J - Weite Blätter. rbst! Ein Zauberstab schien das sommerq J grüne Laub berührt zu haben, daß es ? leuchtete gleich Korallen und Bern «T stein. Silberne Fäden spann-en sich von Zweig zu Zweig und die Sonne umglänzte Alles mit so heiterenl Strahlen, als sollte sie erwecken, ver jüngen und nicht dem Tode Geweihtes zum Abschied küssen — — 4 « räulein Wand-a VonCarnsap fchrittl « au geregt unter den großenKastanien-! bäumen ihres Garten-s aus unsd nie-l zu ihren Füßen, — still schwebten die herbstlichen Blätter neben ihr zu Bo ImnSie hielt einen Brief, den sie am Morgen empfangen hatte und nun bes veits zum drittenmal-e las — »Mein hochverehrtes, gnädiges Frau-l lein! Vermuthlich haben Sie es nicht er-. wart-et diese Jhkmk einst sehr wohn-c kaneite Handschrift noch einmal in die sem Leben zu erblicken. Gehört sie doch einem für Sie längst Verscholle nen an. Ob auch einem von Ihnen Vergessng Mein Herz sagt »nein«. -—— mein Verstand, den ich als meinen allerbesten Freund schätzen gelernt ha be, dagegen ,,ja«! Diese Fehde zwi schen einem jung gebliebenen Herzen . und einem bedächtisg erwägenden Ver stand zu schlichten, haben teun von al len Menschen auf Erden nur Sie, mein hochberehrtes Fräulein, Macht und Kraft. Und deshalb appellire ich an ein-e jener Eigenschaften die ich einstmals an- Jhnen so hochschätzte — an ihre Ehrlichkeit-. Hat mein Ver stand das Richtige getroffen, fo wei sen sie den alten heimgekehtten Glo bustrotter einfach von Jhrer Thür — behält mein Herz recht — —- Ach Wandu, warum soll ich es Ihnen ver schweigen, sdies Herz hat ja das An denken an Sie als sein Bestes gehegt all die Jahre! Meine erste Handlung, ais ich die Heimath betrat, war — nach Ihnen zu forschen. Jch mußte erfahren, daß Sie einsam geblieben seien, daß jene Jhre überstürzte Ver lobung nicht zu einem unlösliche-n Bünndnisz geführt habe. Wart-du« ein halbes Menschenleben hin-durch habe ich es versucht, in der neuen Welt die alte zu vergessen — mit Allem, was darauf war —- — Ob es mir gelun « gen? Durch mein-e Träume, wenn ·. diese schön sind, huscht noch heute das , süße Trotzlöpfchem mit den großem . bachendenSonnenscheinaugem das mir einst mein Glück in Scherben vor die Füße geworfen hat, — ich höre das Rauschen frühlingsgrüner Kastaniem an denen sdie Blüthensackeln angezün det sind — — Knapp und klar, mein verehrtes Fräulein, ich alter Thor lie be Sie noch immer, und habe die Ab sicht, Ihnen heute Vormittag meine unterthiinigste Aufwartung zu ma chen, um Sie zu fragen —- zu fragen —- Doch das geht besser mündlich. k- »Es-»s- « -« - .z...;»,-z-3z. FU Einzig der Jhre Otsried Gerlach.« Dieser Brief tnisterte gleich gewen ten Blättern zwischen den zitternden Händen des Fräulein Man-da v. Car nap. Eine Falte des Unmuthes ver iieste sich zwischen ihre-n Brauen. Also als süßes Trockköpfchen stellte der heimgekehrte Freirnd sich die einst Geliebte immer noch vor? Die wilden goldenen Locken waren in bedenklich nachgedwnkeltem Zustan de längst zahm und glatt in Zöpfe ge slochten worden, der Sonnenschein hatte sich aus den etwas verblaßt-en Blauaugen versliichtet Und was das Huschen anberraf — du lieber Gott! —- es