Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, March 19, 1897, Sonntags-Blatt., Image 8

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    ——--——
Das Dreigeilikus
Roman m Laus o. Weilst-ca
(Fottlcruna.)
»Ja. Jalobäa, das have ich. Nicht
ohne Schwierigkeiten freilich, »denn
man bewacht österreichischetseitg den
kleinen König ohne Königreich, das
aTme Kind, dem der Vater io ferne
gerückt ist, daß er ihn wohl nie len
nen lernen mit-d, mit msißnauxjschen
Augen. Man fürchtet wohl, daß Na
poleon seinen Sohn entsfijiyren lassen
lönnie. Aber ich habe nachdem mtsich
die Kaiserin Marie Luise im alten
Schloß Rambosuiller bei Paris em
pfangen hatte, doch auch das Kind, evi
nen Knaben mit großen irämnetischen
Augen gesehen. Die Kaiser-in hackte
jede Verbindung mit ihrem Gemahl
abgelehnt — eine der Kasmsmetframn
war mai-schlichen Sie verschaffie mir
eine Locke des Haares vom Hawptse des
Kindes, das so schwer an der Last ess
nies großen Namens zu isragen haben
wind. Jch hoffe, die blonden Strah
men werde-n den Vater erreicht hohem«
Der Ali-e grollte ein wenig: »Strafe
Gottes! Und wahrlich eine verdiente!
Ich dächte, es müßte noch lebensng ge
nug vor euch flehen, welche-s Unheil
dieser Korse über uns All-e gebracht
hat. Ichan kein Mitleid für ihn
hastu :- isyuwiill auch- nicht«
ts- - si- r ,
Nat-I qukc UUIIWLUIY Ule lMltkL
auf »die Mvinmjgsvetschtiedmheiten
zwischm dem Baker und Ihm eingehen,
er fuhr daher fort: »Am-— gleichm- Ta
ge, cm dem ich sin RaMet war,
am 29. Masi. stavb in ihm-m Schlosse
Makmaison tes wafets erste Gemah
lin, die schöne, unglückldche Josephim."
»Wir haben ein Wein-es Mut-amon
bild des Kaiswkn hist-IX war-f Jako
bäsa ein. »Ein- kraniser französischer
Offiziet Ließ es zukü·ck.
Kmt horch-te auf: »Da-: Vsicomte
LabomstxMatade fragt-e cr.
»Mkbe!« antwortete der Vater
für sie. »Ja-kotbäia’s besmodmt Schus
befchsenen Jch habe Dist- woshl ge
schrieben, swie sie ihn aus den Händen
unsern wiss-hundert Vordem befreite
wud«"ithn pfkegte; ich herbe säh-r ihren
Willen Massen, obschon —"
»wqu-qm, cr zusak lkcmlx Luchll
Sie sich nächst Wrwerzsiger, als Sie
sind, Gwßohm!«
»Bin ja schon siillaKrnDZ lachte der
Alte. ,,Sielyst Du, so gcht es mir im
mer mit der Jalosbäm dsise führt ein
sie-aiment gegen »du-Meiner aufkommt
Mut-m Dich »in Acht vor ihm- Taube-n
hänsdchen s— smd Krallen darum«ter!«
»Da-dann hat-« ich noch gar» nichts
gespürt, Vaterl« Kurr haschtse ein-es
»der so gefährlichen Händchsm rund strei
chclte es, bis es die schöne Besitz-tritt
fortzog.
« Der Vater aber stand aus, schenkte
die Römer mit Imstendesm Rheinwein
voll und sagte: »Nun laßt mir aber
die Franzosbn cunkb Alle-F- tms mit
dem Pack zriisasmenhängt Mag see
nun ’m-al nicht leiden! Dafür wol
len wir nachholen, was wir schon
längst hätt-en tlnm sollen. Stoßt an,
Kinder: unser König soll leben umd
unser wbdderbesreites Vaterland.«
Sie saßen lange beisammen ans, je
nem erstens Abend, aber Kurt Stett-en
war am nächsten Morgens lnoch schon zu
guter Smnlve auf. Jsm Hause war
noch Alles still, nur ans dem Wirth
schaftskolalc hielt Amtrnann Pius-satte
schon mit einigen Knechten eine kleine
Uhr-W, allem Art-schenke nach,«tvcil
besagre Uebelthäter in ihre-m Unver
stande Wehr-r harren, den Tag der
Ankunft Des jungen gnädigen Herrn
noch nachträglich durch allzu-lange
Nicht feiern zu dürfen.
