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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (April 30, 1897)
Der Töpfer von Kandern. Von hemmt Dichtigke Jn dem kleinen, an den Vorbergen des Schwarzwaldes gelegenen Städtchen wurde zu sruheren Zeiten mit Eifer die Töpferei betrieben, der Thon- und Erd gruben wegen, welche die Gegend in reicher Menge barg. Obwohl nun aber fast in jeder Gasse Und jedem Gaßlein ein fleißiger Tapfer hinter seiner Dreh scheibe saß, sind sie doch Alle längst der Vergessenheit anheim gefallen-— bis auf einen Und doch war gerade er der Aermfte gewesen von Allen und hatte unter einem Dache gehaust, das vallig einge sunken war unter der dichten Moos decke, die darauf wucherte; seltsame Schlinggewöchse entsprossen dem feuch ten Grunde, die tief iiber den Dachrand herunterhiugen, fast bis in das kleine Fensterchen hinein, dem einzigen an der Vorderseite des windschiefen Häus leins· Jn dessen Innere-s fiihrte eine Steintreppe, deren ausgetretene Stu sen von den Generationen zeugten, die hier aud- und eingegangen waren. Außer der Stube barg die Hutte nun noch eine Küche, die nach dem Hase ging, und in der der große Ziegetofen des Töpfers den Hauptplatz einnahm. Alles aber lag in einem ewigen Halb dunkel, wie erdrückt unter den mächti en Zweigen eines Nußbaumes, der im iachbarsgarten stand und dem kleinen Töpferheim Lust, Sonne irnd Licht raubte. Da saß der Mann tagaus tag ein an seiner Drehscheibe am Fenster, setzte seinen Thonklinnpen auf die obere Scheibe und drehte mit dem Fuß das Schtvungrad, und seine Hunde formten Dinge, die mit den Schüsseln und Gesufzen der übrigen Töpfer nicht das Geringste gern-in hatten. - Und das war sein Unglück; er brachte seine Waare nicht an; im Schuppen, im Hof standen sie alle, seine Sachen und Sachlein, die Nie mand wollte, und die sich in dem feuch ten, niedrigen Gelasz augnahmeih wie Gebilde aus einer anderen Welt. Seine Gefäße aber bemalte der Töp fer in der eigenartigften Weise mit Gestalten, die er alle dem Leben ent nahm, überzog die Figuren mit einer festen schwarzen Glasur oder ließ ihnen die helle Farbe und iiberdeckte den Grund mit Schwarz. Diese Leidenschaft, iedwedem Ding seinen Stempel auszudrücken, brachte ihm den UebernamenI der Hexer Sepp, ein, wie denn überhaupt die Töpfer im Städtchen ihn allesammt fiir einen Narren hielten und wenig Gemeinschaft mit ihm pslogen. Sie verfertigten ihre Waare, wie man sie brauchte, und hatten ihr Auskommen und manchmal etwas darüber, aber kein Verständnisz fiir einen, der ed auch so hatte haben können und seine Mühe an Dinge wandte, die Niemand begehrte »der gebrauchen konnte. Denn wie die Sachen sein mußten, due bestimmten die Hiindler zu Kan dern, die den Topfern die Geschirre abnnhinen und sie auf den Märkten der Umgegend zum Verkan aueboten Und diese iunftsinnigen Herren zeig ten sich mit der Waare, die ihnen der Klexer-Sepp aus seinem Handkarreu zufuhr, selten oder nie einverstanden. Da war vor Allen der Bartel Meier mit seinem rothen Haarschops und sei nen krummen Beinen. »Mir, Alles nix,» lautete sein stetes Urtheil, wenn der KlerersSepp seine Geschirre vor ihm ausbreitete, »Alled wieder dummes Zeug-was sollen denn die Leut’ mit Deinen verzwiekten Schüs seln anfangen? Da möcht’ ich ja, wenn ich die Milch wör’, am liebsten sauer drin werden, vor Berger über das Klet wesenvon Ungezieser, das bie liber den Rand kriecht-schau Dich doch einmal in der Welt um, Mann Gottes, kannst denn die Sachen nicht so schaffen, wie sie sein sollen-» «Ja," nickte der Töpfer nnd schaute den Bartel Meier von oben bis unten an, «gerad' wenn man sich umschaut in der Welt, muß man halt merken, daß auch unser Herrgott nicht jeden so ge schaffen hat, wie er sein soll-— Da hatte erid von Staat-' an mit dem Manne verdorben und hing nun ganz von der Gnade des zweiten Händ lerd ab, der