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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 20, 1897)
SM per Roman einer zerkogtm Von Paar Eli-net Dori tro der Jlissos seine hohen, be moosten Felsufer erhebet, wo der Hy mettog feine thölerreichen Höhenziige aufrichtet, liegt ein marmor"prangen der, von zwei Thürmen flankirterBau, das »Schloß der Herzogin«. Wäh rend jetzt zu den Valions des in eine Kaserne verwandelten ' Gebäudes Trompetensignale und Commando worte ernporschallen, war das Schloß in der Mitte-dieses Jahrhunderts der Wittwensitz einer der vornehmsten und teichsten Frauen Frankreichs. Hier verlebie die Herzogin von Plaisance, Tochter der Marquise Barbe - Mar bois, den Abend ihres Lebens-. Seltsam, daß der einstige Stern am Hofe Napoleons des Ersten, daß die vielgefeierte Hosdame Marie Louifens. sich gerade ein Land wie Griechenland, dessen Cultur damals eben im ersten Erwachen begriffen war, zu dauerndem Aufenthalt ausersah Aber die phan tastisch veranlagten Naturen jener Zeit standen unter dem Bann der in blut vollen Farben gemalten Schilderungen des Orients mit seinen verlockenden Reizen und Geheimnifsen. Diesem, der damaligen vornehmen Gesellschaft charakteristischen Zuge waren ein By ron, ein Chaieaubriand gefolgt. Ladh Stanhope zeigte in den dunklen Gassen vonDamastus den Glanz ihrerSchön heit. Die Prinzessin Belgiojoso de geifterte sich »für die herben Reize Ara biens« Gräfin Thiototi reichte einem wilden Anführer der Kurden die Hand zum Lebensbunde, und die Herzogin von Plaisanre wandte sich nach Grie chenland, der Stätte der großen Uns fischeu Erinnerungem dem Land ihrer Jugendtriiume, dem Schauplaß des ruhnrreichen Freiheitslampfes. Als die Herzogim welche sich im Jahre 1824 von ihrem Gemahle we gen Unvereinbarteit ihrer beiderseiti gen Charaktere getrennt hatte mit ih rer einzigen Tochter im Frühling des Jahres 1831 den Boden Griechenlands in Rauplia betrat, sah sie sich natur gemäß darauf angewiesen, zunächst dort ihren Aufenthalt zu nehmen; denn Athen war in jener Zeit, in völ lige Vergessenheit gerathen, ein gro ßes Trümmerfeld. Alles politische und geistige Leben conrentrirte sich auf jene pittoreste Stadt, die mit ihren engen Gassen mit ihren großartig an gelegten Festungswerten noch heute den Stempel der einstigen venezianischen Herrschaft zur Schau trägt. Hier richtete die einzige Zeitung Griechen lands zündende Artikel gegen denPrä sidenten der griechischen Republit Ka podistria, hier wurde der Sturz dieses Staatsmanne vorbereitet, wie später ebenfalls hier die gegen König Otto ge richtete Verschwörung ihren Central und Ausgangspunkt hatte. Die Her zvgin mußte sich bei ihrer großen gei ftigen Regsamkeit und bei ihrer ausge sprochenen Vorliebe für alles Außerge wöhnliche von diesen Umtrieben ange zogen fühlen und gehörte bald zu den eisrigsten Anhängerinnen der Umstnrz bestrebungen. Das tragische Ende je nes vorzüglichen, nur zur Neuorgani sation eines Landes nicht geschaffenen Diplomaten, welcher der Blutrache der Brüder Mavromichalis zum-Opfer fiel, scheint ihr Jnteresse an den Fragen der Politik stark beeinträchtigt zu haben. Dazu trugen wohl auch ihre während des folgenden sturmbewegten Jahres gewonnenen Eindrücke bei, als die Staatsregierung unter dem Schutze fremder Baionette ganz ohnmächtig den Parteiiämpfen gegenüberstand, welche das Land zerrissen und mit ei ner Bitterkeit ausgefochten wurden, wie fiein solchemGrade selbst die Tür ken hervorzurusen nicht vermocht hat ten. Deshalb wird auch gewiß sie die Ankunft des Königs Otto, der am 30. Januar 1833 unter dem Jubel derBe völterung in Nauplia seinen Einzug hielt. mit Genugthuung begrüßt haben. Durste man davon wenigstens den Be ginn erträglicherer Zustande im Lande