t - - —. trat, da war der Schein verschwunden. Niemand war unterdeß in dem Zim mer gewesen als unser Stubenmäd chene Der Herr ließ den ganzen Raum durchsuchen, unä erft,als«nirgends ein-e Spur von dem Schein zu entdecken war, sagte er zu Annemarie, sie möchte doch gestehen, das; sie den Schein ge nommen habe; die Versuchung sei ja auch, da sie verlobt sei und Geld zu ei ner Ausstattung benöthigte, sehr groß fiir sie gewesen; es solle ihr auch gar nichts geschehen, sie möchte nur ihre Schuld bekennen. »Ich bin unschuldig, ich bin un: schuldig!« betheuerte Annemarie im mer wieder und lief dann verstört da voll Wir mußten Annemarie’g Sachen durchsehen, san-den aber den Schein nicht. Daraus liess der Herr noch die Ne beneäume seines Arbeitgzimmer5, alles unter eigener Aufsicht, durchsuchen. Als man s in dem einen das Sefa abriiclte, lag der Schein, halb zertnab beri, an der Scheuerl-eiste. »Das lann nur Mignon gethan ha ben«, sagte der Herr, und als man das Bologneserhündchen unserer Herrin holte und ihm den Schein zeigte, ver kroch er sich schnell, bei ihm immer das Zeichen eines bösen Gewissens-. Nun sollten wir Annemarie holen, denn der Herr wollte ihr in unser aller Gegen wart sagen, wie leid es·ihm thäte, sie durch falschen Verdacht getränkt zu haben. Sie sollte als Entschädigung dafür eine Aussteuer und ihr Bräuti gam einen Posten in der Fabril als Aufseher erhalten. Aber Anneinarie war nirgends zu finden Schließlich sagte der alte Gärtner, sie sei ihm vor hin verstört im Pakt am Weiher be gegnet. Nun gingen sie mit Haken und Stangen hinaus an den Teich. End lich fand man sie; aber alle Belebungs versuche halfen nichts mehr. Und ’H war so ’n gutes Mädchen, und sie hätte nun den Franz, den braven Menschen, heirathen können. Sehen Sie, Kathrin, der Mensch soll nie Hand an sich selbst legen, das Glück kann jede Minute kommen. Sind Sie übrigens trank, Kathrin? Sie sehen recht blaß aus, gar nicht mehr wie früher." »Mein, tco oin ganz gesund-; jagte Kathrin, nahm ihren Korb Fische und ging. Ja, ja, Kathrin, der Mensch soll nie Hand an sich selbst legen, das Glück tann jede Minute kommen! klang es vor ihren Ohren. Heute Abend hatte sie ja allem Leid ein Ende machen wol« len! Wie aber, wenn Gott nun auch siir sie das Gliict in Bereitschaft hielt, wie siir jenes Mädchen? Wenn er sie nur durch eine dunkle unsd lange Lei denszeit schicken wollte, um sie nachher desto mehr zu belohnen? Sie wollte ja leiden, arbeiten und dulden, aber die Frau des Gehaszten werden, nein, das konnte sie nicht! -—- — Der Spätherbst war mit seinem Ge folge bon Feuchtigieit und Nebel ge kommen. Kathrin war gegen alles gleichgültig geworden. Aber sind solch neblige Tage auch für Menschen, denen es ums Herz herum warm und wohlia ist, gar nicht so übel — - denn der alles verhüllende Nebel draußen läßt ihnen das Flämmlein der echten, rechten Her zensreudigkeit um so heller erstrahlen —- so ist solch Wetter, noch dazu, wenn es Monate anhält, siir traurige Her zen doppelt bedrückend Deshalb oth mete Kathrin trotz ihres Kummers doch aus. als die Wintersturme einsetzten Wenn das Mädchen dann oben aus den Dilmn stand, wo der Wind ge waltig um sie herumtoste, war ihr so wohl, wie ihr