» » tiefel muß Sterben!« Einer wahren Begebenheit aus dem deutsch-französischen W woher-zählt von K. D. Gegen Ende der 60iaer Jahre lebte aus einem Dorfe ins der Nähe von Nürnberg ein Bauersmann, sein Name war Friedrich Schmeltzet. Er gehört-e gerade wicht Fu den-Reichsten, da er aber sehr fleißig und sparsam, ja geizig war und in der Awsiibung dieser löblichen Eigenschaften von seiner Etsegespmkfm kräftig unterstützt man-de so war es ihm gelungen, schon manchen 100 Markschein zu erüsbriyen und in die Sparbani ,,na«ch der Stadi« tragen- zu komm-; er hatte sich also zu· einem ge wissen Wohkstand emporgeschwungen Schmieer hatde blos zwei Kinder, eis nien Sohn und eine Tochter-, erster-er war Soldat beim 14. Jnsanterieregi ment in Nürnberg. Er hieß Johann Geovg und wurde daher, wie es In dor iiqer Gegend Brauch ist, »Hansåjörg« gerufen-. Obgleich etwas beschränki, war er doch ein brave-r Kerl und beim Regiment hatte man ihn gerne, weil seine Kameraden immer Ulk mit ihm treiben konnten. Er shatte einen kör petskichen Fehler-, der freilich ungeboren war, nämlich seine Pedale waven et was groß, er hatte auch Plattfiisze. Vor dem Jahre 1866 befreite dieser Fehler den« Retruten vom Militär, nach ’66 aber ging dies nicht mehr. Sein Hauptmann sagte einmal zu ihm, als er ins der Kaserne seine Füße sah: »Kerl, Du hast den größten Fuß beim ganz-en Regiment. Du kannst stehend in Deinen Stiefeln sterben. Sollte es einmal zum Kriege kommen, Du brauchst eine Kugel mehr, bis Du um fällst." Nur zu bald kam es zum Kriege, für Hansjörg wenigstens and seine Eltern-. Da er der einzige Sol-n war, so wurde er, nachdem er ein Jahr gedient unsd Obexerzirt hatte, auf unbestimmt-e Zeit beurlauibt und befand sich zu- Hause als der deutsch-französische Krieg aus brach. Bald brachte der Post-date die Order, daß er unverzüglich beim Regi nsent sich zu stellen habe usnid es dauerte keine acht Tage, so war dieses vollzäth lig, alle beurlaukbten Soldat-en- hatten sich eingefunden. Wieder dauerte es mir einige Tage, da wurde am frühe sten- Mosrgen General-morsch geschlagen, das 14. Jnfanberieregiment marschirte dem Niirnberger Bahnhotf zu, wurde «verladeen" »und fort gingss nach Westen ern-d über den Rhein, in die baverische Rheinpfalz. Im Lager bei Pirmasenä versammelte sich die ganze Armee, in zwei Korvs getheilt-, unter den Befehlen der Generale v. d. Tann und Hart mann. Die siiddeutschen Truppen bil deten im Verein mit einem preußischen Armes-artig die Z. Armee der Deut schen. Oberbefehlshaber war der Krowvrinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der wegen seiner Zwanle seit und Giite s owohl als wegen seines Zeldhmntalentez welches er bei Kö nstgsgrätz gezeigt hatte, von den- Trup pen fast abgöttsisch verehrt wurde. Bald traf derselbe an der Spitze einer Divi sion im Lager ein-, die übrigens Truppen folgten am nächstens Tage nach-. Es lvnrde sofort einse Avantgarde gebildet, die aus dem zweiten bayevischen Ar meekorps und einer Division Preußen bestand, Imld diese Trwppem die der Kronsprrnz tomsrnansdsjrte und bei dienen auch das 14. Regiment sich befand, mußten voraus Und zuerst die Grenze überschreiben während das Gros der « Armee nachfong Am Morgen des 4. August 1870 kamen die Bayern zuerst an den Feind, welcher