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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 13, 1897)
— Hm Häuptktngggrath Erzählung von J. D. Hausen. 1. Ende der vierziger Jahre siedelte sich eine Anzahl Deutscher in dem nord amerilanischen Staate Jowa an, da runter die Brüder Konrad und Her mann Deöler. Ersterer war verheira thet, letzterer noch ledig, ein junger Mann von einundzwanztg Jahren. Ländereien von bester Beschaffenheit waren im nördlichen Jowa damals billig und in größter Auswahl zu ha ben. Die beiden begründeten ihre Farin an südlichen Ufer des Starken flusseg, der in südiistlicher Richtung dem gewaltigen Mississippi zufluthet. Der klare und schöne Fluß hat sei nen Namen »Truthahnsluß« von den an seinen Ufern zahlreich sich des Le bens freuenden, fetten, schmackhaften, wilden Truthühnern. Wer dort lebt, kann in der eigentlichen Jagdzeit sich leicht alle Tage einen Truthahn für die Küche verschaffen. Frau Ernestine, Konrads Gattin, war sehr geschickt in der Kunst der Zubereitung dieser lecke ren BratvögeL Zur Abwechselung gab es dann auch wohl Forellen und andere Edelfische aus dem Flusse. Alles das war gewiß besser und ange nehmer als der ewige Maisbrei mit Schinien undSpeck der Illinois-, Mis souri- und Ohio - s armer. Die Prairien Jowas waren jahr hundertelang bevorzugte Jagdgriinde der Jndianer gewesen. 1886 hatte man zuerst angefangen, sie zu verdrän gen, indem die Regierung von ihnen. Laut-käuf- machte in vek üblichen Akt ; und Weise, die mehr die Bezeichnung; Landriiuberei verdiente. Blagliawk——— ? »Schroarzfalie« -—, ein berühmter T Häuptling, erhob endlich grollend das Kriegsbeil gegen die weißen Eindring lingr. Nach jahrelangen Kämpfen wurde er besiegt, nnd an ein·igen«geeig neten Stellen wurden Forts gegen die Jndianer errichtet, so auch am Türken flusse das Fort Atkinson. Es war für die zweihundert Dragoner eine ziemlich langweilige Garnifon, weil sie keinen Whisln trinken durften. Ihr Oberst» Nathanael Higgins war namlich eins entschiedener Temperenzler, der keinen Tropfen Whiskn in oder bei dem Fort duldete. Vielleicht hatte die Regierung ; ebendegbcilb diesen militärischen Mä ßigteitsapostel für den Posten so be-. sonder-Z geeignet gehalten, weil unter; solchen Umständen angenommen wer- i den konnte, daß er über das Gesetzt welches verbot, an die Rotbhäute Branntwein zu verkaufen. streng wa chen würde. Uck DkllM chksl lcslll Denn llUcyl U! dieser Hinsicht sein Möglichstes, ver-; mochte es aber trotzdem nicht zu ver hindern daß die Jndianer von schar tischen und gewinniiichtigen Händlern mit dem geliebten Feuerwasser ver sorgt und dasiir um ihre werthvollen Biber- und Otternpelze beschwindelt wurden· ! Blaethawt der tapfere häuvtlingl war, wie man sagte, aus Gram iibert seine Niederlagen in den Kämpfen mit den mächtigeren Weißen, im Jahre! 1844 gestorben. Seine rothen Krie ger hatten ihn begraben in einer ro mantischen Thalschlucht zwischen den Hügeln am anteyflusse und ihm dort auch einen kegelsörmiaen Gedächtniß hügel errichtet. Die Stelle war sortan siir die Rothbäute geheiligt. Ein ein samer, menschrnscheuer Trapper, der unvorsichtigerweise in der Grabes schlucht sich anaesiedelt hatte, war in dunkler Nacht überfallen, getödtet und sialpirt worden« und sein tleinesBlock hans hatten die Flammen verzehrt. Seitdem wagte tein Weis-er, sich dort seßhast zu machen. Man scheute den Grimm der rothen Männer, die ge heimnißvoll iiber das Grab des todten Höuptlings zu wachen