überhaupt noch sein konnte. Dann hatte sie etwas, woge gen zu kämpfen, wie tapfer wollte sie sein. Aber. immer nur dulden! Wie sie das Wort haßtet Die Stürme leg ten sich, und es wurde eine Weile ruhi ger aus der Insel. Nur in Kathrin's Herzen nicht, denn im Frühjahr sollte Hochzeit sein. Sie wagte gar nicht mehr, aus ein Hindernisz zu hoffen. Es würde ihr also doch nichts anderes übrig bleiben als in den Tod zu gehen, den-n ein schnelles Ende war besser als ein langes Leben an Peter'e Seite. Aber sie wollte die schreckliche That so lange als möglich hinausschieben Nun kamen die Frühfingsstiirme Dauihoch schlugen die Wogen und leck ten gierig an den Dimen, immer von neuem ver-suchend, Sand und Land in die Tiefe zu reißen. Es war eine ge sahrliche Gegend siir verschlagene Schiffe, den-n es gab im Umkreis der Insel sehr viele Sandbiinke und slache Stellen im Meer. Deshalb hatte die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchi der auch aus der Insel eine Station errichtet nnd ein Rettungsboot an - schafft. Rat-hrin’s Vater, Wi m. Peter und all die übrigen Männer der Jnsel setzten, wenn ein Schiff in Noth war, ohne jegliches Bedenken ihr Leben ein, um den Bedrohten Hülfe zu brin gen. Wie Kathrin dann für das Le ben ihres Vaters und Wilhelm’s zit terte! Selbst Peter erschien ihr in solchen Augenblicken weniger verächt ,lich; denn feige war er wahrlich nicht Hund stand in der Gefahr seinen Mann. ? Die Jnselbewohner hatten dieses JJahr besonders häufig ihr Leben zur :Rettung Schiffbriichiger eingesetzt. Heute ftiirrnte es schon nicht mehr, son dern es tobte orianartig in den Lüften. Mehrere Schiffer standen am Ufer und sahen durch ihre Ferngläser auf die See hinaus. Da trat schnell-en Schrit tes der Sohn des Leuchtthumwächters zu ihnen und berichtete, daß draußen aus dem Risf ein Schiff festgefahren sei. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht auf der Jnfel. Schnell war die Bemnnnung des Rettungs bootes versammelt und bereit, hinaus zufahren in das tosende, fchiiumende Element. Manche Frau zitterte in banger Sorge um das Leben ihres Gatten, aber sie wäre keine echte, rechte Schifferfrau gewesen, hätte sie gebeten: Bleib’ zu Hause. Denn hatten die ar men Menschen, die da draußen in den Eliaaen und Masten hingen, nicht auch Miitter, Frauen, Schwestern und Bräute, die um ihr Leben bangten? ;Und mit welcher Todesangst mochten zdie Schiffbrüchigen auf Rettung har iren! Aber freilich, so grauenvoll wie heute war das Meer laum je gewesen. Es war, als wolle es in seiner Wuth alles hinuntserziehen in sein-en kochen den, gären-den Schlund. Bedeutete da ein Rettungsversuch nicht den Gang in den sich-ern Tod? Und wo so wenig Aussicht war, bis zu den Gefährdeten vorzudringen, hieß es da nicht, ganz unniitz noch mehr Menschenleben auf’s Spiel setzen? Manches Aug-e bat nun doch den Gatten, Bater oder Bruder: Laß ab, bleib’ nur heute Hut-hause unid der Mund hätte es gern ausgesprochen — aber die Frauen und Mädchen zwuszten alle, daß eine solche Bitte an der Gntschossenheit der Männer ab prallen würde, und, daß dem so war blieb doch auch wieder der höchste Stolz zder Frauen I unter oen wraochen am Strande ve sfand sich auch Kathrin. Ihr Vater lstieg als Erster in- » Boot. «Sollt ich nicht wiederkommen, so griiß’ Deine Mutter«, rief der sonst je der weichern Stimmung abholde Mann dem Mädchen zu· Peter trat Ischnell aus seine Braut zu und gab ihr seinen Kuß. Als Kathrin eine schwache Bewegung des Unwilleng machte, raunte er ihr zu: »Freu’ Dich nicht zu früh, ich komme wieder.