die feste Stellung beiWeößenburg besetzt und sich aus dem sogenannten Gaisberg verschanzt hatte. Nachdem die Bayern mehrere Male zu rückgeworsen wurden, griffen auch die Preußen von der östlichen Sei-te her die Verschanszungen der Franzosen -a-n, die selben- wurden aus allen ihren Stellun gen geworfen und es half nichts-, daß sich deren kommandirender General Abel Douay asn die Spitze seiner Truppen stellte, um biesekben nochmals gegen dsie Deuslschen zu siihrem von mehreren Kugeln durchbohrt, strl der selbe in diesem mörderischen Kampfe Man sagt, er hätte sich, weil er die Schlacht verloren, absichtlich dem Ku gelregen ausgesetzt Inzwischen kamen auch vie übrigen deutschen Truppen heran und zwei Ta später traf man dise französische Isidor-me tmtetMarschallMacMahon In sehr fester Stellung bei Wörttx Der Kronpan schritt sogleich zum Angviss Und mich Vier konnten die Frmrzosen dem »Ja-or www-« nicht www Mx nach heißem Kampfe ums-se M sinkt-n Mittag der fremd-fisch Marschall eining Kürasster - Regimens der opsern, welche von den- Deutschen fast gänzlich ausgeriehen wurden, die aber die Verfolgung doch etwas aus Ihielden. Fast in völliger Auslösung Ebewerlsteliigten die Franzosen ihren Rückzug m s Jnnere Frankreichs, ver folgt von den deutschen Ulanen welche Inoch Tausende zu Gefangenen machten. I Der Soldat Schmelßer konnte von IGliick sagen, daß er in den beiden blu tigen Schlachten so mit heilser Haut davonlam; viele von seinen Kameraden mußten in’s Gras beißen oder wurden schrecklich verwundet. Allein ein altes Soldatenspriichlein lautet: wenn jede Kugel treffen würde, dann könnt-e der Teufel Soldat sein. Hanssjörg befand sich wohl, aber er mußdejetzt große Märsche machen, denn die bösen Fran zosen hatden alle Schienenwege ausge rissen, die in das Innere tes Landes führten; die Stiefel die er von zuHau se mitgenommen «·,hatte waren desett und die, welche er vom Depot »saszte«, drückten seine Füße arg, obgleich man ihm die größte Nummer gegeben hatte. Es waren starke Märsche zu mach-en, bis man nsachChalons sur Marne kam, wo man den Feind vermuthete unsd ei ne weitere große Schlacht erwartete Denn hier aus dieser großen Ebene, im Alterthum die ,,Kalaunischen Fel der« genannt«, wo einst im Jahre 451 die große Hunnenschlacht geschlagen wurde, hatte der dritte Napoleon in den 50er Jahren schon 12,()00 Hettare Land antaufens lassen. Es wurden auch weitlsäusige Verschenzungen errichtet und alljährlich hielt der Kaiser hier Heerschau ab über sein »herrliches Kriegsheer«, zu welcher auch fremde Fürstlichteiten eingeladen wurden. All gemein nahmen die deutschen Generäle an, diese fiir sie so günstige Stellung würde von den Franzosen gehalten und aufs äußerste vertheidigt werden· Al lein- dersen Niederlage war größer, als man deutscherseitsvermuthet hatt-ex das ,,herrliche Kriegsheer« befand sich in völliger Auslösung auf der Flucht, das Lag-er war verkasseri und die Befesti gungen demolirt. Auch die Spur des Feindes ging verloren, allein man glaubte ihn in der Richtung auf Paris vermuthen zu dürfen, um unter den Mauern der Hauptstadt die Entschei dungsschlacht zu wagen. Da die 1. und 2· Armee nsoch weit zurück war, so bezog die 3. Armee hier im Lager von Chalons und in den usin kiegenden Stadien unsd Dörsern