Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, February 12, 1897, Sonntags-Blatt., Image 13

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    » if xrvkidztzktzuise
Humoresle von Sisgurd.——Dem Schwe
dkschen nacherzählt von
E m si l J o n e s.
Es dauert gewöhnlich einige Zeit-,
bevor die Lebensfreude auf einem Ball
in ein-er klein-en Provinzialstsaitlt zmn
Ylusbriich gelangt Man ift zurückhal
tend wie eine schön-e junge Wittwe, und
man sieht aus die übrige Menschheit
tritab wie ein Professor der Malerei
ausf ein sLeloruckbilsd. Der Löwe, in
dem die Vorsehung die Quintefsenz iter
männlichen bezausbernden Kraft der
kleinen Stadt vereinigt hat, kehrt noch
ein-mal von der Thitr zurück, wm ein
Stanbtorn von seinem Frack asbznbiir
sten. Der Engel, welcher den« Brenn
punit der weiblichen bethörentsen Macht
der Stadt bitdet, schreit bei der Ab
fa-hrt, wenn eines dir kleinen Geschwi
ster ihrem Balllleide zu nat-e komm-t,
schlimmer, als wenn- sise einem lustwan
bswnsdens Alligatorbegegneste, oder wenn
man ihr eins Heim bei einem Wittwer
mit einer blind-en Mutter-, großen
Schulden und neun Kind-ern anbieten
würde. .
Erst wenn derLötve, ohne zu zitternx
mit dem Taschentuch ein-en Tropfen
Wein mitten auf der Brust antroctnet,
beginnt die Zärtlichbeist sei-n Herz zuj
erfüllen. Erst wen-n Eise Königin des-»
Baues mit engere-nndan Lächeln deni
vornehmsten Bustterhändlser der Stadt
bitt-t, ihre halben Gummischaphe vonl
ihren Füßen zu entfernen, fängt Atnors
an, unter ten Pfeilen seines Köchers zu!
wählen.
Der Kolonialwaarenhändler Johann
Lange besiyt ein- toineswsegs geringes
Quasntum Zärtlichkeit in« seinem red
lichen Herzen, sdas noch vor Freie-ten
tinipft iitber eine günstige Bilanz fein-es
Geschäft-T Wenn er während der Nacht
nach feinem Austern-sauser in der klei
nen Schlafkammer hinter sein-ern Korn
tor sanft schlummerte, sah das Auge
seiner Seele oftmals die schönste Mai-o
die Stadt, reizend imd zarte auf der
Chaiselongue sitzen und ihre Stiefeleb
ten abnehmen, und im Traume hatte er
zweimal die Tochter das Stadt-reich,
Abels-ide, geküßt
Aber in der Wirklichkeit erforderte
es wenig-stetig sieben mittelgroße Glä
ser Rhein-terms und einige Gläser per
lenden Champagners, bevor er Muth
bei-am, zu ter Tochter des Statttafsi
rers Sand-in, Luise, zärtlich und ver-—
schämt mit holdseliger Vertrauilichkeit
zu flüsterm »Ach, mein Fräulein-, hier
ift es heute Abend sehr warm!«
Man feierte des Königs Geburtstaav
im Ratt-hassen dort erklangen dies
Töne des Nationsaslliedes,unst ein Tilllss
fireifszn von der Schleppe der Frau;
Biirgermeisierin flog unt-her. I
Während der Stasdttaffirer fiir
mehr Wein sorgt-e, schritt der sage-;
I
nannte Genug-Z der Liebe barfuß ein
her auf den Bänken der Langfeiten
Des Saales und flüstert-e allerlei in
die rosenroth-en Ohren der iunaen Da-.
men.
Berauscht von- dunklen Augen undl
blenden-d weißen Schultern, legte JU
hann Lange den klein-m fleischigen tin-di
nur wenig mit Haaren bewachsenen
Arm des Fräulein Louise Suntxin in!
den seinigen unid siüsterte erregt und
voll von Zuversicht:
»Ach, Frau-kein Lunis-e, wie habe ich
mich nach diesem Augenblick gesehn-i
um Jhneni zu sagen · . . . Sie zu sta
gen.... hm.... zu hörow.... wie
. . wie sich Ihr-e Frau Manna befin-g
det?"
Kalt und ruhig hatte et am Vormit- ;
tag dessekben Tages asus eine-r Anttianv
sein Gebot auf achtttsusnivert Säcke Kas- i
fee abgegeben, und jetzt zitterte er vor
diesem jusnigsen Weibe, das mir einhau
dettundzwanzig Pfund trog.