« Wilhelm hatte dem Vorgang finster zugeschaut. Jhm wäre es gerade recht gewesen, wenn das Boot heute mit al len darin versank. Ging der oerhaßte Nebensbrihler dann doch auch mit zu Grunde. . Und fest faßte der Mann das- Ruder und holte aus, als wollte er all seinen Zorn und Schmerz durch mächtige tör perliche Anstrengung iibertäuben. Jetzt tänzelte das Boot auf dem Jtamm einer Woge, um im nächsten Augenblick in einem Wellenthal zu ver-» schwinden. Alle Männer arbeiteten angestrengt, aber keiner sprach ein Wort· Der Sturm peitschte denSchis fern Wasser in s Gesicht unsd oft kamen große Sturzwellen iiber Bord Ob gleich Jeder seine Kräfte bis auf s äu ßerste anstrengte, tarn das Boot nur sehr langsam vorwärts Aber unver sdrossen arbeiteten die Tapferen weiter. Zwei der Männer mußten unausgeg setzt das hereindringende Wasser aug schöpfen. Endlich, nach langer, an strengender Fahrt konnten die Reiten den das Schiff mit unbewassneten Au gen erkennen. Nur der vordere Theil dessele und die Masten ragten noch aus dern Wasser, und in den Raaen u. Tauen hing die Mannschast. Der An-: blick derGefahy in der die armenMen: schen schwebten, feuerte die Männer ini Rettungsboot zu neuen Anstrengungen an, und nach Verlauf einer bangen halben Stunde war das Boot endlich in unmittelbare Nähe des Schiffes an gelangt. Aber es brodelte und wirbel te um die Brigg herum wie in einem Herentessei. Das Fahrzeug war auf dem Riff, aus- dem Kathrin neulich ihr junges Lebens- und Liebesgliick begra ben hatte, aufgefahren. Das Schiff tonnte sich jeden Augenblick auf die Seite legen, und somit war das Anle gen des Bootes siir desseansassen mit höchster Lebensgesahr verknüpft. End lich lag das Boot an der Seite des Schiffes Die Leute, die seit gestern Abend in den Raan hingen, hatten seine Kraft mehr, allein in das Boot zu gelangen-; sie waren von Kälte und Misse so erstarrt, daß sie herunterge holt werden mußten. Garn wäre Wil helm mit auf dieMaften geikettert, um die Verungliickten zu holen, aber heute lautete das Kommando für ihn und ein-en Kameraden: Jm Boote bleiben! Die anderenMänner, unter ihnen auch Peter, kletterten auf das Wrack. Dann ging es in- die Wasnten und Raaen hin auf. Wie da die Augen der Leute, die gerettet wurden, aufleuchtetenl Endlich waren die Schiffbrüchigen alle heruntergeholt bis auf denSchiffs jungen, der hoch oben in den Mafttorb getlettert war. Er mußte vor Schreck nnd Gnauen irrsinnig geworden sein, denn anstatt wie die ander-en die Retter in stumsmer und desto riishrender Dankbarkeit zu begrüßen, kratzte erPe ter und schlug nach ihm. »Die andern wolle mich braten und essen und Du willst mich nun schlach ten!