Sonntags - Blatt VMM des »Am-m und Herolds J. P. Winde-MI, Herausgehen Grund Island Nebr» den 23. Juli 1897. No. 46, Jahrgang 17. Capt Zutun-MS York Erzählung aus dern Brüten Westen, vonW v. Schierdrand. Seit der Gründung der neuen An siedelung Red Cliss- einem typischen Minenftädtchen in Alta Mura County, hatte eine ununterbrochene Feindschaft zwischen dem Führer der »Gringos«, der Amerilaner, und dem der ,,Grea sers«, der Mexicaner,«geherrscht· Und kein Wunder auch. Beide waren sie Männer, die für gewöhnlich ihren Willen durchzusehen verstanden, und Beide trafen sie hier zum ersten Mal auf erbitterten und systematischen Widerstand. Capt. Minturn hatte die ganze Energie und Rücksichtslosigleit des Amerilaners im Wilden Westen, und seine Anhänger, die für ihn zu je IJIr Zeit durch Feuer und Wasser zu s ehen bereit waren, waren ,,Boys« aus den »Grenzstaaten«, aus den südlichen Missouri und Arkansas, aus Kentucky und Kansas, die mit Bowie und Re dolder so gut umzugehen verstanden, wie die Leute im Osten mit dem Al phadet oder dem Einmaleins. Rauhe Bursche, siir die geschriebene Gesetze nicht zu existiren scheinen, die aber sämmtlich das Herz aus dem rechten Flecke hatten und sich vor dem Teufel in leihhaftiger Person nicht fürchteten. Dan Manuel Brazos dagegen, der Mexicaner, war in seiner Art auch nicht viel anders, und an Höhe der Gestalt und Ansehenlichlett übertraf er sogar den Capitän noch wesentlich,und seine funlelnden schwarzen Augen und eleganter Schnurbart verliehen ihm ein gewisses ritterliches Aussehen, das dem Capitiin adging, der lalte, ruhige Augen von Grau und eine etwas vier schrötige Gestalt besaß. Wenn man von Beruf bei den Beiden sprechen konnte, so müßten sie in die Kategorie der prosessionellen Spieler und Spe culanten gesteckt werden. Brazos war iunger und noch un-! verheirathet, der Capitän aber nichtl Seine Frau mußte früher eine Schön- ; heit gewesen sein, und noch jetzi, nach vielen Jahren des rauhen anstrengen-sl dem Grenzlebens, war sie anmuthig zierlich ja hübsch zu nennen. Sie! war des Capitänö einzige schwaches --Seite. Er konnte ihr nichts abschla-i gen. und er liebte sie mit einer innigen « Zärtlichkeit und Delicatesse, die bei die sem Manne doppelt überraschte. Zwei sellos war sie sein guter Engel aus de-E ren besänftigende, bittenden Worte sich sein glühendsies Grinnen legte und de ren sanste. blaue Augen mehr über ihn vermochten als die drohenden Mün dungen von zwölf geladenen Revol bekn. e- - · EZ ging aus die Mahlzeit zu, und dieses Mal sollte die Campagne von ganz besonderem Interesse werden· Denn die bis dahin dominirende Par tei in Red Cliss, die des Capitän Min turn und seiner zwei »Pals«, Stockton und Richter Dougherty« sollte aus dein Sattel gehoben werden. Es war eine regelrechte Verschwörung. Seit ei niger Zeit waren eine Anzahl Leute aus dem Osien gekommen, die sich in Red Cliss niedergelassen hatten und die eine »Law and Order League« ge bildet hatten. Durch den Mund der wei ansässigen Prediger und durch öffentliche, Versammlungen hatten sie für ihre Zwecke gewirkt. Red Cliss und seine Localpolitil sollten »gerei nigi« werden Den Redacieur des ein- « zigen Localblatieg, des »Red Clisss Bearon". hatten sie