- Domino zögerte nicht. Fünf Minuten später standen Beide an dem Portal des Opernhauses. Charlotte hing zitternd an dem Arme ihres Schützers, sie vermochte kaum noch sich aufrecht zu erhalten. Ein dichtes Schneegestöber hatte sich erhoben, die Nacht war rauh und kalt. »Einen Wagen, mein Hero! Jch bin « so erschöpft, daß ich nicht gehen kann!« Der Domino rief nach einem Fiaker. Das Unglück wollte, daß in diesem Augenblicke kein Wagen aus dem Platze war Der eiskalte Wind trieb eine Fluth von Schnee aus die leichtgetlei dete Frau. »Hier können wir nicht bleiben!« murmelte mitleidig der fremde Do mind. -- -- .-« -... »Um Des Dlllllllclfo Willen, suykcn Sie mich nicht wieder in den Saal zu rück!« »Aber Sie sind krank, Madame; wohin wenden wir uns? Ach, dort drüben ist noch ein Case offen, — fol gen Sie mir -—— ich werde einen Wa gen bestellen lassen!« Die Gräfin liess sich führen. Jhre kleinen, mit Atlasschuhen bekleideten» Fäßchen mußten den Schnee durchwu- » ten. Zitternd vor Kälte und Er schöpfung tmt sie in das Casebaus, wo sie halb ohnmächtig in einen Sessel sank. ,,Madame, in diesem Zustande kön nen Sie den Heimweg nicht antreten. Sie miissen etwas genießen, Sie müs sen sich kritischen. Erlauben Sie mir, daß ich die Sorge fiir Sie übernehme. Ich bitte Sie zu Gaste. Kellner, die Speisekarte. Zwei Flaschen Cham pagner!« Charlotte wollte ablehnen: der großmüthige Protektor ließ sie nicht zu Worte kommen. »Wir speian zukommt-, Mc s Y« sagte er, »dann hole ich einen MS und Sie fahren in Jhre Wohnung Das Betragen des Dominos wirstv liebenswürdig, so decent, daß Chl! lotte sich der freundlichenGewalt fiitls - zumal da sie annehmen durfte, Fremde sei ein Cavalier Man spch über die Ausgelassenheit, die fest ii dem Operinballe herrschte; der Domnj war entrüstet. Jn seiner Entrüstrt verzehrte er Trüsfeln, Pasteien, ge tenes Geflügel und Compots, kurz - feinste, was die Speiselarte aufo sen hatte. Dazu trank er einige F schen Champagner. Die arme Gräsi berührte einiges von den Speisen, re nicht undankbar zu erscheinen. Na einer halben Stunde hatte der Domickz seine Mahlzeit beendet »Wie fühlen Sie sich, Madamef fragte er »Mir ist besser.« it G,ut so hole ich auf der Stei einen Wagen.« it »Aber, wie soll ich Ihnen dank» mein Herr?« ,,Dadurch, daß Sie annehmen, habe Ihnen auch nicht den gering Dienst geleistet Was ich that, wii jeder Cavalieri an meiner Stelle « than haben« »,O so krönen Sie das Werk Jh « Großmnth dadurch, daß Sie mit ra : einen Wagen besorgen.« ' »Ehe Sie noch eine Tasse TEI aetrunken haben, werde ich zurücks iehrt sein Gorgon, eine Tasse T« mit Bisauit!« , Der Domino wischte sich den M r« mit den Serviette nnd verließ ha«2; den Saal Charlotte wartete zwanzig Minuten, eine halbe Stu —— der Schützer blieb aus« »Der Fremde wird keinen Wag finden konnen,« dachte sie, »er verz « mir sicherlich, wenn er mich nicht m s antrifft « « Sie hüllte sich in ihren Domina, , sich zu entfernen. Deo Kellner trat-z entgegen. » »Mein Freund,« flüsterte Charl : »wenn der Herr im Domino zurück « kehrt, so sagen Sie ihm, ich lasse sz gen meiner Entfernung um Entschs digung bitten.« Ye »Soll geschehen,« war die Antwotijz »doch vorher bezahlen Sie.« TO L Die Grösin erschrak; sie« erinnäf sich, daß sie kein Geld zu sich gest da Hermine für alles gesorgt hatte »Hier ist vie Rechnung-« fuhr Hi Kellner fort; ,,jener Herr hat mich . Sie gewiesen, als er sich entferntejx »An mich?« »Meine Frau wird bezahlen, hat«-E mir gesagt.« « Hätte die Maske nicht das nie« Gesicht der Gräfin bedeckt, so w« . der Kellner gesehen haben, wie sie » Scham erröthete, denn sie begriff, de sie einem Abenteurer in die Hände fs fallen war, der auf ihreKosten ein v-· treffliches Nachtessen zu sich genom hatte. Die Rechnung betrug 65 Fru Es erschienen immer mehr Maskd Der Kellner sah die Dame mit ar wöhnischen Blicken an. " »Nehmen Sie, nehmen Sie!« sag die Gräsin, indem sie mit zitterndaz Hand eines ihrer Anmbänder lösti Morgen früh werde ich die Rechnung bezahlen und den Schmuck zurücksm dern.« , Charlotte athmete auf, als-sie in de · Freie trat. Eine große Gruppe Fiakd hielt vor dem Opernhaus-e, in dem di Ballmusik rauschte. Sie bestieg eine Wagen und ließ sich nach ihrer Wol nung fahren, wo der Thürsteher dei Kutscher bezahlte. Kaum hatte sie ihr Zimmer betreten, als auch der Gro nach Hause kam. Sie hörte es» an der Schließen und Oeffnen der Thüren Wußte sie nun, ob er auf dem Oper-n balle gewesen war? Sie verbracht eine traurige Nacht. Schon friih ai nächsten Morgen kam Hermine, ui sich nach der Freundin zu erkundigerh Charlotte erzählte ihr Abenteuer und bat die junge Dame, da sie sich eines-—X dritten Person nicht anvertrauen könnte, das Arinband zurückzuholenx Hermine nahm die Rechnung und suhj ab. Nach kaum einer Stunde trat sic» wieder zu der harrenden Charlotte ink das Zimmer. z» X »Wo ist mein Schmuck?« »Der« Kellner sagte mir verwundertsa ! daß der Herr, welcher diese Nacht die i Zeche gemacht, den Schmuck siir seine «Frau Vor einer Stunde mit 65 Fres eingelöst babe.« Die Gräfin ward bleich; sie hattet « ein Armband verloren, das einenWerth von sünszehntausend Franks hatte Damit das Abenteuer- der Ballnachtz nicht bekannt wurde, mußte sie den Verlust ruhig erleiden »Das sind die Folgen der Eifer sucht!« rief sie aus« Einige Tage später erfuhr sie, daß der Gras zehntausend Francs in der selben Nacht im Club verspielt batte. »Das war eine thenre Nachtl« saate Hermine, welche die Nachricht über-T brachte. J »Ich bezahle sie gern,« antwortete Charlotte lächelnd, »denn icb habe nun die Gewißheit, das; der schöne Pascha - eine fremde Person war.« Von dem schwarzen Domino bat man nie wieder etwas gehört, aber - Hevmine hat wohl nicht reinen Mund gehalten, denn bald wisperten alle Sei-i s long von der theuren Nacht. s -.-- —.—-—---— — Erklärlich. A.: ,,Fräulein,7s Aeltlich behauptet, sie gehöre einer set-Cz alten Familie an. —- B.: »Das glaubt ich, sie hat fünf Schwestern, von denen die jüngste 85 Jahre ist. «