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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (April 30, 1897)
Seine cittsiehungzsuriache vielfach Erstlich M Doch die Wissen chaft ficht dem Erbtheil gegenüber nicht macht los da. - .-,. ,«»,».. (Von einem praktischen Arzt.) »- ( »., « « Wiederholt ist in der jüngsten Zeit die öfentliche Aufmerksamkeit durch ge wisse bellagenswerthe Vorkommnisse in unzelnen Jrren - Anstalten auf 1ene unglücklichen Geschöpfe gelenkt worden. welche. aus den Reihen der menschlichen Gesellschaft ausgestoßem hinter fest verschlossenen Gittern in geistiger Um nachtung ein trauriges Scheindasein stiften. Jn Gelehrtenlreisen hat man dabei mehrfach die Frage aufgeworfen, ob die Zahl der Geistestranlen in unse rer —- wie man sagt —· unter dem Zet chen der Degeneration stehenden Zeit wirklich zugenommen hat. Im Verein Tiisseldorser Aerzte ist Dr. Tigges vor einiger Zeit auf Grund statistischer Uebersichten zu wenig bestimmten Er sgebnissen gelangt. Verfolgt man die Tageschronik in den Zeitungen, so möchte man allerdings an eine erhebliche Zunahme der Geisteslranlheit glauben. Alle Augenblicke wissen die Tages-sour nale von irgen welchen in einem Anfall von Geistesgestiirtheit begangenen Ge waltalten, von irgend einem aus Trüb sinn verübten Selbstmord oder Selbst mordversuch zu berichten, und die Ru bril der Gerichtsverhandlungen läßt uns nur zu oft Einblicke in gesetzwidrige Vergehen thun, welche in leßterer Linie doch nur der Ausdruck geistiger Um nachtung sind. Und nicht genug damit! Es giebt in unserem »degenerirten« Zeitalter auch einen Wahnsinn, der »Methode hat«. Die freiwilligen Apo stel der Paralhse—wilde Männer nennt ste der Volksmund — stellen ein erkleck liches Kontingent, welches freilich besser im Untersuchungsgefiingniß, als in der Jsolirzelle Unterkommen findet. Hier giebt sich das Jrrsetn des Geistes nur als eine bedauernswerthe Verirrung der Moral kund. Und doch giebt es ge oiß manchen leichtgläubigen Thomas unter denSachoerständigen, welcher den fingirten Wahnsinn für ,,echt« hält, weiter nun einmal recht gut in denRah men unserer nerviis überreizten Zeit hineinpaßt. Diese ertünstelten Aus briiche eines- angenommenen Jrrsinns werden nie ganz von der Vildsläche verschwinden, so lange gegen die Para graphen des Strafgesetzbuches in irgend einer Form gesundigt wird, und jene verhüten wollen, hieße diese fiir ungil tig erklären Anders steht es mit den wirklichen Sieistestranten Jene zunftmäßigen Verdreher,,irren«, weil sie gesundigt h.«-..)en, diese sündigen, weil sie irre sind. Einsolches Jrrsein zu verhüten, dem Entstehen der geistigen Störung vorzu beugen, erscheint freilich schwer,gleich ei ner Sisyphosarbeii, aber es liegt nicht aus dem Bereiche des Menschenmögli chen. Vor Allem handelt es sich darum, tsurch populär gehaltene Vorträge das Verständniß des Laien zu wecken und ihm selbst durch Aufklärung und Beleh rung die wirksamsten Waffen im Kam pfe gegen den Jrrsinn zu reichen. Wenn der Laie begriffen hat. daß seine Intel ligenz und sein redlicher Wille die wich tigsten Vorbeugunasmaßregeln bilden, wenn er die ursächlichen Momente, wel che die Entwicklung der Krankheit be günstigen, verstanden hat, dann steht auch zu hoffen, daß unser Kampf kein vergeblicher sein wird und daß wir die richtigen Mittel und Wege finden wer den« um den verderblichen Einfluß der schädlichen Faktoren zu hemmen und zu beseitigen. Der einmal zum Ausbruch gelangten Krankheit steht die ärztliche Kunst nur zu oft machtlos gegenüber, und gerade auf diesem Gebiete zeigt sich das recht augenfällig: denn leider ist das Gehirn, zumal derjenigeTheil, wel cher als Sitz der »Seele« aufzufassen ist, die Großhirnrinde, noch heute der exak tcn Forschung ein Räthsel, das tein ir disches Wesen zu lösen weiß, »und wenn heute ein Engel vom Himmel tärne und uns Alles erklärte, unser Verstand wäre gar nicht fähig, es nur zu begreifen.