VUUUUUIS ZW Beilage des ,,!·knzeigcr nnd Herold«« zu No. Zö, exJahrgang IS « P Iltkjndolph Ijkjausqkhkk GMUD ssllllm,91clll’.s,dcll 14 Null INCII Das , . l ges-einsam non Widerstran (Fortletzunq.) »Sie waren dort; gestehe-n Sie!« rief der Staatsanwalt mit starker Stimme Das junge Mädchen schüttelte je doch msit ein-er wilden Bewegung den Kopf. »Nein » nei«n!« Der Staatsanwalt war einen zorni gen Blick- auf die Gebrochene. »Wir dürften voranssichtlich noch ei- « nen weiteren Brweis fiir Jbre Anwe senheit im Zimmer der lsrmorteten fin« den, jetzt, nachdem wir wissen, das-, Sie die Kerze verloren baben.« Seiner Anordnung zufolge begaben sich däe Herren, aber auch (Elyrr·stian, If,)err von Waldner und die Gouver nante noch einmal in das Zimemr der Ermordeten Mükrsam hielt sich Hedwig aufrecht. Wirt-erholt flog ihr angstvoll-flehender« Blick nach oben, als bete sie im tiefsten Grunde Abtes Herzens: »Herr, mein Gott! Ende diese Qualen!« Man nahm Licht mit und schlon die Thin auf. Christian wars einen icheucn Quer i nach der Leiche unsd leime- sich einen Moment wie geistesabwesend gegen die Wand, bis ihn sei-n Herr zornig an der Schulter schüttelte und ilyrn, gleichsam zur Ermunterung einen kräftigen Rippen-stos; versetzte. Die Gouvernante bedeckte fchaudernd das Antlitz mit den beiden Händen. Der Staatsanwalt ließ den ganzen Teppich emporheben imod nurn entloeckte man wirklich ein kleines Stückchen Kerze, dessen Docht vertoblt war. »Ist dies Jljr Eigentbnsrn?« fragte der Staatsanwalt die Gouvernante. Diese vermochte keine Antwort zu geben, doch der Ausdruck ihres Gesichte sagte genug Der Staatsanwalt trat zur-litt untd gab dem Polizeitommissar einen Wint. Dieser nickte. — ,,Behatrr-n Sie noch immer auf der bestimmten Erklärung nicht-«- von die sem nächtlichen Besuche zu wissen?« Zwei Seluniden nnr wartete er« dann legte er tie Hand aus die Schul ter des lieftsia zusammensabrenden Mädchens und sagte lurzc »Im Namen des Gesetzes ertliire ich Sir oerhaftet, Hedwia Bode:ibacl;.« Die Gouvernante wollte ein-en Schrei ausstoßen, aber er blieb ibr in die Kehle stecken. Die amgsterfijllten Blicke starrten den Sprecher an-, als bade derselbe bereits ein Todesnrtheil gestillt. Und in diesem Moment fiel dran fzen in der Nacht ein furchtbarer Don nerschlaa, so das-, das Herr-entsank in seinen Grunfesten erhebt-e Lilbermalg ein Nachtaewittrr! Die Herren der literichtstonnnifsion salml sich etwas verleaen an. Hier lief-, sich nun der Gutgbseiitier vernehmen »Wir dürften allem Anscheine nach ein starles Gewitter bekommen, nnd die Fahrt im Warten ist nicht rätblich'«, sagte er. »Wenn daher die Herren sden Morgen abwarten nnd meine Gast sreundschast in Anspruch nehmen woll ten, wind es mir nur znsr libre gereis cheth Jlmen Niederbronn zur Verfü gung zu stelle-n.« Das Anerbieten wäre ohne weitere Rede sofort acceptirt worden« wenn es sich nicht um die oerlyastete Gouver nante gehandelt hätte Doch Herr von Waldnsrr wußte lo gleich Raid. »Ich habe ein kleines Zimmer oben ian ersten Stock, dessen einzige Thür selyr fest ist,« bemerlte er. »Das Fen ster ist viel zu hoch vom Boden, als das ein Sprung gewagt wer-den könnte Auch befindet sich momentan gar nichts in dem Raume als ein-e alte Matratze am Boden, kein Linn-en oder derglei chen, um etwa ein Seil zu knüpfen Den Schlüssel der Mr könnt-en Sie, Herr Staatsanwalt, im Ver-wahr neb men, und zudem ist ins nächster Nähe ein Gelaß, wo »der Polizist schlatfen kann« »Führe-n Sie uns nach dem bewuß ten Raume!