Staudquartierr. Die Soldaten hatten nun Zeit und Muße, um an’s Schrei ben zu gehen und keiner wollte es aueti1 versäumen, seinen Lieben» sin der Hei math Grüße zu- senden und sie von un serem Besindm zu uneterrichtem Die aber, welche in der kühlen Erde gebet tet lagen-, formten Leider dies nicht thun jun-d auch die vielen Tausende nicht-die in den Spitälem und Lazarethen an ihren Wunden darniederlagew Für diese asber schrieben ihre Kameraden die in treue-e Fürsorge ihr Schmerzens lager umstanden. Auch Schmeltzer dachte an’s Schreiben, er sehte sich hin « ucknd schrieb wie folgt: Liebe Eltern! Gott sei tausendmal Dank gesagt, er hackte nrich in- den zwei Schlachten, welche wir hatten, beschüyt daß ich nicht einmal verwundet wurde, während viele meiner Kameraden todt oder verwundet sind» Bei Weißewburg kamen wir an- den Feind, es waren Zu aven, garstige Kerle mit weiten rothen Hosen usud blauen Zacken, hatten auch große Bärte. Aber wir Bayern fürchk teten uns nicht. Bei Wörth hatten wir sie wieder-, auch kamen- wir da an dir Turko’s, wibsde Afrikanen Sie steckten in den Hopfewgärten drinnen unt fchossen furchtbar heraus. Das war ein Getlapper, ale wir hineinschossen· wegen der vielen Hopfenstawgm Da sie nicht weichen wallten, mußten wir vor und hinein. Wir wurden kom ; Märt, uns auf die Erde zu legen und mit Händen untd Füßen vorwärts zu kriechen. Das war gut, denn sonst shätten uns die ver-H ..... Rotljhosen z alle erschaffen, so aber kamen wir ohn große Verlust-e an sie heran. Als wir die Gärten beinahe erreicht hatten, »fprawgen wir auf und im Nu waren iwir an dem Feind Sie wollten im mer mit den Bajonettens ngach ums stechen, aber die vielen Stangen hinder ion sie am Beiwerk-fechten auch uns; wir waren aber kurz besonnen, drehten unsere Gavehre um ten-d schlwgen mit den Kolben auf idne Köpfe kos. Das fbetfchtri Sie hielten auch nicht lang( Stand und gaben- Fersmgeld, ins-dem sie immer riefen: »O rnm dien-, blu· diable!« Wir sandten ihnen unser( Wln nach und haben noch viete er schaffen. Liebe Elievnt Wir sinsd jetzt tu Schaleng und Wsmudquartiey unser Hauptmann meinte, es kann E bis 14 Tage dauern, bis wettet mar Fj schirt wird, dann ging ei auf Paris zu. Wir können uns jept auch Sackzen ·fchiclen lassen von daheim: Strumpf soclen u. s. w. was wir so brauchen, auch Lebensmitteln, die haltbar sind, wie Schinien u. dergl» und Jhr könnt mir auch was senden-. Wen-n ich nur ein Paar latbledecsne Stiefel hätte, den-n meine Commisz drücken mich schrecklich. Vater soll mit unserm Rach bar, dem SchustersnricheL reden, der soll mir schnell ein Paar machen, und Vater soll sie hereinsenden. Denn der hat mir immer Stiefel gemacht-, wo ich gut drin gegangen bin, und mein Maß hat er auch. Das Porto kostet nichts. Unser Hauptmann sagte: Soldaten, hat er gesagt: Jhr könnt Euch senken lassen was Ihr wollt, auf der Post ist für Euch alles frei. Akso seid so gut, liebe Eltern, und laß mir ein Paar Stiefel machen, gut und nicht so schwer, denn wir müssen weite Märsche machen. Aber das muß schnell gehen bis längstens 8 Tage muß ich sie ha ben, den-n Niemand weiß, wie lang wir in Schalong bleiben. Bat-er Schmeltzer wargerade mit dein Einheimsen von Getteide beschäftigt, als ihm der Postbote den Brief brachte. Das gab