» s- inalroman von Paul Oskar Höcker. ( (9. Fortsetzung) Ich hatte mich-während meine Assii « s en alles zur Obduttion im Sezier he-rrichteten, neben das Bett des « immer Schlaftruntenen gesetzt, FI- ihn auszuhorchem Der Bursche - strehlen von einer seltsamen Angst ge -· "lt zu werden. Es kam mir gerade vor, als ob er Furcht gehabt habe, h gegen das Leben seines Herrn ein » nschlag gemacht werden könne. Jch sprach ihm nun zu, ließ ihm Kassee rei gehen, und währenddessen fragte er mich ; in zitterndem Tone, ob sein Herr recht z- zeitig erwacht sei, und ob er aus ihn zaescholten habe. Jch sagte ihm nun s- nz plötzlich: »Dein Herr ist todt, i nö Gödecke!« Die Veränderung, die» F daraus-mit dem Burschen vor sich ging, E var eine höchst merkwürdige. Er » Bebte am ganzen Leib, sah mich mit Ihr-Einen in den Augen an, rang die Hände wollte sprechen, barg dann aber ( Qui Gesicht jammernd in den Kissen, Find von jener Sekunde an hat der» Bursche noch keineSilbe wieder gespro- ; Gern Jch drang mit Fragen in ihn,; Mr er schluchzte nur und gab keine Antwort. Endlich mußte ich ihn ver lassen, da die Assistenzärzte im Seziers- ; - F Thal versammelt waren. Wir nahmen ; Ue Obduktion Meerheimbs vor —- und ; schob Ergebniß kennen die Herren!« s , »Welc) ein geheimnißvolles Dunkel! -J’äweisellos liegt hier etwas Räthselhaf- ; s, wohl gar ein Verbrechen vor!« I »Meine Herren, wir wollen nicht die E ; Uuhe und Besonnenheit ver«lieren!« L f,,».,ivarnte der Admiral. ,,Lassen wirj alle Sensation beiseite, und überlegeni Dir klar und vernünftig!« E E i Wetterling nahm dienstliche Haltung s -; gvor Herrn v. Borcke an und sagte: i « »Bitte gehorsamst zu verzeihen, Herrk I Admiral, wenn ich meine Ansichts schroff kundgebez aber ich bilde miri ..-ein, Menschenienner zu sein, und habe »Den"Zahlmeister Scheuermann genau TheobachteL Es ist vollkommen ausges z; chlossen, daß der Mann irgend einer einen Dummheit wegen sich eine so schwerwiegende Dienstversäumniß hat Fschulden kommen lassen. Seine Z i äsperwirrung seine lügenhaste Ausrede aren mir sofort verdächtig. Es F, mt nun dazu, daß sein aufsälliges If ehmen auch morgens auf der zddupttasse bemerkt wurde, ferner der ZUmstand, daß sein Name in so seltsa Eåfkrer Verbindung in den Fieberphanta Dierr jenes Matrosen austaucht. Die v ette weist ja zur Zeit noch manche iiete aus, dennoch bin ich jetzt schon ist-von überzeugt, daß der Zablmeister « Escheuevmann an der Sache irgendwie Weing is«« « sJik »Die Yllllcll lqll sllk clllcll WLOIDCIH Aber was sollte denn zwischen den bei Tken vorgefallen sein? Soviel ich Zweiß hatte Meerheimb überhaupt tei M Feind, weder unter seinen Kame Zikaden noch unter seinen Untergebenen « sp- Der Admiral wandte sich der Reihe eh an die übrigen Officiere, um sie szufordern ihre Ansicht auszuspre H en. Keiner hatte einen Anhalt da « Mr daß der Zahlmeister Scheuermann « J einmal von Meerheimb schlecht be ndelt worden sei, wodurch irgend ; e Veranlassung vorlag, einen Rache ·'«"HEFTt annehmen zu können. » Der Capitänlieutenant Wetterling » Lilith jedoch bei seiner Behauptung setz-Die Herren dürfen nicht vergessen, ( daß es sich gleichzeitig um eineUnregel Z« Isßigteit Scheuermanns in der Kas : Henfiihrung gehandelt hat Der Mann shatte irgend einen Schurienstretch Vor, Davon bin ich fest überzeugt. Denn « vie hätte es sonst möglich sein können, Hdaß er —- ein bis dahin sehr vorsichti astr Beamter —- plötzlich zwei Stunden Elana mitsamint demGelde verschwand? Daß er das Geld in dieser Zettz u ir ; zqend einer wohlvorbereiteten Schie Jbuna verwandte, steht für inich außer T Zweifel. Er hat sich dadurch einer - großen Gefahr ausgesetzt Und wer das wagt —- wagt noch mehr!