Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 18, 1897, Sonntags-Blatt., Image 14

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    Das Dreigestirn.
Roman von Hans o. Spielberg.
(Fortsetzung.)
»Lkingst hätte ich geschrieben, meine
lIheute Jakobäa! " so begann das
Schreiben, »wenn wicht die Gräsia
Sophie von« schwerer Kramkhekt befal
Ien worden wäre, und ihre Pflege alle
WZrttummeine Kräfte in An
spruch genommen hätte Es drängt
mein Herz ja so lebhaft-, meist-m ver-»
ehrt-en Gastfrewndens in Kremmrodes
Tiber meine Plötzliche Abtei-se dsde M- "
Ikäw zu geben, die sise wahrlich
bot allen Anderen beanspruchen Wtfem
G drängt mich, ist-new zu danken, sie
Um Nachrichten- zu bitten über alle- dre,
welche meinem Herzen mai-e statt-dem
TSchscksal meiner Lieben! Und biss
Iveiten krampsft sich meineBrwst zusam
M, und ein-e ensdsetzliche Angst über
ksillt mäch
Aber vor Alle-m meinen Bericht, vor
Allem die Erklärung meiner plkötzßichen
sAbrekse von Kremsmwdr.
- Am Tag-, ehe ich euch verließ, war
fast von einem Mermis-M ein krei
Ftes Billet zugesteckt wardst «- W
priien von der mir mhlbdmtwen
der Gräsism Sie beschwor mich,
r due kurz-e heimische Untsttedung
m Pakt zu gewährm, es has-Mc sich
meine Msucktet
. Jch fand mich ein . Die Gräfin
Dacht-e mir tikfschmekzlichc Mittw
Iungem meine theute Pflege-unsrer
habe ein schweres Loos getroffen
Unmittelbar nach dem AUM des
Kaisers von Ele sei dort eirce engli
sche Frogatte gelandet und habe als
ebne der energischsten Mithelferinnmi
des nscpoleonischen Unternehmens sie!
verhafret S;e sei nsach Pkymssouth ges
k.— kn—
III-WIL- lUULUcll, ULUUULUJWC LVL Nu PLU
seß. Die Gräfin wußte mich zu über
hangen daß wutTalleyrand disk Wenn
seiten könne, sie versicherte m-ir, daß er,
dessen Agenten mich in Kremsmrode
cufgiespsürt hätten, wur unstet der Be
dingung etwas für meine Pflegemuttser
Ihn-n wolle, wenn- ich mich seinem Wil
sen füge und die Gräfin nach ihren Be
situngen bethe. Dort solle ich wei
tkre Bestimmungen iiber mseine Zukunft
vorfinden
Jch fobgtr Sovbie, demn ich glaubte
ihr. Wer die merkwürdige Frau
kennt, wird verswhen, daß ich nicht an
ders konnt-. Ihre Ueberredsunsgsgashe
ist zu groß, als daß man ihr wider
stehen könnt-e.
Zu spät sollt-e ich erkennen-, daß ich
Mr Jntriguse zum Opfer gefallen
war, die zwar von Tallyrand einge
fädeit zu der sich die Gräfin aber aus
selbstsüchtigen Motiven hergegeben
t
Das alles erfuhr ich nastürkich erst
um Wochen spät-er. Wir ging-en nach
Tulzin nach dem märchenshaften Sitz
der Postockis, und hiier in dem gosdenen
Rahmen von orienstalischer Pracht, in
der Sophie bebt, erkannte ich, wie tief
Wisückkich die arme Frau ist. Jhr
: Ergetz, der einst eine Krone zu erlan
gm wähnt-e, ist zerschellt, denn ver
hohe PDlUsTsche Adel hat sich, nachdem
sp . er sich überzeugt daß ihre weitnipgem
den Pläne nicht die Unterstützung der
Mächte fanden, mehr Und mehr von
«s Ihr zuriickgezogenx ten-d zu Allem zeigte
Ich. daß auch ist-re körperliche Gesamm
Ixsi schwer erschüttert ·ist. Sie wollte
j. es mir zuerst nicht zugeben- daß sie
-« J W sei, arm mch Migm Tagen
« unseres gemeinsamen Aufenthalts in
Dutziu mußt-e sich est-wem daß dies
« Weg-argen der let-tm Zeit, dies-ichs
» such die Fasse-: disk schweren Ernst-!