würde der bebabig gerundeten Gestalt des Fräuleins wohl ziemlich schwer gJalleti sein! Sie mußte sich eben damit begnügen-, durch schmeich lerische Träume zu huscheni — Daß er es noch so genau wußte, Otsried, wie über jener Abschiedsscene die Kastanien gebläht hatten! Fräulein v. Carnap blieb sinnen-d stehen. Die Vergangenheit umrauschte sie und neben- ihr fiel Blatt aus Blatt, leis, unaufhaltsam, wie von Geistern zu Grabe getragen —- —— — Dise aller-allererste Erinnerung des smh verwaisten Kindes, ldas Er wachen seines Verstandes zum Be wußtsein des Leben-ö, des Daseins, » Initpfte sich an den Knaben Otfried. Ein Wildsmsg von Gottes Gnaden, war die klein-e Wanda eines schönen W von einem Steg in den Bach der die nahen Wiesen ihres Our-d Erziehets dtnchvaufchte Schon tauchte daigo tdhtmige Köpf Hm unt-, da sithkte dtecletne sich ich- Mdktch tm W Hast-schont - M, spdm enden Schultern ge W packt. Ebenso under-machen wie ste im Feuchten gelegen, lag sie plstlich wie der aus dem Trocknen Zornige, dunkle Augen starr-ten sie an, ein paar kräf tige Schimpsworte flogen in ihre Oh ren-und ihr sonderbarer Retter war verschwunden Ein Wiedersehen hatte erst zwei Sommer später stattgefun den, und zwar imWipsel eines Kirsch baums, der vom Nachbargrundstiick herüberragte, um mit seinen rothen Früchten aus der kleinen Wanda eine Eva zu machen. ,,Kirschenspa·t3!« hatte ihr eine grollende Knabenstimme zuge rufen, dieselbe, die sie damals nach der Rettung aus Wassernöthen gescholren hatte. Zornig war die Kleine zwischen den Aesten niedergeglitten, aber leider an der falschen Seite —- sie befand sich im Bereich ihres seindlichen Freundes Als sie den Jrrthum bemerkte, streckte sie zunächst ihrrothesZiingselchen mög lichst zwischen den Lippen hervor, so dann sing sie an, hitterlich zu weinen. Diesem Naturereigniß gegenüber der wandelde sich der jugendliche Grobian in einen aufmerksam-en Ritter. Er tröstete die wildhaarige Kleine, hing ihr Kirschenzwillinge über die Ohren, ashmte, um sie zu erheitern, Vogelstim men nach, machte sich Zu ihrem Pferde, bis sie schließlich hell ausjauchzte vor Verwng Ton und Stimmung dieser Weg-eg nungen wurden charakteristisch fiir die ganze Kinderzeit der Beiden. Sie stritten sich und bekämpften sich voll bitteren Trotzes wo sie einander tra fen. Aber jedem Zank folgte eine Ver söhnung. die immer süßer wurde. je reisender War-da sich entfaitete, je be deutsender Otsrieds Verstand sich ent wickelte. Die Studienzeit des jun-gen Menschen hat nichts an dem seltsamen Liebesirotze, den« er gegen seine einsiige Spielgesährtin und sie gegen ihn hegte, zu ändern vermocht. Und ein-es Tages war dem langen Krieg ein Waffenstillftawd gefolgt. Es schien, das blühende junge Paar wür de sich fürs Leben finden. Bald dar auf habilitirte sich Otfried als Privat dozent an der Universität der Lan-res hauptstath Er gedachte, Wanda its-· sein Weib zu sich zu holen. Aber an dem Tage, da er um das geliebte Mäd chen anzuhalten beabsichtigte. fand er »Trotzköpfchen« besonders ungnädig ausgelegt. Irgend eine Kleinigkeit hatt-e ihren Starrsinn geweckt. Voll Spott und Hohn wies sie den Antrag zurück, den sie doch längst erwartet und ersehnt hatte, und den sie keineswegs abzulehnen gesonnen war. Aber mit furchtbarem Ernst hatte sich Otfried zum Gehen gewendet. Gleich einem Schwur rief er es Wanda zu: ,,Niemals siehst Du mich wieder!