ein ernsted, umstiindliches Männchen war und sich die Zeit nicht gereuen ließ, dem Töpfer allemal breit und wichtig auseinander zu setzen, wie die Waare sein mußte, die er beziehen wollte. Und der Töpfer versprach jedesmal: »Ja, ja, ed soll jetzt genau so wer den«-zog mit seinem Kram ab und stellte die verschmähten Sachen sein sorgsam im Schuppen aus die breiten Holzschaste, welche an der Wand des dunklen Gelasses bis hinauf reichten· Da stand er oft lange und freute sich an den Kindern seiner überaus reichen und lustigen Phantasie. »Gelt, wenn Ihr Sonne»hiitte·t,« nickte er ihnen zu, «einen einzigen Strahl nur, wieschöin wie heiter näh met Ihr Euch and-Aber im Dunkeln, da wissen halt nur wir zwei Euch zu schildern gelt Bimbel?" Er erhob sich auf den Zehen, den Namen Bimbel mit einem zartlichen Nachdruck wieder holend. Ueber dem Rand einer großen, st originell ausgestihrtenWale a:; chlauten Fußen zeigte sich der Ko einer grauen Katze, die den an sie ge richteten Ruf mit einem verständnis inuigen Minnen erwiderte. Seit bald zehn Jahren bewohnte sie die Schale aus dem obersten Schafte — ane angeht-erneut Schönheitesinm wie --l I sder Töpfer behauptete, den sie allen lLeuten im Ort voraus hatte. Denn mit welcher Vorsicht, mit welch zärt licher Ruckficht benahm sie sich gegen die Werke des Töpfers, die dicht ge drängt auf den Schaften herumftanden k und durch die sich die Bimbel erst mith ksam hindurchtvinden mußte, um zuletzt mit einem kühnen Sprung zu ihrer Schlafstellc zu gelangen. Dabei kam nie etwas zu Schaden oder zu Falle, und der Töpfer freut-: sich alle Tage von Neuem über den sei nen Kunstfinn seiner Katze. Freilich, f wenn sie ihn dann in die Stube beglei - tete und vor seinem Schrankchen Posto sfaßte, wo in guten Tagen der Töpfer ’sein bischen Milch, Brod und Kase Tverwahrtg da fiel’s dem Mann gar schwer auf die Seele, daß er oft nicht einmal im Stande war, sein bescheide nes Thierchen mit seiner Hände Arbeit zu ernähren. Und er machte sich mit dem Entschluß über seine Trehfcheibe: »Jetzt will ich einmal Sachen liefern, wie die Anderen auch-» setzte den Thontlumpen auf die Scheibe nnd drehte mit dem Fuß das Rad-eine herkommliche Schüssel kam zu Tage, auch eine zweite, dann aber wurde das Spiel der schmalen Hand mit einem Male ein ganz anderes lieber dae wunderlich spitze, durch zwei große, weitabstehende Ohren wie beflügelt erscheinende Gesicht ded Töpfers floge ’wie ein Sonnenstrahl, und laut ath wend, mit glänzenden Augen, sah er plötzlich die liebenswürdigsten Gebilde seinen rastlosen Händen entsteigen Jn der -sreude feines Herzens begann er zu singen, aber wie! Es war einfach ein Finausschtnettern von Tönen, ein rohlocken ohne Wohllaut, ein ieligets, kindisches, überaus lacherlichesGeschrei. Jeder Vorübergehende mußte auf den Gedanken kommen: dem scheint ’s iibet .alle Begriffe gut zu gehen s Illlk Ukllll Blscll gcgclllchk llcsi Hm - durch den Singsang den Töpfers nicht Iirre fuhren. Sie wußte immer ganz jgenau, ob er ein Paar Groschen siir sseine Waare erstanden oder wieder, : ohne etwas abzusetzen, heimgefahren ’ war; er wagte beim letzten Fall keinen Blick zu ihr hinüber zu thun, und sein spitz zulaufendes stopslein sah dann noch einmal so lang aus ale sonst. ; Wenn er aber trotzdem wie verriickt s in der nächsten Stunde darauf loesang, s entstand in dem Herzen der rundlichen sFrau Lisett allemal ein peinliches jTurcheinander von Zorn, Etnporung, xVerachtung und Rührung, welche letz ’ tere jedoch gewohnlich den Sieg davon trug. Sie füllte ein Schüsselchen von der siir den Abend zuriickgestellten Suppe und trug sie dein einsamen Mann hinüber. Während er aß, schalt sie ihn tüchtig aus, und er belam’s zum hundertsten Mal zu hören, daß er nichts konne und znichts verstehe, und darum auf der ,Welt nichts tauge, während sie-—sa, er solle nur ein Beispiel an ihrer