schienen. Und übrigens gab’s ja ringsum genug schöne, sür die Ansiedelung geeignete Plätze. Außer den sleißigen Farmern,welche den nordöstlichen Theil »von Iowa zu iolonisiren begannen, trieben dort auch noch andere Weiße emsig ihr Wesen, nämlich erzsuchende Abenteurer, welche nach Bleierz ichürften, nicht etwa, um solche Fundstätten selbst auszudeuten, sondern vielmehr, Um die Bleierzlager an Kapitalisten und Unternehmer zu vertausen. Das ans diese Weise ge wonnene Geld vergeudeten sie dann ge wöhnlich so rasch als möglich in wü« sten Gelagen, um danach abermals ihr Suchen und Schürien in der Wildniß zu beginnen Bei Dubuqne und auch bei Gutenberg, einem freundlichen, von Deutschen gegründeten Stadtchen, hatte man viele reiche Bleierzlager entdeckt, und mehrere große Schmelthtten gab es schon in der Gegend, welche man die »Bleiregion« nennt. Die Erzadern liegen nicht ties; zuweilen genügen schon einige Dutzend Spatensiiche« um aus eine ergiebige Ader sn treffen Eines Morgens nahm hermemn Desler seine Flinte und ging auf die Jagd. Auf einige feiste Truthühner hatte er es abgesehen. Nach ungefähr anderthalb Stunden elangte er auf den Uferbiigel am lusse, von dem er hinabschauen konnte in die indianische GrabeöichluchL Da fah er zu seinem Erstaunen dort unten einen Erzgräber emsig bei der Arbeit. Cz war ein rothhaariger, ziemlich strolchmäßig ausfehender Mensch. der etwa dreißig Jahre alt fein mochte. Kaum zehn Schritte von dem Grabe und Gedächtnißhügel Biackhawts han tirte mit Spitzhaue und Spaten un verdrossen der Unbekannte und hatte schon ein recht ansehnliches Loch im Erdboden zu Stande gebracht. »Offenbar ahnt er nicht« welcher Ge fahr er sich aussetzt,« dachte der junge Deutsche. »Ich will ihn warnen.« Und er stieg gemächlich hinab in die Schlucht. »He, holla!« rief er, als er unten an gelangt war. »Ihr schürft hier nach lei, so will es mich bedünten.« »Ja, das thue ich. Es ist das Ber niinftigste, was man in Jowa thun kann. Habe keine Lust zu anderen Geschäften.« »Laßt an dieser Stelle das Schür fen lieber bleiben.« ’ »Warum denn?« »Es könnte Euch möglicherweise den Stalp tosten.« »Haha,Jhr meint das vielleicht, weil die alte verwünschte Rothhaut hier be graben liegt?« »Jawohl, gerade deshalb. So ist es . dem Trapper Davis ergangen, der vor einigen Jahren es wagte, sich hier an zusiedeln.« »Dante für die Warnung, Sir. Aber das kümmert mich nicht. Seht, dort am Hickorybaume habe ich meine Büchse stehen. Es soll nur eine arm selige Rothhaut wagen, mich in mei nem Geschäft zu stören, das würde dem Burschen schlecht betommen.·« »Doch des Nachts —« »Nachts schlafe ich nicht in der Schlucht, sondern suche mir ander wärts ein sicheres Lager.« »Ich möchte Euch doch von dem ge fährlichen Unternehmen abrathen.« »Ei was! Erstens habe ich ja das Grab des alten Häuptlings noch gar nicht angetastet, und weitens, wenn das auch geschehen mußte, so würde mich das gar nicht geniren. Habe hier gute Bleifpuren gefunden, Sir, und wenn ich ein Erzlager entdecken kann, das mir etliche tausend Dollars ein bringt, so soll es mir wahrhaftig nicht daraus ankommen, deshalb einen gan zen Haufen indianischer Todtenlnochen durcheinander zu wühlen. Hahaha!« »Nun, wie Jhr wollt!« sagte kopf schüttelnd der Deutsche. »Lebt wohl, Sir!« —»- -.