erhoffen· Bei der Verlegung der königlichen Residenz nach Athen am 25. December 1834 übersiedelte auch die Herzogin in die neue Hauptstadt, too sie in einem jetzt als Waisenhans dienenden Ge bäude eine zwar geoiiuniige, aber im merhin beicheidene Wohnung fand. Denn in den wenigen Straßen des da maligen Athen standen nur ganz un scheinbare Häuser, Und das einzige italienischchoteL das «Albergo Rudo«, sowie das einzige französische Stiefmu rant det Stadt vermochten den an sie gestellten Ansprüchen nicht zu genügen, da mit König Otto an 15,()00 Perso nen nach Athen gekommen waren. Und die Beschasfercheit dieler wenigenSteas ßen ließ viel in wünschen übrig. So mußten die zu einein Fest beim knist fchen Gesandten geladenen Gäste mit Fackeln in den Händen von Stein zu Stein springen, um nicht in die at lenthalben sich anfthnenden Löcher und Stirne-le der Straßen zu fallen. Dem entsprechend konnte der vom König thutn aus«-gehende Glanz nur sehr mä ßig sein· Der junge Monarch sah sich auf das aneuteriom wo vorn Novem ber 1863 an die berühmten, die Contri tntion tn Griechenland einsiihrenden Sitzungen der Nationalversaminlnng stattfanden, »als eine sast bürgerliche Residenz angewiesen. Erst bei seiner Vermählung im Jahre 1887 erfolgte seine Uebersiedelung in die jetzige Po-( ltzetdtrettion, einen langgestrecktem diitteeen Bau. Graf Arrnanspetg wohnte in dem alten Polyteehnilum· is« und in dem heutigen Odeion befanden sich die Bureaux dieseö Ministeri. Die Aeußerungen geistigen Lebens be schränkten sich ausschließlich auf die in griechischer und französischer Ausgabe erscheinende Zeitung »Sotir«, und die Armuth war allgemein und groß, Geld war nur gegen 20 und ZoProzent auf zutreiben. Man wird sich denken können, wel ches Aufsehen unter solchen Verhält nissen die Herzogin von Plaisance er regen mußte, der eine Jahresrente von Z()U,000 Franken, ein Drittheil der ge sammien Civilliste des Königs zur Verfügung stand. Und die Herzogin war es, welche der von Staunen gefes selten Stadt zuerst das grandiose Schauspiel einer im Privatbesitz be findlichen Equipage bereitete. Sie legte illr Vermögen in großen Terrains auf dem Pentelilon und in bizarren Neu bauten an, die sie jedoch wegen einer Prophezeihung daß nach der gänzli chen Vollendung eines von ihr begon nenen Baues ihr Tod eintreten werde, nie ganz beendigen ließ. Die Herzogin führte im Gegensatz zu der ersten Periode ihres Lebens auf griechischem Boden, welche sie gern als diejenige der Verfolgung bezeichnete, während des ersten Jahrzehnts ihres Aufenthalts in Athen ein ausschließlich ihrer Tochter gewidmetes Leben. Sie hatte mit ihr den ganzen Orient be reist und das anmuthige Haupt im Geiste mindestens mit einer Königs trone geschmückt gesehen. Aber die äußerst zarte Gesundheit der jugendli chen Prinzessin machte diese stolzen ;Zukunftspläne zunichte. Eine un glückliche Liebe zu dem ,,schönen Ma sniaten« Katsatos Mavromichaliö s machte die zarte Blüthe noch schneller welken, als das bangende Mutterherz befürchtet hatte. Auch Mavromichalis s starb kurz darauf in München an der s Cholera. Noch lebt in der Man ein s Voltglied, das den Tod des in der sFremde Gestorbenen beklagt, so wie I dort noch immer der Glaube besteht, I daß Mavromichalis im königlichen Schlosse vergiftet worden sei, weil er die Niederlage der zur Unterwerfung in die Mani gesandten königlichen Truppen herbeigeführt hatte. Die un glücklicheMutter vermochte sich von den sterblichen Ueberresten ihrer Tochter nicht zu trennen, ließ sie einbalsamiren und in einem Sarg mit Glasdeckel in den Kellergewölben ihres Hauses auf bahren. Jeden Vormittag weilte sie dann an der Bahre ihres Kindes, um beim Schein der brennenden Wachstu zen, von der tiefsten Stille umgeben, jene