« »Aber ich sehe immer noch nicht e: n, Evas den Zahlmeister Scheuer strnn zs Manlaßt haben sollte, den Lieutenant sp. Meevheimb beiseitezuschafsen.« « ;- «Meerheimb hatte heute die Aussicht -’". M der Kasse und war dem Zahlmeister . , icht hinderlich bei der Aussühmng J » geheimnißvollen Vorhabens « z —«.;«-«,Uvd so glauben Sie denn, daß scheuen-rann sich gestern Abend an Des Lieutenant v. Meerheirnb herange - und ihm aus irgend eine Weise » .: »Wa! beigebracht habe?« « ,; bin davon fest überzeugt « ; nd wie erklären Sie sich denn die htumvergistung hans Götze «Der Matrose ist gleichfalls duich ;.:. .- ermann vergiftet worden.« . , Sie trauen dem Manne wirklich . : Doppelmord zu?« ervling warf einen fragend-en - auf den Oberstabsarzt. »Viel .mven die Dosen des Giftes gar » sc groß gewesen, daß der Tod » alle Fälle eintreten mußte Viel mt es dem Thäter nur auf Bes ( syg der beiden Opfer angekom , Lin mußte dies zugeben. »Bei ; »Hm ist allerdings auseinander . der pekfönliche Zustand-, in per Morphiumgenuß hinein ; Ini, nnd die äußeren Umstände, W fein Tod erfolgt ist. Er — cheinlich nicht am Mor et sondern durch die Er stierung. Aber freilich ist dem gegen über wieder zu bedenken, daß er in normalem Zustand niemals aus den Gedanken gekommen sein würde, sich bei zehn Grad Kälte in der Nacht aus eine Bank hinzusehen und sich dem Schlas zu überlassen.« « Der Admiral schüttelte den Kopf. »Das ist ein Durcheinander von wenn und aber, dem ich keinen Geschmack ab zuaewinnen vermag. Entweder man hat ihm das iat in verbrecherischer Absicht beigebracht, oder es liegt nur ein Unglückssall vor. Dies werden wir zu untersuchen haben. Allerdings « tann ich nach allem, was Herr Sapi tänlieutenant Wetterling vorgebracht hat, mich der Ueberzeugung nicht mehr E verschließen, daß gegen den Zahlmeitz ster Scheuevmann ein starker, nicht ab- . zuleugnender Verdacht vorliegt. Der; Mann ist von Jh vorläufig festge- E nommen worden, err Capitiinlieute-; nant?« « E »Zu Befehl, Herr Admiral! Er» verharrt nach wie vor dabei. jede un lauter-e Absicht mit dem Gelde zu be-J streiten, trotzdem sich bereits ergeben hat, daß manche seiner dreisten Be-; hauptungen unwahr sind.« ’ »Nun, wir werden dem Herrn schon die Zunge lösen. Zunächst wird ihm« der Schreck wohl ein bischen in die Glieder fahren, wenn wir gegen ihn das Untersuchungsversahren wegen . Verdachts der Tödtung einleiten!« Die Officiere blickten einander in X vollem Einverständniß an. Die mei sten waren durch die belastenden Be hauptungen des Eapitänlieutenants Wetterling davon überzeugt worden« daß der Zahlmeister Scheuernrann in ganz bedenklicher Weise in die Ange legenheit verwickelt sei, die dem armen Meerheimb das Leben gekostet hatte. Der Admiral wandte sich an seinen Adjutanten. ,,Notiren Sie, bitte! — Commandaniurbesehl: Der Zahlmei ster Scheuermann ist durch einen Un terosficier und zwei Mann der Wust wache in das Militärgefiingniß über zusiihren, woselbst die Untersuchung gegen ihn einzuleiten ist wegen drin genden Verdachts, in der Nacht vom; 20. bis zum 21. Februar dieses Jahz res den Lieutenant v. Meerheimb ge-" tödtet zu haben. Mit der Führung der Voruntersuchung wird Herr Audi- . teur l)r-. jin-. Camphausen betraut.