« Also fort mit allen fruchtlosen Muth masßungen —- schiitzen wir uns zur rech ten Zeit vor der Krankheit, indem wir ihre Ursachen bekämpfen! Dann wer den wir auch sie selbst erfolgreich bekäm pfen. Unter diesenUrfachen gebührt nach AnsichtvielerAerzte noch immer derErb lichteit ein überwiegender Einfluß. Der böse fatalistische Satz, daß die Sünden der Väter an den Kindern heimgesucht werden, hat freilich im Lichte der neue ren Forschung Vieles von seinerSchreet lichleit verloren; gleichwohl lann nicht geleugnet werden, daß die Neigung, die Anlage zu Geistestrantheiren in man chen Familien vererbt werden kann und die Statistik der Jrrenhäuser stellt das erbliche Moment noch immer als eine wichti Entstehungsursache hin. Häu fig has einer von den Eltern und Groß eltern im Banne der furchtbaren Krank heit gestanden, in anderen Fällen er weist sich zum mindesten die betreffende Familie, wie der Arzt sagt, als neuro · vatisch belastet, d. h. die Erblichteit zeigt sich in dem weiteren Sinne der ererbten allgemeinen trervösen Anlage. Man fin det dann in der männlichen oder weib lichen Verwandtschaft des Geisteslrans , ker. friihere Ertranlungen des Nerven f.«sic- »s, Epilepsie Nervositiit, Melan ckselie ider auch nur exaltirte. absonder lxrljke igungexn oder man findet in sol s ; ers-ess- Tviisen« Familien -—— so wider ina Lscr ) dies aus den ersten Blick er ste-neu etwa —--— solche Mitglieder, wel :;-l": durch eirse außergewöhnliche, ist-W its-it ritt-Mo- send-IF — auszeichnen Jksts ed doch gerade da I Genie, welches unter Umständen der . Entartung anheimsiillt. Der aus sol Ichen Familien Stammende zeigt von I Kindheit an Eigenthümlichleiten in sei I nem Wesen, welche mit grausamerDeut « lichkeit aus die ererbte trankhafte oder absonderlich geartete Gehirnanlage hin weisen. Geweckt und von rascher Auf fassungsgabe, dabei reizt-an launisch und selten zufrieden—so wandeln diese Unglücklichen durch das Leben hin, är gern sich iiber Andere und — was schlimmer ist —- iiber sich selbst. fühlen sich zu besonderen Missionen berufen, ohne gewöhnlich die Ausdauer zu be sitzen, das einmal Angefangene zu Ende zu führen. Ihre abnorme Hirnorga nisation versagt um so schneller den Dienst, je größer die Ansprüche waren, welche an sie gestellt wurden, und kom men dann gelegentliche seelische oder körperliche Einwirkungen hinzu, so stockt der Mechanisnruz plötzlich und der Jrrsinn bricht aus-. Sind wir diesem traurigen Erbtheil gegenüber ganz machtlos-? Doch wohl nicht ganz! Wenn Jemand an einer un heilbaren Krankheit leidet, so verlangt der ärztliche Berather mit Recht, leider häufig ohne Erfolg, daß der Kranke zu seinem und Anderer Wohl auf das Glück der Ehe verzichte und entsagungs voll wandelt mancher dieser Unglückli chen seinen Weg — einsam und verein samt —- bis zum Grabe. Sollte eine gleiche Opfertvilligleit nicht auch in un serem Falle zu empfehlen sein? Selbst aus die Möglichkeit hin, daß die geheg ten Befürchtungen nicht eintreffen? Man darf doch niemals vergessen, daß Personen aus nervöi, richtiger neuro pathisch belasteten Familien selbst der Gefahr einer späteren Erlrankung aus ’ gesth sind und daß sie mindestens die krankhafte Gehirnanlage auf ihre Kin der und Kindestinder vererben — und aus diesen Gründen muß vor der ehe lichen Verbindung mit einer zu Geistes trantheit veranlagten Person gewarnt werden. Weniger ängstlich wird man in der Frage der Ehe zwischen Bluts verwandten sein dürfen. An sich bietet eine solche keine Gefahr, sofern beide Theile geistig und körperlich gesund sind. Doppelt gefährdet ist allerdings die Nachkommenschaft, wenn irgend eine krankhafte Anlage beider Eltern gemeinsam ist. Neben der Erblichleit toznrsut vor Al lein der