Knrt ging durch den«i"rn Morgen
rhau liegserckpmi Garten, klinkte discThür
ists-ach dem Jorswege auf und schnitt
ikber dar freier-Plan dem kleinen Kneb
ieirv zu, Evas nnresr hohe-is Linden M
verborgen mitten tm Dorf-e stand. Das
Grab ver frühverstorsbsenanujrer war
sei-n Ziel.
Ase-v aber über dir Heer-e schaute,
dir den Frdedhos umsäume, sah cr, daß
ihm eine andere schon zuvorgekommen
war: Jakobäsa.
Lesise stsießKml dise Kirchhofs-Worte
ans und trat weben die Base. Als- sre
ihn erblickte, ükergoß twles Rath ishre
Wust Merkmal-kam Läg-« Er wicht
ikr spurlos Vie hatt-d —- nvch einiye
Minuten stand-m sie so »Mein-Juden
dann schritt-en sue dem Ausgang zu.
»Ich den-le Dir, JUNGE daß Du
fis-r das Grab lver Mutter so liebevoll
Es Dass-X unter-brach er endlich
i ·g-en. »Ich dem-Ue Dir auch
silr ask Nebe, UeDntstm Bad-treat
Sie schüttelte mit einem let-sen
lieblichen Lächeln das schöne Haupt.
s »Wenn hier Jemanid zu- dancken hat«
mem so bin wahrlich ich es. Wer hat
denn der armen Waise gwßmütkziig
seinx Haus geöffnet und ihr eisne neue
Heimatsh geschaffen? Die-im Eltern,
Vetter —- uinid so bange ich atkymr. wer
de ich Ihm-n dankbar sein.'«
Ein Strahl warmen Empfindens
war über ihre Züge geglitten-, Kurt
meint-e in Echten blau-en Augen, den
Wtderschein einer edlen Sees-e lesen zu
können. »Du bkst so gut, Jakobäa!«
sagte er innig und beugte sich aus ihre
nd.
»Nicht doch, Kurt!« entgegnete sie,
khms langsam ihre Rechte wieder ent
ziehend »Ich bin nicht gut, ich be
mähe mich nur« nicht Undankbar zu
sein« Und es wird mir ja so dächt ge
macht, »denn· alle Welt isst gut zu mir.
Ich könnte viel besser sein, aks ich dim
Du hörtest ja gestern, das der Ohm
mich seine Hauswrannin chakt.« Ein
heiteres Lächeln breitete sich über ihr
Gesicht und ganz unwillkürlckch mußte
Kurt aar ein anderes Lächeln denken-,
das ihn noch nat wenigen- Wochen be
zaubert hatt-e. an ein reizendes Grüb
chen und zwei leuchtende Augen-sterne!
Wie verschieden doch diese beiden
Mädchen waren, Lowison und Jako
däa! Jede vollendet schön in- ihrer Art,
unid Jede doch ganz anders in jeder
Ein«zel’heit ihrer Erscheinung, ihres
Wesen-s!
, -- - -.i s .
Jatotoaa — Bounorkn zne Druqayr
Edekjungsfrau —- die schöne Franzöme
Von dem jede Fibet antrng Lieb:
Irr-is der Frauen khter Nation umspon
I nimdse Eime, umgeben noch dazu von
Idem Reiz its-es GWißvollen — die
FAM stmhkn-d, in hehr-r Schönheit
ilmsd Reim, schiicht und klar, wiss einer
zder im Wald-e versteckten Seh-I
ider lieben Heimath2
»Du Minme scheint mir. Kuri«
sunmbkach Jakobäa seine wandern-den
ZGedcmskeskk »Zum Träumen fsiKmnnk
Ztode ein schlechter Ort. Wär leben hier
Eber Gegenwart unpd murren nicht,wenn
sie einmal recht prosaisch ist. Prosaisch
. wie die Frühsuppe, Die ich sogleich dem
vomtvähnckms Herrn vorsetzen werde,
der wohl mehr an Mokkander Thee
Mr fein dürft-U
. »Da irrst Du aber gewaltig, Jako
.bäa! Jch fteUe mich sogar auf unser
heimisches Süppchen« vorausgesetzt,
daß es die brave Marianne noch so gut
zu bereiten versteht, wie eher-ern Doch
;sagse, hast Du noch ein Stündchen Zeit
für mich übt-ig? Jch hätte Dir noch
. etwas zu- erzählm.«
- »Sekbstverständlich, Vetter.«
Er schob ihren Arm unter den sei
nen und führte siez spu dem langen Wan
delgang unter verschattigen Kasten-Zen
reine am Gartenihon Dort setzten sie
sich nebeneinander aus eine Bank, und
er begann unvermittelt rnit so ernster
s Stimme, daß sie erstaunt zu ihm aus
sah: »Ich kyasbe Dir einen Gruß aus
Frankreich zu bestellen, Jackobäa — es
ist der letzte Gruß eines Sterbenden."
