Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 07, 1897, Sonntags-Blatt., Image 9

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    wollllkllas Flatt.
Beilage des ,,Anze-iger nnd Herold« zu Ro. 35, Jahrgang Is. —
« .P. Windolpli Herausgeber Grund Gland, Ncb1., den «.9Jca118(«
pas
geht-innig von Mein-nimmt
GottsehungJ
»Ja der Mord-tacht? Nein, nein,
das sist unmögkichI« stieß er her-»von
»Wenn Sie alles annehmen wollen,
here Staatsanwatt, so bitte ich nur
den ein-en Punkt -auszusche·rden, daß
mein Sohn etwa direkt oder indirekt
m dieser finchttmen That betheiligt
war. Dies trank ich Franz nie und;
nimmer zu! Wir smid im heftigsth
Streit-e auseinandergegmvgm, das ists
wahr, asbn deshalb wird mich nichtsl
abholte-m meinen Sohn bis zum letzten
Augen-blicke gegen einen derart schmack
wkksn Verdacht zu- Wissng
Woldnet zerrte in netvöser Hast eins
Tuch ans der Tasche und wischte sich
damit den Schweiß ab, der ihm ins hel
len Ttapssens von der Stirne petite.
Dann schüttelte er noch ein-mal, gleich
sam zur wiederholten Bekräftigung stä
nek Abwehr. heftig dan- Kaps.
»Von eine-m Wen-dachte izst zunächst
noch nicht die Rede. Alles richtet sich
nach dem weitere-n Ergebnisz der Aus-i
sagen. Sie befanden sich am gesteigert ,
Tage nicht hine« s
»Nein; ich war schon zeitig abgefutp -
ren, um in- der Kreigstadt moncherleis
sitt das Haus zu besorgen: vor allem;
jedoch wollte ich meine Verlobung-. offi- ;
ciell bekannt machen. So nahm ich auch:
keinen Anstand, drüben in Qsira, was
meins Sohn sich in Stellung befinrsck,;
offen darüber zu spreche-n nnd- riem f
zweiten Jnspettot eine Eint-Isaria fiirz
Franz aufzutragen Ob its-m dies-Ti
überhaupt übermittekt wurde, weis-, ichi
sticht« I
»Wer begleitete Såe bei der Fahrt .«i
»Ich war allein.« 7
»Aber Sie hatten sdoch einen Rai-?
schet bei sich?« E
»Nein-, ich tutschirte selbst.«
»J-n der Kreis-stutzt blieben Sie twhi
ist-n Nachts«
«Jotwi)ks«
»Wo, wenn ich bitten MI« I
»Im weißen SchwsanA
Der Staatsanwalt gab dem Schrei
bek ein Zeichen, diese Stelle besonders
zu now-en Der Gutsbesitzer hatte gar ;
nicht darauf geachtet, sont-ein fustn ;
fort: .
»Ich brach Leute schon set-e friihzxi
Pfg in B... aus und lies-. meinen;
Brunnen tapfer auggresisenz so daß ich
schon gegen acht Uhr ans Mederismnnx
eintmf.« «
»Der Mord war natürlsich bereits
wweckt?«
»Wenn dies warnicht ver Fau,« er
wiederte Waldnsen »Als ich das Haus
betrat, wunderte ich mich, zu hören-, die
Haushalt-»in schlafe noch immer. Das
klang mir absonderlich. Frau Faller «
war sonst stete- «die erste im Hause, über
all bei der Hand, in Küche und Hof.
Jch fragte, wasamverislossenen Abende
sich ereignet habe, konnte jedoch nichts
ersæhrm Meine Leute wußten nichts.