- . . Her-natur YeSlet vctlch Den Urz gräber und stieg auf der anderen Seite aus der Schlucht. Bald nachher erlegte er in einem Wäldchen ein paar Truthühner und begab sich mit seiner Beute nachhausr. Aber auf einem anderen Wege als vor her, denn es gab in der Nähe ein weib liches Wesen, welches ihn mit magne tifcher Gewalt nach einer gewissenRich tung zog. Als er aus dem Wäldchen trat, konnte er weithin nach Süden die Prairie til-erschauen Und da fah er in ziemlicher Ferne das geräumige Blockhans des Händlers Kaleb Wil liams, der, dem strengen Gebote zum Troge, jahraus, jahrein die Jndianer mit Feuerwasser versorgte und dafiir werthvolle Pelze eintauschte. Er galt für sehr wohlhabend. Kaleb Williams hatte zwei herange wachsene Söhne und eine siebzehnjäh rige Tochter Namens Math. Diese hatte auf Hermann Desler’s empfäng liches Herz einen solchen Eindruck ge macht, daß er des Vaters anriichiges Geschäft darüber vergaß. Jm Vorbei gehen wollte er bei Williams vorspre chen, urn wieder einmal die Holde zu sehen nnd womöglich ein paar Worte mit ihr zu plaudern. Der Händler, ein richtiger Yantee, schien freilich diese Liebelei nicht .recht zu billigen. Doch betrug er sich als gewandter Handelsmann immer höf lich gegen den jungen Deutschen, wenn dieser zu ihm lam, um irgend eine Kleinigkeit zu tausen. Munter schritt Hermann dem Block hause zu und war demselben schon ziemlich nahe gekommen, als er ein mal zufiillig nach Osten blickte. Da gewahrte er eine Anzahl Rei ter, die über die Prairie trabten. Es waren sechzehn Dragoner vom Fort, angeführt von einem Unterofsicier. Der junge Deutsche erreichte das Blockhaus, neben welchem ein großer eingezäunter Hosraum sich befand. Dort lauerten sechs Jndianer vom Stamme der Winnebagos » Williams und dessen Söhne waren im eisrigsten Feilschen mit ihnen begriffen. Die Rothhiiute, welche schon reichlich Feuerwafser genossen zu haben schie nen, vertauschten eine Anzahl schöner Biber-, Ottern- nnd Fuchsfelle gegen Whisln, Pulver nnd Tabak. Hermann fühlte sich abermals zum Anbringen einer Warnung gedrungen. »Nehmt Euch in Acht mit dem verbo tenen Handelt« rief er dem Yanlee zu. »Es kommt gerade ein Trupp Drago ner vom Fort-herank· « « . ,,; n vieuetcyt oer wuroige Unwe renzoberst dabei?'« fragte der Yontee spöttisch. ,,Nein.« »Es-der ein Lieutenant?« »Auch nicht.« »Wer commandirt denn den Trupp2« »Ein langbärtiger Unterossicier.« »Das ist mein Freund TurnbukL Weiß schon, was die Dragonet wol len. Sind aus einer Streistout und suchen bei der Gelegenheit hier, wie schon so ost, einen stärkenden Labe trunk. der ihnen im Fort nicht gegönnt wird. Gott segne den närrischen Temperenzoberstt Er ist die Ursache, daß nächst der indianischen Kundschast die durstigen Dra oner meine besten Kunden geworden Find Und den größ Fen Theil ihrer Löhnung bei mir las en.« Und der wütdige Kateb Williams und dessen Söhne brachen in ein schal lendes Gelächter aus. Auch die Jn dianer, welche seine Auseinander setzung wohl zum Theil verstanden hatten, grinsten. ,,Wiinscht Jhr sonst noch etwas Besonderes?« fragte dann der Yankee. »Ich möchte einige Patentangelhalen kaufen, « versetzte der Deutsche »Bitte, Sir, geht in’s Haus! Meine Tochter wird Euch das Gewünschte ge ben. Jch selbst habe jetzt keine Zeit, da so viele durstige Gäste ankommen.