Altoholismuks, der andauern tie, gewohnheitsmäßige Genuß geistiger Getränke als ursächlichez Moment in Betracht. Diese Art des Wahnsinns,— der meist erst in späteren Jahren zum Ausbruch gelangt, beruht auf der gis-· tigen Wirkung weiche der AlkohoL die ses mächtigfte aller Reiz- und Gnußs mittel, auf die Gehirniubikanz ausübt, nachdem er schon vorher andere Organe des Körpers, vorzugsweise Magen und Leber, in der tiefgreifendsten Weise ge schädigt dat. Daß dieser Krankheit ; nur durch weitgehende Handhabung der iIjiäfzigteiigbestrebungen gesteuert wer sden kann, liegt aus der Hand. Noch der derblicher als auf das Gehirn des Er wachsenen ist der Einfluß des Altohols auf das in der Entwickelung begriffene, weniger widerstandsfähigen Kinderkre hirn. Hier kommen wir auf ein leider viel zu mangelhaft heachtetes Kapital der Kindererziehung Es ist unverant wortlich, wenn Eltern, mehr den Ein gebungen ihrer Zärtlichkeit oder einer Hvertehrten Eitelkeit als der vernünfti gen Ueberlegung folgend, ihre kleinen JSpröszlinge bereits in der Wiege an Bier-, Wein- oder gar an Litörgenusz ’zu gewöhnen beginnen. Diese Unsitte fist noch immer so verbreitet, daß nicht entschieden genug davor geivarnt wer den kann. uuas oer anaauenoe weoraucn nas tiger Mißbrauch gewisser start wirken der ArzneimitteL besonders des Mor phiumg, Cocain5, Antiphrins etc. ist in Ieiner nicht unbeträchtlichen Anzahl von JGeistestranlheiten als Ursache anzu schuldigen. Morphiums und Comm ; sucht zerriitten allmälig das Nervensy stem und darum ist vor dem willkürli even und fortgesetzten Gebrauch beider ebenfalls dringend zu warnen Beson ders gefährlich sind die Einspritzungen des Morphiums unter die Haut; hier «- tritt die arzneiliche oder schließlich gif ! tige Wirtung rascher ein als bei inne rein Gebrauch Beides sollte immer nur i unter ärztlirher Kontrolle statthaft sein· T Von anderenFattoren ist es vornehm lich die mechanische Beschädigung oder Verletzung des Gehirns-, welche zu vor beugenden Maßnahmen aussordert, um so mehr als damit die so überaus wich tige Frage der modernen Kindern ziehung zu einem nicht unerheblichen Theile ihre Lösung findet. Denn in ei ner großen Zahl oon Fällen ist es ge l rade der zarte Schädel tleiner Kinder welcher einen solchen Jnsult er fährt, der dann eine langsam fortschrei tende. meist erst in späteren Jahren ausbrechende Gebirnerlrantung zur Folge hat Nur zu oft wird in heiser situirten Familien in welchen gesell schastliche Verpflichtungen die Eltern in Anspruch nehmen« der jur ge crderihijr ger den Armen wenig zuverlässige-: oder gleichgiltiger Dienstbo en anvertraut: ein unglücklicher Fall ei..e heftig- Er schütterung, ein wuchtiger Anprall mit dem Kon gegen einen harten Gegen stand — und dass Schillsal des armen Kindes ist besiegelt. iden ärmsten Klassen der Bevölkerung wo Vater und Maiter außerhalb des Hause-L ihrer Beschäftigung nachgehem l e3;k: di e Verhältnisse hkiusig noch unganstig: r. Ein halber roachseneä Schwesterchen welches kaum die Kindersehuhe ausgetreten hat, muß ;1r-- » IMM ? EINIGE-III ab, schlepp sich mit ihnen aus den Stra ßen und Pliihen umher —- kein Wunder, wenn es bei dieser verkehrten Erziehung an mechanischen Gewalteinwirkungen nicht fehlt. welche den kindlichen Körper und Geist esährden. Zur Vermeidung derartiger olgen empfiehlt sich die aus gedehntere Einrichtung von Kindergiiri ten und Bewahranstalten, in welchen die unmündi en Erdenbiirger unter geeig neter Au sicht stehen, während in den s wohlhabenderen die Gefahren einer un ’ vorsichtiaen Erziehung mit deu überzeu genden Waffen der Aufklärung und Be lehrung zu bekämpfen sind. Bei unse i ren heutigen Verhältnissen wird — das Imag ohne Weiteres zugegeben werden f— der Kampf in dieser Richtung ein schwerer fein ; indessen man braucht noch lange kein phantasiisch