nicht aus« ibre Seite. « 9eiriegt, das ist wahr, denn der wuß te genau, daß fiir ihn die einzige Net tung in strenger Neutralität lag, was er dadurch zu erreichen suchte, daß er beiden Parteien gehörig schmeichelte und von beiden Subseripturen und Anzeigen siir sein Blatt entgegennahm. »Musik«-us is business-, and politiisu iu imiiti(-s«, pflegte er dabei zu sagen, und lavirte geschickt zwischen der Seylla und Charybdis der beiden Par teien hindurch. Nun war die Law and Order- Partei aber an und fiir sich noch zu schwach, und viele von ihnen warenl im Voraus durch Drohungen der Minturn'schen Partei, der auch der Shetifs, der Mayor und die zwei Lo ralrichter angehörten, von der Bethei ligung an der Wahl abgeschreckt wor den« So fah man sich genöthigt, die BrazossPartei mit ihren Führer zu Bundesgenossen zu werden« eine That sache, die Minturn und seine Leute mit unaussprechlicher Verachtung erfüllte. »Ich tann nicht begreisen«, sagte er eine Woche vor der Wahl, indem er in ««Doc Ballantyne s Sch narslneipe ein Glas «rothen Liquor« hinabgoß, »wie meine Leute mit diesem Ungeziesen den Greasers gemeinschaftliche Sache machen lonnen, bloß um andere weiße Leute um Amt und Brod zu bringen« Und es wurde ihm kräftig beigeg? stimmt von seinen Cumpanen. Esw waren schon einige tleine ,,Un-Z glückifiille« vorgekommen. bei den Mveriarnmlunaen und auf deri Straße, und Capt. Minturn's Leute freuten sich ungeheuer darüber, daß dadurch wenigstens drei Stimmen we niger aus gegnerischer Seite zu zählen waren. Da, eine Woche vor der Wahl, erkrankte eine verheirathete Tochter des Capitäns in Moose Falls, das per Postlutsche lz Tagereise entfernt lag, und die Frau des Capitiins ließ sich nicht abhalten, schleunigst dahin zu zu reisen, um ihrem geliebte Kinde nahe zu sein. Ehe sie aber abreiste, nahm sie dem Capitän das seierliche Versprechen ab, bis zu ihrer Wieder kehr sich nicht seinen Todseinde. Bra -s, zu vertragen. Der Capitijn sträubte sich erst allerdings ein wenig, aber als sie ihn mit ihrer-Augen so bittend und ängstlich anblickt’e, da konnte er nicht widerstehen. »Hier ist meine Hand«, brummte er, »ich werde ihm gegenüber keine Waffe gebrauchen —- es sei denn«, fügte er schnell hinzu, »daß er sie zuerst zieht. Dann allerdings, in Nothwehr, Du verstehst, Sarah ——« »Ja, ja, ich verstehe, daß Du mein guter Mann bist und Dein Wort mir halten wirst. Und das beruhigt mich«, sagte seine Frau mit ihrer weichen Stimme und fuhr gefaßt fort. It- sts sc llnd Capitän Minturn hielt sein Wort scrupulöser Gewissenhaftigkeit Wohl blickte er finster und grimmig, als er sah, wie seine Leute ohne ihren Führer sich benahmen wie eine Heerde ohne Leithammel, denn die Nachricht. daß der Capitän sein Wort gegeben, sich ruhig zu verhalten, hatte sich rasch im Städtchen verbreitet und hatte bei der Gegenpartei Frohlocken verursacht. Ader er hielt sei Wort, obwohl es ihm häufig in den Fingern zuckte. Arn Tage der Wahl stand Capitän Minturn inmitten eines Hausen seiner Getreuen auf der Piazza des »Doc« Ballanthne, schrecklich nüchtern und ge langweilt, denn die Law and Lzrdperj ceure hauen einen grriasruwen Des-as erwirkt, daß alle Schankplätze von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geschlossen