« Das Todtennimmer wurde wieder verfchlossm und der Polizist ergriff den- Arm der Gmwernante, um sie nach oben zu führen. Er that es mehr, um dem wankenden Mdchen eine Stühe zu gewölbt-n als aus Besorgnisx die Vethacstete könnte entfliehen Herr von- Wcrktner mit einem Die ner, der das Licht trug, schritt voran wnd schloß eigenhändig die sehr starke Wes-M FUMKM Mi; T « as annner ien . We der WMher gesagt hatte, enthielt die Stube nichts als eine alte Matratze, die am Boden laig j ,,Treten Sie ein, « sprach Herr von Waldner zu der todten-bleichen Gou vernante. E in bohnivoller, triswmphirentser Blick, in dem auch unverkennbar die befriedigte Rachesucht zu lesen stand, glitt über die Gestalt Oder wankendm Gouvernante. Der Volizeitommissar trat ain das Fenster, öffnete, sah prüfend in die Nackcht schloß wieder utnd trat dann zu ru Jn- diesem Augenblicke drängte sich laut weinend ein jungesMädchein durch die vor der Thiir stehenden Personen Eine ältere Frau waer vergeblich be müht, das Kinle zurückzuhalten das sich laut schluckyzensd auf sdie Gouv-er nante stürzen wollte. Herr von Waldner that einen zor nigen Fluch und sprang hervor. Mit blitzschnellem Griffe packte er sein Töchterrhens am Hansdgelenk und schleuderte es zusriick »Was willst Du hier, Gabriele?« stieß er hervor-. »O, laß mich Papa: ich will zu meinem Fräulein wimmerte das Mädchen unter dem Griffe des Vaters-. »Ulrile sagte, daß es eingesperrt wer den soll!'· »Ulriie ist ein altes Plappermaul!« rief der Gutsbesitzer roh. »Geh-e zu Bettel« »Nein, ich will zu meinem Fräu lein!« schluchzte Gabriele ganz ver zweifelt. »Sie ist lieb ucnld gut und thut Niemandem etwas zu leide. Die fremden- Menschen wissen es nur nichts« Der Gutsberr führte kurz entschlos sen seine Tochter gewaltsam aus der Stube. »Ich bitte, Herr Eommissar, been den Sie diese standalöse Scenel« rief er noch voller Erregung dem Polizei- i amten zu. Dieser n-ickte. »Sie wenden bis zum frühen Mor gen hier bleiben,« wandte er sich an Hedwig, die schwer athmend sich gegen die Wand lellmtr. »Machen Sie teinen Fluchtversuch; es würde Sie auch nurl schädigen, aberJhnen nicht im Gering: sten nützen« Die Thür fiel zu und wurde festk verriegelt Eine Wurchdringlichej Finsternis; herrschte in dem provisori- i schen Gefängnisse der GouvernanteJ kenn schwarze Wollenballen verbitlltens den Mond. Herr von Waldner war mit dem; jammernd-en Mädchen und der alt-In Ulrike in einem nach dem oberen Gar-« ridor münden-den Zimmer verschwun den und erschien nach Verlauf einiger Securrden wieder. »Hier wäre kann das Zimmer fin den Polizisten « sagte er »Die Herr-n werden mir unten die Ehre geben « Ein dumpfes Rollen wälzte sich übers den Herrenlws von-— Niederbronn Herr von Waldnet schickte das-» Dienstversonal zur Ruhe, Christian ausgenommen, der noch alten Wein aus dem Keller holen mußte, usnd lies; « das Haus abschliefm1.i l S. f Als die feste Miit sich hinter dein Polizeibeamten geschlossen hatte, er füllte dichte Dunkelheit das lleine Ge mach. Die angstvollen Blicke der Gou vernenste irrten umher umtd fanden nichts als schwarze schauerliche Nacht « Plötzlich schlug sie die beden Händel vor das Gesicht und brach mit dem halberstickten Ausschrei:»(51ine Mödij derin!