; Es war als ob sie ahnte, wei- eg
sein könne »Der Vitomte?« slüsterte
sie leise
; Er beobachtete sie scharf. Jn seiner
.Seele hatte die Sorge gelebt, daß Ja
skobiia dem ritterlåchen Manne eine
Ewärmere Herzensneigamg bewahrt ho
I den möchte. Aber er sah, daß er sich
getäuscht hatte Wohl nah-m ilir Ge
sicht einen ernsten, traurigen Ausdrud
j,an und ihre Augen senchteten sich, aber
Tor-n einem ver-zweifelten Schmerz war
m ihnen nichts zu lesen. Aug den
blauen Sternen sprach nuir ein- edles·
schönes rein menschliches Mitgesühi.
Beruhrgt fuhr er fort: »Ja, Jako
bät-, er starb in meine-v Armenk« Unst
dann erzählte er, wie das gekommen
erzählte auch von Mater-me de Verniei
usnld von- Lousisøn, wie man einer lieben
Schwester beichtet
Sie hörte ihm schwexgend zu- Die
Augen zu Boden gesenkt, ans der sonst
so gtatten Stirn eine leichte Falte, vie
stets erschien, wenn sp: angestrengt
nachhachte
Als er geendet hate unid sie frag
gend umschaue nahm sie seine Recht
fsst zwlschtn ihre beiden Hande:
»Mein armer Kurt, wie seid Du mir
thust! Mem Herz sagt mir. daß Du
leidest —- wenigisth gelitten hast!
Aber ich denke und hoffe Du hast dae
schon überwunden ohne daß Du se lbsi
es Dir gestehen willst. Und daß
Du Wtesst ist jsa Wgt
Wiss-as
Eine sciichtige Mkthe färbte chre
weiße Stirn »Im-vom Sieh, Kurt.
bergnteohmtvitedejw so lang er
lebt, nie zugegeben haben. daß Du
eine Franzvstn heirathest, und Du
hättest es doch gethan — Du weißt
ei hätte ihm das Herz gebrochen! Und
dann, Kurt —- so set-n und annmthig
Madawisselle Louison san mag, sey-«
ste stockte, undvie Rötbe ausf ihren
Wangm vertieste sich«
»Bollende nut, vollende nu-: —— ich
hör-ei« wars er bitter ein .
«Viellesicht bin ich ungerecht, und
wenn ich’s bin, will ich ihr im Herzen
Abbitie thun; aber ich konnte nicht
über das Eint-finden hinweg, daß Du,
lieber Vetter. nur eine Schachfigut im
Spiel der beiden Damen gewesen bist.
Man TM den preußischen Ossiziet, sden
Adjustcmten vom Hauptquattier des
Feldmakschalls aus-Nutzen well-In. Das
Mädchen liebte Dich nicht —- sie em
pfand keine wirlliche Neigung für
Dich Kuri, das kannst Du mir glau
ben!«
»Ich habe auch kaum zu hoffen ge
wagt, Jakobäm daß wenn Dem so
wäre,« entgegnete et trübe. »Es war
ein Traum. Zerstöte mit wenigstens
nicht das Schönste, was von den
flüchtigen Ttäixmen bleibt: vie Et
innerung!«
»Ich habe Dir web gethan? Sei
mir n-. cht böse, Kutt,« bat sie herz
lich
f Er schüttelte den Kot-Iß »Wel) ge
than? Ja, es fcknnerzte, Jakobäa! —
Aber Dir zürnen —n1·nnnersknehr!