«»« Der Admiral empfahl noch einmal den Anwesenden über das hier Ver- « nommene dringend Schweige-n an. Dann griss er grüßend an die Mütze und ver-ließ die Versammlung. ZehntesKapiteL , Ein qualvoller Tag lag hinter Voll rath Sendlinger. k Er hatte es nicht über sich gewonnen, an die Arbeit zu gehn. Müde und zerschlagen war er, nachdem er die wei tere Fürsorge für den betäubt aufge- . fundenen Hans Gödecte dem Lazareth personal überlassen hatte, nach Hause, zurückgekehrt I Er war von dem furchtbaren Ereig- . niß noch immer so erfüllt, daß das neue Räthsel der Auffindung des Ma- . trofen in dem seltsamen Zustande ihm kaum bemerkenswerth erschien. Wenn - ev es überhaupt fertig brachte, einen ge- · ordneten Gedanken auszuspinnen, soj betraf es fein Verhältnisz zu Ti,arla, H das durch die heutige Ankunft Mars s donale in noch größeres Schwankens gerathen war. z Welch grausame Kämpfe standen » ihm noch bevor, ehe er Karls die Sei- ’ nige würde nennen können! Mit « Schrecken hatte ihn die starre, absto ßende Haltung der Frau v. Zect erfüllt. ; Wenn schon diese ihm so feindfelig ge- H genübertrat, wie mochte sich dann erst Karlas Vater zu dern mißliebigen Be- ; wer-der stellen. «. « « so- «- u Vollrath vermochte den trüben Gru beleien endlich nicht mehr nachzuhän gen. Der Kopf schmerzte ihn, die Au gen fielen ihm zu. Die Natur ver langte gebieterisch ihre Rechte, und der Schiffsbaumeisier sank in seinem Schlafzimmer auf das Sosa, wo er · stundenlang in tiefem, bleiernem Schlafe liegen blieb. Es war schon duntel geworden, als er erwachte Er empfand ein Gefühl der Leere i.nd Oede. Unruhig wanderte er durch sein . Zimmer. Seine Wirthin hatte inzwischen von ) dem furchtbaren Ende Meerheimbz aleichfalls gehört. Da sie um die Freundschaft ihres Herrn mit demVer- » siorbenen wußte, so wagte sie sich ent- « lich herein, um ihr Beileid auszuspre chen. Vallrath blieb wortiarg und fin-? ster. Frau Rath Briesen redete dems Schiffsbaumeister dann u, eine Mahl- s zeit zu sich zu nehmen. - ie hatte schon-; verschiedenemal angerichtet; immer z aber hatte sie der Muth verlassen, ihren herrn zu wecken. Endlich sah Vollrath ein, daß er« we der sich noch irgend einem Menschenj damit nähe, wenn er hungere und auf « diese Weise seinen ohnehin angegriffe nen Körper noch mehr herunterbring. So aß er denn, wenngleich ihm die Bissen im Munde quollen. Miter der Schiffsbaumeister ge schlafen, hatten sich ein paar Bekannte : bei ihm melden lassen wollen. Es wav ihnen zu Ohren gekommen, das-? Senblinger. es gewesen war, der der-I grausiges Fund im Schnees gemacht hatte. Sie wollten von Bollrath Nä heres über die schauerliche Angelegen heit vernehmen; Frau Briesen hatte; die herren aber nicht vorgelassen, son- j dern sie aus eine spätere Stunde be-; stellt. Bosvath war entseht« als er ver- ; nahm« dasz man ihn durch neugierige, Fragen quälen wollte. Sofort kleidete er sich zum Fortgehen an und verließ das Haus, um allen Besuchen zu ent rinnen. Vor Tische hatte er ein Urlaubsgei such ausgesetzt, das er nun mitnahm, um es sofort durch die Post an seine Adresse befördern zu lassen. Es wäre ihm ganz unmöglich gewesen« jetzt in seinem Berufe thätig zu sein. Da er mit seinem Chef auf der Werft sehr aut stand, so schrieb er auch gleichzeitig einen Privatbrief an ihn, in dem er freimüthig seine tiefe Erschütterung durch den jähen Tod seines Freundes als Grund seines Ruhebedürfnisses angab und um Befürwortung seines Urlaubsgesuches bat. Unruhig und gequält wartete er aus den Augenblick, wo er endlich wieder nach seiner Wohnung zurückkehren könne, ohne füre en zu müssen, daß er mit Bekannten zusammentresse Scheu lief ev durch die Straßen Kiels. Nach der Düfternbrooier Gegend wagte er sich nicht, da er eine Begegnung mit Karlas Verwandten vermeiden wollte. Er konnte an den armen Todten nicht anders deuten als mit einem Gefühl des schmerzlichen Mitleids, gepaart mit schreckhaftem Entsetzen Nachdem er fein Heim endlich wieder erreicht hatte, verbrachte er eine un ruhige Nacht. Früh am anderen Morgen — er hatte soeben seine Toilette beendigt — meldete ihm das Mädchen einen Be such. »Ich hin für Niemanden zu sprechen. Es sei denn, daß ein Bote von Fräu lein von der Tann zu mir geführt zu« werden verlangt, " sagte er. « »Aber der Herr- will sich nicht abwei sen lassen. Er sagt, er tomxne dienst lich·« »Dienstlich? Ein Herr von der Werft? Hat er Jhnen denn seinen1 Namen nicht genannt?