Tuch tigieit nehmen—ein Haue voll Kinder durchzubringen habe und ihn noch uiit fiittere. Taran lächelte er sie ganz ver triiuint mit seinem nach innen gerich teten Blick an, nickte schlau und be hauptete: »Es ist das letzte Mal, Lisettle Tu wirst sehen, mit meinen nächsten Sachen hab’ ich Glück-Mc sind schon, die sind ganz was Besonde » res—-ich werd’ Dir Deine Buben noch Halle satt machen, nur noch ein biele ; Geduld, Lisettle——« i Wie ost, wie unzählige Mal hatte er ? das schon gesagt, am liebsten hätte sie iaufgelachn aber die rührende Zuver s sicht, die der Niensch da an sich hatte, bandigte ihr Gelüste immer wieder von Neuem. ; .Mach’ vorwärte," sagte sie rauh, s «iß Deine Supp’ fertig-—ich hab' keine Zeit zum Warten." » I Der Töpfer aber lösselte immer slangsamer, mit immer größeren Pau sen an seiner Suppe herum. Aus dem Fenstergesimse saß die Bimbel und verwendete kein Auge von ihm; aber sie war gescheit und wußte ganz genau, daß wenn sie jetzt schreien und ihren Antheil verlangen würde, Frau Lisett sie unfehlbar zur Thüre hinausmars. Sie wußten überhaupt alle drei, die zwei Menschen und das Thier, was eines vom anderen dachte, denn was jetzt folgte, hatte sich schon unzählige Male abgespielt —- ein Kampf, zu dem regelmäßig die schüch terne Bemerkung des Töpfers Anlaß sand: »Die Binibel hat auch noch nichts gehabt, Lisettle—" »Die Bimbel"——jetzt wand um die Geduld der kleinen Frau geschehen ! «da6 unniitz’ Vieh-ich dreh« ihr gewiß noch einmal den Hals um—hab« ich l nicht sieben lebendige, ewig nach Brod z schreiende Rinden-und soll sie verkür zen siir die Aas-nein, nein, nein sag’ ich-« I Bei dieser in schrillent Ton hervor s gestoßenen Versicherung kroch die Birn ; del vorsichtehalber unter den Schrank, I daß nichts mehr von ihr zu sehen war, s als ihr leise zuckendee Schwanzendlein, und der Tovser erklärte: »Dann nimm nur Deine Suppe wieder mit, Lisett. Ich mag mich nicht satt essen, wenn das Thier nichts haben soll.« »Gut, auch hat«-Frau Lisett nahm ihre Suppe auf und ging damit zur Thüre, blieb hier einen Augenblick stehen und machte dann plohlich Kehrt nnd stellte das Schüsselchen mit einem zarnigen »Da» auf den Tisch. Der Tor-fei- sah sie mit einein herz lichen Lächeln an: .Tlfntst immer so Viift nnd bist nicht halb o grob.« »Dann ich bin’s,« behauptete sie Innd wars die Thüre hinter sich zu. I Die Bimbel aber wußte, wie viel es s geschlagen, kam aus ihrem Versteck her l vor und ließ sich die Suppe vortrefflich schmecken i Sie hatten sich in jungen Jahren -lieb gehabt, der chxer- Sepp nnd die ILisetL Allein die energische kleine Per ,son mit dem krausen Haar und den i lebhaft blitzenden Augen verlangte, daß der Sepp erst ein ordentliches Auskom men haben iniisse, bevor er sie heim ’fiihie. Er versprachs; da ihn aber seine absonderlichen Ideen immer wie « der von deni, was er eigentlich schaffen sollte, abliiachten, wurde der Lisette die Zeit lang, und sie fand ee ge rothen, die Werbiing eines Mannes anzunehmen, der einen Laden besaß und ausloinmlichen Verdienst. Nach zwölfjiihriger Ehe blieb sie allein mit sieben krauskispfigen, gesun den Buben, die mit aller Miih’ und Noth nicht satt zu lriegen waren. Die Aue-lage am Ladenfenster fchrninpfte . mit der Zeit mehr und mehr zufammen. xEßwaarem die ihr bisher das meisie « eingetragen, konnte sie ihrer hungrigen jBuben wegen nicht länger fuhren, da ; sie Alles, was einigermaßen verdaulich war, vor diesen nicht zu schützen ver imochtr. Ein paar menschenfreundliche Kunden fuhren fort, sich der radenhiiter i» der Wittwe zu erbarmen, und von die ser geringen Einnahme sollte gelebt ;ioerden. Das war nicht leicht, aber EFrau Lisett war gesonnen, sich durch zuschlagen Sie that immer so, als Eginge es ihr wunder wie gut, saß bitt kin die Nacht auf und nahte filr die Leute und war des Morgens um vier wieder auf den Beinen. Die