Solche Widersprüche sind nicht gar
seit-en sin- der menschlichen Natur zu
finden-.
Die zweitePolia tanzte-er mit Frau-— i
lein Louise Reich-L Jhr Vater war
einer Sei : :«s.:cri- ..:vtirs:en Bürger
der citat-U «- oesasz fünfzehntausendi
Mart vtn einer Tante uer eine ent
zückend-e Eisengestalt nach ishr-er Mut
ter, die während ihrer Entwickelungs
periode in der Stadt Näh-rin- gewsesenj
war
Sie war sanft und hold wie eine
Geiz-eile und transt mit Herrn- Lange
von einer Von-ke, »in sdie man ein-e ganze
Flasche Champagner unt- zwsi Flaschen
Liebsrauettmiich gegossen hatte· ?
Sie saßen einsam in sie-m- kleinsten
der Nebenräumse, der mir dürftig er
leuchtet, aber in jeder Beziehung ge
miiihiich war. Er sacfzte.« ..
»Da-be ich Sie aus irgend seine Weise
verletzt, Herr Lan-ge, oder haben Sie
zu enge Stiefel an?« fragte sie mit je
ner spitz-en Originalität und Freiheit
in der Unterhaltung welche nun-mein
in allen besseren Roman-en vorkom
men.
»Gewiß nicht, aber meint Herz ist
von ein-er unsasgbaren Leere erfüllt, unt
das Schweig-en braust gleich sieben-kein
Eis durch rneisnseni Kopf in— Jhrer hol
den Gegen-wart.«
So spricht in der Regel nur ein
Mensch, kser b.struntcm ist oder Reichs
tagsabgeordneter wert-en trtEIL ask-er si
sah, daß er sie siebte, und rief leid-ins
schaftit.ich:
»O, Herr Lan-ge. . .. Sie.... Sie
. . .. zerbrechen mir den Fächer!«
- Den drittens Walz-er tanzte er msit
Lousise Sundirn Auf den Wogen der
fTöne flossen ihrseSeelens zusammen wie
iznwi Rossinen in- einem Kuchen-, und
;seine brennenden Blicke verschlungen
ihre Schulter mit derselben Leiden
schaft, tvsie eine Pensionsävin ein-e Por
tion Baume-Eis verschiingt
Man leerte mehrere Gläser Botvle,
und infolge dessen vermochte er sich
nsicht mehr gen-an zu erinnern, wie dsie
Worte gefallen waren, aber er hatte ein
dunkles Gefckhh als ob itym sdie Beine
nicht mehr vollkommen gehorchen woll
ten, nnd als ob er einien klein-en Theil
fein-er Seele dem gselitesbtm Mädchn gie
geniiber entblößt habe.
Jm »Wale der Damen« wurde
Ethm noch einmal das Gliick zu Theil,
seinen etwas feuchten Frackärmel um
die fchmalste Taillse der Stadt zu
schlinigen unsd seinen Blick in Louise
Reichels unser-gründlichen Augen er
trinken zu lassen, wie -——— wie — laßt
uns sagen. wie eine junge Katze in dem
-«.
Zukunqu Uccllkk
Unsd dann drehte er sich im Kokillon
msit Lousife Sumsdsim und dann blieb er
mit Leu-ist Roichel eine Weile all-ein in
kem kleinen Kabinet. Darm sprach er
mit Frau Sumidin über eingemuchte
Garten, und dann nahmen die Herren
einen Heime-n- Cognac vom Büffet, usnld
dann war es ibm gerade. als ob kr
wieder in dem Kobiwet eine Wange an
der seinen fühlte. Darm- trasnk er mit
Papa Nseichel Brüderschaft, Mit-« dansn
half er Lousise Sand-in ihren Pelzmsans
tesl usw-hängen uan dass-n fühlte er das
ganze Uwiversum sich in Liebe, Glück
seligkeit Selterwasser und Advent Nach
geschmack von Küssen auflösen.