« schrie der arme Kabe in tödtli eher Angst. Peter suchte den Knaben mit Gewalt zu umfassen. Aber er hatte dessen Kraft unterfchätzt. Der Jrre schlug witthend nach seinem Arm. Jn dein Bestreben, den Jungen fest an sich zu drücken und dadurch unschädlich zu machen, läßt Peter ein Tau gerade in dem Augenblick los, da der Junge einen starken Stoß gegen feine Brust führt. Peter, der auf schwankender JRaa stand, verliert das Gleichgewicht, und in furchtbaremSturze, mit gellen dem Schrei, fallen beide aus der Höhe, der Junge in die tosende See, Peter Tauf das vordere Deck des Schiffes. Er lschiittert sehen dieMänner, wie sich die lWelIen über dein Knaben schließen. I Dan eilen sie zu dem tödtlich ver-letz ten Peter. Wie sie ihn aufheben, schreit der Mann in wahnsinnigem Schmerz: E»Riihrt mich nicht an, eg ist aus mit inir!« Aber ungeachtet feiner Qual schaffen ihn die Jüngeren in das Ret tungsboot Dak- Wract neigt sich im mer mehr auf die Seite und die Schif fer suchen nun so schnell wie möglich »aus seiner Nähe zu kommen Peter LIMt entsetzlich Der alte Olaffen ist ; iniiht, ihm eine möglichst bequeme "Lage zu verschaffen, und indem er sieht, wie das Gesicht des Unglücklichen immer mehr verfällt, sagt er: »Wenn :Du noch etwas auf dem Herzen hast« Peter, sag’g.« Und dieser erzählt ihm »mit brechender Stinune, auf welche Weise er sich das Wort seiner Tochter zu erzwingen verstanden habe. ,,Griith ziathrin von mir und bittet sie, mir zu verzeihen,« schloß er seinen Bericht. Nun lani der Tod und Olafsen driiclte Peter die Augen zu. Der Sturm hatte etwa-J nachgelas sen, aber es war immer noch harte Ar beit, an’s tand zu kommen. War das ein Jsirbel der am Strande Stehenden, als sie des Bootes wieder ansichtig wurden. Heißer Danl zog durch Raihrincs Seele, als sie ihren "Vater und Wilhelm der Gefahr ent ; ronnen sah. Aber wo war er, vor dein sie immer grauend erzitterte? Endlich Zwar das Boot am Strande angelangt. "DieMänner sprangen heraus und tru Jgen einen Todten an’s Lan-d Wer war es, den man da trug? Rathrin s jVater lam und sagte: »Peter ist todt, Ier hat uns alles erzählt « Kathrin fragte nicht wie und wo er «ftarb, sie fühlte nur, daß eine ungeheu re Last von ihrerSeele genommen war Q, wie es ihr nun wohlthai, wieder in jaltem, tindlich gläubigem Vertrauen zu Gott beten zu können Wie schau ;rig, daß Peter an derselben Stelle wo ler sich gegen sie so unbarmherzig ge zeigt hatte, gerichtet worden war! Ja, l Gottes Wege sincd wunderbar! I Als Kannen nach mehreren Wochen wieder den Weg nach den« Dünen ein schlug, stand wie damals wieder Wil helm plötzlich vor ihr und sagte: »Ich verstehe jetzt selbst nicht, wie ich Dich je fiir treulos und falsch halten konnte. I,Ach Kathrin, ich war ja auch so sehr, lsehr unglücklich. Dich als Braut eines Anderen zu sehen. Berzeihft Du mir?« ; »Ich lann es noch nicht ganz, Wil T;helm denn Deine Worte thaten mir -datnals in all’ meine-r Qual sehr weh. Aber ich denke, die Zeit wird mich’s lehren." i Of i Die Frauen Heinrich s Vlil. lsin Eisenbahn Abenteuer von (5. F. ——s--. Vor kurzer Zeit fieuerte ich in Ber xlin mittels einer Droschte dem Anhal ltersBahnhof zu und hatte dem wackern Rosselenler einen reichlichen Backschisch in Aussicht gestellt, wen-n er mich noch zeitig genug dahin beförderite, um den Schnellng nach Frankfurt a. M» der früh 8 Uhr 25 Minuten abging, be nutzen zu können. Jn sder Wilhelm straße hatte sich aber, als wir