Von Oder Gouvernante war ebenfalls
nichts Zsu erblicken. Hier erfushr ich in
dessen, dasz das Fräulein bereits in der
Küche erschienen wäre und das Früh
stück für sich und meine Tochter Ga
briele selbst bereitet l)abe.«
»Das-en Sie Ihre Leute befraat ob
str in dem Benehmen der Gouvernan. te
etwas Aussälliges fanden?·' «
»Nein dazu hatt ich noch keine- Isterk
wniassnng Aber ich erfuhr auch ohne:
jede direkte Frage tasz das Fräulein
kam-l und elenld aus-gesehen habe und·
sich lanm mehr auf den Beinenxrhalten
lonntes I
i
»Dieses nmfzteJhncn doch aufscllen!«
:Gewis7,; aber ich lor nte diese-n Um
stund doch unmöglich in Verbindungs
nett etwas bringen, von dem ich nochz
act keine Ahming hatte Da mi r dass
Fern-bleiben der Hauglyälterin nun
wirklich verdächtig vorkom, so schickte:
ich eine Mag-d nach idam Zimmer vers
Fallner, mn zu sehen, obibie letztere«
Mesicht erkranlt wäre. Bald daran-f
vernahm ich einen furchtbarem Schrei
M auf den Corridor hinaus
eilend kam rnir auch schon die Magd
entgegen gestürzt arn ganzen Körper
zitternd Und blaß wie eine Leiche. Jch
mußte das Mädchen erst heftig am der
Schulter riitteln, mn tie mangelhaste
Antwort zu« bekommen: »Die Hang
hiilterin ——— todt — ermordet!'« Jetzt
stürzte ich selbst nach dem Zimmer der
Fallner. Jch sah unid erkannte sogleich
das Schreckliche Der Körper war be
reits starr und kalt. Für Iden Augen
blick vollkommen außer Stande einen
Entschluß zu fassen, tamnelte ich nach
meinem Zimmer unt) siel dort in n- «.i-e l
nett Stuhl. Ein Mord in mein. inz
hause noch dazu verübt an eår tm We «
sen, das ich binnen Kurzem zu mei .neri
sp— » - m— AJ
PGattin mach-u Mit-! Es war em
ifeßlicht Endlich raffte ich mich ernKor.
Es mußte etwa-S gefchohenz die Po ·zei
sbmachrichtigst Idas Zimmer verschlossen
werden. Jch istngeltr. Mein Diener,
Kutfcher unsd Kinecht zugleich, erschien.
Ich machte ihn msit dem Geschehene-n
bekannt unid auch er zitterte am ganzen
Körper Dann erzähise er mir eine
Geschichte — Sie sollen sie erfahren,
Herr Staatsanwalt fobakd Sie die
Gouvernante vernommen hasbens und
weiteres iiberhaupt noch nöthig ift.«
Da war er wieder-, sdiefer auffälliige
Hinweis, der diag junge Mädchen doch
unter allen Umständen ftark verdächti
gen mußte.
Untd zugleich entfaan sich der Poli
zeicommiffar des Momentes, wo er den
Ueberbringer derBotfchaft dieses Mor
des nach dem Thäter befragt hatte.
Der Mann wollte nichts wissen;
aber er wußte nun doch etwas-, wtie sich
der Beamte f ogleich dachte.
»Hast sich fonft noch Dinge von
Belang ereignetsu fragte der Staats
anwalt. ·
»Die Magd, sdie zuerst den Mord
entdeckte, war auch zu der Gowvernanite
hinaufgelaufen und-hatte diefer erzählt,
was geschehen Daraufhin soll das
Fräuleins bewußtlos über den Stuhl
gesuntesn fein.«
»Wo ift die betreffende Magd?«
»Hier Herr Staatsanwakt!«
Dieser ließ sich von dem Mädchen
wiederhole-m was schon Waldner be
richtete. CI stimmte alles überein.
Jn diesem Augenblick trat ein jin-IM
Etubenntädchen ein und brachte die
Rufst-ich Fräitkein Vodenbaii sittli
sich sein- lekcdend und lasse die Herren
!-"::te:1, von ein-er Vertielmmua abzu
fi(ben, da ssv er :7Z2«L;ikå.- Edjse
fest-it angeben irr-sit
»Seid-in Sie noch einmal hinauf zu
der Dame,« ordnet-e der Staatsanwalt
an, »und sagen Sie. ich lasse dringend
bitten, tzier zu erscheinen, ka oie Ertlä
rung des Fräulein unbedingt nöthig
äff. Fühle sich die Dame jedoch zu
schwach, um herunter-zukommen so
wer-den wir hinaufsteigen müssen.'«
Dann wandte er sich wie-der an
Herrn von Waldun.