E I dk
Llls er am nächsten Morgen- erwach
te. vermeint-e er, sich in einer Anato
mie zu befinden, wo sein Gehirn unter
fucht werde. Alles, was er in seinem
Magen hatte, schien in schmerthfster
Weise Cirkus zu spielen, Und nie zu
vor war ils-m die Wirksamkeit ter
Mäfzigkeitsvereinse weniger lächerlich
vorgekommen Seine Uhr zeigte 11.50
Vormittags, und als fein- siebet-heißer
Arm leidenschaftlich sich nach sder Waf
serflasche ausstreckte, ergriff er folg-en
dtss kleine Billet, das er miikyfam mit
kleinen eigen-en Parantshefen lass:
»Mein l!) Johann! (Aber laium Ku
kut, das ist ja gar nlächt die Handschrift
und thisdrucksweise sker Mamab Jch
vermag es nicht zu unterlassen, dem
ist-keinen Freund meines Herzens sofort
am friihensMosrgen einen Gruß zu sen
den. (Das fchtsint eine freundliche
Person zu sei-wi) O, wie mein Herz
klopft und mein Kopf brennt! CUnd
gar der meinige!) Jch kann noch
kaum das Wunderbare- fafsem iras gie
ftcrn geschash (n«ein, ich auch wicht!),
aber wen-n ich Dich heute Vormittag
wiedersche und Du mit meinen Eltern
gesprochen haben wir-st, und ichDIich crn
meiner Seit-« sitzen set-en werd-e (ja, wo
ift die-se Seite- gelegen?),-t:an«n wert-e ich
es versuchen, mich in mein Glück zu
finden. (Ja, sage est Es wäre gut,
wenn ich dasselbe sagen könnte!) Papa
ist heut-e »in strahlende-r Laien-e. (Welch
glücklicher Mewsch!) Du scheinst ihm
zu gefalle-m (Jch wäre seh-r Dankbar,
wann ich seine Adresse wüßte) Ewig
Dein-e Luise.«
«»Lui«se, Linse-, Luise?« Johann Lan
ge fähktse —-—-— trotz seiner Kopf- und
Leibschmesrzen —- bastd heraus, daß eg
crtn Botefe zufolge mit einem Jung
i-s,;-sxttenlelsen hier auf Er sen- bald vein
t?.s...«: Haken werde Das erschreckte ihn
fajt, gis-s: mit-He ertragen worden
Man trinkt zuviel; nun-, das pafsirt
alle Tage. Der Eine verspielt sein
Vermögen, der Andere rutinirt sich, in
dem er Bürgschaften über-nimmt, der
Dritte spricht Dummheiten und bla
mirt sich vor Gott Und Menschen-. Ein
süßes unvd braves Mädchen ist ge
wiß, voi recht-Im Lichte beschen, die
mikskefte Form ver Strafe des Him
mels fiir denjenigen-, der geisting Ge
träntm allzu geistig zusvricht.
Aber welches Mädchen? Welche
Luise? Mit Bei-den hatt-e er getanzt
und zärtliche Worte gewechselt Luiie
Sau-Un hatte ihn so sonderbar ange
« schaut, als er ihr den-Mantel mal-äng
t-e. Aber das Fifchtbetins in- Luiise Rei
chels Korsritt hatte hörbar und inntisg
gejannnert unter seinem zärtlichen
Griff in dem ,,Wal«zer der Damen«
Einmal hatt-e Lusisse Reichul im Kabinet
gesagt: »Herr Lange, Sie erschreckcsn
mich!« Aber am Biiffnt hatte Lusise
Sunkdin ihm mit dem Fächer aus die
Fing-er geschlagen und ihm zugewi
stertt »Sie sinds elin gefährlicher
Menschl« Einige Küsse waren auch
bestimmt vorgekommen, aber irre hatte
sie dem anderen Lippen-Ware ausge
drückt? Das war eben· die Frage.
Jrsgstindwo ·in der Stadt saß nun
,« gewiß eine junge Dame und leiasrrte sei
wor. Jthr klein-es Herz klopft-e ihm ent
gegen und its-r Urheber ihrer Tage
dachte mit Wohl-behagen an ihn, unsd
doch kann-te Lange ihren Namen nicht.
Schändlich! Abscheulich!
« «»Estvig Deine Lu-ise!« Welche von
beiden Luisens? Ob sich nicht eine von
beiden zur Unterscheidung Louise
schrieb? Wie schrieb sich nun Lustse
Reichel und wie Lnise Sinn-din?
Unsd mit schmerzen-dein Kopf und
dem gräßlichsten Zweifel der Seele
machte er Toilette und ging nach dem
Hause, das tinnerbalb seiner Pforten
die kleine Eis-e mit den unergriindlichen
Augen barg.
I Luise Reich-ei saß allein im Salon
und träumte usber einer Novelle Als
sie den Entstvetendesn erblickte, kräuselte
sich ihr Mund zu einem tholden Lächetn,
und eine warme Röthe verbreitete sich
über ihre Wangen.