« Die Locken schütteln-d und einen über müthigen Knicls machend, neckte sie: »Dann habe ich ja Freiheit, mich zu verloben, mit wem ich willk« Otfrieds Zähne tnirschiem »Keinien andern als mich wirft Du je im Leben heira then!« Und er ging, ohne ihr ein Wort, ei nen Blick des Abschieds zu gönnen Vergseblich erwartete Wanda in den nächsten Wochen ein Zeichen des Ge denbens von dem geliebten Verhaßten. Maßlos bäumte sich ihrTrotz auf. Sie stürzte sich inVergnügungm aller Art, tollte, lachte und bezauberte alle Welt. Zwei Monate später war sie die Braut eines Rittrneisters und—sanibte Otfrieb die Art-zeige dieser Verlobung zu. Er stattete äußerst förmlich fei nen schriftlichen Glücktvunsch ab. Ein Vierteljahr später schloß er sich ei ner Expedition in den dunklen Erd theil an. —— — Wie deutlich sichWanda noch an den versunkenen Frühling ihres Lebens erinnerte! An jene Abschiedsscsne un ter den blühenden Kastanien! Ein Re gen weißer und rosiger Blüthen war über sie niedergesunien und hatte ihre glühenden Wangen gestreift. Sie schrak zusammen. Kühl unb weich fiel es ja auch heute um sie her und küß-te ihr brennendes Gesicht· Welle Blätter! Welte Blätter! Sie stieß mit dem Fuß in das dürre Laub hin-ein« daß es hoch aufsirudelbe, dann blickte sie wach dem Ende des Ganges hin, dorthin, wo einst ihr Glück für immer verschwunden war. Aber toat da nicht eine hohe Gestalt in den Glanz hinein, der unter den somienbeglänztem goldig und weht-e leuchtetens Bäumen wogte? Einen hetzschlag lang Wie es der Einsam, ihre Jugend sei wirklich zurückgebehtt und die lange Trennung mer ein Traum wesen. ; Da bemerkte sädaß der Nähertonkt irrende sinkt-e md zögerte Alles Blut schoß ihr zum setzen. Ein martert-der Verdacht ern-achte in Pin- roaummsccuektei wies-f scheu unt wusch-W hatte sich W der Anwesende die lang Etsch-te vor gestellt, und nun, nun erschrak er an ihn! Es konnte nicht anders sein! : Schnell gefaßt und von dem nie in ihr ersiotbenen Troß ihrer Natur ge leitet, streckte Wand-a beide hönde aus, ließ den Brief zu den welken Blättern niederflattern und ging dem Heimge lehrten entgegen. Dabei lachte sie, lachte, daß ihr Thränen kamen. »So sehen wir bei den Alten uns wieder! Sie tragen eine blaue Brille und einen- großmäch tigen Bart. dafür aber hat sich ver muthlich Jht Haupthaar empfoh len — —« Als er mit einer gewissen Feierlich teit der Bewegung den Hut vor ihr liiftete, konnte Wanst-a sehen, daß dem nicht so war, daß sein Haar dunkel und dicht stand. Beschämt verstummte sie. Er nahm seine Brille ab, und sie schaute in seine guten, treuen Augen, in sein Gesicht, das wohl männlich, aber nicht alt geworden war. Gereizt und geärgert, daß sie nicht Recht behalten hatte, fuhr sie fort: »Aber so sehen Sie mich doch nur an, Otfried, was ich fiir eine behäbige alte Jungfer geworden bin. Alles Gold ist sort von meinem »Troßti5pfchen—« »Wie es scheinst, auch aus Jhrem Herzen,« sagte er vorwurfsvoll. Er blickte sie finster an. »So habe ich mir das Wiedersehen nicht vorgest-el1t. Sie lachte von Neuem, aber nur, weil sie nicht weinen, ihre Schwäche nicht zeigen mochte. «,,Ah —- Sie glauben wohl, ich alter Troston würd-e in Jhre Arme flie gen, Worte istammelndie meinen Jah ren nicht geziemen, kurz herauss, eine lächerlich sentimentale Szene auffüh ren ——« - . « .