aus der Kochstrasze ausbogen, eine unentwirp bare Wagenburg gebildet,tveil ein halb l I umgestiirzter Rollwagen seine Kisten und Kasten so geschickt über den Fahr damm gestreut·hatte, daß kein Gefährt mehr passiren konnte. Da saß ich nun kurz vor dem Ziele sest — leider mit der Ueberzeugung, dieses auch zu Fuß nicht mehr rechtzeitig erreichen zu kön lnen, abgesehen davon, daß ich noch ei :nen ziemlich schwer-en Handkoffer zu ttragen gehabt hätte. Was half’3? Jsch sließ umkehren nach dem von mir eben äverlassenen Hotel ganz nahe dem jBahnhof Friedrichstraße, frühstückte Idafelbst und benutzte nun den Zug 1 Uhr 27 Minuten über Nordhauien Bsebra. Diese Zeilen schicke ich nur Ivoraus, um darauf hinzuweisen, daß fich meinen mit den bekannten zwei ,Reichsmarl bezahlten Platz im D-Zuge lin etwas ärgerlicher Stimmung ein« jnahm und einen Herrn, der mir schräg gegenüber saß, gar nicht beachtete. Nur Zsobiel sah ich, daß er ernste sZiige in »dem bleichen ganz harmlosen Gesicht jhatte unsd schwarze Kleidung nebstt weißem Halstuch trug. Jn meine Zei tung bertieft, bemerkte ich fast gar nichts von den kleinen Stationen, durch die wir mit unheimlicher Ge schwindigkeit dahinjagten, bis unser Zug nach etwa 2jstündiger Fahrt in Giisten einlief. Hier kamen verschie dene Reisende — von Magdeburg her —hinzu und in unser Coupe wies- der «Sch-asfner einenFremden, an dem man leicht genug den Amerikaner erkannte. Kaum rollten wir weiter, als der Fremde, der es nicht für nöthig gehal ten hatte, sich mit einem Gruße einzu führen, schon anfing, auf mich einzu sprechen Jch gab kaum eine Ant wort; der Ueberseeische ließ sich da durch nicht einschüchtern und schien meinen Widerwillen, auf ein Gespräch einzugehen, kaum zu bemerken, wäh rend der andere, der Schwarze, mich mit einem Blicke ansah, als wollte er sagen: »Ich bemitleide Sie, einen sol chen Schwäher als vis-avis zu baben.« Da der Arneritaner nun einmal nicht zur Ruhe zu bringen war, faltete ich endlich mein-e Zeitungen mißmuthig zusammen. - Jcllll lclM MUO clllkycspkllcy Mll Dem sonst übrigens recht gebildeten und be lesensen Fremden zu Stande, ein Ge spräch, das sich um allerlei Gegenstän de, vorzüglich um die sozialen Unter schiede zwischen Amerika und Europa drehte und zuletzt die Eheverhältnisse in beiden Erdtheilen behandelte, die der Amerilaner bei uns, selbst in den höchsten Kreisen, als recht nachah mungswerthe l)instellte· Jch führte dagegen BrighamYoung und die Viel weiberei der Mormonen an. Er erwi derte darauf. man solle doch nicht ganz vergessen, daß z.B. der englische König Heinrich Vill. auch »sieben« Frauen gehabt habe. »Entschuldigen Sie!« erwiderte ich. »Ohne jenen Herrscher und Haus tyrannen in Schutz nehm-en zu wollen, muß man doch sagen, daß er seine Frauen nicht gleichzeitig gehabt und auch nur nach schweren Kämpfen mit der Geistlichleit bekommen hat. Uebri gens handelte es sich nur um sechs Frauen.« »Er hatte deren sieben.« »Nein, nur sechs.