veranlagter Schwärmer zu fein, um in der Mutter L nur die züchtige Hausfrau zu sehen. s welche nach den Worten des Dichters im ; häuslichen Kreise waltet, die Mädchen I lehret und den Knaben wehret. Wo nur j tedlicher Wille und ein Quäntchen Ver s ständniß für die Forderungen einer ge I sundheitsmäßigen Kinder : Erziehung ivorhanden find, da werden Eltern die Ipeksöutiche Sorge um ihre Feind-: nicht aus dem Auge verlieren. Semper ali puid haeret —— etwas Nutzen bleibt im mer zuriict. Jst aber irgend einer von sden genannten Unsällen eingetreten, so muß das Kind genau untersucht und beobachtet und nöthigenfalls einer fort gesetzten ärztlichen Aufsicht unterstellt werden, deren Aufgabe es ist, alle ir ; gendwie schädigenden Einflüsse und Reize fern erhalten Vor ist strengste Vermeidung jeder geistigen Anstrengung erforderlich, und hier kommen wir auf einen Punkt, welcher schon an sich die weitgehendfte Beachtung verdient. Denn wenn« unser Gehirn auch glücklicherweise eine Lei stungsfähigkeit zeigt, welche selbst den schwierigsten und verworrensten Räthi ; seln des Weltalls Stand hält, so sollte sman sich doch weis-lich hüten, dieses ;Rraftoermägen allzu nachhaltig in An ; spruch zu nehmen zu einer Zeit, wo das Gehirn noch in der Entwicklung begrif fen ist. Nicht mit Unrecht hat man von Tjeher geistige Ueberanstrengungen für zdie Entstehung von Geisteslranlheiten Everantwortlich gemacht, und gilt dies schon fijr das gleichsam trainirte Gehirn Ydeg gereiften Denkens-, so trifft es noch Ein viel höherem Maße fiir das wenig kwiderstandsfähige Kindergehirn zu. E Daher muß immer wieder vor der wirt lichen Ueberbiirdung der Schultinder gewarut werden« Die reforinatorische Bewegung auf dem Gebiete der Schul ;hhgiene, welche auch diese eminent wich ftige Frage ihrer Beachtung unterzieht, Hist daher mitFreuden zu begrüßen.ileher ;den Forderungen der Wissenschaft mits jsen die Forderungen der Gesundheit — Eder törperlichen wie der geistigen — ste -hen. H Ebenso sollte man sich hüten, in dem ;jugendlichen, leicht zu beeinflussenden IGehirn durch allzu orthodore Betonung Ider Glaubenslehre einen Boden für re kligiöse Schwärmerei zu schaffen. Bis zweilen arten solche übertrieben religiö Tsen Empfindungen unter dem Einflusse einer ungezügelten Phantasie zu trank ;haften, mystischen Vorstellungen aus, Fwelche das überreizte Gehirn dem reli giösen Wahnsinn entgegenfiihren. -— — «-——-.. ———-— si t i i I l l I — gen flotten Corpsttudenten ; , schiefe-n Wer andern eine Grube griith Eine tragitomifche Jrrenhausgeschichte von Ernrna Ferdinand. ... Es war in den ersten Tagen des März, als zwei bornehm gekleidete, ziemlich gleichaltrige Herren einein ele Ynten Landauer entstiegen, der vor dem hore der berühmten Jrrenanstalt zu Breitenfelde hielt. Der Eine, ein äng ling mit offenem, freimiithigem ntiitz, verrieth auf den ersten Blick den ehemali der An dere, offenbar Aeltere, gab sich« alle Mühe, imponirend dreinzuschanen. ob wohl ihm dieser Versuch nur mäßig ge lang. Sein Gesicht war iiber und über mit Pockennarben bedeckt nnd deutete in seiner rothblauen Färbung auf einen Gewohnheits - Weintrinter hin; die wasserblanen Schlitzaugen zwinterten ausdructslos zwischen dicken Fettpolstern hervor. Während derKutfcher vom Bocke stieg, sffnete sich die schwere, eiserne Gitter thür der rrenanftalt, nnd die beiden — Antisnnnlinge wurden vom Thürhiiier höflich in das Empfangszimmer des di rigirenden Arztes gewiesen. »Der here Direktor ist angenbiicklich beschäftigt«, meldete entschuldigend ein«-Dienen der im Korridon wie es schien, Wachtpoften stand. »Wir haben hinreichend Zeit !« chelte der Flotte. »Es ist höllisch heiß hier, findest Du nicht ?« fuhr der Flotte fort. »Wir können getrost unsere Mantel abiegen.