»Ich lnbe noch einige Nebst-fragen
an Sie zu ftellen,« begann er. »Hu-den
Sie die Gousoernante fett dem gestri
aen Tage nicht mehr zu Gesicht betont
men?«
»Nein.«
»Haben Sie etwa eine Nachricht über
Dei-» Mord und das Opfer nach Oftra,
Ihrem Sohne geschickt?«
»Nein; aber er wird es ja bekrieg- es
fchren haben.«
»Ihr Sohn war aber noch nicht
hier«-«
,,llce:n; Ich wem, daß er auch jetzt
noch der Todten grollt. Er wird nicht
lornmsn.« -
Der Staatsanwalt stell-te für jetzt die
Vernehmung sdet anwesenden Personen
ein. Er wartete auf das Erscheinen
der Gousverniante.
Hedwig Bodmsbach war in- ein
schwarzes, einfaches Kleid gchüllt, dag
das EBcnmaß ihres herrlichen Wuchses
nur um so besser hervorheb. Die Hände
waren klein« und weiß. ·
Bleich war das schön-e Antlitz. Bei
nahe starr blickst-en- die große-n Blauau
gen unsd die ersten Worte, die sich mith
sam ihren Lippen entrungen, waren
kaum verständlich. «
»Was mänschen Sie von mir zu
wissen, HerrStaatsanwalt?" stammt
te Hedwig. »Ich kann wirklich nichts
iiber das schreckliche Ereigniß aussa
gen, ich weiß von nichts«
»Ich bedanke, mein Fräulein, mich
durch eine solche Antwort nicht für be
friedigt erklären zu lönnen«, erwiderte
der Staatsanwalt, indem er einen
scharf xsriisenden Blick über »Die ganze
Erscheinung der Gouvernannte gleiten
ließ.
Das Resultat war kein schlechtes.
So sehen für gewöhnlich die Verbreche
rsinnen nicht aus-.
»Was wissen Sie über den Mord,
der hier in vergangener Nlcht geschehen
ists-« begann sder Staatsanwalt
Die Gounemante schüttelte den
Kopf.
»Ich weiß von nichts, von gar
nichts, Herr Stantöwnwalt«, antwor
tete ste· »Erst diesen Morgm erfuhr
ich das entse lich-e Begebin Ich bin
seit einiger ·t sei-r ne·wös, und der
Schrecken machte mich völlig trank«.
Der Staatsanwalt gedachte in ande
rer Weise vorzusehen da sich auf direk
tes Betragen nichts machen ließ.
,,Wollen Sie mir sagen, wann Sie
nach Riesderbronn kam-en und wie über
baupt Ihre Verhältnisse sind-I« er
suchte er.
Die Gouvernamte antwortete lang-·
sam, zögernd, aber klar. Sie überging
den Austritt mit »dem Gutsbesitzer usnd
verschwieg auch den Umstand daß sie
,—— .
diie Geliebte des jungen Waldner war.
Der Staatsanwalt machte sie daransk
aufmerksam und wies daraus hin, daß
der Gutstlyrr sich bereits über diesej
Punstte ausgelassan habe, sür sie also
teirn Grund bestehe, sich au«szuschwet
gen.
Die Gent-erstarrte war ties erröthet.(
Sie s chiimste sich, vor all’ iden Umstehens- »
den ihr Herzensgebeimrriß mit roher»
Hand set-pflückt und verrathen zu wis-j
sem. »
Dann aber faßte sie gewaltsami
Muth. Sie durste nicht schwach wer
den, es stand ja Alles auf dem Spiele.
»Sie hatten einie bestige Scene ver
drei Tagen mit Herr-n von Waldner ?«i
examinirte der Beamte-. »Wie entstand!