« Dem jungen Manne war das sehr angenehm. Er trat in’s Haus und traf in dem großen Laden die schöne Mary, welche ihm mit holdem Lächeln die gewünschten Angelhaken über reichte. Dann gerieth er mit ihr in ein lebhaftes Geplauder. Sie hatte ihn auch gern, war er doch nach ihrer Ansicht der hübscheste und liebenswür digste junge Mann in der ganzen Ge gend. Das dauerte so eine Viertelstunde. Da kam plötzlich ihr Vater herein, um irgend etwas zu holen. Er sah den jungen Deutschen von der Seite an, und dieser hielt es deshalb für ange messen, sich jetzt zu verabschieden. Als er draußen war, fah er auf dem Hofe die dort lagernden und lustig zechenden Dragoner, deren Pferde an den Zaun angebunden waren. »Wenn der wackere Oberst im Fort das wüßte, so würde er gewiß vorZorn außer sich gerathen,« dachte im Stillen Hermsann Desler. »Aber hier in Ame rika sind die Gesetze dazu da, um über . treten zu werden. Was kann man da H machen?« l Und er schritt achselzuckend über die j Prairie der heimischen Farm zu. 2. Einige Tage später unternahm Her mann abermals eine Jagdstreiferei bis zur indianischen Grabesschlucht. Dies mal war es dort einsam und still. Nur die Vögel zwitscherten in den grünen Biischen. Das Loch, welches der Erz griiber ausgegraben hatte, war unor dentlich mit Erde wieder zugeworfen. »Wahrscheinlich ist seine Mühe ver geblich gewesen, und er sucht jetzt wohl an anderer Stelle,« dachte der junge Deutsche. Plötzlich stolperte er iiber einen Ge genstand nnd wäre beinahe gefallen. Zuerst glaubte er, es sei ein Stein. Aber nein, der Gegenstand hing fest an der Spitze seines linken Stiefels. Es war ein zusammengetnotetes buntes Taschentuch, welches etwas Schweres enthielt. Er öffnete es und fand einige vortreffliche und vielver sprechende Bleierzproben, die offenbar von einer größeren Erzmasse abge schlagen worden waren. Der Deutsche murmelte: »Ei, sieh doch! Also hat der Nothhaarige doch richtig hier in der Schlucht Vleierz ent deckt. Vielleicht ist er nun unterwegs mach Dubuane, um dort das Erzlager zur Ausbeutung zu vertausen. Aber weshalb hat er dann seine Erzproben nicht mitgenommen?« Dies Näthsel sollte bald gelöst wer den. Hermann war einige Schritte weiter gegangen und hatte sich dem Häuptlingsgrabe genähert. Da sah er etwas Röthliches im Winde flattern auf dem legelsörmigen Gedächtnisihik gel, und als er ganz nahe herangekom men war, erlannte er mit Schaudern, daf; es ein blutiger Stalp war, der auf einem in dem Grabhügel stecken den Holzstab gewissermaßen als Sie gestrophäe befestigt war. Zweifelle war es die Kopfhaut des unbekannten Erzgriibers. Also war der Verwegene doch ein Opfer des indianischen Grimmes ge worden. jener geheimnifzvollen Rächer, die über dem Grab des todten Häupt lings wachten, um es vor schnöder Entweihung zu schützen. ,,Hätte der Mensch meine wohlge meinte Warnung beachtet, so wäre dies Verhängniß nicht über ihn gelommen,« murmelte der junge Deutsche. Die skalpirte Leiche war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich lag sie vers scharrt in dem zugeschiitteten Erdloche. Das Taschentuch aber mit den lfrzprm ben nahm Hermann mit ngch Hause. Er sprach dann mit seinem Bruder Konrad iiber die Angelegenheit Dieser sagte bedächtig: »Die Kennt niß von dem Vorhandensein eines viel leicht sehr reichen Bleierzlagers in der indianischen Grabesschlucht kann viel leicht in künftiger Zeit- für uns niith lich werden. Vorläufig ist damit nichts zu machen, der Gefahr wegen, in die wir unsere Stalpe bringen würden. Behalten wir einstweilen das Geheim niß fiir uns! Kommt Zeit, kommt ’Rath!