« bewußtlos iusanemetn Zu gleicher Zeit sagte sich unten deri Gutsbesitzer in Gedanken: »Man-z wird einsehen, das; Eine des Morde5» verdächtig-e Person nie und nimmer seine Frau wenden ta.nm Diese Ver · bindung bade ich fiir alle Zeit unmög lich qenmcht « Die lttouvsernanie wußte nicht, wie lange sie ohne Besinnung dagelegen; hatte, als sie wieder zu sich kam. ( Ein heller Blitzstrahl, der den dunk len Himmelsraum im Zickzack durch-s fuhr, erhellte für einige Secunldem das kleine Gefängniß und wedte bei dem Mädchen sofort wieder die Erinner-? ung an das Vorgefallene. t Aechzwid erM sich die Bedauevns-I wer-the Sie schwankte nach dem Fen Nach einigemBemuhen gelang ishr dies »Ich muß entfliehen, « feuchte sie; »o, ; ich fiirchte mich so entsetzlich vor dem Gefängniß, vor einer Metheilung!«3 Sie klammerte such mät den Hand-n an dem Rahmen fest und starrte m dies Tiefe Dsie hattde war möllig glatt. Wie sowie das junge Mädchm da hrnuwtier gelang-rot Unter gewöhnli-; chen Unrstämäm war dies einfwch un-» Wisch. I Dies mußte Hedwig Bodenbach wohl auch einsehen, den-n sie ließ trostlos den Kopf auf «die Hänlde sinken. Ein pfeifewder Wind fuhr über die arlsten Obstbäsuine des Gartens unsd in den Aesten ächrzste wwd stöhnte es, als wär-un es die Todesseufzer der Ermor beben. Noch war kein Tropfen gefallen. Nur der Donner rollte in Idern Wollen, uwd er Blitz durchtreuzte die unheim lich schmäle, dicke Luft, die ganz mit Elektrizität geleiten schien. Die Gouvernasnstie regte sich nicht. Sie ging nicht vom offenen Fenster hinweg, dessen Rahmenin sie um llammert hielt. Mechansisch lauschte sie auf da-sDonn-errollen, dasAechzen und Stöhnen der Bäume utnd idias Gläser llingen unten, starr blickte sie nach dem Gartenrassem der in grünem Schimmer aufleuchten-L wen-n das Blitzlicht sdtie Wollen-ballen zerriß. Das Gläser-klingen verstummte end lich vollständig, dafür rumorte es thes tiger in der Luft. »Sie sintd alle zu Bett gegaengen,« fliisterte die Gouvernsanxe, »nur ich wache noch. Hier bleibe ich liegen, bis sie mich abholen wollen. Aber ehe sie mich berühren, ehe ich mich fesseln und nach dem Gefängniß bringe-n lasse, stürzt ich mich aus dein Fenster in die Tiefe« Der heftige Sturmwind setzte wie der ein und heut-te über die Dächer von Niederbronn. Ein Blitzstrahl zucktse hernieder unsd erhellte für einseSecuxnbe den Garten unten; Die Gouversnante fuhr in- diesem Augenblick mit einer jähen Beweaumg zurück. War das nicht eine menschliche Gestalt, die dort über den Rasen Das Mädchen fasßte sich an die Schläfen. »O, mein Gott, wenn er es wäre!« Sie bog den Kon weiter vor. Aberrnsals zuckte ein Blitz nieder. an das krachende Donnergeräusch mischte sich ein halblairtirAusschsrei der Goumernante Das fachle Blitzlicht hatte tden Gar ten wieder setunsdenlang erhellt, nnd in diesem Lichte erkannte das Mädchen, das-, es sich nicht getäuscht hatte, als es vorher einen Menschen zu sehen glaubte. Es war ein Man-n, der auf demtltas senflecke unten stand und in Xdens beitden Händen bielt er -— eine Leiter. »Es gilt mir, mein-er Befreiung!