unsd derlies diesekbe?« ;
»Herr von Wabdner drang in unaeij
stiimer Weis e bei mir ein, als ich mich
mit Gabriel-e allein ins meinem Zimmer
besaan erwiderte die junge Dame. s
»Herr Waltdner schickte idas Kind«
hinaus und überhäuste mich mit Botr-1
wiirfen und schweren Beschnldigungemi
Jch sollte gestethem ob es wahr wäre-,
was die Hasushältersin erlauscht«e. Dar
auf hatte ich ein offen-es Ja und ich
sfiigte noch hinzu, daß ich die Lauschv
Irin im Grund-e meines Herzens ver-I
s achte. Jch wurde daraufhin von Herrn
jWalidner entlassen« ;
! »Sie wußten also, daß Sie dies Abs
:!es der Haushalterin zu ver-danken hat
»trn?«
»Ja, sie allein war der böse Geist
von Niedersbrmxn Ohne sie lebte wahr-«
scheint-ich die txerzensante Frau Von—
Wald-Her ncch nnd wir liattzn nicht nö-«
tbia aebabz unseren Herzens-bund so
streng-: gebe-Hm zu bal:en, denn »die Ver
etante allein wußt-: um unser Siebe-Ein
n-if7,. Sie wrllte Herr-n don Waidner
Iangsam fiir unsere Sache aekvinnnr,k
ain Eier Tod schnitt Alles ab.
»Sie liiat«', scixrie hier der Gutsbe
sitzer .azwischen. s
» »Sie wollen asfo damit sagen, daß
«zwischen Ihnen uwd idem Herze-n des
Gutsherrn die HausbäUerin stand?"
fube er fort. z
»J«a«, antwortete Hedwia Boden-«
»bach. ·
i »Sie Haßten die skremndebe?« frag-·
sie er. s«
J Die Gouvernante blickte rasch ausf.
Diese unvermittelte Frage kam ib: zu
unerwartet. ! I
i
o
Mr Siaatsanwaltmußte seine Fra
ge wiederholen i
»Ich haßte die Ernwrdete nicht, «
antwortete die Gott-vertraute »ich ver
achtet-e sie, usnd dazu war ich berechtigt
denn sie zählte nicht zu jenen Frauen,i
di e Achtung beanspruchen dürfen. " I
»Weshalb nicht?« i
Die junaeT same rang einen Me-;
ment mit sich.
»Weil sie ein verivorsenes Geschöpf
wart« antwortete sie endlich rasch. i
De r Gutsbesitzer schien siir den er
sten Augenblixt zu vergessen, in wessenj
Gesellschaft er sich befain denn er stieß
einen Fluch aus.
»Sie ist selber eine Natter, der man
den Kopf zertretsen sollt« zischte er, ei
inen wilden Blick auf die Gouivernant
iwerssei id. l
»Weshalb blieben Sie auf Nieder
bronn, wo Ihrer doch nach dem Tode
der Frau von- Waldner keine angeneh
me Taae warten tonnte1?« sragte er.
»Ich shatte der Sierbenden das Ver
sprechen gegeben, nicht freiwillig Ga
briele zii verlassen, idie dadurch in die
Hand-: der Hansliiilterin gerathen
wäre. Ohne dieses Versprechen und
wenn nicht das Kind so sehr an niir ge
hangen hätte, wüttde ich nicht geblieben
sei..n «
»Kann dabei nicht doch noch ein an
derer Umstand in Betracht, zum Bei
spiel, daß Sie iin der Nähe des GUelieb
testi bleiben tonnten?«
»Nein « erwiderte die Gouvernariie;
»ich blieb ja auch jetzt noch undd wäre
seiner g: blieben, obgleich Franz dar
väterliche Haus verlassen hatte « i
»Sie geben doch zu, das; Jhnen dies
Erniordeie stark im Wege stand bei der
geplanten Verbindung? Ohne sie hätte
der junge Herr wahrscheinlich noch
einmal das Herz sein-es Vaters umge
stimint. «
»Ja, das glaube ich,« versetzte sie
tonlos. ;
»an haben Sie den suiigen Herrnl
das letzte Mai geschme« i
Es entstand eine Pause. Hatte diel
Gouvernante die Frage gar nicht ver- s
standen? . «
Schon wollte diese der Staatsan-"
malt wiederholen, als die juinge Damei
i
i
die Lippen öffnete. «
,,Vor drsei Tagen, als unsere Zusam
iiieiitunst verrathen wur
»Seitdein nicht mehr?« s
.,Nein!«
Der Gutsbesitzer rückte u irzihig anf.
seinem Stuhl-e hin und her.