Knaben mußten Diiten verfertigen, welche die i Kaufleute im Städtchen der Wittwe um ein Billiges abkauften. Keine Mühe, keine Arbeit war der tüchtigen kleinen Frau zu viel. Nur sich allein durch . bringen, nitr keine fremde Hilfe in An- . spruch nehmen iniissenl T Manchmal aber, wenn ihr die Sor- j gen über den Kopf wuchsen und sie sich ; heimlich abhiirnite nnd keinen Rath? wußte, fing der driiben an zu fingen, ? als sei ihm dao große wos in deiij Schoosi gefallen, und das konnte sie oft i plotzlich umstiinmen, daß sie sich ihres-II Kleininutheo schämte und still wurde und ihr Kreuz weitertrug. Zuweilenj aber bewirkten auch die jubelnden Töne ! aus deni Topferhiiuschen das Gegen-! theil, daß sie sich zornig zuin Fenster hinauebog und dein iiber seine Dreh- s scheibe gebeugten Mann die Worte zu ; ries: i »Was fingst denn trieder, Tit ein- s fiiltiger Mensch. Es ist ja nicht zunr Anhorem wenn einer nicht weiß, n-o! den Muth hernehmen zum Leben-J s Und er nickte mitleidig hiiitiber:J »Ja, ja, das ist halt, weil Tit leine«i Ideen hast, Lisettle. Mag wohl eins recht triibselig’e Dasein fein, wenn einem so gar nichts kommt-« ! .8aivohl, bedanke mich auch noch," ] hohnte die Frau heriiber, «thu’ atichs noch groß mit Deinen Ideen« die keine Rats ernahren——" · Ter Teufel-, den nichts mehr ver-: · drast, als wenn man ihn aus feinem? Erfindung-Jener riss, erhob sich von sei: Z ner Trehscheibe und fuhr mit dein Kopf F zum Fenster hinaus: »Was schiltst Du : meine Ideen, Tit-was hab’ ich denn fonsth Sitz’ ich nicht im Schatten-im « dunklen, kalten Zchatten und Tit in der Sonne, daß alle Deine Scheiben erglänzen, und ist doch nichts dahinter als dumniee, häßliches Zeug-Ja, wenn meine schönen Sachen einmal in der Sonne stunden, vorn Licht beschie nen, in vierzehn Tagen wein ich ein reicher Mann-— Er warf sein Fensterchen zu nnd die Nachbarin drüben thate ebenfalls, nur daß sie sich hinter ihrer Scheibe halb todt iiber den verrückten Menschen argerte, während er sich den Fall aud malte: Wenn sie wirklich alle drüben stünden, im Lädchen der Nachbarin feine Schüsseln, seine Kriige und Ge fäße-endlich alle befchienen vom Lichte der Sonne-— llnd nnn sah er sie irn Geiste daher komntem einen ganzen Zug reicher, vornehmer Leute, tvie sie in Baden weiler herumliefen, nnd sie drängten sich in's Liidchen und kanften und lauf ten, daß der schmale Tisch mit Gold nnd Silberstlieken ganz bedeckt war. Und jetzt ging’s an die Audmalungs des zweiten Lieblingewiinfchee, wie er den Buben drliben recht gründlich zul essen gab. O, das war eine rnit! Den : halben Baaw und Metzgerladen kaufte « ; er and-immer zu, immer zu, er konnte F snicht gering bekommen nnd merkte inl seinem Eifer gar nicht, daß sich die Bürschlein inzwischen alle vor feinem Fenster aufgepflanzt hatten. Erst aldi sich die hell- und dunkelblonden strauek s Zöpfe gar zu sehr herandriingten unds dem Töpfer Luft und Licht raubten« gewahrte er fie, und einen Augenblick l Wahrheit und Dichtung durcheinander l mengend, nickte er ihnen freudig zns und forderte fie anf: .:Ilur zugelangt, s nur recht gegessen.« Ein helles site-s lachter ertonte aus sämmtlichen Ktnij derkehlen; sie wußten nur zu gut, daß H Fee beim Onkel Klexer nichts zn essen; gab, desto mehr aber zu bewundern. hnen entging nicht-. Jede neue» - arm rief ihr Entzücken wach, denns »was sie da sahen, war's nicht zum» JTheil auch ihr Werk, erkannten siei jnicht auf des Nachbarn Gefäßen unds ’Schalen jene mannigfaltigen Formen der Blumen, die sie herbeischleppten, nicht die Flii el alt' der Schmetter linge, die sie ttr den Freund fingen, - nnd die ihm als Muster für seine Far i benstiminttngen dienten? s So entstanden aus den kleinen ’Trichtern, in welchen er seine Farben ;ntischte, die eigenartigen Gebilde, i Ytoelche die Herzen der Kinder zu unbe : grenzter Bewunderung htnrissen. J