« 9 hig, welch- sie sichs-»der Nacht deg»
—"- stand-s zugezogen hatte, ihre Gäme
" syst schm- geschadigi haben. Eva-sich
Li-- sum eine Zeit, tvo Saphir so heftig er
harrt-, daß sie das Bett nicht verlas-;
« - F durfte. Jch saß tm- ihrem Lager;
last-gen Nächten, in denen- sie bakdi
M den bunten Bill-km ihrer roman
-z « - Csehen Vergangenheit bald- von ihren
Wckzssx VIII-«- -b9!d SM. Lust
H - pcjawmime —- tcy ers-sum auch, Dass ne
» sie ihn für einen politischen Emissär
Rast hielt. Erst nach schweren
sz M gele Sols-hie Æf M WEI
« see Besserung aber eine völliige Hei
jung ist wohl nimmer zu erwarten
nsd jetzt war sie eine ganz veränderte-;
z körperliche Leid hatte ihre Seele
, « ! Ohne Mß Ich Mk UMUX
-. z· mit die iimersten Beweggtiinde all
,» ,zxx.,2-...-»«O—. ski
amn kann-te
Vor acht Tagen sind wir auf den
ils des Arztes vorn Tulzin nach
. Wir bveiben
, - zsichtkichum noch einig-e Monat-, bis
- Mut-z hier, wo Sowie M
» wach M bringen« und die dor
Uekzh konsle will, wenn
. Sein-Weit Ue weite Reise über
»— Irr-läßt KMDumichdoch
UW—al-ereswirdwohlein
Mch beben-! Jst-ankam
ich, daß Du Mag-gesteckt seiner
W eines
OW, nnd recht viele
wich gute Nachrichten von Amen
welche unseren Versen sieh
schen Gefangenschaft befreit hatte, weit
handels mit, es war cht eine
-MWSW- dcsß sieSth
. misschiittm sich Jst-Wo W
» chin- iivekgssiedekt, wo um wicht;
.- .. Mensche-pa- Tun-sc de- westlichen
«Dsi-e besten und wkllkommensten
Nachrichten werdens wir Laus-san selbst
bringe-M« hatte Kunst sofort entschie
den. »Man de Berti-Setz Dulol
und ich reisen nach Gorkschin!«
Auch der alte hert dan- Sdettsen et
klärte, mitteism zu wollten. Er in
teressirte sich plötzlich lebhaft für die
Hebung der ism Pathe von Gdktschkm
verborgenen Schätze, übe-r welche ihm;
Kutt« Minusnig gemacht hatt-. Und
nun meinte auch Jakobs-m sie habe
Sehnsucht, Louison so bald als mög
lich in dlie Arme zu schließen, sie müsse
asuch die schöne Gtäfin Soplne kenn-en
lernen, um nicht im der Zukunft durch
unwütze Eisersuchtsgedanlen gequält zu
werden. —- .
Eine kleine Karawane war-? die
Kremmtode verließ, nachdem Kur-f in
Berlin die erforderlichen Pässe bessng
hatte: drei große vierspännige Wagen.
Jm erste-w hatten beide Stetten und
Jakobäcn tm zweit-en- Madame de Vet
niek mist Durst ask-d Moder-eine Platzl
genommen, während dest- letzte von detl
Dienetschaft und den umfangreichen
Gepäcl sin Anspruch genommen war.
Das Neffen war damals eben eine
umständliche-te Sache, als heut-e.
So ging es hinein litt dass polnisch
Lsmd über Post-n und Warschau nach
Wilna Fu. " Endlich, nach wochenlaw
get beschwnkicher Fahrt, lwg Gottschin
vor innen —- det ungeheure tmldatkige
Parl. das alte präsckylåge Schloß mit
seinen Thürknen und Erletn und der
großen Terrasse.
Mk Gräftm und Louison wurden
durch vorsausaefandde Stafestrn vom
Kommen der Gäste unt-erdichtet Schon
auf det letzten Statison hatt-e diese ein »
gräflichet Wagenzug erspare-L dessen 4
Pferde das Entzücken des alten Herrn
erregten. Für Madame de Verm-et
und Jakobäa hatte die Gräsin daf
tendse Blumengtüße mitgesandt, jeder
Strauß umwunden von einem weiß
und golden, den Potocki’schen Farben,
gestickten Bande.
Die Wagen hielten —- Losusison lag
in du«-n Armen der Mutter und flog
bmm befklimä km Idol-III Vrnsl sit-Fikt
endlich zwischen Lachen und Weinen
die Anderen.
Jn einem leichen Korbwagiem dir
auf die Terrasse hinaus-geschoben war,
ruhte dikie Gestalt der Gräfin Poiocka.
das edbe Antlitz crbgsirnagert, in den
Zügen einen ergreifenden Ausdruck
schweren Leidens. Nur die großen
dunklen Aug-en fivashlien noch immer
im alten Wunder-glanz, nnd die fern
gefchwImgenm Lippen lächean noch
zauberisch wie früyen Und als sie
Kurt die abgezehrtse Hand indirecte
flüsterte sie matt: »Vergeben und ver
gessen! Jch bitte sie, mein Freund!