,,.tiamen Sie nicht in verslossener
Nacht mit dem Geliebten ziisaniineii?«
,Nein, nein!«
— .- J
Diese doppelte Vermint war
iisberfliissia und konnte unter Umstän
den ausfallen "
»Wann gingen Sie gestern zur
Nichts«
»Gle1·ich nach neu-n Uhr.«
»Da die Hausbällerins um halb zehn
Uhr noch in der Küche gesehen wurde,
so hat diese ibr Zimmer also viel später
als Sie selbst betreten?«
»So muß es wwohl sein« mein
Herr.« s
»Sie haben Jbr Zimmer nicht mehr
verlassen, auch nicht aus eine Viertel
stunde, aus Minute-n ?« forschte rer Be
amte dringend.
»Ich verließ es nicht!«
Die Antworten kamen jetzt tonlos,
mechanisch.
»Sie haben auch nichts gehört-, tei
nen Fall, kein Hülferusen old-er derglei
chen-sue ,
»Ich hörte nichts, gar nichtg!«
,,Schliesen Sie gleich ein ?«
»Es muß wohl sein.« -
Nun hat-te die Geduld des Staats
answalts ihr Ende erreicht. Rasch
nah-m er ein Blatt Papier fort, und
machn erblickte das weiße, seine Taschen
tu · «
»Dann haben Sie wohl die Güte,
mir zu- ertläre-n, ob dieses Tuch das
Jhrige ist oder nicht!« Eies er.
Die Gouversnante warf seinen Blick
aus das Tuch. Sie wuvde noch bleicher
als zuvor -
»Es ist allerdings das meine; seit
gestern Abend oerniisse ich e5,« erwi
soerte sie stockend.
Mag hätt-s ilir auch ein Ableugnen
aekjolfsn! Nicht nur, daß ilir Mono
aratnni eingsesticlt war, die Dienstleute
annteir ja alle diese Tücher mit der
durchbrochenen Kanten
,,«Lllso Ihr (Siaent-J)urn!« nsickte be
friedigt der Staatsanwalt »Nun er
klären Sie uns auch wohl noch, wsie die
ses Tritt-, das Sie seit gestern Abent:
vermissen, iin das Zimmer der Ermor
deten-, ja sogar neben die Leiche zu lies
gen kam ?«
Die Wirkung dieser Wort-e blieb
nicht aus-. Die Gouvernante fuhr zu
sammen und einen Moment schien es,
als wollten sich sdie blossen Lippen laut
oertheidigm Im den großen Augen
klackerte es seltsam aus, und ein
Kampf erschüttert-e die Brust der jun
gen Dame aus Momente-. Doch dies
währte nur wenige Selunden.
Dann fiel die ganze Gestalt wieder
matt und kraftlos zusammen.
»Ich hab-e nichts zu erkläre-n, sagte
sie mit ersterbetnter Stimme
Sie erhob den Blick nicht vom Boden
und schlang die weißen-, zittern-den
Hände ins wildem Wehe ineinander.
Vergeblich drang der Staatsanwalt
in sie, ein-r ossene Erklärung oder ein
Geständniß abzulegen.
Die Gouvernantsehatte nur stets- die
selbe Erwsiderrtna:
»Ich habe nichts zu erklären und
nichts zu gestehe-ist«
Bser Staatsanwalt wendete sich ent
schlossen Herrn von Waldner zu.
»Nun» Herr vonWasldner, dürfte-der
Augenblick gekommen sein, wo Sie utns
die zugesagten Mitthcsilungen zu ma
chen hätten. Sie sehen, die Dame wei
gert sich, eine weitere Auskunft zu ge
ben. Was habe-n Sie unLJ zu sagen ?«
Der Gutsbesitzer erthob fich.
»Ich erkläre die aanzt lkrtählxtna
der jung-en Dame für likwslsrle-E:!«
rief er. »Den Beweig ve·«: Eis sk
fort in erbrinam.«
»Worin Nicht desselka
»Ju- der Aussage mein-»s- Jst-»Y
Christian. Tritt hervor, tshsxjist -
und berichte den Herren, tw- Tti ex
seh-en haft :::r:- mir :n-·.ttr.«-L. «ei:, Art Ich
Dich mit der Zchreckeninuchxtng ruck
vek Stadt schickte-«
Der Bursche, ker die Herren therfo
brachte, trat h:rvor.