« Theo gab durch ein Brummen sein Einverständnis zu ertennen, woran ihm der Andere diensteifrig beim Ablegen seiner Winterhiille behilflich war. Ei nem aufmerksamen Beobachter wäre es nicht entgangen. daß er beim Anhängen der Mäntel gewandt in die Manteltafche Theos hineingriff und daraus nicht min der gewandt ein Bündel Papier-e in sei ner eigenen Rocktasche verbarg.s Aber Theo, der höerr gähnend an’ss Fenster etreten war, hatte auf diesen seltsamen organg nicht weiter Ach-n Noch einer minutenlangen Pause fragte et etwas schroff: lä I Innres-M ·« stilis- der-Und . tig sein, seist-nd g sc i« »Es ist wohl am besten o«, entgeg nete dieser harmlos. Wieder erfolgte eine minutenlange Pause. die Vetter Frii dazu brauste, sich in auffälliger Art mit dem Schnupftuch die Stirn zu trocknen »Nimm mir’5 nicht übel, Theo«. sagte er endlich, »aber in diesem geheizten Mi sig halte ich's nicht aus. Jch gebe hinab in den Garten." Tbeo runzelte die Stirn. »Ich werde Dich begleiten«, meinte er kurz. Frih lachte. »Du dentst doch nicht etwa, ich brenne durch ? Dann brauchst Du ja- einfach dem Diener einen Wink mit dem Zaunofahl zu geben. Komm l« Und schon hatte er rasch seinen Mantel iibergehiingt und die Thiir zum Forti dor ausgerissen Theo ertheilte dem Diener den bün digen Auftrag, den Herrn im Mantel hinab in den Garten zu führen und scharf im Auge zu behalten, was dieser, an solche Aufträge gewöhnt, auch der sprach. Als er mit seinem Schutzbefohlenen den Kotridor entlang schritt. faßte ihn Fritz plötzlich heftig am Arme. »Füh ren Sie mich sofort zum Herrn Direk tor!" raunte er ihm zu. Dieser, ein weißbättiger Herr von hohem, schlan tern Wuchs, stand bald darauf vor ihm und maß ihn mit durchdringendem Blick. »Nun?« fragte der Arzt, als er Frig gegenüber in einem Lederstuhl saß. «3uniichst meine Legitimation!« er widerte der Gefragte, indem er eine Neide don Dotumenten aus seiner Rock tasche zog. »Mein Name ist Theodor Ritter, Beruf Assessor, der leider die schmerzliche Ausgabe erfüllt, den eige nen unglücklichen Vetter Jdrer Anstalt zuzuführen. Mein Vetter, Iris Rit ter, leidet an bochgradi er Nervositiit und zeitweiligem Berfgolgungswahm Wollen Sie sich gefälligst überzeugen: hier das bezirtsärztliche Gutachten iiber seinen Zustand.« Der Arzt prüfte die vorgeiegten Pa piere sorgfältig und nickte befriedigt. »Leider,« fuhr sein Gegenüber seuf zend fort. ,,ist dieser betlagenswertlie Zustand meines Vetters in ein neues Stadium getreten. Er bildet sich näm lich ein, nicht Fritz zu heißen, sondern Theo, wie man mich turzweg beim Bor narnen nennt « und Assesfor zu sein, wie ich, obwohl er erst Referendar ist. Er lebt in dem Wahn, et begleite mich in’s Jrrenhaug ——— und nicht umgekehrt, wie es tbatsiichlich der Fall ist.« Der Arzt lächelte verständniszvoll, während der betiimmerte Vetter eine Brieftasche öffnete, ihr einige Hundert martfcheine entnahm und diese als erste Pensionsrata fiir den »ungliicklichen Fritz« deponirte. Der Herr Direktor quittirte zuvortommend über daH Geld und stand dann auf, um nunmehr, wie er sagte, den jungen Menschen persönlich zu fondiren. »Er ist im Empfangszimmer·" be merkte unbefangen der Andere. »Es müßte aber bernsieden werden« das; er mich nochmals sieht" »Keine Angst!" sagte der Arzt. Er führte den Herrn Assessor in seine Studirftube, die neben dem Empfangs zrnmer lag, und löste behutsam einen Zchieder in der Wand, durch welchen man die Vorgänge nebenan, ohne selber gesehen zu werden, genau verfolgen konnte. - »Ihr Vetter ist ein starker Trinter?« fragte er. nachdem er ein Weilchen den stumpfsinnig zum Fenster Hinausstar renden beobachtet hatte. »Er sauft unmäßig,« gab der wackere Afsessor betrübt zur Antwort, »beson ders Seit. Sie werben Jhre liebe Noth haben, ihm diese Untugend abzugewäh nen.« »Wenn das gelingt," meinte der Di rektor nachdenklich, »ist wohl Hoffnung auf Heilung vorhanden.