Berge-bin und —- vergessen!«
Er erwiderte nichts, aber er beugte
sich erschüttert über die weißen durch
sichtigen Finer und küßte sie.
Lange sah die Gräfin Jakobäa an
mit ernst sinnendenr Ausdruck Dann
erhob sie die Arme umsd zog das junge
Mädchen an die Brust, mn sie auf
Augen nnd Skirn zu küssen
,,Sir müssen mich lieb gewinnen.
mein Kind!« fmgte sie leise. »Ich
bitte um Ihre Freundschaft — versa
gen Sie diese einer armen Kranken
nkcht!«
Jm Hintergrunde starr-d der Haus
hofrneister, in jeder Hand eine goldene
Schale haltend. Jetzt trat er näher,
und Sophie nahm die Schalen aus sei
ner Hirn-d tin-d bot sie sesbsst nach alter
russischer Sitte den Gästen dar: Salz
Und Brod als Zeichen der Freund
schaff, alss Willkommensgruk Zu
einem Jeden spmch sie ein liebenswür
dig-s Wort, einen besonderen Denktl
für fein Komme-In aber bald sank sie
völlig erschöpft in- den Wagens zurück
Mit ziiimrder Stimme bat sie Loui- »
ftm noch einmal, fiir ihre Gäste zu
sorge-n bis fre sich ihren selbst widmm
könne, rmd gab dann den harrenden
Meinem Weisung, sie irr chr· Zimmer
zurückzuwilen .
Tiefergriffen standen'Alle, ais der«
Wagen verschwand-r war. Jakobäa
schmiegt-e sich dich ern- derr Geliebten
,,Wiie schön muß sie gewesen sein —
die Gräsikm die nrme Frau!« flüsterte
sie Ihm zu.
Er nickre stmnny aber er suchte Ja
kobäa’s Hand und drückte sie zärtlich.
Unioer den Annehmlichkeiten einer
fürstlichen Gnstfkmnstschaft vergingen
einige Tage schnell. «
Jn der ersten helle-n Montmsacht aber
wanderten drei Männer, mät Spaten »
und hacken Msgwiistesh in den Pakt ;
hinaus,lder Svelle zu, wo die Krsiegs- z
beut-e des Kaisers, wo die Mit :
Risiken von Moskau immer noch der
Auferstrbmg hast-km sollten.
Sie schritten, wie die Protokolle an
zust, 1450 Schrva Mttetportal
Des Schlosses die breite MgAMe
westwärts und fanden rW den vie
Allee rechtmhkeligkreuzendm Weg, den
sie deeilpmdeetSchrivt nach Süden ver- .
folgten. »Da-um« so Wiese via-s
Protokoll, «geccmgt man an eine hols
brücte, hinter der unwitbellm ein Wh
hes Bisttmqebipsch beginne-. Der Be
stand diese-s Gchölzes ist need-eig. gera
de fiieksszg Schritt von her Brücke —«
»So stand Ich auch vor echt Monu
ien on der glCIchen Selle!« sphr Duslot
erregt fort. «Wo ist die Brücke-? Wo
ist mich nur eins Wasserlmes, der die
Stelle ten-zeigte daß hier M eine
Brücke gewesen wäre? Wo begin-at esin
BRANle Glatie Wissen mä drei
hundert Schritt in idet Umgebung ——
ich kenne heute wie damals das Gelän
de nicht wiedet!«
»Geduld!« mahnte Kurt und zog
sein Exemplar des Pwtotolls hervor.
»Der Bestand dieses Gehäle ist nie
drig, gerade fünfzig Schritte rechts von
der Brücke aber gelangt man zu ebner
aussallend hohen, in eiwer kleinen Lich
tung stshnnsdens Bitte —«
»Jarvohl!« unt-erbrach Dulot leb
haft Kurt vons Stett-n »Diese-r Bitte
rntsansns ich mich gansz deutlich. Aber
wo ist sie —- tvo ist ste?« -
»Lassen Sie Kurt erst einmal zu
Ende lesen-, lieber Kapitän,« mathnte
der alte Stetten bedächtig. »Bielleicht
finden wir doch noch einen Anhalts
punlt für unsere weiteren Nachfor
schu«n-gen.« .