bleiben müßten. Bis zur Stunde mochten sich die bei den Parteien ungefähr die Waage hal ten. Stockton und Dougherty, die genaue Wacht an der Wahlurne ge halten hatten, behaupteten, daß die MinturnPartei mit einigen Stimmen die Oberhand hätte, und diese Nach richt war mit Freudengeheule begrüßt worden. Plötzlich kam Don Manuel Brazos ing:s.hritten, an der Spitze seiner Bur schen — es mochten wohl 20 sein. Ca pitän Minturn sah es und seine Miene verdüsterte sich zusehens. Wenn diese Schaar ihre Stimmen abgeben dürs ten, so war die Wahl zu Ungunsten sei ner Partei ausgesallen —- das wußte er. Und er war machtlos, es zu hin dern. Seine nervige Faust ballte sich unwillkürlich und suchte dann unwill lürlich die Halfter, in der sein treuer Bundesgenosse, der zuverlässige Colt, saß. Aber mit einem gemurmelten Fluch zog er sofort wieder die Hand zurück und steckte sie in die Hosentaschr. Sein Gegner hatte diese unwilliiirliche Bewegung wohl bemerkt, und ein Blitz des Hohn-H und des Triumphs zuate über sein hübsches Antlitz. Schnellen Schrittes näherte er sich den Capitän und rief ihn an: ,,Capitän Minturn, das ist heute unser Tag —— vergessen Sie das nicht.« Der Angeredete zuckte zusammen und eine dunkle Röthe stieg langsam in seinem sonnverbrannten Gesichte aus. Dann aber bemerkte er scheinbar sehr gleichgiltig: »Mit Dir, Brazos, habe ich heute nichts zu schassen. Du weißt es. Also laß mich zufrieden. Wenn Du einen Wahrlosen tödten willst« —- und da mit händigte er seinem Nachbar, dem Richter Doughertn, seinen Revolver und sein Bowiemesser aus, das le tere mit schneller Bewegung aus den stie sel ziehend — »so thue es«. »Nein, das ist gar nicht meine Ab sicht,'« sagte lächelnd der Mexicaner, »aber meine Leute hier wollen nur stimmen. Aus Wiedersehen, Cupi tän!« Und damit wollte er, wie ein siegrei cher Matador, weiterziehen zum näch sten Hause, in dem die Wahl statt sand. »Halt, einen Augenblick, Don Ma nuel Brazo,« erscholl aber da die schar se, schneidende Stimme des Capitiins. »GegenDich, mein Junge, bin ich heute wehrlos —— das ist richtig und ich halte mein Wort. Aber nicht gegen das Ge sindel, das Du da mit Dir schleppst· Aus, Boys, lehrt die Hunde sich vor ihren Vorgesetzten anständig betragen. Denn ersten halluntem der es wagen sollte, einen Stimmzettel in jene Urne zu weisen, eine Kugel zwischen die Ripp:n.« Und als ob dieses bestemdende Wort die ganze naösiirliche Kampflust feiner Schaut entse elt hätte, suntelten im Nu die blinkenden Revolverliiuse seiner Begleiter in tin sinkenden Sonne, und ein Dutzend Alarmschiisse in die Luft und iiber die Köpfe der Mexicaner hin weg, ertönten. Jm nächsten Momente war die Piazza leer, und nur in der Ferne noch erblickte man die eilenden Beine der Flüchtenden. Es wurde an jenem Tage kein wei teres Votum für die Law and Order League abgegeben. Eine Stunde nach Sonnenunter gang waren die Anhänger des Capitän Minturn vollziihlig bei ,,Doc« Bal lanthne versammelt, als eine Delega tion, an ihrer Spitze Stockton und Richter Dougherty, mit der verläßliche Nachricht eintrasen,daß der Sieg ihren Fahnen treu geblieben sei —- allerdings nur mit 7 Stimmen, aber das genügte ja »für alle praktischen Zwecke«, wie