Kein Zweifel mehr! Sie war es!
»Luise, irr-eine Lusise!« jubelte Jo
hann ten-d zog sie an sich.
. »Herr Lange .Jcsbann. .Sie
komnnon so schnell, aber meins Herz
gebört Dir!« flüsterte sie, indem sie ihr
Gesicht auf den seidenen Ausschlag sei
Jres Redingots fallen Ließ.
l »Meine Lusise, ich . .
, »St-ill, es kommt Jammde
s Kaum hatten Sie einen fiir die kalte
nnd giefiihllose Weit passenden Abstand
von einander genommen als Luise
Sein-bin üppig, stoiz und- in blauem
Promensadensanzusg vor ihnen stand.
»Du. hier. .Herr Lan-ge hier?
— Nein, Linse-, ich vermag m .ch nich-i
zn verstellen-. . Du sbist Inie ne beste
Freundin und Dir muß ich es daher
zuerst mittheilen Dieser kleine, liebt
und geliebteMann ist seit aesternAbend
tmsein Verlobten Aber, Johann wa
rusm zögerst Tu? Papa erwartet
Dicht«
i Bei diesen Woriin flog sxe zu ihm
wie ein- Cntlon ans einen Humans-am
und mit tiefer Ber·,nreiflsung fühlt-» er,
wie alles-, womit til-:- Natur ihn sonst
an Seebenstärke Muth und männli
cher Würd-e begabt hatte, sein ern-Hex
Herz sofort verließ und di zisesz sofort
Unsan tief tin-ab in seine Its-:
sel
iDic kuisilche Kaiserin iutim.
Das JanuarbeftderenglischeniFtau
enzeitunsg ,·Ladies Natan (Das Reich
der Frauen) enthält eins-n annimmer
Artikel über das Privat-leben der Kai—
serin von Ruszlanb, Eber nach der Ver
sicherungen des Herausgebns des Blut
tes aruf vorzüglich-er Jnrformsatiion be
ruht. Nach einer Schilderung kieg äu
ßerlich kalten unid übern-us ernsten
Charakters der jung-en Fürstin-, der sich
»in engsten Kreisen- jiedoch als herzlich
und msuthwilliig offenbart, berichtet der
Verfasser, dasz, obwohl die Zuneigung
zwischen dem russischens Kaiser und der
Kaiserin in stiishester Jugend entstand,
die Pttinzsssin die Verbindung jahre
lang standhaft asdlehnte, weil sie damit
gezwungen war, ihren- Glausben zu
wechseln, eine Handlwns , die dxm Ern
ste sihres religiösen Empfjnsrenss wider
strebte. Birbecks Schviftem in welchen
er die engen Beziehunng zwischen der
gviochsischen Kirch-e unw- der ursprüngli
chten christlichen Doktrin nachweist, eb
neten später ken- Weg zum Itesbertritt
Für das englische Cottagieleben mit
seiner Zwanglosigteit schtväm1(end, lmt
die Kaiserin aus die erdviiclesnde Pracht
desr großen Paläste Petetsburgs und
Zarsloje Stelos verzichtet und sich ein
tirauliches Nest im Peterpattsnos eins-ge
richtet. Zu Muse-m von ein«-:- Hoden
grünen Decke unrthenen Platze hjbm
nur die in höchster Gunst sieben-den
Staiats.mä«nniev unds Dann-Im Zutritt.
Dei-Z Haus« schließt ein niächsstigertlkarl
mit künstlichen Seenrinx Hier herrscht,
soweit das möglich Oist. »das unsere-mo
niöseste Leben. Aus den malt-umsäum
ten Wegen führt die Kaisesrfin ihr Töch
ierchen selber saus, hier und da sich
niederlassen-d oder mit iilym im Schat
ten uralter Bäume spielend· währka
aus der Fern-e von Peterhos das Plät
schern Irr-r Fontcoinen gedämpft krei
überönt.