- - .«- .- --.. Ul· lllllckokllccs slc Delllclyc hellng »Die Jugend haben Sie vielleicht ab gelegt, Wanda, Ihren Hohn, Jhren verwundenden Trotz nicht.« Sein dunkles Gesicht röthete sich bis in die ernste Stirn hinaus. Mit star kem Griff erfaßte er beide Hände der vor ihm Stehenden und dann sprach er zu ihr mit einer Stimme, vor der sie erschrak, so tief und bebend war sie: »Wanda, in den langen Jahren der Einsamkeit ist mir«’s deutlich gewor den, woran einst unser Glück scheiterte, s—— an meiner Schwäche Jhnen gegen über-! Aber weiß Gott, nicht noch ein mal sollen Sie mich kraftlos sehen! Unter Jhrem Lachen verstecken Sie ja nichts als Thränenl Jshr Herz, in dem ich ja doch festgewachsen bin, wol len Sie vor mir verbergen, weil Sie in thörichter Eitelkeit glauben, ich könnte Sie nicht mehr so hübsch fin den, wie damals in blühender Jugend Wären Sie etwa als mein Weib nicht auch gealtert? Und hätte ich Sie des wegen minder geehrt? Wanda, mit der ganzen Kraft meiner Seele hab’ ich Jhre Seele geliebt, endlose Jahre hindurch, -—— und solche Liebe, meinen Sie, könne scheitern an der Klippe elend-er Aeußerlichleit?« Sie senkte den Blick und löste ihre Hände aus den sein-en. Dann tastete sie nach den welken Blättern, die ihr im Haar hingen. »Die passen sür mich,« stammelte sie, ,,nicht der Brautlranz, den Sie über meine Stirn legen wollen.« »Und legen werde!« beharrte er. »Ich zwinge Sie jetzt zu einem späten Glück, wie ich Sie damals zu einem frühen, jauchzenden, göttergleichen hätte zwingen müssen. Der Trotz er soll endlich weichen. Jch will es! Hörst Du, ich will es!« Seine Stimme schmolz unter den besehleiwen Worten. Sie stand regungslos. Sie kämpf te. kämpfte Und dann breitete sie beide Arme aus. »Otfried,« rief sie, »Deine Jugend hab’ ich Dir vergiftet,mich selber elend maßlos elend gemacht. Nichts als eine Mauer wollt’ ich ja ausrichten zwi schen uns durch jene thörichte Verlo bung, die Dich über’s Meer trieb. Kannst Du mir verzeiheni« Und sie weinte an seinem Versen-. Er küßte ihr die Thränen fort und lächelte sie an »Meine Verzeihung wende ich Dir einst aus meinem Ster bebette geben, wenn Du mir das Le ben süß gemacht haben wirst —« »Du sollst aber nicht vor mir ster ben!« musrmelie sie. Er verschloß ihr den Mund. »Trohlopf!« waran er —- — — Jn glückseligem Schweigen schmieg te sie sich an ihm der groß, gut und mild zu ihr nieder-blickte Geistethast leise fiel das Purpur lausb um sie her. M hoch und kro nenstolz standen die Baume. denen ei detderlsstenifilhrtr. — Msosiandentüdiezmivlenschm» Mist-m MM Hof-subb WMternicht cM diewecl von ihrem Lebensbaum gefallen wa ren. .- .--.- .. .sp.—...— .....