»—— gelangt mam zu einer ausfal
cend hohen, in einer kleinen Lichtung
vlbeben-den- Birtse,'« las Kurt weiter. Vi
:onrte Labourd-Macard kletterte in- die
Reste derselben und stellte fest, daß
man von der Höhe aus sowohl den
Hauptthurrn des Schlossen, wie genau
im rechten Winkel zu der Linie. welche
matt sich zwischen Bitte usnd Thurm
rezogm denken form-te den Kirch
Zhurm eines benachbarten Dorfes, das,
vie wir später seststelltrn, Karschowo
hieß- selben kann-tei«
»Den Schloßthurm sehe ich recht
deutlich —- aber kein-en anderen
Thurm!« ries Dukat.
»Vielleicbt bat nmn bei Tau-e bessere
Einsicht Weiter-, inein- Junge!« sagte
»Es-Zeus Platz Wien uns in seiner ver
steckten Lage und unter den gegebenen
Orientirungsnterttnalem welche ein
Wiederaufstnden erleichtern mußten
außerordentlich günstig. Genau
Zwanzia Schritt südlich der ljirtr
gruben wir ein trefes Loch, bargen die
Kisten hinein, schauselten die Grube
wieder zu und ver-deckten sie sorgfältig
mit den vorher heraus-gehobenen
Moosnrassen.
Ein Jeder von uns Endesuntgv
zeichneten prägte sich noch ein-mal dse
Lage des- Ortes genau ein; kann
schrieben wir die Protelolle nieder
und brachen nach Wilma aufl«
WAlles wie ich es auch fest rn meiner
eigenen Erinnerung hatt-et« Dulot
stampfte ungeduldig dnn Fußboden
,,.lber der Geier mache sich jetzt hier
bin Bild der Sachlage es ist« als ob
die ganze Gegen-d völlig verändert
wäre, kein Gehölz, kein-e Brücke, keine
Bitte, kein Ritchtlyurm nichts von
all’ unsern fiir untriiglich gehaltenen
Lrientirungspuntten!«
Die beiden Stetten, Vater und
Sohn, standen, in Gedanken versun
ken, schweigend neben dem lebhaften
Franzosen. »Ich sein nur zwei Mög
lichleitsen vor Augen« begann endlich
der Grei s, »der Port ist entweder scht
1812 in seiner Anlage total verändert
worden, oder die Herren haben sich do
mng i.n den Himmelsrichtnngen febr
getäuscht!«
»Das ist unmöglich! Wir hatten
den Kompaß stets zur Haut-P
»Ja erregten Momenten irren auch
die besten Augen, wertber Herr! Jch
erinnere mich, daß ein berühmter
Heerfübrer den rechten und den linken
Flügel seiner eigenen Schlachtstellung
verwechselte, und die Schlacht dadurch
verlor. Jedenfalls müssen wir alle in
den Pwtolollen angegebenen Entfer
nungen auch nach den entgegengesetzten
Richtungen abscheeitar.«
Es geschah. Wunderbarer Weise
fand sich, daß von der anderm
S.chloßfront, die ebenfalls ein großes
Portal zeigte, auch eine breite Allee
ostwärts führte. Wust-geben tm
folgte man sie, aber noch ehe die Män
ner die 1450 Sehtbtte crbgeschritten
hatten-- zeigte s« sich- dwß We Spuk
nicht die richtige sein könne Die Allee
verlor sich in einen hochftiimmigen
Buchenwab
Jest drang Kurt darauf, noch ein
mal zum Ottern-en auf der westlichen
Seite zurückzukehren Der Einwurf
des Vaters hatte ihn daraus gebracht,
daß man auch diesen Querweg viel
leicht anstatt in südlicher, in nördlsicher
Richtung abschreiten müsse, um zu der
erwähnten Brücke zu gelangen-. Auch
hier blieb indessen alles Forschen er
solglo5. Der Weg senkte sich schnell zu
einer ziemlich ties eingeschnittenen
Schlucht, eine Brücke war nicht zu fin
den, und das ganze Terrain lag derart,
daß man selbst von einem Baumgipsel
aus nicht den Schloßthurm hätte schen
können.
»Verloren!« rief Dukat. »Ich wuß
te es ja! Wir mässen irgend einen Feh
ler bei der Orientitung gemacht haben,
den fett keins Menschenwih entdecken
kann-P Er schleuderte seinen Spaten
mißmuthig aus den Baden. »Mögen
sie auf ewig im Schoosze ider Erde
ruhen, die Millionen —- ich gebe das
Suchen ans!«
Kurt stand unschliissig: »Wenn der
Pakt gänzlich umgestaktet worden ist,
was ich sast arm-nehmen geneigt bin,
worüber wir ia übrtaeni moraen
leicht Auskunft erhaiten konnens, so
sind sicher auch dsie Kisten beim Auf
wiihlen des Bodens gefunden worden.