Aus demselbenGrunde größerer Uns
genßrstheist wwd einæs giesmriden Aufent
haltes für diie Großfürstsin Obga hat
zdise Kaiserin- im» Zariskvje Selos statt
ihrs alten-, 800 Fuß Inn-geni- Residenz
«schlosscs den kleinen inmädtcksen des Wal
Idses gelegen-en Alexanper - Palasst zur
kWoihniusng gewähkstk Die Llreblimgsbæ
Eschäftigunsg der Zarin in· sihrer Zurück
Egezogsenhkit Est, wächst lder Sorge um
jichee Tochter, Zeichnsms Inn-b Amt-atem
!ren; zwar kultiiviistt sie einsesn amiissaw
sten, wmn auchhöchst gcsfähxtxächcnsweisg
der Mal-erei? dkie Karrsikatut Wäh
rer sie- msit ihr-m Hofdamen plaudcrt,
fldegxt die Feder über jhriesn Zeichsensbloch
Gines Tages-, als der Kaiser vorn der
Jasgd zurückkehrte, üsberrasfchra ser die
Kaiserin hijsrbsei und fragte fisc, was
sie zeichne. ,,Kaswikatxuren, wie ge
wöhnlich«. Lustig besteht wer Gsimahl
darauf, zu sehen, wars sie zu Weg-e- ge
bracht hat, eisu- anfch, der ihm nach
einigem echt wedöblichen Zögern ewig-e
lsichks seiner dringend-en Bitt-e gewägrt
l IUch.
Der Erste, auif dessen Bild des Za
ren Blick fällt, ist ein« in- sicheren Stri
chen stizzivter un-tersetzter, kleiner, net
vöser Herr mit dunklem Gesicht, grau
leni Schnurrsbart, ein großes Vorte
Iseuillse des Mwsisteriums der auswär
tigen Angelegenheiten unstet dem Arm:
Fürst Lobanow. Er ist isn dem Au
gen-blicke gezeichnet da er an ein-tun os
’fiziellen Dienstag zur Audiensz boirm
sfiaren eilt. Die nächste Zeichnung ist
iLi Hung Chmng in seiner gelben Relikt
jacke aus dem letzten;Hosball; dann
kommt die roth-wungiige Figur des
l»rothwsasngigsen, untbeleckten Kosacken
koberstem der, mit Händen und Füßen
nach allons Richtungen strampselsnid, ei
nen wilden Walzer aussähe-L während
ihm als Gegensatz seine Tänzerin-, die
Kaiserin selber, liihl rund majestätisch
gegenüber sie-ht. Dann Fürst Neliidow
mtii seinem assektirstscins Stirnrumzeln
und seinen großenBartckoteletten-. Hier
cms eine flüchtig hingeworfene Wasser
sarbenslizzie des englischen Botschaft-ers
O’Consnor mit seinem feierlich-en La
ternengesicht, dem schönen ernsten Au
ge, dem Hammellotelisttenbart und dem
schlenkernpdsen Gang. Der Kais er anlü
sert sich himmlisch. Aber nun verlangt
er plötzlich, selber karitivt zu werden.
Die Kaiserin weigert sich zuerst ganz
entschieden Schließlich- tansn sie aber
den Schmeicheleien des Kaisers nicht
länger widerstehen Das Resultat ist
etkkn geradezu sv«erbl«iissen«des: Der Zar
ist als ein feierlich-es, basrtgesschmiicksdes
aber kahllöpsigdsBalby in langen Klei
dein, auis einem holten Stuhle sitzen-d,
dargestellt, das von« einem iichiten Hau
sen von Verwandten-, Großfiirsten und
Großsiirstinsnen mit gxschwungenen
Saugslaschen umgeben «ist, von denen
jedes ihn in seiner eigenen Weise füt
tern will. Angesichts dieser Wirtsh
schast siingt das Kind ani, zu schreien.
Der fröhliche Humor der Skizze, wel
cher einen interessanten Einblick in das
russische Familienleben gewährt, liegt
aus den Hand. Wir lassen freilich da
lzingestse«llt, ob sdcr Verfasser, oder, was
wahrscheinlichen dse Versasserin. die
offenbar ein-e große Jn«t!imsitiät in dem
taiserlichen Haushalt genossen. ihrer
Dankbarkeit hiirfiir einen adiiguatsen
Ausdruck gegeben und Ihre-r Majestiist
durch diese Publilation ein-en Gefallen
erwiesen hat-. Vielleicht war das aber
auch gar nicht die Absicht. Aus Allem
geht hervor, daß der Artikel einer eng
lischen Feder Eint-stammt
of -—
t
t
Die Trichinose in Preuszcn
Ein amtlich-er Bericht üsber vie Zcrkfl
der Erkrankung-en an Trichinsose in
Preußen währen-d »der Jahre 1889 —
91 liegst- in dem Werke vo-:, das soeben
vom Cultusssminestseriusm über das Sa
nitätswesen dies preußischen Staates
veröffentlicht wind. Danach fiel die
Meistzashl der Erkrankunng- ausf den
Sttegiemngsbezirk Merseburg, wo in
vier aufeinander folg-enden Episdemien
75 Personen erkrankten- Die Ursache
war bei 50 Fällen, die sich in Eisleben
uwd seiner Umgebung erseigrvetem und
bei der zweiten- Epitiamsie in Halle a.