Jch weiß ja, wie gut Deine Worte ge
meint waren!«
Sie standen von der Bank auf und
gingen schweigend neben einander auf
die Dotfaue hinauss, die einzige Stra
ße von Kremmrcide entlang bis zu
den kleinen Kakhenhöufem ams Aus
gang. Es war lebendig geworden in
zwskschen im Dorf. Die Männer zæ
gen zur Arbeit, die Frauen kamen mit
den« Klepen auf dem Rücken aus den
Gehöftens, mn aufs Feld hinauszu
gehen ndkr m den Wald Hier und dort
erklang schon der gleichmäßige Klang
der Dreschflegel oder ver fchritle Ton
des Smsenschärfers, den-n der zweite
Heuschnitt stand vor der Thür. Ueber
all wurden Kurs nnd Jakobäa begrüßt
und nach der derben Art der marki
fchen Bauern angesprochen.
So waren Beide las-s an das letzte
Gehöft getozmnen, ein kleines Haus
mit demenme Stroksdach Vor dem
Hause stand ein malt-r Lindenbaum
um- in dem Vor-zarten blühten die
Son enblumen.
»zum-m Mer noch Der alt-e Rade
rnscher Winte? Oder hat der schnur
rkge Kauz schon das Zeitlkche geseg-s
ne:?« fragte Kurt. T
Jakob-ja krieg- mit der Hand nachs
einem naiboffenen Schuppen: »Du
steht et ja selbst an der Hackcbant.'«
In diesem Augen-blicke trat der Als
te, esne gebeugxe Greisengestalt mit ver- s
runzelmn Gesicht, aber merkwürdi s
scherfblickenden, funkelnden Auge-us
auch schon aus seinem Schuppen her
aus umd zog Las Käppchen: »Unter
thönsjgsten guten Morgen, gnä·ger
Herr Juni-er! Guten Morgen wünsckf
ich, gfssrdgeg Fräulein. Wer in die
Heimat-h kehrt zurück, der findet,
wenn er sucht«, sei-n Glück! Mög-«
wchr sein-, junger herri«
»Da-at- schön, Wjentri Immer noch
frisch zu Wszse und tmmer noch ein
Reimchen an Eber Hand?" Kurt hatte
die Gartenthtir ausgeswhen und war
zu dem Greise herangetreten um ihm
vise band zu wichen, wie das in der
Mart allgemein Gebrauch ist, Jako
bäa blieb oußerhullo stehen.
»Unt-erthänigstsn Dank --— zu beseh
Ien, Herr Hauptmann, wenn die Kno
chen auch nicht immer recht wollen. Und
was das Reimen anbetrtfst, gnäd’ger
Herr, so tonunt’s seitens mal wr, daß
mir noch ums einfällt Wen-IS Herze
gar zu schwere drückt, das Reimen Ei
nem selten glüdt.«
Dabesi suirr der Alte mit der umge
» kehrt-en Hand itber die Augen, und uscn
den Mosen Unterkiefer zuckte es
- ganz seltsam, hart und wehmüthig zu
gieich
»Was sehit Euch denn, Meister
Wievie?' fragte Stetten erstaunt,
denn irr sehnErtnnerung schwebte der
immer lustige Mann vor.
Jetzt schlug der Guts idie Augen
aus, glitt mit Der schwierigen Rechten
langsam über sdte weißen borstigen
Haarstoppeln aus seinem Kinn und
meinte: »Seit sie erschaffen das-Sohns
krnsd mein. wie kanns ich denn da lustig
einsi» Es llang ganz weineng aus
Wen-untre das gereirnteWort.
Einst mochte der Alte zu frohen Scher
zes-I gewinkt haben jetzt fügten sich ihm
Nie Sprächlein zu bstterem Ernst.
Jatobäa war dicht an- iden Zaun
herangetreten und sagte erkläer zu
dem Betten »Im-l Wiense kam im
Jahre 1811 mit den« nach Rußlaetd
Durchsicht-wen Franzosen ins Hin-est
gest-AK von ihnen erschaffen Der s
e bat es Bist sei-net Zeit gewiß
gewisses-·- - l
Der Mk hon- Jqstpoiiq jedes we
gleichsam von den Lippen abgeleserr.