ergreifenden Gedichte des Eng liinders Young zu lesen, worin dieser den Verlust seiner früh verstorbenen Tochter beweint. Trotz der Achtung, welche die Athener für diese Aeufzerung außerordentlicher Mutterliebe hegten, galt doch die unnatürliche Erhaltung einer Verstorbenen den streng religiö sen Gemüthern als eine Keherei und erregte allgemeines Befremden. Wer :ve113, welche Schwierigkeiten ver »er zogin deshalb noch entstanden wären, wenn im Juli 1846 nicht eine Feuers lxrunst ihr Wohnhaug eingeäschert hät te. Vergebens versprach sie dem Ret ter des Körpers ihrer Tochter goldene Berge. Dieser wurde mit dem Uebri gen ein Raub der Flamme-U seine pie tätvoll gesammelte Asche aber wurde in der herzoglichen Besitzung am Pen telilon beigesetzt. Nun war die Herzogin ganz allein in dem fremden Lande, das sie wohl der für sie theueren Erinnerungen und ihres vorgeschrittenen Alters wegen nicht mehr verlassen wollte. Jhre gei stige Regsamkeit jedoch war ungebra chen. Deshalb erschien ihr eine Fort setzung ihres bisherigen zuriirlgezoge nen Lebens, dem jetzt der Inhalt ge nommen war, als Unmöglichkeit Sie bedurfte neuer Anregungen, neuer Ziele. Und so stellte sie sich die Um bildung der athenischen Gesellschaft nach ihren Anschauungen und Grund sätzen zur letzten Ausgabe ihres zur Neige gehenden Lebens. Solchen Plä nen gereichte ihr am Jlissos neuerbau tes Schloß, das in Stil und Ausstat tung an die vornehmen Landhäuser der damaligen französischen Aristotra tie gemahnte, zu wesentlicher Förde rung. Aber die Fanariotensamilien, welche den eigentlichen Adel des Lan des repräsentirten, fanden sich dort nicht ein. Mit denen hatte sich die Herzogin entzweit, da sie ihre Adels titel nicht als vollgiltig anerkannte. Die durch Ehrgeiz und Egoismu5, Hab- und herrschsucht charakterisirten Fanariotem nach dem Stadttheilstow stantinopel benannt, den die Griechen bei der türtischen Eroberung bewohn. ten, hatten sich dem Sultan unent behrlich zu machen gesucht und es zu Ansehen und Einfluß gebracht. Der Glanz des neuen Thrones nnd die-Augi sicht auf neue Aemter und Würden in dem freien Königreiche hatten einen großen Theil von ihnen noch Athen ge ifiihrt Die Herzogin hatte gleich von sAnsang an Tuch nicht zu ihnen zu stel Jten vermocht, und die mit großer Er T bitternng von beiden Seiten geführten Fehden erreichten ihren Höhepunkt als der damalige sanariotische Minister des Innern Nisos die Unterbrechung der von der herzogin angelegten äu ßerst nützlichen Fahrstraße von Athen nach dem Penteliton anordnete. Da ließ tle an diesem Wege eine Säule mit der Inschrift errichten: »Die Vollen dung dieses Weges wurde von Risos verhindert.« Nach der Differenz mit Atlaterini Triiupts, Mutter des frü here-· WAN- von der di — » getränlte Herzogin einen prachtvollen Oelwald, den sie ihr in herzlicher Auf x wallung geschenkt, zurückverlangte, f war der Bruch definitiv. Infolgedessen ’ zierte nur das bürgerliche Element der athenifchen Gesellschaft die Säle der Herzogim Die Damen in ihren Natio naltostiimen und mit Pantoffeln an den Füßen, durften, falls keiner der großen Hunde der Herzogin auf den Stühlen ruhte, es sich darauf bequem machen, während die Herren, von ih ren frifchgewaschenen Fuftanellen um wallt. an- den Wänden entlang Auf stellung genommen hatten. Die Herzogin fuchte ihre Gäste nach bestem Vermögen anzuregen und zu bilden. Sie dellamirte ihnen Verse ih res Lieblingsdichters Lamartine und Victor Hugo vor; sie warf religiöse Fragen auf,dabei freimüthig ihre aus esprochene Hinneigung zu der mo faifchen Religion bekennen, und ent wickelte bei Allem die ihr eigene unwi derftehliche LiebenswiirdigleiL Die Versammlung laufchte regungslos ih ren fesselnden Darlegungen, aber lei der ohne das geringste