« flog es iiber Hedtvigs Lippen Und doch war es kein Jubelruf, dein die Gouvenante ausstieß, mehr noch als je klangen Angst und Entsetzen durch tiefe Worte. Ja, das Mädchen eilte sogar nach der Thür, um zu ent fliehen. Es mußte fiir den ersten Mos ment ganz die Besinnung verloren ha ben. Die Thiir ließ sich natiirlich nicht öffnen und Hedwig wankte wieder nach dem Fenster zurück. Sollte sie um Hiilie rufen? Dann entfloh der Mann wohl ganz gewiß sofort. Zitternld prefite sie sich gegen die Wand und erwartete das Kommean mit pochenden Schläfe-n. Siie bist-mochte nicht mehr länger re gungslos dazustdbetn sie mußte sehen, ob wirklich eine Gestalt nach oben stieg. Sie blickte nach 11«nten,f11k7r jedoch gleich darauf zurück. Ein-e vollkommen unkennbare Man nererscheinnng stieg langsam auf der Leiter nach oben. Die Gouvernsante wich zriinct unid blieb dann stehen. Jetzt hörte sie ein kurze-Z ßoßweises Atknncn, sah das Schwanken der langen Leiter-, und in der nächstens Minute erschien einMann im offenen Fensterrahmen «S«inio Sie wa s?« fragte derselbe in leisem heiserm Ton. » a,« antwortete die Gouvernante heraus und angstbebend; »was will man von mir?« »Es gilt Ihre Rettung! Sie diir fen hier nicht bleiben: Sie miissen noch diese Nacht entfliehen. Später findet sich keine Gelegenheit mehr dazu und das Gericht wird Sie ganz sicher ver urtheilrm.« Der Mann sprach msit gedämpfter Stimme. Die Gousvernante vermochte noch kein-e Antwort zu geben. ,,B1esin nen Sie sich nur nicht lange,« fuhr der Mann fort. ,,Steige·n Sie iiber lden Rahmen aus die Leiter. Sie ist stark genug, um uns Beide zu t«ragen.« »Wer schickt Sie zu irrt-ri« fragte das Mädchen, von Angst geschüttelt. «Mich schickt Niemand; ich komme von selber!« »Von Ostra herikber?« Säjvasgen Sie nicht so lange, kommen »Ich will erst wissen, wer Sie sandt« »Das erfahren Sie nicht so schnell,«« erwideotse der Manni, mit ver-stellten heiserer Stimme-. »Damit Sie wissen, daß es Sie nicht ein-mal etwas mähen jwiirde,e1in Streichholz anzustreben, wen-n Sie ins hätten, sage ich Ihnen, Fdaß« ich sogar mein Gesicht geschwärzt »W» s »Warum das?« l »Die Gründe behalte asch für michs!« l »wenn-en Sie meinen Bräuitigam Franz von Wakbwer?«' ,,Ob ich den kenne!« i Der Mann stieß e in sonderbare-s ’kutzes Lachen aus ! »Er schickt Sieg-« L »Nein; aber reiben Sie doch nicht so spiel; schließlich werden wir entdeckt, ssdenn ich weiß ganz genau, daß man Idem Polizisten ein Zimmer in- Jsheer jnsiichsten Nähe gegeben hat« E »Nicht eher, als bis- Sie mir sagen, Zweshalb Sie mich unter solch’ seltsa Emen Umständen besoeim!« antwortete Edie Gouvern-anste, die wieder etwas HMutb bekommen hatte. ! »Sie sollten liebe-r machen, sdaß wir ssortlommsem als daß Sie all ldiese un nützen Fragen stellen-! Aber Sie kön nen es meinetwegen auch wissen, wes halb ich Jhnen heraushelfen will und muß. Kommen Sie etwas näher, da mit ich nsichst so laust zu weiden brau chelii Mechanisch befolgte- das Mätdchien diesen Befehl. Sie trat näher. »Wir halben nicht vie-l überflüssige Zeit,« versetzte der Mann hastig. »Wenn es da oben über uns nicht so greulich wetterte und trachte, mände der Geniosavm ganz sicher schon- ausf merksam gerne-oben sein. Um es rasch zu machen: ich will Ihnen sont-helfen, weil ich weiß, baß nicht Sie, sondern ein Aniderer den Mord begangen hat.« »Ein ------- Anderer?« haucht-e Hedwig, sich myit der zsitterntden Hansd gegen die Mauer stützen-o »Wer?« »Ein Manni« »Wissen Sie das ganz gewiß?« »So gewiß, als ob ich’s mit ange sehen hätte: da giebt es keinen Zwei fel!« Die Gouvernante stieß plötzlich ei nen dumpfen Schrei ans. Mit Aufge bot aller Kraft hatte sie ikrre Fassung bis dalbin notlpdiirftig gewahrt. Nun aber war es zu Enkel-i damit. Dieser Aufschrei, der Tiefe eines ge marterten Herzens entsprungen tonmtr leicht bis bin-aus aus den Gan-g gehört werden. Der Mann axnfsder Leiter stieß eian Fluch aus. »Teufel auch, was fällt anen ein, so zu- schreien Z« lsin Donnerschlag trachte durch die Wolken. Schwer atlnnsend lehnt-e die Gouver nante an »der Wand. »Nun — wollen Sie, oder wollen Sie nicht?