« »Bitte um Verzeihung, mein Herr. Jch erwarb mir einst auf der Schule in Hartfort, Connecticut, im Fache der Geschichte stets die erste Gen-sur. Wir Amerikaner bekümmern uns überhaupt mehr um die Geschichte Europas, als Sie hier um die Amerila’s, und ich weiß zufällig ganz bestimmt, daß Heinrich Vill. sieben Ehefrauen ge habt hat« , »Und ich versichere Jhnen,« antwor tete ich, »daß er nuir sechs hatte, und «zwar der Reihe nach Katharina von Aragonien, Anna Bol-eyn.. « i ,,"Selbst wenn Sie alle Namen nen nen, verlaß’ ich mich auf mein gutes Gedächtnis-, und bleibe dabei, daß es ihrer sieben waren. Doch, es giebt ja jetzt auch hier so viele Sportsmen ich setze fiir meine Behauptung so viel ein, wie Sie wollen« »Verzeihen Sie, mein Herr, es kommt mir nicht in den Sinn, Jhnen Geld abzugsewinnen. Ich versichere Jhnen nochmals-, daß ich Recht habe. Jeder reisere Schullnabe würde Ihnen dasselbe sagen.« »Ich oertraue darin aber keinem Schullnaben, ja nicht einmal Ihnen, den-n ich bin unbedingt im Rechte.« Diese Halssiarrigkeit reizte mich und ich beschloß deshalb, dem rechabe rischens Gentleman eine Lektion zu er theilen. »Nun wohl, mein Herr, " bemerkte ichn leichthin, »so mögen Sie Recht ha »Wollen Sie wetten?« fragte er »Ich halt-e so viel, wie Sie wiinschem Jch setze alles, was ich bei mir habe, dafür ein, daß mich mein Gedächtniß I l nicht trügt, und der Herr hier — er’ wies damit nach dem dritten Passa gier — wivd so freundlich sein, die Einsätze einzunehmen und die Sache zur Entscheidung zu bringen« ! »O, ich muß dringend bitten,« erwi- » derte der schweigsameMan-n. «. . .nein, « sehen Sie von mir ab. Es verstößt ge-» gen meine Grundsätze,irgendwie bei ei- I ner Wette betheiligt zu sein« I »Dies ist keine eigentliche Wette. Jch trete nur für die Treue meines Ge- « dächtnisses ein, dieser Herr für die des s-einigen.« Nun wendete er sich wies der an mich: »Gilt’s einen Hundert markschein?« Jch nickte zustimmend, denn der Mann langweilte mich, und ich war entschlossen, ihn sein Rsechthaben büßen zu lassen. »Hier, bitte,« fuhr er, an unseren Mitreisenden gewendet, fort, »nehmen Sie diese Banknote, mein Gegner wird Jhnen auch eine solche geben, und wer von uns nun Recht hat, der streicht die beiden Scheine ein.« »Ich muß Sie aber nochmals er such-en«, erwiderte dieser —- offenbar ein Landgeistlichser osder ein Lehrer — »mich ganz aus dem Spiele zu lassen.« »Nun, mein Herr,« sagte ich zu dem Ameriianer, »wenn Sie’s einmal wol len, so sei’s denn! Jetzt bitt’ ich Sie aber auch, wendete ich mich nun an den Herrn in der anderen Ecke, »das Schiedsrichteramt anzunehmen« »Wenn Sie es wünschen«. antwor tete er lächelnd, »so mag’s einmal sein.« »Ich danke Jkynen«, sagte der Ame ritaner mit einer leichten Verbeugung, indem er dein Schweigsamen einen Hundertmarkschein übergab, und ich diesem ebenfalls einen solchen einhän digt-e. »Wie soll die Entscheidung aber ge troffen werden?« fragte ich. »Nun, meine Herren«, erklärte un ser Reisegefährte, »ich glaube dazu im Stande zu sein. Zur Erklärung diene Ihnen, daß ich Gnmnasiallehrer bin und eben ein-e neue Stellung in Fulda antreten will . . . .« »Hu syuioaw unterbrach Ihn der Amerikaner, »das ist mein heutiges Reiseziel auch. Jch bin Architekt und wollte mir dort die alte Michaelskirche, die, wenn ich nicht irre, aus dem 9. Jahrhundert herrührt, ansehen. Dazu miissen wir aber bis- Elm und von dort zurückfahren. Der Durchgangszug hält in Fulda nicht an.