or Gericht ·siinalrornan von Paul Ostar Höcker-. - (5S. FortsetzungJ 0WissenS ie auch nicht, ob die bereits revidirt ist?« Dis jetzt noch nicht, Herr Lieute Mi. Man würde sonst das Rufen« U Postens vor Gewehr hier gehört; tax-ein« 1 Vollrath machte lehrt. Er war jetztj mlich sicher, daß Ewald über den; xerzierplatz den Weg genommen hat- i . ie, und entschloß sich, ihm aus dem - Um Westen der Stadt aus schnurge-,i rede nach dem Wachtlotal führenoen Wege entgegenzugehen. Es war ein Marsch von gut fünfzig: Minuten. Da die Kälte hier auf-; s freiem Felde erheblich zunahm, be-! schleunigte Vollrath seine Schritte « Unterwegs peinigte ihn eine immeri stärken werdende Unruhe. Er hartes Ewald noch nie zuvor in so Unsiaxeremj Zustand gesehen. Der Gedanke, Daßx H « sich Ewald auf der Wache am Wer-F Zierplatz etwa nicht ganz pflichkgernäßj -TI« und dienstgerecht benehmen tönne,I Flößte ihm Besorgnisse ein. Es war kurz nach fünf, als Send · Finger bei der Außenwache anlangte. »War die Ronde noch nicht hier?« fragte er den Posten vor Gewehr. Dieser verneinte. »Ich irre mich wohl nicht — Lieute Kant v. Meerheimb hat doch heute die Rande?« »Ja Befehl — Herr Lieutenant v. Meerheimb!« Bollrath stand ein paar Augenblicke mischlüssig da Es war also nur noch die Möglichkeit da, daß Ewald einen — «cnderen Weg eingeschlagen hatte, und Daß sie aneinander vorübergegangen z,,- Mun. Vollrath war fest entschlos Ier sich wieder nach Ewalds Woh ,v- sung zurück zu begeben, um von da den Weg der Rande noch einmal zu .« « Ost-Zi HEXE szYscs Der Mond war verblaßt, ein mat ier Schein des Frühlichts stahl sich be « «teits von Osten her über die Föhrde, sssxials er endlich wieder zu den Anlagen « gelangte. Es war von hier aus noch l. ein halbes Stündchen bis zu Ewalds E Wohnung Durch die schneebelafteten Zweige drang die Morgendiimrnerung und theschien in einiger Entfernung vor ihm seine Bank, die an dem kleinen Brutne Kadenweg stand. Ein untenntlicher » ·Gege::ftand — vielleicht ein Baum - stumpf, ein Reisigbiindel — befand sich »sehr-its von der beschneiten Bank und der weißen Schneedecke, die den Wald .· vs. Irr-den bedeckte, ab. Vollrath blieb plötzlich erschrocken L-« IBoden lag! Hastig eilte er näher-, das " Iniide Auge anstrengend Ein Entsetzensschrei entrang sich seiner Brust. Er erkannte die Uniforrn seines Seeofficiers, ja, noch mehr, er er 1.· kannte das erstarrte Antlitz feines -" Es- ssreundes Ewald v. Meerheirnbl ek; Mit wankenden Knieen stürzte er F« Isinzw " «Ewald! Ewald!. . · Meerheimb, FOR-as ist Jhnen2« " Keine Antwort. . Er warf sich neben dem leblos Da liegenden in die Kniee, riittelte und L·.:«v Eitttelte ihn. Der Körper war steif, ; jsz « Hände lagen regungslos im Schnee. Die Augen waren geschlos en. » .Ewald! Ewald!« rief der Schiffs "« Zaumeifter noch einmal in furchtbarem Entsetzen. Der am Boden liegende Officier gab kein Lebenszeichen von sich. »J» Bollrath riß die Handschuhe von Den-Fingern und betastete das Antlitz sp M die Brust seines Freundes-. Starr J nnd eisig fühlte sich die baut an. n- —.4 --44---h-- CI --4-- II . : dicht dahei. Der dunkle Fleck-roh jichi «’-.