Daß diese Dinge dein Töpfer nichts eintragen, das machte ihre jungen See len nicht wirr; vielmehr wollten sie alle mit einander nichts anderes als Töpfer werden und erlitten lieber Schlage nnd was en sonst an Strafen gab, ale daß sie das heinilirlie Kneten ihrer leiitliiinplein hiitten sein las sen, siir die sie alle Verstecke der Welt aiieiindig zu machen wußten. Litinald des Abende, wenn der Top ier in Gesellschaft seiner Katze auf der Steiiitreppe seinea Häusleina saß, stahl iich ulotzlich so eine kleine Kinder band in die seine, nnd die Bitte wurde ihm ins Ohr gefliistert: »Komm mit heriiber, Onkel Eilet-er, die Mutter will mich hauen.» Da trabte er denn. bereitwillig mit dein Siinderlein iiber die Gasse und iieß sich durchs Lädchen in die langliche Stube führen. Drin stand eiii großer Tisch, und um densel ben herum saßen die Krautköpfe und verfertigten ihre Papierdiitem obenan aber thronte die Mutter mit ihrer Nah arbeit, und hinter ihr, an vier großen, festen Nägeln, hingen in schonster Ord nung-ein Lederrieniem ein fpanischee Rohr, ein Seilende und eine Ruthe. Diese vier Gegenstände --— Lederries men, Röbrchen, Seilende und Ruthe-— hingen gerade so, daß Frau Lisctt mir ein wenig zurückzugreifen brauchte, um liiieses oder jenes Instrument zu erfas en. »Mir ba, Schläg’ muß sein," fubr sie den Nachbarn allemal an, so oft er als Fiirbitter für einen ihrer Buben bei ihr erschien, »wenn ich an Allem sparen muß, an der Erziehung wenigstens soll nicht gespart werden. Arbeiten müssen sie lernen und gehorchen aufs Wort. "-— Wenn sie der sugendsreund dann mit seinem bittenden Blick ansah oder gar den ersten Streich, der den Uebel thijter treffen sollte, selber auffing, da schob Frau Lisett den Eindringling ohne Weitereö zur Thiir hinaus, und draußen auf der Treppe sagte sie ihm dann die Meinung: »Glaub» Du viel leicht, ich hau, die Buben and Vergnü gen«-« Wenn einer kriegt, so bat er’o verdient, und Tu sollst nicht ioniinen und niirb in meiner Pflicht hindern. Es ist gerad’ genug, dasi Du Deine eigene nicht thust. Jch will der Welt zeigen, wag eine Wittwe konn, nnd daß ich keines Menschen Hilfe brauch’, son dern genug Verstand hab', allein fer tig zu werden« Troer so sehr sie sich auch aunnihte und obplagte, das Auskommen wurde ihr von Tag zu Tag schwieriger, with rend sich der Appetit der Buben im gleichen Maße steigerte. Wenn sie ihn dann wieder und wie der mit seiner abgewiesenen Waare heitnsahren sah, den Töpfer-, so be dauerte sie ihn wohl, aber nur bis zu dem Augenblick, wo er zu singen anlmb. Nein, sie lonnte diese inbelnden iin dischisrohen Tone nicht iiinger mit an hin-en, sie war zu ties im Elend. Sie beantnortete eines Abendr- die Frage eines der Kinder, ob der Onkel Klem heute feine Suupe betonime, nnt einem entschiedenen: »Nein, gihr sollt nicht immer unt seinetwillen vertiirzt werden, gilkr braucht ihm nichts iibrig zu lassen·« Die stinder losselten weiter, bis mit eines der Große sich vom Tisch erhob nnd mit seltsam gepreßtem Ton er klärte-, er habe genug. Die anderen folgten seinem Beispiel, und als die Mutter out-ries: »Die Schüssel ist sa noch nicht leer!« schauten sie wohl voll Verlangen noch der Suppe hin, aber leiner war zu bewegen, noch einen Lös sel voll zu nehmen. Da wurde Frau Lisett ganz seltsam zu Muthe, und, roth bis in die Haar wurzeln, nahm sie rasch die Schüssel aus und trug sie hinüber. Als sie jedoch den Nest vor den Töpser hin setzte, übertam sie’c, und sie erzählte dem Mann unter Thränem wie ties die Kinder sie beschiiint hatten. Es war längst dunkel geworden, der Töpfer saß noch immer an seinem Platz am Fenster und starrte vor sich hin; eine grenzenlose Entmuthigung hatte sich seiner Seele bemächtigt. Es ist wahr, es ist wohr," niate e: vor sich hin, »ich bin ein tlaglicher, litcherticher Mensch.