« Der Herr Assessor schüttelte ihm ge rührt die Hand. »Unsere ganze Fami lie wird ausathinen. Herr Direktor, wenn ich ihr diese tröstliche Hoffnung oermeloe.« Und er entfernte sich mit ach tunaivollem Gruße. Das Thor der Jrrenanstalt schloß sich gerade hinter ihm, als der Direktor seinen neuen Patienten begrüßte. Der empfing ihn nicht sonderltch gnädig. Jn wenigen hochmiithigen Worten setzte er ihm den Zweck seines Kommens aus einander. »Und wo ist Jbr Herr Be ter?« fragte det Arzt ohne Enrpfindli teit. »Es war ihm zu heiß hier,« spöttelte der Schlihiingige ironisch. »Ich habe ihn daher unter der Obhut Jhres Die ners in den Garten geschickt.« »Sitchen wir ihn also dort aus,« bat der Direktor und- lud den angeblichen heren Assessor zum Anlegen des Man tels ein. Jni Korridor blieb er indessen vor einer eifenbeschla enen Eichenthiir stehen, an der eine Tafel mit den lata nischen Worten »Numrner zehn« be festigt war. »Ich muß Sie ersuchen, mir noch wenige Augenblicke Gehör zu se«,enten,·' wandte er sich an den Frem den, öffnete die Thür und ließ ihn zu erst eintreten· Dann zog er sie leise hin ter ihm zu und drehte von außen den Schlüssel herum. Eine halbe Stunde später meldete der Diener dem Chef, daß der neue Patirnt einen Höllenspettatel vollführe. szxer Chef begab sich infolgedessen nach Ist-is -:: mer zehn, nahm aber zwei handf:;;e Wärter mit. Wiithend fuhr The-) sofort aus sys los. ,,Denten Lilie denn, Herr, ich l; z- : meine tosibake Zeit gestohlen?« sc «- er ihn an. ,,(Eir.e halbe Stunde 1.«:i.:1 einges-:!;iossen hier warten zu lassen! Ich f« »Sie werden mich hoffentlich bald et nei Oefseren belehren," lautete die im mildesten Tone ge ebene Antwort. »Ju zwischen dürften ie aber gut thun, sich allen meinen Anordnungen gehorsam tin sügen.« »Ich dante für Jhre famosen Anord nungenl« brauste das arme Schlacht opfer aus. »Wollen Sie durchausses mand einsperren. so sberren Sie meinen verrückten Vetter ein.« i Mitleidig lächelnd zuckte der Arzt die Achseln. »Geber! Sie doch endlich die sen verhängnisvollen Irrthum auf!« sagte er in bedeutend strengerer Tonart. t «Oder wagen Sie etwa noch länger zu i behaupten, daß Sie Theobald Ritter heißen?« Er sixirte ihn bei dieser Frage fso scharf, daß der angeblich Jrre ver ! wirrt den Blick sentte. v i »Natürlich heiße ich Theobald Nit vter«', stammelte er und fuhr mit der fhandin die Tasche seines Mantels. »Hier stecken ja meine sämmtlichen Le gitimationsdapierr. Aber wo sind sie «denn?« unterbrach er sich plötzlich und kehrte das Futter der leeren Tasche her aus. »Geftohlen!« murmelte er ver zstiirt. Dann aber stürzte er mit geballs ;ter Faust aus den immer noch scharf ihn i"in’set Auge fassenden Direttor zu. »Herr —- geben Sie aus der Stelle mir die Pa spiere wieder!« brüllte er in maßlosem Zorn. Jm selben Moment umllammerten Idie Wärter mit eisernem Griff seine beiden Handgelenlr. Jn ohnmächtiger Wirth mußte er es dulden, daß ihm die Zwangsjacke angelegt wurde. Zwei Stunden lang tobtr er seinen Grimm in Flüchen und Schimpfworten aus; dann fühlte er sich so matt und ebrochen, daß er um Gnade bat. Man gefreite ihn von der Jacke und willfahrte seinem Wunsche nach Speise und Trank. Eine Flasche Wein wurde ihm aber beharrlich verweigert. Als er hinlänglich gestärkt war, kam das Lächerliche seiner Lage ihm von Neuem schmerzhaft »zum Bewußtsein. Wieder begann er zu lärmen und zu to ben. Die Folge war, daß er als tob süchtig zum zweiten Male in die Zwangs-jagte lam. Am andern Mor gen wiederholten sich die Anfälla Fünf-, feckksmal beglückte man ihr-. daher mit cis-kalten Wasserstrahlen Tags darauf weigerte er sich Nah rung an,zunebn:c«. Fluch dieses heroi sche Mittel half ir« nur über vierund zwanng trostlasescu Den hinwegNach dieser Galgenfrist klarste man mit Er folg die Zwanggsuicer».tz au Am vierten Tage war s.