-» stehen. Das war ja ein menschlicheri Körper, der da dicht bei der Bank am ( US »so sssss desskhuocu sjeuvr.su »n Lider des Er starrten empor und sal) ein gebtochenes Auge! Sechstes Capitel. Nur wenige Augenblicke währte bei : - Bollratb Sendlinger die lähmende Be ; ·Ftiirzung. Dann· raffte er sich auf, um Zu handeln. . Daß er dem Erfrorenen hier im » Freien keine Hilfe leisten könne, sah er - sofort ein, allein er konnte den kräfti Ien Körper des Freundes ohne Hilfe ledigteer sich denn rasch seines Pale MT um ihn über die reglose Gestalt zu Wen, und eilte dann durch die An y III-en nach der Wohnung des Ober sseidzarztes mit dem er noch vor weni M Stunden gemeinsam an der Tafel gesessen hatte. Doetor Herling wohnte e eich am Osaka-i der Viaenstmße Von-ach - an der Nachttlingel —- zweimal, mal Erst als er hier im Schnee - das Oesfnen der Hausthür warte begann es ihn wieder zu frieren. — Zähne schlugen ihm auseinander, zitterte an allen Gliedern. MS giebkii hat der Bursche ’ " « noch nicht aufgemacht?« rief es Ich eins dem obersten Stockwerk. Essenogfberftabsarzz ich bitte um —-««:- e » Walz Sendlinger —- Sie?! Und « « in Gala ohne Baute-M Schwere « woher kommen Sie denn?'· « Unglück, Den Oberstab5 va«««MU Ra« dann werde ficht von der Stelle schaffen. So ent- ; » ich mich schnell in die Kleider wer «fen!' Ohne weiter zu hören, trat er ins Zimmer zurück, und das Fenster flog zu. Der vor dem Haufe harrende Schiffsbaurneifter vernahm nun das ungeduldige Klingeln in dem Innern des Hauses, dazwischen Ruer und endlich sanken Wenige Minuten spä ter öffnete der aus dem Bett geschreckte Bursche das Hausthor und führte den frühen Besuch nach dem Wartezim mer. »Wohnt hier im Hause nicht der Corvettencapitän Holst2« fragte Voll rarb den Soldaten. »Jawohl, Herr Lieutenant. Jch liege mit seinen beiden Burschen zu sammen.« »Wecken Sie sofort Ihre beiden Ka meraden. Jhr müßt euch fertig ma chen, mit nach den Anlagen herauszu lommen.« Der Bursche sah den Reservrofsicier mit blöden Ausdruck an. »Jetzt gleich, Herr Lientenant?« »Auf der Stelle! Und hat der Ober tabsarzt nicht ein Depot der Sant tätgcolonne hier im Hauer« »Jawohl, Herr Lieutenantx augen blicklich ist aber fast alles zur Neptun tur abgeholt, denn nächste Woche ist ökonomische Musterung. Nur die Verbandstasten sind da und zwei Tragbahren.« »Gut, eine Tragbahre wird mitge nommen. Lieutenant v. Meerheimb liegt draußen im Schnee erstarrt." Vollrath hatte diese Worte gespro chen, während er schon ins Wartezim mer eintrat. Die Thür zum Nebenzim mer, in dem der Hausherr eilfertig Toilette machte, stand offen. Sofort rief Hertling dem Schiffsbautireister erstaunt zu: »Um Meerheimb handelt sich’s? Alle Wetter! Und was ist ihm zugestoßen, dem glücklichen Bräu tigam? Erfiarrt, sagen Sie, erfro ren?« »Jawohl, Herr Oberstabsarzh Jch fand ihn soeben, als ich vorn großen Exerzierplan aus durch die Anlagen nach seiner Wohnung gehen wollte. Er muß schon stundenlang dort im Schnee gelegen haben, denn er war bereits ei means »Hm, Herzthätigieit?« »Ich konnte keine mehr wahrneh men.« Bollrath herichtete. während er dem Oberstahsarzt in den pelzgefiitterten Paletot half, über den Auftrag, den er dem Burschen eigenmächtig ertheilt hatte. »Gut, gut!« murmelte der Arzt. »Wo ist übrigens Meerheinibs Woh nung?« »Gleich oberhalb von Bellevue an der Düfternbrooter Allee.« ,,Hm. Wir wollen ihn dann lieber zu mir herschafsen. Werde inzwischen das Mädchen merken und zumLazateit gehilfen Braun schicken, der hier ir gendwo in der Nähe wohnen muß Braun weiß mit solchen Fällen Be scheid, er kann inzwischen hier alle Vor bereitungen treffen.'« — Kaum zwanzig Minuten stäter stand der kleine Trupp an der Un glücksstättr. Für Hertling bedurfte eg nur einer flüchtigen Untersuchung »Ausfichtslos!