« Die Zeit sollte bald kommen,rascher, als Konrad und Herinann Des-let ge ahnt hatten. Noch vor Ablan eines Jahres nämlich bc aan sich die Jn dianerstärnme Jowas, in Wutb ge bracht durch viele neue Ungerechtigkei ten der Weißen, abermals aus den Krieaspfao wurden aber von der ge gen sie aufgebotenenMilitärmacht bald bezwungen. Es war nur ein kurzer Krieg Jn einem Scharmützel war jedoch , dkk tapfer-e Temperenzoberst Nathanael ; Hjaajkkg so schwer verwundet worden, daß er seinen Abschied nehmen Und sich pensioniren lassen mußte Ein neuer .Comrnandant wurde also nach dem ’ Fort Atiinson aeschickt. Dieser war j zur Freude der Draaoner dein-P » sty » hold. Unaebindert durste sortc·-n im Fort ein Schankmirtb die durstiaen Keblen laben Die Jndianer der Ge gend aber wurden aänzlich vertrieben T und nach einer für sie bestimmten soge nannten ,,Reservaiion" im Nordwesten geschafft Um fernerhin blutige Zusammen stöße zwischen den rothen Männern und den Weißen zu verhindern, wurde von der Regierung angeordnet, daß ein Landstreisen von zwanzig englischen Meilen Breite wüst und unbewohnt bleiben solle, um die Reservation der Rothhäute von den Ansiedlungen der Weißen zu trennen. Dieser Grenzstrei fen wurde »der neutrale Grund« ge nannt. Bevor aber die Jndianer ihre Mig tvams abbrachen und vom Turkeysluß wegzogen, begaben sie sich in -die Gra besschlucht, zerstörten den Gedächtniß hügel, gruben die Erde auf und hoben »aus der Gruft die Gebeine Plack ; hanklä s Dieselben wurden in eine Decke ge s hüllt und mitgenommen. Dabei stimmten die Krieger einen melancholi schen Klagegesang an. Und dann zogen sie fort von der Grabesschlucht und dem schönen Tur levflus)» nach Nordwesten, ihrer neuen Heimath, der siir sie bestimmten Reser vation zu. Z. Einige Tage später ritt der Händler Kaleb Williams über die Prairie. Jm Fort Atkinson hatte er Ge-« schäste machen wollen« Das war ihm aber nicht geglüclt. Es gab da jetzt eine Eoncurrenz im einträglichen Whislygeschäst, die ihm zu übermäch tig war. Das hatte ihn in eine recht verdrießliche Stimmung gebracht. Auf dem Heimwege übersiel ihn ein heftiges Gewitter mit strömendem Re gen. Zum Glück war die Fatm der Brüder Desler nahe, und dort suchte und fand er gastfreundliche Ausnahme. »Wie steht’s denn bei Euch zuHause, Sir?« fragte Hermann « »Mit der Gesundheit steht’s gut,« versetzte der Yanlee. »Die Geschäfte gehen aber jetzt miserabel.« »Was macht Eure Tochter Mary?« »Sie ist ganz munter und wird alle Tage schöner. Hm — muß nun wohl bald daran denken, sie zu verheira then.« »Weil Ihr gerade davon sprecht, halte ich es fiir passend, zu.bemerten, das-» ich Mary Von Herzen lieb«, und das; sie mir auch zugeneigt ist.« ,,Will’s schon glauben, Sir, möchte aber mit meiner Tochter höher hinaus-. Und da ich nächstens nach Dubuque iibereusiedeln gedenke, so meine ich, könnte sich dort wohl ein reicher Freier melden siir das Prachtmiidel.« »Nach Dubuque wollt Jhr?« ,,J·awohl, hier ist das beste Gefchäsi ietzt verdorben, seitdem die Jndianer verjagt sind und nicht mehr zu mir kommen. Jn der Reservation will ich sie nicht aussuchen, denn das wäre mir doch zu gefährlich Bei den Dragonern ist auch nichts mehr zu verdienen Seitdem der Temperenzoberst weg ist, haben sie jetzt im Fort Whigty genun und brauchen mich nicht mehr. Was soll ich also noch länger hier? Habe mir ein hübsches Capital erworben und gedenke damit in Dubuaue mich beim Bleiaescbäst zu bctheiliaeu.« »Das tönntet Jhr vielleicht hier viel bequemer und einträglicher haben.« »Wieso?« »Am Turlehflusse tust ein Blei erzlnger, welches möglicherweise von grosser Mächtigleit is!·« »Halte bisher noch niemals etwas von Vleiminen am Turleyslusse ge hört.« ,».«Bc:5 Winden mich nicy1, nenu ev ist ein Geheimnisz, das ich selbst nur ganz zufällig rrgrijndete.