Jkpt kktickuk ek wiW wir dem mi. I
als ob er das, was sie gesagt, nach be
sonders bestätigen müsse. »Woll· woll,
junger, gnöxd’ger Herr, so war’s! Blos
weil ich nicht gleich die leyte Ziege im
Stall hergeben wollte, und weil, was
mein Sohnessolkxn war, nicht leisan
mochte, daß sie den Großvater prügel
ten bis aufs Blut — blos deshalb ha
ben sie ihn erschossen, die Hundåkerle
Draußen bei der großen Eberesche vor
dem Dorf —- rneinsen Karl! Jawoll
das haben sie — unld nu sagen Sie masl
dem Frau-dein hie-r, wie man-s mit den
Franzmännern machen muß, junger
gnäd’ger Herr-, denn was das gnäd’ge
Fräulein ist« die reißt infereinem
solch« verfluchten Kerl noch aus den
Zähnen, wen-n man ihn schon fest dat
und —«
Unter den weißen Augenbrauen
schoß ein ditterböser Blick zu dem
Mädchen hinüber. »Hier hab’ ich ihn,
hier vor meinem Hause gefunden, die
Hände hochhebend, daß ich ihm ’n
Stück Brod geben sollte — jatvoll!
nnd dann hab ich ihn reingenomm;!
im vie Stab-, und heim nehm Gott im!
Himmel ich half nur immer an mei-!
nem Karl gedacht ich hätt- ihn abge
fchlachte, wie n Schwein wenn da dass
gnäd’ge Fräulein nicht getommeni
märe!«
Jatodäa hatte sich kvch aufgerichtet ’
,,Spkech’Er nicht so sündhaftes Zeug
Ruder-rochen und denl’ Er daran, wasI
ich Ihm schon hundertmal gest-at ich(
und der Pastor »Mein iit die Rache.
spricht der Herri« so steht es in derj
heiligen Schrift.« I
»Jawoll: und Zahn um Zahn « das!
fleht auch drin-! Auge um Arme und
Blut um Bluts Die Hunde habens
um uns nicht verdienst und Einer von
der Sorte ist wie der Andere! Was
der ern meinem Kind gethan, das rech
ne ich den Arrde an!"
Durch Siejtensss Geist waren selt- ;
same Gedankn gezogen, wäher derJ
Alte sprach. Hier alfo hatte Goftonf
um ein Stück Brod gefleht, hier hatte;
Jalobäa ihn errettet aus den Händen
kes rachsüchtigen Greises; hier hatte-il
die zitternden Hände des alten Man-.
res, donKuri sonst als einen gutmjjthi-«
gen Menschen kannte zu rächen gesucht,
was ganz Frankrekch taufendfach an
der deutschen Nation verfchuldef. Das
wvr der Fluch des grausamen Krieges
»der hier im stillen Fried-m dieses Dor
fes fast zu einem fürchterlichen Drarna
geführt hätte, zu einem Drama, das
freilich, er wußte es, feines Gleichen
so manches hackte in deutschen Landen.
War’s doch ein offenes Geheimniß,
daß das etbiiterie gewechtete, ausgefo
gene Voll hier nnd dort vie aus Nuß
lmnd zurückkehrenden Franzosen, die
sich elend und zerfchlagem wasserrlos
der Heimath zufchleppiem niederge
macht harte wie Wölfe-.
« » «- - - -» ,
»Ja-«- suulu Uully sMMkTL MAR
niacher, und froh sein, daß Euch das
gnädige Fräulein vor so großem Un
recht bewahrte!« ließ er jetzt den Alten
an. »Nicht an Euch war die Vergel
tung des geschehenen Frevel-Eil Habt
Ihr denn nicht gefedert-, wie das Ge
schick Gericht gehalten hat itber die
Franzosen und ihren K«aiser?«
»Macht mir meinen Karl nicht wie
der lebendig, junger Herr!«
»Das nicht« Rast-eintreten aber denkt
doch, wenn Euch nun der Karl im
Kriege gefallen wäre?«
»Ja —-- im Kriegt Das ist nicht
unter’rn Ebzrefchenbauw Wie ’n
Hur-ad haben si-: ikyn erschossen, und ich
half dabei sieben müssen mit den Fäu
sten ans’m Rücken gest-unten ich,
sein Großvaters Gelobt hat-« -ich’·5 an
Jene-m Tag, daß ich den Feind noch
strafsesn mag!«
j Und wieder bkickte et mit einem bit
iterbösen Blick aus Jakobäa, die ihm
ruhia in’s Ame schau-te
c -,.Kornm, wir wolle-n ach-km Jalo
ibäa,« sagte Stetten. »Ich spreche ein
ianderrnal mit Euch, Rademacher——ein
;andermal. nnd ich denke, ich sinke Euch
sdann versiändkgerl«
l »Meis; nicht, junger Herr! Weiß
inicht: der Franzmann trieb’s bei uns
»Hu ara’ »Ich baß ihn- ndch, lieg’ ich im
JSarg!«
; Dabei zoa ter Alte sein Käppchen
»und tnnnpelte nach seiner Hobelbant in
der Schelm-e zurück.