« fliifterte er sofort dein; Baumeister zu. Mit lauterer Stimme ordnete er darauf an, daß der erstarrtei Körper auf die Traghahre gehobenj und nach Hause geschafft werde. ( Während er mit Vollrath den dreii Burschen folgte, die sich heim Fort-z schaffen der Last ahlösten, sagte er zu feinem Begleiter: »Wie tam Meer-z heimb denn aus den unseligen Einfall, heute Nacht noch einen Spaziergang zu machen?« »Er hatte Rande, her-r Oberfiabs arzt.« »Hm. Jch will Ihnen etwas sagen, Sendlinger. Unser Freund muß ein bißchen zu stark eingeheizt haben. Sie verstehen.« Er machte die Bewegung des Trinkens. »Gehiirte Meerheimh denn auch für gewöhnlich zu den Allo holikern?« III-CI Im —ÅZ-—sJC-I.« III-e Ohn rath lebhaft. Er war ein nüchterner solider Mensch. Nun, Sie wissen, ja, Herr Oberstabsarzt, daß bei Festlich keiten allerdings hie und da wohl ein Gläschen mehr getrunken wird, als nothwendig wäre. Aber von einer Neigung zum Trunk tann bei Meer heimb durchaus nicht die Rede sein." Hertling schüttelte den großen Kopf, der aus seiner kleinen Gestalt fast ohne Halsansatz auffaß, langsam hin und her. »Ich meine aber, im vorliegenden Falle ist doch ganz erheblich über das pernünstkge Maß hinausgegangen wor den« denn im nüchternen Zustand hätte Meerheimb dies Unglück nicht zustoßen lönnen!« »Meerheimb hat allerdings zu Hause noch getrunken, bevor er seinen ver hängnisvollen Marsch antrat.« »Ah, Sie haben ihn daheim noch ge sprechen?« »Ich kam wenigstens an seinem haus vorüber, sah noch Licht bei ihm und bemerkte, dasz aus einem Its-Fla schen und Gläser standen.« Vollrath wollte von der persönlichen Begegnung mit Meerheimb Karlai wegen nichts verrathen. »Gleich daraus muß er das Saus verlassen haben.« »Ja, nnd er ist nicht weit gekommen. Seien Sie versichert, Sendlinget, da ran ist das verwünschte Bowlentrinken schuldi« »Es ist mir unsaßbar, wie der sonst so nüchterne, verständige Mensch plötz lich auf den unseligen Gedanken sol cher Unmiißigteit kommen lonntel'« Eli er dort vorn an der Bank an gelangt war, wird der genossene Alto bol eine unwiderstehliche Müdigkeit in seinen Gliedern erzeugt haben , er lonnte der Versuchung, sich siir ein paar Augenblicke aus die Bank zu setzen, nicht widerstehen — und schlief dort sogleich ein. um nie wieder auszu-» wachen« E Vollratb atbmete ties aus. »Sie glauben also, herr Oberstabsarzt, daß Meerbeimb im Schlas von der Bank herabgeglitten und aus die Stelle hin gesunlen ist, an der ich ihn aus sandi« »Das ist meine feste Ueberzeugung. — Nun sagen Sie mir aber nur, wie sind Sie zu dem nächtlichen Spazier gang getommen?« »Nun, offen gestanden, ich hattes Sorge um Meerheimb. Er ist mein Freund, und ich wollte nicht daß er ir gend eine Dummheit anrichtetef »Na Sie sind ja leider dennoch zui spät gekommen. Aber es ist imnierhinE E hübsch von Ihnen, daß Sie trotz Ihrer-; E grimmigen Nebenbuhlerschaft —- bebeZH , — den guten Meerbeimb zu schützenE E vorhatten.« E - Bollraib hatte grämlich mit denj zAchfeln gezucit Er wollte über dass EMärchen diefer Nebenbublerschast ftp-E wie über daå gute Einvernehmen, dass E zwischen Ewald und ihm bestandenE E hatte, ein paar ausilärende Worte sa- - E gen; doch soeben hatte man dass E Haus des Oberstabsarztes erreichtJ und die Träger traten mit ihrer star ; ren Last ein. E E Jm Sprechzimrner Hertlings hatteE s inzwischen der durch das Dienstmäd-E E chen benachrichtigte LazarettgehilseE E alle Vorbereitungen getroffen, um die s Behandlung des Erfrorenen nach E allen Regeln