eine Freude ,,A.lte!" rief et seiner Frau zu, ,,geh’ nur gleich Verein, zunser Hansiörg hat-« geschrieben, er ist kalso nicht erschossen worden« Die jSchwester desselben lsam auch herbei nnd mußte den Brief vorlesen-. Als Vater Schmeltzer von den- neuen Stre feln Mitte, kratzte er sich hinter den Ob ren usnd meinte: Kalbledernse Stiefel! die werd’n a fchön’s Geld kosten. Die Mir-tret aber dachte anders: »Friedr,'« sagte ste, »wir können doch unsern Hansjörg nit stecken lassen? Und rindslederne tann er auch nit brauche, bei dem vielen Marschiren. Geb’ mir glei nüber zum Nachbarn unsd red’ mit ihm, daß er’s glei’ macht, mögen’s tost’n was woll’n.« Vater Schmeltzer ging also zum Nachbar SchustersmicheL wurde mit ibm einsig und in einigen Tagen waren die Stiefel denn auch fertig. Es wurde ein Packet gemacht, einige Paar Socken und ein ziemlich großes Stück Schin ken dazugethan und der Bauer trug dasselbe auf die Post. Als der alte Posterpeditar,der den geizigen Schmel tzer kannte, das große Packet sah, nabin er eine Prisc, zuckte die Achseln und sagte: »Lieber Schweigen dies Packet ist zu groß und zu schwer, das gebt nicht grakis, aus kann Euch ziemlich Geld iosten.« »Aber«, sagte Jener »mein Hansng bat doch geschrieben an die Soldaten nach Frankreich ist Alles frei.« ———",,,Ja sagte der Expedd tor, »das ist schon s o, aber die Packett dürfen das vorschriftsmäßige Gewicht nicht überschreiten Was sbabt Jhi denn d’r.in?« —- »Ein. Paar Stiefel und ein Stiick Schmien.« —- »Na«» sagte der Beamte, da ist leicht ze hel fen. Da nebmst Jbr halt das Packei wieder mit heim und macht zwei dar aus; das Stück Schinten schneidet Jbi entzwei und packt in jedes einen Stiefel ein; das eine bringst Jhr gleich, das andere schickt Jbr in- ein paar Tagen ab, dann gebt’s.« Der Bauer bedankte sich böslich siii sden guten Rath, nahm sein Packet mit nach Hause und sormte zwei daraus Noch denselben Tag brachte er das ein wieder auf die Post, das andere wollt-( er in zwei Tagen aufgeben· Da e1 aber viel Arbeit mit der Ernte hat-te dauerte es einige Tage länger, bis ei dazu kam. m!tss...--..!I. -...»1.1. L-. ds,fk.. Schmeltzer mit Sehnsucht auf sein talbledernen Stiefel. Es sdauerte auck nicht lange, so tam das Packet richtig , an. Als er es aber geöffnet hatte, be: Tssansd sich blos ein Stiefel darin, nebst Z einem Briefe, isn dem stand, was de1 z alte Postexpediteur gesagt hatte Hans Zjörg wurde sehr ärgerlich, jede Stund Itonnte die Armee alarmirt werden was s ollte er dann mit dem einen Stie sel anfangen? Gott weiß, wann unt ob der zweite Stiefel eintrifft. Untt l richtig, nach drei weiteren Tagen wur de Generalmarsch geschlagen, die Regi menter ammelten sich, die ganze dritt· Armee each aus und marschirte weite1 in’s schöne Frankreich hinein. Di( Spur des Feindes war wieder gesun den, aber es gina nicht in der Richtun; nach Paris zu, sondern nördlich. Di Miirsche wollten kein Ende nehmen endlich am 30. August war man in ei nem Walde in iden Ardennens angetan-g und sah von den bewaldeten- Atchöhee hinab in’s Thal von Beaumont, wo di« Nachtwt der stanszösischm Armee gera de Init Abtochen beschäftigt war. J ihrer Sorgslmgkeit hatten sie gar kenn Borposten ausgestellt Jn aller Still( wurde der Angriss formirh der Feinl war villbtg