« z »Es ist ein Doktor Camphausen.« ; »Der AuditeurZ Ach so rich tia, gewiß wegen Berichts!« Vollrath seufzte auf. ,,,Nun ich werde ihn wohl empfangen müssen. Führen Sie den; Herrn in mein ArbeitszimmerA Camphausen war ein Mann von etwa fünfundoierzig Jahren eine sym- ! datbischeErscheinung, die in der schlich-; ten Auditeursunisorm etwas Soldati sches hatte. Doch verlieh der Ernst seines Amtes auch seinen Zügen eines besondere Würde, die nicht ganz frei; war- von Feierlichleit — — « » s »Jrre ich nicht, Herr Schrifsoarkz meister, so habe ich an der letzten Se-; danfeier den Vorzug gehabt, Jhriv Tischnachbar an der Festtasel imj Kasino zu sein!« begann der Auditeurs in verbindlichem Tone. »Ach, ietzt entsinne ich mich —- ver-« zeihen Sie, Herr Auditeuri, daß ich Sie ; nicht sofort auf die angenehme Stunde z hin begrüßte. die ich durch Jhre fes-; selnde Unterhaltung damals verleben durfte. Wie Sie sich denken tönnen,« bin ich durch den schrecklichen Tod mei neå Freundes Meerheimb noch immerj voll Unrast und Ergrisfenheit." H »Ja, ein höchst beklagenåroerthers Falls Jch kannte Meerheimb nurt flüchtig, aber er war rnir schon von der;v einzigen Begegnung her in angenehmer Erinnerung. Sie haben wohl schonF errathen, daß eben dieser Trauerfalli mich amtlich zu Jhnen führt. Deus Oberstabsarzt Hertling hat eigentlichs nicht ganz richtig gehandelt, indem erf die Leiche Meerheimbs sosort von dem Fundorte fortschafsen ließ —- nach der s Vorschrift hätte sie nämlich liegen blei- , ben müssen, bis die Polizei oder ein’ Officier von der Adjutantur die erfor-Z derliche Ausnahme gemacht hatte.« E Vollrath hatte sich dem Auditeur ges ; geniibergesetzt und sah ihn, traurig den Kopf schüttelnd, an. »Wer tonnte wis- J sen, daß in jener Minute alles Leben; aus dem Körper des Unglücllichen ent- E flohen war? Auch meine Ansicht war1 es, das; schnell gehandelt werden müsse. : Mich trifft daher- gleichfalls eine ge-? wisse Schuld an dieser Gesenwidrig-F teit.« i »Es- hat in diesem Falle wenig aqu sich, denn die beiden hauptzeugen, Sies selbst, Herr Schiffsbaumeister, undsl Hertling gehören ja dem Officin-E stande an und sind ohne weiteres aus reichende Zeugen. Darf ich Sie nun aber bitten, mir möglichst klar zu schil- ; dern, wie es karn, daß Sie den armen Meeoheimd dort draußen entdeckt haben, in welcher Verfassung er sich zu letzt, da Sie ihn gesehen, befunden und so weiter. Jch werde Sie bei einigen Puntten unterbrechen und mir noch nähere Angaben erbittert, die mir für den Bericht nothwendig erscheinen.« Bollrath sann einen Au ers-blickt nach. »An- ich verließ var en imj «Elysturn« eine kurze Weile, nachdemi auch Ewald v. Meerheimb gegangen war.« »Verzeihen Sie, daß ich gleich zu Beginn einsalle —- das war bald nach; zwei Uhr, nicht wahr?« s »Allerding3.« . ·,,Jch weiß es von Frau v. Zett, mit: der ich bereits gleichfalls über den Fall gesprochen habe· Sie berichtete mir, daß fie sich in Gesellschaft ihrer Nichte vor dem «Elhsium« in einen Wagen ges-It und Ewald aufgefordth hatte, sie zu begleiten.« Bollrath blickte rasch empor. »So, das wissen Sie bereits von Frau v· Zeck?'