der Wissenschaft vorzu E nebmen E Ein Ruhebett mit sester Matratze E die mit wollenen Decken belegt war stand inmitten des Zimmers Daneben T die Geräthschafien für ein kaltes Bad. Kübel mit Eis und Schnee waren zur Stelle, auch Wein, Schweseläther und Salmiaigeist. Das Zimmer war kühl. annn IMM- hio ob's-n TonT0-7"1«insf geöffnet, gleichzeitig aber einheizen lassen, um, wenn der Erfrorene im Zimmer war und die Fenster ge schlossen wurden, eine allmähliche Er wärmung des Raumes vornehmen zu können. Mit großer Vorsicht wurden die er sten Hiter geboten; man versuchte künstliche Athmung zu erzeugen und nahm Waschungen und Einreibungen mit Schnee und Eis vor. , Nach kurzer Zeit schüttelte aber ders Lazarettgehilfe den Kopf. Er hielt ei nen Scheintod für ausgeschlossen und ersuchte den Oberstabsarzt, die Puls-! ader öffnen zu dürfen. s Hertt ing wies den Unterossizier je-; doch an, ruhig tn denWiederbetebungs versuchen fortzusahren. »Hauptsache; ist bei all solchen Versuchen die, daß man nicht zu früh ermüdet. Es ist« mir in meiner Praxis mehrfach vorge- J« kommen, daß erst nach ein- bis zwei-: ständigen Bemühungen die ersten Zei chen des zurückkehrenden Lebens sich eingestellt haben.« Vollrath, der sich während der gan- i zen Zeit in namenloser Erregung be- ! fand, zog endlich den Oberstabsarztsk beiseite »Auf Jhr Wort Herr Ober-. stabsarzt, halten Sie den Zustand deås Unglücklichen wirklich noch für aus sichtsvoll?'« »Nein! Jch halte es aber für besser, den Lazarettgehilfen nicht darüber aufzuklären Er soll meine Befehle ebenso gewissenhast ausführen, als wenn wir alle noch an eine Rettung glaubten, damit wir uns auch nicht den geringsten Vorwurf zu machen ha den-« »Und Sie glauben, daß unser Freund der Kälte widerstanden hätte, wenn er vollkommen nüchtern gewesen wäres« «Jeh bin davon fest überzeugt« Der Gedante an das turze Zusam : msnövssssn Ists-C III-»Is- «n. htt- N ----- »-»--0·- -» »s-. k----·v Ists-s »v- wksusv da Von dessen Wohnung peinigte den« Schiffsbaumeifter. Wie hart und; s schroff hatte er denKameraden zurecht- E Aufgabe übernähmen, im Laufe des s Vormittags Frau o. Zeck über den gewiesen, und wie schnell und grau- f fam hatte sich der Leichtsinn des Un glücklichen gereicht! » Vollraih verrieth eine so iiesinner - liche Bewegung, daß Heriling es end-: lich siir angemessen hielt, den Schiffs-? baumeister nach Hause zu schicken »Sie können weder Ihrem armen« Freunde noch uns etwas helfen. GeJ den Sie also heim, legen Sie sich hin; und versuchen Sie zu schlafen Esz steht Ihnen noch manche Aufregung bevor. Denn meines Erachtens wäre: es am Platze, daß Sie die traurige Vorfall schonend aufzuklären. Wenig stens glaube ich, daß Sie jejt der näch te hierzu sind!'« Vollratb merlte, daß der Oberstabs arzt wieder auf die mannigfachen Huldbeweise anfpielte, die ihm von Fräulein von der Tann auf dem Ball fesi zu theil geworden waren. Er hielt den Augenblick aber nicht für passend, um Hertling über die Vorgänge und Abmachungen aufzuklären. »Gut denn, Herr Oberftabsarzt, ich werde Ihnen gehorchen!«a agte Voll rath. »Ja wenigen Stirn n bin ich wieder hier, um nach dem armen Meer heimb zu sehenX Er wollte nach kurzem, ernstem Ab schied von Heriling gerade das immer verlassen, ais der Lazaretige ilfe « ! gedämpstem Ton dem Oberstabsarzt seine Wahrnehmung z.uries Hertling be ab sich· wieder ins Ne benzimrnen ach einigen Minuten tarn er zuriick »Sie brauchen nicht mehr hierher zu rückzukehren, Sendlinger Ich lasse den Leichnam nach der Todteniapelle des Martnelazaretts überstihrern Der Tod ist unzweifelhaft.'