überrascht, als die bade-si - sche Art-Werte ishr-e Gram-ten inW sei-n s zsstsche Lng wart-w sogar Ue Koch W töpfe zertrümmert wurden. Der Feind war bald geworfen. dessen- Lcrger er oberi und, da mittler-weile eine vierte Armee gebildet wurbe,welche unter dem Oberbefehle des Königs Wilhelm her beikam, so konnte das Kesselireibem welches der Entscheivimgdschlacht vor ausging, beginnen. Die Schlacht bei Seban war geschla gen, der Kaiser Nopoleon mit seiner ganzen Armee gefangen. Ganze beut H fche Regimsenter mußten zusr Bewachunsg Hund Begleitung der gefangen-en Fran Ezosen in den deutschen- Fesiungen ver 7 wendet werben unb- kam-en fo aufeinige ITage in die Heimath Hansjörg, der ? wieder unverwunbet blieb, gehörte nicht Izu Diesen Glücklichem er mußt-e bei-m zgrofzen Haufen bleiben und bald wurde ·ber Votmatfch auf Paris ausgetreten. Es versteht sich von selbst, baß während Eber vielen Hin- und Hermärsche keine , Soldatenpacketebeförbevi werben konn jiem dieselben blieben vielmehr in den kDepots liegen, bis die Truppen wieder HStanidquariiere bezogen hatten. Hans i jörg ärgerie sich, baß er den Stiefel fo Zweit miifchleppen mußte, verpacli im ITornistelz während feine Commißfrie . fel ihm die Füße wund drückten. Seine Kameraden machten sich luiiig über ihn Z und bänselten ihn, wo sie nsur lonniem ( den-n es war schon in der ganzen Com ; pagnie bekannt, daß er in feinem Tor nister einen Stiefel mit berunifchleppie ’Bei jeder Gelegenheit, wenn nsichi in Reihe und Glied m-arf-chirtwurde, rief-en sie inm zu: »Hansjörg, was macht der FStiefete Wo steck wohc des ander-te « Jst er noch nicht angekommen? Den betommft Du nimmer und Du musfzt zden einen- Stiefel noch nach Deutsch zland mit heimtragen« Hansjörg wur å de jedesmal roth vor Zorn. Als sie vor Paris antamem waren taufende Tvon Parteien da, leider aber war der Stiefel nicht dabei.s Das 1«4. bannt fche Jrrfanterieregiment marfchirte an Zdem Ufer der Seine entlang außet1 HSchritt; die Soldaten durften fingen; unsd anderen Ult treiben. Da ging es« wieder über den- armen Schmeltzer ber. «Hansjörg was macht der Stiefel? FSchmelzer war außer sich voe Zorn« riß feinen Tornifter vom Rücken, nahm den Stiefel heraus und sagte: »Ihr werdet’s gleich sehen, was er macht,« und fchwupps flog der Stiefel in wei tem Bogen in die Seine. Ein höllisches Gelächter erfolgte, auch die Offiziere konnten fich des Lächelns nicht erweh » ren; denn als Hansjörg den Stiefel ins Wasser warf, sagte er dazu: »Da, verreck’, du Luder, du f oll mich nimmer ärgern, sund Jbr auch nimmer«, zu fei nen Kameraden gewandt. Einftirnmig fangen diefe jetzt einen bekannten Gas -fenhauer, eine Parodie auf das alte 7 Soldatmslied »Muß ich den fterben«: Stiefel muß sterben, Jst noch so jung- so jun-g. Stiefel muß sterben. Jst noch so jung« Wenn dies der Abfatz wüßt’, Daß Stiefel sterben müßt’, Würd« er sich grämen Bis in den Tod« Es wurde faft Abend, als man im Dorfe Charenton sin der Nähe des Forts aleichen Namens ankam. Die Truppen bezogen tm Dorfe Quartier und Schmelher kam rnit noch fünfzig feiner Kameraden in das obere Stock » wert eines großen Hauses an der Hauptftraße. Iss war fchon Nacht als H Jemand msit sey-weitem vzzrm die Trep Spe cheraufgestarnpft Lam; es war der Soldat, der das Beförsdern der Brief »;und Packete an die Kameraden der « Compognie zj besorgen hatte. Als ihn Hansjörg sah, rieselte es ihm eiskalt » iiber den Rücken hinauf, denn er ging , gleich auf ihn zu und sagte: »Da, « Hansjörg, bring’ ich Dir ein Packet von daheim, steckt gewiß ’tvas Gescheid tes d"rin.