« »Warum habt Jhr denn nicht das Lager ausgebeutet oder dasselbe zur Ausbeutung an Andere verlauft?« »Das war bisher nicht thunlich,weil zu gefahrvoll. Nun aber, seit Kur zem, steht der Ausbcutung kein Hin dernifi mehr im Werte« »Ist das wirklich kein Jrrthum,was Jhr sagt?« »Gewiß nicht! Ich kann Euch den Beweis sogleich liesern.« Hermann holte die Bleiereprohem welche er in dem Taschentuch des stat virten Erzaräbers gesunden hatte, und legte sie auf den Tisch. Der Händler priifte sie nnd wen sie in der Hand. ,,Scl)weres, fast gediege nes Erz,« sprach er mit zufrieden-km Schmunzeln »Caleulire, eS möchte sich wohl glänzend lohnen. Wollt Ihr mich Zum Theilbaher, dann aehe ich das für den Ansaan nöthige Betriebs tapital in’s- Geschäfti« »Wnllt Jhr mich zum Schwieger sobn7« »Wenn das Erilacer sich als werth voll erweist, dann sage ich mit Vergnü s« gen Jet. »Gut also, machen wir das- schrift lich vor dem Sherisf ab. und dann können wir schon morgen anfangen, dasTerrain ariindlich zu untersuchen.« »So sei es!« t Schon am solnenden Taae heaaben ? sich die Brüder Tesler mit Knleb Wil ’ liams und dessen beiden Söhnen zum » Sherisf, no der Vertrag ausgesetzt wurde. Dann ritten sie, versehen mit S««it-.hanen und Spaten, nach der Schlucht am Turkeyflusse. Dort gruben sie die Erde aus an der Stelle. welche Hermann bezeichnete, nnd fanden in zwei Meter Tiefe die sast schon verweste Leiche des unbe kannten Erzgriibers, trafen dabei auch auf Vleierz. Das Grab schütteten sie dann wie der zu und schütsten daraus an ande ren Stellen, nach dem östlichen Hügel adhang zu. Fast überall stießen sie auf reiche Erzadern. Nach diesem so äußerst günstigen Ergebniß ihrer Untersuchungen kehr ten sie nach Kaleb Williams’ Haus zu rück, wo nun die Verlobung Her mann’s mit der schönen Mary statt fand. Jn der nächsten Zeit wurde alles Ersorderliche zur zweckmäßigen Aus beutung des neuentdeckten Bleierzla gers bewirkt, wobei der kluge Yankee viel Energie und Geschick bewies. Die Gruben in der Schlucht lieferten in der That viele Jahre lang sehr reiche Er träge. Die Versrachtung des Erzes in großen Kähnen oder Flachbooten den Turkeysluß hinab und dann eine kleine Strecke den Mississippi entlang nach der nächstenSchmelzhütte war be quem und billig, und so gelangten so wohl die Gebrüder Desler wie Kaleb Williams und dessen Söhne zu an sehnlichem Reichihum. Die Familie Desler ist noch heute in der Gegend ansässig— Eustchem Berliner Slizze von Julius Knopf. ,Prost, Fräulein Gustchen!« ,,Prost, Herr Prager!« Die vollen Biergläser klirren dumpf aneinander Das junge Mädchen trinkt in kräftigen Zügen; der Herr dagegen nippt nur vornehm. Behag lich lehnt sich das junge Mädchen — eine frische Blondine —- in den Stuhl zurück, schlägt die Beine übereinander und spielt mit dem Celluloidgriff des rothen Sonnenschirmes. ,,Wissen Sie, Herr Prager, hier auf der Liebesinfel ist es doch zu schön. Das gute Bier —- das schmeckt besser als die dünne Kaffeelorke bei uns in de Leimstube. Ach, du meine Güte, mir wird ganz schlecht, wenn ich nur dran denke! Da haben Sie’s, als Confek tionär, doch wohl schöner. —- Unserei ner hat’s doch wirklich gar zu schwer. Den janzen jeschlagenen Tag nichts als Kartons kleben! Brrr! Und der faule, klebriche Leim! — Wissen Sie, ich kann mir noch so Viel Patschouli in's Taschentuch gießen, ’s hilft nichts. Ueberall der faule Leimgeruckäz der geht mir nicht aus der Nase. as is eigentlich sehr unangenehm. —Aber seh’n Se ’mal — seh’n Se ’mal den schonen Segler!