« Er runzelte fast unmertlich die Stirn, denn Karlas Tante hatte damit die Unwahrheit gesagt —- sie war ja ohne ihre Nichte in Begleitung Ewalds nach Hause gefahren! Voll rath merkte natür«lich sofort, daß es der bochmiithigen Dame gegen das Gefühl aing zuzugeben, daß Karla den Weg Mit ihm zu animen W Mondschein zu Jus zur ckgelegt hatte. Auch hier aus wieder erkannte er die Aen Mich leitder alten Dame, mit der te jede Beziehung zwischen Karla und ihrn abstreiten wollte. Nun, er wollte sie nicht beschämen, indem er sie Lügens strafte, also nahmersich vor, seine» eiaene Schildersung danach einzurich ten. Es war ja schließlich belanglos für den Bericht, ob er den ersten Theil seiner Wanderung in Karlas Gesell schaft oder allein ausgeführt hatte. »Ich schlug, vom »Elysium« ausbre chend, den Weg nach Bellevue ein," be gann Bollrath wieder, »in der Absicht, mich noch ein Stündchen in freier Lust zu ergehen. Es wars eine wundervolle Winternacht, talt, aber trocken. Der Schnee, der um Mitternacht gefallen war, muß sofort hart gefroren sein, denn er knirschte unter den Füßen; auch die Föhrde selbst war an den Ufern beeift.« »Verzeihen Sie, Herr Schiffsbau meister, wie gelangten Sie ans Ufer? Blieben Sie denn nicht auf der Haupt allee, als Sie den Weg nach Bellevue einschlugen?" « »Nein, ich gestatteie mir die Ertra vaganz, auf einem Parlpfad, der sich bis in die Nähe des Ufers hinschlän gelt, langsam voranznschlendern.« »O, das bedanke ich. Dann haben Sie wohl auf Jhrern nächtlichen Spa ziergang auch keine Menschenseele be mertt"?« ,,Doch, ein paarNachzüglet vom Fest sah ich, die von der Stadt her gleich falls die Richtung auf Bellevue zu innehielten.'« «Aonnten Sie erkennen, wer dies war?« »Gewiß. Jch bemerlte den Burschen des Lieutenantss b. Meerheimb, der schon ziemlich betrunken zu sein schien Er wurde von zwei handfesten Män nern begleitet, die links und rechts seine Arme hielten und fortwährend auf ihn einsprachen.« Das Antlitz des Auditeurä war im mer gespannter geworden. »Und lannten oder erkannten Sie vielleicht auch seine beiden Begieiter?'« »Der eine war der Agent Gödecke und der andere der Zahlrneister Scheuer-nann« - s ,,».-«.. Ists sulsk Ucllllplsuuscu cmpuu »Herr Schiffsbaumeister —- nnd Sie täuschten sich nicht?« »Was- ist Jhnen denn, Herr Radi teur? Jch habe die drei Leute bei dem klaren, vollen Mondlicht ganz genau unterschieden —- ein Jrrthum ist durch aus ausgeschlossen!« Der Auditeur setzte sich nicht wieder hin, sondern durchmasz in ziemlicher Erregung das-Zimmer Können Sie sich denlen, daß dieser Zablmeister Scheuermann mir gestern Abend heilig betbeuert hat« er habe sich vbm »Ein sium« aus- direct nach seiner Stube im Hult No. 1 begeben?« »Aber das wäre ja eine Unwahrheit! — Wie kommen Sie übrigens daraus, dies feststellen zu wollen, Herr Atti-i teurZ Jst sonst noch irgend etwas vorgelommen, vielleicht eine Schläge rei, bei der nachträglich wieder Nie mand dabei gewesen sein will, wie ge wöhnlich?« »Ich werde es anen nachher erzäh len. Einstweilen ist mir Jhre Angabe, daß Sie den Zahlmeister in jener Ge gend gesehen haben, von ganz her-vor ragender Wichtigkeit —- Dars ich Sie bitten, sortznsahren?« »Ich erging mich also ans meinem Bummel durch die Anlagen ziemlich lange, so daß wohl ungefähr eine halbe Stunde vergangen sein mochte, als ich endlich nach der Hauptallee wieder zu rückaelangtr. Langsam schlenderte ich weiter. Bei Meerheimb brannte noch Licht. Ich verspürte keinerlei Müdig keit und plante daher, Meerheimb zu überfallen, um ihn vielleicht noch ein Stück Weges auf seinem Rundgang zu begleiten. Jch sah ihn auch schon sich im Dienstanzug in seinem Ba"ltonzim mer bewegen-« .Sind Sie in seine Wohnung einge treten?