· Das Recht des Henker5. Ein mittelallerlicheg Sittendild von Win. Schriefer. Wohl lag das Häuschen des Waf Ifenschmieds Ebert, eines ehrsamen Wittwers, in dem engsten, düstersten Viertel der Stadt, und dieStuben des - selben waren niedrig unsd finster, aber Iwer da von derGafse aus in die Werk Tstatt hinein-trat und traf neben dem iMeisters dessen siebzehnjähriges Töch sterchen Linchen und blickte ihr in das süße Mariengesicht, dem war es, als fülle eitelHiMMeISglanz und Freuden licht den rußgeschwärzten Raum. Das wußten alle Bürgersiihne im Umkreis und wären gernegelomnien,sich in dem goldigen Geleuchte zu sonnen und mit einander zu wetteifern, die schöneLicht spenderin heimzuführen in ihre Be hausungen, die ähnlichenstders ent behrten, aber sie wagtens es nicht vor den stolzen Rittern, die täglich bei Ebert verkehan unter dem Vorwande, ihre Waffen bedürften der Ausbesse rung, in Wahrheit jedoch, die Schöne zu berücken. Da waren gar freche Jungherren darunter, im Waffen-har nisch aus Ringen, die zahlten desMei stets Leistungen mit zehnfachem Werth und wähnten, wenn sie die vollen Beu tel schütteln-d schwangen und auf den Zahltisch hin-schmissen, das Recht zu haben, das herzige Mädchen in die ro sigen Wangen zu lJieifen oder ihm gar ein Küßchen zu rauben, in der Hoff nung auf einstige reichere Beute; da waren wieder andereRitter, üppig und fein, in schellenbehcmgenen Wämsern aus Sammt, mit Aermeln daran, so weit, daß sie bis auf die Erde streiften, »die Füße in langen Schnabelfchuhen, diese Meister der Minne suchten durch auserlesene Worte, süßer denn.Honig meth, zu gleichem Endziel zu kommen, aber was sie bewirkten mit all ihrem Streben, war einzig allein, daß Lin chen gar eitel wurde, bis ihr gar bald der reichste und vornehmste Jüngling zlll Llcocsckwlockullg zu gering Wäc Tsieses jähe Auswuchern von Hof fahrt in der Seele des Mädchens mach te Niemand größere Sorge als Wal ter, dem ersten Gesellen des Schmieds, einem sauberen Burschen, der vor ei nem Jahr, aus weiter Ferne gekom men, bei Meister Eber-i in Dienst ge treten. Wenn er am Feierabend, vorn Ruf-e der Arbeit gereinigt, einherginsg so frisch und so munter, mit den lan gen, lichten Locken, und den treuherzig blickenden Blauaugen, würde jedes »Mädchen, das noch keinen Liebhaber Ehatth sich glücklich geschätzt haben, von ihm umworben zu werden; aber die Eine, um die er allein in der Stille warb, aus tiefstem, treuestern Empfin den, war Schön - Linchen, und diese gerade blickte stolz aus ihn herab. Er bemerkte es in bitterem Harme, doch änderte das seine Liebe nicht. und er verzieh der Bethürten den Hochmuth an dern sie ja schuldlos war, der nur von ihrer Umgebung künstlich hervor geufen worden. Vergebens machte er Linchen aufmerksam, wie wenig ihr Stolz zu ihrem einfachen Stande pas se und daß dieses Mißverhältniß eine große Gefahr mit sich bringe. Das nichts Böses ahnende Kind verstand seine zartsinnige Warnungen nicht. Eines Tages beobachtete er mit wachsender Besorgniß, daß Linchen ei nem ganz fremden Ritter, der im Ge folge des Königs von Portugal in die Stadt getomrnen war, untd der alltäg lich kostbare Waffen bei Meister Eber hart bestellte, jenes Gehör zu leihen be gann, um das alle einheimische Ritter schaft vergebens gebuhlt. Traurig trat er deshalb zu dernMädchen und sprach: »Warum beachtest Du, süßes Linchen, jenes Mannes Werden, der es unmög lich ehrbar mit Dir meint, während Du mir, dessen Redlichkeit zu prüfen Du stündlich Gelegenheit haft, nicht Ifdas leiseste Vertrauen schenkst?