Gesth aber auch, sie seien noch unbe
riichrt — wo giebt ei denn- jedt noch
eine Möglichkeit, da alle Anzeichen
und Merkmale versagen, dem Ber
gungsvrte aus die Spur zu kommen?
III-M ists Aas-M
te a te p By herzlich aus:
»Was thun? ssu Bette selten-! Das sitt
-.
jedenfalls das Gescheideste!« Und er
schultnte energisch seinen Spaten- und
ging dem Schlosse zu.
Langia-n und ver-stimmt folgten die
Anderen Als ste sich vor dem Schloß
portal trennten, meint-e Dulot achsel
zuckentn »Man muß sich zu trösten
wissen, Kamerad. Gute Nachtt«
Trotz der besten Vorsähe kam aber
noch nur wenig Schlaf in der beiden
jungen Männer Augen. Es war zu
schwer, so lang gebegteni Hoffnungen
zu entsagen. Nur der alte Herr
schsief ruhig unsd fest. Als aber der
Morgen graute, war er der Eerste, der
aufstansd und, der Langschläfer spot
tend, durch den tbaufrischen Bart
schritt. Er liebte die Natur iiber Al
les und hatte fiir jeden Baum, für
jeden Strauch und jeden grünen Wie
senstrrif ein aufmerksames Auge. Und
als er vor der Terrafse den Gartendi
rettor der Gräfin traf — zufällig war
es Sinn Deutscher und nioch dazu ein
Preuße aus den Potssdamer Gärtne
reien des Königs —— da entspann sich
bald ein lebhaftes Gespräch über
Baumlulturen und BlumenzuchL Da
bei schritten sie weiter und weiter bin
ein in den ausgedchnten Waldpart.
Auch Dulot user-d Kurt wanderten in
den nächsten Tagennoch mehrfach durch
die Anlagen und musterten mit auf
merksamen Blicken Wie-sen und Bäume,
aber nichts zeigte sich ihnen, das sie zu
dem Versteck ter Millionen hätte leiten
können.
Inzwischen lebte man tim Schlosse
in schönster Eintracht. Der alte Herr
von Strtten und die Gräfin Sophie
verstanden sich bald vortrefflich Er
fand großen Gefallen an der immer
liebenswürdigen Frau und lauschte
gern ihrem geistvollen Gewanden und
die Schloßberrin freute sieh aimen-J
scheinlich der Unterhaltun- mit dem
alten ritterlichen Herrn. Sgtundenlang
saßen sie an den sonnigen Nachmitta
gen aus der Termsse, und bisweilen
schienen ihre Gespräche eine ernste
Wendung zu nehmen: die Wangen der
Gräfin übergoß dann und wann eine
feine Rothe, und lebhaft intereisirt
hörte sie den Auöeinanderseyungen ily
rez Kavaliers zu.
Dann beurlaubte Herr v. Stetten
sich aus einige Tage. Er wolle auf
einem Nachbargute der Elennjagd
nachgehen, meinte er. Man dürfe die
seltene Gelegenheit als alter Waid
mann reicht vorüber-gehen lassen.
Als er zurückkehrte, hatte er wieder
lange und interessante Unterredungen
mit der Gräfin — schließlich sahen ihn
die jungen Leute an der Seite ihres
Korbwagens in den Pakt gehen. Sie
lächelten —- der Vater machte Sophäe
Poftocla wahrhaftig an aller Form den
Ho !
Am nächsten Vormittag forderte
Herr von Stetten seinen Solyn und
Dulot zu einem Spaziergang auf. Als
sie auf der Terrasse erschienen, harrte
die Gräfin und der alte Gartendireltor
ihrer schon.
.Die Parlarbeiter sind alle der Ver
: abredung entsprechend aus der anderen
Seite des Schlosses beschäftigt, Herr
. Winller?« fragte Sophie.
»Zu Befehl, Frau Grashal«
Der alte Stetten wies auf einiges
HandwerkszMQ das zur Seite bereit
i lag: »Wind euch. ihr tung Hek
rerr!« sagte er lächelnd Unsd als sie
Ihn estaunt ansahen-, fügte er hinzu
»Nur« nicht fragen, sondern vorwärts!«
Heute hat der Alte eine kleine Ueber
raschung siir die Jugend. Also vor
wär-M«
Er schritt rüstfig voran-, der Garten
dittttpt ichs-b den Wagen der Gräsin,
die beiden her-ten folgte-es
Wieder ging es bis zmn Schnitt
trunstt der Wege und dann die Quer
straße entlang. Nach dreihundert
Schritten machte her-r von Stett-n
Halt. .