« —- Um seiner Ideen willen hatte er gehungert und sich einen Narren schimpsen lassen; er hatte ihnen seine Liebe geopfert und nun siel ihnen auch noch seine Ehre zum Lpser. Denn war's nicht ehrlos, sich von einer Wittwe unterstützen zu lassen und Ibren Kindern die Suppe weg zu essenL-"-—Er hatte es bisher gethan in dein sicheren Gefühl, ihnen einees Tages hundertsoch ihre Wohlthat ver gelten zu können. Jetzt hatte ihn diese Hossnung pliitzlich verlassen, und seine Seele wand sich unter den Qualen bitterer Selbstverachtung; ein glühen der Hosz erfaßte ihn.gegen seine Ideen, nnd er srogte sichs tann ichsie denn nicht aus mir hinnuetreiben———lann ich sie nicht vernichteusszerschlagenP Jowohl kann ichs-»sich brauche ja nur zu wollen— Er ging hin, steckte seine Oellqmpe an und nahm seinen Stock aut- der Ecke; so bewassuet trot er ous den Has· Jetzt,geht’0 Euch an den Kragen, inurinelte er, tvart', Du Gesindeh das mich gefoppt oll’ mein Leben lang-— in Scherben will ich Euch zusammentehren und aus den Anger schleppen, und sie sollen’s erleben in Kandern, dasi out dem KlexepSepp ein vernünftiger Mann geworden. Er dssnete die Thüre in den Schup pennnd leuchtete mit seinem flackern ben Rimplein hinaus zu den Ge schn·iit«-ten, die gar wunderlich ans dein l Ball-dunkel austauchten, ein seltsames Gewirr schlanler, rothleuchtender Ge stalten. »Ihr seid alle schon," seufzte txt Töpfer, »aber ihr müßt doch ster n—fs i Und er hob den Stock, indem ein lautes sammernderz Aechzen seiner schmalen Brust entstieg. s Da loste sich ein dunkler Schatten aus der großen Schale des obersten ,Schastee. itautloe glitt er an den ge Ebrechlichen Dingen vorbei und blieb aus ’den1 untersten Schaste stehen; und die Tgriinlichem wie Phodphor schimmern den Augen der Katze gliihten den Töp jser unheimlich an. Sie miante nicht klvie sonst, nnd sie schnurrte auch nicht, Ewie sonst, wenn er in ihre Nähe tam. ESie starrte ihn nur an, als siihle sie aus seinem Wesen heraus, daß er Unge Eheuerlicheo im Schilde führe. Dem ’Mann wurde unheimlich zu Muthe ivor dieser ihn drohend anstarrenden EHiiterin seiner Schätze, und er war ; sroh, einen Grund zu haben, sich davon ; zu machen. , Als der Tag anbrach, hatte er eine sneue Idee. Aue dem sunlelnden Blick ider Katze toar sie ihm erstanden-die I feurigen Punkte glühten ihm aus dem sThiirchen eines mächtigen Kachelofeno sentgeaeiy der sich plötzlich vor seinen sinneren Augen ausdaute. Die Pulse , slogen ihm vor Schaffenolust, und seine sHände zitterten, old er an sein neues Werk ging. So war denn wieder einmal das Glück in dem lleinen Töpferhiiudchen Ieingelehrt. Die Nachbarin driiben schlug einmal über’s andere die Hände über den iiops zusammen. denn so hatte er noch nie gesungen, so auedauernd und ohrenzerreisiend, so ganz und gar des Jubeld voll. Um dao emsige Männlein aber ithiirmten sich Kacheln um Stacheln, an Idenen er allerlei Figiirliches formte, Jdad er mit Farben austrug; da sah man auf einer ihn selber, wie er iiber seiner Trehscheidc saß, neben ihm die ’Bimbel mit artig geringeltem Stlstviinzleitr Tag risettle war abge bildet, jung und schlank, wie sie sich von ihm abwandtc und dem Anderen die iband reichte. Auch der Barte-l Meier fand seine Vereinigung, die Waare dco Topferd mit ausgespreizten Fingern von sich weisend. Dann wieder saßer vor seinem Mus sclosen, um abzuwarten, ob die Kinder seiner Arbeit die Fenerprobe bestanden. Und wenn ein Brand verunglückte, er sormie unverdrossen Neues weiter, und so ost die Nachbarin ihm zu Gesichte lam, nickte er ihr srohlich zu: .