Verständnif3. Denn damals, wo es zu den alltägli chen Ereignissen gehörte, daf; gefallene Minister auf der Straße die Stöcke ih rer aufgebrachten Parteigenossen zu spüren belamen, befchränkte sich das geistige Jnteresse des Griechen aus schließlich auf politische Fragen. Die Herzogin fühlte sich durch diefe mehr oder weniger häufig zu Tage tretende Verständnißlosigkeit ihrer Zuhörer schaft nur noch mehr angespornt, und es kam vor, daß der erste Strahl der aufgehenden Sonne durch die Fenster des Schlosses auf ihre vom Eifer der Lehrthätigleit geröthete Stirn fiel. Trotz dieser unbegehrt und in fo reicher Fülle gebotenen geistigen Ge nüsse drängten sich doch die Athener zu den Gesellschaftsabenden der Herzogin. Denn hier duftete ihnen der bis-her vom Hörensagen bekannte goldilare Thee aus zierlichen Tassen entgegen; hier perlte Champagner in den Glä sern, den sie bis dahin nur im Geist mit den Helden der in Uebersetzungen gelefenen französischen Romane ge schlijrft hatten. Die ftärtfte.Anzie hungglraft aber übte wohl die Freige bigkeit der fürstlichen Gastgeberin aus, welche durch Geldfpenden und Zu weisungen von Terrains ihre »Freun de« noch inniger an sich zu fesseln such te. So gab eH noch lange danach in Athen Ehegatten, die besonders in der heißen Jahreszeit ihre Frauen mit dem Vorwurf betriibten, daß sie da mals nicht »bei der Herzogin Thee tranlen.« Sonst könnten sie jetzt, wie fo viele Andere, in ihrem eigenen Oel wald lustwandeln und von feinerKühle sich erquicken lassen. Der Zutritt zu dem gaftfreien Schloß der Herzogin aber war an eine Bedingung geknüpft: Der Einlaß Be gehrende mußte Handschuhe tragen Dasswar natürlich damals ein ganz unbekannter Luxusartilel in Athen, und deshalb machten die Handschuh fabrilanten in Paris gute Geschäfte. Um fo mehr als sie bei diefer Gelegen heit ihre ganz aus der Mode gekomme ne Waare trefflich verwerthen konnten. Die in allen nur erdentlichen Farben nuancen spielenden Hände der Gäste der Herzogin von Plaifanee gewährten dann freilich einen etwas seltsamen Anblick. - s Außer der handfchnhgefchmuaten Bürgerschaft aber waren auch die in Athen weilenden Fremden besonders franzöfifcher Nationalität in dem Schlosse willkommen. Hier verlebten der erste Bildhauer jener Zeit, David d’Angers, ferner Theophile Gautier und Edmond About, der seiner fatiri schen Feder in feinem noch immer le senswerthen Werte »La Grece con temporaine'« den freieften Spielraum ließ, unvergeßliche Stunden. Wenn die Herzogin keine Gäste bei sich fah, wandelte fie, deren kleine, schmächtige Gestalt Sommer undWin ter in weiße Stoffe, deren Haupt nach mofaifchem Ritus ftetS in Schleier ge hüllt war, durch ihren vom Jlissos durchftrömten Garten, wo forgfältigst jede Anpflanzung und Entwickelung von Bäumen verhindert wurde. Oder sie suchte den Hundezwinger auf, von wo ihre Lieblinge beim Nahen der Herrin mit freudigemGebell ihre Köpfe hervorstreckten. Furchtlos dehnte sie ihre Spazierfahrten bis in die weitere Umgebung der Stadt aus-, trotz der Räuberbanden, die damals Athen nn ficher machten. Sie hatte dabei auch wirklich einmal ein wenig angenehmes Rencontre mit dem beriichtigsten Rau ber jener Epoche Bibichi, den betrog-me Liebe dem Räuberhandwert zugeführt hatte. Die Herzogin saß allein in ih rem Wagen, das heißt allein mit ei nem griechischen Offizier, der wie Es penlaub zitterte und feinen Säbel fo gut als möglich zu verbergen suchte. Bibichi’s Freude über den glücklichen Fang war so groß, daß er ein zwischen 2(),000 Doublonen und 1()0,0()0 Pfd. fchwaniendes Lösegeld forderte. Aber das Nahen des herzoglichen Güter-Jn fpettors, an der Spitze einer Schaac Bewaffneten zwang den fretidetrrinte: nen Räuber zum Weichen, nachdem er zuvor 10 Franks von der Herzogin