« Hansjötg wein-te fast vor Aerger und Zorn; er riß das Packet ’ auf rmtd warf den- Stiefel durch's offe ne Fenster auf die Straße mit den Worten-: »Jetzt sollst du auch zum Teufel gch’n«. Unko wieder stimmten ; seine Kameraden unter großem Ge , löchter das Lied an: »Stief muß stet ; den« Auf einmal sagte ein Soldat: »Horcht, es kommt Jemand die Treppe hinauf.« Die Thür öffnete sich und vor den erschrecktm Soldaten stand — deren gestrenger Herr Hauptmann. Wie Z der Blitz fuhr bei Jedem die rechte . Hand ansdieStirn und Alle standen in Achtung da. Der hauptmann war sehst zornig und begann: »Welche-: Schmi - sel von Euch hat mir denn durch’s Fens ster einen Stiefel an den Kon gewor fen?« Hansjörg trat -vor und sagte: »Hu Beicht Hm Hauptmann ich tm es.« —- «So«, fuhr der hauptmarm fort. »wir-H man denn die Stiefel durch 4die Fenster auf die Straße, wosdie Leute »Oui« —- Der arm-elende Un terossigier mußte dem hauptmann die Sache mit kurzen Worten erkläre-m Der Hauptmann konnte sich kaum des Lachens erwehren und sagte: »Kerl Du hast nicht nur die größten Füße« Du bist auch detDiimmsste in der Com pasgnir. Konntest Du denn nicht war ten und Deiwn Stiefel noch so lange im Tornister behalten, bis wir Stand qwattier hatten? Zwei Tage Mittel artest, weil Du gar sso dusmn bist, Du Schaf, du dummes.« Spvach’s und ging die Treppe wieder hinab. Von diesem Tage an hieß Schmeltzer sbei sei nen Kameraden nicht anders als der-— Stiefel-Hansjörg. —— -. .- .-.-.-.-—....— Aus meiner Heimatljstadt Von F. S ch. . Besondere Gründe veranlaßten mich dieses Mal, die Somnvevserien an der Küste meiner heimathlichen Provinz nzubringen. Mein Weg süshrte mich dicht an der kleinen Stadt vorbei, in der ich geboren wurde und meine Ju gend oerlebt habe, und so beschloß ich, in ihren Mauern ein-en halben Tag Rast zu machen. Als in der Heimathstadt vor über zwanzig Jahren den Rücken kehrte, um sie dauernd zu verlassen, that ich’s mit bitterem Groll im Herzen. und erst in letzter Zeit beaann sich dieses Gefühl zu mildern. Jch war ruhigeren Tem peraments geworden und sah ein, daß die guten Kleinstiidter wohl recht da ran gethan, manchmal über mich die Köpfe zu schütteln-. Trotzdem wollte ich mit Keinem von ihnen etwas zu thun haben, hatte auch Niemand in der ganzen Stadt, den ich hätte besuchen iönnen, Nichts-, was mit gehörte «- als die metergrofze Fläche Erde — des Vaters Grab. Still schauend wollte ich trie eins lang sich hinwindende Straße, welch( beinahe die ganze Stadt aus-machte entlang gehen und draußen vor dein Thore auf dem Kirchhof Rast machen Als nach langer ermüdender Fett-n der Zug hält, die Wagensthiir geöffne wird und der Schafsner mich zum Aus sreigen auffordert, ist mir’s, als er wache ich aus langem Traume. Eir Chaos von Schienen rechts und links ein halbes Dukend dampfender unt pfeifender Lotomotiven, eine Meng Menschen-, die aus- und einstiegen, ei svöllig großstädtisches Getriebe, so wei ich blicke Mit wachsendem Erstauner betrachte