·6 kommt mir was, tsiseltle, paß«’ auf, jetzt gelingt’e«-—" Sie liejz ihn reden. Sie war ganz verandert; ee ging nicht mehr so weis ter, es mußte etivad geschehen. lind nun kainpste sie mit einem Entschluß, der ihr vollends ihr bischen Ruhe raubte. Sie hatte solange vor den Leuten mit ihrer Dichtigkeit geprahlt, daß eg ihr nicht iiber die Lippen wollte: Ich bin in Noth, ich weiß mir nicht mehr Raths. Ost schon .:«-ar sie mit der Absicht beim Topfcr eingetreten ihm Alle-e zu sagen, ihn nut ihrer traurigen Lage bekannt zu machen. lFr oder sah nichte, ale seine iiachcliu er hatte nichts ande res im Sinn alo diese-, und eines Tuch hielt er’o mit seiner Freude nicht langer aus, packte, was er fertig hatte, in seinen starren und suhr damit zum Händler. Ter stand in der That ganz verdntzt oor dieser heitereii Farbenpracht. Eigentlich sand er die stacheln schon, aber diee konnte man doch nicht einein Menschen eingestehen, der sur einen Narren galt nnd noch nie was Ver nünstiged geleistet hatte· »Warst die stacheln wieder in den Karrew » meinte dao vorsichtige Mann lein, »wir wollen einmal die Sach’ mit dem Bartei Meier bereden, vier Augen sehen besser alo zwei-— Der Bartel Meter stand wie immer vor seinem Haut-, und in seinem Ge sicht blitzte eo sreudig aus, alo er die Beiden daherlonnnen sah. Bevor er nur wußte, uiii was ed sich handelte, schrie er schon sein: »Mir-, nir, Alles dummes Zeug«—— und blickte sich und bekam gerade die Kachel in die Hand aus der sein kriinnnbeinigeo Konterfei, mit dein rothen Haarschops, ihn an glotztr. Dao war ihm sehr empsindlich, er liest sich aber nichts merken, sondern lachte wie nicht gescheit· ,.Ja, was meinst denn? So ein dummer steil, so ein dummer Kerl-— weißt denn nicht, biblische Geschichte oder Weltgeschichte gehort ans die Kacheln—-sit,«oiie, bedeutende Schicksale und iein lliisiiiii—« »Hni," meinte der Töpfer und packte seine Stacheln schon sorgfältig wiederin den starren, »das sind meine Schick sale, und die sind mir bedeutend genug, und da ich in der Welt bin, so ist's anch Li«eltiicschicht’——« Sprael)’o und suhr davon, während die beiden Handler ihm ein Hohn gelachter iiachsaiidten. Als er and ihrer Gesichten-eile war, brach der Tobser zu sammen. Er mußte eine Weile still stehen, denn der Herzschlag setzte bei ihm ano, und stohnend ließ er sich neben seinen Stacheln aiis dein liarren nieder. Tieo geschah in der Haupt straße zu standerin an einein wunder schönen Friihlingonachinittag Aus allen Garten und Gärtlein lugten blühende Lbstbaume, nnd die Lust war iersiillt von iauchzenden Kinder- nnd E Vogelstiinmm i Der Tåpser wollte wieder seinen ) siarren aufnehmen, aber die Last ging solt-glich iiber seine meiste; nach ein i paar vergeblåchen Versuchen ließ er die Itlrme sinken und sah sichfrathloe nach l ilse um. Dabei zitterte ein tief chmerzliches Lächeln um seine Lippe . s nnd als er einen Vorübergehenden an rufen wollte, kam nur ein heiserer Laut aus seiner Kehle. Pliihlich blieb sein - Blick an einer Staubwolke hängen, die lunten in der Gasse austauchte. Das Kindervolk eilte mit lautem Gekreische then feurigen Rossen entgegen-. lind iiberall, aus allen Hausern kamen die Leute gelaufen, und der freudige Rus « »Der itandeedaten die Landeeinutter ! hallte durch’s ganze Städtchen Kerzen jåerati stand der Töpfer zwischen den eichselarmen seines Karl-end und risi die Miitze vom Kopf. lind der Wagen fuhr an ihm vorbei mit dem jungen ftrahlenden Fiirstenpaar, das den alten Mann am Wege mit freundlichem Lächeln grüßte. lind er blickte sich, nahm seinen Karten aus und fuhr heim. Eine pldtzliche fossnung voller Freudigkeit durchzuckte eine Seele· Weilten sie nicht seit Wochen in Badenweiler, der Landesvater und die litandeeniutteh und tein Ddrslein war ihnen in klein, überall erschienen sie und erkundigten sich nach dem Leben nnd Treiben ihrer Landcskinder·—O gewiß, sie brauchten seinen Kachelofen nur in sehen, dann war sein Wliick ge macht! Mit erneuter Lust ging er an die Arbeit, eine ganze Stufenteiter liiekseliger Ereignisse entstand unter Peinen emsigen Händen. Dabei be merkte er nicht, daß das Siippleirxc. immer diinner wurde, das ihm di Lisett hcriiberbrachte, daß sie selber