« rannte ihr der Unbekann te zu. Sie kämpfte noch mit sich selbst. Was lag ihr schließlich an ihrem tiinfs schlich? Ein Mann schien es zu sein. tigen Loofe? Hatte sie neicht alle-s Glück und jede Hoffnung vers nnltJ Aber wenn nur die entsetzliche Angst vor dem Gefängnisse vor einer Vernrtbeilnng nicht wäre!« Lieber sterben, drauß-an irgendwo, im Bach» in einem einsamen Teiche im OstraTeichel ssin zischendesr Laut kam vom affe nsrn Fenster ber. »Stil« Hör-en Sie nichts? Das sind Schritte!« Man vernahm einige schlürfen-de Schritte im Gange draußen. Nun pochte es an die Thür. . Das Mäsdchen vermocht-:- keine Ant ; wort zu geben. i Das Pochen wiederholte sich, Idies mal noch kräftiger. I »So antworten Sie doch; er wird «sonst in das Zimmer dringen!« kaim zes in usntesvdriicttem Tone vom Fenster r. »Wer klopft?« fragte Hedwig zit ternid. »Ich bin es, der Gendarm « kam dsie Antwort zurück. »Habt-n» Sie vorliin nicht laut geschrien?« » »Nein — ich weis-, nichts davon!« »Sie liegen doch zu Beit?« »Ja Der Gendarm entfernte sich wieder Er ihatte »die Tlnir nicht geöffnet Ein Aufflamimen am NachtbtmsmeL so grell leuchtend, als stünde alles in gekbweißsen Flammen ließ sie dieHän de wieder vorn Gesicht nehmen. Sie blickte nach dem offenen Fenster und erschrak aufs neue. Der Blitz hatte ihr ein gänzlich ge schwätzt-es Antlitz gezeigt, in dem das Weiß der Aug-en unheimlich abstach Der Mann starrte sie wild am »Ich geht jew« stieß et hervor »Wollen Sie nein mitkommen oder hier warten, bis man Sie in ’s Crimiinal abfijhvi?« »Ich -— komme!« ächzte die Gouver nante. Sie überwand den Ali-scheu vor die i - . sein Menschen unt-d rassfte ihr Kleid aus. Der Man-n bog sich auf der Leiter etwas zurück, und Hodwisg stieg mit ei ner Art resigncirtser Entschlossen-liest über tdie Brüstusng Die starken Arm-e des Mann-es um sfingein sie. ,,Lasssen Sie mithi« leuchte die Gou vernwnte verzweifelt »Wenn Sie sich nicht ruhig verhal: ten, stürzt-n wir alle bei-de die Leiter hinab! Seh-en Sie den-n nicht, daß ich Sie nur der Sicherheit wegen festhal te?« rannte er ihr zu. ; Die Leiter schwankte tbetdesnklich als die beiden abwärts stiegen Aber eind lich waren sie doch unten angelangt Hier ließ der Mann die Gou-vetrnani te augenscheinlich srei. »Sie brauchen mir nicht zu ·da-n-ken,« sagte er hastig; »aber Sie sind nusn frei. Wohin Sie sich wenden, das ist Ihr-e Sache, msisch geht es nichts msrbsr an. Ich möchte Ihn-en asber doch den guten Rath geben, möglichst weit zu gehen. Der nächste Weg geht über Ostrax halte-n Sie sich nsicht länger mehr aus. Morgen in aller Friihe wird man die ganze Umgegend absuchien Sehen Sirt-, das; Sie bis dahin weit Faenug sind, um niicht gefunden zu wer den« Damit trat der Mann zurück. »Dort drüben könnten Sie »durch den; Heckenzaswn des Gartsens kriecht-n. Jchj muß noch ihier bleiben, um die Spuren · der Leiter zu vertilgen usan diese selbsti zu entfernen« I »Jch— ich datn e Jhniemt« stammeltei Hedwig, obwohl ihr vor dem unheim lichsen Menschen völlig graute i »Keine Ursache!