sich Siockton ausdrückte. Es entwickelte sich darauf jene harm lose Fröhlichkeit, die in Red Clisf un ter solchen Umständen üblich war. Man arrangirte mehrere tleine ; »Games« —- Richter Dougherty hielt J die Bank in der einen. Capitän Min turn war aber gar nicht recht bei Lau ne. Er nippte nur immer wie ein iunaes Mädchen an seinem Whislen und eine Wolke lagerte auf seiner Stir ne. Zu einer Gruppe seiner Anhänger, die ihn besorgt srugen, bemertte er nur mit leiser Stimmen »Seht, Boys, das ist so eine eigene Sache — mir will der Whikeh heute Abend nicht schmecken, weil ich immer wieder an das kleine Zusammentreffen von heute Nachmit tag denken muß. Wenn ich mir sage, daß mich ein schmutziger. gelber Greu ser herausgefordert hat, und daß der Hund noch lebt —- aber, das raubt mir alle Lust an Amiisement heute Abend.« Die Ziihörer blickten sich verständ « nißooll an, und zwei von ihnen verlie ßen bald darauf das LocaL Der Eapitiin beruhigte sich aber all 1 mälig soweit, daß er eine Hand in dem «Game« nehmen konnte, und er hatte gerade drei Buben auf den Tisch ge legt und den einen »Pot« eingestrichen, i«IP. fu«-in h vvvvvv Du sc L-- Col-sQ- in «- sp- uku us- Usd syst ngößter Nähe, zwei ISchiisse fallen hörte Man stürzte hinaus-» Mitten auf dem Platze —- unter einer mächtigen Ulme lag Don Manuel BUon Er war todt. Das Blut sickerte ihm noch aus zwei Wunpen, jede -tödtlich. - Capitiin Minturn wendete die Lei che, bis das bleiche Antlitz seines Fein des den Mond anstarrte, der da oben friedlich im dunklen Firmament schwamm Er blickte die Leiche fest an. Aber er sagte kein Wort. - gsie ist so etwas mögtictii Humoristische Vlouderei v. Frhrn. v. Schlicht. Es ist »Lumpenparade« im Botenl Y lon. Der Herr Major, der von Haus I aus etwas träge ist und nicht gerne für i sein Gehalt mehr thut, als er muß. hat es infolge eines höheren Finger zeiges denn doch siir nothwendig er achtet, sich einmal die Lumpen seiner »Kerls« anzusehen. Nach seiner Meinung ist solch’ Ap pell höherer Unsinn, daß die fünften Röcke nichts taugen, weiß er ganz ge nau, davon braucht er sich nicht erst durch Augenschein zu überzeugen, daß ihm bei dem Appell von den Compags niechefs blauer Dunst vorgemacht wird, weiß er auch, und ebenso, daß die Röcke vom Ansehen nicht besser werden. Also wozu? Ader es wird yoyeren Ortes »ge wiinscht« —«- folglich sieht er sich die Sachen an. Die Campagnien stehen in Empo ralschasten auf ihren Appellplätzen und der Herr Major geht die Front hinunter, gefolgt von seiner Suite. Es ist interessant, zu beobachten, wie diese Suite wächst: bei der erstenCom pagnie besteht sie nur aus dem Ade tanten und dem Zahlmeister, bei der zweiten haben sich schon der ,,Häupt ling« und die Lieutenantg der ersten hinzugesellt, bei der dritten wandert auch schon der Hauptmann der zweiten mit und bei der vierten folgt dem Herrn Major das ganze ihm unter stellte OsficiercorpT Nicht jeder Mensch findet so schnell ,,Nachsolger«· Der Herr Major ist die Front hin untergegangen, ohne viel zu sagen, ihm »hängt die Sache zum Halse her aus« und dieselben Redensarten im mer wieder zu lauen, verspürt er auch leine Neigung· Da macht der Herr Major plöklich vor einem Mann der vierten Campag