tvoller Danlbarteit entgegengenommen hatte. Er verabschiedete sich dann mit so enttäuschter Miene, dafz der Herzo gin, wie sie selbst erzählte, die Thra nen in die Augen traten. Später ver ftändigte sie sich jedoch mit Vibichi in einer diesen einsichtsvollen Räuber so befriedigenden Weise, daß sie feitdem smhebelliat ihre Ausilüae nach allen — Richtungen der Umgegend ausführen konnte. Denn eine Promenade in der Stadt selbst bot auch jetzt in den fünfziger s Jahren noch sehr wenig Verlockendes Vor den Häusern waren Kaltgruben polizeilich gestattet; Wasserlachen und verendete Hunde gereichten dem Stra ßenbilde nicht zur Zierde, und das ele gante Quartier der Stadt, deren Be leuchtung für den Fall. daß einmal der Mondschein ausblieb, Oellampen an vertraut war, durchquerte eine breite, offene Kloatr. Die ,,Gefellschaft« Athens gab sich im Sommer von 7 bis 9, im Winter Von 8 bis 5 Uhr Nach mittag ein Rendezvous auf der nach Patifsia sührenden Landstraße Hier bot allerdings, falls der Staub es zu ließ, die attische Gebirgslandschaft eins der herrlichsten Panoramen der Welt. Aber weitere Reize hatte das elende Dörfchen Patissia selbst nicht aufzu weisen. Vor der Stadt befand sich an der rechten Seite dieser Landstraße ein Kiosl, wo die einzige Musikkapelle Griechenlands des Sonntags concer tirte. Auch das Königs-paar pflegte sich den Genuß dieser musikalischen Leistungen nicht zu versagen. Der König im Nationallostüm, der sein Roß nicht ohne Anmuth lenkte, ver mochte von weitem mit seiner hohen schlanten Gestalt und dem leidenden Ausdruck im Gesicht Sympathien zu erwecken. Jn der Nähe aber mußten die schlaffe Haltung und die glanzlo sen Augen des vonFiebern heimgesuch ten und angeblich durch den dauernden Gebrauch von Chinin taub gewordenen Monarchen befremdend ausfallen. Die Königin, eine vorzügliche Reiterin, bot ganz im Gegensatz zu ihrem Gemahl ein vollendete-Z Bild körperlicher Fri sche. Auf ihrem vollen, in gesunder Röthe erglänzenden Gesicht ließen Spuren ehemaliger Schönheit sich noch verfolaen. Die Herzogin liebte es um so weni ger, sich bei solchen Gelegenheiten sehen zu lassen, als sie den Hof mied. Nur einmal hatte ihr der König, die Abwe senheit seiner gestrengen Gattin zweck mäßig ausnutzend, einen Besuch abge stattet. Die Herzogin besaß nämlich am Pentelikon ein nach ihrer Gewohn heit nicht ganz vollendetes Landbarts. Nun hatte der Besitz gerade eines sol chen Landbauses stets zu den Lieb linggtvünschen des Königs gehört. Aber der pompöse Bau des Residenz schlosses In der Stadt, welches 10 Mil lionen kostete, hatte dieKassen erschöpft Deshalb wird die im Herzen des Kö: nigs leise keimende Hoffnung, eine darauf hinzielende Anspielung werde bei der Herzogin vielleicht nicht erfolg los bleiben, verständlich erscheinen. Und die Herzogin brachte auch wirklich dem Anliegen des-Königs das liebreich ste Entgegenkommen und ein Ver ständnisz entgegen, das nichts zu wün schen übrig ließ ,,Sire,« erwiderte sie mit warmem Tonfall in der Stimme, »nehmen Sie mein Schloß, beenden Sie den Aus bau, möbliren Sie es ganz nach Jhrein Geschmack —- es wird Sie das nicht mehr als 50,000 Francs kosten — und wenn Sie es zehn Jahre hindurch be nutzt haben, geben Sie es mir in der Gestalt und Augstattung, die Sie ihm zu geben beliebten, zurück.