« Hochaufgerichtet und mit heißer, Nin abwesenden Portugiesen zusteh mender Empfindung entgegnete Lin chen: »Wie soll sich den Grad Deiner PLiebe erkennen, Walten da es Dir kein Opfer ist, um die Meisterstochter zu freien? Jener Fremde aber wirft Ho M und Ehrgeiz hinweg, damit meine nst ihn beglücke, und für solchen Liebesbeweis sollte ich ihn- nsicht über aus fchäheni Ja, zum ersten Mal lie be ich iquf glühender Sake, ich liebe Fähn- der mich gelehrt. was wahre Liebe s »Ach. daß its-Dich nicht besser bekeh ren kannt« rief Walten nnd das M toampfte sein Vers zufammen. Wisse denn, Thövirr. daß ich bereit sein mäss dethch in meines-me zu ziehen- wenn W I Du m tew macht-me Wesen auf Erden wärest, las meirk Liebe ist so gewaltig, daß ich um Dich freite, hätte ;sich der Tod Dich schon zmn Tanze be Jstimmt!« - Linchen wandte sich schaudern-d ab, lder Gegensatz ihrer blühenden Jugend: szu solchen Worten war ein« zu großer, sie erschienen ihr als ganz abscheulich Wenige Tage später liindigte Walter seine Stelle und wanderte aus der Stadt. 2. Monate sind vergangen. Der Kö nig von Portugal mit all’ seinem Ge folge ist wieder heim in sein Lan-d ge zogen, und seit dem Tage, an dem dies geschah, ist das strahlend- Licht erro schen, daß in der Werkstatt des Mei sters Ebert so Viele Bewunderer gezo gen. Unheimliche Blässe hat die Rö the auf Linchens Wangen verdrängt, und wenn es manchmal scheint, als lehre die frühere Rosenherrschast zu rück, so sind es heimliche Thränen, die solche Röthe gemalt. Keines Ritters «Scherz vermag es mehr, dem bleichen Mund ein Lächeln abzugewinnen, und nicht lange dauert es, da ist die Arme »iiberhaupt nicht mehr zu bewegen, des 4Vaters Gewölbe zu betreten. Welt .feindlich verbirgt sie sich im ihre Stube und geht auch nie aus, selbst anSonip Etagen, wo alle Bürgersmädchen zur zMesse gehen, schließt sie sich diesen nicht san. Dieses Gebaren fällt auf und Flenlt die allgemeine Aufmerksamkeit Jaus die Verborgene. Nichts aber ist gschärfer, als die Blicke der Frauen für «ihesgleichen, nur die Spitze ihrer Zun sgen geht noch darüber. So kommt es, jdasz wach wenigen Wochen ein seltsa mes Zischelw die Stadt durchsährt, von einem Ende zum anderen, unsd es 1zwiihrt vom Morgen bis in die Nacht kund kehrt wieder am anderen Tage und verliert sich nimmer und nimmer. IJmmer lauter tönt es und hat einen garstigen Klang, als käme es aus zlauter Herzen voll Kälte und grausa Imer Schadenfreude. Schon weiß die Iganze Stadt, was es bedeutet, nur zMeister Ebert nicht und seine Gehil Hsen, die selten die Wertstadt verlassen. Mä- -Z--; M«-h sc- »st« c««-» .«. ....,,.g. «...,,.-, « We .»»