« »Nein, ich schritt nur durch den Vor garten aus die tleine Treppe zu, die zum Altan führt, und über den hinweg man in sein ebenerdiges Arbeitsziim met gelangen kann. Jn demselben Augenblick tam Meerheimb an die Thür.« « »Sie sprachen mit ihm i« »Ein paar gleichgültige Worte.« ,,Machte der Zustand Meerbeimbs auf Sie den Eindruck, daß Ihr Freund schon da etwa nicht mehr ganz zurech nungssähig wart« Vollrath erhob sich unruhig. »Ach, ich sehe, here Auditeur, ich soll Jhnen Material beischassen fiir die Annahme, daß mein armer Freund als —- Trun tenbold aus der Welt egangen ist. Diesem Ansuchen kann ich aber nicht nachtommen!« Camphausen trat aus ihn zu und saate in ruhigem Tone: »Sie irren, here Sendlin er. Diese Annahme hat sich durch die bduttion der Leiche als völlig baltlos ertiziesen.« « · -o--ae »Wie — man hat äeztlicherfeils die Obdultion vorgenommenW »Juki-obl; und es hat sich ergeben, daß Meetlxeimb den Folgen einer Bek aiftuna erlegen ist « »Eine: Vergiftung?« Der Audileue zögerte nun nicht lan aet den Schiffsbaumeister über alles aufzuklären, was die Obdultion et qeben hatte. Sendlinget war starr. »Und wie erklären Sie dieses fürchterliche Un glück, Herr Auditeuk?« stammclte et. »Im jener Zeit, in der Sie tiom»Ely. E stum« bis zur Wohnung Meerheimbs elangten, mußte ein Verbrechen ge chehen sein« und alle Berdachtimos mente deuten aus eben jenen ahlrneii ster Scheuerrnann, von dein w r vorhin sprachet-. Doch fahren Sie in ihm Erzahlung fort. Sie werden mir nunmehr wohl ohne Rückhalt schildern, welchen Eindruck der Zustand Meer hetmbs aus Sie machte.« Vgllrath hatte die Mnde an die Schlaer gedrückt. Mit roßen Au gen starrte er vor sich hin. Ein Schleier hatte sich von seinem Blick gelöst, und er· wußte nun klar zu deuten, was ihm bis setzt ein geheimnißvolles Räthsel gewesen war: nicht der Genuß alkoho-« lischer Getränke hatte den Freund in jenen schaudervollen Zustand versetzt,k sondern ein Gift, ein Opiat, das manj ihm in verbrecherischer Absicht beige-k bracht hatte! War auch diese Lösung« noch immer gräßlich, so nahm sie dochz den häßlichen Groll von ihm, utit dem! die letzte Begegnung ihn erfüllt hatte,k und nur das innigste, tiefste Mitleid mit dem ungnickiichen blieb zurück. ! »Wean ich mir sage, daß er da schonj den Todesleim in sich tr-ug, der arnie’v EwaldS Ja, sein Auge glänzte! seltsam, feine Wangen waren leicht ge-F röthet: er hatte dabei etwas Müdes ins seiner Haltung, er taumelte, schwanktef —- der Dreimaster saß schief auf sei-J nem Kopf, die Schärpe, die er über; dem Paletot trug, war unordentlichf umgürtet Ich würde mich eher einer: Pflichtverletzung schuldig gemacht ha ben, Herr Auditeur, als daß ich Ihnen . diese Wahrnehmung mitgetheilt hätte,-Jj denn ich wollte es nicht, daß das Bild; meines Freundes getrübt und in den. Schlamm gezogen würde. Nun aber, da ich erfahren habe, daß ein Verbre-; chen ihn in jenen Zustand gebracht hat, s zaudere ich nicht, ihn der vollen Wahr- ; heit gemäß zu schildern.« E »Ich bin Ihnen für ihre freimüthige ! Aussage sehr dankbar. ch lann Ih- j nen nachfiihlen, daß es - hnen höttej schmerzlich sein müssen, einen Verdacht ; zu bestätigen, der im Munde der allzeit ! klatschsiichtigen Welt gar bald zu einer ; Verurtheilung Meerheimbg geführt z hätte. Aber —- wie ich Jhnen fchonj sagte — von einer- Trunkenheit Meers : heitrin kann nicht die Rede sein. Doch in jener Minute glaubten Sie selbst J daran, vHerr Schiffsbaumeister?