« Diese Antwort dürfte ihren feinen, durchdringenden Verstand hinreichend kennzeichnen. Ebenso bewunderung5 würdig war die ungeschwächt erhaltene Kraft ihres Gedächtnisses, sodaß sie all die heiteren Histörchen, die sie in ihrer Jugend am Pariser Kaiserhof gehört hatte, bis an ihr Lebensende in ihrer launigen Art wiederzugeben vermochte. Mit ihrer zielbewußten, unbeugsamen Energie ging die Beständigteit ihrer Sympathieen Hand in Hand. Die moralische Unantastbarkeit ihres Cha: rakterå war während ihres ganzen Le bens selbst siir ihre Feinde eine unbe streitbare Thatsache. Aber es fehlte ihr auch nicht an Eigenthiimlichkeiten. So wollte sie ein und für allemal »Frau Herzogin« angeredet sein. «Denn,« pflegte sie zu sagen, »was bleibt mir, einer alten, lranten Frau, außer meinem Titels« Ferner war ihre Vorliebe siir jugendfrische Gesich ter fo gros-« daß ihre ganze Diener schaft ausschließlich aus jungen Leuten bestehen mußte. Jhre erste Gesellschaf terin war ein Fräulein Photini Mao romichaliT eine aufzergewöhnlich an-: muthige Erscheinung Sie hatte sich unter ihrer Leitung zu einer Vollende ten Weltdame herangebildet, die durch ihr bornehmes Auftreten, ihr geistrei ches Geplauder in der glänzend bes herrschten französischen Sprache die Bürgerschaft Athene in Erstaunen ver setzte. Auf Fräulein Mabroniichali5, welche Hofdame der Königin wurde, folgte die Tochter des bekannten Mis solongiten Cristog stapsas als Gesell schafterin der Herzogim welche auch bei ihr eine ähnliche überrafchende Wand lung des äußeren und inneren Men schen bewirkte. Nachdem sie die Zu: tunft des von ihr mütterlich geliebten jungen Mädchens durch eine Heirath mit dem Bankier Georg Stouzeg si chergestellt hatte, trug sie sich in ihren letzten Lebens-fahren mit dein Plan, ei nen griechischen Lehnsadel zu begrün den. Zur grossen Enttäufchung all derjenigen, welche schon mit freudiger Unruhe erneuten Schentungen von Grundstücken entgegengesehen hatten, gab sie aber schließlich diesen Plan auf da sich ihr Vermögen dazu denn doch nicht als groß genug erwies. Seit 1854 verließ sie ihr Schloß nicht mehr und konnte auch nicht mebr die ihr lieb gewordenen Abendgesell schafien um sich versammeln. Ein Jahr lang war sie, um die es ganz einsam geworden war, an das Bett gefesselt. Nur Frau Skouzes wurde dann und wann zu ihr gelassen. Sie mußte der Sierbenden Verse aus ihrem Lieb lingsdichter Laniartine vorlesen, von deren Wohllaut einaewiegt sie die AU gen für immer schloß. Bei der Furcht vor dem lebendig Begrabenwerden, die sie ihr Leben lang beherrschthaite sie aussührlicheWeisum gen hinterlassen, die jeden Zweifel über ihr wirklich erfolgtes Abscheiden behe ben mußten. Jhre Besitzungen fielen ihrem Neffen zu, der sie an die grie chische Regierung und Georg Skouzeg verkaufte. Jhr Gemahl, der als Jn haber des Großkreuzes und Ceremo nienmeisier der Ehrenlegion in Paris lebte, soll ihren Tod aufrichtig betrau ert haben. Sie fand ihre letzte Ruhe stätte aus ihrer Besitzung am äPente likon, neben dem Grabe ihrer Tochter. So endete die ehemalige hochgeprie sene Schönheit eines der glänzendsten Fiaiserhöfe der Welt. Jn der Fremde der liebevollen Fürsorge ihrer Ber wandten serngerückt, starb sie vergessen in einem melancholischen Zimmer ihres Schlosses am Jlissos. Das war der T Abschluß des inWahrheit unglücklichen J Lebens einer außerordentlichen Frau, die mehr Geist, mehr äußere Glückng ier Und Tugenden besaß, als erforder lich fein müßten, um das Glück in die ser Welt dauernd zu begründen. Sein verrrieskimlier Eng. (Mü11cl)encr Gerichtssceiie.) Der Hausbesitzer Franz Joses Xhueber teucht muhsani die drei Stie gen desGerichtsgebäudes hinauf, bleibt tiesathmend oben im Gange stehen und murmelt: »Js’ gar net ubel! San denn die Leut da heromet lauter Al prnclubisten? J’ versteh gar net, wars dös fiir an Borax haben soll, unser oan bis in die Wolken aufiztsprengenl Da geht oan der ganze Schnausezer aus!" Diese Reflexionen wurden un terbrochen durch den Gerichtsboten, der mit Stenorstimme im Gange rief : ,,Xhueber Franz wegen Ruhestörung No’ Neamdt daderZ Xhueber Franz und die Zeugen! Heut geht scho« wie der nix’n z’sama! Die Leut moan g’wiß, ’s G’richt wart’ auf eahna! Wer ist denn der alte Grandler da vorn?