« Sendlinger überlies ein eisiger Schauer. Er preßte die Hände an die Schlafen, ein trampfhaftes Schluch zen machte seine Brust erzittern. Aber er drängte seine Bewegung mannhast zurück, ließ sich den Paletot umhängen, winite dem in sich versunkenen Arzte schweigend zu und ging von dannen. Die große Erregung hatte ihn alle Müdigkeit vergessen lassen. Jetzt ward es ihm aber doch schwer, sich riisiig vorwärts zu bewegen. Es ging aufs sieben Uhr; in den Straßen war es daher schon ziemlich lebhaft. Zeitungs träger, Bäckerjungem Milchhändler und Dienstboten belebten die Gasse. Da Vollrath am ersten Halteplatze eines leere Droichte entdeckte, warf er sichs mein-, dein verschlaienen Kutscher die; r,trai e und Haugznummer seiner Woh- » nung zurufend i Der Schiifi. baumeister hatte in der Nähe der tatserlichen Werft eine be haglich eingerichtete,gut möblirte Woh sung von mehreren Zimmern inne. Seine Wirihin war in jeder Hinsicht Lc miikkn ihm seine Häuslichleit so wohnlich als möglich zu machen. Die sreundiiche alte Dame —- sie hatte stü her bessere Zeiten gesehen und war nicht ungebildet —— hatte etwas wie müttertiche Zärtlichkeit für ·"il)n. Bei seiner Rücktehr von größeren Festen, die ja selten vor dem beginnenden Morgen ihr Ende erreichten, fand er stets eine warme Stube sowie alle Vor bereitungen zu einem kleinen Frühstück vor. Da es schon sieben Uhr schlug, als Sendlinger heute nach Hause tam,tvar Frau Briesen bereits wach. Vollrath hörte sie rnit demMädchen in der Küche sprechen. Er wollte sich in seiner Verfassung nicht zu einer gleichgültigen Unter-z nauung zwingen, aus zog er jkch sofort in fein Schlafzimmer zurück. Einen Augenblick lang dachte er wirllich darun, seinem durch die An strenaungen und Aufregungen start - mitgenommenen Körper Ruhe zu gön- s nen Schwer fiel ihm aber dann: plötzlich aufs Herz, daß Karla sich ja; entschlossen ht« ite, trotz ihrer spätenZ Heiinlehr vom Balle früh um acht Uhr ) den Zchnellzug nach Berlin zu benu- T tzenl i zn fliegender Haft entledigte er sich feiner Uniform wars sich in Civilllei-ks ; dung und zwang sich sog-zar, ein paar; Schluck des schnell auf der EllinschineI bereiteten Kaisers zu genießen. Von seiner Wohnung bis zumBahm hos hatte er fast eine Viertelstunde zu; gehen. Zu seiner unangenehmen Ueber raschung waren die Droschlenp lätze in der Nähe seiner Wohnung leer Alsoz mußte er den Weg» u Fuß zurücklegen-Z Häufig sah er während des be- I schleunigten Marsches nach der Uhr. Es fehlten nur noch wenige Minuten vis acht. Er We sich schukßtich, ais I. er —- nur noch wenige hundert Meter von dem großen, stottlichen Vahnlwsz gebäude entfernt —- das Pfeier und Schnauben einer Lokomotive vernahm, in einen scharfen Trab. Erschrocken bemerkte er plötzlich, daß es auf der über dem Portal angebrach ten großen Normaluhr schon zwei Mi nuten über acht sein. »Ist der Schnellng nach Berlin schon ferti« rief er einein Gepiickträger zu, der vor dem Portal stand. «Fahrplonmiißig urn 7 Uhr 55 Mi nuteu!«' lautete die gleichmiithige Ant wori. Bollrath hielt ien Laus noch immer nicht inne. Aber da höre ich doch noch das Pseisen der Lokomotive?« »Das ist der Schnellzug, der unt 8 Uhr 1 Minute aus Berlin hier ein trifft!