-Ene Wider zfiandsfahialeit dahin. iir lkr7t sich lei ten wie exn Kind nnd zeigte keck- jedem leisesten Winle gefügig. Der Direktor, der ihn an: sechsten Tage besuchte, gab seine vollste Zufrie denheit kund. Am siebenten Tage trat ein unerwar tetes Ereigniß ein. Der Herr Direttor jerhielt einen Brief, dem eine weitere zEpistel veigefchlosfen war. Der Brief hatte folgenden Inhalt: «Verehrter Herr DireltorS ——- Letzten Montag erlaubte ich mir den kleinen Scherz, meinen Vetter Theobald, ge nannt Theo, Ihrer Anstalt zurBeobache tung und zweckmäßigen Behandlung zu überweisen. Jn Wahrheit sollte eigent lich ich, und nicht er, hinter vergiiterten Fenstern sitzen. lieber die Gründe mei nes zwar grausamen, aber nicht schlech ten Streiches tlärt Sie die beiliegende Epistel auf, die Sie gefälligst meinem liebenswürdigen Vetter, der terngesund und wirklich Aiseisor ist, umgehend übermitteln wollen« Mit besonderer Hochachtung Fritz Ritter.« Besagte Epistel lautete wortge treu : »Lieb» Vetter Thea« -I)anl Deinen Ränken und falsch...--«An gaben willigte das Vorniundschafts Zericht in eine zeitweilige Versetzung ins -rrenhaus; auch das bezirtgärztliche Gutachten verdante ich Deiner better lichen Betriebsamteit. Hoffentlich hat die süße Rache, die ich nahm, Dich für immer von meiner vollen Zurechnung-i fähigteit überführt. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird mein Herr Rechts anwalt liebevoll dafür sorgen, daß Du in Zulunst vor ähnlichen Mißgrissen in der Wahl Deiner Mittel dauernd be wahrt bleibft. Möge der unfreiwillige lAufenthalt in Breitenselde seinen heil » samen Einfluß auf Dein vetterliches Gemüth nicht verfehlt haben und mögest «Du, wenn die goldene Freiheit Dir wie der lacht, nicht nochmals die bittere Lehre des schönen Sprichwort-in »Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein,« praltisch zu erproben brauchen. Dies wünscht Dir von Herzen: Dein treuer Frih.'« »Ich habe natürlich, Herr Assessor,« ließ sich der Direktor vernehmen, als Theo mit einem Seufzer der Erleichte rung die bedeutsamen Schriftstücke zur Seite schob, »Jhre sofortige Entlassung versügt.« Und mit bozhastemSchmum zeln setzte er hinzu: »Wenn Sie wieder . mal einen Kandtdaten süer Jrrenhaus haben. o darf ich doch unbedingt auf igiiti e mpfehtung rechnen ? Jch heile tdie ranten zwar streng, aber sicher. Das wissen Sie ja aus eigener Erfah rung.« J Leider wurden die Hoffnungen des xbraven Herrn Doltors schnöde ent ;täuscht. Vetter Theobald, genannt jThexy hat seine Anstalt nirgends ern »psoh7..·:«.! ; Esp- - Stoßseufzer »Es-kein, sind die Männer ieigt Jetzt bin ich sil) Jahre alt und its-sah ieirter hat den Muth gehabt, mir e.::-:«s. »s)riraths antrag zu machen!« i HOZWMVWWWISIWOE - - « » -——---——-o » Herrn Gottlieb Sengestiirt war ein "J.mge geschenkt worden. Nach d . Mädchen der erste Junge! Da ist e wohl zu glauben. daß er glücklich wak und seinen Sprößling den freudig ber beieilenden Familienmitgliedrrn tm mer wieder zeigte. Nachdem der Jubel sich etwas gelegt ! hatte, war die erste Frage die: Wie spll er heißen? Alle möglichen Namen wur den genannt, aber keiner wollte den An deren gefallen, bis endlich Tante Jett- . «chen mit gewichtiger Miene das Wort nahm und den Namen Amadeus dor schlug, weil dies ein schöner und klassi ischer Name sei. ? Da Tante Jettchen die Gartenlaube flaz und ein Condersations - Lexiion bei ssaß, so galt sie als besonders ebitdet, « und da man von ihr ein gutes all-en » geschenk erwartete und auf eine Beihilfe J fiir die spätere Erziehung des Kleinen » rechnete, so wurde der Name Amadeus natürlich angenommen. Herr Sengestiirt sagte deshalb: »Gut Tantchen, er soll Amadeus heißen, aber ich hatte eigentlich einen anderen Namen im Sinn. So oft ich mir einen Sohn wünsche, dachte ich gleich dabei, den nennsi du Theophii. das paßt so schön j zzum Namen Sengestiitt und klingt-fes s « densalls besser wie Gottlieb. Warum · J ich auch gerade Gottlieb heißen mußt« ; »Nun, was hast Du denn?'