nie Halt und mit ihm hält die ganze Suite. Athemlose Stille —- lrampshafte Spannung. Was hält den Schritt des Gewaltt gen aus? Jmmer noch tiefes Schweigen. »Herr Hauptmann, wie ist so etwas möglichs« Der Herr Maior hat gesprochen. L Was ist los? Neugierig reckt Alles die Köpfe, Ei ner sieht dem Andern iiber die Schul ter, — die Aelteren schieben die Jün geren mit einem ,,Erlauben Sie« bei Seite. — Was ist los? Besonders neugierig, dies zu ersah ren, sind die drei übrigen ,,Häupt linge« — sie haben schon die Notiz bücher zur Hand genommen, um sich zu notiren, was den Gewaltigen irri tirt, damit dieser specielle Fell bei ih rer Campagnie nicht vorkommt. »Herr Hauptmann, wie ist so etwas nur möglich?« Zum zweiten Mal erschallt die Frage, und der Hauptmann der könig lichen dritten öffnet den obersten Haken seines etwas engen Kragens, um den Hals länger machen und so den Stein des Anstoßes entdecken zu können. »Herr Hauptmann, ich frage Sie zum dritten und letzten Mal: wie ist so etwas möglich?« Einer schiebt und drängt den Ande ren, man tritt sich auf die Füße, ohne daran zu denken, für diesen unliebsa men »Austritt« um Entschuldigung zu bitten; man flüstert leise miteinander, man fragt sich gegenseitig: »Was gibt’s? Was ist los?« Und plötzlich wissen sie es Alle: der linle Flügelmann der dritten Empo ralschaft hat den obersten Rocktnopf offen! Die Welt gebt unter! Wie ist so etwas möglich? Das hätte der »Häuptlina« aber doch sehen müssen! Der Herr Major hat endlich den letzten Mann bewundert und ruft nun die Officiere zusammen. »Meine Herren, nur einige Warte! Was mir aufgefallen ist« habe ich an Ort und Stelle erwähnt und ljalre es für überflüssig, es jetzt noch einmal durchzusprechen. Sie, meine Herren Haupttextte, werden die Schaden, auf die ich Sie aufmerksam machte, abstel len.« Stumme Verbeuauna seitens der vier »Häuptlinge«. Nur eins möchte ich gerne wissen. Der eine Mann in Ihrer Compiignie, Herr Hauptmann, hatte den obersten Rocktnovf offen. Wie ist so etwas möglich? Jch muß Jhnen ganz ehr lich gestehen, Herr Hauptmann, daß mir so etwas völlig unverständlich ist! —- Jch danke Jhnen sehr, meine Her ren.« Im Bewußtsein, seine Pflicht treu erfüllt zu haben, begibt sich der Herr Major nach Hause, wo die treue Gat tin und der Kasfee ihn erwarten. Für ihn ist der »Lumpenappell« vorbei. Nicht so für die vierte Compcgnie. Der Herr Major hat eine Frage aufgeworfen, die noch nicht beantwor tet worden ist. Und diese Frage lautet: »Wie ist so etwas möglich?« Zunächst erkundigt sich der Häupt ling: «Zu welcher Ossiciersinspection gehört der Mann?« Der Herr Premier tritt vor. ,.« u meiner, Herr Hauptmann.« »Ich danke den anderen Herren sehr — Sie, Herr Lieutenant, möchte ich noch einen Augenblick sprechen. Nun sagen Sie mir nur, wie ist es möglich, daß der Mann den obersten Rocktnopf offen hatte?« Für eine Minute versinkt der Herr Premicr in tiefes Nachdenken, dann spricht er gelassen das grosie Wort: »Er wird vergessen haben, ihn zuzu ianfpn « »Herr, wollen Sie mich uzen?!« braust der Capitän ans: »Das kann , ich mir allein sagen, daß der Mann es « vergessen hat. Wie ist es aber möglich, daß er es vergessen kann?