»Sie hatten mir verboten, Herr, izi
der Stadt davonv zn sprech-TO stot
terte cr. «
»So ist es, Herr Staatsanwalt; ich
wollte erst den Verlauf der Vorn-nier
suschiung beobachten. Lieber wäre es
mir gewesen« ich hätte nicht zu reden
gebraucht Aber ich hatte ja Idoch im
mer-thin« mein-en Zeugen bei der Han-d.«
»Sie haben Wichtiges anzugeben!«
fragte der Staatsanwalt (
,,Ja«, antwortete Christian mit ei
ner Stimme, die heiser unsd aufgeregt
klang. s
»Herr von Waldner, hsasbett Sie die
Güte, Licht zu tnachsen", bat der
Staatsanwalt «
Der Gutsbesitzer gab den Auftrag
Christian bracht-e zwei brennen-de Lam
pen uind stellte dieselben asus den- großen
Tisch. Dabei bemerkt-e der Staatsam
walt, daß Ehristian’s Hände zittert-en.
War sder Mann vor sdiesier Verneh
mung so ängstlich, oder sah er wirklich
so schreckliche Dinge?
Dariiber sollte man bald Ausschluß
erhalten-.
Als das Lampenlicht den Raum er
l J
bellte konnte man das angstvolle Ge
sicht der Gouvernwnte bemerken, deren
’Bli rle verzehren-d an dien- Lippsen Chri
stian s hingen. Gleichzeitig schienen
idie se Augen um Mitleid uncd Erbar
smesn zu flehen
t Was um Alles ins der Welt konnte
sder Bursche wissens? Uind auch Chri
ssttian selbst fühlte diesen um Erbarmen
Hslehendem angstvollen Blick auf sich
, rinhern Er biß sich grimmig auf dsie
Zähne wechselte einnmal die Farbe, sah
seinen Herrin am und stellte sich dann so
das-, er nicht melhr den Anblick der Gou
vernsante vor sich hatte.
»Was haben Sie nun zunächst zu
erklären?« fragt-e der Staatsanwalt
»Ich möchte erzählen-, wie »das Ta
sche-Muth in dass Zimmer der ermorde
ten Haushälterins kam, « antwortete
Chr-: stian kalt. Der Bursche sah nun
Reinen Herrn nicht mehr an. s
! »Das wissen Sie?« versetzte der
iRichteL Daran wären wir nun
swirklich neugierig!«
; D e Gouxvernante zitterte und fuhr
sich mit dem Taschentuche über die Au
gen.
»Die Sache ich ganz einfach,« stieß
Christian rasch hervor; »das Tuch
wurde hineingetragen«
»Hineingetragen? Von wem hinein
getragen Z«
»Von dem Fräulein selbst.«
Alles blickte auf sdas junge, todten
blasse Mäd-ck:n- bei- sdisesen Wort-en.
Die Gosnvernante athrnete rasch und
heftig Ihre Hände schlsasngen sich
lrnmpshaft ineinander ,,Erkliiren Sie
sicb ldeutlicherC befahl der Staatsan
walt. »,,W-aren Sie etwa AugenZeuge
davon, daß das Fräulein das Zimmer
der Ermordeten in der verflossen-en
Nacht betrat?«
, JA: I«
.-",Bedesnten V. e wohl, was Sie be
,ai1pten! In der Staidt gaben Sie am,
nichts- zu wissens«
»Herr von Wald-net hatte mir das
befohlen!«
»Die Gouvernante hat ganz ent
schied-ein in leredie gestellt iin verflosse
nser Nacht mit »der Hasushälterin in de
ren Zimmer zusammsensgetroffen zu
sein!«
s
»Ich bleibe trotz-dem bei mein-er Be
hauptu.ng!« sagte Christian hartnäckig.
»Dann s prechon Sie! «
Der Bursche griff mit den Fingern
zwischen Hals usnd Hemdkragem als
wolle er sich Luft machen und begann
sodann: .