« Sie zeigt auf ein großes Segelboot, das um die Jnsel herumfährt. »Woll’ n wir uns einmal näher an sehen, Fräulein Gustchen,« bestimmt der junge Mann. Sie hängt sich an seinen Arm, und Beide durchschreiten die in der Ober spree liegende, romantische Miniatur insel, welche laum fünf Minuten im Umfang hat. Mit alten, vieläftigen, Landen bildenden Bäumen bewachsen, bildet sie einen idyllischen Aufenthalt. Sie steigen in die am Ufer liegende kleine Gondel Sie setzt sich an’s Steuer, er nimmt die Ruder, welche, Von feiner ungeijbten Hand geführt — gleich Windmühlenflügel durch die Luft sausen und klatschend in’s Wasser fallen. »Aber Sie bespritzen mir ja, Herr Prager. Mein schönes, neues Kleid!« Er tröstet sie und lenkt aus ihr Lieblingsthema über, auf ihre Kar tons. »Sie verdienen wohl nur wenig die Woche?« fragte er. »Na, wie’s kommt,« erwiderte sie. ,,’Mal sieben Mark, es wer’n auch ’mal neun Mark die Woche, aber mehr als zehn nie. Und davon geb’ ich.die Hälfte zu Hause ab. Mutter is im mer krank —— sie kriegt keine Luft; Vater stritt jetzt wieder ’mal, und mein Bruder Wilhelm verdient auch man wenig Aber dadrum laß ich den Kopf nich hängen Wir amiisiren uns doch! Man is ja nur einmal jung. Nich wahr Herr Nraaer2« Er nickte bestittigend. Da er nicht weiß, wovon er sie un terhalten soll, erzählt er ihr die neue sten Witze aus den «Fliegenden Blät tern.« Sie ist eine aufmerksame Zu höhrerin und quittirt über jeden Witz mit dankbarein Lachen. Eine große vollbesetzte Gondel fährt vorüber. »Servus, Prager!« ruft ein Herr. ,,"«5räulein Gustchen, reserviren Sie mir eine Polta,« schreit ein anderer. »Wie finden Sie meinen Freund Boronow?« fragt der Confektionär seine Begleiterin, nachdem er seine Collegen begrüßt hat. »Na, er commandirt ja ganz gut Contre, aber gefallen thut er mir doch nich.« »Aber er ist doch sehr spendabel,« wirft der junge Mann ein. »Ja, er macht sich Nichts aus dem Geld das er —- schuldig bleibt. Nec, nee, er gefällt mir nich. Der hat ja ’nen Kopf, wie’n weißpolirter Bil lardball, und Augen, kalt wie’n Frosch. Mir gruselt’s ordentlich, wenn ich ’n sehe. Statt ,,Guten Tag« und »Leben Se wohl« möcht’ ich ihm immer zuru fen: ,,Sterben Se recht wohl« oder »angenehmes Grab.« — Sie sind am Ziel und steigen aus. Jn dem großen schattigen Garten hal ten sie sich nicht auf; sie gehen schlank weg in den TanzsaaL Der ist ange füllt von Tänzern und Zuschauern — trotz des schönen, sonnigen Sommer uachmittags. »Sie abonniren doch?« flüstert Gustchen ihrem Ritter zu. Er opfert seinen Obolus n Gestalt einer Mart, und dafür ste("f ihn der erfreute Tanzoberst ein roth-: H Bänd chen in’s Knopsloch — Bald sind die Beiden mitten tin Tanzstrudel —- Drauszen lacht die Sonne, lockt das Zirpsen der Heim chen, der Duft der blühenden Bäume-— aber was kümmert sie das! Sie tan zen. —- — — — ,,Gustchen! Gustchen!« schluchzt es da plötzlich durch den Saal, in dem Lärmen der scharrenden Füße und disharmonischen Musik Verhallend. Gustchen hört nicht. »Gustchen! Gustchen!« schreit der kaum sechszehnjährige, engbrüstige Junge von Neuem. Aber Gustchen hört immer noch nicht. Dicke Thränen rollen über sein dum mes, bleich-krankes Gesicht. Er wischt sie mit dem Aermel ab! Aber inxmet neue, schwere Tropfen thränen hervor. Der Tanz ist zu Ende. Hastig stürzt der Bursche aus das junge Mädchen zu. ,,Gustchen! Gustchen!