« »Der Xhueber bin i. lassen S’ mich z’erst wieder zu Athem keinma, ealma G’schroa hat koa Hoameth!« ries der Alte zurück. Piquirt bemerkte der Gerichtsbote etwas leiser: »Der Grandlhauer aa wegen Ruhestörung ! Harpst daher, als wären seine Füeß von Schotolad und a paar andere im Wachse-M Dös is enk a Welt heut zutag!« — Fünf Minuten spätei wurde bereits in die Verhandlung ein getreten. Richter: »Herr Xhueber! Bestehen Sie aus einen richterlichen Entscheid? Die Sache ist doch so geringfügig unt liegt so glatt, daß sie kaum die Mühe lohnt, weitere Auseinandersetzungen zu machen?« Angeklagter: ,,Lassen S’ die ganze G’schicht fallen, Herr Staatsanwalt! nacher brauch i nix’n z’ sagen, Sie ham koa Arbeit, die zwoa Zeugen können wieder hoam, ’s Papier is erspart, und i mach wieder mein Abstieg und Alle san mer wieder guet. Verdeant is so nix’n bei der ganzen Sach.« Richter: »Wegen der Geldstrafe von drei Mark lohnt es sich nicht, eine Stunde lang zu verhandeln! Ziehen Sie Jhren Einspruch zurück?« Angekl.: »Ganz recht hams! Ziah gen S’ nur die drei Mark z’ruck, nach her bin i aa im Zug und verlang koan Pfennig für die Arbeit!« Richter: »Dann wird also verhan delt! Sie haben am 16. Mai sowohl schon während des Abends in der Dingsbrauerei. als auch noch Nachts auf dem Heimwege durch Schimpfen und Schreien ruhestörenden Lärm der iibt. Stellen Sie dieses in Abrede oder wollen Sie einen Entschuldigungs grund dafür anbringen?« Angeli »Sollt« unteroaner net a mal mehr reden und seinen Gedanken Audienz geben dürien3 nacher wars ja ga"·.; aus. Manchmal hat mer liber l)aupt an ganzen Tag nixn wia Ver druß und kunnt rein aus« der Haut fahren, wenn mer sieht, wiefs jetz’n zu ·gek)t. Zum Beispiel in der Fruah les’ i meine Zeitung! Die griechische Lum perei wird alleweil interessanter, nixn wia Prügel und Schmirgl, große Schlachten mit zwoa Todte, d’ Grie chen z’sammt an Garibaldi kann mer kaum derreiten, so lanfen’s. Nacher wird in Paris a Schmalzlsasen voll Pulver g’funden, den die Anarchisten in an Waldl steh’n lassen ham. Dann kimmt a Schweizer Zollvertrag mit der Republik Utopia in Siidamerika, Liitzows wilde verwegene Jagd in Ber lin und die Politik i5’ fertig. Jm Lo: kalen is’ das Jnteressantesie, das; im Hosbräuhaus zwoatausend Heltoliter Bock und zwanzig Ster Weiszwiirscht vertilgt worden san. Der Fortschritt in der Entwicklung der Münchner Mögen ist nicht zu verkennen! Dann freut mich alle Monat unser Sanitäts bericht, weil d’ Stadt immer größer wird und trotz der lxijlseren Geburts zahlen die Sterblichkeit c nimmt, bis mer uns die Dummheit ;u sterben« ganz abg’wöhnt haben. . . «' Richter: »Jbre Aus-ei sndeesetzum gen gehen zu weit, ko:«· ein Sie zur Ruhestörung und deren klsnlasz Angekl.: »Natürlich komm’ i d’raus! W J mach mein Spaziergang « Its-Ich Ue langt a Bua mit zehn Jahr von mit a Feuer. »Was, sagt i, Du Schlankh mächst g’rviß an Frosch abbrenna nnd d’ Leut derschrecka?« —- ,,Ja, mit wär’s schön gnua!« sagt er, »so a Kinderei; a Cigarrl möcht i unterm t’n.« —- »Was? Du aa scho raucha K Hast koa Angst, daß dir d’ Muatta d’ Hosen visitirt?« —- »Ja, wenn i so a« Kraut tauchen th-·cit, wiaSie, na mucßt i wohl z’erst in d’ Lebensversicherung,· sagt er und läßt mi stehn Dös wär nacher nixn zum ärgern. A Viertel stund später hauchen a hundert Radler an mir vorüber. J möcht nur wissen, wo die Alle so eilig hinfahren. A Fräu lein mit aner Hosen fällt neben meiner sogar in die schönste gelbe SoßZ Macht nixn! Wenn die Je.