«« ? Rathlos blieb Vollrath jetzt ftes ben. Ob Karla abgereift ist? fragte sich Vollratb. Ob sie fortgefahren ift, ohne1L von dem furchtbaren Ereigniß der ver flossenen Nacht gehört zu haben? Viel leicht hatte sie ihn, wie verabredet, noch bis zum letzten Augenblick in dem der Abfahrt harrenden Zuge er wartet? Jerend spähte Vollraths Blick um her. Die Eintrittshalle des Bahnbofs war zumeift von Anlörnrnlingen er füllt. Aber auch Marttfrauen mit großen Kiepem Schulkinder, die aus den Vororten kamen, mischten sich un ter die Menge. Verzweifelnd rannte Vollratb nach dem Abfahrtsbabnfteig, trotz der Fruchtlosigteit feines Bemühens die dort ftationlrten Beamten wieder und wieder ausfragend, ob sie nicht wüß ten, wer in die erste Klasse desSchnell zugs eingestiegen, ob nicht eine fchlante junge Dame im großen Pelzmanteh buntelblond, mit großen dunklen An aen, darunter gewesen fei. Die Beamten zuckten die Achseln; sie batten die Reisenden daraufhin nicht angefehen. Da Vollrath in feiner Etregung ziemlich laut sprach, wurde er von ver schiedenen Seiten beobachtet. Viele der Antiimmltnge, die sich von der Ge päcksanögabe ihre Koffer aushändigen ließen, mufteeten ihn erstaunt tm Vor iibergehen. Auch ein auffallend großer here in eleganien Civil, der inmitten der halle neben zwei kleinen Kossern stand und anscheinend siir das Wegschassen sei nes Gepiiels nach einem Träger suchte. dcisien ihm Aufmerksamkeit zuzuwen en Vollrath merlte endlich, daß er ein Gegenstand der Neugierde wurde, nnd wandte dem Bahnhos unmnthig den Rücken. Was nun thun? Wohin ietzt? Wenn Karla wirklich abgereist war, hatte er dann einen Grund, Frau v. Zecl auszusucheni Sollte er die Be nachrichtigung der alten Dame iiber das entsetzliche Unglück nicht lieber einem der Vorgesetzten Ewalds über lassen? Und doch — es trieb ihn nach jenem Hause· Er mußte etwas über Karla erfahren, und sei’s auch nur die Bestä tigung seiner Befürchtung, daß sie ab gereist war. Was sollte sie Von ihm nur denlen?, Mußte sie nicht annehmen, daß ihre kühle Haltung beim Abschied, die der? so schwer bestrafte Vetter Ewald ver schuldei, ihn veranlaßt hatte, die Ab-. niachuna der gemeinsamen Reise nicht; inne-zuhalten? Sie konnte ja leineE Ahnuan von dein gräßlichen Ende« ihres usiglijcllichen Vetters haben. s Wiederum sagte sich Bollraih, daß es Vielleicht noch das beste war, wenn sie erst spii ter von dein raschen und traurigen Ende Ewalds erfuhr Die« Nähe des Todten mußte ja nach den; Ereignissen dieser Nacht etwas ganz« besonders Schauerliches für sie ha-; ben Schweren Herzens machte sich Voll rath auf den Weg, um Frau v Zeci anfzusuchcn. Es wurde ihm von einem Mädchen geöffnet, dessen Antliy völlig verstört war. Vourath nannte hastig seinen via men und ersuchte das Mädchen, ihnI bei der gnädigen Frau zu melden. Da; ging auch schon die vom Vorzimmerz nach dem Treppenhaus führende Thür? auf, nnd Karla erschien im Rahmen;« auch in ihren Zügen spiegelte sich Ber- ; wirkung und Entseßen wider ? Bollrath starrte sie an wie eine Gei- E stererscheinung. »Karla —- du noch hier! Und du veißt ——— Sie wissen?« Das Mädchen war bescheiden zu-? rückgewichen, als es den verweisendenz Blick der jungen Dame sah. Nasch: lam Bollrath näher. Karla zog ihn« ins Zimmer. Sie wollte sprechen, aber Thriinen erfiietten ihre Stimme. Nun 7irl die Thür hinter ihnen iss Schloß, rnd sie waren allein. Jetzt erst, als er f Den wahren, ausrichtigen Schmerz der Beliebten um den nahen Verwandten sah, ergriff auch ihn eine nicht nieder kuzwingende Betrübniß. »Todt —- todt —- unser iustiger," Herzensbraver Ewald ist todt!