ich das schloßartige Bahn bofsgebäude in seinen reinen gothischei Linien untd der Wahrung alstdeutscher Stiels. War ich denn wirklich in meinem asl ten Heimathnestei Jch trete in der Wartesaal. Schwere eichene Tische »hochlehnige Mit-erstüle Holztiifelunk an den Wänden, in« den- Felder-n dir Städtewappen der Provinz — darun ter akie Husrnpen und Ritterschwerier IJch kann mich nicht gleich fassen unt setze mich nachdenklich in einen der Rit ; terstiihlr. « War’·s denn nicht erst gestern, Ida-s f ich, ein Backfisch, mit den Freundinnei sbier auf dem Bahnsteige Arm in Arn spazieren ging? Drei, vier Mädches in einer Reihe tonnsten wir hier mit un beschreiblichem Vergnügen ausf und asl laufen, tichern und scharf trittst-ten wenn ein Fahrgast ein- oder ausstieg Da ich den Blick über das Neue schwei fen lasse, steht das Alte in greifbare Deutlichkeit vor mir. Der große ge Hin-Hi- Mnfbfnnc sen-Hu- nnh Mike Klasse-. mit dem Kaiserbilde usnld de Uthr darunter über dem schmalen Büf fettisch, aus dem, so lange mein Ge dächiniß reicht, drei große Glasgloclei eine stets gleiche Anzahl belegter But terbrode bedecktm Dünngeschnittener großlöchersiger Schweizetläse rechts fünf Wurstbrote links, und dazwischen unter dem dritten Glashause, ein paa Packetc Thomer Pfefsettuchen. Da hinter saß jahrein- und -aus Frai Nothe mit zwei vabenschwarzei Schmachthcken zu jeder Seite ihres blassen Gesichtes, das nur dann voi einem freundlichen Lächeln bewegt wur de, wenn des-r Bestand ihrer Butterbro de sich veränderte, was nur selten ge schab. Und doch waren gerade diese sc aft das Ziel meiner Wünsche gewesen Gethich ging der Besitz eines fol chen über mäneVermögenåverhältmisse unld weil es auch ein schlechtes Licht au unsere häusliche Verpflogung geworfei hätte that ich mich mit den Freundin nen zusammen, um für dreißig Pfen niae ein Pärlchen »Kail)arinchen« zi erstehen, die wir, in der äußersten Ecl des Wartesaales uns auf einem Rohr fopha lümmelnd, mit einander theilten Unld waren wir damit fertig, schieltei wir sehnsüchtig nach mehr —— odes durch die Thürspalte in das Neben-W« --————.—M-— . — .«-.--.-—— mer, über welchem mit großer Sch geschrieben stand: »Nur siir reisen Publikum l. Klasse«. Jmmer hafs wir aus das Ereigniß, es wlirde dort Jemand hinein-geben erben-s geschah nicht. Einmal freilich wäre es beinahe dazu gekommen. Wegen eines Aussen-F bruches mußte der Petersburger Zug unserer Station längeren Aufenthalt nehmen-. Die Reisenden verließen den sit-g, und eine entziickende junge Dame mit unglaublich kleinen Füßen und . , goldblonden Haaren ging auf das f Waretzimmer 1· Klasse zu. Als sie i den reizenden Kopf zur Thiir hineinge steckt hatte, wandte sie sich zu ihrem Begleiter zurück und sagte mit klang heller Stimme: ,,Set3en wir uns lie ber Zweiter — da wird grad’ Wäsche getrocknet.