Amt lonnje den ganzen Tag den
Gedanken an ten alten Rade-nache:
nicht aus dem Srna verlieren. Wie
oft hatte er nicht als Knabe neben dem
Manne gesessen und zugeschaut, wie
sich unter sden geschickten Händen des
Allerweltbastlers die hobelspäne träu
selten. wie sich die Speichen in die Rad
nabe fügten, wie er fis-r die Mutter die
Milchtitdä in Stand brachte, Zäune
ansbesserte, Baute schniyte nnd Gar
tentische zurerlztzimmevte Und wie
hatte er sich immer über die seltsamen
Berglein Mandat, die in unerschöpf
licher Mannigfaltigkeit von den Lippeni
des Manns strömen Er erinnerte sichs
recht gut, wie man ihm damals schonJl
erzählt hatte, daß ider Wien-be ins seinen
jungen Jahren Töten-er bei »dem Herrn
von Kleist aus Groß Ritzow gewesen
sei unsd von diesem sich die wunderliche
Art, die Quisntessenzen seiner Reden ini
artige gereimte Sprüche zu- bringenJ
ungewöhnt han«-. Wie oft hatt- deki
Vater nicht lachend das schöne Carmen!
citirt, das der Radernacher zu- Kutksi
Geburt tem gnäsdigen Herrn gewidmeti
hatt-» unid das mit dem herrlichem
Schluß endete: ?
»Tdun Sie, gnädgrcr Herr, nun ster-;
ben, I
Dann thut der Junker Alles- erben! ;
Doch hat’s damit noch gute Zeit. !
Drum rufen wir Kremmwder Leut’:s
Es lebe unser Gutshlerr heuti«
Und in dies harmlose Kindergemüthj
hatte der Krieg, der erbarmmungslose,’
eine derartige Ver-bitteng getragen!
Einige Tage frohen, friedlichen Bei
sammenlebensdergingm dann lenkte
Stetten seine Schritte wieder nach dem
kleinen Hause am Dorfausgang —
Diesrnal tras er den Alten aber nicht
in der Werkstatt, sondern in dir Stu
be. Er saß gerade beim Vespekdrod
und schaute ganz verwundert aus. als
der Ofsfizier in die Stube trat. Aber
as flog doch etwas wie die Erinnerung
an vergangene Tage durch seinen
Geist. denn als er ausgespng war,
um den vornehmen Besuch würdig zu
begrüßen, meinte er gleich: »Wollen
der gnäd’ge Herr Junker vielleicht wie
der ’m-al ’n kleines Schiiffchen gebastelt
haben, wie dunnsismalsZ "n kleiner
Kahn aus Pappelhrlz, das war ja doch
Ihr ganzer Stolz, unid hatten wir erst
’n Segel dran, dann waren der Herr
Junker der Steuer-manns«
... .s-l ««—s--!
»Mut« slIlD Null lusql UUAML —
Wienle!" entgegnete Stellen, sich even
Stuhl heranzier. »Ich komd-ne heute
wegen einer anderem ernsteken Sache
Ich will Euch ist«-s Gibet nehmen we
gen des Franzosen und vor Allem we
gen Eines häßlichen Hasses auf das
gnädige Fräuletm Ihr solltet Euch
schämen. RaVVseInOchetV
Der ganze Gefkchstsauskrud des
Greises veränderte sich wie im Fluge,
und mit einem Male wurde es Kur-l
Stetten klar, daß der arme alte Mann
in seinem Haß geistig rkfchck ganz zu
rechnungsfahig war. Er schob sich-.