blaß und verbannt aussah wie eine Bettler-in. Und eines Tages klopfte sie ihm ans die Schulter-, nnd alt-er aussah, niette sie ihm traurig zu: »Es ist ane, Sepp, ich kann Dir nican mehr brin gen-—ich bekomin’ keine Waare mein-, weil ich sie nicht mehr zahlen kann-ich muß mein Hänele verlaufen nnd nin fremde Hilf bitten —- lieber was mir-Es freilich, die Welt qing unter-— aber ich weiß nicht mehr, wie ich acht Kinder durchdringen soll-« Sie rechnete wie etwas Selbstver ständliches den Jungendsrennd dazu nnd schloß mit den Worten: »Und weile nimmer langer su geht, so musi halt setzt was geschehen »Und ed wird auch etwad geschehen," erkliirte der Töpfer, »ja, i«ciettle, In brauchst Dich nicht langer zu gransen, wir sind jetzt am Ziel, das isiliict ist Hast-« - , csr sah tote oeruart ano, uno ne starrte ihn völlig rathlos an: »O Tit grundverriickter, gliiitseliger Mensch» s Er aber meinte schlau: Weint-lind s wohl überlegt, Lisettlcx die ganze Ne schichte, tvie’a kommen nu:s:, stellt aus den stacheln abgebildet. Tu muth mir nur Deinen Laden rautnen, ich setz’ meinen Lscn im Fenst.r zusammen, dann bringen toi1«Alleo and dein Schup pen heriiber·---—lternach sollst Tit einmal , sehen, wenn meine Sachen in der « « Sonne glanzen—s-s" I Zuerst iiberlatn stee tvie eitler ihrer alten Wuthanialle, und sie nsellte nber j den kindischen Mann hersallen. Zaun zaber schmierte sie plrsolictj iven .«".rops; diese ttitntnerntnde Hut-et«it:12t, dieser s Glauben ohne Nrenzen, erregte ihr IN Erstaunen: sie sagte zu sich selber: »So einent mußt doch Weit helsen———" Und da dies setzt nicht geschehen war, nun so wollte sie wenigsten-I dem armen Menschen dao ersehnte lsillni gennen, einmal seine Sachen in der Sonne zu sehen. Jtn Stadtchen wurde viel ge lacht, alo der ttlexeriSepo ins Laden der Wittwe seine Waare auszubauen be ann. Als aber eines Stil-irgend der Ofen schon sertig dastand, nnt all’ den übrigen Sachen und Sächelchen des - Tot-few blieb doch jeder erstaunt vor dein Litdchen stel)en;"denn, tvenn man auch wußte, Alles, was der itlerers Sepp schasst, ist dummes Zeug, lustig . um Ansehen waren sie darum doch, lese schlanten, wunderlichen lsiesiisze, Krüge und Schüsseln, die in dichtern Gedrange den Lsen umgaben. Der Tovser aber saß dritben an sei nem Fenster. Was er jahrelang ersehnt, z ed toar erreicht: seine verschmähten Lieblinge standen in der Sonne; tau- . sendsiiltigea Licht mnspieltc sie und L brach sich in den buntbemalten liacheln - des Kunstosena Freilich, von denen, die den Laden umstanden und die Waare anstarrten, ging keiner hinein,etwati zu tausen; dar-, thaten nicht einmal seine nächsten Nach barn, obwohl sie tnit Schauen nicht s Isertia werden konnten· Aber da toar ; der Bartel Meter herzugekommen, und E der lachte laut ob des darinnen Zeugs s lnt Ladensenster. überlant, daß ed ( ! durch’o ganze Giisilein schallte-, und da itoar natürlich sedetn dao llrthcil ge geben, denn der Barte-l Meicn der - mußte es sa ver-stehen« Da lachten sie s iAlle mit, lachten laut und gretl und s I hielten sich die Seiten. s Und so sahen sie die Staubwollc i l i -.-4 nicht, die unten in der Gasse austauchte « und hörten nicht das leise Herantollen i - der Räder aus beut weichen Sand, bio der Wagen plötzlich vor dein Ladensens ; ster stillstand. Er toitre vielleicht vor s libergesahren—-—sa ohne Ztveisel toare s er weitergcsahren, hätte nicht der Aus « lans von Menschen, in deren Mitte der IBartel Meter perorirte, die Aufmerk - satnkcit aus sich gezogen. s Zn dem Wagen aber saß das stirsti - liche Paar-, und ala nun die Leute oor idem Ladensenster auseinander stoben, stounderte sich die junge Lande-naturel s gar sehr liber die hllbschen Sachen, - ’ sie da in der Sonne glitzerten, und itn nächsten Augenblick standen die Herr schasten im Ladchen vor der Lisett, die s liber das wunderbare Ereigniß der