« Wieder versinkt der Prernier in tie fes Nachdenken, dann sagt er: »Da raus vermag ich wirklich keine Ant wort zu geben« Herr Hauptmann, « vielleicht ist der Mann von Haus ans I sehr vergeßlich." « Einen Augenblick ist der Häuptling i starr —- solche Frechheit ist(il)m denn « noch in seinem ganzen militiirischenl Leben — und er dient nun schon iiber I zwanzig Jahre — noch nicht vorge- s kommen. Nun aber legt der Vorgesetzte los: »Herr Lieutenant, ich muß doch sehr bitten, derartige tindische und durch aus ungehörige Redensarten für sich zu behalten. Soll ich anen sagen, wie es möglich ist, daß der Mann den ! obersten Rockknovs offen hatte?« »Du weißt es?« denkt der Lieute- · nant im Stillen. »Warum sragst Du mich denn erst darnach? Das ist doch s völlig unnütze Zeitvergeudung. Da bin ich aber wirklich sehr neugierig.« »Nun, soll ich ethnen vielleicht erst sagen, wie so etwas möglich ist?« fragt der häuptling zum zweiten Male· »Ich bitte ganz gehorsamst, Herr Hauptmann« »Nun denn: nur durch Jhre Schuld ist so etwas möglich« »Durch —- meine Sch-—u—l——d?« « Der Herr Premier fällt vor Erstau mn beinabe aus seinen Stiefeln. — »Jawohl, Herr Lteutenant, nur durch Jhre Schuld, und außerdem bitte ich Sie, mich nicht zu unterbre chen, nicht zu sprechen, wenn Sie nicht gefragt sind! Ein so alter Officier könnte das nachgerade wissen! Doch nicht davon wollte ich sprechen, das behalte ich mir für ein anderes Mal vor: für heute will ich Jhnen nur sa gen, daß ich mit der Art und Weise, wie Sie Jhre Jnspection führen, in der letzten Zeit absolut nicht einver standen bin, absolut nicht!« Der Herr Premier macht vor lauter Erstaunen ein derartig dummes Ge sicht, daß der Vorgesetzte für eine Se cunde unwillkürlich schweigt. »Ich habe es Ihnen schon lange ein mal sagen wollen, Herr Lieutenant, aber es bot sich mir keine Gelegenheit.« Das Gesicht des Herrn Premier wird immer dümmer; es hat dem Hauptmann an »Gelegenheit« gefehlt, seinen Untergebenen zu reißen und doch hat er ihn reißen wollen? Wie ist so etwas möglich? »Sie kümmern sich nicht genug um Ihre Leute, Herr Lieutenant — das fühlen die Leute —- ske merken, daß sie nicht genug unter Aufsicht sind —- sie werden nachlässig und fangen an zu bummeln. Der heutige Fall beweist es eclatant. Hätten Sie sich um den Anzug der Leute gekümmert, so wäre so etwas gar nicht möglich gewesen« »Ich bitte sehr um Verzeihung — ich habe mich um den Anzug der Leute kii oe,,’tlmbereri nicht gründlich gering Dagegen läßt sich nichts einwenden — über das Wort »gründlich« kann man verschiedene Auffassung haben. Der Herr Premier gleicht in seinem Innern einem feuerspeienden Krater. Und der Häuptling fährt in seiner Strafrede fort und setzt seinem Unter gebenen auseinander, was er unter »gründlich« verstehe; er wolle ja zwar nicht behaupten, daß seine Ansicht die allein richtige sei —- aber maßgebend wäre sie wenigstens für seine Officiere, »und icy muß docy seyr bitten, Herr Lieutenant, daß Sie, so lange Sie bei meiner Compagnie stehen, meine An sicht zu der Ihrigen machen. Jch danke Jhnen sehr, Herr Lieutenant « Der »Häuptling« gebt und läßt sei nen Lieutenant wie einen begossenen Pudel auf dem Kasernenboie sieben. Verwundert duckt der Untergebene seinem Vorgesetzten nach nnd seine Lippen flüstern: »Wie ist so etwas nur möglich?