ohne gleich zu antworten um den Tisch
herum und erst als er auf der anderen
Sestte stand, Stetten aerave acgerrüben
einle er lanqsatm »Na da sparen srch
get gnäd’ge Herr hie Mühe. Der Karl,
der fiel von ihrer Hemd, d’rum Tod
dem ganzen Franzosen-land! — Hätt’
ich isten den Partei-vons, nur noch mal
hier — heut’ wollt« ich die Fenstetlw
den schon zu machen. daß lein Frauen
zimmer dazuläme!« -
»Wie wars- dencr eigentlich, Rates
macher?« fragte Steuern
»Na. lekyn Sie-junger Herr --—- hier
dass ich ··rlyn!'« Er zeigt-e auf einen
Stuhl neben dem braunen Osm. »Er
Jhatle gerade seinen Rock ausgezogen,
i weil er ’ne Wunde an der Schulter ge
habt bat. Und sehn Sie --— ich mztt
nern Messer auf ihn los —- ’s war ja
ble so’n schwaches Männchen, hülf
ihn durch und durch gestochen »Wer
, sehn Sie, gnäd«ger Herr, wie steh so
jdas aeleh’n habe mist dem llelyrrgem
schwarzen Blut aus dem Hemrc da
hab’ ich ask meinen Karl denken müssen,
wie wer den vm der Ebersche holten,
wo ihn die Franzosen hatten liegen lall
fen. Unsd da murdemirmit einem Male
ganz lomilch zu Muthe- und das war
sei-n Glück — ich Von-Tit nicht gleich zu
sichert Aber da llopfr’s auch schen
an die Thür, unsd gleich Uran fleht
das gerät-Hexe Fräulein vor wär-. Wollt’
mit M Suppe bringen,viewe1·l ich ode
ber nicht recht zuweg gewesen-. unid nu
sieh-l sie die Beschreng —- Und blaß
wie der Tod, aber mit lo ’ner festen
Stimme, wie Der alt-I- amöVge Herr sie
auch manchmal haben kann. wenn er
lelfr markirt-Ja ist, fährt sie ausf mich
los. Na, ja. He Weiber-! Und was
die gnöd’aen sind. nu ganz beltmdersl
Na, und da lebrt er sich um, der Fran
zos-. und fällt ihr vor dsje Füße, und sie
ruft den Johann-h der branßen mit
’pem Korb staat-« und »ich hatt’ mein
Messer umsonst aelchliffen. Jawohl,
so war’s und da haben sie ilm nach dem
Schloß ers-bracht und ich dalV nilchk bes
balten, wie leisren alten Rock· Da
bis-rat er! Fels immer aut. sn’n Anas
Idenlen H la flml »ich as die Ward Zifm
lienlen —- weil ichnämlsch den Kerlfeb
hkr nicht an den Nagel da höre-m ge
flovnt Träurm aber manchmal —- er
)
wär-IF
» Karl Sie-Ums stand auf unld schritt
Tauf den fmnaösilchen Osssiziersrock im.
der wirklich aerade über »der Verstar
des Radynackærs an der Man-d hina.
Er war gerichle von Wind unfr
Wetttm ausqeblelcht und halb vermo
deri. taum M sich die Gradabseichen
noch erkennen bät-km Und hier und
dort, »auf krient ganzen Rücken und an
den« Schößem schien ein scharer Messer
selbst sdie Lumpen nicht verschont zu
habsnr —- Sitettesn mochte nicht fragen,
er fühlte, daß der Greis seinen ohn
mäehtigen Ingrimm noch an dem Rock
ausgelassen hatte. »
Alter warum'zitterte- Idoch die Hasnd
Ksurt’s so, als er die Unifcsrm um
wanidste und mit ten Fingern über die
Brust strich? War·s nur ein Matti
rungZ War es ein flacher, eingenähter
Gegenstand der sich hier deutlich ab
zeiclmete? ·
»Schönes Röckchen!« hör-Its der Ra
dernacher vom Fenster aug. »an Lum
pen seh ich den Franzosen gern — der
Knecht soll er sein,und wir die Herren!
—- Jst’s nicht so, junger Her-et Mein
erster Herr, dir v. Kleift auf Rtitzotm
der hat die Franzen auch gut gekannt,
jawoll, das hat er. »Wiente,« hat er
manchmal zu mirgesagt, »dei Noßbach,
da hab-en wir ihnen tüchtig gefoppt,
und sie aus dies rothen Hofe-nl gelloppt!«
Jan-all, junger Herr, hat der Herr v.