Gestersn Nacht, als sich so ziemlich
alles schon zur Ruhe begeben hatte, fiel
msir eisn,—daß sich- in dem klein-en Raum
unter der Haustreppe etwas liegens ließ,
was ich in aller jkriihse dringend
brauchte. Jch wollte mir den Gegen
stand holen und versuchte das Haus
thor zu dfsftnen Dies ging jedoch
nicht; die Thiir war verschlossen Dies
saate mir, »daß die Haushaltertin be
reits ihr Zimmer ausgesucht hatt-e uind
zur Ruhe aina, denn- kurz vorher ver
sperrt-e sie stets das Thor. Es war
mir selfr äriaerlich daß ich am nächsten
Moraen nicht gleich in aller Frijthse mai
ner Arbeit nachsaetken konnt-e, wozu mir
der vergessene Gegenstand fehlte »ich
»schlafe ja im Nebenbause bei den ande
rrn Dienstboten und das Vorderbaus
wurde immer verhältnifzmänia spät
aeösfnet. Ta fiel mir ein, daß es Vom
Garten aus ein-e llesine Hintertbiir
a-:b. die nicht immer verschlossen
s Tvsurfe.«
i »Ein-Jn-AuaenblictR unt-erbrach der
JE!a·ats-.«««i«:«alt. ,.Wol)er wußten Zsle
«;«.n di- Nristenz dieser kleine-n Hinter
rssar" tind besonders auch, das3 diesele
sscrsr zur Nacht-seit offen blieb.«
itss st; an wurde eins n Moment ver
nirrt Ti e Zwischenfraae aenirtss ihn
rise.. bar.
»Wir sprachen unter uns Dienstbo-:
ten einmal t.1riiber.« antwortete er.
,,B-:i welcher Geleaeiiljeit?«
Dis weist ich nicht met-r; es ist sehr
lanae ber«
«Benunten haqu e d .ese Tbiir zur
Nachtzett niemals?«
»Nun einmal letzte Nacht. Jch ging
naitr dein Garten, suchte die Pforte untd
fand sie unverschlossen Möglichst leis-e,
um Niemand zu tvecken, aina ich in das
Haus und nach der Treppe. Licht
machte ich nicht; erstens wußte ich ge
nau-, wso das lag was ich sucht-e, unsd
zweitens war es nicht immer völlig
dunkel, so daß ich ganz aut sahen
konnte. Ich hatt-e mir bereits geholt,
was ich brauchte ,usnd wollte rasch wie
der fort, als ein« Lichtschein von oben
aus der Treppe fiel. Jch erschrak um
willtiirlsich obaleich ich ia nichts Un
rechtes t-l;-at. Aber ich hatte mich ims
merbin heimlich und dazu zur Nacht
zeit in das Saus aseschlichen und zoa
min deshalb in den Raum unterhalb
Ider Tr-: pp zurück. steuiaieria war ich
aber nocl,, tr: r um diese Reit so instit-,
iiin d keuchend die Stuan berusntrr kam
ich lEesI deslalb die Halstbrir etwaks
off n Inid blickte bin .uL«" as Licht
l —-—
war hell genug, um mich alles deutlich
erkennen zu lassen-. Dicht vor mir ka
men die Schritte Vorüber, ich sah this
und erkannte ——« -
Der Bursche brach ab, »denn dies Goa
vernainte streckte nvit wahrhaft verzwei
felter Miene ihre Arme ihm entgegen
unsd rief wild aufschreiend
»Nicht weiter usm Gottes Willen!
»Habt Erbarmen!«
! Christian wischte sich die dicke-c
lSchweißtriopfen von der Stirn. Da
zbei warf er auf sdie Gouvernsante einen
iBlick, »der etwa zu sagen schien: »Ich
skann nicht mehr anders-, jetzt muß ich
ireden!« ’ s
! »Lassen Sie sich nicht unterbrechen«
befahl der Staatsanwalt strenge.
,,We«n erkannten Sie?«
. »Die Gouvernante!« stieß Christian
ihervor.
s Das junge Mädchen- fiel aöllig
ikrsaftlos im einen nahestehenden Stuhl.