S. mirs Sicherheit nicht zsu ermitteln
Die Ursache Tier Hittm sVpisbsemie tosar
aus Genuß von- roh-ern san-d nich gxxisiis
gssnd geräucherten Schinken zurückzu
führen; bei dser vierten Epidemie bsei
der es sich nur um fünf Erkrankunng
can-Demse, lag ein Uebersehm Ver Michi
nen seitens skeH Fiscischbieschiauers vor.
Der Bericht ertliirt dieses Ueberseben
;alss mit-schuldbar, »du dise-Trich«inen in
Iso spärlich-er Zahl voriyasniden war-en
J,,daß sie selbst bei genau-er Durchmuste
Erim-g der Präparate nur schwer entdeckt
werden konnte-fix« Dieser Umstand
zeigt wieder-, miewichtig es ist, Schwes
neslseisch nur dann zu genießen wenn
es vollständig diurchqetocht oder nehm
tm oder wie z. B. bei roh-ein Schinsten,
s— I
linruckpnd geräucheri ist. Jrn Regie
Drangsbeziri Liegniiz traten im Jahre
1891 zwei größere Epidemien auf. Die
eine in Mühlredlitz, Kreis Liibem wo
355 Personen erkrankten, von den-en 6
starben; die andere in Wurchlanid,
Kreis Glogau, wo von s echss erkrankt-en
Personen zwei starben, wären-d die 75
erst erwähsenisn Erkransktssn des Bezir
kes Merseburg alle wI eder gesund wur
iden
Größere Gpsiderni en- wiesen fisrner die
Riegierungsbezirie Posen, 44 Erkran
kungen mit 4 Todesfall-en Arn-s«berg,
Königs-barg und Frankfurt ausf. Jn
Posen wurden zwei Flewsischbeschaner
arger Fahrlässigkesit überführt usnd ge
richtlrch verurtheilt Jn- Alt·ena, Re-.
gierungsbezirk Amstbterg erlrawnktew
1U891 40 Personen, die stimmt-lich tot-ts
dser genasen Der Schlachthasusinspcek
tor, ern approbirtser Thievarzt, hsat eiin
nrit Trichinen förmlich übersätses
Schwein freigsageben utnd entschuldigte
sich später damit, daß ser an denn lese-I
treffenden Tage 20 Schweine mikro
sliopisch zsu untersuchen- hastie. Im Re
giserungsbc1zirk Kriigsberg tsrastsew 33
Erkranikumgen auf, von denen fünf ei
nen tödtlichenAusga«nsgniaii;1mien—. Theils
lag diesen Erkrankung-en Fachrkiifsig
seit des deswegen abgiisetzisen Fläschche
schawers zu Grunde, t· seiilss seh-einst das
Fleisch iiberhauptnsicht unter-sucht- wor
den zu sein« Jm Regiiersungsbeziri
Frankfurt ist die Trichinose 28 Mal
aufgetreten Unter den Erckranikttem
die alle geniasem befand sich auch der
Fleisch·beschar:-er, der sein-its Aårnstses ent
hoben wurde. Der Bezirk Brornsberg
wies 24 Erkrankungen auf. Elf Per
son-en erkrankten in Folge des Genuss -
ses nur getrocknet-er untgeräuschserter
Wurst, die aus Russsrsch-Poslsen ein-ge
fürt word-en war. Diese-r Fall hatte
ein-e polizeiliche Verordnung zur Folge,
die eine obligatorische Untersuchung
des aus Nnßlsansdeingefiihsrten Schwei
nefleisches verordnen Ein besonders
krasser Fall ereignsete sich ins Bresslsau
Obwohl dass betreffende Fleisch als
ttichinds bezeichnet worden war, wur
de es doch verkauft. Es erkrankten 14
Personen, von denen sechs starben.