·.ianden zum Ko chen dahoam hat, wird aa Jemand d’ Hosen waschen. Jetz’n kimm i in mein Bräuhaus a Stiinderl später und sitz ganz alloanig an mei’n Tisch. Aus a mal kimmt a Familie — der Mann riiat an dreijährigen Buam am Arm a Aelteres siilth er ander Hand, d’ Muatta schiebt a Wagl mit zwoa Kin der und weitere zwoa Mädl hängen an ihrem KloadL J denk’ mir g’rad: Z is schad, daß der Mann net an Ruck sack dabei hat, wo no’ a Kind d’rinn Platz l)ätt’, da steuert die Zigeuner bande auf 1nein’ Tisch zua und i kriag die Bescheeruna auf’n Hals-. Während der nächsten Stand h-ab’ i nixn mehret pstjsört wie: »Pepperl, sei stad, na’ Die-ist a WurschterlI Fannt), putz. Deine Schuats net an den Herrn sein« Strand ab! Fritzl, Putz Deine Nasen, dann darfst antrinkenl Roserl, geh umanand und druck’ die Semmeln auf Tiie Tisch ab, bis d’ a resche derwischt sit-Jst! Sei stad, MnckerL da kimmt sssmn -a Vier! Mo bab’ i denn an Jsarauen Vor meiner haustksiit ver- - Vubi sein’ Magenspitz! Vater, halt an Lenerl sein Stuhl bis einatimmt-«, sonst nimmt’n der Herr da drent, und ’s arme Kind müßt stehen« wenn’s Turm g’rollzt hat im Garten!« J bin wütlfxend und denk’ an jmein’ Auszug, da sagt der Mann: ,,S’cih Herr Nach bar! setzen’s Eahne weiter an’s Eck, sonst san wir Alle auseinander. So viel mijassen’s doch tenna, daß wir 3’sammag’hören und daß Sie uns im "’"."stege san. Wenn’s bequem sein wol len, dann nel)men’s a Losch im Hof theaier!« J mag mich net ärgern, stack meine sieben Zwetschgen und setz mich vier Tisch weiter z’ruck. Jetznt kämmt d’ Kellnerin und fragt dies - Frau! »Js der Alte, wo da g’sess’n. ig’, abgschobn’? No denn krieg i no’« den Gauner! J’ hab eahm glei’ für an Pazi ang’schaut!« »Ja, sagt die Frau, G’scheids war er nixn, dös hab i glei kennt!« J’ brüll: »daherer du Malefizbierwagen!« Sie kimmt und- , sagt zur Entschuldigung: ,,A richtiger · -; Mensch zahlt z’erst, eh’ er fort oder in a anderes Serwiß geht, so is’ der Kaiser-, Herr Nachbar.« — Na! das Trinkgeld war a,’stricha und hoam bin: ?- ktiit aner Wnth wie a Türk. Am lebend erzäh! i die Raubersg’schichi« meine Freund und aa dem Wirth in der Brauerei Meine Freund hanc, Nacht und des-: Wirth hat der Kellne Jst Recht geben. »Was? sag i, Sie mischten a Wirth sein und thuan nix clg umanandlaufen und · mit die Schnahspth schleifa, daß mer woaß, daf; der Zereuzereinfanger noch da is?« B·hiit di’ Gott!« Das war die Sack und da lxamer dazua laut g’sprochct wie s g’l;ört!« T)"i:ict")ter: »Und warum schimpften Sie noch aus der Straße fort, wenn die Sack-se doch bereits imsWirthshausa ganz schön abgethan war?« Angeli »Ja aber reden wird man t-oc«)’diirsen? Da wars doch ganz ciUcJ .« l Aus war es allerdings; denn det Einspruch wurde verworfen, und Herr Tslvueber war nahe daran, mit sein-er Ansicht Tiber Nedefreihiesit noch eine Un aebiihrsirafe zu bekommen. Beim .«innausael3en aus dem Saale meinte et kocht »Mein verdrießliehster Tag." -—————---. - -.- — .«.«- .-s... . Wz ..X Der Tanfpathc in Verlegenheit. Beim Dorffchulz’ isch a Kindtauf heut Dög gibt a fröhlich Fefchtz Die aanz’ Verwandtschaft theilt die Freud’, Berfammelt sich als Gäfcht’. Und wie der Pfarrer fertig ifch, »rein Name höt dög Kind, Do naht ma an gedeckte Tisch Und fncht an Platz geschwind. D’ Frau Dorfschulz’ weiß, daß besste Leut’ Beim Effa hann d’ Serviett’, Drum auf’m Teller voim Pfarrer leit ifl solche, weiß Und nett. Der Gad, a unbefcheid’ner Ma, Dein wird das Maul fcho spitz, Und Weil er’S net erwarte ka, Habt er an’s Pfarrers Sitz. Do borkt er jetzt und denkt am Tifcht , D’ cerViett’ nehme? J- tran’ nei! . derr Pfarrer, nehme Sie den Wisch; Denn wisse Se ——- i fau nett« O — Mißverftanden. Onkel» (zurn Studenten): »Ich fage Dir, Junge, Deine Uhr liife ich heute zum letztenmale im Verfatzamte aus-. « —- .« »Aber Onkel, wo soll ich sie denn jetzt versetzen?« —— Backfischgedankc Eis-g« giebt keine bessere Uebung für die Phantasie, cels sich von einer Freundi im Dunkeln küssen zu lassent f