« z »k- -- 4tt... r-:.. -» ' ! i »Wenn lw ganz »Hu- kuu gvu Ew; Jch verließ meinen Freund in ziemlich Z ngerlicher Stimmung. Er lallte eins paar mir unverständliche Worte. »Ge- i ben Sie schlafen, legen Sie sich zus Bett. Marktme rief ich ihm ziem- s lich scharf zu, darauf setzte ich rneinenj Weg sort. Jch war aber noch leine; tausend Schritt weiter gekommen, als ich rnit einiger Besorgniß umtehrte. , Meerheimb hatte Rande. Jch begab J mich in seine Wohnung zurück, um ihn ; von diesem Dienstgange aus alle Fälle z zurückzuhalten« s »Sie trafen ihn aber nicht mehr; an ?" ; »Nein. Die Baltontbiir stand ossen. i Ich trat ein, sah mich überall um, rief · auch nach dem Burschen ——-« ! »Er hörte Z« z »Ich fand ihn in seiner Kammer an- I aetleidet aui dem Bett liegen. Er ! war ielir verschlasen. Was er sprach vrrstand ich nicht genau. Er mur melte etwas von wecken!« Auch der Name des Zahlmeisters kam in seiner » stammelnden Rede vor-. Kurz und gut, ich ertannte, daß ich aus seinem Mund leine genügende Auftlärung über Meerheimbs Verbleib erhalten würde, und machte mich daher sofort auf, um meinem Freund nach-zueilen.« Der Auditeur hatte aufmerksam zu gehört. Er athmete nun tief aus. »Der Rest ist mir durch den Oberstabsi arzt bekannt. Er beschrieb mir den Weg, den Sie gemacht haben, zu den verschiedenen Posten nach demExerzieri platz und schließlich nach der Düsterns brooler Allee zurück.« »Am Eingang der Anlagen, in der Nähe der ersten Bank —- Sie haben sich die Stelle wohl schon zeigen lassen —, dort fand ich meinen unglücklichen Freund« »Es ist anzunehmen, daß er gleich nach Jhrem Weggang den verhängniß-, vollen Marsch angetreten hat,« sagte der Auditeur. »Er hatte das Mor phium aber sicher schon genossen, ais Sie zum erstenmal die Villa betraten!« »Zweisellos!« bestätigte Vollratls.. »Aber wie er dazu gekommen sein soll, das ist rnir ein Räthsel. Die einsachste Lösung wäre ja, wenn der Bursche durch irgend eine Verwechselung — einen unglücklichen Zufall —- seinenr Herrn ein Getränk zurechtgesteklt hätte. in dem sich das Opiat besand.« »Daö ist ausgeschlossen Hans GI decle wußte darum, daß man ein At tentat aus das Lebens seines Herrn vor hatte. Er hat es in seinen Delirien ge stern früh verrathen. Ich kann Ihnen ia ietzt die Mittheilung machen, daß der Oberstabsarzt auch bei dem Bert schen Meerheimbs Morphiumvergiss tuna festgestellt hat.« Vollratbs Erstaunen wuchs. »Die Sache wird immer dunkler« immer räthseldoller!« Der Auditenr nieste. »Aber Sie lelbst, here Schissöbaumeistee, tdnnen dastäthlel lösen —- irn Verein mit rn.r.« »Ich »Ja. Bitte, begleiten Sie mich auf der Stelle nach dem Militätatrestlo kal.« »Ah, dek» Vetdächttge ist bereits in Untersuchungshaft?« »Zum-bl. Und ich glaube, et wird diese Stätte nur verlassen, um seiner gekizimtcn Strafe zugeführt iu wer m.« — Gemeinsam machten sich die beiden Männer auf den Weg. »Sie sind als Offizter mit dem We sen unserer Militärgerichtsbarleit ja genügend vertraut,« nahm der Audis teut unterwegs das Wort, »das erleich tert mir die Arbeit erheblich. Wie»Sre Ioitsen, ist militiirischerseits die- hohere nnd niedere Gerichtsbarleit zu unter scheiden. Da der Verdachtige zu den Militiiobeamten mit Ofsiziersrang ge hört, fo untersteht das gegen ihn einzu leitende Verfahren der höheren Ge richtsbcrrleit —- dag ist in diesem Falle das zuständige Garnisonsgericht.« »Ich weiß, Herr Auditeur. Das Verfahren ist mir zur Genüge bekannt. Man unter-scheidet ein Untersuchungs und ein Spruchgericht. Letzteres wür de hier ein Kriegsgericht sein, das aus fünf Richtertlassen besteht.« »Jawobl, und da Für das in Frage stehende Verbrechen odesstrafe oder Freiheitsstrafe auf Lebenszeit ange droht ist, so wiirden alle Richterllassen außer dem Präfes, einem Staböoffis zier, mit drei Personen beseyt werden müssen« »Sie selbst, Herr- Auditeur, gehören nicht mit zum Kriegsgericht?