Der Verläner sdses Flciischles wurde zu
fünfzehn Jahren Zuchtihaius verur
theilt
Durch den Genuß von geräuchertem
Schinlen eil rinkten in Stettin acht
Personen, die sämmtlich wieder gena
seni Jn dem aus Meniesl eingeführte-n
Schinien wurden niasssenhasfi Trichinen
gefunden. Untier die Regierungs-bezü
ke, welckse die meist n Fälle von Tri«chi
nsose aufweisen, sit eint Diisseldorf zu
gehören, wo laut amtbick can Bericht
jährlich unaefäljr 20 keille von Triebk
nose vorkommen
Wenn 1in irgend einein dieser Fälle
das schuldiae Fleisch auf-s Am rika gie
stammi hätt-I, würde der Bestickt nicht
verfehlt kalten, e; zu sagen.
s - ps-« --—— l
Serum egen die Beinen-nd
i
Als vor etwa zwei Jahren «in Hong
long wieder einmal die asiatische Beu
lsenspest herrschte, beschloß das französi
schse Kolosnialniiinsisterium’t«."ie kurz »vor
her von ein-ein Dr. Yersin angestellten
und im allgemeinen günstig !V-erlaufe
wen Versuche, ein Antitoxin gegen jene
Krankheit herzustellen zu begiüsnsttigen
usnd zu diesem Zwecke eins größeres La
boratorium an einem geeigneten Platze
der annamitischen Küste zu errichten.
Dr. Yersin, der miit der Einrichtung und
Leitung des- .«znstituts betraut wurde.
wählte den Ort lea.trang, da dort ilie
zur Herstellung des Pestserums ge
brauchten Pferd-e außerordentlich billig
sein sollen. In verhäktn«iszniäs3«ig kur
zer Zeit gelang es ihm, eine hinreichen
de Quantität Serusm zu gewinnen,
was, nebenbei bemerkt, nicht so leicht
war, da das duirch idiie Jmpsfung bei
den Pferden hervorgerufene Fieber
diese derartig angrisff, daß sie schnell
abmsagertsen und- ein«-er wenigstens ein
monatlichnn Ruhepause bedurftm ehe
zu dem nächstfolgenden «einpfversuche
schritten we rden konnte. Nach und nach
imsmsunisirte Dr. Yersin Die Pferde
vollstänrig gegen die P-:,est unb das
Sevuni dir-J er ihnen asb nwfsp Verk: IF
Idete i ziesstszptz « " iiiks «·.«i": ·: id.
sen «- e Don der tten gesit nu so hinge
rafft iverben n: e s.-ii·tIsit;cs-. Der Er
sola übertraf alle Gi
is irtunaen wes
halb der Arzt den Au IstJenblick
rAn
wem-deines des Antistoxin beim Nie isschem
für gekommen erachtete Dr. Yersin
begab steh daher nach Canton, iosn rn
msals gerade tsie Bseulenipest wiitt;«ete,
doch mußte eir vor sder Feindssetieiteist der
Bewohner weichen.
Nun gina er nach dein s("-0,()(T«) Gin
wohner zäblsendem ebenfalls insiuirten
Amsoy, serbsieit leiser Eint-ritt in Spitzt-«
ler uinld Erlaubniß, Psxtstkrsante zu be:
band-eint Von 22 bebandselsten Perso
nen genasen 21 im Verlauf-e weniger
L
Tage; die beiden andere-us starben, weil
ihr Zustand sbeim Beginn der Semin
kur schon zu weit vorgeschknittten gewe
sen war« Dieser giänszensdss Erfolg trug
dem Dr. Yesrsin eine Okvastioins der den
Eurospäern feinsdlichen Chinesem auch
Geschenke und Trisuimphsgebeiiie nach der
Küste ein« Sei-n« Seruimvorraih war
erschöpft usnd iesr murßte sei-n segienssreb ,
ches Wirken Miit-gedrungen unterbre
chend, zur Beschaffung sneusens Heilstvp
ses nach dem Lasboraioriusm von Nha- ,
iransg zurückkehren Eine chinesische
Zeitung widmete dem Wundermannse
sogar seinen LeitiartikeL worin sie sein
Verdienst Vückhsaltslos anserkccnnsbz die
von ihm erzielten Erfolge jesdoch die-m
Geiste des vor 2000 Jiaihsren verstorbe
nen großen chinesischen Arztes Hoa-t’o
zuschriesb, dar sich in Dr. Yevsins incra
nirt habe. Die mit dem neu-en Anti
toxin behandelt-en Pestkranken sollen,
ein-er medizinischen Marinsezeitschrift
zufolge, schon nach vierundzwaan
Stunden außer allerGtefiæhr sein« wenn
die Krankheit bei Beginn derr Behand
lung noch nicht voll senttmsickelst war,
nach zwei oder drei Tagen in schwer-e
ren Fällen-. Die Jmpsunsg der Kran
kein wird in dIr L-enkdensgegeind vorge
nommen, wobei man von seiner Lokal
bebandlung der Pestheulen ganiz arb
sieht.