· sprach der Großvater etwas beleidigt. »Alle . unsere Vorfahren haben Gottlieb g ) ßen, Du heißt so, ich heiße so, mein ; l ter hieß so, und Dein Junge kann an s so beißen; dann weiß man gleich, daß er s s zu unserer Familie ehiirt." . T Das war herrn ngestiirt nun ar s nicht recht, und da er zu widerspre n wagte, so wurde der Streit immer lau ter, so daß die Mutter, die bereits etwas s u Kräften gekommen war, jedes Wort gären konnte. Sie ließ die Parteien her ;einrufen und meinte: »Was zantt Jhr kEuch denn? Der Junge kann ja alle ; idrei Namen bekommen, dann ist Jeder « ? befriedigt«, nnd da man gewohnt war, · » daß Mutter immer Recht hatte, so war damit natürlich der Streit entschieden. ; Vater Sengestört eilte denn auch bald - aus’5 Standegamt, wo er seinen Gott lieb Amadeus Theophil eintragen ließ. Von dort ging er nach der Zeitungss , Expedition und gab eianserat auf, da- ( mit alle Welt an seinem Gliicte theilneh men tönne. Sein dritter Gang aber g s war zum Direltor desGymnasiums, bei dem er seinen Sohn zur Schule anmel dete; denn Herr Sengestört war ein vorsichtiger Mann: Er hatte viel davon J gehört, welche Schwierigkeiten mit der ] -Einschulung verbunden seien und wie , immer nur dir ersten Anmeldungen be rücksichtigt werden könnten. Als er zurückkehrte, war sein ältestes Töchterchen Clara aus der-Schule heim-s i gelehrt. Sie freute sich nicht nur über » das Brüderchen. sondern fand auch des sen Namen ganz reizend, besonders die ; letzten beiden. Da sie aber sehr mißbe ; gierig war, so ging sie auf Tante Jett Jchens Zimmer und fah in deren Lexilon nach, wie sie auf deutsch heißen. Da . lag sie: »Amadeu:3 titalieniich) männlicher Name, soviel wie Gottlieb.« , »Ach, dann heißt ir- mein Brüderchen zweimal Gottlieb, na das ist aber auch!« » meinte sie. »Nun, Thedphil wird aber ; gewiß recht was Schöne-H sein." « Theophil war in einem anderenVand. s Sie schlug daselbst nach und lag ,.Theophil. der griechische Name siir Gottiieb.« Sosort nahm sie beide Bande des Lexikon5, eilte damit zu den Uebrigen und rief. athemlos inI Zimmer tre tend: «Wißt Ihr, wie mein Brüderchen aus Deutsch heißts Gottlieb Gattiieb Gott liebl da, hier steht’5.« Alle sahen sich entsetzt an. Groß mutter aber faßte sich zuerst und sagte , gelassen: ’ «Na, dann laßt ihn nur Schiffer wer· »E( den." — «—«—-—-—.0-— —DaL-Obergericht intsolum bus gab dieser Tage eine Entscheidun ab, die höchst interessant ist. Der Fas ist Viola Cagler gegen Elizabeih H. Botven betitelt, und es handelt sich da rin um dieAushebung einesScheidungs detretg. Jm Jahre1886 erlangte Frau Bowen, damals in Cleveland wohn ast, eine Scheidung von ihrem Gatten aus Grund grausamer Behandlung. Meh- « rere - ahre später wurde Bowen in ei nem » rrenashl Untergebracht, da er von Tot-sucht befallen wurde. und starb in zwischen. Nach Ansicht der Aerzte wur de sein Wahnsinn durch eine Kugelwuns « de, die er sich im Bürgertrieg zuzoz verursacht, und die Kinder des Verstor benen kamen zur Ueber«.ugung, dasz ihr » Vater sür die grausame Behandlun der Mutter nicht verantwortlich gehal ten werden tönne· Um den Schand stecken, den die Scheidung aus seine Namen wars, zu beseitigen, stellte die Tochter Viola Casler den Antrag, das Scheidungsdelret zu annulliren. Al lein sowohl in unterer Instanz ais auch dont Obergericht wurde dem Verlangen nicht entsprochen D e r V o r it a rt d des Schwanze-: Arbeiterbnndeg beschloß di-: Vivkwuung eines internationaien selibkiterfchzzzz Konnteser in NOT ixz k-;.j;kk;,sz« Ykzsz« ietsekretär iiirrstikczi stund-: b-·;:».«f·ss zzss bie soziaidcrrtMatthile-; Fruka e Deutschland-: Ueriirktistx kszs Izzgknasp me«einz:ilade:t.