»Hier, meine klugen jungen herren,
stand in der That eine Brücke wie
Ihnen Herr Wintler bestätigen wird,
auf dessen Anordnung vor zwei Jah
ren das Brrtengehölz abgeholzt srurdsez
im Winter daraus fiel hie hohe Birke,
deren Standpunkt aber auch unser
trefflicher Freund nicht mehr ganz ge
nau anzugeben weiß, einem erane
zum Opfer. Ungefähr bezeichnet jener
Stab, den ich Federn »anbrachee, die
Stelle,. an der einst die Bitte ihre
Zweig-e ausbreitete Dort laßt uns
zunächst ein-mal das Weitere verhan
deln. -
»So, nun wenden Sie einmal Ihre
Blicke nach dort!« er wies mit der aus
gestreckten Hand nach Südost, Jeden
See dort ein hochragend-es Lattengei
rüst? Ja? Schön! Dann lassen
Sie sich sagen, daß ich dies Getüst
gest-ern errichtete ließ —- ntit helfe ten-v
Erlaub-riß unserer liebenswürdigen
Schloßberrin hier, ohne deren Rat-h
ich überhaupt nisten-er ausgekmnmen
wäre. Dies Lattengetüst steht genau
auf dem Plage, den einst der 1818 ab
geGrannte Nie-Wenn entnahm.
Kurt, mein IMM- Ivenn Du nicht
königlich preußischer Maer im Gene
ralstab wärst, möchte ich liest-stehe sa
gen: Du machst ein verteufelt dum
mes Gesicht!«
«Waslythastig,Batee,« rief Kurt, »Du
beschämst uns Alle durch Deinen
Scharssiml« «
Diesan lachte der Alte ganz ver
nehmltcht »Na, nur weiter! Seht hier
dies Lattenlrenx das Herr Wirtslee
sur neun amemgen lies. Es rst ge
nau tm rechten Winkel wie eure ma
thematisch gebildeten Augen vielleicht
bemerken wer-den« «
Kurt unid Dulot that-ten das Holz
treetz bereits ergriffen. Ell-, ich sehe,
dke jungen Herren begreifen allmäh
lrgs Gelingt es Euch, dtte Stelle zu
sinken, von der ans ler lli s des
nnen Schenkels des rechten inkels
den Hauptthurm des Schlosse-T längs
des ander-en den elnftigen Mkchthnrm
Von Karschsowo anvisirt, so muß die
Brrle fast genau aus dem Schnittpnnlt
der beide-In Schenkel gestanden haben
;»wsas? Die Rechnung stimmt, denke
r .
Entsetzung totges)
AQA
Neues aus Natur-· und Heute-irde
------
Das Alter der Erde.
Der Streit zwischen den Astrono
men und Physikern einerseits, und den
Anhängern der organischen Entwicke
lungsbahn andererseits über die Mil
lionen von Jahren, die es genommen
haben muß, damit die Erde, nachdem
sie einmal durch allmählicheAbtülzlung
aus ihrem vorausgesetztern zuerst
dampssörmigen, dann feuerflijssigen
Urznstande die für lebende Wesen er
forderlichen Bedingungen erlangte, ist
von neuem entbrannt. Jene rechnen
aus den jetzt herrschenden astronomi
schen und physikalischen Gesetzen her
aus, daß das Herabsinken der ur
sprünglichen Gluthhitze auf die gegen
wärtige milde Temperatur der Erd
oberfläche; die allmähliche Verlangsa
mung der Erdumdrehung durch die
von Mond und Sonne geübte Ehhe
und Fluthtvirlung, bis sie das Maß
der heutigen Tagesdauer erreichte; da
neben die mechanische Ablagerung der
meilentiesen Gesteinsschichten, aus de
nen die feste Crdrinde besteht; nach
den Einen 73, nach Anderen 400, nach
noch Anderen 680 Millionen Jahre in
Anspruch genommen haben muß, und «
mit Zuhilfenahme gewisser, aus der
allmählichen Abliihlung des Sonnen
törpers aus seine heutige Temperatur
gezogenen Schlüsse kommen etwa 500
Millionen Jahre heraus; wobei indes
sen zu bemerken ist, daß einzelne Ge
lehrte viel geringere Zahlen (nach un
ten bis zu 20 Millionen), andre Ge
lehrte weit größere Zahlen (bis zu
6000 Millionen Jahre und noch da
rüber) finden. Die Anhänger
Darwin’schen Entwickelungslehre, der- «
zufolge betanntlich alle Thiere und
Pflanzen, sowohl die heutzutage le
benden, wie diejenigen, von deren ein
stigern Dasein zahllose, in ost unge
heuren Lagern ausgeschichtete, Verstei
nerungen uns Kenntniß geben, sich all
mählich im Laufe langer Zeiträume
aus wenigen einsachenUrsormen, wenn
nicht aus einer einziger Ursor1n, ent- «
— sie verlangen .