......, die in des Meisters Hauswesen die ZStelle der lHausfrau vertritt, die hört zes aber zuletzt an des Nacher Brun Enen. Empört iiber die stunde, ohne ssie glauben zu können und ohne sie ib Zrem Dienstherrn zu verrathen, eilt sie jhinauf in die Kemenate zu Linchen Fund indem sie das Mädchen von Kovs ;zu Füßen in’s Auge faßt, erlennt sie, twag sie bisher nicht beobachtet, unsd inichts als der Ausrust »Mein Gott, Eso ist es denn wahrl« entsährt ihr voll jBestiirzung Aber Linchen, dieSchan ; de und den strengen Vater siirchtend, Ziügh sie lügt zum ersten Mal in ihrem ;Leben. »Es- ist nicht wahr! Jch weiß» Enichh was Du willst! Wie kannst Du jso niedrig von mir denken! Wenn ich idem Vater sage, wie abscheulich Du ibist, jagt er Dich aus dem Hausei« i Da schwieg die alte Hanne ver schüchiert und verbarg, was sie wußte, in sich. B. - Eine Wegestunde außerhalb der sStadtrnauer in den Donau - Auen ist Feine Stelle, wo einFluszarm einen tlei lnen See bildet. Trauerweiden umge ben ihn und strecken ihre Aesie mit den niederhängenden Zweigen weit iiber den regungslosen Wasserspiegel hin ein. Es giebt keinen einsameren, weltverlorenen Ort, als dies einer ist. Monate lang wird er von keinesMens schen Fuß berührt. Selbst das Ge wild und die Vögel der Landschast scheinen ihn zu meiden· Hier hat die Schwermuth ihr Bett aufgeschlagen Nur heute —- esist ein- trüberHerbst abend — stört ein außergewöhnlicher Ton diese Einsamkeit Nur Munde-n lang währte er und klang, als wäre etwas in den See gefallen, der auch an einer Stelle, nicht weit ab vom Ufer, immer größer werdende Ringe zieht, und wenn wir die Böschung oberhalb eineFrauengestalt, die aus demStrunk eines vorn Sturm niedergerissenen Baumes ruht, mit weit zurückgeboge nein Leib, die Arme vorgestreckt untd bavegungslos, die Augen weit ausge rissen und starr nach der Stelle der Kreise gerichtet, erfüllt von einem so suchtbaren Grauen. als sähen- sie dort ein Gespenst sich langsam aus derTiese erheben. Einige Minuten währt die Regungslosigleit der Entgeisieten und schon lange sind die Ringe da unten verschwunden endlich sinkt das Mäd chen vorwärts aus ihre Kniee nieder. Die weißen hände faltend und zum Himmel bebend, betet sie: »Vert, da droben, vergielk mir-, was ich that, Du weißt es, ich konnte nicht anders. Wie bitt-te ich die Verachtung und den Hohn aller Leute, wie die surchtbareSchmach zu ertragen vermocht-i Wahr-sinnig M btitte die Schattensqu der Alter-ge nossmnens mich gemacht. Niemals böt te ich es mehr gewagt, dem Vater un ter die Augen zu kommen, der so hoch geachtet dasteht und durch mich so ewi ehrt geworden. Durch mich! Und ich habe doch nichts Böses verbrochen-, nur Liebe gespendet sijr Liebe. Du großer Erbarmen nicht wahr, Du vergiebst mir? Jch habe an Deinen Himmel ge glaubt, soll ich mir dasiir das Leben zur Hölle werden lassen?« Lan-ge betet sie so vor sich hin, bis ein neues Geräusch sie erschreckt. Ha stig erhebt sie sich. Ein vom Alter ge krümmt-es Weib, eine Reisigtvelle aus dem Rücken, husmpelt an ibr vorbei und grinst sie an, öffnet weit den zehn-tosen Mumd und grüßt: »Guten Abentd, Jungfer Linchen, gutenAbenid, wie, so spät in der Au, so allein? Ei, ei, so allein . . . .