« »Ganz recht, wir bleiben etwa eine halbe Stunde in Elm.——Jch babe nun zufällig eine kurzgefaßte englische Ge schichte hier in der Reifetasche. Doch auch ohne diese könnte ich die Frage wohl entscheiden.« »Nein, nein,« rief der Amerikaner, »dann möcht ich’s auch gedruckt sehen.« »Wie Sie wünschen«, erwiderte der Lehrer. Damit öffnete er die Reife taschie und entnahm dieser einen ziem lich starken Oktavband. Darin schlug er den Abschnitt auf, der von Heinrich Vill. handelte und sällte —— wie ich vorher wußte —— die Entscheidung zu meinen Gunsten. Der Amerikaner er bleichte ein wenig und ich . . . . nun, ich lächelte ein wenig. »Sie sehen, geehrter Herr«, begann ich zu ihm, »daß Sie in Zukunft gut thun werden« auch anderen Leuten ein treues Gedächtniß nicht so unbedingt abzusprechen.« « Die ganze Sache hatte viel länger gedauert, als ich es hier erzähle, denn der Zug lief eben in Elm ein, als die Entscheidung gefallen war. »Da ich gewonnen habe, meine Her ren«, fuhr ich fort, ,,werden Sie mir gestatten, ehe wir scheiden, Jhnen noch ein Glas Sherry zum Friedensfchluß anzubieten· Kellneri . . . .« rief ich schon zum Wagenfenster hinaus. »Nein, ich danke, ich trinke nie so schwere Weine,« erklärte der Lehrer. »Und ich bin nicht diurstig,« sagte der Amerikaner ärgerlich und kurz, wäh rend er schon sein Handgepäck nahm usnd das Coupe mit dein and-ern ver ließ. ,,Gliicklich-e Reise. Jch danke für die Belehrung!« Ich verzichtete ebenfalls auf den Sherry und setzte mich befriedigt lächelnd wieder in meine Ecke. Der Zug rollte weiter und eben wollt’ ich die zurückerhaltenen zwei Hundert marlscheine in meine Briseftafche ver senken. Da bemerkte ich, daß diese sich recht eigenthijmlich anfühlten und bei näherer Betrachtung zeigte sich, daß ich ....d«er Betrogene war. Die Beiden hatten unter einer Decke gespielt, mei nen echten Schein genommen und mir . . . . zwei falsche zurückgegeben O- — »Sie wollen meine Tochter heira then? Es ist mein einziges Kind.« ,,Desto bessert Da giebt’s nachher keine Erbschafts - Streitigkeiten!« Ein mörderisches Paradies. Es giebt im Kaukasus ein großes Gebiet, das völlig verödet ist, obwohl die Natur es, was Fruchtbarkeit uwd landschaftliche Schönheit anbetrifft, verschwenderisch ausgestattet hat. Nur Jäger durchstreifen flüchtig die dichten Wälder, die es bedecken, sonst wagt sich selten Jemand hin-ein, aus Furcht vor den tödtlichen Fieberdünsten, die dvrt wie ein verborgener Feind aus den« Menschen lauern. Diese Einöde von Abkhasia liegt zwischen den Flüssen Jnger und Kodor; auf ihre Ausdeh nung kann man annähernd aus der Thatsache schließen, daß der Englän dier Freshfield, der ihr in seinem kürz lich veröffentlichten Prachtwerke ,,The Exploration os theCaucasus« (2 Bän de. London, E. Arnold) eine ein gehende Schilderung gewidmet hat« mit seinen Begleitern sechs Tage zu ih rer Durchqnerung gebrauchte. Ueber den allgemein landschaftlichen Charak ter dieses merkwürdigen Erdstriches schreibt er: »Wie soll ich Denjenigen-, die nise einen kaukasischen Wald und nii ein Feld kaukasischer Wild-blusmen ge sehen hoben, einen Begriff davon ge ben? Jndem ich diese Zeilen nieder schreibe, steigen vor meinem Auge ver ftraute Bilder auf: Gewaltige Fichten !und