« »Vin wohl dabei, stimme aber nicht mit, sondern bin nur Referent. Da fiir lasten aber die Geschäfte des Un tersuchungsgerichts fast ausschließlich auf meinen Schultern. Denn das förmliche Untersuchungsgericht besteht außer mir nur« noch aus zwei Beisitzern —- Offizieren, die in diesem Falle durch die Kommandantur bestimmt werden. Augenblicklich stehen wir aber noch in einem früheren Stadium, dem der vorläufigen Untersuchung.« »Sie sind also Untersuchungsrichter und Staatsanwalt in einer Person?« »Und noch mehr als das —- zuwei len sogar selbst Detettid. Es lomrnt nämlich in dem vorliegenden Falle noch der Umstand hinzu; dafz der Verdäch tigte zugleich noch eines dienstlichen Vergebens angeschuldigt wird, des Ausbleibens vom Dienst über Gebühr, noch dazu unter Mitnahme eines auf der Haupttasse für den Löhnungsap pell erhabenen Betrags. Der Auditeuri berichtete seinem Be aleiter ijber das Vortommniß ganz ausführlich. ,,Seltsam!« rief der Schiffsbaumei ster aus, nachdem Camphaufen geen diat, ,,es ist mir doch plötzlich so, als hätte auch ich mich vargestern zu ver schiedenen Malen über das- ganz ab ionderliche Benehmen des Zahlrneifters aewundert! Jch habe ja flott getanzt und mein Augenmert daher auf alles andere eher als gerade auf diesen Zahl ineister gerichtet, dennoch taucht mir die Erinnerung an sein aufgeregtes We ien. an seine gemachte Fröhlichkeit wie der auf.'« »Selbst für den kleinsten Anhalts vunlt würde ich Ihnen dankbar seini« iaate der Auditeur. »Jn welcher Weise fiel Ihnen sein Benehmen auf?« »Nun, wenn ich mir-US recht überlege; fein Benehmen nicht allein, sondern auch das seiner näheren Bekannten könnte einem heute verdächtig erschei nen, wenn nicht anzunehmen wäre, daß man sich durch den einmal aufgeworfe nen Verdacht irreleiten ließet« ,,Reden Sie frei von der- Leber weg, Herr Schiffsbaunxeisten Jch werde mich bemühen, ftreng zwischen Vermu thungen und Thatsachen zu unterschei den.« »Nun also —- zuvörderst könnte-ich es als auffällig bezeichnen, daß Scheu ermann sich den ganzen Abend über mit feinen Verwandten in einem dunk len Gange aufhielt, der nach Art einei Schiffsganges ausgeführt war und- in dem sich sonst Niemand von der- übri gen Ballgesellschaft fiir längere Zeit festsetzte.« »Wen fahen Sie am häufigiiens in der Gesellfchaft des Zahlmeisters?«« »Seine Braut, seinen Schwiegerva ter, den Burschen Meerhrimbs unds schließlich noch einen einfachrnMann in fonntiiglicher Schiffertrachtz ich glau be; es war der Vater des Hans Gö decke.« Waben Sie an jenem Abend selbst einmal mit der Braut Scheuusmanms Month-" »Gewiß.«« Fiel Ihnen auch in ihrem Wesen etwas Gezwungenes auf?« »Ich schob es aus ihre Verwirrung. Sie wurde von Meerbeimb, auch von Fräulein von der Tann- und von an deren Herrschaften vielfach ausgereich net. Da sie ein bescheidenes Mädchen ans einfachen Verhältnissen ist« so mag sie die ungewohnte Ehre überrascht ba ben. Einmal freilich bemerkte ich et nen Zwist, der zwischen ihr und ibrem Bräutigam ausgebrochen zu sein schien.' Die beiden Herren vertieftm sich im mer mebr in diese Vorkommnisse nnd der Aubiteur lauschte gespannt jedem Worts aus Vollratbs Munde. »Es ist mir jetzt ziemlich klar gewor den," sagte Samt-hausen endlich, »daß irgend ein geheimnifzvoller Vorgang auch das hübsche ,,Fräulein Zahl-nei ster" sowie deren Vater in die traurige Geschichte vermittelt-« »Aber in welcher Weife lönnte das sein?« Der Aubiteur war stehengeblieben. »Ist ni t der zukünftige Schwieger vater cheuerrnanns Versicherungs agent?« « »Ja, er bat die Vertretung der gro ßen Matrosen-Versicherungs - Aktien gesellschaft Seestern.« »Vor. Die hat ihren Sitz meines Wissens in Llibeck«f« »Nein, in Damburg.« Entsetzung folgt.)