I Gin Zischeln ging durch sdcie Reihe
der Dienstboten Herr von Walan
strich sich nerViis deni Bart. Dabei
hatte sein Blick in! sdiesem Moment
swikkiich etwas Rachsiichsteges, unheim
iliches. -
»Es war also »die Gonvernamtse?«
fuhr der Staatsanwalt fort. »Wohin
jaing sie Und wie sah sie aus?« «
, »Sie lief, ja sie stürzte geradezu in
Edie Zimmer ider Hsau«shälterin, die sich
jniur wenige Schnitt-e von msir entfernt
befanden Ich kamn mich nicht täu
schen. Ein-en Leuchter mit brennen-der
Kerze hielt sie in der Hand«
»Tä-u.schten Sie sich nicht doch am
End—e?« T
»Nein, es war das Fräulein, das in
iem Zimmer ider Haushalterin ver
-sck)11)anid.««
i »Gut. Was hörten Sie nnn ?«
J »Es war n1«7:r, als schreie Jemand:
Lob es aber die Gouvernante oder die
lHaugthälterin war, das weiß ich wirt
Hlich nicht zu sa:gen.«
; »Und dann?«
s »Dann polterte es, als ob jemand
kan den Boden stIürze Eine ganze
iWseile hindurch blieb es darasus todten
!still; es regte si chauch nicht das Ge
jringste Dann flog plötzlich die Thür
!auf — ich hatte den Kopf weit Vorg
l!str«,ecki denn mir wurde ganz unheim
slich —— ,u-rid das Fräulein kam heraus
Igestiirzt Die Gouvernante war so
Ebleich wie eine Kaliwand Die Füße
F.trugen sie kaum mehr, so daß sie sich
itrainpfhaft arn Treppenaelänsder fest-:
klammern mußte. Den Leuchter thatte
isse wobl noch in der Hansd, aber die
Kerze fehlte Trotzd-: m sah ich Alles
iaanz deutlich denn gerade iin jenem
Augenblick war der Mond wieder ans
zkurze Zeit frei geworden und warf sein
ILickit dusrch das Co«rri-dorfenster.
) Die Gouvernannte schleppte sich, so
rasch es ging, die Treppe hinaus. «
i Wieder wende ten sich tdie Blicke der
,so schwer belasteten Gouvernante zu
I Hedwig Bodenbach lag mit schlaff
jherabhänaendesns Arm-en in dem Stuh
-.le Si: schien es ausgegeben zu haben.
igeaen den tödtliclien Streich sich zu
wehte-n cis war ja sdoch nunlost Nur
ieisn convul sives Zucken lief über ihren
Römer Das Auae erschien asla.nzlos.
i »Es-nie Schuldige!« besagten die Mie
kisn der Anwesenden ausgenommen
zjenr des Siaatsanwaltes
»Was tlsaien Sie nach der gemachten
Entdeckung « fiigie er »den Knecht
tslirsi siian
! »Ich dachte niii, die Gouvernanie
sitiid die Haikstzälteriii s ieii gegenseitig
in Streit gerathen, denn ausstehen
Jonnten sie einander ja doch gar nicht.
Dabei-ging es vielleicht etwas derb zu
. An einen E iond dacht e ich nicht. Am
niichftei Moraen satte ich die ganze
Sache fast schon wieder verge ssen, als
sierr von Waldner zurückkam und die
schauerliche That entdeckt wurde Jetzt
erzäklte ich,t was ich wußte, meinem
Herrin doch dieser befahl mir, vorläu
zfia noch dariiber zu schweigen. bis dir
EGerichtshierren eingetroffen wären unsd
die Untersuchung begonnen hab-e. Das
habe ich auch aetihant«
»Was hab-en Sie auf diese schwer
zb lastende Aussage zu erwidern?«
zfragte »der Staits anwalt die Gouver
’nan:-.nte
Das iusnge Mädchen machte einige
ikrampfhsaste Wnistrengungesm zu reden-.
»und brachte end-lich toiiilos hervior
»Nichts; ich weiß voir nichts!«
»Wise?« rief der Beamte »Sie wol
len uns nicht erll ären, was Sie zur
.Rachtzeit, kurz vor der Ermordung
dieser Unglücklichsxn n, in deren Zimmer
zu suchen liatten?«
! »Nein ich habe nichts zu sage-ni«
flog es über di e «,-iiclenden Lippen Hed
tr: a’s
E »Sie stellen also iti Anrde in dein
,.«3ininier gewesen zu sein?«
1 Die Gouvernante rann einen tarchi
-»lkiren.siiiiiips Ynsit listi, dir-h währt Zier
sellx nur wenige Sekiiniaern
Gortsetzung folgt)