Kleist, der sehr schön hat dichten tön
nen, zu mir gesagt!«
Stetten hörte kaum auf das Ge
schwätz des Alten, er hatte nrsit vor Er
regung zitternden Häinden sein Ta
schenmesser hin-vorgezogen und schnitt
mit einem Ruck die Brust des Rock-es
auf. Ein kleines, in Leder eingenäh
tes Täschchen fiel islnn in die Hand usnsd
er ließ es schnell in seine Rocktasche "s·
gleiten. Jetzt hatte aber der Redemas
mer doch auch das Messer m dar Son
ne, deren letzten Strahlen gerade noch
bis an die Bettlxide nichten-, blitzvn
sehen. Er lachte in- seiner Ist-heimli
chen, halb kindischen Art auf: Recht so,
junger Herr! Geben Siesdem Kerl
gute Wehr —- ist bess:ir, als ’n- lmmmer
Speee!« Und er machte Miene, sich
mit seinem großen Brod-weiter an rem
vermeintlich-n Zerstörungewnl zu be«
theiltaem
. -. --« II ,
Stellen laws nyxl kam-. zuma. Jqu
dauerte jetzt der llngljjellåche. »Es
lohnt nicht, alterWEenke!« suchte er ihn
Izu beruhigen Steckt ja Niemand in
ldesm Fetzen drin -—— kein Feran chn
Franzose! Lumpen sinds -—--« »
1»Lumpen!« der Rad-machet griff
das Wort begierig auf. »san«-il —
LLumpen! Alle Franzos in fmä Lum
pen! Haben meinen- Kinsdssolyn er
schaffen Hab’ ich die Geschilchle Tem
jungenherrn denn schon erzählt?«
»Ein andermal sollt Jlfk mir das
Alles haarklein berichten, Wienkel Ich
muß jetzt nach Hause zu meisnem Va
ter « —
»Ja, wenn der junge Herr zum al
ten. Herrn Baron müssen ——-- «
Kurt esilke sofort aus fein Zimmer
Mk bebend-er Hand holte et vier das
kleine Ledertäschchen heraus-, löste die
um das etwa vier Zoll im Gern-et hal
tende Pöclchen gewickeltse -3ch-·n·-e, und
der-selben vorsichtia entfaltet-. las er:
Protokoll über: de am 1). Typus-her
ein vergsi,lbler grauer Bogen nroben
Papier-s fiel ihm entgegen-. Als er
1812 vollzogene Berguna »der Kriegs
kasse mit nkch 432,000 Franken isn
Gold und der auf Befehl Zeus-r Mas
jeftät des Kaiisers aus Moskau mitge
lsiihrten Kirchenrssilen.« —-- «
Tthtsetzwg folgt-)
—-—-.-.
»Und das Unglück schreitet
schnell
Die »Druifchr Zig.« berichte« über
folgenden köstlichen Vorfall: Die
Gymnasiasten in K. haben die '«riaub
niß, während irr Zehnurvauss in den
Anlagen der Umgebung Ums-en zu
gehn. Dabei traf eine Abryeilx sig mit
einem Efelsgefährt zusammen Im
jugendlichen Uebermukh necken «ie jun
gen Leute das Thier. Auf ais-Aal er
scheint Trr Kutscher-Alle nehm- - Reiß
aus; nur einen, der sich von ds- n gan
zen Treiben ferngebaltem k»-«.n der
Kutscher erreichen. An ilnn ißt er
feine Erbitterung nnd seine-s Zorn
aus: er giebt dem armen Sen-— n zwei
derbe Backpfeifen. Jrn Gefü« der er
liitenen Beleidigung eilt des eEneer
bitteriich weinend, rem Gr— nasium
zu, um dort »dem Direktor hie· »- An
zeige zu machen. Da midnfo ihm
kurz vor Dem Vorrat das M’s«..eschick,
während er von seine-n Av« n sdie
The-Zink- ablvischte, mit Heftigi gegen
Professor Z. zu renne. Sieb ’« s: zwei
Ohrfeigen sonsten um seine-» Kopf!
Mit erhöhtem Schnurzgefwc unier
strömen-den Thränen eilt der Einsetitze
weiter zum Direktor. Er r- s ni von
dein ihm widerfahren-en Unreifss An
zeege mit tm heftig ichiuchae":-.1Wor
ken: »Der Hen- Professor Z. that mit
eben zwei Ohrfeigen gegeben, ich habe
»Ja dem Eies nichts gethrmf G»knchpp,
da saßen- ilnn zwei neue hin: r den
Ohreni« . . .
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