« Tunt do bruit pour Imo own losttek —- das Alles-, weil ein Kerl in seiner Schafsdämlichteit vergessen hat, den obersten Rocktnopf zuzumachen! Und doch ist es so leicht, daß man es vergißt. Wenn der Soldat sich den Rock angezogen bat, schließt er zuerst den Rocklragen, indem er denselben nicht mit der bloßen la Main, sondern mit den ,,Roclschlappen« anfaßt. Dann macht er zuerst den untersten Knopf zu, dann den zweituntersten und so weiter. Sieben Knöpse muß er zu machen — aber es gibt so viele Men schen auf der Welt, die nicht bis drei zählen können, wie soll man da von einem Soldaten, der nach Meinung seiner Vorgesetzten doch meistens »ein Rindvieb mit Eichenlaub und Schwer t«ern ist« verlangen daß er mit tödt licher Sicherheit bis sieben zählen kann? Und »sieben« ist dazu noch eine »böse« Zahl! ——-— — Der Herr Premier geht endlich auch nach Haus. Er gehört zu den glückli cbcn Naturen. die der Ansicht sind. der Mensch im Allgemeinen und der Sol dat im Befonderen habe zwei Ohren, damit zum anderen hinausginge, was in das eine hineingeht. Für ihn ist der Dienst in dem Augenblick vorüber, in dem er dem Kasernenhof den Rücken dreht — im Dienst ,,Soldat«, außer Dienst »Mensch«, das ist sein Grund satz. Wie sind die Menschen zu beklagen, die den Dienst ,,mit nach Haus neh men«, die in ihren Vier Wänden nichts Anderes sprechen und denken, als nur Commiß, Commiis Commiß! Solche Leute .ennt man ,,Commiß henaste« und ein solcher ist der Haupt mann der Königlichen Vierten. Am nächsten Morgen steht die Com pngnie auf dem Kasernenhof zum Exercieren bereit. Der Feldwebel, der meist mit Unrecht den Beinamen: »die Mutter der Compagnie« führt, läßt init Sectionen abschwenlen und flucht wie ein Berserlet, weil bei dieser Ge legenheit die Leute sich verlaufen, oder, wie es beim Commiß heißt, »weil die Schafe ihren Stall nicht finden tön nen.« Manche sagen auch: »Da rennt solch’ ein Esel wieder ein Loch in die U at ttJtun erscheint der Herr Hauptmann auf der Bildsläche Der Feldwebel läsit »einschwenlen«, der Herr Premier commandirt »Stillgestanden —-— richt Euch!« und geht dann dem Haupt mann entgegen, um ihm die Composi nie in der Stärke von so und so viel Untetofficieren und Mannschaften zu n old Jn« — »Ich danke sehr, bitte, lassen Sie rühren.« »Zu Befehl, herr Hauptmann. RührLEuch.« Der Feldwebel geht aus den Häupt ling zu und meldet: »Der Musketier Harsen hat heute Nacht die Kaserne, wie es scheint, auf verbotenem Wege verlassen und ist bis zur Stunde noch nicht wieder zurückgekehrt.« Armer Häuptling, das raubt Dir für die nächsten acht Tage den Schlaf! Du mußt die Sache dem Bataillon melden und das Bataillon dem Regi mente. Das Regiment wird sich beim Bataillon erkundigen und das Batail lon sich bei der Compagnie und die Compagnie, armer Häuptling, bist Du, der Du vor der Front stehst und nicht stolz wie einst Ludwig ein »Nun West moi« sprichst, sondern ängstlich ob der unangenehmen Dinge, die da kommen, Deinen Feldwebel fragst: »Wie ist so etwas nur mög lich?« »Der Kerl hat wahrscheinlich mitten in der Nacht Durst bekommen,« flü stert der Premier seinem Selond zu. Der Häuptling hört das ganz ge i nau, aber er thut, als ob er gar nichts gehört hätte; das ist oft das Allerhe quemste. »Die Unterofficiere!