wickelt haben sollen;
sür diesen äußerst langsamen Prozesz
taum noch in Zahlen ausdrückbare
Zeiträume. Jbre Ansprüche werden
sogar immer größer und zwar mit ei
nem keineswegs phantastischen, son
dern einem sachlich durchaus gerecht
sertigten Grunde. Es hat sich nämlich
durch neuere Entdeckungen gezeigt,
daß unter den Bersteinerungsschichten,
die, weil sie die untersten waren, die
Spuren der ältesten Thiertlassen zu
enthalten schienen, noch viel tiesere
Versteinerungsschichten liegen, die
wahrscheinlich biö zu den ersten An
fängen einer sesten Erdrinde zum so
genannten Urgneiö und den lrhstalli
nischen Schiesern reichen und in denen
das Leben noch nicht existiren oder
keine Spuren hinterlassen konnte. Für
eine noch röszere Ausdehnung der Ur
zeit und olglich des Alters der Erde
hat der englische Geologe Poulton un
längst in einem Vortrag vor der »Dri
tish Association« auch noch einen wei
teren, aus geologisch- zoologische Be
obachtungen gestittztem Grund geltend
IDMDJIO IIIme -n· h- II—sC--h
der ;
l
puow su wen ou«
fer sie in den Versteinerungsschichten
liegen, d. h. je näher sie der Zeit nach
den ersten Anfängen des Lebens stan
den, sich um so langsamer entwickelten.
Wie viele Hunderte oder Tausende von
Jahrmillionen auf diesen neuen
Grund hin dem Alter der Erde noch
hinzugefügt werden müssen, wird dor
läusig nicht gesagt. —- Der Franzofe
nennt den unerschöpflichen Brunnen,
aus welchem alle diese ungeheuren
Zahlen nach Belieben gefchöpft werden
können, —- die Tintenslaschr.
A l l e r l e i.
Wie es Vögel gibt, die nicht fliegen
können, so gibt es auch Fische, die
nicht schwimmen können. Sie leben in
den tiefsten Tiefen des Oceans und
schleppen sich durch Kriechen aus dem
Boden herum.
Die Batterienfurcht ist nach und
nach der, aus wissenschaftliche Beob
achtungen und Experimente gegründe
ten, Einsicht gewichen, daß diese rni
troftopisch tleinen, zwischen Thier und
Pflanze stehenden Lebewesen, die be
reits in den Urzeiten in ungeheuren
Mengen die Erde bevölkerten, eine vor
zugsweise wohlthiiti e Rolle im haus
halt der Natur spie en. Neuere Unter
suchun en haben bewiesen, daß die ge
fährli ten Anstectungjhatterien ie
ute Eigenschaft haben, sich von den
eichen aus« mit denen sie beerdigt
werden, nicht weiter zu verbreiten, fon
dern beim Verrichten ihres ntihlichen
Zerstörun swerts das umgeben-Erd
retch und affer iiu meiden. Mit at
M
leiniger Ausnahme des Milzbrandba
zillus verlieren sie auch allmählich ihre
Gifti teit und sind meistens nach ei
nern ahre todt. Jn Massachusetts
mit Abwasserstossen angestellte Versu
che haben ergeben, daß die Batterien
nicht durch den Boden hindurchgehen,
der somit wie ein natürlicher Filtrir
apparat wirkt.
Jm Laufe des vorigen Jahres sind
abermals dreizehn neue, zwischen
Mars und Jupiter treisende tleine
Planeten, sogenannte Taschenplane
ten, entdeckt worden, deren Gesammt
zahl sich jetzt auf vierhundertzweiund
zwanzig beliiufi. Jhr früher schwie
riges und unsicheres Auffinden wird
jetzt durch eine sinnreiche Anwendung
der Photographie erleichtert. Während
nämlich die anderen Sterne auf der
photographischen Platte ihren Platz
nicht wechseln. sondern mit Ausnahme
der großen Planeten stets als Punkte
erscheinen, hinterlassen die tleinen
»Wandersterne« in Folge ihrer Bewe
gung um die Sonne einen Strich,
durch den sich ihr Bild von demjenigen
der festen Sterne; der »Diterne", un
terscheidet. Die Zahl dieser Minia
tursternchen, die zum mindesten tau
send perragt, wird wahrscheinlich nie
mals genau bekannt werden.