« 4. Die alte Reisigausleserin ist voraus nach dem Stadtthor gewackelt und hat dort der Wache erzählt, daß sie sehr wohl gesehen, was Lsinchen isn das Wasser geworfen Nun liegt des Massenschmieds Töchterlein in der häßlichen Tiefe des Thortbnrmes und bat voll schrecklicher Reue dem Richter Alles bekannt. Jn größter Bestät zunq ist Meister Eber-i zu ilyr geeilt und lniesiillig hat sie ihn um Ver zeihung gebeten, aber der Mann, der gar viel bielt auf seinen guten Namen und die Tugend seines Kindes, hats furchtbar gegen sie getobt und nim mer, nimmer verhallt aus dem Gehör des Mädchens sein letzter, gräßlicher Fluch. mne Woche tbater brach der Richter den Stab über Linchen; sie wurde ver urtheilt zum Tode durch das Schwert. Weit hinaus in das Land eilt diese traurige Kunde. Wo bleiben jetzt die Ritter, die einst um Linchenz Liebe gebuhtt, wo die Bürgergsöhne, die nach ihrem Besitze geschmachtet? Jst denn Niemand, der ihr Hilfe bringt? Niemand? Ein neues. böses Ereigniß beschäf tigt die Aufmerksamteit des Volkes. Des Scharfrichters erstearecht ist ini Streit um ein-e Dirne von fremden Soldaten erschlagen worden; der Freimann bedarf eines Ersatzeg des selben. Da tritt ein Bursche bei dein Hen ter ein und in· seinem fahlen Gesicht brennen versengend die blau-en Augen. »Nimm mich zu deinem Knecht, Mei ster Hans!« spricht er und streckt dem Freimanne die Hand entgegen-« Die ser zögert, einzuschlagen »Wer bist du?« fragte er. »Was hast du Uebles gethan, daß du teine Ehre mehr schätzt? Denn du weißt wohl, daß mit dem Augenblick, da ich deine Rechte ergreife« du wie die Pest von allen ehrlichen Menschen gemieden wirst? Nur Verbrechen um sich der Justiz zu entziehen, wählen den Hen terberus!« »Ich heiße Walter Vogt«, entgeg nete der Jüngling, »und bin ehrlicher Waffenschmied. Jch habe nichts Ar ges vollbracht, um demKreis der Ehr baren zu entfliehen, aber dieweil sie meinen Schatz ehrlos machten, mag ich nicht besser als er sein. Schlag ein, Meister, unsd schone meiner nicht!« 5. Das Armesiinderglöctlein läutet. Durch engeGassen,durch dichtes Men schengedränge windet sich der Zug dem Markte zu. An der Spitze reitet der Richter in rothein Scharlachgewand. Jhm folgen zu Fuß in schwarzseides nen Kleidern die zwanzig Rathsmäns ner der Stadt, jeder über der Brust ein goldene-«- Ehrentet-tlei-n. Hieraus, begleitet von betenden Mönchem ge führt von dem Bitttel, in weißem Hemde, das Goldhaar ausgelöst, die Hände gebunden, das zitternde, schwankende Linchen. Sie sieht nicht nach rechts, nicht nach links, sie weiß nicht, daf; hinter ihr Waltet geht, ihr ehemaliger Freund als Freitnecht, das breite Blantschwert iiber die Achsel ge schultert, das ihr seines, weißes hals chen durchschneiden soll. Wie ein Schatten schreitet sie vor wärts. Sie hat täne Besinnung, tei ne Empfindung mehr, ihr Körper tft ohne Seele. Sie gehört seht-schon zu den Todten, zu was noch der Schlag mit dem Schwert? .O wie ist es nur möglich, so große Schande ertragen zu töring« — das ist das Einzige, was sie noch fühlt —- wäre sie doch ihres Adel-ers schon ledig, damit er begra ben würde, und die Menschen nicht Wes-h llisstern nach ihr Usnweism ; an ihm liegt ja allein aller Makel, ihr Ureigetvstes, Ewige- ist M tmd schuldlos, wie das Sonnens Ste vernimmt wie im Traume die Laute der Gasser und wähnt daß alle