« ruft der Hauptmann und die Untergebenen eilen herbei. »Ich möchte mit Ihnen zwei Fälle besprechen, die in den letzten vierund zwanzig Stunden in der Compagnie vorgekommen sind und die ich einfach nicht verstehe; zwei Fälle, bei denen ich mich vergebens frage: Wie ist so etwas nur möglich?« ,,Gestern Nachmittag erschien bei dem Appell ein Mann, der den ober sten Rockknops offen hatte.« Der Herr Premier bekommt im Jn nern epileptische Krämpfe — aber was hilft’s, er muß zuhören. ,,Wäre es ein gewöhnlicher Appell now-im sn wollt- irb nichts denn fa gen — aber es war ein Appell, den der Herr Major persönlich abhielt. Jch habe mir die Sache gestern zu Haus reiflich überlegt —« »Solcher Unsinn sieht Dir ähnlich,« denkt der Herr Premier. »— und ich werde den Mann be strafen. Damit ist aber der Fall fiir mich noch nicht erledigt. Jch möchte vielmehr an Sie Alle die Frage rich ten, wie es möglich ist, daß ein Mann in solchem Anzuge zum Dienst kom men kann?« »Der Mensch bringt mich unter die Erde,« stöhnt der Premier, »ich kann es nicht mehr mit anhören oder ich be komme einen Gehirnschlag.« So führt er denn blitzschnell sein Taschentuch an die Nase: »Ich bitte den Herrn Hauptmann, einen Augen blick wegtreten zu dürfen.« »Bitte sehr,« lautet die Antwort. Nach einer guten Viertelstunde kommt der Herr Premier aus dem Ca sino, wo er inzwischen einen Cognac getrunken hat, zurück. Das Exercieren hat schon begonnen, der Hauptmann spricht nur noch mit seinem Feldwebel und als der Lieutenant sich zurück meldet, hört er gerade noch, wie der Hauptmann sagt: »Aber unverständ lich bleibt es mir doch, wie so etwas möglich ist?« Und unverständlich wird es ihm bleiben, bis er eines schönen Tages den Abschied bekommt, und wenn er ihn liekmnmt fn frnnt »- fich »Wie isf so« etivas xiui mögliche-« —— Vom Kinderspielplatz. Die kleine Hanna: ,,Leni darf ich mit I dem Vubi dort spielen?« Kindsrnäd chen: »Warum denn erade mit dem?« I Die kleine Hanna: » r ist so interes sant — —- er hat einen Säbel an!« — Höchste Zeit. Kurtchem »Giebt es noch etwas, Mama?« Ma ma: ,,Nein.« Kurtchen: »Ganz gewiß ; nicht?« Marna: »Aber nein! Es giebt nichts mehr!« Kurtchem »Na, dann . kann ich’s ja sagen, daß ich schon Leib schmerzen habe! ! —Jnteressanter Vor i g a n g. Student (zum andern tm The ater): »Aber Spund, Du wirst doch nicht im Theater schlafen?«——— »Wa rum denn nicht, kannst mich ja wecken, wenn auf der Bühne getrunken wird«. — A v a n c i r t. Pufn »Wie stehst Du jetzt mit dem hübschen Lieutenant, der Dich neulich — als Du aus dem Eise gefallen —- anfgehoben?« — Gusti: »O, jetzt falle ich ihm bereits ohne Umwege in die Arme!« » V e r s ch n a p p t. Bräutigam: »Hätten wir nnr erst zwei Zeugen, die mit zum Stande-samt gehen.«——Braut: »Wiirden Deine beidenCollegen nicht?« —— Bräutigam: »Nein, die will ich nicht . . . die schadenfrohen Kerls-» -— lcntnut t(-1·t«it)l(-. Hausfrau (bei der Kaffeevisite): ,,»Wenn ich mein theureg Silber besehe, muß ich mich jedesmal ärgern; es frißt nur Zinsen!« -—- Töchterchem »Nicht wahr, Mama, gestern haben wir beim Pfandleiher wieder vier Mart bezahlen müssen!« 4-s-..- -·-.