»Vienen als Kriegswasfe« lautet die
neueste Entdeckung eines englischen
Geschichtsorschers, der ausfindig ge
macht hat, daß wenigstens zwei Mal
in den Kriegt-m wovon die Geschichte
berichtet, die Biene als Waffe gegen
den Feind benutzt wurde. Jn einem
der Kriege der Römer gegen Mitbri
daies truges sich zu, daß Lucullus
zur Bezwingung der Stadt Themisch
ra in Kleinasien dieselbe mit großar
tig langen unterirdischen Gängen, ein
Mxinß umsi- dis tsfimnnbnn bohrte-n
dieselben von oben an und warfen
durch die Löcher außer Bären und ari
deren wilden Thieren auch eine Menge
aus ihren Stöcken schwärmender Bie
nen hinunter, deren die römischen
Soldaten sich nicht erwehren konnten.
Der zweite Fall dieser Art wird aus
dein Eroberungstrieg der Dönen und
Norweger gegen die Sachsen erzählt,
die bei der Vertheidigung von Chester
nicht nur siedendes Wasser und Bier
aus die Belagerer gossen, sondern sie
»mit allen Bienenstöcken der Stadt be
warsen«. Die Angreiser wurden von
den Bienen so zerstochen, daß sie »we
der Hand noch Fuß regen konnten,
und die Belagerung ausgeben musi
ten.« So wenigstens erzählt eine, in
der Brüsseler Bibliothet aufbewahrte,
handschriftliche Chronik.
Dem französischen Chemiter Verthe
lot ist es endlich durch verwickelte Ma
nipulatiorien und mit Zuhilsenahme
der Elektriziiiit gelungen, das Heliuin
in dieselben chemischen Verbindungen
»hineinzuzwängen«, wie das, rnit die
sem geheimniszvollen Gas fast gleich
zeitig entdeckte und ebenso der chemi
schen Vereinigung mit anderen Stof
fen widerstrebende Argoii· Es steht
jetzt fest, daß beide mit den Elementen
der Kohlenwasserstosse sowie des Koh
lenwasierstossbisulsyds chemische Ver
bindungen eingehen, aus denen sie sich
auch wieder in reinem Zustand ab
scheiden lassen.
Strohhüte geu waschen.
Man bereitet folgen zweierlei Flüs
sigkeitem Erstens ZTheile unterschwes
lig saures Natron mischt man durch
Umschiittelri mit 1 Theil Glyeerin, 2
Theile Weigeist und 15 Theilen destil
lirtes Wasser, dann siltrirt man die
Lösung durch ein reines Tuch und gibt
sie ir: eine Flasche. Zweitens: 1 Theil
pulverisirte Citronensiiure wird in 45
Theilen Wasser, dem man 5 Theile
Spiritus zusetzte, ausgelöst. Auch
dieseMischung wird siltrirt iirid in eine
Fiasche gefüllt. Nun dersiibrt man
wie folgt: Jn die erste Flüssigkeit
taucht man ein reines Schwämmchen
und reinigt damit den Hut an allen
Stellen, außen und innen. Dann legt
iiian ihn 24 Oiunoen an einen ruhten
Ort auf ein reines Tuch. Nach dieser
Zeit behandelt man ihn ebenso, wie
oben angegeben, doch diesmal mit der
zweiten Lösung und legt ihn wieder irr
den Keller-. Zuletzt biigelt man den
Hut mit einem gut warmen, doch nicht
zu heißen Bügeleisen. — Ein anderes
Verfahren: Der Hut wird einfach mit
einer fünfprocentigen Citronensäure
lauö der Apothele) mittels eines
Schwammes gewaschen. Nachher
spiilt man ihn in reinem Wasser ab
und hängt ihn an einen sonnigen Plat-»
Die Strohhüte werden so bedeutend
schöner als durch Schwefeldömpfe.
Tapeten waschbar zu ma
che n. Tapeten, welche vielem Dunst
oder Rauch ausgesetzt sind, daher leicht
schwärzen oder schmutzem lann man
vor oder nach dem Tapezieren leicht
waschbar machen, wenn man sie auf
folgende Weise präparirt: 2 Theile
Borax und 2 Theile Schellack löst mar:
in 24 Theilen Wasser und seiht die
Lösung durch ein seines Tuch; mit der
selben werden die Tapeten überzogen
und nach deni Trocknen mit einer wei
chen Bürste glänzend gerieben. Die
selben gestatten dann das Abwafchen,
ohne daß sich die Farben lösen oder
verwischen würden.
Schwarze Schleier reinigt
man rasch und gut folgendermaßen:
Man löst in warmem Wasser Ochsen
alle aus, taucht die Schleier darin ein«
spült sie talt nach. icht sie durch
schwachej Guinmiwa er, tlopst sie
Zwischen den Fanden sehr iorgfölttg
urch und ste t sie mittels weiße
Stecknadel aus einein Bügelbrett fa
denaerade out.