--- ..—- --———
Die Gusche-.
Der Grad der Zivilisatiosn ksanin ge
nau bemessen werden nach der AnzahlL
der Taschen, »die der Mensch besitzt,
Der Wilde hat gar keine Taschen auf
zuweisen. Der auf der Hishi- der Zins
lisation stehende Westenwpäer oder
Nordamerikaner trägt in seinen Klei
dern von einem halben bis zu zwei
Dutzend Taschen herum. Er braucht
Taschen für sieineUhr,fürseine Schlüs
sel, für seine Brieftasche, für sdiie lose
»Change«', wie fiir die Börse, für sein
Taschentuch, stirseinenTabal, für seine
Bahnsahrtarten, für sein Schießeisen;
und seine Kleider weisen in der Regek
außerdem noch mehrere Taschen auf,
deren Zweck nicht genau bestimmt ist
Die Taschen sind deshalb erin- Gnad
messer der Zivilisation, weil sie ein
Ausfluß des Orsdnunigssmnes sind,
der eine Trennung und bestimmte
Platzanweisung sijr die verschiedenen
mitgefiihrten Dinge Verlangt. Das Zu
sammenwsersen aller mäglichew einan
der fremd-:n Gegenstände tin seinen ge
meinsamen Belälter ist ein Zeichen der
Unkultukr
Der unzivilisirte Mensch sucht die
Tasch aus Verschiedene Weise zw er
setzen —- oljsne das; ihm dies auch nur
annähernd gelänge Die Mohamme
daner Indiens tragen ihre Schimpf
tabatdoth iin Turbian, gewissen
Stäninien ETiesijtrnlafrikas dient iibr
winllisgegs Luar zum Aufbewahrungs
ort der verschiedensten Ding-e. Andere,
schon ivon Tier Kultur beleckt-e Völker
schaften tragen Binden usm den Leib,
Kopf oder Die Arme, in denen sie W
ser u. s. to. aufbewahren und ein wei
terer Fortschritt in der Kultur brachte
die Umschnalls oder ?lnshängetäschchesn,
die, wenn- sie auch- noch von den Klei
dern getrennt waren, doch »das Kom
men der heutigen nnf der Höhe »der Zi
vilisastion stehenden Tasche oorahnen
ließen.
Je mehr Taschen, desto zivilisirter
der Mensch! Der Schuljunge läßt sei
nen niedrigen tintwictelungsstand aus
dem Inhalt seiner Tasche erkennen.
Wer stannte noch nicht, ob des An
blick-;- alP dessen, was einie solche nach
außen gekeltrie Zelniljnngeietiaschse ent
halten itatteli Da sieht msnxn das Mes
ser neben dem schmutzigen Taschentuch,
Pech oder War neben ,,En:1dt)·«- -Stiict
chen, Sdiieferst«ifw, Nägel und Bindfa
den im traulichen Verein Aber der
Junge bessert sich in dem Maße wie er
älter wird, Und dadurch unterscheidet
er sieh auf Ins Vortlyeflhafteste von den!
Mädchen
Jn der That, das ganze weibliche
Geschlocht befindet sich von dies-tm Ges
sichtspunkte aus betrachtet in ei-«icm
schmerzkich trauriqen Pskst nd Eis-: Un
han («·1;.-: Ist-m !.«J Pisa-. » m:«k!’
ists eine das heißt eine die
zur Benutzung da ist. Und selbst diese
einzige Tasche-, welche sie besitzt, beharrt
delt sie mit betrübt-Hier Mißachtunizq.
Sie Versteckt sie derart, daß kein
Mensch sie seh-m und sie selbst sie trotz
größter Mühe nicht finden Lamm so
daß die heutige Frau, wie einst der Ur
mmsch in seinem unwegsamen Urmat
de sehr ost ihr »Pocketbuch«, ihr Ta
schen-trieb und wessen sie sonst bedarf
in der Hand tragen muß. So isW
heute, Imkd so weit die Geschichte zu
rückreicht in das Dimkel der-Jahr.htm
derje: immer sehen mir, daß »der Frau
die Tasche, wo sie eine solche besaß,
nur mehr zum Schmuck, als zur Be
nutzung diente-. Woher kommt dass