« weint er sie an. »Wa, was ls vcllll los-'s fragt Gustchen ungnädig. »Was willst Du denn, Du dummer Junge? Was hast Du denn hier zu suchen? Mach’, daß De zuHause kommst, Willem, zu Mut tern!« ,,Gustchen! Gustchenl De Mutterten de Mutter« — - ',,Laßt sagen, ich soll zu Hause kom men! Nee, is nich! Jch bin ja so rguietschvergnügt!« Die Musik spielt eine Polka. Un wirsch entreißt sich Gustchen dem sie festhaltenden, weinenden Bruder und tanzt davon mit dem schwarzen Con fektionär. »Gustchen! Gustchen! .. . . Gust chen!!!« heult es, gellt es hinein in das TanzgewühL »Gustchen! Gustchen!« johlt das aufmerksam gewordene Publikum mit. Taumelnd, halb bewußtlos irrt er der Schwester nach. Da endlich — endlich glückt es ihm, den Zipfel ihres Kleides zu erwischen. Krampfhaft hält er ihn fest. Ein scharfes Surren — der Saum ist abgerissen. »Dummer Bengel, da hast Du mast« Wüthend versetzt sie ihm eine Ohrfeige. Der Junge ist still. Dann aber schluchzt er von Neuem herzzerreißends: »Gustchen! Gustchen!« »Gustchen! Gustchen!« parodiren einige in der Nähe stehende Gecken. ,,Gustchen! Gustchen! Mutter ... ist todt!« Einen Augenblick starrt ihn die Schwester an, mit weitgeöffneten, entsetzten Augen, dann wankt sie und fällt. Wuchtig schlägt ihr Haupt auf den glatten, steinharten Parquetboderu Starr, sprachlos, unfähig, der Gefal lenen beizustehen, steht ihr Tänzer daf Eine Gruppe von Neugierigen. sammelt sich um die Drei. Aber Nie mand hilft. Theilnahmslos, sensa tionsliistern schaut Alles zu. —- Dickes dunkelrothes Blut rieselt aus dem: vollen Haar des Mädchens hervor Vergebens bemüht sich der schmächtige Bursche im Verein mit dem erschreck ten Confektivnär, dein die Knie zit tern, die Ohnmächtige aufzurichten. Sie ist ihm zu schwer. Noch immer spielt die Musik; doch Niemand denkt an’s Tanzen. —- Da schreitet der Tanzmaitre, dem jede ver lorene Minute verlorenes Geld bedeu tet, auf die Gruppe zu. »Platz frei für die Tänzer! Raus mit dem Mädchen! —- —— Nu aber Dalli, Dalli! — Wird’s bald!!« Erschreckt raffen der auswattirte Confektionär und der abgemagerte, hungrige Laufbursche ihre letzten Kräfte zusammen. Und keuchend tra gen sie die Arme heraus aus dem Saal — ihrem Elend entgegen. Da drinnen aber tanzen sie ihren Galopp Tod und Leben. Von Paul Lang. « Auf einem Grab ein Kreuzlein stand, Daran ein welkes Kränzchen hing, Das treue Lieb’ mit Thränen wand, Als, der dort ruht, von hinnen ging. Ein Vöglein hat siir seine Brut Ein Nestchen in den Kranz gebaut, Und ohne Harm das junge Blut Der Hut des Kreuzes anvertraut. Welch seltsam Bildt —- Ein Kreuzesast Schirmt junge Brut im warmen Nest, Und drunter schläft in ew’ger Rast Ein müder Pilger sanft und fest! —.-- -- —AufderReitschule. Un ierosficier: »Ihr seid mir Reiter! Jhk Kerls, Jhr! Hätt’ Euch der gottselige Schiller gekannt, der hätt’ gewiß sein Neiterlied mit: Frisch ab, Kamera den, vom Pferd, vom Pferd« beginnen lassen.« — Ueberraschende Wir t un g. Mutter (brummend): «J-eden Tag holst Du Dir einen postlagernden Brief ab, und es führt doch alles zu nicht5!« Tochter: »O ja . . . mit dem Postsecretär werde ich mich nächstens verloben!·' — Herzlich willkommen! Reiche Erbin: »Morgen wird der Gras Schuldenbcrg um mich werben, wie kann ich ihn wohl am besten empfan gen?« —--— Freundin: ,,Schreibe auf Deinen Geldschrank: Herzlich will kommen« —— Der Unterschied. Manns kurch rnrhrtägsgr AbwseserheTUt »Was »Jer t Tu kein in fiLr scixi neues S ück, (.Lniilie?« Emilie: »Das ist kein neues Stück, das Klavier ist nur ge stimmt!« sO—-—