« Jch sehe noch Frau Nothe’s blasses Gesicht dunkel weiden, und dann geht ein Tuscheln durch den Saal —- Einser ahnt es —- und dann wissen es Alle s ganz bestimmt. Die entzückende Dame im blauen Sammetmantel ist die kleine Raube —- die berühmte Hedwig Raube. « Alle starrten sie ans, und als wir end- I lich nach Hause gingen. hatt-en wir das i Gefühl, etwas Großes erlebt zu ha bm — . ( Ich attkime tief auf und bin wieder in der Gegenwart Noch einen Blif werfe ich aus die fremde Umgebung un « dann kehre ich dem Bahnhossgebäude j den Riirlen i l Draußen asus dem großen Platz ist mir noch Alles vertraut, was ich sehe. Da stehen die drei Hoteltvagen, deren sich die klein-e Stadt rühmen kann, ein wenig ausgeputzt zwar, aber doch die selben. ,,Hotel Stadt Leipzig« steht aus dem einen, »Deutsches Haus«-aus dem an dern, und auf dem besten prangt in dieler Goldschrist ,,Hotel zum König von Preußen«, dne Krone darüber. Alle drei Kutscher dieser Gesährie j sehen in mir sofort die Fremde, stürzen - ans mich zu und bieten mir ihre Fecht ’ gelegenheit an. »Habe man blos einen Weinreisen den geladen«, sagt der von der ,,S«tadi Leipzig« —--— ,,fahren Se man mit, Ma i damchen-«. Jeh dansle ihtn,auch dem vom »Dritt .' schen Hause«, obgleich dieser mit den besonderm Genuß in Aussicht stellte, mich als einzigen Fahrgast mitnehmen , zu wollen-. Jch wollte gehen. Langsam nach beiden Seiten blick ; end, schritt ich iiber den saubern Kies tveg Der Langgasse, und bemerkte mit Z steigendem Interesse die Sauberleit der Straße, die villenartigen neuen Häuser z mit blühenden Vorgärten, von denen : sie eingefaßt ist, freue mich iiber jedes - alte Haus, das sich zwischen- ihnen noch herumstean Der Gastwirth vom »Weis9en L«amm«, welcher in- der Haus thiir steht, ist grau geworden, und die Hände fallet er iiber einem Spitzbäuckk - · lein, das er früher nicht hat-te. An den » , kleinen Fenster-scheiden seiner altmodis , ; schen ,,dee« steht ,,E-rste Berliner - I Stehbierthalle« —-- und ich glaube, der t i .Alte ist sehr stolz aus diese Gründung. t k. k einen Augenblick stehen. »Hle- nnd Ein paar Häuser weiter bleibe ich kj Getreidehandlung von Rudolf Stolp « l Wittwe« steht ans einem weithin leuch - s tenden Schild. -- --··-.«« - -. - .Ne«— . ) Alls Uklll lllklkcll quchclslslzos Ilcqcll , F hochbeladene Bretterwagen, aufgesta ! ; pelte Säcke Und mächtige Holzstöszr. - E Speichckthiikeu tasskn ren- veichm Jn - E hatt ihm Gebäude sehe-« und zwischen - Z Fuhrleuten, Anechten und Bauern sehe : ich ein-e breit-e, vierschrötige Fraus nitit k i wetterharten Zügen und schweren Trit -l ten. Konnte diese das einstige zart-e - ; Hannchen Neumann sein? «Untvillkür p· lich sehe-ich forschend an mir herab — - . ob auch ich so ganz verandert bin? Nachdentltch weite-r gehend, tonnne ich am ,,Deutschrni Hause« varbeti. Das Hatalschilsd hängt noch grad so schi - Jahren nimmt der Hausknecht uni i Kutscher die Reinigung des Wagens i ungenirt crits der Straße vor. Kut t scherroct und Mütze hat er abgelegt, i und wie er pseisentv einmal aufsteht, : kommt mir der Mann so merkwürdig - bekannt vor, daß ich einen Augenblick : zogere. ) »Sehn Se, Madamche«, sagt er, ! »Mit-en- Se nsu nett niiich gefahren, wä - ren Se nu all da.« , »Ich wallte aber lieber gehen Chri fj stisan«, antwortete ich lächelnd. c k Der Man-n- horcht aus. »Wenn mir - z denn· Madanirhe?« fragte er grinsend -k « Ein wenig rot-h werdend, reiche ich k ihm ein Fünszigpsenmägstiick und soge e »Ich dachte mir, Sie müßten Christian - heißen«. . i »Jf, ja,« schallt es hinter mir her k und »Don-l noch, Redeweise« ,- Jch ten-ne ihn ganz genau. Als ich st noch simg war, sehr jung, war Chri es wie damals —- nnd wie vor zwanzM ! i I (