« versetzte er »Gutes Nacht — usntd glücklichen Wegl« I Die Gouvernscmtse entfernte sich eilig. l Den Zaun fand sie leicht, unld bei dem aufflammenden Lichte auch eine Stelle, ; wo sie nach außen gelangen koninwte i Der unbekannte Retter stanlo erst eine lange Weile völlig unthätig im Rasen ! Er lauschte. Sosllte sich von oben her etwas ver-nehmen lass n, so war er ent-j schlossen, die Leiter und alles im Stiche zu lassen unid zu entfliehen Aber diese plötzlich ausfiauchcnde Be fürchtung erwies sich als grundloss.» Jsm Hurenhaus e zu Nlieiderbronn s chlsief s alles. Der Mann stieg nach osbsein,; schloß das Fenster unId ließ sich sodann l abermals in den Garten gleiten Er zog die Leiter zurück unld trug sie vor- - sichtig unter den Obstbäumsesn hinweg; davon. Nach circa zehn Minuten erschien ers tviiesrer am UHaufe und diesmal nahm er eine lleine Larerne unterm Rock her-— j vor, mit der er den Boden unsd die ein- . zelnen Rasenstiicle asblewchtete . Auf geschickte Weise tilgte er die ensti stansdsinen Spuren, so das-z sich kaum snoch etwas erkennen ließ BeIdeanichte ’se«iner klein-m ganz gewöhnlichen La Iterne konnte man nun auch erkennen »das-, der Mann seine eigene Fußbeklei idsung mit dicken Lappen unrwickelt ihatte, so das-, die Sohlen keine genauen ; Alitriicle zeig-en konnte-ris. Nachdem der ominiise Retter dies e ««2lvbeiten alle esrlcsoigt hatte, löschte er J sein Licht aus unsd schlich u:m die stum pfe Hauserte hernnr. Ginig er in das Haus selbst oder durch den grossen Hosfrauim nach den LStällen, oder verliess-, er Niedersbronn Tjiberbaupt wenn auch in anderer Rich tung, als sie die Gouverniante einge schlagen hatte? Diese Fragen waren zur Zeit nicht zu beantworten. Jin dem Lärmen des Gewitters vernahm man weder dac Oeffnen oder das Zufalls-n einer Thür, das Knirschen sdes Hofthores, noch ir gcnd einen Schritt. Als es wieder ruhiger wurde, lag auch Itielderbronn in tiefer Stille da. Schon mit dem grausen Tag erhob sich ter Gutsbesitzer Er schliipfte in den alten Schlafrock und schritt nach dem Fenster, das er weit öffnete Ein frischer Morgenhauch ungern-ein belesbend untd stärkend, drang vom Qbstgarten herein. Herr von Wasldner’s stark abgei spanutes, farblofes Gesicht bekam wes nigstns wie-der etwas Leben. Waldner hatte schlecht geschlafen. Kein Wunder auch, denn nur wenige Schritte von ihm entriernst lag als Leiche jene Frau, die er heirathen wollte, die er geliebt hatte. Er setzte sich an das offense Fenster und vers ant ins dumpfes Brüten. »Er wird nun ja bald wieder zurück telhren, der Sohn zum Vater«, mur melte er einmal. »Das Hindernsz ist ja beseitigt Aber aus sein-er eigenen Heirath kann ntun erst recht nichts wer dMidas Unwetter hatte aus Nieder bronn viel Schadens angerichtet daran dachte Wald-net nicht. Es sbereitete ihm vielmehr eine gewisse Freude daß es drawßen so wiist und wild aussah wie in seiner eigene-n- Brust. Er ltiebte sei nen Sohns Franz, natürlich auf sei-ne Art; aber er hatte ihn trotzdem ziehen Lassen, als er von ihm forderte, der Vater möge die Haushältserisn entlassen. Aus Trotz that er es wicht. Untd ihm und allem zum Aergesr wollte er Idie Falle-r heirathen-. »Er wirtd und muß jetzt z.urijckkom men, wo sie, die er haßte untd verachtete, nicht mehr asm Leben «ist,« muvmselte der Gutsbesitzer. Es wurde draußen imemser heller. Nach dem Gewittertoben Oder Nacht brach eisn klarer, prächtisgesr Morgen am. Wie tausend Diiamianiten glitzerten dsie Thawtropsens ans den Grashaan und mit luftrgem Flügelschlaige flatterten Idie Singvögel durch das Baumgeäste. Den Gutsbesitzer fröstelte. Er stand auf untd schritt in dem Zimmer auf uinto nie-der. Jn diesem Augentle pocht-e es an die Thsiir. Er öffnete sie. Chri stian stantds vor ihm. -,,W-as willst Du?