« . Die beiden hielten sich an den Hän- - den fest. Vollrath schämte sich der Thriinen nicht, die auch über die Wan ien rieselten. ; Karla schluchzte laut auf und Ireßte ihren Kon stürmisch an die Brust des Geliebten. Dort weinte sie ich aus. »Und sich sagen zu müssen, daß man sich in der letzten Stunde mit Zlbscheu von ihm gewendet hat, statt daß man den Jrregeleiteten beschützt dätte!« : »Wir haben uns keine Vorwürfe zu machen. Karlcn Jch bin sofort zu ihm zurückgekehrt, nachdem ich dich« verlassen hatte. Jch traf ihn aber nicht mehr zu Hause an. Von jener Minute bis zu dem Augenblick, da ich ihn auffand, blieb ich unterwegs. Jch lief die ganze Postentette ab, doch in zwischen hatte der Arme schon dort orüben am Waldrande sein Ende ge-; fanden-« ä »Es ist also wahr, was hertlingd Bursche uns meldete: du selbst warst? es, der seinen Leichnam entdeckt bat L; f-: frsus sahn-tout uns-o k- Use-usw« ern. . ; Vollrath schüttelte langsam dens Kopf. »Er lag ganz friedlich dort draußen im Schnee, als ob er fchlafe." Aber es ift unrecht, daß man dich fo ohne jede Vorbereitung mit der ent-; fetzlichen Nachricht überfallen hat.« ; »Der Bursche des Oberstabsarztess konnte nichts dafür. Wie ich soeben durch das Mädchen erfuhr, war er. nämlich in Ewalds Wohnung gefei)iclt·kv worden. Trotz allen Läutens war; ihm dort nicht aufgethan worden. Da s er nun um die verwandtfchaftlichen ; Beziehungen Ewalds zu Frau v. eckl wußte, so eilte er in feiner Rathlo1g teit hierher und oerrieth dem Mädchen alles. Jammernd kam sie zu mir.: Jch war soeben aufgeftanden und im ’ Begriff, mich in Reifetleidung zu wer fen.« Vollrath fah sie überrascht an. Ein wehmüthiges Lächeln hufchte über seine Lippen. »Ich komme oeben vom Bahnhof. Jch suchte dich dort.« Karla hatte fich, still vor fich hinwei nend, an’s Fenster gesetzt. »Sieh fagen zu müssen, daß er noch vor wenigen Stunden fröhlich und ausgelassen mit uns gelacht und e fcherzt hat« und daß all der frifche e bensnmth nun fiir immer gebrochen ift — ach, ei ift furchtbar!« Sie fchwiegen darauf beide. End lich erhob Karla ihr Antlih und fah Bollrath forfchend ins Auge. »Was fagtehertling zu dem grausigen Fund? Kennt er die wahre Urfache des Un glücks?« Bollrath nickte ernst. »Es gab ftir ihn keinen Zweifel.« Karla reichte dein Geliebten die hand über den kleinen Tisch. »Es ist aber unsere Pflicht, Vollrath, über die unselige Begegnung mit Ewald kurz vor seinem Tode zu schweigen. Denn der Gedanke ist mir surchtbat. daß wir das bestätigen müßten, was eine schross und seindselig urtheilendeMen ge sofort iiber unseren gemeinsamen Freund aussprengen würde. Du ver stehst, Bollrath?« Der Schiffsbaumeister nahm ihre band und erwiderte: »Bis jedt habe ich nur dem Oberstabsarzt eine ganz Wichtige Mittheilung über meine Wahrnehmung gemacht. Aber ihm muß ja gleichsalls daran liegen, et waigen häßlichen Gerüchten über sei nen Kameraden keinerlei Nahrung zu geben« Ein Entsetzensschrei, der in diesem Augenblick im oberen Stockwerk, wo sich das Schlaszimmer der Frau v. Zeck befand, aus-gestoßen wurde,machte Karla erzittern. ,,Tante Asta!« kam es scheu von ihren Lippen. »Wie sie das Furcht bare nur ausnehmen wird!« »Wie, deine Tante wußte bis jetzt noch nicht darum?« fragte Sendlin ger. »Nein; wahrscheinlich hat ihr die Gesellschafterin in diesem Augenblick erst die Mittheilung gemacht. Ach, ich habe ja an der eigenen Trauer schon soviel zu tragen, denn Ewald war mir mehr als ein guter Kamerad, er war mir ein Bruder! — aber den lauten Schmerz der Tante fürchte ich nicht er tragen zu können!'