Erlen, undurchdringliche Dickichte kvon Lorbeer und Azalea. Felder von lAlpenblumem die ihre Blüthen über den Kopf des Wunder-ers ausstrseuen, währen-d er sich durch ihre hohen Sten gel ein-en Weg bahnt; pfadlose Thäler mit gseheimnißvoller Schwermuth und wunderbarem Düfterscheinz weitaus gedehnte herrliche Landschaften von hohen Weideplätzen aus gesehen; hun dert grüne Abhänge und- eiskalt-e Gi pfel im Frühlicht, dazu die Riesenshaß tigkeit der Scenerie in ihrer Gesammt heit und der zarte Reiz ihrer Einzel heiten. —- Welche Zukunft wird diesem irucsuyecl Putaoles Descyleoen few-? Von seinen ursprünglichen Bewohnern ist kaum noch eine Spur vorhanden. Man hat sie verbannt und ihre Woh nungen wie ihre Gräber liegen verlo ren in dser üppigen Pflanzenweli, die nur Bären und Moskitos beherbergt uned Fieberdiinste erzeugt. Das Volk, das hier seit Beginn der Geschichte un ter unveränderten Lebenbedinigungen wohnte, ist zerstreut oder vernichtet. Die Abthasianer sind vom Erdboden verschwunden, ohne eine Geschichte zu hinterlassen und kaum genügendes Material fiir den Ethnolog-en, der fest Ystsellen möchte, zu welchem Zweige der großen Völkerfamilie sie gehörten. Ein ehemaliger englischer General Consul in Sukhum Kale, Gifforlv Palgrave, der Aug-enzeuge ihres letzten Kampfes war, hat den einstigen Be wohnern ein Kapitel seines Buches ,,Eastern ftudies« gewidmet. Er schil dert sie als von hoher Gestalt, mit hel ler Gesichtsfarbe, hellenAugen und ka ftanienbraunem Haar; indem er ihnen besondere Vorliebe für athletische Spiele nachrühmt, meint er, daß ihre Neigung zu körperlicher Thatkraft auf nordischen Ursprung deuten könne, da gegen aber sprächen ihre Gesichtsziige von orientalischer Regselmäßigkeit, so wie der gutturale Reichthum ihrer ISprache, die übrigens keine Aehnlich keit mit irgend einem Dialekt habe. In ihrem Charakter wäre eine Mi schung von kindlicher Schlauheit uwd Tapferkeit und Unternehmungsgeist zu erkenn-en gewesen. »Niemals haben sie,« wie Palgrave noch hinzufügt, I,,dem gesprochenen Wort schriftlichen lAusdruck verliehen: daher unsere völ lig-e Unienntniß der Geschichte dieses merkwürdig-en, nun untergegansgenen Volksstammes.« Auf die naheliegende Frage, ob dies verödetse «irdifche Paradies« denn nicht einst wieder beböltert sein wird, ver mag auch Freshfieldkeine befriedigende Antwort zu geben. Jn ihren Versuchen, nach dem fruchtbaren Landstrich neue Ansiedler zu locken, hat die rufsische Regierung bisher nur sehr geringe Er folge erzielt, weil sie es dabei an dem nöthigen Eifer fehlen läßt. Deutsche und giechifche Einwanderer kommen freilich Vereinzelt an, aber sie leiden dann bald mit ihren Familien unter heftigen Fieberanfällem die ihnen die Freude und Kraft zum Kolonisations wert rauben. Die verführerisch-s Natur steht immer, wie der Engländer schreibt, ,,mit einem Becher des ver hängnißvollen Giftes in ihren schön-en Händen« für die neu-en Ansiedler be reit. Die russische Befatzung in Lata mußte entfernt werden, weil das Fie ber unter den Soldaten zu viele Opfer forderte. « — DE »Nichts nutz sind die Stadtleut’ und alle ihre Sachen Schwindel! Jetzt hab’ i’ schon zwei Flaschen Jnsektenspulver g’fgssen"— und immer noch beißks mi .«