« »Ich wollte nur fragen, ob ich Ih nen das Fritthstück bringen da.rf?« er widerte der Bursche whig. »Das Frühstück? Ich mag nichts essen —— halt! Was läufst Du denn schon wieder davon? Sind die Herren vom Gericht bereits auf?« ,,Nur der Polizeitommissar!« »Der Polizeikommsissasr? Was thut er den-n schon so früh? Jst denn tdste Gouvernamte noch »in ihrem Gewashsre sam oben in der Kamimer?« Der Bursche sah ihn ztiemlich er staunt am »Wo sollte sie Idenn sonst sein? Sie denken Idoch nicht, Heer vorn Waldner, daß sie entfloh-en- ist?« »Na, miarn kann- snicht wissens! Das Mädel ist ein« gefährlich-es Ding« Der Bursche lachte «an eine eigen thsiismsliche Weise. »Sie müßte ja form-lich durch dtie Luft tdaoon gefloan sein-I meint-e er. Der Gustsherr macht-e flüchtig Ini lset-te, urn die Gseviichtsherrrm zu be grüßen und sich zugleich von sihnen zu verabschieden Da enctstsanto ein plötz licher Lärm im Hause Waldnser wurde stutzig. Er futhr in die Höhe usnid lauschte Noch hatte der Gutsherr von Me dertbronn keinen Fniß vor dem- ander-en gesetzt, um das Zimmer zu verlassen-, dsa wurde die Thür schon geöffnet. Christian trat ein. »Hutt« stieß er herron »Die Gou vernsanste —« »Was ist mit ihr? hat man sie etwia ausch ermordet?« »Nein, sie ist fort!« »Fort?« ries Wald-nier, »daß ist ja gan nicht möglich! Wie kann sie denn fort sein? Dnrch die Lust fliegt nie mand, und die Thiir war fest verrie gelt Der Gntdsarm schlief daneben-; er hatt-e Edie Schlüssel »Sie ist aber doch fort, Herr«, ver setzte Christian »Wie es geschehen konnte, Edas weiß kein Mensch. Der Poilizseikomrnissar ließ vorhin »die Thür öffnen, nm nach der Gsouxvemasnte zu sehen. Das Zimmer war leer, aber »der Fensterrashmrm schloß nicht fest. Sie muß durch das Fenster in den Garten shsiniabgesprungen sein, anders ist es nsischt möglich, denn die leür war fest v-erriesaelt.« Der Gutsbesitzer schien sich Plötzlich ans seine Psicht zu besinnen. Er stieß einen kurzen, dumpf-en Laint ans, von dem es sehr nsnaxnoisi blieb, oib er eitne Verwiinsitmna oder ein-en Ruf der Ent riistnng ausdrückt-e schob sodann tdein Bursch-en ungestiim bei Seite Und lief dem tsorritdor entlang S t a at ssanswsa lt, P oliizeik omimsissar nnd alle iisbrigen Anwesenden Vermoch ten nur zu consstatiren, das; die Gou vennainte entflohe-n war. Wie sie dies rrmiialicht hatte, blieb ihnen freilich ein Räthsel Der Genidarm wurde sin ein strenges Verbör aenonimen: dieser konnte atber nichts weiter umgean als d-as). er in der Nacht etwas wie einen Schrei vernom men n nd er daraus trie Ver-haftete durch die Thür angerufen nnd sie ihm auch geantwortet habe. Sonst war ihm nicht das geringste an sgesallen Man- untersuchste dsas Thiirschlosz7 es wasr Völlig unverletzt Dsa der Gen tdarni in- glansbwiirtdiiaster Weise ver sicherte, diie Schlüssel wären nicht von seiner Seite aekomnnen, so musrte die Monsvernmnt »durch das Fenster rnit twichen sein. Hismmtergesprnngen war tsie nicht« also haitte ihr jemand fortge Iholfen, eine Leiter an die Man-er ge lehnt. Aber wer war tdiesi Der Staatsanwalt wendete sich ziemlich unvermittelt ans den Gutsbe sitzer mit der Frage: »Gi-e«bt es hier ans Niederbronn eine Person, »die mit der Verrhastetien be freunsdet war?« »Daß ich nicht wüßte, Herr Staats anwalt«, stotterte der erschrocksne Gutsherr. Gottteteung folgt.)