« Sie war ausgestanden und ging nun in nervöser Erregung auf und nieder. Vollrath hatte sich gleichfalls erhoben. Er zögerte nur einen Au nonbiick h»nn »in-«- ses pfiff-blossem ans Thür. Karla hörte ihn gleich darauf die Treppe zum oberen Stock hinan steigen. Frau o. Zeck verließ soeben, in einen hastig übergetvorsenen Morgenrock ge kleidet, an der Seite ihres Gesell schafisfriiuleins, einer nüchternen, un bedeutenden jungen Dame, ihr Schlafzimmer. Sie schluchzte fortge setzt, ries dabei nach Karla und richtete im selben Athem unzählige Fragen an die Bringerin der ungeheuerltchen Bot ichaft. Plötzlich sah sie sich dem Schiffsbau meister gegenüber. »Gniibige Frau«. sagte Bollrath in ruhigem Tone, »ich bin gekommen, um Sie über alles aufzuklären. . ." Frau v. Zeck hörte kaum nach ihm hin. Etwas wie Zorn leuchtete aus ihrem Antlitz, als sie des Fremden an sichtig wurde. Sie wollte ohne weiteres an ihm vorübergehen, fortgesetzt unter Thränen und Schluchzen nach ihrer Nichte verlangend »Friiulein von der Tnnn habe ich be reits über die näheren Umstände des traurigen Falles unterrichtet, gnädige Frau!« sagte Vollrath. »Ihr Fräu lein Nichte ist durch das Ereigniß der art erschüttert, daß jetzt äußerste Scho nung geboten ist.« Die Hausfrau maß den Sprecher einen Augenblick lang mit einem er staunten Blick. Es blitzte in ihren Augen. Ein hochmiithiger, saft ver ächtlicher Ausdruck trat auf ihre Lip pen. »Ich danke fiir die Rathschlitge, mein Herri« tagte sie zitternd vor Er regung· »O, gnädige Frau, es liegt mir durchaus fern, Jhnen irgendwie zu nahe treten zu wollen. Ich glaube nur, bei den herzlichen und freund schaftlichen Beziehungen, die mich mit dem Todten vertniipft haben, das Recht zu besitzen. auch fiir das augen blickliche Wohl seiner nächsten Hin terbliebenen aus eigener Machtvoll tommenheit sorgen zu dürfen. Fräu lein von der Tnnn bedarf nämlich so beede«-nd hsk Nob- dns ipdk Istlt Aufregung ein Frevel an ihrer Ge sundheit wäre!« »Meine Nichte, die ihren Bräutigam verloren hat«, sie betonte das Wort mit einer eigenthiimlichen Schärfe, ,,wird sich allerdings nicht so leicht zu trösten missen als ein gelegentlicher Betannter des Verstorbenen. Sie verzeihen aber jetzt wohl, mein Herr ; mein Platz ist an der Seite meiner Nichtel« Sendlinger zitterte vor Zorn über die wegwerfende Behandlung, die ihm von der ihm wenig günstig gestimmten Dame zutheil wurde. »Sie find die Hausherrin und haben zu befehlenl« sagte er in tiihlern Tone. »Sie ge statten dann also wohl, daß ich mich von Fräulein von der Tann verab schiede.« Frau v. Feck hatte in ihrer nervösen Erregung i r Taschentuch zerrissen. »Ich werde die Bestellung selbst über nehmen!« sagte sie, flüchtig mit dem Kopf nictend. Sie wandte sich hastig zum Gehen. Bollrath sah ihr bestürzt nach. Offen bar wollte sie ihm eine weitere Begeg nung mit Karla unmöglich machen. Die haussrau hatte sich von der Treppe aus direct in das Var-terres zimmer versitgt, in dem sich ihre Nichte aushielt. Vallrath vernahm ein tur zes erregtes Gespräch; Frau v. Zeck begann plötzlich in ihren höchsten Tö nen wieder zu jammern und zu wei nen. Markerschiitternd drang der Ton durchs ganze Haus« Vollrath hatte die Thür, die zum Treppenhaus führte, noch nicht erreicht, als Karls schon aufgeregt aus dem Zimmer her ausftiirzte, die jammernde Tante da selbst alletn zurücklassend Gortseiung solgt.)»